Titel:
Erkrankung, Behinderung, Krankheit, Verkehrssicherheit, Gutachten, Unterbringung, Notwendigkeit, Wirksamkeit, Schaden, Anordnung, FamFG, Schizophrenie, Zusammenhang, Krankheitseinsicht
Schlagworte:
Erkrankung, Behinderung, Krankheit, Verkehrssicherheit, Gutachten, Unterbringung, Notwendigkeit, Wirksamkeit, Schaden, Anordnung, FamFG, Schizophrenie, Zusammenhang, Krankheitseinsicht
Rechtsmittelinstanzen:
LG Ansbach, Beschluss vom 25.07.2022 – 4 T 631/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2022 – XII ZB 356/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 33067
Tenor
Die Unterbringung der Betreuten durch den Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung wird bis längstens 09.08.2022 genehmigt.
Die Einwilligung des Betreuers in folgende ärztliche Zwangsmaßnahme, nämlich die Heilbehandlung durch - auch zwangsweise - Gabe von Flupentixol-Depot durch intramuskuläre Injektion in einer Dosierung von anfangs 40 mg und danach dosissteigernd in 14-tägigen Abständen bis 150 mg, sowie bei Aggressivität, Unruhe und Anspannungszuständen die Gabe von Diazepam in einer Gesamthöchstdosis am Tag bis 30 mg, zu verabreichen in zwei bis drei Gaben oral, oder in Form intramuskulärer Injektion mit einer Gesamthöchstdosis pro Tag von 20 mg in zwei Gaben von je 10 mg, und weiters die - auch zwangsweise - Verabreichung von Nährstoffen und Flüssigkeit durch intravenöse Infusion der Lösung SmofKabiven 1900 ml täglich wird bis längstens 26.07.2022 genehmigt. Flankierend hierzu werden zur Überwachung der Zwangsmedikation und -ernährung die - auch zwangsweise - Ableitung eines Elektrokardiogramms und Blutabnahme genehmigt.
Die genannte Maßnahme ist unter der Verantwortung eines Arztes durchzuführen und zu dokumentieren.
Die zeitweise oder regelmäßig erfolgende Freiheitsentziehung der Betreuten durch den Betreuer durch Isolierung und/oder Fixierung der Extremitäten als Begleitmaßnahme der Zwangsmedikation und -ernährung zu deren sicheren Durchführung und nur während der konkreten Durchführung wird bis längstens 26.07.2022 genehmigt, wobei sich der Durchführende vor und während der Maßnahme jeweils von der Unbedenklichkeit überzeugen muss, sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß erstrecken darf, eine schriftliche Aufzeichnung über Art und Dauer zu erstellen ist und das Personal für die Betreute stets erreichbar sein muss.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
1
Nach dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen vom 03.06.2022 leidet die Betreute an einer psychischen Krankheit bzw. geistigen/seelischen Behinderung, nämlich einer Schizophrenie.
2
Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Betreute sich tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.
3
Die Betreute muss geschlossen untergebracht werden, weil sie weglaufgefährdet ist, massiv verwahrlosen würde und aufgrund mangelnder Orientierung bzw. Verkehrssicherheit erheblich gefährdet wäre.
4
Die Betreute bedarf ärztlicher Behandlung, die derzeit ohne geschlossene Unterbringung nicht geschehen kann.
5
Die Durchführung der oben genannten ärztlichen Maßnahme gegen den Willen der Betreuten ist im Rahmen der Unterbringung zum Wohle der Betreuten erforderlich, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden von ihr abzuwenden. Es wurde zuvor erfolglos versucht, die Betreute von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen. Der erhebliche gesundheitliche Schaden kann durch keine andere der Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden. Der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Maßnahme überwiegt die zu erwartenden Beeinträchtigungen der Betreuten erheblich.
6
Die Betreute benötigt zurzeit die oben im Einzelnen aufgeführten mechanischen Beschränkungen, um die Untersuchung und Behandlung sicherzustellen und Verletzungen durch Sturz oder unkontrollierte Bewegungen zu verhindern.
7
Die Betreute hat zurzeit keine ausreichende Krankheitseinsicht; sie ist zu keiner freien Willensbildung zumindest hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erkrankung in der Lage. Sie vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht zu erkennen.
8
Dies folgt aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen vom 03.06.2022, der Stellungnahme des Betreuers, der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin und dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den sich dieses anlässlich der Anhörung der Betreuten verschafft hat.
9
Es ist daher erforderlich, zum Wohle der Betreuten die genannten Maßnahmen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 4, § 1906a Abs. 1, Abs. 2 BGB zu genehmigen.
10
Bei der Festsetzung der Frist über die Dauer der Entscheidung hinsichtlich der freiheitsentziehenden Maßnahmen hat das Gericht die Ausführungen d. Sachverständigen berücksichtigt.
11
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 324 Abs. 2 Satz 1 FamFG.