Inhalt

VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 20.6296
Titel:

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen außerdienstlicher Untreue

Normenketten:
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1
BeamtStG § 33 Abs. 3 S. 1, § 47 Abs. 1 S. 2
BeamtStG § 34 S. 3 (idF 7.7.2021)
StGB § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 266 Abs. 1, § 267 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die strafrechtliche Verjährung von Handlungen steht einer disziplinarischen Berücksichtigung nicht entgegen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Strafrahmen bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe eröffnet einen disziplinarischen Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Ausschöpfung des Orientierungsrahmens anhand des Schweregehalts des Dienstvergehens wiegen der sehr lange Zeitraum und die erhebliche Vielzahl der Untreuehandlungen sowie ein hoher Schaden schwer. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Milderungsgründe müssen umso gewichtiger sein, je schwerer ein Dienstvergehen wiegt. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Landes) Disziplinarrecht, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen außerdienstl. Untreue, Beamter, außerdienstliches Dienstvergehen, Untreue, Urkundenfälschung, Straftat, Strafrahmen, Verjährung, Disziplinarmaßnahme, Orientierungsrahmen, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Milderungsgründe
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 20.03.2024 – 16a D 22.2572
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31453

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt im Wege der Disziplinarklage die Entfernung des Beklagten als Beamten aus dem Beamtenverhältnis wegen außerdienstlich begangener 103 Untreuehandlungen mit einem Gesamtschaden von fast 200.000 € und damit verbundener Urkundenfälschungen.
2
1. Der am … … 1967 geborene Beklagte, verheiratet und Vater eines 1995 geborenen Sohnes und einer 2008 geborenen Tochter, war nach Diplomstudium zum Diplom-Kaufmann zum 8. Juni 1991 und Tätigkeiten bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft von 1992 bis 1994 und von 1994 bis 1999 bei einer Firma in Ma. im Bereich Controlling von November 1994 bis Ende Juni 2010 Tarifbeschäftigter der Universität der Bundeswehr München als Leiter des Controllings. Zum 1. Juli 2010 wurde er als Tarifbeschäftigter beim Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Bereich Kosten- und Leistungsrechnung, Controlling und Qualitätsmanagement in der Entgeltgruppe E15 angestellt und eingesetzt. Zum 7. September 2011 wurde er sodann unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Oberregierungsrat ernannt und mit Wirkung zum 7. September 2012 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Durch Urkunde vom 23. November 2015 wurde er zum Regierungsdirektor ernannt und dort u.a. im Bereich der Hochschulplanungen und Grundsatzfragen der außeruniversitären Forschung eingesetzt, zuletzt in der Funktion als stellv. Referatsleiter. Mit Wirkung vom 15. November 2019 wurde der Beklagte aufgrund der gegen ihn im Disziplinarverfahren erhobenen Vorwürfe als wissenschaftlicher Referent an das Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung versetzt.
3
Hinsichtlich der Beurteilungen mit 13 bzw. 14 Punkten, einer Leistungsprämie im Jahre 2018 sowie das eingeholte Persönlichkeitsbild vom 26. Juli 2019 wird auf die Ausführungen in der Disziplinarklage verwiesen. In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Beklagte, aktuell wiederum mit 14 Punkten beurteilt worden zu sein.
4
Der Beklagte wurde mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2020 - Az. 842 Ds 321 Js … (2) - wegen Untreue in 49 Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 50,- € verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen ist der Beklagte strafrechtlich und disziplinarisch nicht vorbelastet.
5
Er ist seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge mit ca. 464.000,- € verschuldet. Privatinsolvenz sei im vergangenen November angemeldet worden. Von den Bezügen würden 2.000,- € einbehalten und an die Insolvenzverwalterin zur Schuldentilgung weitergeleitet. Von einer vorläufigen Dienstenthebung hat die Landesanwaltschaft Bayern bislang abgesehen.
6
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten wird auf die Ausführungen in der Disziplinarklage sowie die beigezogene Personalakte Bezug genommen. 7
7
2. Nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) durch die Landesanwaltschaft Bayern als Disziplinarbehörde am 12. Juli 2019 mit Bekanntgabe an den Beklagten gemäß Art. 22 BayDG und Aussetzung des Verfahrens für die Dauer des Strafverfahrens gegen den Beklagten vom 12. August 2019 bis 27. August 2020 gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG wurden die Vorwürfe gegenüber dem Beklagten nach Abschluss des Strafverfahrens konkretisiert und ausgedehnt. Der Beklagte nahm schriftlich am 18. September 2020 Stellung sowie ergänzend im Rahmen einer persönlichen Anhörung am 9. November 2020 auf die abschließende Anhörung vom 9. Oktober 2020 durch die Landesanwaltschaft Bayern hin. Auf die Niederschrift über die Anhörung wird verwiesen.
8
Daraufhin erhob der Kläger durch die Landesanwaltschaft Bayern am 1. Dezember 2020 Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht München mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Disziplinarklage sowie die Ausführungen der Landesanwaltschaft Bayern in der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 Bezug genommen.
9
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
10
Der Beklagte hat beantragt,
auf eine mildere Maßnahme als die beantragte Höchstmaßnahme zu erkennen.
11
Eine Klageerwiderung im schriftlichen Verfahren unterblieb. In der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 hat der Beklagte den ihm zur Last gelegten Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Einlassungen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
12
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2022, sowie die beigezogenen Akten verwiesen. Im Verfahren lagen neben der Disziplinarakte der Landesanwaltschaft Bayern auch die Personalakte der Beklagten sowie die Strafakte 321 Js … vor.

