Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 22.09.2022 – 8 W 24/22
Titel:

Keine Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen

Normenketten:
ZPO § 407a
JVEG § 4 Abs. 3, § § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Leitsätze:
1. Ein Sachverständiger hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der beauftragte Sachverständige hat zu prüfen, ob er über das zur Beantwortung der im Beweisbeschluss formulierten Fragen notwendige Wissen und technische Equipment verfügt. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach § 8a II 1 Nr. 3 JVEG verliert der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch, wenn er im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die eine der Prozessparteien zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigen. Leichte Fahrlässigkeit ist nicht ausreichend. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Gemäß § 8a Abs. 2 JVEG erhält ein Sachverständiger seine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er gegen eine Verpflichtung aus § 407a Abs. 1–4 S. 1 ZPO verstoßen hat. (Rn. 18 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Verhalten des Sachverständigen rechtfertigt in der Gesamtschau seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wobei es nach § 8a Abs. 2 Nr. 3 JVEG nicht darauf ankommt, ob ein solcher Antrag auch tatsächlich gestellt wurde. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergütung, Sachverständiger, Besorgnis der Befangenheit
Vorinstanz:
LG Bayreuth, Beschluss vom 02.03.2022 – 22 O 180/19
Fundstellen:
BeckRS 2022, 33242
DS 2023, 27
LSK 2022, 33242

Tenor

I. Die Beschwerde des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) D… S… gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth vom 02.03.2022, Az. 22 O 180/19, wird zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
III. Eine weitere Beschwerde ist nicht statthaft.
IV. Der Beschwerdewert wird auf 3.538,35 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Beschwerde führende Sachverständige wendet sich gegen den auf § 8a Abs. 2 Nr. 2 JVEG gestützten Beschluss zum Wegfall seines Vergütungsanspruchs.
2
Laut Beweisbeschluss des Landgerichts Bayreuth vom 30. April 2022 (Bl. 135) war Beweis zu erheben über die Existenz der durch die Klagepartei aufgeworfenen und durch Symptome beschriebenen Mängel an dem streitgegenständlichen Fahrzeug. Hierzu waren 7 Mängelsymptome aufgelistet. Ferner sollten auch Ausführungen dazu gemacht werden, ob die Mängel (oder zumindest deren Ursache) bereits zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe vorlagen und ob Nachbesserungsbemühungen erfolgreich waren. Im Falle der Bejahung von Mängeln solle außerdem darauf eingegangen werden, mit welchem Beseitigungsaufwand (zeitlich und finanziell) zu rechnen sei und ob der Beklagten eine Mängelbeseitigung selbst möglich ist.
3
Mit Schreiben vom 22. Mai 2020 (Bl. 139) wurde der Sachverständige Sch. - dem Beweisbeschluss vom 30. Aprii 2020 entsprechend - mit der Erstellung eines Gutachtens über die von der Klägerseite festgestellten Mängel an einem Leasingfahrzeug beauftragt.
4
Mit Schreiben vom 4. Juni 2020 (Bl. 144) teilte der Sachverständige mit, dass der einbezahlte Kostenvorschuss (von 5.000,00 Euro) für die Bearbeitung voraussichtlich ausreichen würde und dass grundsätzlich mit einer Gutachtenserstattung innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist (bis 22. August 2020) gerechnet werden könne.
5
Mit Schreiben vom 17. Juli 2020 (Bl. 146) beantragte der Kläger, den Sachverständigen von dem Gutachtensauftrag zu entbinden, da er in Erfahrung gebracht hatte, dass für die Untersuchung des Fahrzeugs neben markenspezifischem Fachwissen auch noch spezielle Diagnosegeräte benötigt werden würden. Dem Sachverständigen fehle es somit an technischen Mitteln. Zudem kritisierte er, dass der Sachverständige mitgeteilt habe, er könne das Auto nur „nebenbei“ auf ohnehin durchzuführenden Fahrten prüfen. Dies ließe auf mangelnde Sorgfalt schließen.
