Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 07.07.2022 – B 7 K 21.520
Titel:

Vertretungsbefugnis eines Kommanditisten, Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung, Alarm- und Maßnahmeplan, Bescheinigung über die Errichtung der Umwallung inkl. Abnahme durch einen, AwSV-Sachverständigen, Sperrwirkung des § 68 Abs. 10 AwSV (verneint), Ermessensfehler (verneint), Vollzugsfrist für Grundverwaltungsakt

Normenketten:
VwGO § 62 Abs. 3
BayWG § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 S. 2
AwSV § 44 Abs. 1
AwSV § 46 Abs. 4
AwSV § 68 Abs. 10
VwGO § 155 Abs. 1 S. 3
VwZVG Art. 36 Abs. 3 S. 1 Nr. 5
Schlagworte:
Vertretungsbefugnis eines Kommanditisten, Bestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung, Alarm- und Maßnahmeplan, Bescheinigung über die Errichtung der Umwallung inkl. Abnahme durch einen, AwSV-Sachverständigen, Sperrwirkung des § 68 Abs. 10 AwSV (verneint), Ermessensfehler (verneint), Vollzugsfrist für Grundverwaltungsakt
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31702

Tenor

1. Nummer 3 des Bescheids vom 25.03.2021 (Az. …) wird aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Bescheids vom 25.03.2021 - in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022.
2
1. Die Klägerin betreibt auf dem Grundstück mit der Flurnummer …, Gemarkung …, Gemeinde …, eine Biogasanlage unter Einsatz nachwachsender Rohstoffe (Maissilage). Die Biogasanlage liegt auf ca. 480 m NN. Nach Nordosten fällt das Gelände in das Tal der … auf ca. 455 m NN ab (BA Bl. 127).
3
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.11.2006 hat die Regierung von … die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Verbrennungsmotoranlage zur Erzeugung von Strom und Wärme für den Einsatz von Biogas auf dem Grundstück mit der Fl.-Nr. …, Gemarkung … in … mit einer Gesamtumsatzmenge von 8.900 Tonnen pro Jahr erteilt. Die Anlage wird der Gefährdungsklasse „W1“ zugeordnet und befindet sich nicht in einem Wasser- bzw. Überschwemmungsschutzgebiet (vgl. BA Bl. 419).
4
Im Jahr 2011 wurde gegen einen „Verantwortlichen“ der Biogasanlage wegen einer Bodenverunreinigung aufgrund der Ableitung von gesammeltem und stark verunreinigtem Niederschlagswasser aus dem Gelände der Biogasanlage auf eine benachbarte Wiese ein Ermittlungsverfahren eingeleitet (Az. … - Staatsanwaltschaft …, vgl. BA Bl. 111 ff.), wobei es im Zusammenhang mit der Bodenverunreinigung nicht zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers kam (BA Bl. 131). Gegen ihn wurde das Verfahren nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
5
Aus einer E-Mail des Landratsamts an die … GmbH (im Folgenden …) - die nach ihrem Vortrag lediglich in einigen Bereichen Dienste für die Klägerin leistet, sich aber nicht verantwortlich für die Biogasanlage sieht (fortgeführte BA Bl. 32 f.) - vom 17.08.2017 geht hervor, dass bestehende Biogasanlagen mit einer Umwallung versehen werden müssten. Es wurde darum gebeten, eine entsprechende Planung bis zum Jahresende vorzulegen (BA Bl. 205). In einem Sachstandsbericht zu den Ertüchtigungs- und Inbetriebnahmearbeiten an der Biogasanlage … vom 09.03.2018 wurde dem Landratsamt … mitgeteilt, dass aktuell ein Umwallungskonzept erarbeitet werde (BA Bl. 241).
6
In einem Schreiben des Landratsamts … an die Klägerin vom 21.06.2018 (BA Bl. 248) wurde ihr u.a. mitgeteilt, dass in § 68 Abs. 10 AwSV festgelegt sei, dass alle bereits bestehenden Biogasanlagen mit einer Umwallung nachzurüsten seien. Aufgrund in der Vergangenheit bereits eingetretener Probleme an ihrer Biogasanlage bzw. wegen deren Lage in einem wasserwirtschaftlich besonders sensiblen Bereich sei diese in die Priorität 1 des Priorisierungsschemas zum UMS vom 29.12.2017 (Az. 52e-U4560-2015/7-93) eingestuft worden. Dies bedeute, dass die Klägerin bis zum 01.03.2019 ein Sanierungskonzept vorlegen müsse. Die geplante Maßnahme zur Absicherung der Biogasanlage im Havariefall sei bis Ende September 2019 umzusetzen. Die Klägerin wurde gebeten, bis zum 01.08.2018 ein Planungsbüro mit der Erstellung eines entsprechenden Sanierungskonzepts zu beauftragen.
7
Die … legte ein Konzept für die Substratrückhaltung der Biogasanlage im Fall einer Havarie mit Datum vom 28.02.2019 vor (BA Bl. 273). In diesem wurde die Umwallungsplanung dargestellt (BA Bl. 279 bis 282). Aus diesem geht hervor, dass nur ein Teil der Umwallung neu errichtet werden muss, während ein Teil der bestehenden Wälle ggf. nachmodelliert wird (BA Bl. 279 bis 281). In dem Konzept wurde die Erstellung eines Maßnahmen- und Alarmplans für den Fall der Havarie angekündigt (BA Bl. 283).
8
Aus einer E-Mail vom 22.05.2019 (BA Bl. 315) geht hervor, dass ein Regenwasserbehälter der Biogasanlage übergelaufen sei. Schäden am Gewässer seien nicht feststellbar gewesen. Es sei angeordnet worden, dass der Behälter stets so zu leeren sei, dass ein Überlaufen nicht mehr passieren könne. Aktuell sei Gärsaftwasser abgepumpt und auf Felder verteilt worden.
9
In einem Schreiben vom 08.07.2019 (BA Bl. 339) wurde der Klägerin vom Landratsamt … mitgeteilt, dass am 13.06.2019 eine Anlagenüberwachung gem. § 52 BImSchG bei ihrer Biogasanlage durchgeführt worden sei. Unter Bezugnahme auf den Bauantrag BV-Nr. … „Errichtung eines Regenrückhaltebeckens“ sei festgestellt worden, dass in dem bereits seit mehreren Jahren fertiggestellten Becken Gärsaft u.ä. gelagert werde. Es sei bis spätestens 15.08.2019 ein Gutachten eines AwSV-Sachverständigen zum Zustand des Beckens vorzulegen.
10
Mit Schreiben vom 01.10.2019 (BA Bl. 353) teilte das Landratsamt … der Klägerin mit, dass mit dem vorgelegten Konzept der Umwallung bzw. Rückhaltung von Stoffen im Havariefall vom 28.02.2019 grundsätzliches Einverständnis bestehe. Die geplanten Maßnahmen seien bis zum 15.06.2020 abzuschließen (fettgedruckt). Dafür notwendige Maßnahmen (einschließlich ggf. erforderlicher Meldekette) seien zu planen und in einem, mit den im Schadensfall zu beteiligenden Behörden und Einrichtungen abgestimmten Alarm- und Maßnahmenplan, darzustellen. Die Mitarbeiter seien anhand des Alarm- und Maßnahmenplans zu unterweisen und auf der Biogasanlage an einem jederzeit zugänglichen Ort aufzubewahren. Anderen im Schadensfall zu Beteiligenden sei der Alarm- und Maßnahmenplan zuzuleiten. Dieser Maßnahmenplan sei noch bis zum 15.06.2020 nachzureichen (fettgedruckt). Diese geplante und erforderliche Umwallung sei ein Hauptbestandteil der gesamten Biogasanlage und deshalb nach erfolgter Ausführung von einem AwSV-Sachverständigen noch vor Inbetriebnahme abzunehmen. Der Sachverständige sei noch vor Baubeginn zu beauftragen.
