Titel:
kein Verbot der Abschiebung nach Nigeria
Normenketten:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, § 60a Abs. 2 lit. c
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71 Abs. 1
Leitsatz:
Die Anforderungen des § 60 Abs. 2c AufenthG gelten auch im Rahmen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, wobei sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen sind. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nigeria, Folgeantrag, Beschränkung auf Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten, Paranoide Schizophrenie, Abschiebungsverbote (verneint), Anforderungen an ärztliche Atteste, Bestandskräftige Abschiebungsandrohung nach Nigeria aus Ausgangsbescheid, Abschiebungsverbot, psychische Erkrankung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 32328
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage zuletzt das Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.
2
Der am ... 1993 in ... geborene Kläger ist Volkszugehöriger der Yoruba und christlichen Glaubens. Er reiste am 30. November 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich asylsuchend. Am 8. Januar 2015 stellte er erstmals einen Asylantrag.
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Am 17. Juni 2016 wurde der Kläger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) zu seinen Asylgründen angehört. Er gab an, er habe zuletzt im ... mit seiner Freundin gelebt. Ende Dezember 2013 sei er aus Nigeria ausgereist. Sein Vater sei ein reicher Lehrer gewesen. Er sei gestorben, als der Kläger 10 Jahre alt gewesen sei. Kurze Zeit nach dem Tod seines Vaters habe die Mutter einen anderen Mann geheiratet, er habe dann bei einem Onkel gelebt. Nachdem dieser Onkel das Erbe des Vaters übernommen hatte, sei er aus dem Haus geworfen worden. Er sei obdachlos gewesen und habe auf der Straße gelebt. Eines Tages hätte er einige Jungs getroffen, die Mitglieder einer Geheimsekte gewesen seien. Er sei von diesen aufgefordert worden, bei ihnen mitzumachen. Nach einer rituellen Aufnahme sei er Mitglied dieser Geheimsekte geworden. Diese Sekte habe viele kriminelle Taten vollbracht, die mit der Zeit immer schlimmer wurden. Schließlich hätten sie von ihm verlangt, dass er jemanden umbringen solle. Er habe sich geweigert, seitdem würden sie ihm nach seinem Leben trachten. Er sei dann nach ... gegangen, da dort der überwiegende Teil der Bevölkerung muslimisch sei und mit der Geheimsekte nichts zu tun habe. Dort habe er eine Weile in Sicherheit gelebt, einen Job gefunden und angefangen, Viehzucht zu lernen. Von dem Verdienst, den er als Viehzüchter erlangt habe, habe er später eine eigene Viehzucht gegründet. Es sei dann alles ruhig gewesen bis zum 2. Dezember 2018. An diesem Tag habe er zu Hause Schüsse gehört. Seine Freundin sei an die Tür gegangen, um nachzusehen, was geschehen war. Die Freundin sei von Boko Haram erschossen worden. Als er sie schreien gehört habe, sei er durchs Fenster geflohen. Boko Haram habe dann das Haus in Brand gesteckt und die Tiere getötet. Wenn er nach Nigeria zurückkehren müsste, würde er getötet, egal ob es von der Polizei sei, von der Sekte oder von Boko Haram. Er glaube, dass Boko Haram die Siedlung, in der er gelebt habe, angegriffen habe, weil dort viele Christen gelebt hätten.
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Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übergab der Kläger mehrere ärztliche Bescheinigungen. Ein kardiologischer Befundbericht vom 23. Mai 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass sich kein sicherer Hinweis auf eine strukturelle Herzerkrankung ergeben habe. Soweit es weiterhin zu rezidivierendem Fieber komme, solle eine tropenmedizinische Abklärung erwogen werden. Eine orthopädische Praxis bescheinigt, den Zustand nach einer Tibia-Fraktur; nach genauerer Anamneseerhebung habe der Kläger eine Fraktur im linken Unterschenkel vor drei Jahren bestätigt. Die Bestätigung stammt vom 24. Februar 2016. Mit weiteren ärztlichen Bescheinigungen vom 21. Januar 2016 wurde eine Läsion des Nervus Ulnaris bescheinigt, die neurologische Untersuchung ergab keine motorischen oder segmentalen sensiblen Defizite. Auch Schnittverletzungen im Bereich des rechten Handgelenks wurden vorgelegt.
