Inhalt

OLG Nürnberg, Urteil v. 07.11.2022 – 5 U 2610/21
Titel:

 Ersatz eines sog. Haushaltsführungsschadens 

Normenketten:
BGB § 843 Abs. 1 Alt. 2
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2
Leitsatz:
Das sogenannte Hauskind, das nach § 1619 BGB, weil es dem elterlichen Haushalt noch angehört und von den Eltern erzogen und/oder unterhalten wird, verpflichtet wäre, den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten, diese Dienstleistung jedoch aufgrund eines zum Schadensersatz verpflichtenden ärztlichen Behandlungsfehlers nicht oder nur eingeschränkt erbringen kann, erleidet hierdurch keinen Vermögensschaden. Es steht ihm somit deswegen kein eigener Anspruch gem. § 843 Abs. 1 Alt.1 BGB zu. (Rn. 20)
Schlagworte:
Berufung, Schadensersatzanspruch, ärztlichen Behandlungsfehler, Klinik, Rente, Arbeitsleistung, Verletzung, operativer Eingriff, Hauskind, Dienstleistung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 01.07.2021 – 11 O 6775/20
Fundstellen:
MDR 2023, 363
BeckRS 2022, 32535
NJW-RR 2023, 594
LSK 2022, 32535

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.07.2021, Az. 11 O 6775/20, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil sowie das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.07.2021 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 61.123,35 €.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger, der bereits ein rechtskräftiges Feststellungsurteil gegen die Beklagten erwirkt hat, nimmt diese im Folgeprozess auf Zahlung in Anspruch.
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Der Kläger, geboren 2005, litt unter „orthopädischen Problemen“ (so das Urteil im Vorprozess) und wurde aus diesem Grund schon seit seiner Geburt in der Klinik für Kinder-, Jugend- und Neuro-Orthopädie des Krankenhauses R. ärztlich betreut. Aufgrund einer Untersuchung vom 17.02.2015 wurde den Eltern des Klägers ein operativer Eingriff in Form einer Verlängerung der Wadenmuskulatur empfohlen, um insbesondere eine teilkontrakte Spitz-Knick-Platt-Fußfehlstellung beidseits ohne Osteotomie zu verbessern. Der vorgeschlagene Eingriff wurde am 22.05.2015 durch die nunmehrigen Beklagten zu 2) und zu 3) im Klinikum der Beklagten zu 1) durchgeführt; dabei kam es beidseits zu hochgradigen Läsionen des nervus ischiadicus. Nachbehandlungen konnten die Folgen dieser Nervschädigungen nicht mehr beseitigen. Der Kläger ist infolgedessen in erheblichem Umfang gehbehindert; auch das Treppensteigen ist stark erschwert. Mit rechtskräftigem Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14.03.2019 (11 O 7865/16) sind die Beklagten des hiesigen Verfahrens gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt worden; darüber hinaus hat das Landgericht mit diesem Urteil festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung vom Mai 2015 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
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Der Kläger fordert nun Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass er verletzungsbedingt im Haushalt und im landwirtschaftlichen Nebenbetrieb seiner Eltern, bei denen er bis heute wohnt, nur noch eingeschränkt Hilfe leisten könne. Das Ausmaß dieser Einschränkung betrage einem Gutachten der Privatsachverständigen W. zufolge 63%. Entsprechend der für die (fiktive) Beschäftigung einer entsprechenden Hilfskraft aufzuwendenden Entlohnung betrage der Schaden des Klägers, dessen Ersatz ihm selbst nach § 843 Abs. 1 BGB zustehe, monatlich 535,00 €. Dieser Anspruch bestehe seit der behandlungsfehlerbedingten Verletzung, somit ab dem 01.06.2015, auf Lebenszeit des Klägers.
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Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten; sie meinen, der Kläger sei für die Geltendmachung eines sog. Haushaltsführungsschadens schon nicht aktiv legitimiert. Soweit eine Dienstverpflichtung des im väterlichen Haushalt wohnenden Klägers bestehe und der Kläger aufgrund seiner verletzungsbedingten Einschränkungen dieser Dienstverpflichtung nicht in vollem Umfang nachkommen könne, begründe dies allenfalls einen Schadensersatzanspruch der Eltern des Klägers. Einem Anspruch des Klägers selbst stehe schon entgegen, dass er zum Zeitpunkt der Verletzung altersbedingt noch nicht zur Leistung von Diensten im Haushalt verpflichtet gewesen sei; eine solche Verpflichtung werde von der Rechtsprechung frühestens ab dem 12. Lebensjahr angenommen. Bestritten werde, dass der Kläger vor der Verletzung bereits im Haushalt der Eltern geholfen habe.