11
In einer Ortseinsicht vom 26.02.2020 wurde eine Undichtigkeit auf der Rückseite des Schmutzwasserbeckens festgestellt, aus dem verschmutztes Niederschlagswasser ausgetreten sei (BA Bl. 405).
12
In einem Prüfbericht des AwSV-Sachverständigen … vom 06.03.2020 (BA Bl. 419) aufgrund einer Prüfung, die nach § 68 AwSV durchgeführt worden ist, wurde die Biogasanlage einer Ordnungsprüfung sowie technischer- und Sichtprüfung hinsichtlich ihrer Inbetriebnahme bzw. erstmaliger Prüfung unterzogen. Dabei hat der Sachverständige festgestellt, dass die Sammelgrube auf der Außenseite zwei Beschädigungen aufweise (technische Mängel). Das Prüfergebnis waren erhebliche Mängel, es wurde darum gebeten, die Mängelbeseitigung umgehend zu veranlassen. Als Fristvorschlag für die Mängelbeseitigung wurden sechs Monate genannt. Aus dem Prüfbericht geht hervor, dass der Havarieschutz (wohl gemeint die Umwallung) in Fertigstellung sei. Dieser Bericht ist durch die … mit E-Mail vom 26.03.2020 an den Beklagten übersandt worden. In der E-Mail hat die … festgehalten, dass die Leckage am Regenrückhaltebecken bereits provisorisch von außen abgedichtet worden sei. Sobald es die Witterung zulasse, werde das Becken geleert und von innen abgedichtet (BA Bl. 416). Aus dem Entwässerungskonzept (BA Bl. 343) geht hervor, dass die Funktion des bisherigen Regenrückhaltebeckens entsprechend als Rückhaltebecken für Schmutzwasser und Ableitung in die Biogasanlage geändert worden sei. In einer E-Mail vom 03.07.2020 (BA Bl. 450) an das Landratsamt … wurde mitgeteilt, dass das Becken aktuell noch entleert werde. Die Sanierungsarbeiten und die Dichtigkeitsprüfung bzw. Abnahme durch den AwSV-Sachverständigen fänden im Juli/Augst statt (BA Bl. 444).
13
Im weiteren Verlauf der Realisierung der geplanten Umwallung hat es immer wieder Verzögerungen gegeben (vgl. BA Bl. 369, 385, 403: hier wurde die Tiefbaufirma … zur Umsetzung der Umwallung benannt, 416, 423 f.). Die Verzögerungen wurden u.a. damit begründet, dass es anfangs mit dem ursprünglich beauftragten Bauunternehmen zu Verzögerungen gekommen und die beauftragte Firma … überlastet sei sowie die Corona-Pandemie weitere Probleme bereite. Auch müsse die Umsetzungsfrist aus Gründen des Vogelschutzes im Zusammenhang mit der Entfernung von Gehölzen verlängert werden. Zuletzt wurde eine Fristverlängerung für die Umsetzung der Umwallung im Herbst 2020 beantragt, mit der das Landratsamt einverstanden war (BA Bl. 428). Mit Schreiben vom 20.05.2020 (BA Bl. 433) wurde darum gebeten, die geforderte Umwallung bis zum 30.09.2020 zu realisieren, ansonsten sei mit einem zwangsgeldbewehrten Bescheid zu rechnen. Das Schreiben erging als rechtliche Anhörung.
14
Mit Schreiben vom 18.11.2020 (BA Bl. 457) wurde die Klägerin unter Darlegung der unverzüglichen Mängelbeseitigungs- und Prüfungspflicht gem. § 48 AwSV aufgefordert, die entsprechende Prüfung des AwSV-Sachverständigen in Auftrag zu geben und dem Landratsamt … den AwSV-Prüfbericht bis spätestens 31.12.2020 vorzulegen. Ansonsten werde eine kostenpflichtige Anordnung unter Zwangsgeldandrohung erlassen und es wurde mitgeteilt, dass dieses Schreiben als rechtliche Anhörung ergehe. Da dieses Schreiben nicht zugestellt werden konnte, weil der Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln gewesen sei (BA Bl. 459 und 473), wurde die Klägerin mit Schreiben vom 01.12.2020 bzw. 13.01.2021 und neuer Frist zur Vorlage bis spätestens 15.01.2021 bzw. 15.02.2021 angehört. (BA Bl. 463 und 477).
15
Mit Bescheid vom 25.03.2021, der der Klägerin laut Postzustellungsurkunde am 30.03.2021 zugestellt worden ist (BA Bl. 491), hat der Beklagte gegenüber der Klägerin u.a. das Folgende angeordnet:
16
1. Die … wird verpflichtet, einen Alarm- und Maßnahmenplan sowie eine Bescheinigung über die Errichtung der Umwallung inkl. Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen der mit Schreiben vom 01.10.2019 genehmigten Umwallung auf dem Grundstück mit der Fl.-Nr. …, Gemarkung …, Gemeinde …, bis spätestens sechs Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides vorzulegen.
17
2. Die … wird darüber hinaus aufgefordert, die am 06.03.2020 durch den AwSV-Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. … bei der Inbetriebnahme bzw. erstmaligen Prüfung der Biogasanlage festgestellten erheblichen Mängel zu beseitigen und den AwSV-Prüfbericht dem Landratsamt … bis spätestens 6 Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides vorzulegen.
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3. Für den Fall, dass der Verpflichtung aus Ziffer 1 nicht binnen 6 Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides entsprochen wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
19
4. Für den Fall, dass der Verpflichtung aus Ziffer 2 nicht binnen 6 Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides entsprochen wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR fällig.
20
Mit Schreiben vom 01.10.2019 sei das von der Klägerin vorgelegte Konzept der Umwallung bzw. Rückhaltung von Stoffen im Havariefall vom 28.02.2019, gefertigt von der … GmbH durch das Landratsamt … genehmigt worden. Diese Genehmigung sei unter Nr. 1 Abs. 1 mit der Auflage belegt worden, die geplanten Maßnahmen bis zum 15.06.2020 abzuschließen. Diese beinhalten u. A. die Vorlage eines Alarm- und Maßnahmenplanes sowie eine Abnahme der Umwallung durch einen AwSV-Sachverständigen nach erfolgter Ausführung. Wie aus dem Prüfbericht des AwSV-Sachverständigen … vom 06.03.2020 zur wiederkehrenden Prüfung nach § 68 Abs. 3 AwSV hervorgehe, sei die Umwallung noch nicht vollständig errichtet. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 13.01.2021 unter Fristsetzung bis zum 15.02.2021 letztmalig zur Vorlage des entsprechenden Prüfberichtes und Alarm- und Maßnahmenplans sowie AwSV-Bescheinigung zur Nachprüfung der Mängelbeseitigung aufgefordert worden. Ein Eingang dieser Nachweise habe beim Landratsamt … nicht verzeichnet werden können.
