Titel:
Kein Schaden durch Leasingvertragsabschluss bei anzurechnenden Nutzungsvorteilen
Normenkette:
BGB § 826
Leitsatz:
Der Abschluss des Leasingvertrags über ein Fahrzeug kann einen ersatzfähigen Schaden nicht begründen, wenn die allenfalls als Schaden anzusehenden vertragsbedingten Aufwendungen vollständig durch die anzurechnenden Nutzungsvorteile aufgezehrt werden. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sittenwidrige Schädigung, Vorteilsausgleich, Leasingvertrag, Dieselskandal, Nutzungsvorteile
Vorinstanz:
LG Coburg, Urteil vom 10.03.2021 – 13 O 591/20
Fundstelle:
BeckRS 2022, 33484
Tenor
1. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 10.03.2021, Az. 13 O 591/20, wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Coburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Von der Darstellung des Tatbestands wird nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
2
I. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO wird zurückgewiesen, weil die Frage des Drittschutzes der europarechtlichen Zulassungsvorschriften selbst bei Annahme eines solchen vorliegend mangels eines Schadens der Klägerin nicht entscheidungserheblich ist. Die Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 02.06.2022 stehen auch der Anrechnung von Nutzungsersatz nicht entgegen. Denn auch nach Ansicht des Generalanwalts ist es Sache der nationalen Gerichte, die Anrechnung des Nutzungsersatzes unter Berücksichtigung des Effektivitätsgrundsatzes auszugestalten. Diesen Anforderungen genügt die vom Senat vorgenommene und durch den Bundesgerichtshof gebilligte Anrechnung des Nutzungsersatzes. Auf die nachstehenden Darlegungen wird Bezug genommen.
3
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Selbst bei Annahme der Voraussetzungen einer Haftung dem Grunde nach kann - unabhängig von der konkreten Anspruchsgrundlage - die auf Rückabwicklung des Kauf- bzw. Leasingvertrags gerichtete Klage offensichtlich keinen Erfolg haben.
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1. Der Abschluss des Leasingvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug kann einen ersatzfähigen Schaden nicht begründen, weil die allenfalls als Schaden anzusehenden vertragsbedingten Aufwendungen vollständig durch die anzurechnenden Nutzungsvorteile aufgezehrt würden (vgl. BGH, Urt. v. 16.09.2021 - VII ZR 192/20; v. 21.04.2022 - VII ZR 783/21 und VII 247/21).
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Die Leasingkosten sind - der vorstehend zitierten Rechtsprechung folgend, der sich der Senat anschließt - vorliegend den anzurechnenden Nutzungsvorteilen gleichzusetzen (§ 287 ZPO). Die Klägerin behauptet insoweit auch nicht, dass der objektive Leasingwert geringer gewesen wäre als der vereinbarte Leasingpreis. Ein die Gleichsetzung ausschließendes Missverhältnis ist auch sonst nicht ersichtlich.
6
Der Umstand des späteren Erwerbs des Fahrzeugs nach Ablauf der Leasingzeit rechtfertigt keine abweichende Beurteilung (vgl. BGH a.a.O.). Eine solche wäre unter Umständen nur dann geboten, wenn bereits bei Abschluss des Leasingvertrags ein späterer Erwerb rechtsverbindlich vereinbart gewesen wäre. Dies ist aber weder dem Vortrag der Klägerin noch dem Leasingvertrag zu entnehmen. Die bloße Absicht oder Vorstellung der Klägerin von einem späteren Erwerb genügt jedenfalls nicht.
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2. Der Erwerb des Fahrzeugs nach Ablauf der Leasingzeit kann bereits deshalb keinen Schadensersatzanspruch begründen, weil sich die Klägerin auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch im Rahmen der Vorteilsausgleichung den Veräußerungserlös des Fahrzeugs anrechnen lassen muss (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2021 - VI ZR 575/20 und VI ZR 533/20). Vorliegend hat die Klägerin das Fahrzeug für 7.000,00 € erworben und für 9.000,00 € weiterveräußert, so dass ein ersatzfähiger Schaden nicht entstanden sein kann.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 2, § 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Der Bundesgerichtshof hat, wie aus vorstehend zitierten Entscheidungen hervorgeht, sämtliche vorliegend relevante Rechtsfragen bereits beantwortet.