Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 06.09.2022 – 11 O 4657/21
Titel:

Private Unfallversicherung: Nachweis unfallbedingte Invalidität

Normenketten:
VVG §§ 178, 180, 215
ZPO § 1
GVG §§ 23, 71
Leitsätze:
Eine zur Leistung aus der Unfallversicherung verpflichtende Invalidität liegt vor, wenn die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung ist dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als 3 Jahre bestehen wird und eine Änderung des Zustandes nicht erwartet werden kann. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt beim Versicherungsnehmer. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Snowboard-Unfall sind isolierte Meniskusverletzungen ohne weitere Begleitverletzungen genauso auszuschließen wie Kreuzbandverletzungen ohne eine Kapselläsion – mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer den Beweis für eine unfallbedingte Invalidität insoweit nicht führen kann und nicht geführt hat. (Rn. 23 – 24 und 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unfallversicherung, Invalidität, Snowboard, Knieverletzung, Unfall
Fundstelle:
BeckRS 2022, 32075

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 23.452,80 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Unfallversicherung aufgrund eines Unfallereignisses vom 05.03.2019.
2
Der Kläger unterhält bei der Beklagten unter anderem für seine Ehefrau S. B. als versicherte Person (im Folgenden: versicherte Person) eine private Unfallversicherung mit der Versicherungsscheinnummer … (vgl. Nachträge zum Versicherungsschein, Anlage K1, K2). Diesem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die … Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2012 (im Folgenden: … AUB 2012; Anlage K3) zugrunde. Versicherungsschutz besteht für die versicherte Person seit 01.04.2014. Seit dem 01.04.2018 ist für die versicherte Person eine Invaliditätsgrundsumme in Höhe von 223.360,00 € sowie eine Vollinvaliditätsgrundsumme in Höhe von 502.560,00 € versichert.
3
Am 05.03.2019 stürzte die versicherte Person beim Snowboard Fahren und die versicherte Person begab sich zur ärztlichen Behandlung ins Krankenhaus Bad Abbach. Die Weiterbehandlung erfolgte durch die Praxis Dr. A… & Kollegen. Am 14.03.2019 erfolgte eine ambulante arthroskopische Kniegelenksoperation (vgl. Anlage B… 2). Hierbei wurde eine Innenmeniskusteilresektion, Restmeniskusanfrischung links, Sicherung der vorderen Kreuzbandplastik mit vierfacher Semitendinossussehne (Doppelschlinge), Tightrope-Fixation proximal und Retroscrewfixation distal (resorbierbar) links durchgeführt.
4
Am 06.03.2019 meldete der Kläger der Beklagten den streitgegenständlichen Unfall zunächst telefonisch und anschließend schriftlich mit der Unfallanzeige vom 17.03.2019 (Anlage K10). Mit Schreiben vom 15.04.2019 (Anlage B… 1) wies die Beklagte den Kläger auf die Invaliditätsfristen hin. Die Beklagte beauftragte nach Eingang des ärztlichen Attests vom 29.10.2019 (Anlage K7), in dem bei der versicherten Person eine unfallbedingte Invalidität am linken Knie in Höhe von 3/20 bescheinigt wurde, außergerichtlich den Gutachter Dr. H…. Unter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. H… (Anlage B… 4) lehnte die Beklagte die Leistungsansprüche mangels Invalidität mit Schreiben vom 14.07.2020 (Anlage B… 5) ab. Mit Schreiben der Klägervertreter vom 30.08.2020 (Anlage K11) wurde die Beklagte aufgefordert, einen Betrag in Höhe von 20.102,40 € sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.142,14 € bis spätestens 15.09.2020 zu bezahlen. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 15.09.2020 (Anlage B… 6) weitere Unterlagen an und kündigte die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des außergerichtlichen Sachverständigen an. Nach Eingang der ergänzenden Stellungnahme lehnte die Beklagte eine Invaliditätszahlung mit Schreiben vom 24.11.2020 (Anlage B… 8) ab.
5
Der Kläger behauptet, bei dem Sturz der versicherten Person handle es sich um einen Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen. Durch diesen Unfall habe sich die versicherte Person am linken Knie einen Innenmeniskusriss in Form eines mehrfach in sich rupturierten großen Lappenrisses sowie eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes zugezogen. Bei der versicherten Person bestünden aufgrund des Unfalls dauernde Funktionsbeeinträchtigungen in Form einer Restinstabilität nach VKB-Plastik, einer Minderbelastbarkeit und einer Bewegungseinschränkung sowie in Form von Schmerzen und Schwellneigung und einer Funktionsstörung durch ein muskuläres Defizit. Auch bestehe ein erhöhtes Arthroserisiko im Kniegelenk. Diese Funktionsbeeinträchtigungen seien aus ärztlicher Sicht mit einer Invalidität in Höhe von 3/20 zu bewerten.