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Mit Bescheid vom 24. April 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus ab (Nrn. 1 bis 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Fall der Klageerhebung nach Bestandskraft des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Nigeria oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass der Kläger keine flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgründe dargelegt habe. Soweit er angegeben habe, durch eine Geheimsekte verfolgt zu sein, so handle es sich um kriminelle Dritte, die kein Merkmal des § 3 AsylG erfüllen würden. Im Übrigen habe er sich längere Zeit in ... aufgehalten, ohne von der Sekte bedroht oder verfolgt worden zu sein. Auch bei begründeter Furcht vor Verfolgung durch Boko Haram sei der Kläger auf internen Schutz zu verweisen. In Nigeria bestehe kein Meldesystem, so dass ein Untertauchen in großen Städten problemlos möglich sei. Da dem Kläger interne Schutzmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, scheide die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen ebenfalls nicht vor. Unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria ein ernsthafter Schaden droht. Im Übrigen sei ihm zuzumuten, bei möglicher Furcht vor Verfolgung, seinen Wohnsitz in eine andere Gegend Nigerias zu verlegen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei der Abschiebung des Klägers eine Verletzung von Art. 3 EMRK vorliege. Dem Kläger drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die vom Kläger vorgelegten Atteste würden Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht rechtfertigen. Hinsichtlich der vorgetragenen Erkrankungen könne davon ausgegangen werden, dass im Falle einer Rückkehr nach Nigeria nicht mit einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands zu rechnen sei. Im Übrigen gehe der Kläger einer Beschäftigung nach. Aus diesem Grund sei nicht ersichtlich, dass ihm dies nicht in Nigeria ebenfalls möglich sei. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung seien weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamtes vom 21. April 2017 wird ergänzend verwiesen.
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Die gegen den vorbezeichneten Bescheid zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhobene Klage (Az.: Au 9 K 17.31418) wurde mit Urteil vom 8. Oktober 2019 in Bezug auf den gestellten Asylantrag als offensichtlich unbegründet, im Übrigen als einfach unbegründet abgewiesen. Auf die Gründe der vorbezeichneten Entscheidung wird Bezug genommen.
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Unter dem 4. März 2021 stellte der Kläger erstmalig Asylfolgeantrag. Der vorbezeichnete Asylfolgeantrag (Gz.: ...) wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 6. Mai 2021 als unzulässig abgelehnt. Auch der weitergehende Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 21. April 2017 (Gz.: ...) bezüglich der Feststellung zu nationalen Abschiebeverboten wurde abgelehnt. Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen. Der vorbezeichnete Bescheid wurde aufgrund zwischenzeitlich unbekannten Aufenthalts des Klägers bestandskräftig.
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Am 21. April 2022 stellte der Kläger erneut Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass er psychisch krank sei und im Rahmen seiner Behandlung derzeit monatlich eine Spritze bekäme, welche er in Nigeria nicht erhalten könne. Er würde über entsprechende Arztberichte verfügen.
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Der vorbezeichnete Folgeantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 26. April 2022 (Gz.: ...) als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). In 2 des Bescheids wurde der weitergehende Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 21. April 2017 (Gz.: ...) bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) abgelehnt. Nr. 3 des Bescheids ordnet das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG an und befristet es auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise.
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Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass der Antrag unzulässig sei, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Ein Asylantrag sei unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 Asylgesetz (AsylG) ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen sei (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Ein weiteres Asylverfahren sei gem. § 71 Abs. 1 AsylG nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) erfüllt seien. Es müssten Wiederaufgreifensgründe zugunsten des Klägers vorliegen. Der Wiederaufgreifensgrund der Sachlagenänderung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Kläger mache geltend, dass er wegen seiner Krankheit nicht nach Nigeria zurückkehren könne. Mit diesem Sachvortrag könne sich der Kläger nicht auf eine Veränderung der Sachlage in Bezug auf eine Entscheidung zu Art. 16a Grundgesetz (GG) bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG berufen. Es werde keine konkrete Verfolgungshandlung in Anknüpfung an ein verfolgungsrechtliches Anknüpfungsmerkmal geltend gemacht. Auch die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien nicht gegeben. Die Erkrankungen des Klägers seien bereits vollumfänglich Gegenstand des Asylerstverfahrens gewesen. Im Folgeverfahren seien keine weiteren Beweismittel vorgelegt worden. Eine akute lebensbedrohliche Verschlechterung der Gesundheit des Klägers sei bereits nicht ersichtlich. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der derzeit weltweit auftretenden COVID-19-Pandemie. Die wirtschaftliche Grundversorgung des Klägers sei nach Überzeugung des Bundesamts mindestens im Umfang des absoluten Existenzminimums nach wie vor gesichert. Der Kläger sei erwerbsfähig. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gem. § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet. Diese Befristung sei im vorliegenden Fall angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen gewesen seien. Einer erneuten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung bedürfe es gem. § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht. Die erlassene Abschiebungsandrohung sei weiter gültig und vollziehbar.