21
Die Verpflichtung unter Nr. 1 des Bescheids vom 25.03.2021 stütze sich auf § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 WHG. Die u.a. unter Nr. 1 angeordneten Maßnahmen dienten der Sicherstellung der Erfüllung der nach der AwSV bestehenden Verpflichtungen. Der Anwendungsbereich der AwSV sei für den Betrieb einer Biogasanlage eröffnet, vgl. § 1 AwSV. Für die Klägerin bestehe die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Plicht zur Vorlage eines Prüfberichtes. Gemäß § 46 Abs. 4 AwSV könne die zuständige Behörde unabhängig von den sich nach Abs. 2 und 3 ergebenden Prüfzeitpunkten und -intervallen eine einmalige Prüfung anordnen, insbesondere wenn die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung von Gewässereigenschaften bestehe. Gemäß § 68 Abs. 10 AwSV seien bestehende, d. h. bis 31.07.2017 errichtete, wiederkehrend prüfpflichtige Biogasanlagen mit ausschließlich landwirtschaftlichen Gärsubstraten grundsätzlich bis spätestens 01.08.2022 mit einer Umwallung zu versehen. Aufgrund in der Vergangenheit bereits eingetretener Probleme an der betroffenen Biogasanlage bzw. wegen deren Lage in einem wasserwirtschaftlich besonders sensiblen Bereich sei die Anlage nach Priorisierungsschema zum UMS vom 29.12.2017, Az. 52e-U4560-2015/7-93 in die Priorität 1 eingestuft worden. Hiernach sei ein Sanierungskonzept innerhalb von max. 12 Monaten, spätestens jedoch bis zum 31.12.2018 beizubringen. Die Sanierungsmaßnahmen (einschließlich Abnahme durch einen Sachverständigen) sollten innerhalb von sechs Monaten verwirklicht werden. Darüber hinaus sei nach § 44 Abs. 1 AwSV eine Betriebsanweisung vom Betreiber vorzuhalten, die einen Überwachungs-, Instandhaltungs- und Notfallplan enthalte und Sofortmaßnahmen zur Abwehr nachteiliger Veränderung der Eigenschaften von Gewässern festlege. Dieser sogenannte Alarm- und Maßnahmenplan sei dem Landratsamt … vorzulegen. Die Klägerin sei der Verpflichtung zur Vorlage des Prüfberichtes über die Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen über die Errichtung der Umwallung sowie eines Alarm- und Maßnahmenplans trotz mehrfacher Aufforderung durch das Landratsamt … nicht nachgekommen.
22
Die in Nr. 2. ergebende Verpflichtung zur Nachprüfung der Biogasanlage ergebe sich aus § 46 Abs. 5 AwSV. Bei erheblichen und gefährlichen Mängeln sei demnach nach Beseitigung der Mängel nach § 48 Abs. 1 AwSV die Anlage erneut prüfen zu lassen. Die Klägerin sei durch den AwSV-Sachverständigen … in seiner Prüfbescheinigung über die Prüfung vom 06.03.2020 eine Frist zur Mängelbeseitigung von sechs Monaten gesetzt worden. Da dem Landratsamt … innerhalb dieser Frist kein Prüfbericht über die durchgeführte Nachprüfung vorgelegt worden sei, sei mit Schreiben vom 13.01.2021 eine Frist bis 15.02.2021 zur Vorlage vorgenannten Berichts gesetzt worden. Bis heute sei kein entsprechender Nachweis eingegangen.
23
Die Anordnung unter Nr. 1. entspreche pflichtgemäß ausgeübtem Entschließungsermessen. Zum Schutz der Gewässer sowie der Allgemeinheit vor Gefahren für Leben und Gesundheit durch Gewässerverunreinigungen sei ein Einschreiten des Landratsamtes … sachgerecht. Die Überwachung der wasserrechtlichen Vorschriften liege im Interesse des Wohls der Allgemeinheit. Die Anordnung wahre auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Verfügung unter Nr. 1. sei geeignet und erforderlich, um die Erfüllung der Vorschriften der AwSV sicherzustellen. Es stünden keine weniger einschneidenden Maßnahmen zur Verfügung, die der Verfolgung und Erfüllung des Zweckes der Maßnahmen in gleicher Weise dienen würden. Angesichts der Schutzwürdigkeit der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, sei die Verpflichtung auch angemessen. Das Interesse der Klägerin an einem weiteren Betrieb ihrer Biogasanlage unter Missachtung gesetzlich normierter Vorgaben müsse folglich gegenüber dem Allgemeininteresse zurücktreten. Die Anordnung der bereits qua Gesetz geltenden Verpflichtung zur Abnahme seiner Umwallung stelle für vorgenannte Betreiberin keinen wesentlichen Einschnitt dar. Die Vorschrift wäre auch ohne eine konkrete Anordnung zu beachten und einzuhalten gewesen.
24
Die Klägerin sei als Handlungs- und Zustandsstörerin die richtige Adressatin der Anordnung. Sie missachte die für sie im Rahmen des Betriebes ihrer Biogasanlage geltenden Vorschriften der AwSV. Aufgrund dessen sei die getroffene Anordnung notwendig geworden.
25
Die Androhung des Zwangsgeldes unter Nr. 3. des Bescheides stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Das Zwangsgeld stelle als Regelzwangsmittel das am wenigsten einschneidende Zwangsmittel dar (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 VwZVG). Die Höhe des Zwangsgeldes entspreche dem wirtschaftlichen Interesse, das die Klägerin an der Nichterfüllung der bestehenden Prüfpflicht habe (Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Der Betreiberin sei es zuzumuten, die Abnahme über die Prüfung der Umwallung durch einen Sachverständigen sowie den Alarm- und Maßnahmenplan binnen 6 Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides vorzulegen und damit die ohnehin bereits nach der AwSV geltende Vorschrift umzusetzen. Das Zwangsgeld werde nur zur Zahlung fällig, wenn die Klägerin der Verpflichtung unter Nr. 1 nicht fristgerecht nachkomme.
26
2. Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 30.04.2021 Klage erhoben und beantragt,
Der Bescheid des Beklagten vom 25.03.2021, Az.: … wird aufgehoben.
27
Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage lägen nicht vor. Konkret werde von Klägerseite beanstandet, dass es sich bei den im Bescheid getroffenen Regelungen nicht um notwendige Maßnahmen im Sinne des § 100 Abs. 1 WHG handele und dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen im vorliegenden Fall überschritten habe und dass die geforderten Maßnahmen insbesondere unverhältnismäßig seien.
28
Die Klägerin betreibe eine Biogasanlage. Mit der Betreuung dieser Biogasanlage sei die Firma … beauftragt. Die Klägerin habe die Firma … ebenfalls mit der Erstellung eines Konzeptes für den Havariefall beauftragt, also den Fall, dass die Einlagestoffe aus der Anlage entweichen. Hierzu habe die Firma … unter dem 28.02.2019 ein entsprechendes Konzept gefertigt. Dieses habe ein Sicherungskonzept und eine Umwallung der Anlage umfasst. Entsprechend sei dieses Konzept vom Beklagten unter Erteilung von Auflagen genehmigt worden. Der Beklagte habe dann Forderungen hinsichtlich der Umsetzung dieses Projektes aufgestellt. Zuletzt habe ein Prüfbericht, ein Alarm- und Maßnahmenplan und eine entsprechende Bescheinigung bis zum 15.02.2021 vorgelegt werden sollen.