6
Eine Abschrift dieses Schreibens vom 17. Juli 2020 erreichte den Sachverständigen nach eigenem Bekunden am 23. Juli 2020 (Bl. 153). Am 22. Juli 2020 hatte der Sachverständige bei dem Landgericht Bayreuth angerufen, worüber ein Telefonvermerk erstellt wurde (Bl. 152).
7
Mit Schreiben vom 28. Juli 2020 nahm der Sachverständige Stellung (Bl. 153). Dieses Schreiben nimmt zu dem Hinweis der Klägerseite, nicht der richtige, ausreichend sach- und fachkundige Sachverständige sei beauftragt, wie folgt Stellung: „Es ist auszuführen, dass es selbstredend dem Gericht obliegt, den Gutachtensauftrag meiner Person zu entziehen und einen Kollegen damit zu beauftragen. Aus meiner Sicht ist meine fachliche Qualifikation grundsätzlich gegeben. Eine konkrete qualifizierte Erarbeitung des Auftrags hat ebenfalls stattgefunden und eine weitergehende Untersuchung ist in meiner Sicht nunmehr nur unter Zuhilfenahme des Herstellers sinnvoll möglich, weil entsprechende Diagnose- und Messgeräte von Sachverständigen in dem Umfang weder vorgehalten werden können noch für konkrete Fahrzeugtypen zur Verfügung stehen. Diese Messmethoden stehen nur dem Hersteller selbst zur Verfügung, wie das Herr W. von B. ausgeführt hat.“
8
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2020 (Bl. 194) gab der Sachverständige den Gutachtensauftrag zurück. Wie er bereits in seinem Schreiben vom 23. Juli 2020 (Bl. 162) betonte, ging er davon aus, dass er durchaus fachlich für die Erstellung des Gutachtens qualifiziert war und wies darauf hin, dass eine Bearbeitung des Auftrags auch bereits aufgenommen wurde. Ihm fehle es aber an den nötigen Gerätschaften, um eine tiefere Fahrzeugdiagnose durchzuführen. Dies könne letztlich nur vom Hersteller selbst geleistet werden. Der Rückgabe des Gutachtensauftrags war eine Liquidation über 3.540,11 € beigefügt.
9
Unter den zur Erstattung eingereichten Auslagenbelegen befinden sich (nach einem Tankbeleg vom 09.07.2020) ein Tankbeleg vom 24.07.2020 7:39 Uhr über 66,24 Liter Diesel (Betrag von 80,75 €), ein Tankbeleg vom 03.08.2020 über 68,78 Liter Diesel (Betrag von 69,40 €), ein Tankbeleg vom 07.10.2020 über 68,41 Liter Diesel (Betrag von 65,61 €), ein Tankbeleg vom 11.10.2020 über 49,95 Liter Diesel (Betrag von 52,90 €) und ein Tankbeleg vom 18.10.2020 über 54,79 Liter Diesel (Betrag von 56,38 €).
10
Die zuständige Kostenbeamtin hat am 19. November 2020 die Zahlung an den Sachverständigen in Höhe von 3.538,35 € (aus geforderten 3.540,11 €) angewiesen (Bl. 200).
11
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2020 (Bl. 221) monierte die Klägerseite, dass die vom Sachverständigen Sch. geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig seien. Angesichts des fehlenden technischen Equipments habe der Sachverständige keine sachgerechten und aufgabenbezogenen Feststellungen treffen können. Er hätte dies bereits bei Erteilung des Auftrags mitteilen müssen. Ferner sei bei Rückgabe des Fahrzeugs festgestellt worden, dass der Sachverständige (und wohl auch weitere Personen) mit diesem 5.300 km gefahren sei - teilweise auch in Tschechien. Die Fahrten seien unnötig gewesen, da das Fahrzeug mangels Messtechnik nicht ausgelesen werden konnte.
12
Nachdem sowohl der Sachverständige als auch die Bezirksrevisorin des Landgerichts Bayreuth zu dem Schreiben vom 22. Dezember 2020 angehört wurden, wurde die Vergütung des Sachverständigen mit Beschluss des Landgerichts Bayreuth - Einzelrichter - vom 2. März 2022 (Bl. 382) auf 0,- € festgesetzt. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Sachverständige gegen seine Pflichten aus § 407 a Abs. 1 ZPO verstoßen habe. Auch eine Teil-Vergütung, die dem Sachverständigen bei einer Verwertung seiner Ergebnisse (festgehalten in einem kurzen Tätigkeitsbericht) durch das Gericht zugestanden hätte, käme nicht in Betracht, da es eben gerade nicht zu einer Verwertung kam.
