Inhalt

VGH München, Urteil v. 25.10.2022 – 10 B 21.2747
Titel:

Erfolgreiches Berufungsverfahren wegen Nutzungsuntersagung für Veranstaltungen

Normenketten:
VwGO § 124
LStVG Art. 7
BayVwVfG Art. 20 Abs. 5
BayBO Art. 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3. Art. 76 S. 2
Leitsätze:
1. Für einen die Sperrwirkung einer Spezialregelung  auslösenden Vorrang reicht die Existenz einer anderweitigen Befugnisnorm im besonderen Sicherheitsrecht aus. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Nutzungsänderung ist − auch ohne bauliche Maßnahmen − dem Errichten eines Gebäudes gleichzustellen, da die Anforderungen an die Erreichbarkeit bei Gefahr von Schadensfällen zB Brandgefahr und Rettungsprobleme sich an der jeweiligen Nutzung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten orientieren müssen.  (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzungsuntersagung, Sicherheitsrechtliche Generalklausel, Veranstaltungen, Brandschutz, Erschließung, Zufahrt, Bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung, Vorrang, Berufungsverfahren, Bauplanungsrecht, Außenbereich, Bauordnungsrecht, Sicherheitsrecht, sachliche Zuständigkeit, Spezialregelung, Subsidiarität, Generalklausel, baurechtliche Erschließung, baulicher Brandschutz
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 08.12.2020 – RO 4 K 20.1119
Fundstellen:
BayVBl 2022, 853
BeckRS 2022, 31527
LSK 2022, 31527

Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Dezember 2020 wird der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. Dezember 2020 aufgehoben.     
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.    
III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.   
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.  

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2020, mit dem dieses seine Klage gegen die auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützte Nutzungsuntersagung der Beklagten vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Dezember 2020 abgewiesen hat. Damit wird dem Kläger verboten, auf seinem Anwesen „Veranstaltungen durchzuführen oder zuzulassen“, wobei hiervon ausgenommen sind Veranstaltungen im Rahmen der bauaufsichtlich genehmigten Nutzung und Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von bis zu fünfzehn Personen, wenn die Personenkraftwagen der teilnehmenden Personen auf dem Anwesen des Klägers geparkt werden, sowie private, nicht gewerbliche Feiern von Anwohnern des klägerischen Anwesens oder deren Angehörigen im Sinne des Art. 20 Abs. 5 BayVwVfG.
2
Der Kläger ist Eigentümer des im Außenbereich belegenen … Auf der Grundlage der Baugenehmigungen aus dem Jahr 2008 („Sanierung des bestehenden Nebengebäudes mit Umbau zu Ferienwohnungen“) und aus dem Jahr 2014 („Dachangleichung des landwirtschaftlichen Gebäudes an das bestehende Gebäude“) - vermietet er in dem (Neben-)Gebäude auf den Fl.-Nrn. 404 und 419/2 der Gemarkung K. Ferienwohnungen und Gästezimmer (im Folgenden: Gebäude). Daneben betrieb der Kläger dort allerdings auch ein Veranstaltungszentrum für Feiern, ohne über eine Genehmigung für eine solche Nutzung zu verfügen.
3
Für den von dem Kläger am 10. April 2017 eingereichten Bauantrag auf Genehmigung für die Nutzungsänderung und den Ausbau des bestehenden Gebäudes mit Ferienwohnungen in Veranstaltungsräume mit Fremdenzimmern verweigerte die Beklagte am 4. Mai 2017 das gemeindliche Einvernehmen, da das im Außenbereich belegene Vorhaben des Klägers nicht privilegiert und nicht ausreichend erschlossen sei.