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Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.07.2021 verwiesen.
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Mit diesem Endurteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, grundsätzlich liege zwar in dem Verlust der Fähigkeit, Arbeiten im Haushalt zu verrichten, ein ersatzfähiger Schaden, der sich entweder als Erwerbsschaden i.S.d. § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder als Vermehrung der Bedürfnisse i.S.d. § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB darstelle. Dem Kläger stehe jedoch mangels eines ersatzfähigen Schadens ein Anspruch gemäß § 843 Abs. 1 BGB nicht zu. Zum einen setze die Entstehung eines Erwerbsschadens eine tatsächliche Erwerbsfähigkeit voraus, die nicht vor Erreichung eines Alters von 15 Jahren angenommen werde, so dass für die Zeit vor dem 03.07.2020 - dem 15. Geburtstag des Klägers - schon aus diesem Grund ein Schadensersatzanspruch auszuscheiden habe. Ein Anspruch des Klägers bestehe aber unabhängig von diesem Gesichtspunkt deshalb nicht, weil nur die für andere in Erfüllung einer gesetzlich geschuldeten Unterhaltsverpflichtung geleistete Haushaltstätigkeit eine der Erwerbstätigkeit vergleichbare, wirtschaftlich ins Gewicht fallende Arbeitsleistung darstelle. Der Kläger sei aber allenfalls dienstleistungs-, nicht aber unterhaltspflichtig. Er erfülle mit einer Tätigkeit im Haushalt deshalb keine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen Eltern. Eine anderweitige Unterhaltspflicht des Klägers bestehe nicht. Zudem fehle es an einem eigenen Vermögensschadens des Klägers. Die familienrechtliche Pflicht eines Kindes zur Mithilfe im elterlichen Haushalt bestehe nur in dem Umfang, in dem es dem Kind entsprechend seiner individuellen Fähigkeiten und seines Gesundheitszustandes tatsächlich möglich und zumutbar sei, Mithilfe zu leisten. Soweit er aufgrund seiner Beeinträchtigungen weniger zu leisten vermöge als ein gesundes Kind, bestehe kein Anspruch der Eltern, den er auf andere Weise als durch Dienstleistung zu erfüllen verpflichtet wäre, so dass er gehalten wäre, die ihm nicht möglichen Dienste durch einen Dritten erbringen zu lassen und durch einen Entgeltanspruch dieses Dritten in ersatzfähiger Weise belastet würde. Da der Kläger seinem Vortrag zufolge im Hausanwesen seiner Eltern keinen eigenen Haushalt führe, könne er auch nicht unter dem Gesichtspunkt vermehrter Bedürfnisse einen Anspruch aus § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB geltend machen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des Endurteils vom 01.07.2021 Bezug genommen.
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Dieses Endurteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.07.2021 zugestellt worden.
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Mit Schriftsatz vom 21.07.2021, am gleichen Tag bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen, hat der Kläger Berufung eingelegt; mit Schriftsatz vom 10.08.2021, der am 11.08.2021 und damit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangen ist, hat der Kläger sein Rechtsmittel begründet.
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Der Kläger hat zunächst seine erstinstanzlich abgewiesenen Anträge unverändert weiterverfolgt und daher für das Berufungsverfahren folgende Anträge angekündigt:
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Der Kläger beantragt,
unter entsprechender Abänderung des Urteils des Landgerichtes Nürnberg-Fürth, Az. 11 O 6775/20, vom 01.07.2021, zugestellt am 02.07.2021,
1.
die Beklagten und Berufungsbeklagten gesamtschuldnerisch nach den in erster Instanz zuletzt gestellten Anträgen des Klägers und Berufungsklägers zu verurteilen,
2.
hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen,
3.
dem Kläger und Berufungskläger für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung nachzulassen, diese auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen,
4.
das Rechtsmittel der Revision zuzulassen,
5.
die Kosten des Verfahrens den Beklagten und Berufungsbeklagten als Gesamtschuldner aufzuerlegen.
12
Die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage, ob nämlich dem Kläger als hilfsverpflichtetem Kind ein eigener Schadensersatzanspruch aus § 843 Abs. 1 BGB zustehe, sei höchstrichterlich bereits geklärt, insbesondere durch die Entscheidung des BGH vom 24.04.1990 (VI ZR 183/89). Der Auffassung des Landgerichts könne daher nicht beigetreten werden. Dass in einem derartigen Fall dem Kind ein eigener Anspruch zustehe, sei auch Auffassung der Literatur zum Haushaltsführungsschaden, insbesondere werde auf die Ausführungen von Schah Sedi im „Praxishandbuch Haushaltsführungsschaden“ verwiesen. Auch in dem Werk von Pardey „Der Haushaltsführungsschaden“ werde die Rechtslage so dargestellt. Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen müsse von einer Mithilfeverpflichtung des Klägers im Umfang von 10, wenn nicht sogar 20 Wochenstunden ausgegangen werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Berufungskläger die vorstehend wiedergegebenen Anträge mit der Maßgabe gestellt, dass die Rente erst ab 01.01.2021 und nur so lange gefordert werde, wie der Kläger im elterlichen Haushalt lebe.