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Hiergegen legte der Sachverständige mit Schreiben vom 20. Juni 2022 (Bl. 411) Beschwerde ein. In seiner Begründung stützt er sich hauptsächlich darauf, dass er seine Aufgabe darin sah, zunächst erst die Fahrzeugmängel festzustellen und anschließend in die Ursachenforschung einzutreten. Da die behaupteten Mängelsymptome nicht im vollen Umgang festgestellt werden konnten, blieb offen, ob die Unterstützung der Herstellerfirma, deren Notwendigkeit der Sachverständige bei Auftragsannahme nicht angezeigt habe, überhaupt erforderlich geworden wäre.
14
Mit Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 22. Juni 2022 (Bl. 423) wurde der Beschwerde des Sachverständigen nicht abgeholfen.
15
Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bamberg Frau N. gab am 23. August 2022 eine Stellungnahme zu der Beschwerde vom 22. Juni 2022 ab (Bl. 429) und regte an, dieser nicht zu entsprechen.
16
Der Bevollmächtigte des Sachverständigen nahm wiederum hierzu Stellung mit Schreiben vom 08.09.2022 (Bl. 437). Der Sachverständige habe das Fahrzeug überprüft, beispielsweise auch Bordwerkzeug befestigt, und in einem Tätigkeitsbericht die Ergebnisse seiner Untersuchungen dem Gericht mitgeteilt. Seine Leistung sei verwertbar und durch den nachfolgenden Sachverständigen Franke bestätigt.
II.
17
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG statthafte und vorliegend auch in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde, mit der die Aufhebung des durch den Einzelrichter erlassenen Beschlusses der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth vom 02.03.2022, mit anderen Worten das Fortbestehen des Anspruchs auf die bereits erhaltene Vergütung in Höhe von 3.538,35 €, angestrebt wird, hat in der Sache keinen Erfolg.
18
1. Gemäß § 8 a Abs. 2 JVEG erhält ein Sachverständiger seine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er (§ 8 a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG) gegen eine Verpflichtung aus § 407 a Abs. 1-4 S. 1 ZPO verstoßen hat.
19
Seitens des Landgerichts Bayreuth wurde zu Recht ein Verstoß gegen § 407 Abs. 1 JVEG angenommen. Zunächst kann auf die ausführliche Begründung des Landgerichts im angegriffenen Beschluss vom 02.03.2022 Bezug genommen werden. Ein Sachverständiger hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann.
20
Mit Schreiben vom 4. Juni 2020 (Bl. 144) teilte der Sachverständige mit, dass der einbezahlte Kostenvorschuss für die Bearbeitung voraussichtlich ausreichen würde und dass grundsätzlich mit einer Gutachtenserstattung innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist (bis 22. August 2020) gerechnet werden könne. Dazu war er aber nicht in der Lage. Er wies z.B. nicht darauf hin, dass für die Gutachtenserstellung eventuell die Hilfe der Herstellerfirma benötigt werden würde.
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2. Dem Sachverständigen unterliefen auch in der Folge schwere Sorgfaltspflichtverletzungen. Zwar war der veranlasste erste Schritt der Begutachtung sicherlich, nach einem Aktenstudium und der Anforderung des Pkws, die Frage, ob die monierten Mängel tatsächlich vorliegen, durch Besichtigung und dabei erfolgte Wahrnehmungen zu prüfen. Sicherlich lässt sich ein „Ruckeln beim Beschleunigen“ nur dann wahrnehmen, wenn man das Fahrzeug auch fährt. Probefahrten zusammen mit er Klageparte: wurden vom Sachverständigen durchgeführt.
