Inhalt

VG München, Urteil v. 10.11.2022 – M 10 K 17.41930
Titel:

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Einzelfall)

Normenketten:
AsylG § 3 Abs. 1, § 3b Abs. 2, § 3e Abs. 1
Anerkennungs-RL Art. 4 Abs. 4
Leitsatz:
Im Hinblick auf die anhaltenden Auswirkungen der Flutkatastrophe in Pakistan im August 2022 es für vulnerable Personen im Falle ihrer Rückkehr nach Pakistan aktuell umso schwerer sein, sich in der aktuellen Situation zurechtzufinden und eine Gefahr eigener (extremer) materieller Not (zB durch eigene Arbeit) selbst abwenden zu können.  (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Pakistan), Eingeschränkte Arbeitsfähigkeit bei älterem Kläger, Flutkatastrophe in Pakistan ab Ende, August 2022, Vorverfolgung durch islamistische Terroristen, Keine interne Fluchtmöglichkeit u.a. wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit im Einzelfall, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (bejaht), Pakistan, RL 2011/95/EU, Lashkare Tayyabba, Flutkatastrophe, inländische Fluchtalternative, vulnerable Person, Existenzminimum
Fundstelle:
BeckRS 2022, 33046

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. Mai 2017 wird in den Nrn. 1, 5 und 6 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags mit Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2017.
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Der Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 15. September 2014 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein. Der förmliche Asylantrag datiert vom 2. Oktober 2014. Die persönliche Anhörung des Klägers bei der Beklagten erfolgte am 30. November 2016.
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Der Kläger trug in der Anhörung im Wesentlichen vor, dass er von Terroristen der Lashkare Tayyabba verfolgt worden sei. Sein Neffe, der sich den Terroristen angeschlossen habe, habe versucht, den Sohn des Klägers zu überreden, sich ihnen ebenfalls anzuschließen. Bei einem Streit mit seinem Neffen habe er diesen geschlagen, was dieser seinen Kollegen erzählt habe. Sein Sohn habe sich von seinem Neffen überreden lassen, sich ihm und den Terroristen anzuschließen. Gezwungenermaßen habe er seinen Sohn genommen und [gemeint wohl: von Kaschmir] nach Pakistan gebracht [Kläger betrachtet sich als Kaschmire]. Sein Neffe habe seinem Sohn erzählt, dass sich er und die anderen Terroristen in der Moschee Laal Massjid (Rote Moschee) aufhalten würden. Der Sohn des Klägers habe auch dorthin kommen sollen. 2007 habe es einen Anschlag auf die oben genannte Moschee gegeben. Er sei mit der Armee dorthin hingegangen, weil er für die Kantine zuständig gewesen sei. Sein Neffe sei bei dem Terroranschlag beteiligt gewesen und habe ihn dort erkannt und dies seinen Terror-Gefährten weitererzählt. Der Neffe habe seinen Sohn erzählt, dass man ihn an der Moschee erkannt habe und ihn umbringen werde. Er habe seinen Sohn, als er ihm das erzählt habe, nicht ernst genommen. 2011 hätten die Terroristen sein Haus angegriffen und komplett zerstört. Seitdem habe er immer noch Augenbeschwerden. Sie seien durch die Hintertür geflüchtet, dann allerdings getrennt worden. Ihm sei in die Beine geschossen worden. Er sei mit seinem ältesten Sohn ins Krankenhaus und habe sich behandeln lassen. Anschließend sei er mit diesem nach Sarghoda; dort habe er die Flucht organisiert. Er habe gedacht, dass er mit seiner kompletten Familie ausreisen könne; am Ende habe es nicht geklappt. Im Juni 2012 sei er in den Libanon ausgereist. Sein Sohn habe weiter Drohanrufe bekommen und sei dann kurzzeitig entführt worden, dann allerdings wieder freigelassen worden, nachdem der jüngere Sohn die Polizei angerufen und diese anschließend Straßenkontrollen durchgeführt habe. Der Sohn sei aus dem Auto der Terroristen geschmissen worden und sei anschließend bewusstlos gewesen. Als 2014 seine Frau das alte Haus habe renovieren lassen wollen, hätten die Terroristen wieder angegriffen. Die Kinder hätten fliehen können, allerdings sei seine Frau umgebracht worden. Seine Kinder seien in Pindi versteckt. Mit Ausnahme des Anschlags auf das Haus 2011 sei er nicht persönlich bedroht worden. Sein Neffe habe ihn über seinen Sohn bedrohen lassen. Sein Neffe hätte gewusst, dass er sich im Libanon aufgehalten habe.