13
Die Beklagten beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen; soweit in der Änderung des Klageantrages eine teilweise Klagerücknahme liege, werde dieser zugestimmt.
14
Die Berufungsbegründung des Klägers zeige keine Rechtsfehler auf und dürfte schon nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechen. Jedenfalls sei die Berufung in der Sache nicht begründet. Hinsichtlich der Ausführungen zur Höhe des Schadens sei darauf hinzuweisen, dass das vom Kläger vorgelegte Privatgutachten allenfalls aufzeige, was der Kläger nach Abschluss seiner Ausbildung und Führung eines eigenen Haushalts an Haushaltstätigkeiten erbringen müsste, was aber für den Rechtsstreit bedeutungslos sei, weil der Kläger weder eine Berufsausbildung abgeschlossen habe noch einen eigenen Haushalt führe. Die Rechtsausführungen in der Berufung gingen an der Rechtslage vorbei. Insbesondere trage die Entscheidung des BGH vom 24.4.1990 keinesfalls die Rechtsauffassung des Klägers. Gleiches gelte für die vom Kläger zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.02.2018. Der Rechtsauffassung des Landgerichts werde in vollem Umfang zugestimmt. Seinen zutreffenden Ausführungen setze der Kläger nichts entgegen.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
16
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
II.
17
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
18
Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil dem Kläger schon dem Grunde nach der streitgegenständliche Anspruch nicht zustehe.
19
1) Die Auffassung des Landgerichts, ein eigener Anspruch des Klägers aus § 843 Abs. 1 BGB auf Ersatz eines sog. Haushaltsführungsschadens scheitere daran, dass dem Kläger ein ersatzfähiger Schaden schon nicht entstanden sei, trifft zu.
20
Das sog. Hauskind, das nach § 1619 BGB, weil es dem elterlichen Haushalt noch angehört und von den Eltern erzogen und/oder unterhalten wird, verpflichtet wäre, den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten, diese Dienstleistung jedoch aufgrund eines zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses - Verletzung durch einen drittverschuldeten Unfall oder, wie hier, einen ärztlichen Behandlungsfehler - nicht oder doch nur eingeschränkt erbringen kann, erleidet hierdurch deshalb keinen Vermögensschaden, weil die Dienstleistung unentgeltlich zu erbringen wäre. Geschädigt sind vielmehr die Eltern, für die das Kind ohne das sonst übliche Entgelt gearbeitet hätte, wäre es zu der haftungsbegründenden Verletzung nicht gekommen. Um den Ersatz des wirtschaftlichen Ausfalles an diesem Auseinanderfallen der verletzten Person und des wirtschaftlich Geschädigten nicht scheitern zu lassen, gewährt § 845 BGB den selbst nicht verletzten Eltern einen Schadensersatzanspruch (BGHZ 137, 1, Rdz. 8 bei juris); nach Änderung der Rechtsprechung zur Einordnung der Mitarbeit eines Ehegatten im ehelichen Haushalt oder im Beruf des anderen Ehegatten bilden die Fälle, in denen Eltern durch den entgehenden Dienst eines getöteten oder verletzten Hauskindes ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, sogar den einzigen Anwendungsbereich der Vorschrift (BGH, NJW 1980, 2196). § 845 BGB erfasst ausdrücklich auch den Fall, dass der Dienstverpflichtete nur verletzt worden ist, geht also davon aus, dass in einem solchen Fall dem Dienstverpflichteten selbst ein Anspruch aus eigenem Recht nicht zusteht. Soweit in der Literatur ein solcher eigener Anspruch des (nur) verletzten Hauskindes auf Ersatz eines sog. Haushaltsführungsschadens für möglich gehalten wird, beruht diese Auffassung ersichtlich auf einem Missverständnis der hierfür herangezogenen Entscheidung des BGH vom 25.10.1977 (BGHZ 69, 380). Gegenstand dieser Entscheidung war - jedenfalls in erster Linie - die Frage, ob neben einem eigenen Verdienstausfallschaden des Kindes, das im damals zu beurteilenden Fall nach dem haftungsbegründenden Unfall und einer verletzungsbedingten Umschulung eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte, während es vor dem Unfall seine ganze Arbeitskraft im elterlichen Mühlenbetrieb eingesetzt hatte, noch ein Anspruch der Eltern aus §§ 845, 1619 BGB für dessen ihnen entgangene Mitarbeit in Betracht kam (die Entscheidung vom 25.10.1977 erläuternd BGHZ 137, 1). Die in dem Urteil vom 25.10.1977 (BGHZ 69, 380) erörterte