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamts vom 26. April 2022 wird ergänzend verwiesen.
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Der vorbezeichnete Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 29. April 2022 bekannt gegeben.
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Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 3. Mai 2022 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und zuletzt beantragt,
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Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. April 2022 (Gz.: ...) wird in Nr. 2 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Verfahren in Bezug auf die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes wiederaufzunehmen und ein nationales Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers festzustellen.
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Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 30. Mai 2022 vorgetragen, dass der Kläger ausweislich des Ärztlichen Berichtes des Bezirkskrankenhauses ... vom 1. März 2022 an einer paranoiden Schizophrenie leidet. Er sei für die Dauer von annähernd neun Monaten (17. Mai 2021 bis 1. März 2022) im Maßregelvollzug stationär untergebracht gewesen. Die Gesundheitsversorgung in Nigeria, vor allem auf dem Lande, sei mehr als mangelhaft. Rückkehrer fänden allenfalls in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. Sowohl in öffentlichen als auch in privaten Krankenhäusern müssten die Behandlungskosten vom Patienten selbst bezahlt werden. Die staatliche Gesundheitsvorsorge gewährleiste keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Soweit psychiatrische Einrichtungen überhaupt vorhanden seien, handle es sich bestenfalls um Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Das beim Kläger bestehende paranoid-halluzinatorische Syndrom sei durch Störungen der Wahrnehmung (akustische Halluzinationen des Denkens, wahnähnliche Befürchtungen, Wahneinfälle und -Wahrnehmungen) und des Ich-Erlebens (Fehlens und Handlungsbeeinflussung) gekennzeichnet. Diese Symptome seien beim Kläger auch nicht auf eine kurze Phase begrenzt, sondern bestünden ebenfalls bereits seit Jahren. Bei einem Abbruch der Pharmako-Therapie sei mit einer Verschlimmerung der schizophrenen Symptomatik zu rechnen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich der Kläger die bei einer unterstellten Rückkehr nach Nigeria benötigte medizinische Behandlung zu einer schweren psychischen Erkrankung auf Dauer werde leisten können. Unter den aufgezeigten Umständen lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
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Auf den weiteren Vortrag im Klagebegründungsschriftsatz vom 30. Mai 2022 und die Ärztliche Kurzinformation der Forensischen Klinik am Bezirkskrankenhaus ... vom 1. März 2022 wird ergänzend verwiesen.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg vom 5. Mai 2022 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 10. Mai 2022 entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung wurde auf die vom Kläger angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
21
Einem vom Kläger ebenfalls mit Schriftsatz vom 30. Mai 2022 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung wurde mit Gerichtsbeschluss vom 28. Juni 2022 stattgegeben.
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Am 30. Juni 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verfahrensakten des Asylerstverfahrens und ersten Folgeantragsverfahrens des Klägers sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2022 verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2022 am 23. Mai 2022 form- und fristgerecht geladen worden.
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Wege der Wiederaufnahme des behördlichen Verfahrens bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung diesbezüglich. Der diesen Anspruch versagende Bescheid des Bundesamts vom 26. April 2022 (Gz.: ...) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Zur Begründung wird zunächst unter Absehen von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Bundesamts im angefochtenen Bescheid Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
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Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen zugunsten des Klägers selbst dann nicht vor, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die beim Kläger wohl vorliegende psychische Erkrankung - nach der dem Gericht vorliegenden Ärztlichen Kurzinformation des Bezirkskrankenhaus ... vom 1. März 2022 eine paranoide Schizophrenie (ICD-10 F20.0) -, wegen der sich der Kläger wohl seit dem Jahr 2020 in fachärztlicher Behandlung befindet, als neue Tatsache bzw. geänderte Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 VwVfG begreift.