4
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. Juli 2017 untersagte das Landratsamt S. als Untere Bauaufsichtsbehörde dem Kläger die Nutzung verschiedener Räume in verschiedenen Trakten im Keller, Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss des Gebäudes (im Folgenden: bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung). Dies geschah nach Anhörung des Klägers, welche das Landratsamt mit einer Reihe von „Bedingungen“ für zukünftige Veranstaltungen im Erdgeschoss des Gebäudes verbunden hatte, darunter hinsichtlich der Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Rettungsdienste und der Feuerwehr. Diese bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung war gestützt auf Art. 76 Satz 2 BayBO in Verbindung mit Art. 68 Abs. 5 Nr. 1 BayBO a.F. entsprechend aus formell-rechtlichen Gründen wegen Nutzungsänderung ohne behördliche Genehmigung und aus materiell-rechtlichen Gründen wegen Verstoßes gegen Art. 12 BayBO (Brandschutz), Art. 31 BayBO (Rettungswege), Art. 32 BayBO (Treppen), Art. 33 BayBO (Notwendige Treppenräume, Ausgänge) und Art. 34 BayBO (Notwendige Flure, offene Gänge). In dem Bescheid fand zudem die „problematische Zufahrtssituation“ Erwähnung.
5
Mit streitbefangenem Bescheid vom 31. Juli 2017, zugestellt am Folgetag, untersagte die Beklagte − gestützt auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG − gegenüber dem Kläger nach dessen Anhörung mit sofortiger Wirkung, auf seinem Anwesen Veranstaltungen wie Hochzeiten, Betriebs-, Firmen-, Geburtstagsfeiern und sonstige Feiern durchzuführen oder zuzulassen (Nr. 1), ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an (Nr. 2), verfügte, dass für den Fall der Nichtbeachtung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- EUR zur Zahlung fällig würde (Nr. 3) und erlegte dem Kläger als Eigentümer und Betreiber die Kosten des Verfahrens in Form einer Gebühr in Höhe von 104,- EUR auf (Nrn. 4 u. 5).
6
Zur Begründung dieser sicherheitsrechtlichen Verfügung, die mit dem Betreff „Anordnung zur Abwehr der durch die Nutzung des Gebäudes des Herrn … ausgehenden Gefahren“ versehen ist, führt die Beklagte zunächst aus, dass der Kläger ohne die erforderlichen baurechtlichen, gewerberechtlichen und gaststättenrechtlichen Erlaubnisse, ohne Brandschutznachweis und trotz erheblicher Brandschutzmängel im gesamten Gebäude wöchentlich Veranstaltungen mit über 100 Gästen durchführe. Zu dem Grundstück des Klägers führe nur eine einzige schmale, teils nur 3 m breite Zufahrt, die für die ordnungsgemäße baurechtliche Erschließung für die regelmäßig an den Wochenenden stattfindende Nutzung nicht ausreichend sei, weil nicht auszuschließen sei, dass sie im Schadensfall für Rettungsfahrzeuge wegen parkender oder defekter Autos, entgegenkommender flüchtender Gäste, Schäden oder sonstiger Ereignisse blockiert sei. Zur Sicherstellung der Zufahrt habe die Beklagte dem Kläger zwar eine Bauleitplanung in Aussicht gestellt, der Kläger habe aber nicht den Willen für derartige zusätzlichen Maßnahmen gezeigt. „Nach den genannten Gegebenheiten“ sei zu befürchten, dass von dem Betrieb des Klägers eine konkrete Brandgefahr ausgehe. Da eine zweite Rettungszufahrt fehle, könnten Rettungskräfte, insbesondere Feuerwehren, nicht rechtzeitig Hilfe leisten. Die beengte Zu- und Abfahrtssituation mache ein sicherheitsrechtliches Einschreiten unaufschiebbar. Weder die vom Landratsamt ausgesprochene bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung noch die (brandschutztechnischen) Auflagen reichten aus, um die Brandgefahr auszuschließen beziehungsweise mangels einer zweiten Zufahrt die rasche Rettung von Personen zu gewährleisten.
7
Der Kläger hat hiergegen am 2. August 2017 Anfechtungsklage erhoben und Eilantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (RO 4 S 17.1314). Den Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. August 2017 ab (RO 4 S 17.1314). Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 zurück (10 CS 17.1685).
