Titel:
Enlassung einer Beamtin auf Probe aus dem Polizeivollzugsdienst wegen fehlender charakterlicher Eignung; erfolgloser Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 S. 3, § 35 Abs. 1 S. 2
Leitsatz:
Hat der Dienstherr bei der Entlassung einer Beamtin auf Probe (hier: Polizeivollzugsdienst), dies mit fehlender charakterlichen Eignung unter Angabe diverser Vorkommnisse begründet und dabei die Entlassung maßgeblich nicht auf das Gewicht einzelner Verstöße, sondern auf das in der Summe der Vielzahl von Vorkommnissen zum Ausdruck kommende Charakterbild abgestellt, so genügt es nicht (hier: in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO) einzelne Vorgänge abweichend zu schildern. Im Verfahren müssen die Vorwürfe (bei summarischer Prüfung) so maßgeblich entkräftet werden, dass das vom Dienstherrn gezeichnete Gesamtbild der Antragstellerin wesentlich verändert werden könnte (was der Antragstellerin nicht gelungen ist). (Rn. 72 – 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entlassung, Beamter auf Probe, Charakterliche Eignung (verneint), Gesamtschau, Ausbildungswiederholung, Gesamtbild, Charakter, Beamtenrecht, Polizeivollzugsdienst, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31498
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.840,78 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.
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Die 1993 geborene Antragstellerin wurde mit Wirkung zum … März 2020 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Polizeimeisteranwärterin und mit Wirkung zum ... März 2021 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Polizeioberwachtmeisterin (Besoldungsgruppe A 5) ernannt. Die Antragstellerin durchlief bei einem Ausbildungsseminar der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. die ersten vier der fünf Ausbildungsabschnitte des auf zweieinhalb Jahre ausgelegten Vorbereitungsdienstes für Polizeivollzugsbeamte in der zweiten Qualifikationsebene.
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Am ... Februar 2022 wurde die Antragstellerin darüber informiert, dass sie aufgrund des Gesamturteils „für den Polizeidienst noch nicht geeignet“ im Leistungs- und Eignungsbild des Praktikums II (... November 2021 bis ... Februar 2022) den 4. Ausbildungsabschnitt nicht bestanden hat. Mit Schreiben vom ... und ... Februar 2022 beantragte die Antragstellerin die Wiederholung des 4. Ausbildungsabschnitts. Gegen eine Ausbildungswiederholung sprach sich der Leiter des Ausbildungsseminars mit Schreiben vom ... Februar 2022 aus. Eine Gesamtschau aller Verhaltensauffälligkeiten zeige, dass die Antragstellerin charakterlich und psychisch nicht für den Polizeidienst geeignet sei. Die Häufigkeit der Vorkommnisse und die Tatsache, dass die Antragstellerin wiederholt und teilweise in engem zeitlichen Zusammenhang durch aggressives, uneinsichtiges, besserwisserisches Verhalten in Erscheinung trete, verdeutliche, dass sie nicht in der Lage sei, ihr Verhalten entsprechend zu kontrollieren. Ermahnungen durch das Ausbildungspersonal habe sie ignoriert, Ratschläge und Verhaltensempfehlungen nicht angenommen. Eigene Pflichtverstöße erkenne sie nicht an und weise im Gespräch mit Vorgesetzen anderen die Schuld zu. Von einer Polizeibeamtin in Ausbildung könne erwartet werden, dass Regeln eingehalten, Pflichtverstöße als solche erkannt und negative Verhaltensweisen nach entsprechender Ermahnung geändert werden. Ihr mangele es an der nötigen Empathie und Selbstreflexion. Sie trete immer sehr fordernd, dominant, impulsiv und belehrend auf. Ihr fehle es zudem an Teamfähigkeit sowie an einem adäquaten sozialen Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten. Es sei daher nicht vorstellbar, dass die Antragstellerin im späteren Polizeidienst kollegial und als verlässliche Beamtin auftrete.
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Mit Schreiben vom … Februar 2022 teilte das Präsidium der ...Bereitschaftspolizei mit, dass der Antrag auf Ausbildungswiederholung vom ... Februar 2022 nicht befürwortet werde und dass die Antragstellerin hierüber zu informieren sei.
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Mit Schreiben vom … April 2022 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe an und wies auf die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats hin. Die Beamtin habe das Ausbildungsziel des 4. Ausbildungsabschnittes mit der Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ im Praktikum II nicht erreicht. Es läge eine negative Zukunftsprognose vor, die eine Wiederholung der Ausbildung nicht rechtfertige. Hierzu wird im Einzelnen ausgeführt:
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1. Die Verhaltensweisen während ihrer Praktika I (... März 2021- … März 2021) und II (... November 2021- … Februar 2022) bei der Polizeiinspektion C. ließen die Probebeamtin als für den Polizeivollzugsdienst „noch nicht geeignet“ erscheinen. Der Beamtin fehle es an einem gewissen Maß an Zurückhaltung gegenüber Schichtkollegen und sie verfüge über ein überzogenes Selbstbewusstsein. Die tägliche Arbeit wie das Schreiben von E-Belegen/Verwarnungen mit Zahlungsaufforderung sowie die maßregelnde Seite des Polizeiberufes würden von der Beamtin in Frage gestellt. Bei Einsätzen zeige sie eklatante Verstöße gegen die Eigensicherung, wenn sie beispielsweise alleine ohne Praxisbegleiter „vorstürme“, um auf die bereits einigermaßen beruhigten Bürger weiter unverhältnismäßig „einzureden“. Im Praktikum II sei die Zusammenarbeit mit dem Praxisbegleiter J. zufriedenstellend gewesen, die Zusammenarbeit mit anderen Streifenführern auf Streifenfahrten jedoch durchweg problematisch gewesen. Bei diesen Einsätzen habe die Beamtin einfache Erklärungen des einsatztaktischen Vorgehens in Frage gestellt und klare Anordnungen ignoriert. Auf konstruktive Kritik habe die Beamtin vermehrt verärgert oder mit „eingeschnapptem“ Verhalten reagiert und sei dabei schnell respektlos und aufbrausend geworden. Zudem habe die Beamtin eine sehr starke soziale Veranlagung.
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Auch aus dem Verhalten während der übrigen Ausbildung ergäben sich Zweifel an der charakterlichen Eignung der Beamtin. Das Verhalten der Beamtin gegenüber dem Ausbildungspersonal und Vorgesetzten sei wiederholt unpassend und von Respektlosigkeit gekennzeichnet:
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2. Am … September 2020 habe Unterricht bei PHK S. im Fach Kriminalistik stattgefunden. Die Antragstellerin sei mehrmals aufgerufen worden, habe ihre Antworten sehr ausführlich gestaltet und sei danach zweimal nicht aufgerufen worden, da der Ausbilder sonst im Unterricht mit dem Stoff nicht durchgekommen wäre. Nach dem Unterricht habe die Antragstellerin den Lehrer um ein Vieraugengespräch gebeten. Dabei habe sie sich vor dem Lehrer „aufgebaut“ (Hände in die Hüfte gestemmt, breitbeiniger Stand) und in einem „gewöhnungsbedürftigen“ Ton gefragt, weshalb er sie im Unterricht nicht aufrufe, wenn sie sich melde. Dann habe sie die Hoffnung geäußert, dass PHK S. kein „persönliches Problem“ mit ihr habe. Der Ausbilder habe die Art und Weise der Gesprächsführung und die Körpersprache als völlig unpassend empfunden.
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3. Am … September 2020 sei die Antragstellerin im Wachdienst eingeteilt gewesen. Der diensthabende Beamte PHK R. habe die Antragstellerin angewiesen, ihre Mütze aufzusetzen und den Torpfosten für die Einfahrtskontrolle zu besetzen. Die Antragstellerin habe geäußert, sie hätte keine Mütze dabei. Daraufhin habe PHK R. entgegnet, die Beamtin solle solch grundlegende Dinge schon wissen. Daraufhin habe die Antragstellerin sichtlich genervt geantwortet: „Ich dachte, dass jetzt um 6:00 Uhr bereits der Herr S. in der Wache ist und mir noch mal alles erklärt, und nun sind Sie da und sagen zu mir, dass ich alles schon wissen sollte.“ PHK R. habe die Antragstellerin daraufhin erneut aufgefordert, ihre Mütze aus dem Seminar zu holen und umgehend den Torpfosten zu besetzen. Die Antragstellerin habe sich im Nachhinein für den auch nach ihrer Meinung etwas barschen Tonfall entschuldigt.
