Titel:
Sachverhaltswürdigung durch das Gericht, Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten, Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung
Normenketten:
BayWG § 100 Abs. 1 S. 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 S. 2
VwGO § 108 Abs. 1
VwZVG Art. 36 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 5
Schlagworte:
Sachverhaltswürdigung durch das Gericht, Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten, Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31711
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Bescheids, mit der ihr u.a. die Pflicht auferlegt worden ist, Flüssigkeiten aus einem Sammelbecken für Schmutzwasser abzupumpen und ordnungsgemäß zu beseitigen sowie die Aufhebung mehrerer Zwangsgeldandrohungen.
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1. Die Klägerin betreibt auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung … in der Gemeinde …, eine Biogasanlage. Mit Bescheid vom 25.03.2021 wurde ihr gegenüber in dessen Nr. 1 angeordnet, dass sie einen Alarm- und Maßnahmenplan vorzulegen habe. Zudem wurde sie verpflichtet, eine Bescheinigung über die Errichtung einer Umwallung inklusive Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen vorzulegen. Ferner wurde die Klägerin in Nr. 2 des Bescheids vom 25.03.2021 in der Fassung der Nr. I. des Bescheids vom 21.01.2022 aufgefordert, die durch einen AwSV-Sachverständigen festgestellten erheblichen Mängel zu beseitigen und den Prüfbericht über die Nachprüfung durch einen AwSV-Sachverständigen dem Landratsamt … vorzulegen. In Nr. 3 und 4 des Bescheids vom 25.03.2021 in der Fassung der Nr. III. des Bescheids vom 21.01.2022 wurden Zwangsgelder angedroht. Gegen diese Anordnungen wendet sich die Klägerin im Verfahren Az. B 7 K 21.520.
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2. Im Rahmen mehrerer Ortseinsichten des Landratsamtes … - u.a. am 19.01.2022 - wurde an der Sammelgrube der verfahrensgegenständlichen Biogasanlage ein akuter Austritt von wassergefährdenden Flüssigkeiten, welche vor Ort versickern bzw. der natürlichen Geländeoberfläche folgend ablaufen, vernommen. Laut Entwässerungskonzept u.a. vom 25.07.2019 (BA Bl. 343) bezweckt das Regenrückhaltebecken (am südöstlichen Rand des Biogasanlagengeländes) die Rückhaltung von Schmutzwasser und dessen Ableitung in die Biogasanlage.
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Mit Bescheid vom 21.01.2022 hat das Landratsamt … u.a. verfügt:
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IV. Die … wird verpflichtet,
a) die im Sammelbecken für Schmutzwasser gegenwärtig befindlichen Flüssigkeiten vollumfänglich abzupumpen und ordnungsgemäß zu beseitigen.
b) die künftig anfallenden Flüssigkeiten kontinuierlich aus dem Sammelbecken abzupumpen, sodass ein Austritt der Flüssigkeiten aus den vorhandenen Undichtigkeiten ausgeschlossen ist, sowie ordnungsgemäß zu beseitigen.
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V. Die sofortige Vollziehung der Ziffer IV dieses Bescheides wird angeordnet.