8
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 8. Dezember 2020 hat die Beklagte den streitbefangenen Bescheid dahingehend geändert, dass dem Kläger mit sofortiger Wirkung untersagt wird, auf seinem Anwesen Veranstaltungen durchzuführen oder zuzulassen, wobei das Verbot nicht gilt für Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von maximal 15 Personen, wenn sichergestellt ist, dass alle PKW der teilnehmenden Personen auf dem Grundstück B. parken und nicht entlang der Gemeindeverbindungsstraße, für private, nicht gewerbliche Feiern von Anwohnern des B. oder deren Angehörigen im Sinne des Art. 20 Abs. 5 BayVwVfG sowie für Veranstaltungen im Rahmen der bauaufsichtlich genehmigten Nutzung gemäß dem Bescheid des Landratsamtes S. vom 12. März 2008 (Az. 011857/2007). Der Kläger hat daraufhin die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Dezember 2020 beantragt.
9
Mit Urteil vom 8. Dezember 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers abgewiesen. Die auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützte sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung betreffe nicht bestimmte Anlagenteile im Sinne des Baurechts, sondern die Nutzung des klägerischen Hofs insgesamt für bestimmte Veranstaltungen. Der bauaufsichtliche Bescheid sei auf einer anderen Rechtsgrundlage, mit einer anderen Zielrichtung und einem anderen Inhalt ergangen. Die Beklagte sei ungeachtet der bauordnungsrechtlichen Generalklausel in Art 54 Abs. 2 BayBO zu sicherheitsrechtlichen Anordnungen hinsichtlich des Hofs des Klägers berechtigt und verpflichtet geblieben (unter Verweis auf: BayVGH, B.v. 4.4.2016 - 10 ZB 14.2380 - juris Rn. 5).
10
Mit (nicht bestandskräftigem) Bescheid vom 26. Februar 2021 lehnte das Landratsamt S. den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Genehmigung für die Nutzungsänderung und den Ausbau des bestehenden Gebäudes mit Ferienwohnungen in Veranstaltungsräume und Fremdenzimmer ab, weil das im Außenbereich belegene Vorhaben, das als Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO zu qualifizieren sei und Art. 60 BayBO unterfalle, nicht nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, seine Erschließung nach § 35 Abs. 1 BauGB nicht ausreichend gesichert sei und es − unter anderem − den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspreche, sich im Landschaftsschutzgebiet innerhalb des Naturparks Oberpfälzer Wald befinde, die Entstehung beziehungsweise Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse und auch schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufe.
11
Der Kläger begründet die mit Beschluss des Senats vom 8. November 2021 wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassene Berufung im Wesentlichen damit, dass die Beklagte die getroffene Nutzungsuntersagung nicht auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG hätte erlassen dürfen, weil vorrangig Bauaufsichtsrecht anwendbar gewesen sei. Die Beklagte habe sich darauf gestützt, dass eine ausreichende Zufahrt nicht sichergestellt sei. Die Prüfung dieser Frage und des technischen Brandschutzes sei jedoch im bauaufsichtlichen Verfahren vorzunehmen.
12
Die Beklagte erwidert, dass die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung nicht spezieller sei, weil Art. 76 Satz 2 BayBO nur die Nutzungsuntersagung von Anlagen zulasse, die formell oder materiell illegal benutzt würden. Hier stehe nicht der bauliche Brandschutz in Frage, sondern die Nichterreichbarkeit des Anwesens im Sinne des Bayerischen Feuerwehrgesetzes, einer Pflichtaufgabe der Beklagten (unter Verweis auf Nr. 1.2 d. Bek. d. StMI v. 28.9.2020, Az. D1-2211-4-2, BayMBl. Nr. 597, im Folgenden: VollzBekBayFwG). Die Beklagte habe die Nutzungsuntersagung darauf gestützt, dass im Schadensfall im Rahmen einer Veranstaltung die Rettung von Menschen aufgrund der nicht ausreichenden Zufahrt nicht möglich sei. Sie habe damit eine auf eine allgemeine Gefahrenabwehr gerichtete Anordnung zum Schutz der Besucher und Mitarbeiter des klägerischen Hofs erlassen. Dies komme im Bescheidstenor zum Ausdruck, der veranstaltungs- und nicht raumbezogen formuliert sei. Für diese Sichtweise spreche auch Art. 6 LStVG, der von schwierigen Kompetenzabgrenzungen entlasten wolle. Im Übrigen gehe die Gefahr nicht nur von der gewerblichen Nutzung, sondern auch von privaten Feiern und Veranstaltungen mit großer Personenzahl und hohem Verkehrsaufkommen aus.
