Titel:
Prüfungsrücktritt bei bewusste Risikoentscheidung
Normenketten:
APSO § 12 Abs. 5
APSO § 21
Leitsätze:
1. Eine bewusste Risikoentscheidung, die den nachträglichen Prüfungsrücktritt ausschließt, liegt vor, wenn der Prüfling den Verfahrensfehler der Prüfung und dessen Bedeutung für das Prüfungsverfahren kennt und sich gleichwohl aus freiem Entschluss der Prüfung unterzieht. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Rücktritt von der Prüfung ist nicht ausgeschlossen, wenn es sich um einen Fehler im Prüfungsverfahren handelt, der allein in den Verantwortungsbereich der Prüfungsbehörde fällt, wie die Information über die Prüfungsbedingungen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prüfungsrecht, erheblicher Verfahrensfehler, Rügepflicht des Prüfling, bewusste Risikoentscheidung, Prüfungsrücktritt
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 23.11.2021 – M 3 K 21.3130
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31614
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger studiert seit dem Wintersemester 2018/2019 bei der Beklagten im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen.
2
In diesem Studiengang sind bis zum Ende des zweiten Semesters aus den Modulen der Grundlagen- und Orientierungsprüfung 25 Credits zu erbringen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 FPSO). Eine nichtbestandene Modulprüfung kann nur einmal wiederholt werden (§ 46 Abs. 2 Satz 2 FPSO). Das für die Grundlagen- und Orientierungsprüfung unter anderem erforderliche Modul „Höhere Mathematik 1“ bestand der Kläger auch im Zweitversuch im Sommersemester 2019 nicht. Aufgrund eines Antrags des Klägers beim Prüfungsausschuss gewährte dieser einen Rücktritt vom Zweitversuch mit der Folge, dass der Kläger die Modulprüfung „Höhere Mathematik 1“ im Wintersemester 2019/2020 am 18. Februar 2020 ein weiteres Mal ablegen konnte, allerdings wiederum ohne Erfolg. Das Ergebnis der Prüfung wurde am 28. Februar 2020 bekannt gegeben. Einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer nochmaligen Fristverlängerung lehnte der Prüfungsausschuss mit Beschluss vom 20. Mai 2020 ab.
3
Mit Bescheid vom 3. Juni 2020 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden habe, da er bis zum Ende seines zweiten Fachsemesters nicht die nach § 46 Abs. 2 Satz 1 FPSO mindestens erforderlichen 25 Credits aus den der Grundlagen- und Orientierungsprüfung zugeordneten Pflichtmodulen erbracht habe. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, das Modul „Höhere Mathematik 1“ sei im Wintersemester 2019/2020, bedingt durch eine Änderung der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen, in veränderter Form angeboten und von einem anderen Professor betreut worden. Der Kläger habe erst mit E-Mail vom 14. Februar 2020 erfahren, dass sich die zugelassenen Hilfsmittel wesentlich geändert hätten. Bisher seien ein einbändiges Lehrbuch, eine einbändige Formelsammlung, in eigener Handschrift auf Papier verfasste Unterlagen und offizielle Übungsblätter zur Vorlesung als Hilfsmittel zugelassen gewesen, nunmehr nur noch ein doppelseitiges handschriftlich verfasstes DIN A4 Blatt. Die kurzfristige und erhebliche Änderung der zugelassenen Hilfsmittel habe negative Auswirkungen auf sein Prüfungsergebnis gehabt. Er sei unmittelbar nach der Prüfung ins Büro von Frau Sch gegangen und habe dies vorgebracht. Frau Sch habe ihm gesagt, er solle doch zunächst das Prüfungsergebnis abwarten. Falls er nicht bestanden habe, könne er im Anschluss weitere Schritte unternehmen. Am 9. März 2020 habe er einen Antrag auf Wiederholung der Nachholklausur gestellt. Der Widerspruch wurde mit Bescheid der Beklagten vom 5. Mai 2021 zurückgewiesen.