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Mit Bescheid vom 22. Mai 2017, dem Kläger zugestellt am 24. Mai 2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1). Der Antrag auf Asylzuerkennung wurde abgelehnt (Nr. 2) und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Pakistan angedroht, wobei die Abschiebung auch in einen anderen Staat erfolgen könne, in den der Kläger einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung der Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wird insbesondere ausgeführt, dass die Zuschreibung eines flüchtlingsrelevanten Merkmals im Sinne von § 3b Abs. 2 AsylG durch die Terrororganisation zwar vorliegen könnte. Mangels ausreichender Intensität sei aber keine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung zu erkennen. Dem Kläger sei nach dem Angriff auf sein Haus bzw. dann nach seiner Ausreise nichts mehr passiert. Im Hinblick auf die Vermutung aus Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU sei zu sehen, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, dass er und seine Familie nach 2014 noch weiter von den Terroristen verfolgt worden sei, weshalb die beachtliche Wahrscheinlichkeit zukünftiger Verfolgung des Klägers im Falle einer Rückkehr nach Pakistan nicht anzunehmen sei. Jedenfalls sei der Kläger auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes nach § 3e Abs. 1 AsylG zu verweisen. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Der Kläger hat am 30. Mai 2017 gegen den Bescheid vom 22. Mai 2017 Klage erhoben und beantragt,
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1. den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. Mai 2017 in Ziffer 1) und in den Ziffern 3) bis 6) aufzuheben,
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2. die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen,
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3. die Beklagte zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
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4. die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bestehen.
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Die Beklagte legte die Behördenakte vor, äußerte sich aber nicht inhaltlich zur Sache und stellte keinen Antrag.
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Mit Beschluss vom 7. Februar 2019 wurde der Rechtsstreit gem. § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2022 informatorisch zu seinen Fluchtgründen angehört.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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2. Die zulässige Klage ist im Hauptantrag begründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 22. Mai 2017 ist, soweit er den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ablehnt, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 1 AsylG, sodass die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids entsprechend zu verpflichten war (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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a) Die Voraussetzungen für das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG sind vorliegend gegeben. Das Gericht ist davon überzeugt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan flüchtlingsrelevante Verfolgung droht.
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aa) Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
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Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG sind solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2). Akteure, von denen gemäß § 3c AsylG die Verfolgung ausgehen kann, sind der Staat oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen sowie nichtstaatliche Akteure, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten.
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Zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen muss nach § 3a Abs. 3 AsylG eine Verknüpfung bestehen. Dabei ist unerheblich, ob der Ausländer tatsächlich die Merkmale, etwa politischer oder religiöser Art, aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger nur zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG).
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Gemäß § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Der interne Schutz setzt - zusätzlich zur tatsächlichen und sicheren Erreichbarkeit des Schutzortes - voraus, dass der Einzelne dort wirksamen und dauerhaften Schutz vor Verfolgung erlangen und deshalb vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Beurteilung der Sicherheitslage am alternativen Aufenthaltsort sind sowohl die allgemeinen Gegebenheiten als auch die persönlichen Umstände des Asylsuchenden zu berücksichtigen. Bei der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des internen Schutzes sind in einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung die allgemeinen sowie individuellen Verhältnisse am Ort der Niederlassung in den Blick zu nehmen (BVerwG, U. v. 18.2.2021 - 1 C 4.20 - juris Rn. 31 f.). Dies betrifft insbesondere die Gewährleistung des wirtschaftlichen Existenzminimums. Maßstab für die Zumutbarkeit ist, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht zu besorgen ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.2.2021 - 1 C 4.20 - juris Rn. 33 ff.).
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Die Furcht vor Verfolgung ist im Rechtssinne begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 31.18 - juris Rn. 16 f.; BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 19). Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei zusammenfassender Würdigung des zur Prüfung stehenden Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und die dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 31.18 - juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - juris Rn. 24; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - juris Rn. 23; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - juris Rn. 17).
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Ist ein Ausländer bereits verfolgt worden oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht gewesen, stellt dies einen ernsthaften Hinweis darauf dar, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Dabei handelt es sich um eine Beweiserleichterung in Form einer widerlegbaren Vermutung dafür, dass der Betroffene erneut von einer solchen Verfolgung bedroht ist. Dadurch wird der Vorverfolgte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Ob die Vermutung durch stichhaltige Gründe widerlegt ist, obliegt der tatrichterlichen Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 23).
