Titel:
Unbegründete Selbstablehnung einer Vorsitzenden Richterin
Normenketten:
VwGO § 54 Abs. 1, Abs. 3
ZPO § 48
Leitsatz:
Die Selbstablehnungsanzeige einer Vorsitzenden Richterin in einem Verfahren, in dem der Korrespondenzanwalt ein laufendes Mandatsverhältnis mit dieser in einer persönlichen Angelegenheit hat und das Mandat noch andauert, kann wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann begründet sein, wenn weitere Umstände dazu treten, etwa wenn die betroffene Richterin diesen Umstand nicht rechtzeitig angezeigt hat. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(unbegründete) Selbstablehnung der Vorsitzenden, Richterin, Selbstablehnungsanzeige, Korrespondenzanwalt, persönliche Angelegenheit, Mandatsverhältnis, Besorgnis der Befangenheit
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 02.04.2019 – RO 4 K 17.2190
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31596
Tenor
Die Selbstablehnung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgerichtshof G. ist nicht begründet.
Gründe
1
Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof G. hat derzeit ein laufendes Gerichtsverfahren, bei dem sie von dem Verkehrsanwalt von Böventer anwaltlich vertreten wird.
2
In dem hiesigen Verfahren wird der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2022 von eben demselben Korrespondenzanwalt vertreten.
3
Frau G. hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung eine Selbstablehnung Anzeige gegenüber den Parteien abgegeben. Die Parteien hatten gegen die Durchführung der Verhandlung und entsprechende Beschlussfassung durch die Vorsitzende Richterin G. keine Bedenken.
4
Über die Selbstablehnungsanzeige der Vorsitzenden Richterin entscheidet nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 48 ZPO die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für das Jahr 2022 zuständige Spruchgruppe.
5
Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO entscheidet das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht auch dann, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte.
6
Die Selbstablehnung ist nicht begründet. In dem Fall, in dem der Korrespondenzanwalt ein laufendes Mandatsverhältnis mit einem Richter in einer persönlichen Angelegenheit hat, und das Mandat noch andauert, vermag nur das Hinzutreten weiterer Umstände die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (OLG Köln, B.v. 26.4.2017 - 16 W 26/17). Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Richter diesen Umstand nicht von sich aus rechtzeitig anzeigt.
7
Im vorliegenden Fall hat die Vorsitzende Richterin G. von sich aus unmittelbar nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung eine Selbstanzeige nach § 48 ZPO abgegeben. Weitere Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, sind nicht ersichtlich.