4
Gegen den Bescheid vom 3. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2021 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht und stellte gleichzeitig den Antrag, die Beklagte im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Prüfungsabschnitt der Grundlagen- und Orientierungsprüfung im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen auf der Grundlage der zwischenzeitlich am 4. September 2020 erfolgreich abgelegten Modulprüfung „Höhere Mathematik 1“ als vorläufig bestanden anzuerkennen und dem Kläger hierüber vorläufig einen dementsprechenden neuen Prüfungsbescheid auszuhändigen. Dies lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Juli 2021 (M 3 E 21.3131) ab. Auf die Beschwerde des Klägers hin verpflichtete der Verwaltungsgerichtshof die Beklagte mit Beschluss vom 13. September 2021 (7 CE 21.2062), den Prüfungsabschnitt Grundlagen und Orientierungsprüfung im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen aufgrund der am 4. September 2020 erfolgreich abgelegten Prüfung „Höhere Mathematik 1“ als vorläufig bestanden anzuerkennen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
5
Mit Urteil vom 23. November 2021 hob das Verwaltungsgericht den Prüfungsbescheid der Beklagten vom 3. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2021 auf und verpflichtete die Beklagte, den Prüfungsabschnitt der Grundlagen- und Orientierungsprüfung im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen als endgültig bestanden anzuerkennen und dem Kläger hierüber einen neuen, das endgültige Bestehen der vorgenannten Grundlagen- und Orientierungsprüfung ausweisenden Prüfungsbescheid zu erteilen. Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 13. September 2021.
6
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung und beruft sich dabei auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO. Sie rügt insbesondere, das Verwaltungsgericht habe sich mit der von ihr im Klageverfahren - und zwar zeitlich nach dem Ergehen der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs - vorgetragenen Thematik nicht befasst, der Kläger habe, indem er an der Prüfung teilgenommen habe, eine bewusste Risikoentscheidung getroffen und könne sich deshalb nicht mehr auf einen etwaigen Verfahrensfehler berufen. Hierin liege ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Eilbeschluss des Senats, der auf Grundlage einer summarischen Prüfung ergangen sei, habe insoweit keine explizite Aussage getroffen. Da die Beklagte hierzu mit Schriftsatz vom 5. November 2021 im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht ausführlich vorgetragen habe, hätte sich dieses damit auch ausdrücklich befassen müssen. Der Kläger habe durch seine Prüfungsteilnahme in Kenntnis der kurzfristig geänderten zulässigen Hilfsmittel bewusst das Risiko des Scheiterns auf sich genommen. Für diese Kenntnis komme es entgegen der stillschweigenden Annahme des Verwaltungsgerichts nicht auf die korrekte rechtliche Würdigung, sondern auf die Kenntnis der tatsächlichen Umstände an, anhand derer der Kläger im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkannt habe, dass an den Prüfungsbedingungen etwas nicht gestimmt habe. Es sei ihm spätestens am 14. Februar 2020 aufgrund der E-Mail von Frau Dr. S. bewusst gewesen, dass sich die zugelassenen Hilfsmittel im Vergleich zu seinen früheren Prüfungsversuchen geändert hätten, und er dies als zu kurzfristig empfunden habe. Der Kläger hätte die Regelungen der für ihn geltenden Prüfungsordnung kennen müssen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe er den von ihm behaupteten Verfahrensfehler nicht rechtzeitig gerügt (§ 21 APSO). Das Verwaltungsgericht habe keine weitere Überprüfung und Würdigung des Sachverhalts und insbesondere keine Aufklärung zu der Frage angestellt, ob der Kläger tatsächlich keine Kenntnis von der Regelung des § 12 Abs. 5 APSO gehabt habe.
7
Der Kläger tritt dem insbesondere durch Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Urteils entgegen.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
9
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
10
1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
11
a) Ohne Erfolg macht die Zulassungsbegründung geltend, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO verletzt.
12
aa) Die Beklagte rügt mit ihrem Zulassungsvorbringen im Wesentlichen, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung unter Verweisung auf den vorangegangenen Beschluss des Senats vom 13. September 2021 begründet, ohne sich mit ihren im Schriftsatz vom 5. November 2021 vorgebrachten substantiierten Einwendungen gegen diesen Senatsbeschluss auseinanderzusetzen. Sie habe gegen die vorläufigen, auf summarischer Prüfung basierenden Ausführungen des Senats vorgetragen, der Kläger habe aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre den behaupteten Verfahrensmangel gekannt und dessen Bedeutung erkannt. Sie sei mit ihrem Vorbringen, der Kläger habe durch die rügelose Teilnahme an der Prüfung eine bewusste Risikoentscheidung getroffen, an der er sich festhalten lassen müsse und sei bereits deshalb von der Verfahrensfehlerrüge präkludiert, nicht gehört worden. Zudem habe sie ausgeführt, dass die Sorge für einen ordnungsgemäßen Prüfungsverlauf nicht allein der Prüfungsbehörde auferlegt werden könne. Auch dies habe das Verwaltungsgericht nicht gewürdigt.