6
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe als Versicherungsnehmer aufgrund der Invalidität der versicherten. Person ein Anspruch auf Invaliditätsleistung in Höhe von 23.452,80 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 582,67 € nebst Zinsen zu.
7
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 23.452,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus einem Betrag in Höhe von 20.102,40 € seit dem 15.07.2020 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 3.350,40 € zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche nicht anrechenbare Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 582,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16.09.2020 zu bezahlen.
8
Die Beklagte beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
9
Die Beklagte behauptet, nach dem außergerichtlich eingeholte medizinische Gutachten würden keine frischen äußeren Einwirkungen am linken Knie vorliegen. Die Knieproblematik der versicherten Person sei aus innerer Ursache und nicht durch ein versichertes Ereignis entstanden. Zudem hätte die schon vorhandene Schädigung am linken Knie bei einer etwaigen Invalidität mitgewirkt.
10
Die Beklagte ist der Ansicht, im Falle einer Invalidität sei nach Ziffer 3 … AUB 2012 aufgrund der Vorerkrankungen ein Mitwirkungsanteil in Höhe von 90 % zu berücksichtigen. Zudem sei der Kläger hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht aktivlegitimiert.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens - insbesondere zu dem von dem Kläger behaupteten Unfallhergang - wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 27.07.2021 (Bl. 1 ff. d. A.), 10.08.2021 (Bl. 14 f. d. A.), 01.09.2021 (Bl. 16 ff. d. A.), 28.09.2021 (Bl. 39 ff. d. A.), 22.11.2021 (Bl. 57 f. d. A.), 07.12.2021 (Bl. 65 f. d. A.), 13.04.2022 (Bl. 107 ff. d. A.) und 10.05.2022 (Bl. 113 f. d.A.) sowie auf die mit ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
12
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, Anhörung der Sachverständigen, uneidliche Einvernahme der Zeugin B… sowie informatorische Anhörung des Klägers. Wegen der Beweisthemen und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Beweisbeschluss vom 26.10.2021 (Bl. 50 ff. d. A.), den Beschluss vom 23.11.2021 (Bl. 59 ff. d. A.), das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Dr. … B… vom 13.03.2022 (Bl. 72 ff. d. A.) sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 05.10.2021 (Bl. 45 ff. d. A.) und 02.08.2022 (Bl. 121 ff. d. A.).

Entscheidungsgründe

13
Die zulässige Klage (A.) hat in der Sache keinen Erfolg (B.).
A.
14
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Nürnberg-Fürth gemäß § 1 ZPO, §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG sachlich und gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG örtlich zuständig. Der Kläger macht Ansprüche als Versicherungsnehmer geltend, sodass der Gerichtsstand eröffnet ist.
B.
15
Die Klage ist unbegründet, da der Kläger gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Invaliditätsleistung nebst Zinsen (I.) noch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen (II.) hat.
16
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen vertraglichen Anspruch auf Invaliditätsleistung gemäß Ziffer 2.1 … AUB 2012.
17
1. Zwischen den Parteien besteht ein Unfallversicherungsvertrag mit der Nummer …, bei dem die Ehefrau des Klägers seit 01.04.2014 versicherte Person ist.
18
2. Die Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung gemäß Ziffer 2.1 R+V AUB 2012 liegen nicht vor, da durch den insoweit darlegungs- und beweisbelastet Kläger (vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 31. Aufl. 2021, AUB 2014 Abs. 2 Ziffer 2. Rn. 3) eine bedingungsgemäße Invalidität bei der versicherten Person nicht bewiesen wurde.
19
a. Nach Ziffer 2.1.1.1 … AUB 2012 (Anlage K3) liegt eine Invalidität vor, wenn die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung ist dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als 3 Jahre bestehen wird und eine Änderung des Zustandes nicht erwartet werden kann.