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Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
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bb) Gemessen hieran ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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(1) Der Kläger ist - wie auch insgesamt seine Familie - zur Überzeugung des Gerichts bereits in Pakistan verfolgt worden, sodass für ihn die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU streitet. Der Vortrag des Klägers im Anhörungsgespräch wie auch in der mündlichen Verhandlung stellt sich als im Wesentlichen glaubhaft und überzeugend dar. Er hat mit seinen Schilderungen ein schlüssiges und im Wesentlichen überzeugendes Bild vom Vorgehen der islamistischen Terrororganisation Lashkare Tayyabba gegen ihn und seine Familie gegeben. Das Gericht ist im Ergebnis davon überzeugt, dass die Schilderungen des Klägers auf einem realen Erlebnishintergrund beruhen und kein ausgedachtes Konstrukt des Klägers sind. So hat der Kläger die Vorgeschichte des Konflikts mit seinem Neffen, wie er sich der Terrororganisation zuwandte und versuchte, einen seiner Söhne zu überreden, sich ihnen anzuschließen, übereinstimmend zu seinen Angaben bei der Beklagten geschildert. Das Gleiche gilt in Bezug auf die - wenn auch nur sehr knappe und andeutungsweise geschilderte - frühere Tätigkeit bei der Armee, auch wenn er dort nicht als Soldat gedient hat. Im Ergebnis ist das Gericht auch davon überzeugt, dass sich der vom Kläger geschilderte Angriff auf sein Haus im Jahr 2011 im Wesentlichen so zugetragen hat, wie von ihm geschildert. Die diesbezüglichen Schilderungen des Klägers sind im Wesentlichen glaubhaft. So hat er angegeben, dass das Haus von hinten angegriffen worden sei und er hat bezüglich der Vorgehensweise der Terroristen und der verursachten Schäden am Haus auch auf (vergleichsweise) Nebensächlichkeiten wie die Beschaffenheit der Tür und die Bauart des Hauses geschildert, was für den realen Erlebnishintergrund der Schilderungen des Klägers spricht. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass ihm bei dem Überfall auf das Haus nicht in die Beine geschossen worden sei, erschüttert dies die Glaubhaftigkeit seiner Angaben nicht gravierend. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger (sinngemäß) vor, dass die Verletzungen an seinen Beinen bei einem späteren Angriff der Terroristen auf ihn entstanden seien und zeigte entsprechende Narben an seinen Beinen. Diese Angaben stehen aber nicht im wesentlichen Widerspruch zu seinen Angaben beim Bundesamt, da der Kläger auch dort von einem zweiten Angriff der Terroristen erzählt hat und das Gericht es daher nicht ausschließt, dass es entweder bei der Anhörung bei der Beklagten oder bei der Anhörung im Gericht diesbezüglich zu einem kommunikativen Missverständnis gekommen sein könnte. Dem Gericht ist zudem bewusst, dass autobiographische Erinnerungen keine Aufzeichnung oder Aufnahme erlebter Ereignisse an sich sind und der Prozess des Memorierens gewissen Schwankungen unterliegen kann, vor allem, wenn es um (erlebte) Ereignisse geht, die - wie hier - jahrelang zurückliegen. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist diese (leichte) Abweichung zum Zeitpunkt der Verletzung an den Beinen des Klägers kein Anzeichen für eine mangelnde Glaubhaftigkeit seiner Angaben an sich. Denn sowohl aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung als aus seinem Angaben bei der Beklagten im Anhörungsgespräch geht jedenfalls schlüssig und überzeugend hervor, dass er und seine Familie mehr als einmal von islamistischen Terroristen angegriffen wurde. Das Gericht hält auch die Angabe des Klägers, dass bei einem weiteren Angriff der Terroristen seine Ehefrau ermordet wurde, für glaubhaft, zumal dies von der Beklagten, der eine Bestätigung über den Tod der Ehefrau vorgelegt wurde, nicht in Abrede gestellt wurde. Insgesamt sind die Angaben des Klägers zu seiner Fluchtgeschichte von einem ausreichenden Detailgrad, Plausibilität sowie (weitgehend) interner und externer Kohärenz geprägt. So wird etwa im Lagebericht des Auswärtigen Amts (Stand Juni 2022) ausgeführt, dass zahlreiche ethno-separatistische Konflikte, auch die Ausstrahlung des Kaschmir-Konflikts (aus dieser Region kommt der Kläger bzw. seine Familie) ein idealer Nährboden für Islamisten mit visionären Zielen einer anderen Gesellschaftsordnung seien. Viele der sieben Bezirke der ehemaligen sogenannten Stammesgebiete hätten jahrelang Kämpfer von Al-Kaida sowie pakistanische und afghanische Taliban beherbergt; aktuell seien in Folge des Abzugs der NATO-Truppen aus Afghanistan und dem Zusammenbruch der dortigen Regierung am 15. August 2021 vermehrt Kämpfer mit Waffen freigesetzt worden, die auch grenzübergreifend mobil seien.