29
Unabhängig davon, dass das von der Firma … vorgelegte Konzept bereits ausreichend gewesen sei, trage diese Forderung weder der rechtlichen Lage noch den tatsächlichen Umständen Rechnung. § 68 Abs. 10 AwSV siehe vor, dass bestehende Biogasanlagen mit Gärsubstraten ausschließlich landwirtschaftlicher Herkunft bis zum 01.08.2022 mit einer Umwallung nach § 37 Abs. 3 AwSV zu versehen seien. Dass es sich um eine solche Biogasanlage handele, dürfte unstreitig sein. An dem Datum 01.08.2022 ändere die angebliche Einordnung in ein Priorisierungsschema nichts. Die Erstellung einer Umwallung sei (noch) nicht erforderlich. Darüber hinaus könnten die Auflagen der Beklagten faktisch nicht umgesetzt werden. Die Fertigung der Umwallung erfordere die Beauftragung einer Baufirma. Die Firma … habe Anfragen gestellt. Eine zeitnahe Beauftragung einer Baufirma habe allerdings nicht erfolgen können, da die Firmen entweder aufgrund der Pandemie-Lage ihren Betrieb eingestellt hätten oder sich in den Firmen ein Rückstau an Aufträgen ergeben hätte. Erforderlichenfalls könne hierzu genauer vorgetragen werden; um entsprechenden richterlichen Hinweis werde sodann gebeten. Entsprechend könne auch keine Abnahme oder die Erstellung eines Prüfberichts durch einen Sachverständigen binnen der geforderten Frist erfolgen. Ein Alarm- und Maßnahmenplan sei in dem Konzept der Firma … vom 28.02.2019 bereits enthalten und liege dem Beklagten bereits vor. Im Übrigen erübrige sich eine erneute Prüfung gem. § 46 Abs. 5 AwSV, wenn keine Beseitigung der Zustände binnen der gesetzten Frist erfolgen könne. Es sei darüber hinaus aber auch schon nicht klar, welcher erhebliche Mangel der Anlage im Sinne des § 47 Abs. 2 AwSV vorliegen solle. Der Beklagte fordere von der Klägerin die Durchführung von Arbeiten (Umwallung und Beseitigung von Mängeln), die weder in der von ihr gesetzten Frist durchgeführt werden könnten, noch führe der Beklagte aus, welche Mängel der Anlage konkret bestehen sollen. Die Eilbedürftigkeit der Durchführung der geforderten Maßnahmen binnen der gesetzten Frist ergebe sich ebenfalls nicht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Umwallung gem. § 68 Abs. 10 AwSV bis zum 01.08.2022 erfolgen müsse und nicht früher. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Biogasanlage der Klägerin nicht in den Anwendungsbereich des § 68 Abs. 10 AwSV fallen solle. Vor dem Hintergrund, dass die Firma … das Projekt betreue und ein entsprechendes Notfallkonzept erarbeitet habe, sei es darüber hinaus unverhältnismäßig, der Klägerin die Durchführung von Arbeiten binnen der gesetzten Frist vorzuschreiben.
30
Die Klägerin sei durch diese Maßnahmen in ihren Rechten verletzt, insbesondere aus Art. 2 GG und Art. 14 GG i.V.m. Art. 19 GG.
31
Eine Missachtung der Vorschriften der AwSV liege nicht vor. Der Verpflichtung aus Nr. 1. des Bescheides könne nicht binnen der gesetzten Frist nachgekommen werden. Deshalb sei die Androhung eines Zwangsgeldes i.H.v. 2.000,00 EUR in Nr. 3. des Bescheides rechtswidrig. Der Verpflichtung aus Nr. 2. des Bescheides vom 23.05.2021 könne nicht binnen der gesetzten Frist nachgekommen werden. Deshalb sei die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 EUR in Nr. 4. des Bescheides rechtswidrig. Die Androhung eines Zwangsgeldes sei bereits nicht geeignet, den Zweck der Durchführung der Arbeiten und letztendlich des Gewässerschutzes zu gewährleisten, da die Klägerin keinen Einfluss auf die Auftragslage von Bauunternehmen habe und die Arbeiten nicht zeitnah ausführen lassen könne.
32
Das Landratsamt … hat für den Beklagten beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
33
In tatsächlicher Hinsicht sei die bisherige Darstellung wie folgt zu ergänzen bzw. zu korrigieren. Die streitgegenständliche Biogasanlage stehe im Zusammenhang mit einer Mehrzahl an Bodenverunreinigungen. Insoweit werde beispielhaft auf die Ereignisse aus 2019 (S. 305 ff. d. BA) und 2020 (S. 405 ff. d. BA) aufmerksam gemacht. Es werde übersehen, dass es sich bei dem Abschluss der Umwallungsmaßnahme bis spätestens 15.06.2020 um eine der im Schriftsatz vom 05.07.2021 erwähnten Auflagen gehandelt habe (S. 353 d. BA). Das Gleiche gelte im Übrigen auch für den nun gegenständlichen Alarm- und Maßnahmenplan (S. 353 d. BA). Weiterhin bleibe unerwähnt, dass der Betreiberin mehrere Fristverlängerungen gewährt worden seien. Insoweit werde - beispielhaft - auf das Schreiben des Beklagten vom 01.12.2020 verwiesen (S.463 d. BA). Die Darstellung, wonach eine Nichtumsetzbarkeit der Umwallungsmaßnahme im Wesentlichen der pandemischen Lage geschuldet sei, werde vor diesem Hintergrund ausdrücklich bestritten. Die Erbringung von dergleichen Leistungen sei zu keinem Zeitpunkt der Pandemie untersagt gewesen; geeignete Beweismittel (z.B. Korrespondenz mit Unternehmern) hätten die Schriftsätze nicht enthalten. Die Darstellung zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Maßnahmenrealisierung müsse ausdrücklich bestritten werden; vielmehr verhalte es sich so, dass die Erforderlichkeit einer Umwallung noch vor dem 01.08.2022 der Betreiberin der Biogasanlage spätestens seit 2018 geläufig gewesen sei (S. 248 d. BA). Die Priorisierung sei bereits damals mit der Mehrzahl an Bodenverunreinigungen begründet worden.
34
Die Klage vom 30.04.2021 sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, und demnach abzuweisen.
35
Die Klage sei bereits unzulässig, da rechtswirksame Prozesshandlungen mit Wirkung für und gegen die Klägerin bis zum heutigen Tage nicht vorgenommen worden seien. Die Vollmacht vom 28.06.2021 scheine - bei Vergleich der Unterschriften auf S. 192 und S. 519 der Behördenakte - von dem - gesetzlich nicht vertretungsberechtigten - Kommanditisten gezeichnet worden zu sein. Besagter Umstand werde ausdrücklich gerügt.
36
Der Bescheid vom 25.03.2021 sei rechtmäßig. Die Darstellung zum - vermeintlichen - Nichtvorliegen der Rechtsgrundlage setze sich unzureichend mit hiesigem Bescheid auseinander. Ferner werde das - sich in den Jahren 2019 und 2020 bereits realisierte - Gefahrenpotential verkannt. Dergleichen Umwallungsmaßnahmen könnten auch auf die wasserrechtliche Generalklausel gestützt werden. Des Weiteren scheine der eigentliche Regelungsgehalt des § 68 Abs. 10 AwSV verkannt worden zu sein. Bei § 68 Abs. 10 AwSV handele es sich um eine bestandskraftdurchbrechende Höchstfrist; eine Sperrwirkung für notwendige Maßnahmen i.S.d. § 100 Abs. 1 WHG gehe hiermit nicht einher. Eine andere Lesart wäre auch nicht mit dem in § 62 Abs. 1 S. 1 WHG verankerten Besorgnisgrundsatz in Einklang zu bringen. Die Darstellung im Zusammenhang mit §§ 46 Abs. 5, 47 Abs. 2 AwSV scheine bereits an der Unkenntnis des AwSV-Prüfberichts des Sachverständigen …, zu leiden (S.419 ff.). Die Darstellung zur - vermeintlich - zu knapp bemessenen Frist lasse gänzlich unberücksichtigt, dass die Betreiberin trotz der Missstände mehrere Fristverlängerungen fruchtlos habe verstreichen lassen. Die bisherigen Verzögerungen bei der Umsetzung sind der Sphäre der Betreiberin zuzurechnen. Auch vor diesem Hintergrund dürfte die Vorlage geeigneter Beweismittel unerlässlich erscheinen. Im Übrigen werde auf den Inhalt des Bescheids vom 25.03.2021 vollumfänglich Bezug genommen.