13
Am 24. Oktober 2022 hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Der Kläger beantragt,
14
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2020 den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. Dezember 2020 aufzuheben.
15
Die Beklagte beantragt,
16
die Berufung zurückzuweisen.
17
Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.
18
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Senatsakte, insbesondere das Protokoll über die mündliche Verhandlung, und die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
1. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
20
Unter Aufhebung des klageabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2020 (RO 4 K 20.1119) ist der streitbefangene Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 8. Dezember 2020 aufzuheben, weil die darin verfügte Nutzungsuntersagung nicht auf die sicherheitsrechtlichen Generalklauseln der Art. 6 LStVG und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützt werden kann und deshalb wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit und Befugnis der Beklagten rechtswidrig ist und den Kläger im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt.
21
a) Die zulässige Klage des Klägers gegen die in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheides angeordnete und auf die Generalklauseln des Art. 6 LStVG und des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützte sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung ist begründet.
22
aa) Die von der Beklagten ausgesprochene Nutzungsuntersagung kann wegen der vorrangig einschlägigen, d.h. speziellen Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO nicht auf die subsidiäre sicherheitsrechtliche Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützt werden.
23
(1) Nach Art. 7 Abs. 1 LStVG dürfen Anordnungen und sonstige Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, nur getroffen werden, wenn die Sicherheitsbehörden durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dazu besonders ermächtigt sind. Soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in Vorschriften dieses Gesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, können die Sicherheitsbehörden nach Art. 7 Abs. 2 LStVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1), durch solche Handlungen verursachte Zustände zu beseitigen (Nr. 2), Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Nr. 3).
24
(2) Art. 7 Abs. 2 LStVG konstituiert die sicherheitsrechtliche Generalklausel. Der Befugnisnorm kommt aufgrund der weit gefassten Tatbestandsvoraussetzungen und Anordnungsmöglichkeiten zwar eine allgemeine Auffangfunktion zu. Gleichzeitig begründet Art. 7 Abs. 2 LStVG jedoch einen Vorrang der gesetzlichen Ermächtigungen insbesondere auch in anderen Rechtsvorschriften, mithin im besonderen Sicherheitsrecht. Die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 LStVG ist im Vergleich zu der polizeirechtlichen Generalklausel des Art. 11 PAG betont eingeschränkt formuliert (vgl. Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Band 1, 31. EL, Stand: September 2009, Art. 7 Rn. 16). Art. 7 Abs. 2 LStVG ist daher lediglich subsidiär anwendbar. Daran ändert sich auch nichts, wenn man Art. 6 LStVG berücksichtigt, der lediglich eine allgemeine Aufgabenzuweisungsnorm, mithin eine Zuständigkeitsnorm, darstellt (vgl. zum Verhältnis zu anderen, speziellen Aufgabenzuweisungsnormen: Nrn. 6.1. u. 6.2 d. Bek. d. StMI über d. Vollzug d. Landesstraf- und Verordnungsgesetzes v. 8.8.1986, Az. IC2-2105-1/16, MABl. S. 361 ff., i.d.F.d. Bek. zuletzt v. 5.6.2021, BayMBl. Nr. 456 u. Nr. 476, im Folgenden: VollzBekLStVG sowie Holzner in Möstl/Schwabenbauer, Polizei- und Sicherheitsrecht, 20. Aufl., Stand: 1.10.2022, LStVG, Art. 6 Rn. 1 ff.).