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(2) Soweit im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt wird, dass es „mangels Verfolgungsintensität“ bereits an einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung fehle, weil dem Kläger nach seiner Ausreise nichts mehr passiert sei (S. 3), ist diese Subsumtion greifbar rechtsfehlerhaft. Die vom Kläger (glaubhaft) geschilderten Angriffe der Terroristen auf ihn und seine Familie sind ohne weiteres als (fortgesetzte) Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 und § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG zu qualifizieren, die auf ein gesteigertes Interesse der Terroristen an der Verfolgung des Klägers und seiner Familie hindeuten. Die Argumentation, es liege keine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung mangels ausreichender „Intensität“ vor, weil dem Kläger nach seiner Ausreise nichts mehr passiert sei, verkennt, dass sich der Kläger mit seiner Ausreise gerade (künftigen) Verfolgungshandlungen entziehen wollte und betrifft vielmehr die Frage der Gefahrenprognose bezüglich künftiger Verfolgungshandlungen, nicht aber die Frage des Bestehens einer flüchtlingsrelevanten Verfolgungshandlung an sich. Die diesbezügliche Begründung des Bescheids, es liege keine hinreichend intensive Verfolgungshandlung vor, weil dem Kläger nach seiner Ausreise nichts mehr passiert sei, wertet in rechtlich nicht tragfähiger Weise die Tatsache der Flucht des Klägers als solche gegen ihn und bagatellisiert damit zugleich in befremdlich anmutender Weise die vom Kläger geschilderten Vorfälle, die im Bescheid in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt werden.
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Gleiches gilt für die rechtliche Subsumtion zu Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU (S. 4). Soweit dort für die Widerlegung der Vermutung im Sinne des Vorliegens „stichhaltiger Gründe“ ausgeführt wird, der Kläger habe nicht vorgetragen, dass ihm oder seinen Kindern seit 2014 noch etwas passiert sei und daher davon auszugehen sei, dass ihm bei einer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden drohe, verkehrt dies den Grundgedanken der in Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU enthaltenen rechtlichen Vermutung ins Gegenteil. Die Beklagte verkennt mit diesen Ausführungen, dass es nicht Sache des vorverfolgten Klägers ist, die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer künftigen Verfolgung in Pakistan darlegen zu müssen - diese rechtliche Vermutung soll ihn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit gerade entlasten -, sondern dass es in ihre rechtliche Sphäre fällt, „stichhaltige Gründe“ für die Widerlegung der Vermutung darzulegen. Solche „stichhaltigen Gründe“ hat die Beklagte aber nicht ansatzweise dargelegt. Bereits aus den Angaben des Klägers in seinem Anhörungsgespräch bei der Beklagten lässt sich entnehmen, dass auch nach der Ausreise des Klägers sich der Neffe bzw. die Terroristen weiter für ihn bzw. seine Familie „interessiert“ haben, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde. Solche stichhaltigen Gründe für die Widerlegung der Vermutung dergestalt, dass die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung des Klägers in Pakistan entkräftet wäre, sind auch nicht aus sich heraus ersichtlich, zumal - unabhängig vom weiteren Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Misshandlung seiner Kinder durch die Terroristen - nach dem in das Verfahren eingeführten Lagebericht des Auswärtigen Amts bereits in objektiver Hinsicht keine grundlegende Verbesserung der Sicherheitslage im Hinblick auf in den Grenzgebieten operierende terroristische Organisationen vorliegt (vgl. insoweit zur freien Beweiswürdigung des Tatrichters BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 23; s. bezüglich Beispiele zur Widerlegung der Vermutung, wie etwa ein Regimewechsel, auch Thym/Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 3. Aufl. 2022, Art. 4 RL 2011/95/EU Rn. 33; Dörig, Handbuch Migrations- und Integrationsrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 116).