Koordination zwischen dem Elternanspruch aus § 845 BGB und eventuellen Ansprüchen des Kindes aus § 842 BGB betraf, was aus den Formulierungen des Urteils nicht mit der wünschenswerten Deutlichkeit hervorgeht, gerade nicht etwaige Ansprüche des Kindes deshalb, weil ihm verletzungsbedingt die Fähigkeit zur Erfüllung seiner Dienstverpflichtung aus § 1619 BGB (teilweise) genommen wurde, sondern einen echten Erwerbsschaden des Kindes, das eine Erwerbstätigkeit außerhalb des elterlichen Betriebs aufgenommen hatte, in seiner Erwerbsfähigkeit jedoch verletzungsbedingt gemindert war, so dass ihm aus diesem Grunde ein eigener Anspruch zustehen konnte. Der BGH hat deshalb die Frage erörtert, ob die im damaligen Streitfall klagenden Eltern gleichwohl einen Anspruch aus § 845 BGB mit der Begründung geltend machen können, ohne das haftungsbegründende Unfallereignis hätte das (volljährige) Kind auch weiterhin seine (gesamte) Arbeitskraft zur Hilfeleistung im elterlichen Mühlenbetrieb eingesetzt. Eine mögliche Lösung der Konkurrenzfrage in der Weise, dass in Abweichung von § 845 BGB der Anspruch wegen des Entgangs der Dienstleistungen gemäß § 1619 BGB dem noch lebenden Dienstverpflichteten selbst zuerkannt wird, hat der BGH ausdrücklich abgelehnt (in Anschluss an Kropholler, FamRZ 1969, 241, 251) und damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das sog. Hauskind, das verletzungsbedingt seiner an sich bestehenden Dienstverpflichtung aus § 1619 BGB nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nachkommen kann, insoweit einen eigenen Anspruch nicht geltend machen kann (so auch OLG Frankfurt, VersR 1982, 908; Soergel/Beater, Rdz. 2, 8 zu § 845 BGB; Weimar JR 1981, 316).
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2) Einen Anspruch des Klägers nach § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB wegen vermehrter Bedürfnisse hat das Landgericht mit der zutreffenden Begründung verneint, dass ein solcher Anspruch eine eigenständige Haushaltsführung des Klägers zur Voraussetzung hätte, die zwar grundsätzlich nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger weiterhin im elterlichen Haushalt lebt, im Streitfall jedoch nicht behauptet ist.
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3) Über einen Anspruch des Klägers auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens nach Verlassen des elterlichen Haushalts und Gründung eines eigenen Hausstandes, auf den sich die Berechnungen der Privatsachverständigen Warlimont beziehen, ist nicht zu entscheiden, da der Kläger Ersatz des zukünftig eintretenden Schadens nur noch fordert, solange er weiterhin im elterlichen Haushalt lebt.
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Die Berufung muss somit insgesamt zurückgewiesen werden.
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4) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 BGB. Inwieweit in der Änderung der Antragstellung eine teilweise Klagerücknahme liegt, kann dahinstehen; für die Kostenentscheidung ergeben sich hieraus keine Abweichungen (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
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5) Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat weicht weder von höchstrichterlicher noch von obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Die vom Kläger für seine Auffassung zitierten obergerichtlichen Entscheidungen stützen seine Rechtsauffassung tatsächlich nicht, so dass eine Divergenz nicht besteht. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung des BGH vom 24.04.1990 (VersR 1990, 907). Gegenstand dieser Entscheidung waren Ansprüche zweier Kinder wegen Entgangs der Unterhaltsleistungen ihrer bei einem Unfall getöteten Mutter aus § 844 Abs. 2 BGB, deren Höhe durch die eigenen Mithilfeverpflichtungen der Kläger aus § 1619 BGB beeinflusst wurde. Die Entscheidung des BGH hat somit keinen Bezug zu der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsfrage. Soweit das OLG Saarbrücken mit Urteil vom 23.10.1987 (FamRZ 1989, 180) Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Verletzung eines nach § 1619 BGB hilfspflichtigen Kindes erörtert hat, ging es nicht um eigene Ansprüche des Kindes, sondern um abgetretene Ansprüche seiner Eltern aus §§ 845, 1619 BGB. Über derartige Ansprüche ist vorliegend nicht zu entscheiden.