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4. Vor Beginn einer Unterrichtsstunde im 2. Ausbildungsabschnitt herrschte etwas Unruhe. Daraufhin habe die Antragstellerin den Ausbilder, PHM R., in einem unhöflichen, unangemessenen, vorwurfsvollen, überzogenen, dominanten und forschenden Ton vor der gesamten Klasse gefragt ob sie letztendlich anfangen könnten.
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5. Am ... Oktober 2020 habe die Antragstellerin über Nacht verbotswidrig auf dem Antreteplatz vor dem Seminar geparkt. Der Pkw habe nach Dienstbeginn immer noch dort gestanden. Die Antragstellerin erhielt daraufhin eine erzieherische Maßnahme in Form von einem Monat Parkverbot innerhalb der II. Bereitschaftspolizeiabteilung E. Gegen 7:45 Uhr habe die Antragstellerin sehr laut an die Türe des Ausbildungsbeamten EPHK H. geklopft. Als dieser nicht öffnete, habe die Antragstellerin PHM G. auf dem Gang in ein Gespräch verwickelt. Die Antragstellerin habe äußerst aufgebracht laut und wütend gewirkt. Bei dem Geschrei im Gang habe EPHK H. Äußerungen wie „unverschämt, wie Sie mich anreden und auf dem Gang abgekanzelt vor den anderen, ich finde das absolut respektlos, unverschämt“, gehört. Als das Gespräch zu eskalieren drohte, sei die Antragstellerin wutentbrannt in das Büro von PHK S. und im Anschluss in das Geschäftszimmer gelaufen. Dort habe sie auf Nachfrage von PM-Anw.in M. geäußert, sie müsse sich erst kurz beruhigen. Emotional stark aufgewühlt sei die Antragstellerin im Seminarbüro hin und her gelaufen und habe zu weinen begonnen. Mit ihr werde nicht respektvoll umgegangen. Sie werde von keinem ernst genommen und ihr höre keiner zu. Nachdem PHM G. die Antragstellerin auf ihr Fehlverhalten des Parkens vor dem Seminar hingewiesen habe, habe die Antragstellerin ungläubig den Kopf geschüttelt. Im Anschluss habe die Antragstellerin den an der Windschutzscheibe angebrachten Zettel (Hinweis auf Packverstoß und dass sie sich im Geschäftszimmer melden solle) wutentbrannt zerknüllt und sei weggefahren.
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6. Im Praktikum I der PI C. habe die Antragstellerin in ihrer ersten Schichtstunde einen dienstälteren und erfahreneren Kollegen vorlaut darauf angesprochen, dass dieser keine Schulterklappen tragen würde.
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7. Gegenüber einem anderen Kollegen habe die Antragstellerin geäußert: „Bist du PHM geworden, weil du so gut VMZ (Verwarnung mit Zahlungsaufforderung) und TÜV verteilst?“
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8. Am ersten Tag der Rückkehr aus dem Praktikum habe die Antragstellerin ihren Klassenleiter PHK F. sehr fordern gefragt, wann er Zeit hätte, da sie mit ihm reden müsse. Die Antragstellerin trete nach Auskunft des Klassenleiters immer sehr fordernd und dominant auf und merke dabei nicht, wie sie auf andere wirke.
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9. Am … Mai 2021 habe sich die Antragstellerin während einer Unterrichtsstunde äußerst fordernd gegenüber der Fachlehrerin geäußert: „Können Sie nicht wie andere auch eine Tafelanschrift anfertigen?“
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10. Am … Juni 2021 habe die Antragstellerin gegenüber EPHK H. geäußert, sie fühle sich innerhalb des Seminars als „Untermensch“ behandelt. Diese Aussage habe die Antragstellerin noch während des Gesprächs relativiert.
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11. Am … Juli 2021 sei im polizeilichen Einsatztraining der Klasse ein Kollege der Antragstellerin als Störer eingeteilt worden. Die Antragstellerin habe die Aufgabe zugewiesen bekommen, zu beobachten und positive als auch negative Aspekte der Sachverhaltsaufnahme zu notieren. Hiermit sei die Antragstellerin nicht einverstanden gewesen und habe sehr gereizt und unhöflich reagiert. Erst nach Zurückweisung durch POM M. sei die Antragstellerin der erteilten Aufgabe nachgekommen.
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12. Am … Oktober 2021 habe sich die Antragstellerin uneinsichtig gezeigt und völlig übertrieben die Ausbildungsinhalte des PHM R. infrage gestellt. Sie habe dem Ausbilder vorgeworfen, dieser stelle sie vor der Klasse bloß, verhalte sich ihr gegenüber falsch, habe eine persönliche Abneigung ihr gegenüber, sei nicht kritikfähig und man könne nicht sachlich mit ihm diskutieren.
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13. Am … November 2021, dem Reisetag der Beamten in Ausbildung zum Praktikum II, habe die Antragstellerin die Klassenleiterin gefragt, ob sie auf der Fahrt zur Praktikumsdienststelle anhalten könnten, damit sie sich etwas zu trinken kaufen dürfte. Die Klassenleiterin habe die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sie auf direktem Weg zur Polizeistation fahren müssten, da sie eine geladene Waffe nicht unbeaufsichtigt in ihrem Fahrzeug zurücklassen dürften. Die Antragstellerin habe erwidert, andere Beamte in Ausbildung würden dies aber auch machen. Bereits im Vorfeld sei die Klasse auf das Verhalten bezüglich des Waffentransports hingewiesen worden.
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14. Am … November 2021 im Praktikum II sei der Antragstellerin ausführlich und fallbezogen die Sicherung von Rauschgift und Rauschgiftutensilien vom stellvertretenden Dienstgruppenleiter, PK H. erklärt worden. Die Antragstellerin sei im Laufe der Frühschicht erneut mit einer identischen Fallkonstellation konfrontiert gewesen und habe ihren Praxisbegleiter J. nach der weiteren Vorgehensweise gefragt. PK H., der dies mitbekam, habe daraufhin gefragt, ob sie nicht mehr wisse, was ihr vorhin erklärt worden sei. Daraufhin habe die Antragstellerin geantwortet: „Ich habe jetzt den Kollegen J. gefragt und nicht Dich!“ PK H. sei von der Antwort und der Art und Weise der Antwort kurz perplex gewesen, habe sich dann an ein Gespräch mit dem Dienstgruppenleiter, PHK S. erinnert, in dem der Antragstellerin nahegelegt worden sei, über ihre Wortwahl nachzudenken und wies die Antragstellerin auf ihren Stand als Praktikantin und den eigenen Dienstgrad hin. Die Antragstellerin habe hierauf geantwortet: „Ich bin hier nicht nur Praktikantin. Ich bin auch immer noch [Name der Antragstellerin].“ PK H. habe der Antragstellerin deutlich zu verstehen gegeben, dass er ihr Verhalten so nicht akzeptiere und dass er sich nicht von ihr gegen POK J. ausspielen lassen werde. Daraufhin habe die Antragstellerin wütend das Büro verlassen und im Gang mit aufgebrachter Stimme gerufen: „Der hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.“ Diese Aussage sei von zwei Beamten der Dienststelle im Flur wahrgenommen worden.
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Auch das Verhalten gegenüber Kolleginnen und Kollegen sei unpassend:
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15. Die Antragstellerin sei mit POW B., POW G. und POW K., geduldigen, besonnenen und ruhigen Beamten in Ausbildung, in einer Trainingsgruppe gewesen. Am 15. April 2021 sei es in dieser Trainingsgruppe zu mehreren Meinungsverschiedenheiten gekommen. Die Antragstellerin habe sich gegenüber POW G. und POW K. äußerst provokant verhalten und habe den Kollegen grundlos „machohaftes“ und respektloses Verhalten vorgeworfen.
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16. In der anschließenden Vernehmungsübung habe die Antragstellerin teilweise sehr aggressiv gegenüber ihren Kollegen reagiert und plötzlich das Training abgebrochen. Hierauf angesprochen habe die Kollegin in einer Stellungnahme den Vorfall als „kleine Diskussion“ bezeichnet, dem „ein paar Missverständnisse“ zugrunde gelegen hätten, die untereinander geklärt und gelöst worden seien. Tatsächlich hätten jedoch POW B. und POW K. das Gespräch mit der Klassenleitung gesucht. Hierin habe POW K. erklärt, die Situation mit der Antragstellerin im Team sei extrem schwierig und belastend für alle Teammitglieder. Die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin sei sehr kompliziert, da sie oft sehr sensibel und aggressiv reagieren würde.