Entscheidungsgründe

13
Auf die Disziplinarklage des Klägers hin wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG erkannt.
14
1. Formelle Mängel des Disziplinarverfahrens sind weder i.S.v. Art. 53 Abs. 1 BayDG geltend gemacht noch von Amts wegen ersichtlich. Insbesondere ist dem Beklagten jeweils Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden, wovon dieser auch Gebrauch gemacht hat.
15
2. Die Landesanwaltschaft Bayern legt dem Beklagten auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2020 (a)) sowie der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 8. April 2020 - 321 Js … - (b)) verbunden mit einzelnen Berücksichtigungen (c)) folgenden Sachverhalt zur Last, der zur Überzeugung des Gerichts feststeht (d)):
a) „Der Verein … … … … … … e.V.“ fördert und unterstützt die Forschung und Lehre an der Universität der … in … Der Angeklagte war ehrenamtlicher Schatzmeister und Mitglied des Vorstandes des Vereins. In dieser Funktion war er mit der Verwaltung und der Verwendung des Vermögens und der Rechnungslegung des Vereins betraut und verwahrte in Ausübung dieser Tätigkeit die Konto- und Buchführungsunterlagen des Vereins. Die weiteren Vorstände und sonstigen Mitglieder des Vereins wurden vom Angeklagten einmal jährlich im Rahmen einer Mitgliederversammlung über die Vereinsfinanzen unterrichtet. Die Tätigkeit des Schatzmeisters war vom Angeklagten entsprechend der Vereinssatzung ehrenamtlich auszuüben, abgesehen von einer Aufwandsentschädigung für die Buchführungstätigkeit in Höhe von monatlich 200,00 Euro.
Unter Überschreitung der ihm im Innenverhältnis eingeräumten Befugnis über das Vermögen des Vereins „… … … … … … e.V.“ zu verfügen, überwies sich der Angeklagte im nicht verjährten Zeitraum Geldbeträge in Höhe von insgesamt 128.650,00 Euro auf das private Postbankkonto IBAN: ... und verbrauchte diese für sich Unter Berücksichtigung einer monatlichen Aufwandsentschädigung für die Jahre 2015 bis 2018 und der Monate Januar bis einschließlich April 2019 in Höhe von insgesamt 10,400,- Euro entstand dem Verein hierdurch ein Vermögensnachteil in Höhe von 118.250,00,- Euro. Der Angeklagte wusste, dass er auf die an ihn überwiesenen bzw. abgehobenen Geldbeträge, abgesehen von der monatlichen Aufwandsentschädigung, keinen Anspruch hatte. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Überweisungen im nicht verjährten Zeitraum:

1

21.10.2014

1000 €

2

25.11.2014

1000 €

3

11.12.2014

5000 €

4

12.12.2014

2000 €

5

13.12.2015

600 €

6

26.02.2015

3000 €

7

16.03.2015

4000 €

8

17.04.2015

3000 €

9

27.05.2015

1150 €

10

01.06.2015

3000 €

11

09.06.2015

4000 €

12

16.06.2015

5000 €

13

26.102015

2000 €

14

27.102015

3000

15

17.11.2015

5000 €

16

04.12.2015

5000

17

23.12.2015

3000

18

15.01.2016

3000

19

14.02.2016

1000

20

08.02.2016

3000

21

23.02.2016

3000

22

07.03.2016

2000

23

17.03.2016

2000

24

24.03.2016

5000

25

29.03.2016

2000

26

30.05.2016

800

27

21.07.2016

700

28

25.07.2016

500 €

29

27.07.2016

500 €

30

03.08.2016

2000 €

31

09.08.2016

500

32

25.01.2017

1200

33

26.012017

1200 €

34

08.02.2017

2000 €

35

23.02.2017

2000 €

36

13.03.2017

1000

37

30.03.2017

5000

38

17.05.2017

4000 €

39

09.01.2018

5000 €

40

10.012018

5000 €

41

12.01.2018

3000 €

42

16.01.2018

3000 €

43

20.06.2018

2300 €

44

11.10.2018

400 €

45

03.01.2019

5000 €

46

04.01.2019

5000 €

47

21.01.2019

5000 €

48

13.02.2019

1500 €

49

08.05.2019

300

128.650,- €

Der Angeklagte handelte in der Absicht, sich durch die Tatbegehung eine Einkommensquelle von einiger Dauer und einiger Erheblichkeit zu verschaffen.
Um den Anschein ordnungsgemäßer Buchführung aufrecht zu erhalten und um die das Vereinsvermögen schädigenden, regelmäßigen Abbuchungen mindestens dreistelliger Geldbeträge auf die privaten Postbankkonten zu verbergen, erstellte der Angeklagte zur Täuschung des Vereinsvorstands, der Vereinsmitglieder und der Rechnungsprüfer jährlich unrichtige Gewinn- und Verlustrechnungen sowie unrichtige Bilanzen. Zuletzt versuchte der Angeklagte den Vereinsvorstand zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor der Anzeigeerstattung durch den Zeugen … B. am 21.05.2019 über die finanzielle Situation des Vereins durch die Vorlage des vom Angeklagten erstellten, unechten Kontoauszugs „Umsatzabfrage Druckansicht von 01.05.2019 bis 10.05.2019“ betreffend des Vereinskontos Nr.: … und der Kopie des unechten Depotauszuges „per 31.12.2018“ betreffend des Depotkontos des Vereins Nr.: … zu täuschen. Beide vom Angeklagten vorgelegte Dokumente tragen augenscheinlich den Briefkopf und das Logo der Stadtsparkasse München.“
16
(Amtsgericht München, U.v. 31.7.2020 - 842 Ds 321 Js … (2))
b) „lm verjährten Zeitraum nahm der Angeschuldigte unter Verletzung der ihm anvertrauten und obliegenden Fürsorgepflichten nachfolgende Überweisungen in Höhe von insgesamt 123.427,51 Euro auf das private Postbankkonto IBAN: ... vor und verbrauchte diese für sich:

Lfd.

Nr.

DB-Nr.