25
(3) Für einen die Sperrwirkung auslösenden Vorrang reicht die Existenz einer anderweitigen Befugnisnorm im besonderen Sicherheitsrecht aus. Maßgeblich ist die gesetzliche Ermächtigung selbst, mithin die Regelung als solche („Soweit … gesetzliche Ermächtigung … nicht … enthalten ist“, vgl. auch Nr. 6.2 VollzBekLStVG). Auf die Inanspruchnahme der gesetzlichen Ermächtigung, also ob und inwieweit die besondere Sicherheitsbehörde hiervon tatsächlich Gebrauch gemacht hat, kommt es nicht an. Die Auffangfunktion des Art. 7 Abs. 2 LStVG wird folglich nicht dadurch aktiviert, dass die besondere Sicherheitsbehörde in den Augen der allgemeinen Sicherheitsbehörde gar nicht oder nicht hinreichend tätig geworden ist.
26
(4) Von einer gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des Art. 7 Abs. 2 LStVG kann gesprochen werden, wenn in einem besonderen Sicherheitsgesetz eine Befugnisnorm besteht, die auf der Tatbestandsseite den konkreten Lebenssachverhalt, mithin den Anlass, erfasst und auf der Rechtsfolgenseite zu dem Erlass einer Maßnahme gegen Personen oder Sachen ermächtigt (vgl. Körner/Mehringer in PdK Bayern, K-30, LStVG, Stand: Januar 2017, Nr. 3.1). Dabei verbietet es sich, den auf der Tatbestandsseite zu subsumierenden Lebenssachverhalt ohne Berücksichtigung der konkreten Gefahrenabläufe und -quellen pauschal mit dem allgemeinen Zweck der Abwehr von Gefahren für die in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG geregelten Rechtsgüter gleichzusetzen. Eine solche Vorgehensweise würde Art. 7 Abs. 2 LStVG und die darin zum Ausdruck kommende Trennung zwischen allgemeinem und besonderem Sicherheitsrecht in das Gegenteil verkehren und zu einer Allzuständigkeit der allgemeinen Sicherheitsbehörde führen.
27
(5) Einschlägig ist im vorliegenden Fall die Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass hier alternativ lediglich die bauordnungsrechtliche Generalklausel des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Betracht kommt, teilt der Senat nicht (vgl. zum Vorrang d. Art. 76 Satz 2 BayBO gegenüber Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO: BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 15 B 21.1473 - juris Rn. 64). Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann, werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, diese Nutzung untersagt werden. Es ist allgemein anerkannt, dass die Befugnisnormen der Art. 74 ff. BayBO in ihrem Anwendungsbereich der sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 LStVG vorgehen, insbesondere, dass die einschlägige Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO zum Erlass einer baurechtlichen Nutzungsuntersagung die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 LStVG verdrängt (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 146. EL, Stand: Mai 2022, Art. 76 Rn. 38; Holzner in Möstl/Schwabenbauer, Polizei- und Sicherheitsrecht, 20. Aufl., Stand: 1.10.2022, LStVG, Art. 7 Rn. 23; Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Band 1, 36. EL, Stand: September 2015, Art. 7 Rn. 44; vgl. auch Nr. 7.3. 15. Spiegelstrich VollzBekLStVG unter Verweis auf Art. 82 a.F., der Art. 76 BayBO n.F. entspricht).
28
(a) Der Anwendungsbereich des Art. 76 Satz 2 BayBO ist auf der Tatbestandsseite eröffnet.
29
(aa) Die Durchführung von Veranstaltungen, hier Feiern, in einer baulichen Anlage ist eine bestimmte Art der Nutzung einer baulichen Anlage. Dass die von der Beklagten getroffene sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung sich auf bauliche Anlagen bezieht - konkret das vorgenannte Gebäude (s.o.) −, kommt in dem streitbefangenen Bescheid deutlich zum Ausdruck. Die Beklagte hat in der Überschrift des streitbefangenen Bescheides auf die „Nutzung des Gebäudes“ abgestellt und sich zudem im Weiteren auf „Veranstaltungsräume“ beziehungsweise ein „Veranstaltungslokal“ bezogen. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Vergleich zwischen der von der Beklagten aufgegriffenen bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung und den bauaufsichtlichen „Bedingungen“ einerseits und dem streitbefangenen Bescheid andererseits, dass die Nutzung des Gebäudes inmitten steht.