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17. Am … Mai 2021 habe die Antragstellerin mit dem eigenen Auto das eines Kollegen auf dem Parkplatz des Ausbildungsseminars eingeparkt. Auf die Bitte des Kollegen, die Antragstellerin solle das Fahrzeug wegfahren, habe die Antragstellerin unangebracht „genervt“ bzw. vorwurfsvoll reagiert und habe den Kollegen 15 Minuten warten lassen. Als die Antragstellerin von der Klassenleiterin auf den Vorfall angesprochen worden sei, hätte sie sich sofort verteidigt und gefragt, welche Kollege sie denn verraten hätte. Sie sei von anderen Kollegen auch schon oft eingeparkt worden.
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18. Am … Juni 2021 habe sich die Antragstellerin beim Fahrsicherheitstraining beim Mittagessen an den Tisch ihrer Trainingsgruppe setzen wollen, an dem bereits drei Kollegen saßen. Als sich ein vierter Beamte an den Tisch setzte, obwohl dieser nicht zu Trainingsgruppe gehörte, habe sie äußerst vorwurfsvoll gegenüber ihrer Gruppe reagiert und sinngemäß gemeint, die Gruppe hätte absichtlich einen anderen Kollegen an den Tisch gebeten, damit sie keinen Platz mehr gehabt hätte. Mehrere Auszubildende hätten zudem gegenüber EPHK H. geäußert, die Antragstellerin sei leicht reizbar und fühle sich häufig persönlich angegriffen oder nicht beachtet. Die Antragstellerin reagiere dann sehr emotional übertrieben.
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19. Am … Juni 2021 habe ein Gespräch zwischen den Beamten in Ausbildung, die der Trainingsgruppe der Antragstellerin angehörten, und EPHK H. und PHK F. stattgefunden, in dem die Trainingskollegen ihre Sicht der Vorgänge geschildert hätten. Im Anschluss zu diesem Gespräch habe POW G. der Antragstellerin mitgeteilt, sie solle zu einem Gespräch mit dem Seminarleiter und PHK F. kommen. Daraufhin sei die Antragstellerin wieder „explodiert“ und habe dem Kollegen lautstark vorgehalten, dass sie seinetwegen zum Seminarleiter müsse. Am selben Tag habe die Antragstellerin sich darüber beschwert, dass POW G. ihr Verhalten beim Seminarlehrer gemeldet hätte. Die Antragstellerin habe zudem ein Streitgespräch mit dem Klassensprecher POW R. begonnen. Diesem habe die Antragsteller Respektlosigkeit vorgeworfen, weil dieser sie während des Gesprächs nicht immer angeschaut hätte.
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20. Dem Kollegen POW K. habe die Antragstellerin Frauenfeindlichkeit vorgeworfen, da dieser sie in einer Einheit des SV-Trainings (Selbstverteidigung) in den „Schwitzkasten“ genommen hatte. Diese Technik sei jedoch eine gängige Technik im Rahmen der SV-Ausbildung. POW K. sei darüber sehr betroffen gewesen und habe den Vorfall dem Klassenleiter gemeldet.
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21. Am … Juli 2021 sei es erneut zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Antragstellerin und POW K. und POW G. gekommen, da diese zu spät zum Antreten gekommen seien. Die Antragstellerin habe ihre Kollegen mehrmals am Antreteplatz auf ihr Fehlverhalten hingewiesen. Anschließend sei die Antragstellerin POW K. auf dessen Zimmer gefolgt und habe ihn zurechtgewiesen, dass er ihr gegenüber so partiell reagiert habe und dass es nicht in Ordnung gewesen sei, wie er mit ihr geredet hätte. Mehrmaligen Bitten des POW K., sein Zimmer zu verlassen, sei die Antragstellerin nicht nachgekommen, sondern habe stattdessen demonstrativ den Weg blockiert. Daraufhin habe POW K. die Antragstellerin mit dem Arm zur Seite geschoben. In einer anschließenden Stellungnahme habe die Antragstellerin behauptet, dass sie zur Seite gestoßen worden sei. Auf Nachfrage durch EPHK H. habe die Antragstellerin den Vorfall dahingehend relativiert, dass das „Stoßen“ ein „eher Schieben“ gewesen sei. In ihrer Stellungnahme habe die Antragstellerin geschrieben, es sei mit POW K. beschlossen worden, dass so etwas nicht wieder vorkomme. Nach Auskunft von POW K. habe kein weiteres Gespräch dahingehend zwischen den Kollegen stattgefunden. Auf Vorhalt durch EPHK H. habe die Antragstellerin erklärt, sie hätte gemeint, jeder hätte für sich beschlossen, dass so etwas nicht wieder vorkomme. Auf den Hinweis der Widersinnigkeit ihrer Argumentation habe die Antragstellerin uneinsichtig reagiert und habe sich missverstanden gefühlt.
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22. Bei einem Einsatz am … Juli 2021 im Klenzepark in Ingolstadt, bei dem es um das Absuchen von Beweismitteln ging, habe es in der Gruppe der Antragstellerin Unstimmigkeiten gegeben, da die Antragstellerin wiederholt Anweisungen an ihre Gruppe gegeben habe, wie die Durchsuchung abzulaufen habe.
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23. Am 20. Juli 2021 sei die Antragstellerin mit klaren Handlungsanweisungen, beispielsweise in Bezug auf zurückhaltende Personen beim Lauftraining, nicht einverstanden gewesen und habe unnötige Diskussionen innerhalb ihrer Klasse hervorgerufen.
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24. Am … Juli 2021 beim Selbstverteidigungstraining sowie im Unterricht habe die Antragstellerin die gesamte Klasse ignoriert, indem sie kein Wort gesprochen und auf Fragen der Mitschüler nicht reagiert habe.
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25. Am … Juli 2021 sei die Antragstellerin von der Klasse 5 in die Klasse 4 umgesetzt worden, um eine Eskalation innerhalb der Klasse 5 zu vermeiden und den Ausbildungsbetrieb nicht weiter zu gefährden.
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Zudem habe die Beamtin während der Ausbildung mehrere Pflichtverstöße begangen:
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26. Am ... September 2020 habe die Antragstellerin ihre Mütze zum Wachdienst vergessen.
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27. Am … April 2021 sei die Antragstellerin zu spät zum Dienst erschienen (7:20 Uhr statt 7:00 Uhr).
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28. Am … April 2021 habe die Antragstellerin keine Gesetze im Unterricht dabei gehabt.
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29. Die Antragstellerin habe pflichtwidrig ihr Mobiltelefon im Aufenthaltsraum der Raumschließanlage mitgeführt, telefoniert und sich über die Lautstärke der Kolleginnen und Kollegen beschwert. Auf das Fehlverhalten (Mitführen des Telefons) angesprochen habe die Antragstellerin gegenüber dem Klassenleiter gesagt, dies würden alle in der Klasse tun.
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Im Rahmen der Anhörung - eine Mitwirkung des Personalrats wurde nicht beantragt - nahm die Antragstellerin zu den einzelnen Vorfällen Stellung. Die Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ im Praktikum II indiziere gerade die Möglichkeit der Wiederholung und stehe im Widerspruch zur festgestellten Nichteignung im Rahmen der Prüfung der Entlassung. Die zur Entlassung vorgetragenen Gründe bezögen sich auf bereits bestandene Ausbildungsabschnitte. Aus diesen könne nicht rückwirkend eine fehlende Eignung abgeleitet werden. Das Gesamturteil „noch nicht geeignet“ erschließe sich vor dem Hintergrund der guten Bewertung durch den Praxisbegleiter nicht. Die Einordnung als respektlos sei rein subjektiv und entzöge sich jeder gerichtlichen Kontrolle. Es sei Aufgabe der Ausbildung, eine Korrektur des Verhaltens der Beamtin zu gewährleisten. Die Vorwürfe seien teilweise unzutreffend oder jedenfalls unzutreffend bewertet worden. Die vorgeworfenen Mängel habe die Antragstellerin nicht verbessern können, da sie coronabedingt nur zwei von fünf Abschnitten im Präsenzunterricht wahrnehmen hätte können. Die Entlassungsentscheidung sei unausgewogen, da positive Aspekte unberücksichtigt geblieben seien. Die Beamtin habe sich bereits seit über zwei Jahren in Ausbildung befunden, sodass der Abbruch der Ausbildung einen nicht vertretbaren Eingriff in das Grundrecht auf freien Zugang zu öffentlichen Ämtern darstelle. Es mache den Eindruck, als hätten sich einer oder zwei bestimmte Ausbilder gezielt auf die Beamtin „eingeschossen“ und Material gegen sie gesammelt. Das Praxisbegleitheft für das Praktikum II führe an, dass die Beamtin in den Bereichen „Fachkompetenz“, „Handlungskompetenz“, „soziale Kompetenz“ sich motiviert und engagiert zeige und dass das Verhalten selbstbewusst und situationsbedingt richtig angepasst gewesen sei. Es sei weiterhin vermerkt, dass sich das soziale Verhalten der Beamtin im zweiten Monat auf ein normales Maß eingependelt und die Mandantin sich im dritten Monat unauffällig weiterentwickelt und am Ende des Praktikums den erforderlichen Standard erreicht habe. Diese formalen Widersprüche zur Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ würden erwartungsgemäß zu einer Rechtswidrigkeit des Entlassungsverwaltungsaktes führen.