Valutadatum

Jahr

tatsächlicher Geldfluss

Verwendungszweck - Gutschrift auf Postbank DE-56 …

1

58

06.02.2009

2009

1.200,00 €

Buchhaltung 2009

2

106

12.03.2009

2009

1.200,00 €

Buchführungsarbeiten 2009

3

166

09.04.2009

2009

1.200,00 €

Buchhaltung

4

256

15.06.2009

2009

1.500,00 €

Buchhaltung 2009

5

488

18.11.2009

2009

1.200,00 €

Buchhaltung

2009

6.300,00 €

Auszahlungen lt. Geldflussauswertung vor Anwaltsvergleich

6

577

14.01.2010

2010

1.200,00 €

Abrechnung Buchhaltung 2. HJ 2009

7

694

01.04.2010

2010

600,00 €

Pauschale Buchhaltung 1. Quartal 2010

8

725

04.05.2010

2010

2.652,09 €

K. & PARTNERSTEUERBERATUNG

9

795

07.06.2010

2010

600,00 €

Buchhaltung II 2010

10

834

06.07.2010

2010

2.608,90 €

K. PARTNERSTB 2010

11

886

03.08.2010

2010

600,00 €

Buchhaltung 3. Quartal

12

938

10.09.2010

2010

3.000,00 €

Buchführung 2010

13

966

29.09.2010

2010

200,00 €

Monatsvergütung

978

05.10.2010

2010

2.000,00 €

Monatsvergütung

15

1003

19.10.2010

2010

500,00 €

Monatsvergütung

16

1021

29.10.2010

2010

200,00 €

Monatsvergütung

17

1049

16.11.2010

2010

500,00 €

Monatsvergütung

18

1061

24.11.2010

2010

1.000,00 €

Monatsvergütung

19

1070

30.11.2010

2010

200,00 €

Monatsvergütung

20

1133

29.12.2010

2010

200,00 €

Monatsvergütung

2010

16.060,99 €

Auszahlungen lt. Geldflussauswertung vor Anwaltsvergleich

21

1810

30.01.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

22

1881

28.02.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

23

1944

28.03.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

24

2006

30.04.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

25

2056

29.05.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

26

2099

28.06.2012

2012

1.200,00 €

Monatsvergütung

27

2134

06.07.2012

2012

5.000,00 €

FORSCHUNGSPROJEKTDI.

28

2245

28.08.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

29

2246

29.08.2012

2012

3.166,52 €

Buchhaltung und Steuern

30

2294

10.09.2012

2012

1.000,00 €

Buchführung

31

2299

13.09.2012

2012

1.000,00 €

Buchhaltung

32

2309

28.09.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

33

2329

08.10.2012

2012

1.000,00 €

Buchhaltung

34

2337

16.10.2012

2012

1.000,00 €

Buchhaltung

35

2342

19.10.2012

2012

5.000,00 €

ERSTELLUNG STEUERERKLÄRUNG 2005-2011

36

2358

29.10.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

37

2408

20.11.2012

2012

1.500,00 €

BUCHHALTUNGSTEUERBERATUNG

38

2418

28.11.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

39

2465

14.12.2012

2012

1.500,00 €

Steuerberatung

40

2489

28.12.2012

2012

200,00 €

Monatsvergütung

2012

23.366,52 €

Auszahlungen It. Geldflussauswertung vor Anwaltsvergleich

41

2519

16.01.2013

2013

200,00 €

Monatsvergütung

42

2547

04.02.2013

2013

5.000,00 €

Steuererklärung

43

2551

05.02.2013

2013

2.000,00 €

Steuerklärung

44

2561

06.02.2013

2013

1.000,00 €

Erstellung Jahresabschluss

45

2592

18.02.2013

2013

200,00 €

Monatsvergütung

46

2593

18.02.2013

2013

3.000,00 €

Steuerprojekt

2656

08.03.2013

2013

l.000,00 €

Monatsvergütung

48

2685

18.03.2013

2013

1.200,00 €

Monatsvergütung

49

2711

26.03.2013

2013

3.000,00 €

Steuererklärungen

50

2784

16.04.2013

2013

1.500,00 €

Monatsvergütung

51

2802

24.04.2013

2013

1.500,00 €

Steuern

52

2849

13.05.2013

2013

2.000,00 €

Abschluss Nachbuchungen

53

2886

27.05.2013

2013

1.500,00 €

Monatsvergütung

54

2934

12.06.2013

2013

1.000,00 €

Monatsvergütung

55

2979

03.07.2013

2013

800,00 €

Förderung Bestenpreis

56

2989

05.07.2013

2013

2.000,00 €

Steuerabrechnung

57

3002

11.07.2013

2013

500,00 €

Bürosoftware

58

3016

23.07.2013

2013

1.000,00 €

UST LOHNSTEUER

59

3039

02.08.2013

2013

3.000,00 €

FORSCHUNGSPROJEKTD.