30
(bb) Art. 76 Satz 2 BayBO ist auch im Übrigen auf Tatbestandsseite einschlägig, da das nach der Struktur der Norm erforderliche Prüfprogramm („Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften“) eröffnet ist. Darunter fallen insbesondere alle einschlägigen Ge- und Verbote in der Bayerischen Bauordnung und des Baugesetzbuchs.
31
Die Beklagte sucht mit ihrer sicherheitsrechtlichen Nutzungsuntersagung Gefahren zu begegnen, die dadurch entstehen, dass in einem Schadensfall im Zusammenhang mit einer von dem Kläger durchgeführten Veranstaltung Fahrzeuge der Feuerwehr und der Rettungsdienste mangels ungehinderter Zufahrt nicht hinreichend rasch vor Ort sein können. Angesprochen ist damit der Sache nach die ordnungsgemäße baurechtliche Erschließung. Dies ergibt sich im Übrigen ohne Weiteres auch aus dem streitbefangenen Bescheid der Beklagten („für die ordnungsgemäße baurechtliche Erschließung“ u. „beengte Zu- und Abfahrtssituation mache ein sicherheitsrechtliches Einschreiten unaufschiebbar“), ihrem Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. UA S. 5 u. VG Regensburg, Gerichtsakte, Bl. 49: „Erschließungssituation“) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. Senatsakte, Bl. 54: „ausreichende Erschließung“). Konkreter Anlass für das Tätigwerden der Behörde sind damit die aus einer ihrer Auffassung nach mangelhaften baurechtlichen Erschließung resultierenden Gefahren. Der anlassgebende Lebenssachverhalt und die Zielrichtung der Maßnahme werden unzureichend verkürzt, wenn man sie insoweit auf das Ziel der Abwehr von allgemeinen Gefahren reduziert.
32
(1) Im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO hat die Bauaufsichtsbehörde die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die straßenbeziehungsweise wegemäßige Erschließung nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BayBO zu prüfen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO dürfen Gebäude errichtet werden, wenn das Grundstück in einer angemessenen Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt. Zwar gilt Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO seinem Wortlaut nach nur für die Errichtung von Gebäuden. Allerdings findet die Norm sachgerechter Weise auch auf Nutzungsänderungen Anwendung (vgl. Laser in Schwarzer/König, BayBO, 5. Aufl. 2022, Art. 4 Rn. 1 m.w.N.; Wolf in Busse/Kraus, BayBO, 146. EL, Stand: Mai 2022, Art. 4 Rn. 81 m.w.N.). Sie soll gewährleisten, dass Gebäude in Notfällen und zur Versorgung jederzeit ungehindert auch mit Einsatzfahrzeugen der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste erreicht werden können (vgl. Schönfeld in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 23. Aufl. Stand: 1.5.2022, Art. 4 Rn. 31; Wolf in Busse/Kraus, BayBO, 146. EL, Stand: Mai 2022, Art. 4 Rn. 79). Eine Nutzungsänderung ist − auch ohne bauliche Maßnahmen − dem Errichten eines Gebäudes gleichzustellen, da die Anforderungen an die Erreichbarkeit sich an der jeweiligen Nutzung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten orientieren müssen. Erhöht sich infolge einer Nutzungsänderung die Anzahl der Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, so steigt die Gefahr von Schadensfällen, insbesondere die Brandgefahr, und die Probleme der Rettung und Evakuierung akzentuieren sich. Neben diesen teleologischen Erwägungen spricht auch die systematische Stellung des Art. 4 Abs. 1 BayBO, der unmittelbar auf Art. 3 BayBO folgt und die dort niedergelegten Allgemeinen Anforderungen konkretisiert, für diese Sichtweise (vgl. zu landesrechtlichen Parallelvorschriften: OVG MV, B.v. 21.9.2004 - 3 M 123/04 - juris Rn. 16 f.; NdsOVG, U.v. 28.2.1979 - 1 OVG A 144/76 - NdsOVGE 35, 355 <358 f.>).