13
bb) Der nach Art. 103 Abs. 1 GG grundgesetzlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert den Prozessbeteiligten, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor deren Erlass äußern zu können. Das Gericht ist zudem verpflichtet, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 77, 81 m.w.N.). In der nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlichen Urteilsbegründung sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Es ist dem Gericht unbenommen, auf eine den Beteiligten bekannte andere Entscheidung Bezug zu nehmen (Kraft in Eyermann, VwGO, § 117 Rn. 20). Eine solche Bezugnahme verbietet sich, wenn gegen die maßgebenden Erwägungen der früheren Entscheidung substantiierte Einwände erhoben wurden (Kilian/Hissnauer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 117 Rn. 85). Mit neuem Tatsachenvortrag und substantiierten Einwendungen gegen die vorangegangene Entscheidung muss sich das Gericht auseinandersetzen.
14
cc) Hieran gemessen ist die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf die Begründung des Senatsbeschlusses nicht zu beanstanden. Aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ist ersichtlich (vgl. UA Rn. 20), dass das Verwaltungsgericht das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 5. November 2021 zur Kenntnis genommen hat. Darüber hinaus waren die dort von der Beklagten angeführten Gesichtspunkte sämtlich bereits Gegenstand des Eilverfahrens. Darauf weist die Beklagte in der Zulassungsbegründung selbst hin. Der Senat hatte festgestellt, es „wäre daher an der Antragsgegnerin gelegen, dafür Sorge zu tragen, dass der Antragsteller rechtzeitig - nach Maßgabe des § 12 Abs. 5 APSO - zuverlässig Kenntnis von der Änderung der zulässigen Hilfsmittel hätte erhalten können“ (BA Rn. 22). Weiter wird in Randnummer 25 ausgeführt: „Alleine die durch die E-Mail der Übungsleiterin Frau Dr. S. am 14. Februar 2020 erhaltene Information des Antragstellers, dass andere als die von ihm angenommenen Hilfsmittel für die Prüfung zulässig sind, legt - anders als die Antragsgegnerin meint - noch nicht nahe, dass der Antragsteller daraus auf das Vorliegen eines Verfahrensfehlers geschlossen hat bzw. hätte schließen müssen.“ Auch zur „Mitwirkungsobliegenheit“ des Prüflings im Prüfungsverfahren verhält sich der Senatsbeschluss (vgl. BA Rn. 26 f.).
15
Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Entscheidung im Eilverfahren habe in rechtlicher Hinsicht keine Vollprüfung zugrunde gelegen. Entgegen der im Zulassungsvorbringen wiederholt geäußerten Annahme der Beklagten fand die von ihr geforderte Vollprüfung bereits im Eilverfahren statt. Der rechtliche Maßstab für die Prüfung des Anordnungsanspruchs im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes nach § 123 VwGO und damit auch (unter Berücksichtigung von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) für die Beschwerdeentscheidung des Senats war nicht lediglich auf eine summarische, sondern auf eine strikt rechtliche Prüfung zu richten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Gerichte, wenn sie ihre Entscheidung nicht - wie in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO - an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern - wie bei Entscheidungen nach § 123 VwGO - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausrichten, gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, wenn die Versagung zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führt. Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu - wie regelmäßig im Prüfungswesen - Anlass besteht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 25.7.1996 - 1 BvR 638/96 - juris Rn. 15 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 123 Rn. 48a).