60

3090

20.08.2013

2013

1.000,00 €

Steuern

61

3102

27.08.2013

2013

300,00 €

RE DRUCKER

62

3126

04.09.2013

2013

500,00 €

SEPA Beratung

63

3136

12.09.2013

2013

5.000,00 €

FORSCHUNGSPROJEKTD.

64

3142

13.09.2013

2013

1.000,00 €

Forschungsprojektschlusszahlung

65

3193

02.10.2013

2013

1.000,00 €

Steuerberatung

66

3219

08.10.2013

2013

2.000,00 €

SEPA Umstellung

67

3254

24.10.2013

2013

1.000,00 €

Monatsvergütung

68

3289

07.11.2013

2013

1.000,00 €

Bezüge

69

3301

13.11.2013

2013

4.000,00 €

Abwicklung der Prof. Konten

70

3323

22.11.2013

2013

500,00 €

Prof. S.

71

3330

27.11.2013

2013

500,00 €

Monatsvergütung

72

3378

12.12.2013

2013

2.000,00 €

Monatsvergütung

73

3384

13.12.2013

2013

1.000,00 €

Monatsvergütung

74

3412

27.12.2013

2013

1.000,00 €

SEPA

2013

53.200,00 €

Auszahlungen lt. Geldflussauswertung vor Anwaltsvergleich

75

3477

21.01.2014

2014

4.000,00 €

Projekt F.

76

3491

29.01.2014

2014

5.000,00 €

Schlussrate Projekt DA.

77

3532

18.02.2014

2014

1.000,00 €

Monatsvergütung

78

3546

25.02.2014

2014

2.000,00 €

Monatsvergütung

79

3578

05.03.2014

2014

1.000,00 €

Monatsvergütung

80

3617

25.03.2014

2014

1.500,00 €

Monatsvergütung

81

3656

04.04.2014

2014

2.500,00 €

Projekt AN …

82

3671

08.04.2014

2014

2.000,00 €

Projekt O.

83

3691

15.04.2014

2014

2.000,00 €

Projekt AN** 2. Rate

84

3766

19.05.2014

2014

1.000,00 €

Monatsvergütung

85

3801

02.06.2014

2014

1.500,00 €

Re PC

86

4169

21.10.2014

2014

1.000,00 €

Buchführung Steuerberatung

2014

24.500,00 €

Auszahlungen lt. Geldflussrechnung vor Anwaltsvergleich

123.427,51 €

Summe Auszahlungen lt. Geldflussauswertung vor Anwaltsvergleich

17
(Anklageschrift der StA München I v. 8.4.2020 - 321 Js … -)
18
c) „Insgesamt handelt es sich dabei laut Anklageschrift um 66 Tathandlungen, auf die die Vorwürfe im Disziplinarverfahren mit Verfügung der Disziplinarbehörde vom 27.08.2020 ausgedehnt wurden. Soweit die Tathandlungen sich auf eine Monatsvergütung in Höhe von 200,00 Euro beziehen, wurde der Beklagte davon wieder freigestellt, weil ihm diese monatliche Aufwandsentschädigung nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts München vom 31.07.2020 rechtmäßig zustand. Dies trifft auf die unter den fortlaufenden Nummern 21, 22, 23, 24, 25, 28, 32, 36, 38, 40, 41 und 45 der obigen Zusammenstellung zu, so dass dem Beklagten insoweit 54 Tathandlungen anzulasten sind.
19
Die in der Anklage aufgeführte Gesamtsumme von 123.427,51 Euro ist um die vor dem 07.09.2011 veruntreuten Beträge in Höhe von 22.360,99 Euro zu reduzieren und beläuft sich damit auf insgesamt auf 101.066,99 Euro.
20
Zu erwähnen ist, dass der Beklagte laut Anklage im Tatzeitraum Spendenzahlungen in Höhe von 11.550,00 Euro und Bareinzahlungen in Höhe von 5.807,00 Euro auf das Vereinskonto Nr.: 247940 geleistet hat, die schadensmindernd berücksichtigt werden.
21
Im Einzelnen handelt sich um folgende Spendeneinzahlungen:

lfd. Nr.