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Mit Bescheid vom … Mai 2022 verfügte das Präsidium der ... Bereitschaftspolizei die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des … Juni 2022 und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die Entlassung der Antragstellerin sei gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtSG) geboten, da erhebliche Zweifel an ihrer persönlichen, insbesondere an ihrer fachlichen und charakterlichen Eignung für den Polizeidienst bestünden. Die Antragstellerin habe das Ausbildungsziel des 4. Ausbildungsabschnittes nicht erreicht, da sie im Praktikum II das Prädikat „noch nicht geeignet“ erzielt habe (vgl. Ziffer 6.3 iVm. Ziffer 8 der Allgemeinen Regelungen des Ausbildungsplans für die 2. Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes/Ausbildungsplan). Eine Ausbildungswiederholung sei nicht gewährt worden, da aufgrund der Gesamtschau der Eignung, Befähigung und Leistung der Beamtin nicht zu erwarten sei, dass das Ziel der Ausbildung künftig erreicht werde. Infolgedessen sei aufgrund der begründeten Zweifel an der persönlichen Eignung der Beamtin eine Entlassung von Amts wegen geboten (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG, Ziffer 9.3 des Ausbildungsplans).
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Die der Antragstellerin bereits im Anhörungsverfahren vorgehaltenen Sachverhalte stünden fest aufgrund der glaubhaften Schilderungen der Praktikumsdienststelle und der II. Bereitschaftspolizeiabteilung und könnten auch nicht durch die Einlassungen der Beamtin in Frage gestellt werden. Es gebe keinerlei Anlass, an den Angaben der Beamten PD N. (Leiter der Polizeiinspektion C.), des EPHK H. (Leiter des 26. Ausbildungsseminars), des PHK S. (Klassenleiter 26. Ausbildungsseminar), des PHK R. sowie der Auszubildenden POW B., G. und K. zu zweifeln.
41
In der Gesamtbewertung des beschriebenen Verhaltens bestünden erhebliche begründete Zweifel an der persönlichen Eignung der Probebeamtin für den Polizeivollzugsdienst. Die Beamtin sei bereits während eines relativ kurzen Zeitraums des Praktikums I durch negative Verhaltensweisen aufgefallen. Die Beamtin sei nicht fähig, sich in bestehende Hierarchien einzuordnen. Dabei fehle es der Beamtin nicht nur an erlernbaren Verhaltensweisen, sondern es gehe um das berufliche Selbstverständnis eines Berufswaffenträgers, das die Beamtin auf Probe nicht ausreichend verinnerlicht habe. Die Beamtin habe den Dienstbetrieb durch die ständige Infragestellung von Anweisungen massiv erschwert. Durch die Außerachtlassung von Regelungen zur Eigen- und Fremdsicherung habe sie sich selbst, ihre Kollegen und das polizeiliche Gegenüber in Gefahr gebracht. Obwohl der Beamtin mehrfach in Gesprächen von verschiedenen Seiten die Problematik ihres Verhaltens aufgezeigt worden sei, sei weder eine nachhaltige Verhaltensänderung erkennbar, noch habe die Beamtin Einsicht im Hinblick auf getätigte Fehler gezeigt. Über einen längeren Zeitraum habe sich der Eindruck bestätigt, dass die Beamtin auch in Zukunft die Erwartungen an die persönliche Eignung nicht erfüllen könne. Zudem habe die Beamtin die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verletzt und mehrfach gegen die in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG normierte Weisungspflicht verstoßen.
42
Auch die im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Einlassungen der Beamtin könnten hieran nichts ändern. Die Bewertung des Praktikums II mit „noch nicht geeignet“ stehe nicht im Widerspruch zur negativen Eignungsprognose, da sich die negative Prognose anders als die Gesamtbewertung des Praktikums nicht nur auf die Praktikumszeit, sondern auf eine Gesamtschau des während der gesamten Ausbildung gezeigten Verhaltens stütze. Es seien von verschiedenen Seiten, nicht nur von der Praktikumsdienststelle, Vorfälle und Persönlichkeitseinschätzungen berichtet, die im gebotenen Kontext bewertet worden seien. Die Beamtin habe keines der beiden Praktika erfolgreich abgeschlossen. Alle Auszubildenden hätten sich mit den erschwerten Ausbildungsbedingungen wegen der Corona-Pandemie konfrontiert gesehen. Die negative Prognose werde zudem auf das Leistungs- und Persönlichkeitsbild der Antragstellerin gestützt, das sich seit Beginn der Ausbildung in vielen Bereichen verschlechtert habe. Insbesondere in den Bereichen Fähigkeit zur Selbstreflexion sowie Teamfähigkeit und Kollegialität bewege sie sich in den Bereichen „mangelhaft“. Die Entlassung sei auch verhältnismäßig. Das besondere Vollzugsinteresse überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da bereits jetzt feststehe, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht in Betracht komme.
43
Mit Schriftsatz vom … Juni 2022 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom … Mai 2022 wiederherzustellen. Die angeblichen fachlichen Eignungsmängel beruhten auf rein subjektiven Wahrnehmungen eines Ausbilders, Herrn H. aus dem Praktikum II und bestünden tatsächlich nicht. Der Ausbilder habe in den sozialen Medien gezielt gegen die Beamtin agiert und sich abwertend und diskriminierend geäußert. Da der Bescheid rechtswidrig sei, überwiege nicht das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung. Durch die sofortige Vollziehbarkeit werde der Beamtin eine erfolgreiche Beendigung der Ausbildung unmöglich gemacht und die bisher zu 4/5 absolvierte Ausbildung entwertet. Für die Beendigung der Ausbildung müsse nicht vorausgesetzt sein, dass die Beamtin in den Bayerischen Staatsdienst übernommen werde. Die Beamtin könne auch in einem anderen Bundesland oder in Verwaltungsbehörden tätig sein. Diese Möglichkeit werde der Beamtin in grundrechtswidriger Weise (Zugang zum öffentlichen Dienst, Artikel 33 GG) abgeschnitten. Zudem werde beantragt, den Personalrat zu beteiligen.
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Mit Bescheid vom … Juni 2022, der Antragstellerseite zugegangen am … Juni 2022, hat der Beklagte den Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom … Mai 2022 zurückgewiesen und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Der gegenständliche Chatverlauf zu den angeblichen Abwertungen und diskriminierenden Äußerungen sei nie vorgelegt worden. Die Bewertung im Praktikum II von „noch nicht geeignet“ sei auch vom Praktikumsbegleiter mitunterzeichnet worden. Im Nachgang könne keine Mitwirkung der Personalvertretung mehr erfolgen.
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Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2022 hat die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom … Mai 2022 und den Widerspruchsbescheid vom … Juni 2022 (M 5 K 22.3719) erhoben und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom … Mai 2022 wiederherzustellen.
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Der Antragstellerin müsse der Abschluss der relativ weit fortgeschrittenen Ausbildung ermöglicht werden. Ansonsten würde ihr Anspruch zu anderen öffentlichen Ämtern vereitelt. Die Antragstellerin sei auch bemüht, ihr Verhalten zu ändern und sich mit ihrer Kritik zurückzuhalten. Im Übrigen werde auf die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente verwiesen.
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Das Präsidium der ... Bereitschaftspolizei hat für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 9. August 2022 beantragt,
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und hierbei im Wesentlichen auf die Entlassungsverfügung vom … Mai 2022 und den Widerspruchsbescheid vom … Juni 2022 verwiesen. Die Entlassungsverfügung vom … Mai 2022 sei rechtmäßig.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verweisen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO weist keine formellen Fehler auf. Sie enthält eine schriftliche Begründung, die nicht nur formelhaft ist und den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht. Die Begründung lässt in ausreichendem Maße erkennen, dass das Präsidium eine Einzelfallprüfung vorgenommen und die unterschiedlichen, einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen hat. Insbesondere hat das Präsidium nicht nur einseitig auf die Interessenlage der öffentlichen Hand abgestellt, sondern auch die Interessen der Antragstellerin berücksichtigt.
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2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg. Eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung vom … Mai 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juni 2022 bestehen. Die Klage wird voraussichtlich erfolglos sein.