22
Sein Auftrag beschränkte sich aber nicht auf die Durchführung solcher Probefahrten und seine dabei gemachten Wahrnehmungen. Er sollte beantworten, ob eventuelle Mängel (oder ihre Ursachen) zum Zeitpunkt der Übergabe des Autos bereits vorlagen und ob eine Behebung der Mängel bzw. der Ursachen durch die Beklagte möglich ist/gewesen wäre. Zur Beantwortung dieser Fragen fehlte ihm entweder das Wissen oder das notwendige technische Equipment, wie er später selbst einräumte. Wie er dennoch zunächst eine Gutachtenserstattung innerhalb gesetzter Frist (bis 22. August 2022) in Aussicht stellen konnte, erläutert der Sachverständige nicht nachvollziehbar. Er musste damit rechnen, dass jedenfalls einige der gerügten Mängelsymptome sich verifizieren lassen und die ihm dann gestellten Fragen zur Beantwortung anstanden.
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3. Im Übrigen hat der Sachverständige - worauf es zur Versagung der Vergütung nicht mehr ankommt - auch einen nachträglichen Ablehnungsgrund geschaffen, über den das Landgericht nicht hinwegsehen hätte können und dürfen. Zu den Gründen führt das Landgericht auch aus.
24
Nach § 8 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JVEG verliert der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch, wenn er im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die eine der Prozessparteien zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigen. Leichte Fahrlässigkeit ist nicht ausreichend. Bei der Prüfung der Qualität des Verschuldens ist ein strenger, parteiobjektiver Maßstab anzulegen (Hartmann/Toussaint, Kostenrecht 2020, § 8 a JVEG, Rn. 54 ff., 4 ff. m.w.N.). Nach Maßgabe dessen besteht hier ein nachvollziehbarer und vernünftiger Grund, der befürchten lassen kann, der Sachverständige sei oder werde nicht unparteilich sein. Ein solcher möglicher Grund ist, wenn der Sachverständige sich nicht an Anweisungen des Gerichts hält. Ein anderer Grund ist, wenn der Sachverständige die Auftragserfüllung nicht von privaten Interessen trennt, insbesondere indem er zur Begutachtung überlassene Gegenstände sich selbst oder Dritten zur privaten Nutzung überlässt und sie damit - ohne ausreichenden Bezug zum Auftrag - gefährdet und wertmindert.
25
a) Vorliegend hat der Sachverständige Anweisungen des Gerichts missachtet. Er wusste spätestens am 23.07.2020 nicht nur, dass die Klägerseite nicht einverstanden damit ist, dass das Fahrzeug weitere 2 bis 3 Wochen in seiner Verwahrung gehalten und „nur nebenbei“ auf Fahrten, die ohnehin [privat] von ihm erledigt werden müssen, geprüft wird. Seine Entbindung vom Auftrag war beantragt. Er war vom Gericht zur Stellungnahme aufgefordert. Durch diese Aufforderung war er gerade nicht zur Fortführung kostenintensiver Untersuchun gen aufgefordert. Es muss sich einem Sachverständigen aufdrängen, dass er nun nicht einfach verfahren darf, wie von ihm in Aussicht gestellt und beanstandet. Er wusste, dass eine Entscheidung des Gerichts beantragt war und anstand und er zuvor Stellung beziehen soll. Er sollte also „abwarten“. Indem er dies nicht tat, hat er wider gerichtliche Anweisung gehandelt.
26
b) Aus Sicht des Unterzeichners war der Sachverständige ohnehin und aus grundsätzlichen Erwägungen nicht berechtigt, das ihm als Sachverständigen konkret überlassene Fahrzeug für privat veranlasste Fahrten zu nutzen. Jedenfalls hätte es hierzu eines vorherigen Einverständnisses der Parteien und/oder des Gerichts bedurft. Der Sachverständige wusste, dass er dieses nicht hatte. Im Gegenteil war diese seine Absicht Anlass, seine Entbindung zu beantragen. Er konnte also auch nicht annehmen, dass ihm stillschweigend ein Einverständnis der Klägerseite als der zur Nutzung grundsätzlich berecntigten und zum Ausschluss anderer Nutzer berechtigten Person erteilt war. Das Gegenteil war ihm bewusst. Er setzte sich bewusst über die Beanstandung hinweg.