33
An dem Befund, dass die Norm zum Prüfprogramm gehört, ändert sich auch nichts, wenn man berücksichtigt, dass im Außenbereich nach Art. 4 Abs. 3 BayBO die bauordnungsrechtlichen Anforderungen sich auf eine wegemäßige Erschließung reduzieren, da sich, wie erörtert, die Anforderungen an die Erschließung nach der jeweiligen Nutzung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten richten (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.2000 - 2 B 99.2118 - juris Rn. 28).
34
(2) Im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO hat die Bauaufsichtsbehörde des Weiteren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und damit auch die Erschließung nach den §§ 29 ff. BauGB, hier nach § 35 Abs. 1 BauGB, zu prüfen.
35
Zwar sind im Außenbereich auch die bauplanungsrechtlichen Anforderungen herabgesetzt und auf eine nur ausreichende Erschließung reduziert. Allerdings richtet sich die ausreichende Erschließung im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB ebenfalls nach dem konkreten Vorhaben unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1985 - 4 C 48.81 − juris Rn. 14 ff.). Dass die bauplanungsrechtliche Erschließung vor allem der geordneten städtebaulichen Entwicklung dient, steht der Berücksichtigung im vorliegenden Kontext nicht entgegen, da für die Prüfung, ob ein die Sperrwirkung auslösender Vorrang besteht, an dieser Stelle ausreichend ist, dass Art. 76 Satz 2 BayBO in Verbindung mit § 35 Abs. 1 BauGB den Lebenssachverhalt auf Tatbestandsseite erfasst. Dies ist, wie dargelegt, der Fall.
36
(3) Überdies hat die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO die Einhaltung des baulichen Brandschutzes zu prüfen, auf den sich die Beklagte in dem streitbefangenen Bescheid und in ihrem Vortrag gegenüber dem Verwaltungsgericht bezogen hat (vgl. VG Regensburg, Gerichtsakte RO 4 K 20.119, Bl. 70: „Das dahinterstehende Thema war der Brandschutz“), wie sich nicht zuletzt in der bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung des Landratsamtes vom 25. Juli 2017 zeigt (s.o., Art. 12 BayBO et al.).
37
(4) Zudem hat die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO auch zu prüfen, ob eine nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung nach Art. 68 Abs. 6 Nr. 1 BayBO formell illegal ist, also die Variationsbreite einer vorliegenden Baugenehmigung verlässt, ohne dass insbesondere die Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 BayBO vorliegen. Auch dies kommt in der bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung des Landratsamtes vom 25. Juli 2017 zum Ausdruck (s.o.).
38
(b) Art. 76 Satz 2 BayBO ist schließlich auch auf der Rechtsfolgenseite einschlägig. Eine auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützte bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung kann ohne Weiteres ein Veranstaltungsverbot umfassen (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 - 9 CS 20.2376 - juris Rn. 16: „Feiern jeglicher Art“; B.v. 28.8.2015 - 9 ZB 13.1876 - juris Rn. 13: „Nutzungsuntersagung des Betriebs der Eventhalle“; OVG Bremen, B.v. 31.7.1989 - 1 B 55/89 - BeckRS 1989 31150516: „Musikveranstaltungen“).
39
(c) Die streitbefangene sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung der Beklagten steht zu dem festgestellten Vorrang der gesetzlichen Ermächtigung des Art. 76 Satz 2 BayBO in Widerspruch. Darauf, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde mit ihrer bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung vom 25. Juli 2017 ihre Befugnis nicht vollends ausgeschöpft hat, kommt es nicht an. Es steht der Beklagten nicht zu, das „Entscheidungsvakuum“ der Bauaufsichtsbehörde auszufüllen, wie sie es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst dargestellt hat. Sie mag zwar die ortsnähere Behörde sein, ist jedoch gerade nicht die sachnähere Behörde. Dies sieht letztendlich auch die Beklagte selbst so, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll gegeben hat, sie habe seinerzeit mehr die Bauaufsichtsbehörde in der Pflicht gesehen. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG wird schließlich nicht dadurch zu einer rechtmäßigen Rechtsgrundlage, dass die Beklagte, wie sie nunmehr vorträgt, (auch) zur Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis nach Art. 1 BayFwG (konkretisiert durch Nr. 1.2. VollzBekBayFwG) tätig geworden ist. Diese Aufgabenzuweisung und die sie konkretisierenden Verwaltungsvorschriften mit Maßgaben hinsichtlich der Aufstellung und Ausstattung der Feuerwehren begründen keine Eingriffsbefugnis gegenüber dem Bürger. Dieser Verweis ändert im vorliegenden Kontext auch nichts daran, dass die Beklagte tatsächlich zur Abwehr der aus der mangelhaften baurechtlichen Erschließung resultierenden Gefahren und damit entgegen dem Vorrang besonderen (Bau-)Sicherheitsrechts tätig geworden ist.