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Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen zu beurteilen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet - sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht - ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (Schmidt in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 68 ff.; vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 - 19 AS 82 A.2049 - BayVBl 1983, 23).
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a) Das Präsidium der ... Bereitschaftspolizei hat ohne Rechtsfehler die Entlassung auf § 23 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat. Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen, Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG).
57
b) In formeller Hinsicht begegnet die Entlassungsverfügung keinen Bedenken.
58
aa) Der Beamtin auf Probe wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen des Dienstherrn gegeben (Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG). In der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung sind sowohl der Grund (Nichtbewährung in der Probezeit, S. 2 ff., S. 9 ff. des Bescheids) sowie der Zeitpunkt der Entlassung (Ablauf des Juni 2022) benannt (Art. 56 Abs. 3 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG). Da die Entlassungsverfügung der Antragstellerpartei per Empfangsbekenntnis am … Mai 2022 zugestellt wurde, ist die gemäß Art. 56 Abs. 5 Satz 1 BayBG vorgeschriebene Entlassungsfrist von 6 Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres eingehalten.
59
bb) Eine Mitwirkung des Personalrats ist zu Recht unterblieben, da die Antragstellerin auf die Aufforderung im Anhörungsschreiben vom … April 2022, mitzuteilen, ob die Mitwirkung des Personalrats beantragt werde, nicht reagiert, sondern erst im Widerspruchsverfahren die Mitwirkung des Personalrats beantragt hat. Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) wirkt der Personalrat bei der Entlassung eines Beamten auf Probe nur auf Antrag mit. Da vor der Entlassungsentscheidung am … Mai 2022 ein Antrag der Antragstellerin auf Beteiligung des Personalrats nicht gestellt wurde, war der Personalrat nicht zu beteiligen. Die erstmalige Beantragung der Beteiligung des Personalrats im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom … Juni 2022 erfolgte nach Ausspruch der Entlassung und damit verspätet. Für die nachträgliche Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverfahrens war mithin kein Raum mehr (vgl. BVerwG U.v. 23.2.1998 - 2 C 76.86 - BVerwGE 81, 277, juris Rn. 14 ff).
60
c) Auch materiell ist gegen den streitgegenständlichen Bescheid rechtlich nichts zu erinnern. Es unterliegt keinen Rechtsfehlern, dass der Antragsgegner die fehlende Bewährung der Antragstellerin während des Laufs der Probezeit angenommen hat.
61
aa) Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis eines für die Beurteilung zuständigen Organs, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt. Dabei genügen bereits begründete ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen (Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2022, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - ZBR 2002, 184, juris Rn. 15).
62
bb) Die dem Entlassungsbescheid zu Grunde gelegten Vorfälle offenbaren ein Verhalten, das die Zweifel des Antragsgegners an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin für den Beruf des Polizeibeamten und den Ausschluss einer positiven Prognose rechtfertigt.
63
(1) Bei der Beurteilung von Charakter und Persönlichkeit als Eignungskriterien für die Wahrnehmung öffentlicher Ämter geht es vor allem um die Eigenschaften und Verhaltensweisen, die in positiver und negativer Hinsicht für die Dienstleistung sowie für Achtung und Vertrauen in die Person und die Amtsführung des Beamten von Bedeutung sind. Hierzu zählt auch das soziale Verhalten im Dienst gegenüber Kollegen und Bürgern (vgl. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2022, BeamtStG § 23 Rn. 137).
64
Der Antragsgegner verlangt zurecht, dass von Beamten des Polizeivollzugsdienstes der 2. QE im Rahmen der persönlichen und charakterlichen Eignung Kritikfähigkeit, Selbstbeherrschung und Ausgeglichenheit, Kooperationsfähigkeit, respektvolles Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Ausbildern und Kollegen sowie die Bereitschaft zur Befolgung von Anordnungen zu fordern sind. Dies entspricht dem verbindlichen Leitbild, wie es sich aus den grundlegenden beamtenrechtlichen Pflichten eines jeden Beamten und speziell denjenigen des Polizeivollzugsdienstes berechtigterweise ergibt und dessen Einhaltung für den Beamten verbindlich ist. Angesichts der besonderen polizeilichen Aufgaben liegt dies auf der Hand und bedarf keiner weitergehenden Begründung (vgl. ThürOVG, B.v. 1.9.2009 - 2 EO 383/08 - ThürVGRspr 2011, 126, juris Rn. 78; zu Hochschullehrern: BayVGH, B.v. 22.04.2022 - 3 CS 21.3245 - juris Rn. 25).
65
(2) Nach dem Prüfungsmaßstab im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erscheint die Einschätzung des Antragsgegners nicht rechtsfehlerhaft, dass die Antragstellerin diesen Anforderungen nicht gerecht geworden ist. Die Bewertung, dass es der Antragstellerin an der persönlichen bzw. charakterlichen Eignung fehle, liegt innerhalb des dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsspielraums, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (§ 114 Satz 1 VwGO entsprechend). Dieser Spielraum umfasst auch die Anlegung eines strengen Bewertungsmaßstabs bei der Beurteilung der persönlichen bzw. charakterlichen Eignung.
66
(a) Der Dienstherr stützt seine negative Prognose der charakterlichen Eignung auf eine Gesamtbewertung des bisherigen Verhaltens der Antragstellerin während der abgeleisteten laufbahnrechtlichen Probezeit.
67
Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Für die Bewährungsbeurteilung kann der Dienstherr einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen oder aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer bestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und -beobachtungen während der laufbahnrechtlichen Probezeit beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten über Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden oder miteinander verbinden (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.1970 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245, juris Rn. 20; B.v. 14.1.1988 - 2 B 64.87 - Buchholz 232 § 31 BGB Nr. 42, juris Rn. 5; B.v. 4.9.1990 - 2 B 46.90 - juris Rn. 19; ThürOVG, B.v. 13.9.2004 - 2 ZKO 88/03 - ThürVGRspr 2011, 126, juris Rn. 81).
68
(b) Den Mängeln im charakterlichen Verhalten lagen im Falle der Antragstellerin ausreichende tatsächliche Erkenntnisse zugrunde (vgl. BayVGH, B.v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773 - juris Rn. 40; B.v. 15.4.2011 - 3 CS 11.5 - juris Rn. 33). Der Antragsgegner hat sein auf eine Vielzahl von Eindrücken und Sachverhalten gestütztes Gesamturteil im Verfahren hinreichend plausibilisiert (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen: BVerwG, U.v. 27.4.1970 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245, juris Rn. 25). Die Vorgänge sind sowohl in den praktischen Ausbildungsabschnitten des Praktikums I und II durch die Praktikumsdienststelle, als auch in den theoretischen Modulen der Ausbildung in der II. Bereitschaftspolizeiabteilung von verschiedenen Ausbildern, Vorgesetzen und Kollegen in Stellungnahmen und Aktenvermerken verschriftlicht worden. Sie zeichnen aus ihrem alltäglichen Umgang, der Begegnung mit Kollegen und Vorgesetzen und einer Vielzahl von Einzelereignissen ein in sich stimmiges Bild von der Antragstellerin, die das negative Eignungsurteil tragen.
69
Das Gericht hat angesichts der von unterschiedlichen Personen - Vorgesetzten wie Kollegen - detailliert vorgetragenen Darstellungen immer gleichlautender Probleme der Antragstellerin in Sachen Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, respektvollem Verhalten und Selbstbeherrschung keinen Anlass zu zweifeln, dass sie die vom Antragsgegner in der Entlassungsverfügung aufgeführten Vorgänge so zugetragen haben.
70
Der Vorwurf, der Kollege H. habe ein persönliches Problem mit der Antragstellerin, ist nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere ist der angebliche Chatverlauf, in dem sich dieser unverschämt unpassend und diskriminierend gegenüber der Antragstellerin geäußert haben soll, weder im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren, noch im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden. Es ergeben sich für das Gericht auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass die durch den Kollegen H. geschilderten Vorgänge (Vorfälle unter I. 1., I. 14., I. 15.) aufgrund subjektiver Voreingenommenheit gegenüber der Antragstellerin außer Acht zu lassen wären. Die pauschale Behauptung, der Kollege H. habe die Antragstellerin bei einer Essensbestellung bewusst ignoriert und sei schnell beleidigt, wenn man etwas hinterfragte, genügt hierfür nicht.