16
Darüber hinaus ist die Beklagte im Schriftsatz vom 5. November 2021 den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs inhaltlich nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat lediglich ihre Rechtsauffassung an Stelle der des Senats gestellt, ohne hierfür eine ausreichende Argumentation darzulegen. Zudem erschöpfte sich ihr Vortrag im Klageverfahren über weite Strecken in einer umformulierten Wiederholung bereits bekannten Streitstoffs. Damit ist es ihr nicht gelungen, die maßgebenden Erwägungen des Senatsbeschlusses tatsächlich in Frage zu stellen, so dass das Verwaltungsgericht zulässigerweise zur Begründung seiner Entscheidung auf diesen verweisen durfte. Das Verwaltungsgericht hat damit im Ergebnis kein Vorbringen der Beklagten übergangen. Gleichwohl hätte es seinem Selbstverständnis entsprechen müssen, auf die Ausführungen der Beklagten im Klageverfahren ausdrücklich einzugehen. Das angefochtene Urteil hätte durchaus an Überzeugungskraft gewonnen, wenn das Verwaltungsgericht sich - wenn auch in der gebotenen Kürze - mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 5. November 2021 inhaltlich auseinandergesetzt hätte.
17
b) Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe es pflichtwidrig unterlassen, aufzuklären, ob der Kläger die Vorschrift des § 12 Abs. 5 APSO tatsächlich nicht kannte, rügt der Zulassungsantrag in der Sache einen Verstoß gegen die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit kommt die Beklagte den ihr nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegenden Darlegungspflichten nicht nach.
18
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht bzw. - wie hier im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO nicht schriftsätzlich - ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat. Das Unterlassen eines Beweisantrags ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12). Ferner muss dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für die Beklagte günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diese Anforderungen an die erfolgreiche Darlegung einer Aufklärungsrüge werden vorliegend nicht erfüllt. Die Beklagte hat weder erstinstanzlich einen Beweisantrag gestellt, noch führt sie substantiiert aus, inwiefern sich dem Erstgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung - der Kläger habe den Mangel des Prüfungsverfahrens unmittelbar nach der Prüfung rechtzeitig gerügt - eine weitere Aufklärung dazu hätte aufdrängen müssen, ob der Kläger die Regelung des § 12 Abs. 5 APSO tatsächlich gekannt hat.
19
2. Die Beklagte zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf.
20
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
21
Durch das Vorbringen der Beklagten im Zulassungsverfahren wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und es werden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Ungeachtet der Frage, ob die Ausführungen der Beklagten, die in erheblichem Maße erstinstanzliches Vorbringen wiederholen bzw. dem vom Verwaltungsgericht erzielten und im Wesentlichen durch die Bezugnahme auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. September 2021 begründeten Ergebnis ohne vertiefte Begründung entgegentreten, den Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht werden, geht das Verwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass die Beklagte die Grundlagen- und Orientierungsprüfung (§ 46 FPSO) des Klägers im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen als endgültig bestanden anzuerkennen hat.
22
a) Der verwaltungsgerichtlichen Feststellung, wegen der zu kurzfristigen Information des Klägers über die in der streitgegenständlichen Prüfung zugelassenen Hilfsmittel habe ein Verstoß gegen § 12 Abs. 5 APSO und damit ein erheblicher Verfahrensfehler im Prüfungsverfahren vorgelegen, ist die Beklagte im Zulassungsverfahren nicht mehr entgegengetreten.
23
b) Die Beklagte trägt vor, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht darauf gestützt, dass sich der Kläger trotz Teilnahme an der streitgegenständlichen Prüfung nachträglich auf diesen Verfahrensfehler berufen könne und dem keine bewusste Risikoentscheidung entgegenstehe. Es habe dies „stillschweigend“ verneint. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei dem Kläger jedoch bewusst gewesen, dass sich die zugelassenen Hilfsmittel im Vergleich zu seinem ersten Prüfungsversuch geändert hätten. Er habe dies auch „als zu kurzfristig empfunden“. Damit sei davon auszugehen, dass der Kläger „in der Parallelwertung in der Laiensphäre die aus seiner Sicht bestehende Beeinträchtigung seiner Prüfungsbedingungen vor der Prüfung erkannt hatte“. Da er gleichwohl an der Modulprüfung „Höhere Mathematik 1“ teilgenommen habe, habe er eine bewusste Risikoentscheidung getroffen, an der er sich nun festhalten lassen müsse. Hiermit dringt die Beklagte nicht durch.