20
b. Nach der Überzeugung des Gerichts liegt bei der versicherten Person keine unfallbedingte Invalidität im Sinne der Versicherungsbedingungen vor, da hinsichtlich des geltend gemachten Innenmeniskusrisses keine dauerhafte (bb.) und hinsichtlich der geltend gemachten Ruptur des vorderen Kreuzbandes keine unfallbedingte (cc.) Beeinträchtigung vorliegt. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen und der durch die Anhörung des Klägers sowie uneidliche Einvernahme der versicherten Person, der Zeugin Bierschneider, gewonnenen Erkenntnisse. Die Sachverständige konnte aufgrund der vorliegenden objektivierbaren Informationen keine Hinweise auf einen kausalen Dauerschaden bei der versicherten Person feststellen.
21
aa. Die gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen sind nachvollziehbar, in sich schlüssig und erfassen die von den Parteien geschilderten Einzelheiten des Falles. Die Sachverständige ist als Fachärztin für Orthopädie zur Beantwortung der Beweisfragen fachlich in besonderer Weise berufen. Auch die an sie gerichteten Nachfragen, insbesondere zu der von ihr durchgeführten Untersuchung der versicherten Person, vermochte die Sachverständige überzeugend zu beantworten. Das Gericht sieht sich daher nicht veranlasst, von einer Berücksichtigung der gutachterlichen Äußerungen zur Gänze oder in dem einen oder anderen Punkt Abstand zu nehmen.
22
bb. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) liegt eine dauerhafte Beeinträchtigung aufgrund eines Innenmeniskusrisses in Form eines mehrfach in sich rupturierten großen Lappenrisses nicht vor.
23
(1) Eine Beeinträchtigung bei der versicherten Person aufgrund eines Innenmeniskusriss in Form eines mehrfach in sich rupturierten großen Lappenrisses liegt nicht vor.
24
Die Sachverständige führt insofern in ihrem schriftlichen Gutachten aus, dass anhand des OP-Berichts vom 15.03.2019 - mangels entsprechender Dokumentation frischer Verletzungszeichen - bei der versicherten Person frische Meniskusschädigungen nicht mit der hinreichenden Sicherheit bestätigt werden könnten (S. 35 d. Gutachtens, Bl. 89 d. A.). Bei der versicherten Person seien deutliche Verletzungszeichen an Binnenstrukturen im Kniegelenk, die nicht bevorzugt verschleißbedingten Veränderungen unterliegen (Knochen, Kapsel-Bandenapparat), nicht hinreichend sicher zu bestätigen. Diese seien jedoch Voraussetzung dafür, dass sich durch einen direkten Verletzungsmechanismus eine unfallbedingte Gefährdung der Menisken begründen lasse (S. 28 f. d. Gutachtens, Bl. 85 Rückseite, 86 d. A.). Eine isolierte Meniskusverletzung ohne weitere Begleitverletzungen an den umliegenden Weichteilen wie Kapsel, Muskeln, Sehnen oder auch Knochen sei aufgrund der Elastizität und Mobilität des Meniskus praktisch kaum vorstellbar. Eine solche isolierte Meniskusverletzung werde in der wissenschaftlichen Literatur nur noch diskutiert, wenn ein sog. „wuchtiger Drehsturz“ eingetreten sei. Hierfür bedarf es eines unüberwindlichen äußeren Bewegungshemmnisses mit fixiert stehendem Unterschenkel oder Fuß (z.B. Einklemmen des Fußes). Es sei nicht ausreichend, dass ein Fuß durch das Körpergewicht und/oder die Schuhsohle am Boden oder, wie von der versicherten Person geschildert, auf dem Snowboard mit der Möglichkeit der Bewegung des Fußes hafte (S. 29 f. d. Gutachtens, Bl. 86, 86 Rückseite d. A.).
25
(2) Eine dauerhafte Beeinträchtigung im Sinne der Versicherungsbedingungen liegt nach der Überzeugung des Gerichts auch insoweit nicht vor, als nach den Ausführungen der Sachverständigen (allenfalls) angenommen werden könne, dass der vorbestehend verschleißbedingt veränderte Innenmeniskus durch das Unfallgeschehen als sog. Krobhenkelläsion akut eingeklemmt worden sei (S. 37 d. Gutachtens, Bl. 90 d.A.). Die Sachverständige führt insofern aus, dass diese Einklemmung operativ angegangen worden und nach der Operation nicht mehr vorhanden sei (S. 37, 51 d. Gutachtens, Bl. 90, 97 d. A.). Die Sachverständige ergänzte hierzu in der mündlichen Verhandlung, dass nicht gesagt werden könne, was die Ursache für die bei der versicherten Person noch bestehenden Restbeschwerden seien. Sie könne nicht sagen, ob die Restbeschwerden aufgrund des bereits vorbestehenden Meniskusschaden oder des kompletten Geschehensverlaufs bestehen würden (S. 5 d. Protokolls vom 02.08.2022, Bl. 125 d.A.).