71
Auch für den schwerwiegenden Vorwurf, es habe eine „Fehlersuche“ stattgefunden und zwei Ausbilder hätten gezielt Material gegen die Antragstellerin „gesammelt“, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
72
Die Antragstellerseite hat die aufgelisteten Vorgänge zu einem Großteil nicht substantiiert bestritten, sondern lediglich anders bewertet. Insoweit die Antragstellerseite Vorgänge abweichend geschildert hat (insb. Vorfälle unter I. 5., I. 12.), hat die Antragstellerin substantiell, zum Beispiel durch die Abgabe schriftlicher Stellungnahmen oder die Nennung von Zeugen, nichts vorgetragen, was ihre Sicht der Dinge bestätigen würde. Einzig der im Praktikum II als Praxisbegleiter J. der Antragstellerin tätige Beamte ist als Zeuge benannt worden. Dass dieser Praxisbegleiter, der das Leistungs- und Eignungsbild aus dem Praktikum II mitgezeichnet und die Bewertung „noch nicht geeignet“ gebilligt hat, nun entgegen seiner Bewertung ein gänzlich anderes Bild von der Antragstellerin zeichnet, steht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
73
Auch unter Außerachtlassung der abweichend geschilderten Vorgänge (insb. Vorfälle unter I. 5., I. 12.) ist das Gesamturteil hinreichend plausibel. Die Antragstellerseite übersieht, dass der Dienstherr im vorliegenden Verfahren maßgeblich nicht auf das Gewicht einzelner Verstöße, sondern auf das in der Summe einer Vielzahl von Vorkommnissen zum Ausdruck kommende Charakterbild abstellt. Nach Ansicht des Gerichts gelingt es der Antragstellerin nicht, die Vorwürfe so maßgeblich zu entkräften, dass das vom Antragsgegner gezeichnete Gesamtbild der Antragstellerin wesentlich verändert werden könnte.
74
(c) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner aus dem dokumentierten Verhalten die charakterliche Nichteignung der Antragstellerin abgeleitet hat.
75
Die Gesamtschau der in der Entlassungsverfügung aufgelisteten einzelnen Vorkommnisse und Verfehlungen rechtfertigt die Beurteilung, dass es der Probebeamtin an der charakterlichen Eignung fehlt. Zwar mögen die einzelnen Vorkommnisse für sich betrachtet eher geringfügig sein. Im Gesamtbild ergibt sich im Kern jedoch der Eindruck, dass es der Antragstellerin an einem hinreichend respektvollen Umgang mit Vorgesetzten, Ausbildern und Kollegen, der für den Polizeiberuf erforderlichen Kritikfähigkeit und Selbstbeherrschung sowie der nötigen Bereitschaft zur Befolgung von Anordnungen fehlt. Es fällt auf, dass die aufgelisteten Auffälligkeiten keine vereinzelten Fehlleistungen waren, sondern in enger zeitlicher Nähe zueinanderstanden. Seit Beginn der Ausbildung ist die Probebeamtin immer wieder mit verschiedenen Verfehlungen auffällig geworden. Trotz ausdrücklicher Hinweise hat die Antragstellerin ihr Verhalten nicht durchgreifend geändert.
76
(aa) Die Mängel in Sachen respektvollem Verhalten gegenüber Vorgesetzen, Ausbildern und Kollegen, Kritikfähigkeit und Selbstbeherrschung hat der Antragsgegner hinreichend anhand konkreter Situationen veranschaulicht (bspw. Vorfälle unter I. 1., I. 2., I. 3., I. 4., I. 6., I. 8., I. 9., I. 10., I. 12., I. 14.), die verdeutlichen, dass sich die Antragstellerin nicht so verhält, wie es von einer Probebeamtin im Polizeivollzugsdienst erwartet werden kann.
77
Dabei sticht nach Ansicht der Kammer der Vorfall vom … November 2021 heraus, der den fehlenden respektvollen Umgang mit Ausbildenden in Verbindung mit mangelnder Kritikfähigkeit und Selbstbeherrschung verdeutlicht. Die dargestellte Reaktion der Probebeamtin auf die Zurechtweisung eines im Dienstgrad höherstehenden Polizeibeamten, PK H., der zeitweise als Vertreter des Praxisbegleiters der Probebeamtin in der Praktikumsdienststelle fungierte, sie solle über ihre Wortwahl nachdenken, ist nicht mehr situationsangemessen. Die Wortwahl, die die Antragstellerin in der Folge gegenüber dem vertretenden Praxisbegleiter PK H. angeschlagen hat, ist nicht hinnehmbar. Die auf dem Gang getätigte - und unbestrittene - Äußerung „der hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank“ ist im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Gespräch der Probebeamtin mit PK H. zu sehen und erkennbar gegen diesen gerichtet. Die beleidigende Wortwahl bringt den fehlenden Respekt gegenüber dem im Dienstgrad höherstehenden Kollegen zum Ausdruck. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Zurechtweisung zu Unrecht oder unsachlich erfolgt wäre. Vielmehr hat der Kollege, der die Probebeamtin zeitweise ausbildete, dieser - als sie den eigentlichen Praxisbegleiter J. zum Vorgehen bei der Sicherung von Rauschgift befragte - vorgehalten, ob sie nicht mehr wisse, was er ihr vorhin zu ebendieser identischen Fallkonstellation erklärt hätte. Daraufhin hat die Antragstellerin geantwortet: „Ich habe den Kollegen J. gefragt und nicht dich.“ Auf diese Reaktion hin erscheint eine Zurechtweisung nicht willkürlich und die beleidigende Äußerung in keiner Weise gerechtfertigt. Letztere widerspricht der einem Beamten obliegenden Pflicht zu ordnungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG).
78
Die genannten charakterlichen Mängel sind mehrfach aufgetreten und mit der Probebeamtin diskutiert worden. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass die genannten Mängel sowohl von Seminar- und Klassenleitern im zweiten und dritten Ausbildungsabschnitt (sie sei bei Kritik durch „unkontrollierte Gefühlsausbrüche“ aufgefallen; der Antragstellerin fehle es oft an Zurückhaltung gegenüber Vorgesetzen; sie könne mit Kritik schwer umgehen und zeige sich im ersten Moment oft uneinsichtig), als auch von den Ausbildern im Leistungs- und Eignungsbild für das Praktikum I und II während der praktischen Ausbildung im Polizeivollzugsdienst durchgängig genannt worden sind (es fehle an einem „gewissen Maß an Zurückhaltung gegenüber anderen Schichtkollegen“; sie verfüge über ein „überzogenes Selbstbewusstsein“; sie besitze einen „schwierigen Charakter“, der „maßgeblich für ihr Fehlverhalten gegenüber Vorgesetzen verantwortlich“ sei; sie schieße über das Ziel hinaus, wenn sie sich „ungerecht behandelt“ fühle; das Verhalten sei mitunter „nicht mehr situationsangemessen“). Die genannten Problemfelder spiegeln sich auch im Persönlichkeitsbild der Antragstellerin wieder, das für den Bereich „Fähigkeit zur Selbstreflexion“ von Beginn an eine nur ausreichende Bewertung und im dritten Ausbildungsabschnitt eine mangelhafte Bewertung enthält.
79
(bb) Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die unzureichende Bereitschaft, Anweisungen zu befolgen, attestiert hat. Diese Wertung wird anhand mehrerer konkreter Situationen beispielhaft verdeutlicht (bspw. Vorfälle unter I. 1. [konkretisiert im Aktenvermerk vom ... Februar 2022 aus dem Praktikum II zu den Vorfällen in der Nachtschicht vom ... auf den … Dezember 2021] und I. 3., I. 11., I. 23.). Auch dieser Kritikpunkt zieht sich wie ein „roter Faden“ durch die in der Akte befindlichen Leistungs-, Eignungs- und Persönlichkeitsbilder sowie die dazugehörigen Vermerke.
80
Beispielhaft ist ein Vorfall während des Praktikums II herauszugreifen, als die Antragstellerin die wiederholt und von mehreren Beamten der Dienstgruppe an sie herangetragene klare Anordnung nicht befolgte, den in einer psychischen Ausnahmesituation befindlichen Beschuldigten in Ruhe zu lassen, damit sich dieser beruhigen kann. Besonders in Situationen, aus denen Gefahren für Beschuldigte und Kollegen des Polizeivollzugsdienstes erwachsen können, kann auch von Beamten auf Probe des Polizeivollzugsdienstes strenger Gehorsam gefordert werden. Ähnliches ergibt sich aus dem Aktenvermerk vom ... Februar 2021, der die Eigenschaft der fehlenden Bereitschaft, Weisungen zu befolgen, konkretisiert. Hierin wird geschildert, dass die Antragstellerin in der Nacht vom ... auf den ... Dezember 2021 trotz mehrfacher Ansage, dass der Fahrer des Dienstfahrzeugs nicht mit dem Funkgerät navigiert und funkt, sondern der Beifahrer, als Fahrerin des Polizeiautos das Funkgerät wiederholt benutzt und dabei die durchgezogene Fahrbahnbegrenzung mit zwei Rädern überfahren hat. In beiden Situationen hat die Antragstellerin gegen die Pflicht zur Befolgung von Anordnungen, sog. Weisungspflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Hierbei handelt es sich um eine Grundpflicht des Beamten, die im öffentlichen Interesse unerlässlich ist (BayVerfGH, E.v. 7.11.1960 - Vf. 33-VI-60 - VerfGHE BY 13, 147).