37
Mit Schriftsatz vom 20.09.2021 führte die Klägerin aus, dass es zutreffend sei, dass es sich bei dem Unterzeichner um den Kommanditisten der Klägerin handle. Dieser sei allerdings aufgrund Generalvollmacht berechtigt, die Klägerin in allen Belangen nach außen zu vertreten. Dies sei auch im Gesellschaftsvertrag der Klägerin ausgeführt, dort § 6 „Geschäftsführung, Vertretung“: „(…) Dem Gründungskommanditisten … wird hiermit Generalvollmacht erteilt, die Gesellschaft in allen in Betracht kommenden Belangen alleine und unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB rechtsgeschäftlich zu vertreten. (…)“. Dass der Unterzeichner Generalvollmacht habe, sei dem Beklagten im Übrigen bekannt.
38
Der Bescheid vom 25.03.2021 sei rechtswidrig. Es sei falsch, dass sich ein Gefahrenpotential bereits 2019 und 2020 realisiert haben solle. Der Beklagte trage nicht vor, welche Gefahren dies konkret gewesen seien und in welcher Form sich diese geäußert haben sollten. Maßnahmen im Sinne des § 100 Abs. 1 WHG seien nicht notwendig gewesen, um die Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder beseitigen. Verzögerungen seien nicht aus der Sphäre der Klägerin entstammt, sondern daraus resultiert, dass Bauunternehmen nicht rechtzeitig Arbeiten hätten durchführen können.
39
Mit Schriftsatz vom 23.12.2021 äußerte sich der Beklagte dahingehend, dass der Klägervertreter insoweit § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28.12.2005, der die Vertretung für außergewöhnliche Geschäfte einem Zustimmungsvorbehalt unterwerfe, unerwähnt lasse. Ein entsprechender Gesellschafterbeschluss sei dem Schriftsatz vom 20.09.2021 nicht beigefügt worden.
40
Soweit der Klägervertreter die Darstellung der - aktenkundigen - Ereignisse aus 2019 und 2020 als „falsch“ bezeichne und die Notwendigkeit der streitgegenständlichen Maßnahmen nach § 100 Abs. 1 WHG infrage stelle, handle es sich um unsubstantiiertes Bestreiten „ins Blaue hinein“. Die dargebotenen Beweismittel würden sich vor dem Hintergrund auch als gänzlich ungeeignet erweisen. Überdies werde mitgeteilt, dass im Dezember 2021 - ein weiteres Mal - der Austritt von Flüssigkeiten im Bereich der Biogasanlage der Klägerin festgestellt werden habe müssen, sodass ein Festhalten an den erlassenen Maßnahmen und deren unverzüglicher Umsetzung umso dringlicher erscheine.
41
3. Mit Bescheid vom 21.01.2022 hat der Beklagte den Bescheid vom 25.03.2021 abgeändert und u.a. wie folgt gefasst:
I. Ziff. 2 des Bescheides des Landratsamtes … vom 25.03.2021, Az. …, erhält folgende Fassung:
2. Die … wird verpflichtet,
a) die durch den AwSV-Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. … bei der Inbetriebnahme bzw. erstmaligen Prüfung der Biogasanlage festgestellten erheblichen Mängel zu beseitigen.
b) den Prüfbericht über die Nachprüfung durch einen AwSV-Sachverständigen dem Landratsamt … vorzulegen.
II. [Sofortvollzugsanordnung]
III. Die Ziffer 4 des Bescheides des Landratsamtes … vom 25.03.2021, Az. …, erhält folgende Fassung:
4. Zwangsgelder
a) Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer 2 Buchstabe a nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des hiesigen Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, wird die Frist bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
b) Für den Fall, dass die Verpflichtung unter Ziffer 2 Buchstabe b nicht binnen sechs Wochen nach Zustellung des hiesigen Bescheides erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro zur Zahlung fällig. Sollte die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, wird die Frist bis zum Ablauf von sechs Wochen nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides verlängert.
42
Im Rahmen mehrerer Ortseinsichten des Landratsamtes … - u.a. am 19.01.2022 -habe an der Sammelgrube der verfahrensgegenständlichen Biogasanlage ein akuter Austritt von wassergefährdenden Flüssigkeiten, welche vor Ort versickern bzw. der natürlichen Geländeoberfläche folgend ablaufen, vernommen werden können. Die Maßnahmen würden sich auf § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG stützen. Sie würden der Sicherstellung der Erfüllung der nach der AwSV bestehenden Verpflichtungen dienen. Im Rahmen der Prüfung der verfahrensgegenständlichen Biogasanlage durch den Sachverständigen … (vgl. § 47 Abs. 1 AwSV) am 06.03.2020 seien erhebliche Mängel an der Biogasanlage festgestellt worden. Erhebliche Mängel i.S.d. § 47 Abs. 2 Nr. 3 AwSV seien gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 AwSV unverzüglich zu beseitigen. Nach erfolgter Mängelbeseitigung sei eine Nachprüfung durch einen Sachverständigen gem. § 47 Abs. 1 AwSV vornehmen zu lassen, vgl. § 46 Abs. 5 AwSV. Die Klägerin sei den o.g. Pflichten bislang nicht nachgekommen. Die Anordnung diene damit der Durchsetzung der bereits durch Gesetz vorgegebenen Mängelbeseitigungs- und Prüfpflichten.
43
Die Anordnung würde pflichtgemäß ausgeübtem Entschließungsermessen entsprechen. Zum bestmöglichen Schutz der Gewässer sowie der Allgemeinheit vor Gefahren für Leben und Gesundheit durch Gewässerverunreinigungen sei ein Einschreiten des Landratsamtes … sachgerecht. Die Überwachung der wasserrechtlichen Vorschriften liege im Interesse des Wohls der Allgemeinheit. Die konsequente Abwehrhaltung der Klägerin - verdeutlicht durch die Äußerung ihres Prozessbevollmächtigten - mache ein Tätigwerden der Behörde unumgänglich. Die Anordnungen würden auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) wahren. Die Verfügung u.a. unter „I.“ dieses Bescheids sei geeignet und erforderlich, um die Erfüllung der Vorschriften der Wassergesetze, u. a. der AwSV sowie den Austritt allgemein wassergefährdender Stoffe im Rahmen des Betriebs der Biogasanlage der Klägerin zu unterbinden. Es würden keine weniger einschneidenden Maßnahmen zur Verfügung stehen, die der Verfolgung und Erfüllung des Zweckes in gleicher Weise dienen würden. Die notwendige Mängelbeseitigung sei durch die Klägerin trotz ihrer Zusicherung mit Nachricht vom 03.07.2020 (wohl gemeint BA Bl. 450) bislang nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insbesondere die z.T. getätigten provisorischen Reparaturarbeiten der undichten Stellen könnten einen Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten nicht hinreichend verhindern. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe würden die angeordneten Maßnahmen ein milderes Mittel zur Nutzungsuntersagung der Gesamtanlage darstellen. Angesichts der Schutzwürdigkeit der Gewässer, insbesondere des Grundwassers, seien die Verpflichtungen auch angemessen. Das Interesse der Klägerin an einem weiteren Betrieb ihrer Biogasanlage unter Missachtung gesetzlich normierter Vorgaben müsse folglich gegenüber dem Allgemeininteresse zurücktreten. Die Anordnung der bereits qua Gesetz geltenden Verpflichtungen zur Mängelbeseitigung sowie anschließender Nachprüfung durch einen Sachverständigen stelle für die vorgenannte Betreiberin keinen wesentlichen Einschnitt dar. Die Vorschriften wären auch ohne konkrete Anordnung zu beachten und einzuhalten gewesen. Die Nachprüfung durch einen Sachverständigen diene zudem der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und vor allem zweckmäßigen Mängelbeseitigung.