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(3) Vorliegend knüpft die Verfolgungshandlung auch an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal an (§ 3a Abs. 3 AsylG), da die Zielgerichtetheit nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne von § 3b AsylG anzunehmen ist (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 31.18 - juris Rn. 14). Nach dem Sachvortrag des Klägers kann angenommen werden, dass er und seine Familie durch die Terroristen verfolgt wurden, weil diese ihn verdächtigten, in Gegnerschaft zu ihrer Terrororganisation zu stehen und gemeinsame Sache mit der Armee gemacht zu haben. Die Zielgerichtetheit der Verfolgung des Klägers und seiner Familie geschah insofern gerade auf der Zuschreibung des Klägers als Armeeangehöriger durch die Terroristen, womit jedenfalls die Voraussetzung des § 3b Abs. 2 i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG erfüllt ist (so auch der Begründungsansatz im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 3). Es sprechen beachtliche Gründe dafür, dass der Neffe bzw. die Terroristen dem Kläger zugeschrieben haben, mit ihnen in politischer Gegnerschaft zu stehen. Aus der Erkenntnismittellage geht hervor, dass sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell die pakistanische Armee in beständigen Auseinandersetzungen mit islamistischen Terrororganisationen steht, was immer wieder mit tödlichen Angriffen von beiden Seiten einherging und -geht. Das Gericht geht insofern - auch unter Berücksichtigung der Vorgeschichte des Disputs des Klägers mit seinem Neffen - davon aus, dass dem Kläger von den Terroristen eine generelle Gegnerschaft im Hinblick auf deren weltanschauliche Überzeugungen zugeschrieben wurde und überdies als Bediensteter der Armee individuell in deren Verfolgungsfokus geraten ist (vgl. bezüglich der Verfolgung eines ehemaligen Armeeangehörigen durch die Taliban auch VG Freiburg, U.v. 7.9.2021 - A 14 K 9499/17 - juris Rn. 26, 46 ff.).
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(4) Entgegen der Auffassung im streitgegenständlichen Bescheid ist der Kläger auch nicht auf internen Schutz (§ 3e Abs. 1 AsylG) zu verweisen. Unabhängig davon, dass es nach den glaubhaften Angaben des Klägers gewichtige Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Verfolgung seiner Person bzw. seiner Familie in fortgesetzter und hartnäckiger Weise geschah und insofern im konkreten Fall (ausnahmsweise) zweifelhaft erscheint, ob der Kläger bei einer Rückkehr einen alternativen Schutzort sicher erreichen könnte und dort vor Verfolgung der Terroristen (dauerhaft) sicher wäre, oder Schutz vor Verfolgung nach § 3d Abs. 1 Nr. 1 AsylG hätte, ist ihm dies im Hinblick auf die allgemeinen und individuellen Umstände konkret nicht zumutbar (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Nach den allgemeinen und individuellen Umständen geht das Gericht davon aus, dass vorliegend eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sich der Kläger bei Rückkehr an einen (unterstellten) alternativen Schutzort sein Existenzminimum nicht sichern könnte. Dabei ist zunächst allgemein zu berücksichtigen, dass die Überschwemmungskatastrophe seit Ende August 2022 Pakistan schwer getroffen hat und nach den in das Verfahren eingeführten Briefing Notes der Beklagten davon auszugehen ist, dass das Land immer noch unter den Folgen der Flutkatastrophe leidet. Auch wenn nur ein Teil des Landes (etwa ein Drittel) von den Überschwemmungen getroffen worden ist, sind die weiteren Auswirkungen mit großer Wahrscheinlichkeit im ganzen Land - wenn auch wohl je nach Region in unterschiedlicher Intensität - zu spüren (vgl. insoweit VG München, U.v. 11.10.2022 - M 10 K 17.41229 - juris Rn. 19). Insoweit geht das Gericht davon aus, dass es für vulnerable Personen aktuell umso schwerer sein dürfte, sich in der aktuellen Situation zurechtzufinden und eine Gefahr eigener (extremer) materieller Not (z.B. durch eigene Arbeit) selbst abwenden zu können (vgl. aber bei nicht-vulnerablen Personen: VG München, U.v. 11.10.2022 - M 10 K 17.41229 - juris Rn. 23). Das Gericht rechnet den Kläger aufgrund seiner individuellen Umstände zum Kreis der vulnerablen Personen zu.