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Einem Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens in Bezug auf ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht vorliegend bereits entgegen, dass die beim Kläger wohl vorhandene psychische Erkrankung im behördlichen wie auch im gerichtlichen Verfahren vom Kläger nicht ausreichend nachgewiesen ist.
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Von der Abschiebung in einen anderen Staat soll gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit steht.
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Eine derartige individuelle Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist mit Blick auf die gesundheitliche Situation des Klägers jedenfalls nicht ausreichend nachgewiesen. Ein entsprechendes Abschiebungshindernis ist gem. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen anzunehmen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Gem. § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG ist im Übrigen nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. zur früheren Rechtslage BVerfG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18.05 - BVerfGE 127, 33 ff.; BVerfG, B.v. 17.8.2011 - 10 B 13.11 - juris; Thym, NVwZ 2016, 409 ff.; Marks, InfAuslR 2016, 261 ff.).
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Um ein entsprechendes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich. Der Ausländer muss eine Erkrankung, welche die Abschiebung beeinträchtigen kann, gem. § 60 a Abs. 2c AufenthG durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, die insbesondere über die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose) den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation ergeben, berichtet. Diese Anforderungen des § 60 Abs. 2c AufenthG gelten auch im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. OVG MW, B.v. 9.10.2017 - 13 A 1807/17.A - juris Rn. 19 ff.; BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 - juris Rn. 7).
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Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9). Dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig oder überall gewährleistet ist, ist nicht erforderlich (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 4 und 5 AufenthG).
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Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein an gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie dem bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 -BVerwGE 129, 251 ff.; OVG MW, B.v. 21.3.2017 - 19 A 2461/14.A - juris).
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Gemessen hieran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zugunsten des Klägers nicht feststellen. Im behördlichen Asylfolgeverfahren hat der Kläger lediglich angegeben, dass er an einer „mental sickness“ leide. Ärztliche Atteste wurden nicht vorgelegt. Im gerichtlichen Verfahren liegt lediglich eine Ärztliche Kurzinformation vom 1. März 2022 vor, wonach sich der Kläger zwischen dem 17. Mai 2021 bis zum 1. März 2022 in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus ... befunden hat. Auf welcher Grundlage die dort genannte Diagnose „Paranoide Schizophrenie“ getroffen worden ist, ist der Kurzinformation nicht zu entnehmen. Auch auf welcher Grundlage die Diagnose getroffen wurde ergibt sich aus dem Arztbericht nicht. Lediglich ist ausgeführt, dass sich der Kläger Ende Oktober 2021 auf eine neuroleptische Depotgabe mit Xeplion eingelassen hat. Weiter fehlen Angaben vollständig zu welchen Folgen ein Abbruch der derzeitigen Medikation führen würde. Zusammenfassend genügt die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Ärztliche Kurzinformation nicht den von der Rechtsprechung zu stellenden Anforderungen an ärztliche Atteste. Dieser Umstand geht zu Lasten des Klägers. Beweisanträge wurden in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2022 nicht gestellt.
37
Ungeachtet des fehlenden qualifizierten Nachweises einer erheblichen Erkrankung i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass vorliegend auch keine lebensbedrohliche Verschlechterung der Erkrankung alsbald nach einer Abschiebung des Klägers für das Gericht ersichtlich ist (vgl. zum Begriff der alsbaldigen Verschlechterung BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 1 C 3.11 - juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 23.5.2017 - 9 ZB 13.30236 - juris Rn. 28). Dass eine Verschlechterung im vorgenannten Sinne in unmittelbaren Zusammenhang mit einer Abschiebung des Klägers nach Nigeria zu befürchten wäre, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Da die Medikation des Klägers ausweislich der Ärztlichen Kurzinformation vom 1. März 2022 und aufgrund der Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2022 derzeit über eine Depotgabe mittels Spritze erfolgt, ist es denkbar, dem Kläger vor einer Rückkehr nach Nigeria eine entsprechende Depotgabe für die erste Zeit zu verabreichen bzw. dem Kläger entsprechende Depotspritzen zur weiteren Injektion vor Ort durch beispielsweise niedergelassene Ärzte in Großstädten mitzugeben. Das Gleiche gilt für weitere oral einzunehmende Psychopharmaka. Von daher ist es aus Sicht des Gerichts nicht ausgeschlossen, dass der Kläger vor einer Rückkehr nach Nigeria in Bezug auf die bei ihm voraussichtlich vorliegende psychische Erkrankung medikamentös eingestellt wird und eine entsprechende Medikamentenmitgabe zur Überbrückung der ersten Monate nach Rückkehr in sein Heimatland erfolgt.