81
(cc) Auch der Schluss auf das mangelnde kollegiale Verhalten der Antragstellerin ist nicht zu beanstanden. Geschildert wurden zahlreiche Vorfälle mit Teamkollegen und Klassenkameraden, die die fehlende Teamfähigkeit der Antragstellerin verdeutlichen (Vorfälle unter I. 15., I. 16., I. 17., I. 18., I. 19., I. 20., I. 21., I. 22., I. 24.). Die wiederholt festgestellten Mängel stellen keine Kleinigkeit dar und sind trotz wiederholter Gespräche nicht abgestellt worden. Die konfliktbeladene Zusammenarbeit zeigt sich auch in der Versetzung der Probebeamtin in eine andere Klasse, die bezweckte, eine weitere Gefährdung des Ausbildungsbetriebs auszuschließen.
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cc) Die negative Prognose wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Antragstellerin im Praktikum II die Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ erhalten hat. Anders als von der Antragstellerseite vorgetragen steht diese Einordnung nicht im Widerspruch zur festgestellten Nichteignung im Entlassungsbescheid. Denn beide Bewertungen beziehen sich auf unterschiedliche Zeiträume. Das Leistungs- und Eignungsbild des Praktikums vermag lediglich eine Aussage über Leistung und Eignung der Antragstellerin während des dreimonatigen Praktikums zu treffen. Für die Prognose über die Bewährung sind hingegen Umstände, Verhaltensweisen und Leistungen während des gesamten Laufs der abgeleisteten Probezeit einzubeziehen. Dementsprechend ist es gerade sachgerecht, für die Entscheidung über die Bewährung den kompletten Umfang der abgeleisteten Probezeit und damit auch Vorkommnisse aus bestandenen Ausbildungsabschnitten in den Blick zu nehmen. Dass das Praktikum II die Nichteignung nicht uneingeschränkt und abschließend feststellt, schließt eine Entlassung nicht aus, solange sich die vorgebrachten charakterlichen Mängel nicht ausschließlich auf Vorgänge aus dem Praktikum II beziehen. Dies ist nicht der Fall.
83
Soweit die Antragstellerseite vorträgt, der Praxisbegleiter habe im Praktikum II eine gute Bewertung erteilt, die mit der Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ nicht übereinstimme, kann der Einwand nicht durchdringen. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass der Praxisbegleiter der Antragstellerin während des Praktikums II im Leistungs- und Eignungsbild durchaus positiv ausführte, dass sich die Antragstellerin „was die Fach-, Handlungs- und soziale Kompetenz anging“, unauffällig weiterentwickelt und diesbezüglich bis zum Ende des Praktikums den erforderlichen Standard erreicht habe. Dem widerspricht die Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ im Ergebnis jedoch nicht. Denn neben diesen positiven Erfahrungen des Praxisbegleiters enthält das Leistungs- und Eignungsbild des Praktikums II Hinweise auf mehrfach aufgetretene negative Situationen mit anderen Kollegen im Polizeivollzugsdienst, die im Aktenvermerk vom ... Februar 2022 ausführlich geschildert werden. Für die Gewichtung von guten und schlechten Bewertungen zueinander steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vorliegend nicht überschritten worden ist. Dabei ist anzumerken, dass auch der Praxisbegleiter, mit dem die Antragstellerin gut zusammengearbeitet hat, ausdrücklich den zum Teil „schwierigen Charakter“ der Antragstellerin als Ursache für das Fehlverhalten gegenüber Vorgesetzen ermittelt und durch seine Unterschrift auf dem Leistungs- und Eignungsbild die Gesamtbewertung „noch nicht geeignet“ gebilligt hat.
84
Es kann auch nicht eingewendet werden, dass die ins Feld geführten Eignungsmängel allein auf rein subjektiven Wahrnehmungen eines Ausbilders aus dem Praktikum II beruhen würden. Denn zur Begründung der fehlenden Eignung hat der Antragsgegner neben den Eignungs- und Leistungsnachweisen aus dem Praktikum II auch die aus dem Praktikum I und die Beobachtungen von Seminar- und Ausbildungslehrern und Kollegen aus verschiedenen Ausbildungsabschnitten herangezogen. Es ist im Übrigen nicht zu beanstanden, dass zur Beurteilung des Wesens und Charakters der Beamtin auf subjektive Wahrnehmungen von Vorgesetzten oder Kollegen bzw. Kolleginnen zurückgegriffen worden ist; diese Möglichkeit steht der/dem Dienstvorgesetzen nach ständiger Rechtsprechung gerade offen (BVerwG U.v. 27.9.1962 - II C 164.61 - BVerwGE 15, 39, juris Rn. 31; HessVGH 14.7.1982 - I OE 7/81 - Schütz/Maiwald ES/A II 5.1 Nr. 17; BGH, U.v. 10.7.1996 - RiZ (R) 3/95 - DRiZ 1996, 454, juris Rn. 28 ff.; U.v. 29.9.1975 - RiZ (R) 1/75 - DRiZ 1976, 23, juris Rn. 20 f.). Die Wahrnehmung des Verhaltens der Antragstellerin als „respektlos“ durch die Ausbilder ist nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht kann eine solch höchstpersönliche Wertung nicht im vollen Umfang überprüfen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner bei dieser Einschätzung allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben sollte.
85
dd) Auch eine Abmahnung der Antragstellerin hatte vor ihrer Entlassung nicht zu erfolgen. Eine solche wird allenfalls dann für erforderlich erachtet (vgl. BVerfG, B.v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 - BVerfGE 43, 154, juris Rn. 113), wenn die Mängel grundsätzlich behebbar erscheinen, z.B. bei Leistungsmängeln oder bei nicht „selbsterklärenden Pflichten“ (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2014 - 3 ZB 13.2214 - juris Rn. 31). Bei - wie hier - charakterlichen Eignungsmängeln ist mit einer Änderung nicht ernsthaft zu rechnen (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2017 - 3 CS 17.1342 - juris Rn. 20). Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass trotz mehrfach geführter Kritikgespräche, in denen auffällige Charakterzüge diskutiert sowie Hinweise und Ratschläge erteilt wurden, keine nachhaltigen Verhaltensänderung eingetreten ist.
86
ee) Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Präsidium der ... Bereitschaftspolizei der Antragstellerin die Wiederholung des 4. Ausbildungsabschnitts nicht genehmigt hat.
87
Mit Schreiben vom … Februar 2022 hat das Präsidium die Wiederholung des Ausbildungsabschnitts abgelehnt. Eine Ausbildungswiederholung wurde nicht gewährt, da aufgrund der Gesamtschau der Eignung, Befähigung und Leistung der Beamtin nicht zu erwarten gewesen sei, dass die Antragstellerin das Ziel der Ausbildung erreichen werde.
88
(1) In § 26 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS) vom 9. Dezember 2010 ist geregelt, dass die Einstellungsbehörde die Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts genehmigen kann, wenn geforderte Leistungsnachweise nicht erbracht, die gemäß Abs. 2 Satz 4 geforderte Gesamtbewertung nicht nachgewiesen werden oder keine ordnungsgemäße Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen vorliegt. Nach Nr. 8 der „Allgemeinen Regelungen“ des Ausbildungsplans für die zweite Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes in Bayern hat das Ziel des 4. Ausbildungsabschnitts (u.a.) nicht erreicht, wer im Leistungs- und Eignungsbild über das Praktikum II nicht die Gesamtbewertung „gut geeignet“ oder „geeignet“ erbracht hat. Die Antragstellerin hat mit der Bewertung des Praktikums II mit „noch nicht geeignet“ das Ziel des Ausbildungsabschnitts nicht erreicht.
89
Der Entscheidung über die Zulassung oder Nichtzulassung der Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts nach FachV-Pol/VS kommt keine eigenständige Regelungswirkung zu (VGH BW, B.v. 12.7.1996 - 4 S 1860/96 - IÖD 1997, 27, juris Rn. 6; ebenso: BayVGH, B.v. 2.7.2012 - 3 CE 12.1032, juris; VG München, B.v. 23.10.2014 - M 5 E 14.3974 - juris Rn. 20).