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Für die Vulnerabilität des Klägers sprechen seine von ihm glaubhaft gemachten körperlichen Beschwerden bzw. Krankheiten sowie sein fortgeschrittenes Alter, was seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt in Anbetracht der allgemeinen wirtschaftlich angespannten Lage in Pakistan erheblich schmälern dürfte. Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt sich insgesamt der Eindruck, dass der Kläger an verschiedenen Krankheiten und Beschwerden leidet, die seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen; auf den strengen Maßstab nach § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG kommt es dabei nicht an. So wurde der Kläger im 1. Quartal 2022 wegen des Verdachts einer arteriellen Verschlusserkrankung sowie wegen einer arteriellen Hypertonie an die Kardiologie überwiesen. In dieses Gesamtbild, dass der Kläger in keinem guten gesundheitlichen Zustand ist, fügt sich ferner die Tatsache ein, dass ein erster Verhandlungstermin von der damals zuständigen Einzelrichterin wegen Verhandlungsunfähigkeit des Klägers (Anzeichen von Schlaganfallsymptomen) aufgehoben wurde. Ebenso wurde der Kläger von der Bundesagentur für Arbeit zur ärztlichen Untersuchung gem. § 309 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III eingeladen, was nach den Angaben des Klägers auf die Veranlassung einer Sozialarbeiterin zurückging. Generell hat der Kläger ausgeführt, dass er aktuell unter Schmerzen arbeite, weil er für sich keine andere Wahl sehe (was möglicherweise, auch unter Berücksichtigung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III, auf eine Schwarzbeschäftigung des Klägers hindeutet). Das Gericht hält den Vortrag des Klägers auch für glaubhaft, dass ihm vor einigen Jahren ein Arbeitgeber personenbedingt gekündigt habe, weil er gesundheitlich der Arbeit nicht gewachsen sei.
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Danach hält es das Gericht nicht für beachtlich wahrscheinlich, dass sich der Kläger unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände sowie der allgemeinen Lage in Pakistan an einem alternativen Schutzort sein Existenzminimum sichern könnte. Bereits die aktuelle Situation, dass der Kläger möglicherweise im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz beschäftigt wird und in diesem Kontext körperliche Arbeit unter Schmerzen verrichtet, lässt es zweifelhaft erscheinen, ob es vom Kläger unter Berücksichtigung der Wertungen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GRCh abverlangt werden kann, in einer wirtschaftlich prekären Allgemeinsituation wie aktuell in Pakistan unter Gefährdung seiner Gesundheit durch Arbeit sein Existenzminimum zu sichern (vgl. auch zum Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen als Ausfluss der Menschenwürde: Hilbrandt in Heselhaus/Nowak, Handbuch der Europäischen Grundrechte, 2. Aufl. 2020, § 40 Rn. 12 ff. [zu Art. 31 GRCh und Art. 7 IPwskR]; s. allgemein aber zu zumutbaren Arbeiten BVerwG, U.v. 21.4.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 17). Im Ergebnis kann dies aber dahingestellt bleiben, weil das Gericht davon ausgeht, dass die Arbeitsmarktchancen des Klägers an einem alternativen Schutzort ohnehin gering sein werden. Dafür spricht nicht nur sein fortgeschrittenes Alter (der Kläger wird in weniger als zwei Jahren 60 Jahre alt), sondern eben auch seine Erkrankungen, die seine Arbeitsmarktchancen deutlich schmälern. Nicht zuletzt hält das Gericht den klägerischen Vortrag, dass ihm von einem früheren Arbeitgeber wegen seiner Krankheiten gekündigt worden sei, für glaubhaft; dies könnte auch die Einladung des Klägers zur ärztlichen Untersuchung zur Klärung seiner Arbeitsfähigkeit nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III erklären. Die genannten individuellen und objektiven Umstände lassen es bei qualitativer Betrachtungsweise wahrscheinlicher erscheinen, dass sich der Kläger an einem alternativen Schutzort sein Existenzminimum nicht sichern kann, als umgekehrt.
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Im Ergebnis kann daher der Kläger jedenfalls mangels Zumutbarkeit nicht auf die Inanspruchnahme internen Schutzes gem. § 3e Abs. 1 AsylG verwiesen werden.
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b) Da der Kläger im Ergebnis einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG hat, sind den weiteren Bestimmungen des Bescheids zur Abschiebungsandrohung in Nummer 5 (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und zum Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nummer 6 (§ 75 Nr. 12 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) die rechtliche Grundlage entzogen. Sie sind deshalb aufzuheben.
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c) Da die Klage bereits im Hauptantrag Erfolg hat und ihr deshalb vollumfänglich stattzugeben ist, ist über die hilfsweise gestellten Anträge zum subsidiären Schutz und zur Feststellung von Abschiebungsverboten nicht mehr inhaltlich zu entscheiden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.