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a) Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer IV Buchstabe a dieses Bescheides nicht binnen einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, wird die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
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b) Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer IV Buchstabe b dieses Bescheides nicht ab einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides nachgekommen wird, wird für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, wird die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
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Die Verfügungen unter Nr. „IV.“ des Bescheids würden sich auf § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG stützen. Für Anlagen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen seien Anforderungen in § 62 Abs. 1 WHG normiert. Bei der von der Klägerin betriebenen Biogasanlage handele es sich um Anlagen zum Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe (vgl. § 2 Abs. 14 AwSV). Diese müssten gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten und betrieben werden, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaft erreicht werde. Zudem müssten solche Anlagen gemäß § 62 Abs. 2 WHG entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik beschaffen sein, errichtet unterhalten und betrieben werden. Diese allgemein anerkannten Regeln der Technik würden in sog. technischen Regeln wassergefährdender Stoffe (TRwS) näher bestimmt. Für Biogasanlagen sei die TRwS 793-1 zu beachten (Arbeitsblatt DWA-A 793-1). Insbesondere werde auf die Betreiberpflichten nach Nr. 11 des Arbeitsblattes DWA-A 793-1 Bezug genommen, welche in den Abs. 3 bis 5 Maßnahmen des Betreibers im Hinblick auf auftretende Undichtigkeiten und den Austritt wassergefährdender Stoffe bestimmen würde. Darüber hinaus gelte für die Lagerung von Gärsubstraten die TRwS 792 entsprechend (vgl. Ziffer 4 Abs. 2 des Arbeitsblattes DWA-A 793-1), welche in Ziffer 6.1.1 ebenfalls grundsätzliche Anforderungen an die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage stellen würde. Ein Austritt wassergefährdender Stoffe sei nach Abs. 1 der Ziffer 6.1.1 zu verhindern. Anforderungen an den Betrieb von Biogasanlagen würden zudem durch die AwSV konkretisiert. Der Anwendungsbereich der AwSV, die eine auf das Wasserhaushaltsgesetz gestützte Rechtsverordnung darstelle, sei für den Betrieb von JGS-Anlagen eröffnet, vgl. § 1 AwSV. Insbesondere in §§ 17 und 19 AwSV würden konkrete Anforderungen an Biogasanlagen gestellt. Die Grundsatzanforderungen des § 17 AwSV besagten, dass Anlagen u.a. so betrieben werden müssen, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 AwSV), Undichtheiten aller Anlagenteile, die mit wassergefährdenden Steffen in Berührung stehen, schnell und zuverlässig erkennbar seien (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 AwSV) sowie austretende wassergefährdende Stoffe schnell und zuverlässig erkannt und zurückgehalten sowie ordnungsgemäß entsorgt werden (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 AwSV). Zudem sei nach § 19 Abs. 5 AwSV u. a. mit Gärsubstraten (vgl. § 2 Abs. 8 AwSV) verunreinigtes Niederschlagswasser in Biogasanlagen vollständig aufzufangen und ordnungsgemäß zu beseitigen bzw. zu verwerten. Die Einrichtung für die Sammlung des Schmutzwassers der Biogasanlage der Klägerin entspreche nicht den allgemeinen und speziellen Anforderungen o.g. Vorschriften, da dieses nicht so beschaffen sei und betrieben werde, dass allgemein wassergefährdende Stoffe nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 AwSV nicht austreten können. In die für das im Rahmen des Anlagenbetriebes anfallende Schmutzwasser vorgesehene Sammelgrube („Schmutzwasser-Rückhaltebecken“) werde das verschmutzte Wasser von ca. 4.050 qm befestigten Flächen (vgl. u.a. Entwurf eines Entwässerungskonzeptes der Klägerin von Juli 2019) eingeleitet. Auf vorgenannten Flächen seien u.a. mehrere Fahrsiloanlagen vorhanden. Es handele sich daher insbesondere um verunreinigtes Niederschlagswasser sowie Gärsubstrate bzw. Silagesickersäfte (allgemein wassergefährdend i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4 und 6 AwSV), welche in der Sammelgrube aufgefangen und schlussendlich der Biogasanlage zugeführt würden. Im Rahmen mehrerer Ortseinsichten durch das Landratsamt … - u.a. am 20.12.2021 sowie am 19.01.2022 - habe festgestellt werden können, dass nicht nur die bereits am 06.03.2020 im Rahmen der Prüfung durch den Sachverständigen festgestellten Mängel fortbestehen würden, sondern sogar nicht unerhebliche Mengen wassergefährdender Flüssigkeiten aus den undichten Stellen das „Schmutzwasser-RückhaItebeckens“ austreten würden. Aufgrund der Gegebenheiten - u.a. der an der Außenseite des Sammelbeckens angebrachten Metallplatte sowie der anstehenden Grasnarbe im unteren Bereich des Beckens - könnten über die sich augenscheinlich aufdrängenden Undichtigkeiten hinaus weitere schadhafte - möglicherweise unterirdische - Ablauf- bzw. Austrittsstellen am bestehenden Becken nicht ausgeschlossen werden. Die starke Durchnässung des Untergrundes mit augenscheinlich verschmutzten Flüssigkeiten in diesem Bereich lasse eine solche Vermutung jedenfalls zu. Die unter „IV.“ angeordneten Maßnahmen seien daher zur Sicherstellung der Erfüllung der nach § 62 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WHG und nach der AwSV bestehenden Verpflichtungen notwendig. Sie würden dem Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften durch mögliche Versickerung bzw. Einleitung der im Rahmen des Betriebes der Biogasanlage der Klägerin austretenden wassergefährdenden Stoffe dienen. Insbesondere könne ein Austritt allgemein wassergefährdender Stoffe im Lichte obiger Darstellungen nur durch ein fortwährendes Abpumpen der stetig anfallenden Flüssigkeiten zuverlässig verhindert werden. Der drohende Eintritt einer Gewässerverunreinigung sei nach dem Ausschluss der Besorgnis zu beurteilen. Der Besorgnisgrundsatz, welcher aus verschiedenen Normen des WHG (§ 32 Abs. 2, § 45 Abs. 2, § 48 Abs. 2 WHG) abzuleiten sei, gebiete umfassend, jeder auch noch so wenig naheliegenden Wahrscheinlichkeit einer schädlichen Veränderung der Gewässerbeschaffenheit vorzubeugen. Bei einer Versickerung von wassergefährdenden Stoffen in den Boden bzw. einer Einleitung derer in oberirdische Gewässer seien Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts, insb. Gewässerverunreinigungen zu befürchten. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass der Reinhaltung der Gewässer im Hinblick auf das Allgemeinwohl eine hohe Schutzwürdigkeit zukomme.
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Die Anordnungen würden pflichtgemäß ausgeübtem Entschließungsermessen (Art. 40 BayVwVfG) entsprechen. Zum bestmöglichen Schutz der Gewässer sowie der Allgemeinheit vor Gefahren für Leben und Gesundheit durch Gewässerverunreinigungen sei ein Einschreiten des Landratsamtes … sachgerecht. Die Überwachung der wasserrechtlichen Vorschriften liege im Interesse des Wohls der Allgemeinheit. Die konsequente Abwehrhaltung der Klägerin - verdeutlicht durch die Äußerung ihres Prozessbevollmächtigten im Hauptsacheverfahren (wohl gemeint im Verfahren B 7 K 21.520) - mache ein Tätigwerden der Behörde unumgänglich. Die Anordnungen würden auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) wahren. Die Verfügungen u.a. unter Nr. „IV.“ dieses Bescheids seien geeignet und erforderlich, um die Erfüllung der Vorschriften der Wassergesetze, u. a. der AwSV sowie den Austritt allgemein wassergefährdender Stoffe im Rahmen des Betriebs der Biogasanlage der Klägerin zu unterbinden. Es würden keine weniger einschneidenden Maßnahmen zur Verfügung stehen, die der Verfolgung und Erfüllung des Zweckes in gleicher Weise dienen würden. Die notwendige Mängelbeseitigung sei durch die Klägerin trotz ihrer Zusicherung mit Nachricht vom 03.07.2020 bislang nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insbesondere die z.T. getätigten provisorischen Reparaturarbeiten der undichten Stellen könnten einen Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten nicht hinreichend verhindern. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe würden die angeordneten Maßnahmen ein milderes Mittel zur Nutzungsuntersagung der Gesamtanlage darstellen. Angesichts der Schutzwürdigkeit der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, seien die Verpflichtungen auch angemessen. Das Interesse der Klägerin an einem weiteren Betrieb ihrer Biogasanlage unter Missachtung gesetzlich normierter Vorgaben müsse folglich gegenüber dem Allgemeininteresse zurücktreten. Die Anordnungen zur Leerung bzw. dem kontinuierlichen Leerhalten des Sammelbeckens sowie der ordnungsgemäßen Beseitigung der abgepumpten Flüssigkeiten würden sich als angemessen erweisen. Dem Becken würden u. a. die im Rahmen der vorhandenen Fahrsiloanlagen anfallenden Silagesickersäfte bzw. mit solchen sowie mit Gärsubstraten verunreinigtes Niederschlagswasser zugeführt. Säuren und organische Stoffe von Silagesickersäften bzw. Gärsäften würden i.d.R. im Boden rasch abgebaut. Ungehindert ablaufende säurehaltige Flüssigkeiten würden in tiefere Bodenschichten gelangen und könnten dort zur Verunreinigung von Boden und Grundwasser führen. Der Abbau organischer Bestandteile entziehe dem Grundwasser Sauerstoff, was eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit, insbesondere eine Mobilisierung u.a. von Eisen, Arsen und Schwermetallen nach sich ziehen könne. Wenn diese säurehaltigen Flüssigkeiten in Oberflächengewässer gelangen, würden diese insbesondere durch Ammoniak, sauerstoffzehrende Stoffe und Pflanzennährstoffe geschädigt. In der Folge sei die Entstehung von für Wasserlebewesen giftigen bzw. tödlichen Konzentrationen möglich. Zudem könne mit dem Abbau der organischen Substanz im Gewässer Sauerstoffmangel und damit unmittelbares Fischsterben einhergehen. Mit einem andauernden Sauerstoffmangel im Gewässer werde zudem eine Eutrophierung begünstigt. Dass die Anlagenbetreiberin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter die Ereignisse vor Ort Ieugneten bzw. die bestehende Gefahr nicht zu erkennen vermögen, zeige viel mehr, dass mit einem Einsehen der Verantwortlichen nicht zu rechnen sei. Ein weiteres Hinnehmen der bestehenden Zustände sei nicht vertretbar. Die Schutzwürdigkeit der Gewässer überwiege die mit den getroffenen Verfügungen einhergehenden Belastungen der Klägerin.
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Die Klägerin sei als Handlungs- und Zustandsstörern nach Art. 9 Abs. 1 und 2 LStVG die richtige Adressatin der Anordnungen. Sie missachte die für sie im Rahmen des Betriebes ihrer Biogasanlage auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung … in der Gemeinde …, geltenden Vorschriften im Hinblick auf den Gewässerschutz. Aufgrund dessen seien die getroffenen Anordnungen notwendig geworden.
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Hinsichtlich Zwangsgeldandrohung wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 02.02.2022 teilte das Landratsamt … der Klägerin mit, dass im Rahmen einer Ortseinsicht durch das Landratsamt … am 01.02.2022 habe festgestellt werden müssen, dass entgegen der Anordnungen das Sammelbecken nicht geleert worden sowie ein dauerhaftes Abpumpen der anfallenden Flüssigkeiten nicht erfolgt sei. Die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von jeweils 2.000,00 EUR seien folglich zur Zahlung fällig geworden und könnten eingezogen und beigetrieben werden. Es ist ein weiterer Bescheid mit folgendem Inhalt erlassen worden:
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1. Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer IV Buchstabe a des Bescheides des Landratsamtes … vom 21.01.2022, Az. …, nicht binnen einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs angeordnet werden, wird die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
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2. Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer IV Buchstabe b des Bescheides des Landratsamtes … vom 21.01.2022, Az. …, nicht ab einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs angeordnet werden, wird die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
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Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
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3. Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.02.2022 Klage erhoben und beantragt den Bescheid des Beklagten Az. … v. 21.01.2022 - zugegangen am 24.01.2022 - aufzuheben.
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Es treffe nicht zu, dass ein akuter Austritt von wassergefährdenden Flüssigkeiten erfolge, die von der Anlage ausgingen. In der letzten Begehung vom 23.02.2022 seien lediglich Vermutungen aufgestellt worden, woher die Flüssigkeit stammen könnte und wie sie an diese Stelle gelangt sein könnte. Ein Nachweis darüber, dass es sich bei der in Augenschein genommen Feuchtigkeit überhaupt um eine wassergefährdende Flüssigkeit handelt, sei genauso wenig geführt worden wie, dass sie von der Anlage der Klägerin stamme.