24
aa) Entgegen dem Zulassungsvorbringen der Beklagten war es dem Kläger nicht verwehrt, sich zeitlich erst nach Absolvierung der Prüfung auf den Verstoß gegen die Informationspflicht des Prüfenden nach § 12 Abs. 5 APSO zu berufen. Der Kläger hat durch seine Teilnahme an der Modulprüfung am 18. Februar 2020 keine bewusste Risikoentscheidung getroffen, die einem nachträglichen Rücktritt von der Prüfung entgegensteht. Eine solche bewusste Risikoentscheidung hätte möglicherweise vorgelegen, wenn der Kläger den Verfahrensfehler gekannt, dessen Bedeutung für das Prüfungsverfahren erkannt und sich in dessen Kenntnis aus freiem Entschluss gleichwohl der Prüfung unterzogen hätte. Der Senat hat jedoch bereits im Beschluss vom 13. September 2021 festgestellt, dass dem Kläger weder am 14. Februar 2020 noch am 18. Februar 2020, dem Tag der Prüfung, die genaue Regelung des § 12 Abs. 5 APSO bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen. Der Kläger habe auch aus der E-Mail von Frau Dr. S. vom 14. Februar 2020 nicht auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels geschlossen bzw. schließen müssen. Für eine bewusste Risikoentscheidung fehlt ihm damit schon deren erste Voraussetzung, nämlich die (positive) Kenntnis vom Vorliegen eines Verfahrensmangels.
25
Dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 5. November 2021 gegenüber dem Verwaltungsgericht gleichwohl behauptet, der Kläger habe erkannt, dass andere Hilfsmittel zulässig seien, als diejenigen, mit denen er sich vorbereitet habe, bzw. es sei davon auszugehen, dass er die „bestehende Problematik“ anhand einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erkannt habe, vermag die Feststellung des Senats, auf die sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung bezieht, nicht zu erschüttern. Zum einen erschöpft sich das Vorbringen inhaltlich in der Behauptung des Gegenteils der Auffassung des Senats, ohne dafür geeignete Anhaltspunkte zu benennen. Zum anderen ist es bereits in sich widersprüchlich, da die Beklagte gleichzeitig von positiver Kenntnis und Kennenmüssen ausgeht. Zudem überzeugt das Beklagtenvorbringen, aus dem Umstand, dass der Kläger die Bekanntgabe der zulässigen Hilfsmittel mit E-Mail von Frau Dr. S. am Abend des 14. Februar 2020 als „zu kurzfristig empfunden“ habe, sei zu schließen, dass er „erkannt habe, dass an den Prüfungsbedingungen etwas nicht stimmt“, weiterhin nicht. Nach Erhalt dieser E-Mail war für den Kläger offensichtlich, dass sich der Umfang der zugelassenen Hilfsmittel für den anstehenden (Wiederholungs) Prüfungstermin im Modul „Höhere Mathematik 1“ im Vergleich zu den von ihm in der Vergangenheit bereits abgelegten Prüfungen erheblich reduziert hatte und ihm dies seitens der Beklagten sehr kurzfristig, nämlich knapp vier Tage vor dem Prüfungstermin mitgeteilt worden war. Die Beklagte leitet allein aus diesem vom Kläger benannten und durchaus plausiblen Störgefühl eine positive Kenntnis von der Regelung des § 12 Abs. 5 APSO ab bzw. meint, der Kläger hätte jedenfalls von einem Verfahrensverstoß ausgehen müssen. Sie bleibt hierfür jedoch jeden Nachweis schuldig. Aus dem Inhalt der E-Mail von Frau Dr. S., die an alle Teilnehmer der Prüfung gerichtet war und im Übrigen keinerlei Hinweise auf die Regelung des § 12 Abs. 5 APSO enthielt, ging für den Kläger eindeutig nur hervor, dass kurzfristig andere Hilfsmittel als in seinen früheren Prüfungen zulässig waren. Er musste aufgrund des Inhalts der E-Mail nicht schließen, dass ein Verfahrensfehler im Prüfungsverfahren vorlag. Auch die weitere E-Mail von Dr. S. an den Kommilitonen des Klägers (v. 14.2.2020) enthielt keinen Hinweis darauf, dass seitens der Beklagten ein Verfahrensfehler im Raum stand. Frau Dr. S. riet ausschließlich dazu, die Zeit zu nutzen und sich entsprechend vorzubereiten. Demnach sind keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger Kenntnis vom Verfahrensfehler hatte oder hätte haben müssen.