DBNr.

Valutadatum

Jahr

Tatsächlicher Geldfluss

Spendeneingang von U. lt. Geldfluss Vereinskonto SPK Nr. 247 940

1

1138

28.07.2014

2014

- 300,00 €

U., Spende ZV...2

2

1498

17.05.2016

2016

- 800,00 €

U., Spende zv01002…02

3

1502

07.06.2016

2016

- 200,00 €

U., Spende ZV...2

4

1508

04.07.2016

2016

- 50,00 €

U., Spende zv01002…02

5

1542

27.09.2016

2016

- 400,00 €

U., Spende zv01002…02

6

1560

07.12.2016

2016

- 3.000,00 €

U.,,Spende ZV...2

7

1676

01.08.2017

2017

- 3.500,00 €

U.,, Spende ZV...2

8

1694

13.11.2017

2017

- 300,00 €

U.,, Spende ZV...2

9

1789

05.11.2018

2018

- 3.000,00 €

U.,, Spende U.,

- 11.550,00 €

Spendeneingang lt. Geldflussauswertung Vereinskonto SPK Nr. … vor Anwaltsvergleich

22
Im Einzelnen handelt sich um folgende Bareinzahlungen:

lfd. Nr.

DBNr.

Valutadatum

Jahr

tatsächlicher Geldfluss

Bareinzahlungen lt. Geldfluss Vereinskonto SPK Nr. …

1

1512

13.07.2016

2017

- 657,00 €

Bareinzahlung Vereinskonto SPK Nr. …

2

1700

05.12.2017

2017

- 3.500,00 €

Bareinzahlung Vereinskonto SPK Nr. …

3

1701

06.12.2017

2017

- 500,00 €

Bareinzahlung Vereinskonto SPK Nr. …

4

1777

10.07.2018

2018

- 550,00 €

Bareinzahlung Vereinskonto SPK Nr. …

5

1790

06.11.2018

2018

- 600,00 €

Bareinzahlung Vereinskonto SPK Nr. …

- 5.807,00 €

Bareinzahlungen lt. Geldfluss Vereinskonto SPK Nr. … vor Anwaltsvergleich

23
Bei der Schadensberechnung ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten monatlich eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 200,00 Euro zustand. Für den gesamten im Disziplinarverfahren relevanten Zeitraum von September 2011 bis Mai 2019 (= 93 Monate) beläuft sich dieser Betrag auf insgesamt 18.600,00 Euro.“
24
(Disziplinarklage der Landesanwaltschaft Bayern v. 1.12.2020)
25
d) Der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt steht fest.
26
Die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgericht München vom 31. Juli 2020 - 842 Ds 321 … … (2) - entfalten gemäß Art. 25 Abs. 1 BayDG Bindungswirkung im Disziplinarverfahren. Zudem hat der Beklagte gegenüber dem Strafrichter in der mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2020 ein Geständnis abgelegt.
27
An den tatsächlichen Feststellungen in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München unter Berücksichtigung der dem Beklagten zustehenden Monatsvergütung sowie der geleisteten Spenden- und Einmalzahlungen bestehen ebensowenig Zweifel. Insbesondere ist der Beklagte den Ausführungen nicht entgegengetreten, vielmehr hat sich das Geständnis in der Hauptverhandlung des Strafverfahrens ausdrücklich auf „den Sachverhalt in der Anklageschrift“ bezogen. Auch gegenüber dem Disziplinargericht hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 den ihm zur Last gelegten Sachverhalt vollumfänglich eingestanden. Dabei hat er auch ausgeführt, die genannten Forschungsprojekte habe es in der Form nicht gegeben.
28
3. Der Beklagte hat durch den ihm zur Last gelegten Sachverhalt ein außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen.
29
Wie die Landesanwaltschaft Bayern in der Disziplinarklage zutreffend ausgeführt hat, hat der Beklagte im Zeitraum zwischen dem 7. September 2011, dem Zeitpunkt, seitdem er dem Geltungsbereich des Bayerischen Disziplinargesetzes unterliegt, und dem 8. Mai 2019 103 Untreuehandlungen zu Lasten des Vereins „… … … … … e.V.“ mit einem Gesamtschaden i.H.v. 193,759,52 € begangen.
30