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4. Mit Schriftsatz vom 03.03.2022 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen Eilantrag gestellt (B 7 S 22.233), die Klage vom 16.02.2022 erweitert und beantragt den Bescheid des Beklagten v. 02.02.2022 - … zugegangen am 04.02.2022 aufzuheben.
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Die Klageerweiterung bezieht sich zur Begründung auf die Ausführung der Klageschrift vom 16.01.2022. Der jetzt angegriffene Bescheid sei ein Folgebescheid. Seine Grundlage entfalle mit der Aufhebung des bereits angegriffenen Bescheides.
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5. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 14.03.2022 (Az. B 7 S 22.233) hat die entscheidende Kammer die Anträge der Klägerin, mit denen sie sich gegen die Zwangsgeldandrohungen aus dem Bescheid vom 25.03.2021 in der Fassung des Bescheids vom 21.01.2022 und denen aus dem Bescheid vom 02.02.2022 sowie die Fälligstellung der Zwangsgelder im Bescheid vom 02.02.2022 gewendet hat, abgelehnt, weil sie die Zwangsgeldandrohungen für rechtmäßig erachtet und festgestellt hat, dass die Zwangsgelder fällig geworden sind.
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6. Mit Schriftsatz vom 21.03.2022 hat das Landratsamt … für den Beklagten beantragt,
Die Klage wird abgewiesen
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Der Antrag ist damit begründet worden, dass auf die Antragserwiderung vom 09.03.2022 im Verfahren B 7 S 22.233 verwiesen werde. Dort wurde das Folgende vorgetragen: Die Behauptung, dass ein Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten von der Anlage nicht erfolge, lasse sich anhand des Bildmaterials der Behördenakte widerlegen. Im Rahmen der Inaugenscheinnahmen der Anlage durch die technische Gewässeraufsicht der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft des Landratsamtes … seien - entgegen der jeglichen Beweismitteln ermangelnden Darstellungen des Rechtsvertreters - wiederholt der Austritt bzw. Ablauf von verschmutzten Flüssigkeiten aus dem Sammelbecken der verfahrensgegenständlichen Anlage festgestellt worden. Ein im Grunde unverändertes Bild habe sich im Rahmen von weiteren Ortseinsichten nach Erlass des Bescheides vom 02.02.2022 am 09.02.2022 sowie am 23.02.2022 geboten, vgl. Anlagen B2 und B3. Die vor Ort wiederholt dargebotenen Verhältnisse - durchnässter Untergrund im Bereich der Becken-Außenwände, Pfützen und ablaufende Flüssigkeiten - ließen sich augenscheinlich auf die am Sammelbecken unstreitig vorhandenen Beschädigungen und die dort austretenden Flüssigkeiten zurückführen. Die Undichtigkeiten des Beckens drängten sich geradezu auf, zumal diese durch den AwSV-Sachverständigen … im Rahmen des Prüfberichts bescheinigt worden seien (vgl. Anlage B1, Punkt „Technische Mängel“). Das in dem Becken befindliche Wasser bestehe der Aktenlage nach insbesondere aus Gärsubstraten bzw. Silagesickersäften - allgemein wassergefährdend i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4 und 6 AwSV - bzw. mit diesen Flüssigkeiten verunreinigtem Niederschlagswasser (vgl. Anlage B1, Punkt „Hinweis:“ „Der im Fahrsilo entstehende Silagesickersaft und das Oberflächenwasser (Regenwasser) wird in die Sammelgrube eingeleitet“) Eines besonderen Nachweises hinsichtlich der Wassergefährdung bedürfe es aufgrund deren Unstrittigkeit nicht. Auf das durch die Staatsanwaltschaft gegen die Klägerin eingeleitete Ermittlungsverfahren im Hinblick auf §§ 324 ff. StGB werde in diesem Zusammenhang hingewiesen.