44
4. Gegen Nrn. I bis III des Bescheids vom 21.01.2022, der noch weitere - hier nicht ausgeführte Anordnungen und Zwangsgeldandrohungen enthält (vgl. das zugehörige Verfahren Az. B 7 K 22.196) - hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.02.2022 Klage erhoben und beantragt,
den Bescheid des Beklagten Az. … v. 21.01.2022
- zugegangen am 24.01.2022 - aufzuheben.
45
Im Wesentlichen hat die Klägerin vorgetragen, dass es nicht zutreffe, dass durch den Sachverständigen … im Rahmen der Inbetriebnahme der Anlage erhebliche Mängel festgestellt wurden. Soweit kleinere Beanstandungen erfolgten, seien diese Mängel unverzüglich nach dem Bericht abgestellt worden. Dies hätten Mitarbeiter der Beklagten bei ihren Begehungen der Anlage auch festgestellt.
46
Das Landratsamt ist dem für den Beklagten entgegengetreten und hat beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
47
Im Wesentlichen hat das Landratsamt ausgeführt, dass die Klägerin scheinbar in Unkenntnis des Prüfberichts des AwSV-Sachverständigen … über die Inbetriebnahmeprüfung bzw. erstmalige Prüfung der Anlage am 06.03.2020 die Feststellung erheblicher Mängel im Rahmen ebenjener Prüfung bestreite. Diese Aussage werde ausweislich der Angaben unter dem Punkt „Prüfergebnis“ im Prüfbericht ausdrücklich bestritten. Als nichtzutreffend sei außerdem ins Feld zu führen, dass die klägerseits behauptete Abstellung „kleinerer Beanstandungen“ durch Mitarbeiter des Beklagten festgestellt worden seien. Zum einen unterlasse die Klägerin substantiierte Darstellungen, um welche konkreten Mängel es sich hierbei gehandelt haben solle. Zum anderen lasse die Klägerin ungeachtet, dass Prüfungen nach § 47 Abs. 1 AwSV stets den AwSV-Sachverständigen vorbehalten seien. Die Notwendigkeit zur Nachprüfung durch einen solchen Sachverständigen nach erfolgter Mängelbeseitigung ergebe sich bereits aus § 46 Abs. 5 AwSV. Darüber hinaus sei im Rahmen der Prüfbescheinigung auf die Notwendigkeit einer solchen Nachprüfung hingewiesen worden (vgl. Punkt „Nächste Prüfung“).
48
Die Klägerin hat zunächst Klage gegen den Bescheid vom 25.03.2021 erhoben. Nachdem der Bescheid vom 21.01.2022 erlassen worden ist, der Nr. 2 und 4 des Bescheids vom 25.03.2021 abgeändert hat, hat die Klägerin gegen diesen Bescheid separat Klage erhoben, die zunächst insgesamt unter dem Az. B 7 K 22.196 geführt wurde. Da die Verfügung Nrn. I. bis III. im Zusammenhang mit dem Bescheid vom 25.03.2021 stehen, hat das Gericht mit Beschluss vom 15.06.2022 das Verfahren, soweit sich die Klage (Az. B 7 K 22.196) gegen die Nrn. I. bis III. des Bescheids vom 21.01.2022 richtet, von der Streitsache B 7 K 22.196 abgetrennt und mit der Streitsache B 7 K 21.520 verbunden.
49
Mit Schreiben vom 20.06.2022 hat das Gericht die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
50
Wegen der Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

51
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Hs. 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
52
Die vorliegende Klage richtet sich gegen den Bescheid vom 25.03.2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022.
53
Die zulässige Klage (unter I.) hat Erfolg, soweit sie sich gegen Nr. 3 des Bescheids vom 25.03.2021 richtet (unter II.). Im Übrigen hat sie in der Sache keinen Erfolg, da der Bescheid in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022 - rechtmäßig ist und die Rechte der Klägerin nicht verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (unter III.).
54
I. Die Klage ist zulässig, weil der Kommanditist die Klägerin i.S.d. § 62 Abs. 3 VwGO ordnungsgemäß vertreten hat bzw. vertritt.
55
Gem. § 62 Abs. 3 VwGO handeln für Vereinigungen sowie für Behörden ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände. Dem Kommanditisten wurde eine Generalvollmacht erteilt, die Gesellschaft in allen in Betracht kommenden Belangen alleine zu vertreten. Diese rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht wird nicht durch § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin beschränkt, da kein Geschäft vorliegt, das über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgeht. Es bedurfte deshalb keines Gesellschafterbeschlusses für eine ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin durch den Kommanditisten, um dem Prozessbevollmächtigten eine Prozessvollmacht zu erteilen (vgl. Gerichtsakte Bl. 31).
56
Gewöhnlich ist, was in einem Handelsgewerbe, wie es die OHG bzw. KG betreibt, normalerweise vorkommen kann. Gewöhnliche Geschäfte sind im Zweifel alle Geschäfte im Handelszweig, der den Gegenstand des Unternehmens bildet. Der Gegensatz sind außergewöhnliche Geschäfte, d.h. solche mit Ausnahmecharakter nach Art und Inhalt oder Zweck oder Umfang und Risiko, bei Beachtung der besonderen Verhältnisse der Gesellschaft und der Zeitumstände (vgl. Roth in: Hopt HGB, § 116 Rn. 1 und 2). Ein außergewöhnliches Geschäft wird ferner dann angenommen, wenn sich die Klage gegen einen Mitgesellschafter richtet (vgl. Roth in: Hopt HGB, § 116 Rn. 2), da diese Klage die Belange der Gesellschaft schwer schädigen kann (vgl. RGZ 171, 54).
57
Gemessen daran ist die Erteilung der Prozessvollmacht für die Klägerin ein gewöhnliches Geschäft, sodass der Kommanditist zur Vertretung befugt war und ist. Bereits die nicht abschließend aufgezählten Regelbeispiele in § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags streiten für das Vorliegen eines gewöhnlichen Geschäfts. Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen einen Bescheid, der Verpflichtungen enthält, die mit dem Gesellschaftszweck der Klägerin - dem Betrieb einer Biogasanlage (vgl. § 2 des Gesellschaftsvertrags) - im inneren Zusammenhang stehen (vgl. § 6 Nr. 2 lit. h. des Gesellschaftsvertrags). Im Falle einer Niederlage der Klägerin würden lediglich Kosten der Rechtsverfolgung entstehen, die unterhalb der im Gesellschaftsvertrag genannten Werte - z.B. Aufnahme von Krediten von im Einzelfall mehr als 25.000,00 Euro oder vertragliche Verpflichtungen von mehr als 5.000,00 EUR (vgl. § 6 Nr. 2 lit. d und e des Gesellschaftsvertrags) - stehen. Zudem liegt kein Fall der o.g. Gesellschafterklage vor, diese Grundsätze sind auf diesen Fall auch nicht übertragbar, da die o.g. Interessenkollision ausgeschlossen werden kann. Denn der Kommanditist verfolgt mit der Klage das Ziel, Pflichten aus dem streitgegenständlichen Bescheid von der Klägerin abzuwenden. Nach alledem ist die Erteilung einer Prozessvollmacht ein gewöhnliches Geschäft.