90
Nach Nr. 9.2 Abs. 1 des Ausbildungsplans wird die Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts genehmigt, wenn die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines auszubildenden Beamten erwarten lassen, dass er das Ziel der Ausbildung künftig erreichen wird. Das Ermessen in § 26 Abs. 3 Satz 1 FachV-Pol/VS wird mit dieser Vorgabe sachgerecht ausgefüllt. Die Fortsetzung der Ausbildung ist dann sinnvoll, wenn eine günstige Prognose dahingehend gestellt werden kann, dass mit Hilfe der Wiederholung die Ausbildung letztlich erfolgreich abgeschlossen werden wird (BayVGH, B.v. 2.7.2012 - 3 CE 12.1032 - juris Rn. 19; B.v. 24.1.2022 - 3 CS 21.2824 - juris Rn. 8).
91
In diese von der Einstellungsbehörde anzustellende bewertende Prognose, die letztlich auch ein Bewährungsurteil darstellt, sind Art und Gewicht der unzulänglichen Leistungen, der Verlauf der bisherigen Ausbildung sowie persönlichkeitsbezogene Gründe des Versagens auch im Hinblick auf die angestrebte Laufbahn im Polizeivollzugsdienst einzustellen (VG München, B.v. 19.4.2012 - M 5 E 12.1221; B.v. 28.10.2021 - M 5 S 21.5165 - juris Rn. 38).
92
(2) Es hält sich im Rahmen des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraums des Dienstherrn (§ 114 Satz 1 VwGO), dass das Präsidium die Wiederholung des Ausbildungsabschnitts nicht genehmigt hat.
93
Aus dem Entlassungsbescheid, dem Aktenvermerk des Präsidenten vom ... April 2022 und dem der Entscheidung zugrundeliegenden Schreiben des Ausbildungsseminars vom … Februar 2022 geht hervor, dass das Präsidium insoweit eine konkrete Prüfung der Wiederholungsmöglichkeit vorgenommen hat.
94
Das Präsidium hat für die negative Prognose auf die vom 26. Ausbildungsseminar geschilderten Verhaltensauffälligkeiten während der Ausbildung, die Leistungs- und Eignungsbilder der beiden Praktika, in denen die Antragstellerin das Gesamtprädikat „für den Polizeiberuf noch nicht geeignet“ erhalten hat, sowie auf das Persönlichkeitsbild der Beamtin abgestellt. Die hieraus abgeleitete negative Prognose, wonach nicht zu erwarten sei, dass die Antragstellerin das Ziel der Ausbildung künftig auch erreichen werde, ist nicht zu beanstanden.
95
Untermauert wird dieses Bewertung dadurch, dass der Seminarleiter im Schreiben vom … Februar 2022 festgehalten hat, dass die Antragstellerin in den wenigen Monaten ihrer Ausbildung wiederholt und teilweise in engem zeitlichen Zusammenhang mit negativen Verhaltensweisen aufgefallen sei. Trotz entsprechender Ermahnungen sei es zu keiner Veränderung des an den Tag gelegten aggressiven, uneinsichtigen, besserwisserischen Verhaltens gegenüber den anderen Auszubildenden und des Ausbildungspersonals gekommen. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn das Präsidium vor dem Hintergrund der zahlreichen Vorfälle bereits von Beginn der Ausbildung an, die sich trotz Hinweisen und Ermahnungen kaum eingestellt haben, zu der Prognose gelangt, dass sich die Verhaltensweisen auch bei einer Wiederholung des Ausbildungsabschnitts nicht so verbessern würden, dass das erforderliche Maß an Team- und Integrationsfähigkeit sowie ein adäquater Umgang mit Vorgesetzten erreicht werden könnte. Es ist im Übrigen nicht zu beanstanden, von einer Polizeibeamtin in Ausbildung zu erwarten, Pflichtverstöße zu erkennen und bemängelte Verhaltensweisen nach entsprechenden Ermahnungen zu ändern.
96
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Antragstellerin ihr Verhalten wegen der erschwerten Bedingungen anlässlich der Corona-Pandemie nicht habe verbessern können. Denn es sahen sich alle Auszubildenden mit diesen erschwerten Bedingungen konfrontiert. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass eine Verhaltensverbesserung ausschließlich während des Präsenzunterrichts erfolgen kann. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin in den zwei Abschnitten des Präsenzunterrichts ihr Verhalten merklich verändert hätte.
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ff) Schließlich sind auch keine Ermessensfehler ersichtlich. Steht die mangelnde Bewährung eines Beamten auf Probe fest, so besteht für den Antragsgegner auch im Rahmen der „Kann-Regelung“ des § 23 Abs. 3 BeamtStG kein Handlungsermessen mehr, weil nach § 10 BeamtStG (sowie Art. 12 Abs. 5 LlbG) nur der Beamte, der sich in der Probezeit bewährt hat, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden darf. § 10 Satz 1 BeamtStG wirkt sich insofern wie eine absolute Ermessensschranke aus, die bei endgültig feststehender mangelnder Bewährung nur die Entlassung als sachgerecht erscheinen lässt (VG München, B.v. 23.3.2010 - M 5 S 09.5908; B.v. 25.3.2013 - M 5 S 12.6472 - juris Rn. 56). Die Entlassung der Antragstellerin zum Ablauf des … Juni 2022 war deshalb bei summarischer Prüfung nicht nur zulässig, sondern auf Grund der Verpflichtung des Dienstherrn, eine ungeeignete Polizeibeamtin, die sich in der Probezeit nicht bewährt hat, alsbald zu entlassen, auch geboten.
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Dem Einwand der Antragstellerseite, für die Beendigung der Ausbildung müsse nicht vorausgesetzt sein, dass die Antragstellerin in den Bayerischen Staatsdienst übernommen werde und dass dieser die Möglichkeit genommen werde, mit einer abgeschlossenen Polizeiausbildung in einem anderen Bundesland oder in anderen Verwaltungsbehörden tätig zu werden, ändert hieran nichts. Denn die Ausbildung dient ausschließlich dem Einstieg in die zweite Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes im Freistaat Bayern. Hierfür fehlt der Antragstellerin jedoch die charakterliche Eignung. Der Gesetzgeber hat mit den maßgeblichen Vorschriften der §§ 23 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. 10 Satz 1 BeamtStG und Art.12 Abs. 5 LlbG im Hinblick auf die Interessen der Beamten auf Probe abschließende Regelungen getroffen, mit denen die besondere Situation von Beamten auf Probe gewürdigt und deren Interessen daran, möglichst bald Klarheit über ihre berufliche Zukunft zu erhalten, berücksichtigt worden sind. Hat der Normgeber unter Abwägung aller Belange, insbesondere der wohlverstandenen Interessen der Beamten, abstrakt-generelle Regelungen getroffen, dürfen diese aber nicht unter Berufung auf die allgemeine Fürsorgepflicht wieder überspielt und eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Rechtsfolge gefordert werden (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2017 - 2 C 22.16 - IÖD 2017, 110, juris Rn. 22). Wird während der Probezeit eine mangelnde Bewährung des Probebeamten - innerhalb des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn - festgestellt, die nicht behebbar erscheint, so trägt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG der Fürsorgepflicht des Dienstherrn Rechnung, der es in der Regel entspricht, den Beamten auf Probe in diesem Fall alsbald zu entlassen, schon um ihm Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (BVerwG, B.v. 20.11.1989 - 2 B 153.89 - DokBer B 1990, 127, juris Ls. 2 mwN.; BVerwG, B.v. 10.10.1985 - 2 CB 25.84 - Buchholz 237.5 § 52 Nr. 4, juris Rn. 3).
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3. Auch eine isolierte Interessenabwägung des öffentlichen Vollzugsmit dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache fällt zu Ungunsten der Antragstellerin aus. Angesichts der von Beginn ihrer Ausbildung bis zuletzt immer wieder beanstandeten Mängel hinsichtlich respektvollem Verhalten gegenüber Vorgesetzen, Ausbildern und Kolleginnen und Kollegen, Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit und Selbstbeherrschung ist es dem Antragsgegner nicht zuzumuten, die Antragstellerin bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu beschäftigen. Die dargestellten Defizite wiegen so schwer, dass das Interesse der Antragstellerin an einer Fortsetzung ihrer Tätigkeit während des Rechtsbehelfsverfahrens hinter dem öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Entlassung zurücktreten muss.
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4. Die Antragstellerin hat nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, im Ergebnis ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen ([2.469,54 EUR x 12 = 29.634,48 EUR Jahresgrundgehalt + 1.728,67 EUR Jahressonderzahlung] / 4 = 7.840,78 EUR).