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Eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Bescheid vom 02.02.2022 unterbleibe gänzlich. Der Bescheid vom 02.02.2022 sei rechtmäßig und die Anlagenbetreiberin werde auch nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Die aus dem vorhandenen Sammelbecken austretenden Flüssigkeiten würden derzeit augenscheinlich im Nahbereich der Anlage in Grund und Boden versickern, sodass ein Eindringen in das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden könne. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten - insbesondere der Gewässernähe zur … (Gewässer Il. Ordnung) sowie des natürlichen Höhenprofils - bestehe zudem die Besorgnis, dass die derzeit nicht ordnungsgemäß aufgefangenen Flüssigkeiten in oberirdische Gewässer gelangen. Der konkreten Gefährdung könne lediglich durch eine vollständige Leerung des Sammelbeckens, fortwährendem Abpumpen des im Rahmen des Anlagenbetriebes anfallenden Schmutzwassers nebst dessen ordnungsgemäßer Beseitigung begegnet werden.
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Des Weiteren werde vollumfänglich auf den inhaltlich voll zutreffenden Beschluss in der Angelegenheit B 7 S 22.233 vom 14.03.2022 verwiesen, welcher auch in der Hauptsache kein anderes Ergebnis erwarten lasse. Auf die maßgeblichen Aktenvorgänge im Verfahren B 7 K 21.520 und B 7 S 22.233 werde ausdrücklich Bezug genommen.
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Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin zunächst gegen die Aufhebung der Bescheide vom 21.01.2022 sowie 02.02.2022 gewendet. Nachdem der Bescheid vom 21.01.2022 in den Nrn. I. bis III. im Zusammenhang mit dem Bescheid vom 25.03.2021 steht, hat das Gericht mit Beschluss vom 15.06.2022 insoweit die Klage dagegen von der Streitsache B 7 K 22.196 abgetrennt und mit der Streitsache B 7 K 21.520 verbunden.
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Mit Schreiben vom 20.06.2022 hat das Gericht die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Wegen der Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Hs. 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Die vorliegende Klage richtet sich gegen die Nrn. IV. und VI des Bescheids vom 21.01.2022 sowie gegen den Bescheid vom 02.02.2022.
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Die zulässige Klage (vgl. B 7 K 21.520) hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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I. Soweit die Klägerin die Klage hinsichtlich des Bescheids vom 02.02.2022 erweitert hat, liegt eine zulässige Klageänderung in Form der Klageerweiterung gemäß § 91 VwGO vor, da es das Gericht für sachdienlich erachtet, über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids in einem Klageverfahren zu entscheiden.
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II. Rechtsgrundlage für die hier getroffenen Anordnungen unter IV. a) und b) des Bescheids vom 21.01.2022 ist § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG. Danach ordnen die Kreisverwaltungsbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen (Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG). In § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist geregelt, dass die Gewässeraufsicht die Erfüllung der nach dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Bayerischen Wassergesetz bestehenden oder der auf Grund dieser Gesetze begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen überwacht.
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Tatbestandliche Voraussetzung für ein Einschreiten der Wasserrechtsbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ist demnach entweder das Erfordernis der Vermeidung oder Beseitigung einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts (1. Alternative) oder die Erforderlichkeit zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach Satz 1 (2. Alternative). Damit wird die Eingriffsbefugnis auf das gesamte materielle Wasserhaushaltsrecht des Bundes und der Länder erstreckt (vgl. OVG SH, U.v. 23.6.2011 - 4 LB 2/10 - juris, bestätigt durch BVerwG, B.v. 5.10.2011 - 7 B 54/11 - juris).
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Das Gericht folgt den nicht zu beanstandenden Ausführungen des Bescheids vom 21.01.2022 und führt ergänzend das Folgende aus:
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Der Einwand der Klägerin, dass die Feststellung eines akuten Austritts von wassergefährdenden Flüssigkeiten nicht zutreffe, greift nicht durch.