38
Auch eine Änderung in Bezug auf das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist nicht ersichtlich.
39
Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage eines Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen; anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, wie zum Beispiel im Falle einer tödlichen Erkrankung in fortgeschrittenen Stadium, wenn im Zielstaat keine Unterstützung besteht (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - BVerwGE 146, 12-31, juris, Rn.23 ff. m.w.N.). Im Hinblick auf die Bewertung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK gelten dabei bei der Beurteilung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Voraussetzungen wie bei der Frage der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG wegen unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - a.a.O. - juris Rn. 22, 36).
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Auch eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) für einen Betroffenen aufgrund allgemein für die Bevölkerung bestehender Gefahren, die über diese allgemein bestehenden Gefahren hinausgeht ist, nur im Ausnahmefall im Sinne eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - a.a.O., juris Rn. 38). Ein Ausländer kann im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser allgemein bestehenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für die Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Betroffenen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (zum Ganzen BVerwG, U. v. 31.1.2013 a.a.O., juris Rn. 38).
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Für derartige besondere Gefahren aufgrund schlechter humanitärer oder wirtschaftlicher Verhältnisse ist hier nichts ersichtlich. Insbesondere kann im Falle der Kläger nicht davon ausgegangen werden, dass die schlechte wirtschaftliche Situation in Nigeria zu einem Abschiebungsverbot aufgrund schlechter humanitärer Verhältnisse führt, die im Ausnahmefall als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK qualifiziert werden könnten. Eine relevante Änderung der Sach- und Rechtslage im Vergleich zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung im Asylerstverfahren ist hier zu Gunsten des Klägers bereits nicht ersichtlich.
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Zur Behandlung von psychischen Erkrankungen in Nigeria weist das Gericht darauf hin, dass zwar kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen besteht, jedoch es im ambulanten Bereich in den größeren Städten qualifizierte Psychiater gibt, die nicht einweisungspflichtige Patienten mit klassischen Psychosen und Persönlichkeitsstörungen behandeln können. Auch in der Bundesrepublik Deutschland befindet sich der Kläger derzeit seit März 2022 lediglich in ambulanter Behandlung. Weiter ist darauf zu verweisen, dass der Kläger selbst aus dem Bundestaat Lagos State stammt. Das in Lagos befindliche „Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba“ bietet sich beispielsweis als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker nigerianischer Staatsangehöriger an, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen (vgl. zum Ganzen, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 22.2.2022 Stand: Januar 2022, Seite 21 Ziffer IV.1.3 und vom 5.12.2020 - Stand: September 2020, Seite 24 Ziffer V.1.3). Auch sind die Medikamente Mirtazapin und Olanzapin in Nigeria grundsätzlich verfügbar (Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - Behandlung von psychischen Erkrankungen, 10.11.2017, S. 8 ff.).
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Da folglich für den Kläger eine noch erforderliche psychiatrische Fortbehandlung in Nigeria jedenfalls in Großstädten nicht unerreichbar scheint, der Kläger andererseits aber nach seinen Angaben auch noch über diverse Familienangehörige (Mutter und sechs Geschwister) in seinem Heimatland verfügt, liegen die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK zugunsten des Klägers nicht vor. Insoweit gelten die bestands- bzw. rechtskräftigen Feststellungen aus dem bereits durchgeführten Asylerstverfahren unverändert fort.
44
Damit hat der Kläger aber auch im Ergebnis keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG. Der Kläger hat diesbezüglich zwar einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Im gerichtlichen Verfahren beachtliche Ermessensfehler (§ 114 VwGO) sind vorliegend jedoch weder ersichtlich, noch vorgetragen.
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Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.