26
Auch die Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats, von Studierenden sei die Kenntnis ihrer Prüfungsordnung zu erwarten (vgl. B.v. 7.10.2013 - 7 ZB 13.1220 - juris Rn. 24) verfängt insoweit nicht. Zwar resultiert aus dem auch im Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, dass der Prüfling, soweit es an ihm liegt, an der Erfüllung des Prüfungsanspruchs mitzuwirken hat. Überdies hat er alles zu unterlassen, was dem Sinn und Zweck der Leistungskontrolle entgegenwirkt. Die zur Wahrung der Chancengleichheit in der Prüfungsordnung enthaltenen verfahrensrechtlichen Regelungen (z.B. Anmeldungen, Anwesenheiten, Fristen) sind einzuhalten. Dabei kann der Prüfling sich nicht darauf berufen, dass ihm diese Regelungen nicht bekannt waren (vgl. Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 213 m.w.N.). Der vorliegende erhebliche Verfahrensfehler lag jedoch nicht im Verantwortungs- bzw. Mitwirkungsbereich des Klägers, sondern allein in der Sphäre der Prüfungsbehörde. Die Informationspflicht des Prüfenden in § 12 Abs. 5 APSO betrifft allein den Verantwortungsbereich der Beklagten. Eine Kenntnis dieser Verfahrensvorschrift ist vom Kläger nicht zu erwarten. Daher kommt eine einseitige Risikoverlagerung zu Lasten des Klägers insoweit nicht in Betracht (vgl. Birnbaum, NVwZ 2006, 286/289). Dies gilt umso mehr, als - auch darauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 13. September 2021 hingewiesen - auch den handelnden Personen seitens der Beklagten (Frau Dr. S., Frau Sch) die Regelung des § 12 Abs. 5 APSO wohl nicht geläufig war.
27
Das Vorbringen der Beklagten übersieht, dass es in ihrem Verantwortungsbereich gelegen hätte, sicherzustellen, dass das Prüfungsverfahren unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 12 Abs. 5 APSO ordnungsgemäß durchgeführt wurde bzw. auf den festgestellten Verfahrensfehler angemessen zu reagieren. Mit Blick darauf, dass die streitgegenständliche Modulprüfung „Höhere Mathematik 1“ in veränderter Form nach der zu diesem Semester erfolgten Neuorganisation des Studiengangs erstmalig durchgeführt wurde, bestanden seitens der Beklagten erhöhte Fürsorge- und Hinweispflichten insbesondere zugunsten der - wie der Kläger - als Wiederholer antretenden Studierenden. Diesen ist die Beklagte weder durch die E-Mail von Frau Dr. S vom 14. Februar 2020 noch durch die Hinweise von Frau Sch am 18. Februar 2020 nachgekommen. Es wäre von der Beklagten zu erwarten gewesen, den Kläger auf den Verfahrensfehler ausdrücklich hinzuweisen und ihn - da es der Beklagten aufgrund Zeitablaufs nicht mehr möglich war, diesen zu beheben - auf die Möglichkeit eines Rücktritts von der Prüfung hinzuweisen. Der Kläger ist daher seinen Mitwirkungspflichten im Prüfungsverfahren in ausreichendem Maße nachgekommen.
28
bb) Mit ihren Ausführungen, es sei unbeachtlich, dass der Kläger die zu späte Bekanntgabe der aktuellen Hilfsmittel unmittelbar nach der Klausur bei Frau Sch beanstandet habe, da zu diesem Zeitpunkt eine rechtzeitige Rüge nicht mehr möglich gewesen sei, dem Kläger sei bereits „mit Erhalt der E-Mail vom 14. Februar 2020 in der Parallelwertung der Laiensphäre bewusst [gewesen], dass an den für ihn maßgeblichen Prüfungsbedingungen etwas nicht stimmte“, dringt die Beklagte ebenfalls nicht durch.
