Titel:
Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten nach Rechtswegverweisung
Normenketten:
ZPO § 101
GG Art. 34
GVG § 17a
Leitsatz:
Der Kläger hat die Kosten des auf Beklagtenseite beigetretenen Streitverkündeten zu tragen, wenn nach Rechtswegverweisung festgestellt wird, dass die Streitverkündung unwirksam ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nebenintervention, Kostenerstattungsanspruch, Rechtswegverweisung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 07.11.2022 – 4 W 48/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 32043
Tenor
Der Klagepartei werden die Kosten der Nebenintervention auferlegt.
Gründe
1
Der Kläger erhob mit Klageschrift vom 27.12.2018 Klage zum Landgericht Regensburg und beantragte,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 40.903,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.09.2018 zu bezahlen sowie den Beklagten zu verurteilen, zukünftige Besoldung des Klägers auf der Grundlage der Besoldungsstufe A 10 und einem Prozentsatz von 80 € vorzunehmen.
2
Hintergrund dieser Klage gegen den beklagten Staat als Dienstherren des Klägers war ein Unfall, den der Kläger auf dem Weg zur Dienststelle, der JVA Kr., erlitten hatte. Der Kläger war insoweit der Auffassung, ihm stehe gegen den Beklagten ein Anspruch aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu.
3
Mit Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 22.05.2019 erklärte sich dieses für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht Würzburg.
4
Mit Schriftsatz vom 28.08.2019, gerichtet an das Landgericht Würzburg (Blatt 41 der Akte), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, verkündete der Kläger Herrn Rechtsanwalt … den Streit mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beizutreten. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Streitverkündete zuvor mit der Vertretung des Klägers befasst gewesen sei, den Sachverhalt gekannt und auch gewusst habe, dass auf Seiten des Klägers ein Schaden entstanden sei und entstehen werde. Der Streitverkündete habe daher durch Einlegung eines geeigneten Rechtsmittels dafür sorgen müssen, dass die Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB vorliegen. Insoweit stünde ihm unter Umständen ein Schadensersatzanspruch aufgrund des noch bestehenden Anwaltsvertrages zu.
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Der Streitverkündete … erklärte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06.11.2019 (Blatt 52 der Akte) den Beitritt des Streitverkündeten auf Beklagtenseite.
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Am 04.03.2020 zeigte sich ein neuer Klägervertreter an und beantragte, das Verfahren ruhend zu stellen. Zur Begründung des Antrages auf Ruhen des Verfahrens führte der Klägervertreter in diesem Schriftsatz aus, dass sich „dem Unterzeichner als regelmäßig im Beamtenrecht tätigen Rechtsanwalt die Sinnhaftigkeit der durch Herr Kollegen … initiierten zivilrechtlichen Klageverfahrens nicht ohne weiteres erschließt“. Es werde daher nach gewährter Akteneinsicht und Prüfung der Sach- und Rechtslage entschieden, inwieweit das Verfahren tatsächlich fortgeführt werde:
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Der Kläger beantragte sodann mit Schriftsatz vom 04.02.2021 (Bl. 88 der Akte)
die Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht Bayreuth und begründete diesen Antrag damit, dass der der Klage zugrunde liegende Sachverhalt sich auf eine Fürsorgepflichtverletzung aus einem früheren Beamtenverhältnis beziehe. Hierfür sei ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet und das Verwaltungsgericht Bayreuth örtlich zuständig.
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Mit Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 10.08.2021 (Blatt 108 der Akte) wurde festgestellt, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig ist, und der Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.
9
Der Streithelfer beantragte gegenüber dem Verwaltungsgericht Bayreuth festzustellen,
dass die Streitverkündung des Klägers gegenüber dem Streitverkündeten … unwirksam ist (Schriftsatz vom 12.08.2021, Bl. 113 d.A.).
10
Gegenüber dem Landgericht Würzburg beantragte der Streithelfer,
dem Kläger die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen (Blatt 116 der Akte).
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Das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth übernahm das Verfahren und stellte mit Beschluss vom 07.02.2022 (Bl. 142 der Akte), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, fest, dass die Streitverkündung des Klägers gegenüber Rechtsanwalt … unwirksam ist und das Landgericht Würzburg über die Kosten der Nebenintervention entscheidet.
der Klagepartei die Kosten der Nebenintervention nicht aufzuerlegen und begründet dies damit, dass die Streitverkündung in dem Zivilrechtsstreit rechtlich zulässig gewesen und die Verweisung an das Verwaltungsgericht von Amts wegen erfolgt sei.
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Der Antrag des Nebenintervenienten, dem Kläger die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen, ist begründet.
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Grundsätzlich gilt gemäß § 101 Abs. 1 ZPO: Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
15
Eine Kostenentscheidung ist vorliegend nicht ergangen, so dass dem Grundsatz des § 101 Abs. 1 Hs. 2 ZPO entsprechend der Antrag abzulehnen wäre, da nach dieser Regelung der Nebenintervenient die Kosten der Nebenintervention selbst zu tragen hätte.
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Die Entscheidung der Kammer, der Klagepartei die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen, hat ihre Grundlage jedoch in dem Rechtsgedanken des § 101 Abs. 1 Hs. 1 ZPO.
17
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Nebenintervenient so zu stellen ist wie er stünde, wenn der Rechtsstreit nicht gemäß § 17 a GVG verwiesen worden wäre.
18
Die Klage wäre in diesem Fall mangels Rechtswegeröffnung abweisungsreif gewesen. Im Rahmen der Abweisung der Klage wären dem Kläger gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen und infolgedessen auch gemäß § 101 Abs. 1 Hs. 1 ZPO die Kosten der Nebenintervention.