26
(3) Ferner liegt nach der Überzeugung des Gerichts keine dauerhafte Beeinträchtigung im Sinne der Versicherungsbedingungen, soweit nach den Ausführungen der Sachverständigen bei der versicherten Person aufgrund der klinischen Befunde links eine Kniegelenksprellung, -zerrung oder -distorsion mit Druckschmerz am Gelenkspalt und einer Ergussbildung bestätigt und als hinreichend sicher unterstellt werden könne (S. 32, 36 d. Gutachtens, Bl. 87 Rückseite, 89 Rückseite d. A.). Die Sachverständige führt aus, dass Prellungen, Zerrungen und Distorsionen definitionsgemäß nach der Gutachtensliteratur als Verletzungen einzustufen seien, die keine Dauerfolgen hinterlassen würden (S. 36, 49 d. Gutachtens, Bl. 89 Rückseite, 96 d. A.).
27
cc. Nach der Überzeugung des Gerichts handelt es sich unter Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme (§ 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bei der Ruptur des vorderen Kreuzbandes um keine Beeinträchtigung, die auf den Sturz der versicherten Person zurückzuführen ist.
28
Die Sachverständige führt insofern in ihrem schriftlichen Gutachten aus, dass eine unfallbedingte Ruptur des vorderen Kreuzbandes nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit bestätigt werden könne (S. 41 d. Gutachtens, Bl. 92 d. A.). Eine Anerkennung eines Unfallzusammenhangs ohne frische Verletzungszeichen sei nicht möglich (S. 40 d. Gutachtens, Bl. 91 Rückseite d. A.). Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der äußeren Einwirkung und der Diagnose einer vorderen Instabilität sei entsprechend der Gutachtenliteratur kein hinreichend sicheres Indiz für einen ursächlichen Zusammenhang einer Kreuzbandverletzung (S. 38 f. d. Gutachtens, Bl. 90 Rückseite, 91 d. A.). Eine solche - für die Anerkennung eines Unfallzusammenhangs erforderliche - frische vordere Kreuzbandverletzung sei bei der versicherten Person nicht hinreichend sicher zu bestätigen, da im MRT vom 08.03.2019 ein Knochenmarködem (sog. „Bone-bruise“), die Einblutung der Kapsel und eine vermehrte Angulierung des hinteren Kreuzbandes nicht feststellbar sei. Auch fehle bei der versicherten Person eine Kapselläsion, die sich immer bei einer frischen Kreuzbandverletzung finde. Zudem spreche gegen eine frische Verletzung, dass sich in den Untersuchungsbefunden keine Angaben zum Ausschluss einer hinteren Kreuzbandinsuffizienz finden würden. Der Lachmann-Test und der vordere Schubladentest seien jedoch nur dann als positiv zu werten, wenn zuvor eine hintere Kreuzbandsuffizienz ausgeschlossen worden sei. Allein die Feststellung einer Dehiszenz oder eines Fehlen des vorderen Kreuzbandes im MRT sei für den Nachweis einer frischen Ruptur nicht aussagekräftig. Auch die Feststellung einer „Signaländerung“ oder „Signalanhebung“ im MRT sei kein Beweis für eine frische Ruptur, da diese auch bei einer mukoiden degenerativen Veränderung festgestellt werden würden. Auch im Röntgenbild vom 05.03.2019 würden direkte und indirekte Hinweise (z.B. die sog. „Segondfraktur“ und das sog. „Sulcuszeichen“) für eine frische Kreuzbandverletzung fehlen. Es sei im Operationsbericht vom 15.09.2019 zudem nicht dokumentiert, ob sich eine blutige oder blutigseröse Ergussbildung entleert hätte und gegebenenfalls wie viele Milliliter. Zudem fände sich im Operationsbericht vom 15.09.2019 keine Dokumentation über Kreuzbandfasern im Gelenk, was bei einer frischen Verletzung zu erwarten wäre (Seite 42 ff. d. Gutachtens, Bl. 92 Rückseite, 93, 93 Rückseite d.A.).
29
II. Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger gegen die Beklagte - unabhängig von der Frage nach der Aktivlegitimation - keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen (Klageantrag Ziffer II.).
C.
30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.