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Das Gericht ist überzeugt, dass es sich bei der austretenden Flüssigkeit um eine wassergefährdende Flüssigkeit handelt, die von der Anlage und hauptsächlich vom Schmutzwasserbecken der Klägerin stammt. Allgemein wassergefährdend sind u.a. Silagesickersaft und Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft zur Gewinnung von Biogas sowie die bei der Vergärung anfallenden flüssigen und festen Gärreste (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 4 und 6 AwSV). Bei den Flüssigkeiten, die ausgetreten sind und dokumentiert wurden, handelt es sich um solche, die aus dem Sammelbecken für Schmutzwasser stammen müssen. Das Schmutzwasserrückhaltebecken wird entsprechend des Entwässerungskonzepts der Klägerin dazu genutzt, sauberes Niederschlagswasser sowie Schmutzwasser mit Silagesäften zurückzuhalten und über einen Sammelschacht der Biogasanlage zuzuführen (vgl. BA Bl. 343). Zudem ist auf verschiedenen Bildern, die vor Erlass des Bescheides aufgenommen worden sind, zu erkennen, dass sich auf dem Wasser Schaum bildet (fortgeführte BA Bl. 109 f. sowie 120), der den Anschein erweckt, dass es sich bei der zurückgehaltenen Flüssigkeit nicht lediglich um Regenwasser handeln kann. Auch ist die dunkle Färbung des Wassers ein gewichtiges Indiz für die Annahme, dass es sich um Silagesickersäfte sowie Gärsubstrate landwirtschaftlicher Herkunft handelt. Die in der fortgeführten Behördenakte abgelichteten Pfützen (Bl. 122 bis 125), die nicht vollständig im Erdboden versickert sind, sprechen ebenfalls dafür, dass diese Flüssigkeit aus dem Schmutzwasserbecken stammen muss. Ferner bildet sich auf diesen Pfützen ein schmieriger Film, der dafürspricht, dass es sich hierbei nicht um bloßes Wasser, sondern um die o.g. wassergefährdenden Stoffe und Gemische handeln muss. Zudem ist auf einem Bild zu sehen (fortgeführte BA Bl. 131), dass hinter einer Metallplatte, die an dem Rückhaltebecken befestigt ist, eine Flüssigkeit austritt und sich entlang eines Risses eine dunkelbraune Schattierung gebildet hat (fortgeführte BA Bl. 127 und 128). In einem Aktenvermerk zur Besichtigung vom 19.01.2022 (fortgeführte BA Bl. 116) wurde festgehalten, dass an der Unterkante einer Metallplatte, die außerhalb des Schmutzwasserbeckens montiert worden ist, Flüssigkeit festgestellt werden konnte. Färbung und Geruch würden auf den Inhalt des Beckens hinweisen. Dies ließe auf Undichtheiten hinter der Metallplatte schließen. Zudem wurden die Pfützen einige Meter entfernt von dem Sammelbecken lokalisiert (fortgeführte BA Bl. 133). Auch dieser räumliche Aspekt spricht dafür, dass die ausgetretenen Flüssigkeiten aus dem Sammelbecken stammen.
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Nach alledem steht es zur Überzeugungsgewissheit der entscheidenden Kammer fest, dass es sich bei den aus maßgeblichen Flüssigkeiten um wassergefährdende Stoffe handelt, die aus dem Schmutzwasserbecken der Klägerin stammten und von dort ausgetreten sind.
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III. Die Zwangsgeldandrohungen unter „VI.“ im Bescheid vom 21.01.2022 sowie diejenigen im Bescheid vom 02.02.2022 sind nicht zu beanstanden (vgl. VG Bayreuth, B.v. 14.3.2022 - B 7 S 22.233). Insbesondere handelt es sich trotz der Formulierungen „abzupumpen“ und/sowie „ordnungsgemäß zu beseitigen“ ersichtlich um eine einheitlich zu verstehende Handlungspflicht, die nach Sinn und Zweck nur dann erfüllt ist, wenn das abzupumpende Wasser auch ordnungsgemäß beseitigt wurde. Insoweit vermag das Gericht keinen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 36 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 VwZVG zu erkennen.
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IV. Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).