27
Es fällt auf, dass der Sachverständige unmittelbar nach Erhalt des sein beabsichtigtes Verfahren kritisierenden und seine Abberufung fordernden Schreibens, welches mit der gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme verbunden war, das ihm überlassene Fahrzeug volltankte und. sodann über Monate bei immer wieder neuen Betankungen nutzte und durch Dritte nutzen ließ.
28
Im konkreten Fall wiegt dieses Verhalten insbesondere deshalb schwer, weil es sich bei dem ihm zur Begutachtung überlassenen Fahrzeug um eine Limousine der Oberklasse handelte, für die der Kläger bei Erwerb immerhin 113.880,00 Euro aufgewandt hatte und das bei Erhalt ca. 2 Jahre alt und noch keine 40.000 km gefahren war. Indem der Sachverständige also das Fahrzeug über gut 3 Monate in Besitz hielt und mehr als 5.000 Kilometer mit dem Fahrzeug zurücklegte, wertm-nderte er es erheblich. Auch der Senat sieht es so, dass der Sachverständige schon lange vor Rückgabe des Auftrags (Ende Oktober 2020) Kenntnis davon hatte, dass er das Gutachten nicht wird erstellen können und der Auftrag zurückgegeben wird bzw. nichi bei ihm verbleibt.
29
Warum der Sachverständige sich für berechtigt erachtet, den für „ohnehin durchzuführende Fahrten“ erforderlichen Treibstoff zu 100 % von der Staatskasse und damit letztlich von den Parteien des Rechtsstreits ersetzt zu verlangen, hat der Sachverständige nicht nachvollziehbar dargelegt.
30
Dieses gesamte Verhalten des Sachverständigen rechtfertigt in der Gesamtschau eine Ablehnung des Beschwerdeführers wegen Besorgnis der Befangenheit, wobei es nach § 8 a Abs. 2 Nr. 3 JVEG nicht darauf ankommt, ob ein solcher Antrag auch tatsächlich gestellt wurde. Entscheidend ist die „Möglichkeit“ hierzu. Diese hat der Sachverständige vorliegend bewusst herbeigeführt. Er hat jedenfalls den Eindruck erweckt, ihm seien die Belange der Parteien und Weisungen des Gerichts weniger wichtig als die Vorteile der Benutzung eines fremden Fahrzeugs zur kostenfreien Bewältigung „ohnehin“ von ihm beabsichtigter Fahrten.
31
4. § 8 a Abs. 2 Satz 1 JVEG stellt darauf ab, ob die Leistung grundsätzlich verwertbar war. Es ist hierbei nicht maßgeblich, ob es tatsächlich zu einer Verwertung gekommen ist. Ein Vergütungsanspruch ist nur dann zu verneinen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist (vgl. auch Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, Rn. 17 zu § 8 a JVEG). Hier liegt kein Gutachten, sondern nur ein als „Tätigkeitsbericht“ bezeichnetes Fragment vor. Die im Gutachtensauftrag gestellten Fragen wurden nicht beantwortet. Außerdem hätte auf ein Gutachten oder auch Teilergebnisse auch deshalb nicht zurückgegriffen werden dürfen, weil - wie dargestellt - das Gesamtverhalten des Sachverständigen (bei Auftragsentgegennahme, bei Durchführung und bei Abrechnung) seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt.
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5. § 8 a Abs. 2 JVEG räumt dem Gericht kein Ermessen ein („Der Berechtigte erhält eine Vergütung nur insoweit, als …“). Damit konnte auch einer ggf. ansatzweise gegebenen Anregung des Beschwerdeführers, ihm zumindest einen Teil der geleisteten Vergütung zu belassen, nicht entsprochen werden. Eventuell kann der Beschwerdeführer, z.B. soweit er loses Bordwerkzeug als Ursache erkannt und sachgemäß befestigt hat, Vergütung auf einem anderen Weg (als dem über § 4 JVEG) beanspruchen. Dies zu erörtern, besteht hier jedoch kein Anlass.
III.
33
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG. Der Beschwerdewert bestimmt sich aus der vom Sachverständigen geltend gemachten, ihm aber versagten Vergütung.
34
Eine weitere Beschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht statthaft, § 4 Abs. 5 JVEG.