40
(d) Der streitbefangene Bescheid lässt sich schließlich auch nicht, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Sache nach argumentiert hat, in einen rechtswidrigen und in einen rechtmäßigen Teil aufspalten. Dies gilt insbesondere unter dem von der Beklagten angeführten Aspekt, der klägerische Hof enthalte nicht nur bauliche Anlagen beziehungsweise nicht nur Gebäude. Die sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung der Beklagten knüpft ausdrücklich an bauliche Anlagen an. Dass die Beklagte in dem streitbefangenen Bescheid teils auch den Begriff des „Anwesens“ verwendet hat, worunter ein bebautes Grundstück, aber auch die Bebauung auf einem Grundstück verstanden wird, ist angesichts dessen nicht entscheidend (s.o.). Einer allgemeinen Sicherheitsbehörde, die sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG beruft, obliegt es, klarzustellen, dass und inwieweit sie in einem Bereich jenseits der die Sperrwirkung auslösenden gesetzlichen Ermächtigung des besonderen Sicherheitsrechts tätig wird. Im Verhältnis zu Art. 76 Satz 2 BayBO muss sie eine sicherheitsrechtliche Untersagung angesichts der Weite des Begriffs der baulichen Anlage im Sinne von Art. 2 BayBO räumlich näher eingrenzen. Zwar ist dem Vertreter des öffentlichen Interesses in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darin zuzustimmen, dass sich der Fall von Veranstaltungen bilden lässt, die ohne die Inanspruchnahme, also außerhalb von baulicher Anlagen beziehungsweise Gebäuden, mithin auf der „grünen Wiese“ durchgeführt werden, mit der Folge, dass insoweit den allgemeinen Sicherheitsbehörden ein Regelungsspielraum verbleibt. Abgesehen davon, dass eine solche Argumentation in der Praxis nach allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürfnisse der Veranstaltungsteilnehmer nach (baulichen) Infrastruktureinrichtungen, insbesondere in Anbetracht der Witterungsverhältnisse, Abgrenzungsschwierigkeiten aufwirft, worauf die Beklagte selbst hingewiesen hat, liegt ein solcher Fall hier erkennbar nicht vor. Aus den vorgenannten Gründen kommt auch eine Teilbarkeit nach verbotenen gewerblichen und verbotenen privaten Veranstaltungen nicht in Betracht.
41
bb) Im Übrigen ist die in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheides angeordnete sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung der Beklagten auch mangels sachlicher Zuständigkeit formell rechtswidrig, weil diese sich nicht auf die allgemeine sicherheitsbehördliche Aufgabenzuweisung nach Art. 6 LStVG (vgl. Nr. 6.2. VollzBekLStVG u. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 37 Abs. 1 S. 2 LKrO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrKrV) berufen kann.
42
b) Damit ist die Klage des Klägers auch gegen die in den Nrn. 2 bis 5 des streitbefangenen Bescheides getroffenen Nebenentscheidungen begründet. Da die in Nr. 1 des streitbefangenen Bescheides angeordnete sicherheitsrechtliche Nutzungsuntersagung rechtswidrig ist, den Kläger in seinen Rechten verletzt und daher nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben ist, mangelt es an einer wirksamen Grundverfügung für die genannten Nebenentscheidungen, mit der Folge, dass diese ebenfalls aufzuheben sind.
43
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 ff. ZPO.
45
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.