58
II. Soweit sich die Klage gegen Nr. 3 des Bescheids vom 25.03.2021 richtet, ist sie begründet. Denn der Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 ist schon deswegen rechtswidrig, weil sie gegen das Gebot der hinreichend bestimmten Androhung eines Zwangsmittels verstößt (vgl. Art. 36 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 VwZVG). Sie lässt offen, ob das Zwangsgeld schon fällig wird, wenn die Klägerin der Verpflichtung zur Vorlage des Alarm- und Maßnahmenplans oder der Vorlage der Bescheinigung über die Errichtung der Umwallung inkl. Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen nicht nachkommt oder dieses erst fällig wird, wenn kumulativ gegen beiden Pflichten verstoßen wird. Angesichts der unterschiedlichen Bedeutung der einzelnen Pflichten kommt auch eine Auslegung, dass bei jeder Pflichtverletzung ein Zwangsgeld in der angedrohten Höhe fällig wird, nicht in Betracht (vgl. etwa BayVGH, B.v. 23.8.2021 - 10 C 21.1944 - juris Rn. 4).
59
III. Im Übrigen hat die Klage in der Sache keinen Erfolg, da der Bescheid vom 25.03.2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022 - rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
60
1. Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Nr. 1 des Bescheids vom 25.03.2021 ist § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG. Danach ordnen die Kreisverwaltungsbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen (Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG). In § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist geregelt, dass die Gewässeraufsicht die Erfüllung der nach dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Bayerischen Wassergesetz bestehenden oder der auf Grund dieser Gesetze begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen überwacht.
61
Tatbestandliche Voraussetzung für ein Einschreiten der Wasserrechtsbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ist demnach entweder das Erfordernis der Vermeidung oder Beseitigung einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts (1. Alternative) oder die Erforderlichkeit zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach Satz 1 (2. Alternative). Damit wird die Eingriffsbefugnis auf das gesamte materielle Wasserhaushaltsrecht des Bundes und der Länder erstreckt (vgl. OVG SH, U.v. 23.6.2011 - 4 LB 2/10 - juris, bestätigt durch BVerwG, B.v. 5.10.2011 - 7 B 54/11 - juris).
62
2. Gemessen daran sind die Maßnahmen rechtmäßig und verletzen nicht die Rechte der Klägerin.
63
a. Die Anordnung hinsichtlich des Alarm- und Maßnahmenplans stößt auf keine rechtlichen Bedenken und wird von § 44 Abs. 1 AwSV getragen. Dieser gesetzlichen Vorgabe ist die Klägerin nicht nachgekommen, weil sie in ihrem Konzept für die Substratrückhaltung der Biogasanlage im Fall einer Havarie vom 28.02.2019 einen Maßnahmen- und Alarmplan lediglich angekündigt, aber nicht vorgelegt hat (BA Bl. 283).
64
b. Aber auch die Anordnung, eine Bescheinigung über die Errichtung der Umwallung inkl. Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen bis spätestens sechs Wochen nach Bestandskraft des Bescheides vom 25.03.2021 vorzulegen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
65
Rechtsgrundlage für die Vorlage der Bescheinigung ist § 46 Abs. 4 AwSV. Die zuständige Behörde kann hiernach unabhängig von den sich nach den §§ 46 Abs. 2 und 3 AwSV ergebenden Prüfzeitpunkten und -intervallen eine einmalige Prüfung oder wiederkehrende Prüfungen anordnen, insbesondere wenn die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung von Gewässereigenschaften besteht.
66
Der angeordneten Nachweispflicht ist - auch wenn nicht ausdrücklich tenoriert - immanent, dass die Klägerin die Umwallung errichtet, da ansonsten schon denknotwendigerweise die Errichtung mittels Abnahmebescheinigung nicht nachgewiesen werden kann.
67
Anordnungen nach Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG kommen in Betracht, wenn es darum geht, durch Umwallungen von Biogasanlagen ausgehende Gefahren für (oberirdische) Gewässer vorzubeugen (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler, 37. EL Februar 2018, BayWG Art. 58 Rn. 52; vgl. auch VGH BW, B.v. 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris Rn. 35).
68
Von derartigen Gefahren kann hier ausgegangen werden, da bereits in der Vergangenheit Probleme von der Biogasanlage ausgegangen sind und sich die Biogasanlage in der Nähe der … befindet. Bereits in dem Gutachten vom 17.02.2011 hat der zuständige Gutachter im Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den o.g. Bodenverunreinigungen vorgebracht, dass bei entsprechender Wetterlage (starke, andauernde Regenfälle) davon ausgegangen werden muss, dass bei weiteren Einträgen von Silagesickersäften in die Wiese eine Verfrachtung in tiefere Bodenschichten nicht ausgeschlossen werden könne. Dies habe die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung zur Folge. Des Weiteren wurde dem Landratsamt in einer E-Mail vom 10.05.2019 - einschließlich Bildmaterial - (BA Bl. 303 ff.) mitgeteilt, dass der Gärbehälter übergelaufen und der Gärrest unkontrolliert entwichen sei. Das kontaminierte Regenwasser sei auf das Nachbargrundstück abgeleitet. Die … befinde sich 100 Meter entfernt bei 17% Gefälle. Im Rahmen einer Ortseinsicht des Landratsamts vom 26.02.2020 wurde eine Undichtigkeit auf der Rückseite des Schmutzwasserbeckens festgestellt, aus dem verschmutztes Niederschlagswasser ausgetreten ist (vgl. BA Bl. 405). Auch dieser Austritt ist mit Bildern dokumentiert worden (vgl. BA Bl. 406 ff.).
69
Diese Ereignisse verdeutlichen, dass sich das Gefahrpotential, das durch die Biogasanlage ausgeht, bereits realisiert hat, weshalb die Anordnung der Errichtung einer Umwallung nach dem o.g. Maßstab zulässig ist.
70
Die dahingehenden Bedenken der Klägerin, dass der Errichtung der Umwallung § 68 Abs. 10 AwSV entgegensteht, teilt das Gericht nicht. Der Möglichkeit, eine vorzeitige Errichtung der Umwallung anzuordnen, steht der Wille des Verordnungsgebers und der von ihm verfolgte Zweck nicht entgegen, da § 68 Abs. 10 AwSV eine spezielle Übergangsregelung für Biogasanlagen darstellt (vgl. BRat-Drs. 144/16, S. 303), so auch der Wortlaut der Überschrift des 5. Kapitels der AwSV „Ordnungswidrigkeiten; Schlussvorschriften“. Der Gesetzgeber hat nicht beabsichtigt, Maßnahmen nach der wasserrechtlichen Generalklausel durch die Übergangsregelung zu sperren. Durch § 68 Abs. 10 AwSV wird letztlich lediglich der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz, der als solcher schon bislang - und auch weiterhin - in Anwendung der wasserrechtlichen Generalklausel gegenüber dem Betreiber Geltung verschafft werden konnte, konkretisiert. Diese Auslegung wird auch vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gestützt, da dadurch der Behörde - schon vor Ablauf der Übergangsfrist - die Möglichkeit eröffnet wird, eine Umwallung im konkreten Einzelfall als mildere Maßnahme gegenüber einer Stilllegung der Anlage (oder anderen einschneidenderen Maßnahmen) anzuordnen.