29
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger könne nicht entgegengehalten werden, den Mangel des Prüfungsverfahrens entgegen § 21 APSO nicht unverzüglich geltend gemacht zu haben, ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Dabei bedeutet „unverzüglich“ ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), dieses muss nicht notwendigerweise „sofort“ erfolgen. Vorliegend bestehen - wie ausgeführt - keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger am 14. Februar 2020 oder bis zum Zeitpunkt der Prüfung am 18. Februar 2020 bewusst war oder hätte bewusst sein müssen, dass ein Verfahrensfehler vorlag. Das Vorbringen des Klägers, sich wegen der Kürze der Zeit ausschließlich auf die anstehende Prüfung vorbereitet und insbesondere die zugelassenen Hilfsmittel angefertigt zu haben, ohne zunächst zu hinterfragen, ob die kurzfristige Bekanntgabe der zugelassenen Hilfsmittel mit der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung übereinstimmt, ist nachvollziehbar. Die Ausführungen der Beklagten überzeugen insoweit nicht. Damit hat der Kläger den Verfahrensmangel (noch) rechtzeitig gerügt, indem er sich unmittelbar nach der Prüfung am 18. Februar 2020 an Frau Sch wandte. Zudem war der Beklagten aufgrund einer Rüge eines Kommilitonen des Klägers (am 14.2.2020) der Verfahrensfehler bereits bekannt. Trotzdem hat die Beklagte darauf nicht reagiert, sondern Frau Dr. S. hat die Studierenden lediglich darauf verwiesen, sie mögen „das Wochenende nutzen und sich ein beidseitig handbeschriebenes DIN A4 Blatt anfertigen“. Vom Kläger gleichwohl eine sofortige Rüge zu erwarten, verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
30
Wie bereits im Beschluss vom 13. September 2021 ausgeführt (vgl. BA Rn. 28), kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, gemäß § 21 APSO hätte die Rüge eines Mangels im Prüfungsverfahren schriftlich gegenüber dem Prüfenden oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geltend gemacht werden müssen. Auch dies würde einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darstellen - auch wenn Frau Sch nicht Mitglied des Prüfungsausschusses, sondern dessen Schriftführerin ist. Es wäre unbedingt zu erwarten gewesen, dass sie den Kläger auf diese sich aus § 21 APSO ergebenden Erfordernisse hinweist.
31
Die Unverzüglichkeit der Rücktrittserklärung des Klägers vom 9. März 2020 rügt die Beklagte im Zulassungsverfahren nicht. Aufgrund der besonderen Umstände des Falles, insbesondere der von Frau Sch am Prüfungstag gegebenen Fehlinformation, ist es der Beklagten darüber hinaus mit Blick auf § 242 BGB verwehrt, sich auf eine fehlende Unverzüglichkeit zu berufen. Denn die eingetretene zeitliche Verzögerung ist dem Kläger vorliegend nicht vorwerfbar.
32
3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
33
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nichtrevisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.3.2020 - 7 ZB 19.1308 - juris Rn. 21 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen.
34
Hieran fehlt es. Die von der Beklagten formulierte Frage, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur bewussten Risikoentscheidung bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit auch auf die Fälle einer aus einem anderen Grunde verfahrensfehlerhaften Prüfung anwendbar sind, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Denn diese ist im vorliegenden Verfahren schon nicht klärungsfähig, da die Frage für das vorliegende Verfahren - wie ausgeführt - nicht entscheidungserheblich ist. Die für eine bewusste Risikoentscheidung nötigen Voraussetzungen liegen bereits nicht vor.
35
Auch die weitere von der Beklagten angeführte Frage, „kommt es für die Beurteilung, ob eine bewusste Risikoentscheidung des Prüflings vorliegt und ob der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Rüge eines Verfahrensfehlers gewahrt wurde auf die tatsächliche Kenntnis oder auf ein Kennenmüssen der Regelung der Prüfungsordnung, gegen die verstoßen wird, an“, ist mangels Entscheidungserheblichkeit nicht klärungsfähig. Soweit sich die Frage auf die bewusste Risikoentscheidung bezieht, ist sie nicht entscheidungserheblich, weil bereits die Voraussetzungen für eine solche bewusste Risikoentscheidung nicht vorliegen. Soweit sie sich auf die Unverzüglichkeit der Rüge eines Verfahrensfehlers bezieht, fehlt ebenfalls die Entscheidungserheblichkeit, da im vorliegenden Fall - wie oben ausgeführt - weder davon auszugehen ist, dass der Kläger den Verfahrensfehler kannte noch, dass er diesen hätte kennen müssen.
36
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Vorinstanz).
37
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).