71
Die Anordnung der Abnahme durch einen AwSV-Sachverständigen ist gerichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, weil die Umwallung ein Hauptbestandteil der gesamten Biogasanlage ist und auch sie sich im ordnungsgemäßen Zustand befinden muss, der sich durch die angeordnete Bescheinigung nachweisen lässt.
72
cc. Die Rechtsgrundlagen ordnen auf Rechtsfolgenseite jeweils ein Ermessen an, das rechtsfehlerfrei angewendet worden ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO, Art. 40 BayVwVfG).
73
Ein Ermessensfehler im Sinne einer Ermessensüberschreitung ist nicht ersichtlich, da sich die angeordneten Maßnahmen im Rahmen der möglichen Rechtsfolgen bewegen.
74
Ein Ermessensfehler aufgrund eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt nicht vor. Die Bauverpflichtung ist geeignet, erforderlich und angemessen, den verfolgten Zweck zu erfüllen. Sie dient dem Schutz der Gewässer sowie der Allgemeinheit vor Gefahren für Leben und Gesundheit durch Gewässerverunreinigungen. Durch die Umwallung wird die von der Biogasanlage ausgehenden Gefahren (s.o.) effektiv abgewehrt, da durch die Umwallung erreicht werden kann, dass wassergefährdende Stoffe auf dem Areal der Biogasanlage zurückgehalten werden können. Dadurch kann vermieden werden, dass diese Stoffe in die umliegenden Gewässer (insb. …*) oder auch Grundstücke gelangen. Aufgrund der Vorfälle in der Vergangenheit hat sich bereits das Gefahrenpotential der Biogasanlage realisiert (s.o.), weshalb die Anordnung zur Errichtung der Umwallung vor dem 01.08.2022 notwendig erscheint. Daran ändert auch der Einwand nichts, dass ein Notfallkonzept erarbeitet worden sei, da der bescheidsmäßig geforderte Alarm- und Maßnahmenplan bisher nicht vorliegt.
75
Darüber hinaus wird die Klägerin nicht über Gebühr belastet, weil bereits ein Teil der Umwallung steht bzw. aus bestehenden Wällen nachmodelliert werden soll und nur ein Teil (ca. die Hälfte der Umwallung) neu errichtet werden muss (vgl. BA Bl. 273 ff, insb. Bl. 279 bis 283) und weil ab 01.08.2022 ohnehin die verordnungsmäßige Verpflichtung zur Errichtung der Umwallung besteht.
76
dd. Die Einwände der Klägerin hinsichtlich der Fristsetzung greifen ebenfalls nicht durch. Insoweit dürfte es sich (lediglich) um eine Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG im Rahmen der Zwangsvollstreckung handeln. Selbst wenn die Behörde mit der Fristsetzung eine darüber hinausgehende (Vollzugs-)Frist für den Grundverwaltungsakt schaffen wollte, erweist sich eine Frist von sechs Wochen nach Bestandskraft als verhältnismäßig.
77
Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2020 - 8 CS 20.772 - juris Rn. 23). Maßgeblich ist, ob es dem Adressaten des Bescheids in der vorgegebenen Frist möglich ist, die konkrete Verpflichtung umzusetzen.
78
Gemessen daran ist die Umsetzungsfrist angemessen und zumutbar. Das Interesse der Behörde an der Dringlichkeit der Errichtung der Umwallung liegt nach dem o.g. auf der Hand. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Klägerin zur Errichtung der Umwallung besondere Vorkehrungen treffen müsste oder wegen der Art und des Umfangs der Baupflicht (ganz) besondere Umstände vorliegen, die mehr Zeit als die vorgegebenen sechs Wochen erfordern würden. Bereits seit der E-Mail vom 17.08.2017 (BA Bl. 205) und dem Schreiben vom 01.10.2019 hat die Klägerin Kenntnis davon, dass Sie eine Umwallung errichten und abnehmen lassen muss. Dass es aufgrund der Pandemielage und sonstiger Erschwernisse dazu kommen kann, dass die Maßnahme ggf. nicht innerhalb der Frist (vollständig) abgeschlossen werden kann, führt nicht dazu, dass die Umsetzungsfrist als solche als unverhältnismäßig und damit bereits jetzt als rechtswidrig erweist. Derlei denkbare Erschwernisse können ggf. in einem künftigen (Vollstreckungs-)Verfahren Berücksichtigung finden, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass die Pflicht, eine Umwallung bis zum 01.08.2022 zu errichten, ohnehin kraft Verordnung besteht.
79
c. Auch ist Nr. 2 des Bescheids vom 25.03.2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022 nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Beklagten und stellt ergänzend das Folgende fest:
80
Das Gericht folgt den Einwänden der Klägerin nicht. Denn im Gutachten des AwSV-Sachverständigen …, der dem Landratsamt … von der … übersandt worden ist, wurden erhebliche Mängel festgestellt, wobei konkretisiert worden ist, dass die Sammelgrube auf der Außenseite zwei Beschädigungen aufweise. Die Klägerin muss sich das Wissen der von ihr ausgewählten … analog § 166 bzw. 278 BGB zurechnen lassen.
81
Die Klägerin stellt den Prüfbericht nicht substantiiert in Frage und erschüttert auch nicht dessen Inhalt. Vielmehr gab die … an, dass die Leckage am Regenrückhaltebecken bereits provisorisch von außen abgedichtet worden sei. Sobald es die Witterung zulasse, werde das Becken geleert und von innen abgedichtet (BA Bl. 416). Im Anhörungsschreiben wurde die Klägerin auf das Gutachten des AwSV-Sachverständigen … vom 06.03.2020 hingewiesen (BA Bl. 463). Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin mit ihren Einwänden nicht durchdringen, da ihr die Mängel bekannt gewesen sein mussten, da ansonsten eine Mitteilung durch die … überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
82
Auch wenn die Klägerin zwischenzeitlich einzelne Mängel behoben haben sollte, ist die streitgegenständliche Grundverfügung nicht obsolet geworden, da diese ersichtlich die Beseitigung sämtlicher vom Sachverständigen festgestellten Mängel zum Gegenstand hat. Auch ein Prüfbericht eines Sachverständigen über die Mängelbeseitigung ist der Behörde bislang nicht vorgelegt worden. Die Anordnung in Nr. 2 des angegriffenen Bescheids ist insgesamt nicht zu beanstanden.
83
d. Die Klägerin ist auch nach Art. 9 Abs. 1 und 2 LStVG Handlungs- und Zustandsstörerin und damit richtige Adressatin der Anordnung. Das Entschließungs- und Auswahlermessen dahingehend ist nicht zu beanstanden.
84
e. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 des Bescheids vom 25.03.2021, in der Fassung des Bescheids vom 21.01.2022 ist nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. VG Bayreuth, B.v. 14.3.2022 - B 7 S 22.233).
85
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Beklagte ist lediglich zu einem geringen Teil unterlegen, da die Aufhebung der Nr. 3 (Zwangsgeldandrohung) im Verhältnis zum übrigen und rechtmäßigen Teil des Bescheids vom 25.03.2021 - in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.01.2022 - lediglich eine ganz untergeordnete Rolle spielt (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 - 21 CS 17.1077 - juris Rn. 16). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).