Im strafrechtlich nicht verjährten Bereich hat sich der Beklagte dem Urteil des Amtsgerichts München folgend der Untreue in 49 Fällen in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung in 2 tateinheitlichen Fällen nach §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 267 Abs. 1, 52, 53 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig gemacht und damit auch gegen die beamtenrechtliche Pflicht nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG zur Beachtung der Gesetze verstoßen. Nach der ständigen Rechtsprechung ist bei einer außerdienstlichen Straftat mit einem gesetzlichen Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren von einer - disziplinarischen - Relevanz i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auszugehen. Mit dem beklagtenseitigen Verstoß gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze geht vorliegend auch ein Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. einher.
31
Aufgrund der Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens steht die strafrechtliche Verjährung der Handlungen im Zeitraum vor dem 14. Juni 2014 der disziplinarischen Berücksichtigung nicht entgegen. Auch diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Disziplinarklage Bezug genommen. Das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen umfasst daher - ohne dass es bei der Maßnahmebemessung darauf jedoch ankäme - auch die Verletzung der Pflicht zur Beachtung der Gesetze durch die Untreuehandlungen im strafrechtlich verjährten Zeitraum.
32
Der Beklagte handelte jeweils schuldhaft in Form vorsätzlichen Handelns und ohne Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe.
33
4. Das Dienstvergehen wiegt derart schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG, dass ein endgültiger und vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten eingetreten ist. Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten des Beklagten als Gesichtspunkte der Maßnahmebemessung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG kommt keine andere Maßnahme als die Höchstmaßnahme in Betracht.
34
a) Den Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung bildet die Schwere des Dienstvergehens.
35
(1) Angesichts des - im Strafurteil aufgrund einer zwischen dem Beklagten und dem Geschädigten getroffenen Rückzahlungsvereinbarung verschobenen - Strafrahmens mit bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe ist dabei bereits ein Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet. So entfaltet bei außerdienstlichen Dienstpflichtverletzungen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Strafrahmen durch die gesetzgeberische Wertung zum Unwert des Verhaltens einen Orientierungsrahmen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - juris Rn. 15 ff.).
36
(2) Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt sodann nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, a.a.O. Rn. 17). Dabei verbietet sich ein wie auch immer gearteter Schematismus (BVerwG, a.a.O. m.w.N.).
37
Soweit in der Rechtsprechung zwischenzeitlich indiziell im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auch auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen wurde, bei der schließlich der jeweilige Einzelfall bereits tatrichterlich aus strafrechtlicher Sicht gewürdigt wurde (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 18), folgt dem das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.2019 - 2 C 3/18 - beck-online Rn.34 ff.; B.v. 14.12.2021 - 2 B 43/21 - beck-online Rn. 18). Die vorliegend verhängte Freiheitsstrafe von elf Monaten stünde jedenfalls auch nach der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der disziplinarischen Höchstmaßnahme nicht entgegen.
38
Im Rahmen der gebotenen Einzelfallbetrachtung wiegen der sehr lange Zeitraum und die erhebliche Vielzahl der Untreuehandlungen mit jeweils erforderlichen neuen Handlungsentschlüssen schwer. Es ist ein hoher Schaden mit 193 TSD € entstanden. Dabei hat der Beklagte nicht nur seine Vertrauensposition als Schatzmeister des Vereins ausgenutzt, sondern ein nicht unerhebliches Maß krimineller Energie aufgewendet und dabei erschwerend noch Urkundenfälschungen begangen bzw. Forschungsprojekte zur Verschleierung seiner Vorgehensweise erfunden, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte.
39
Dabei ist herauszustellen, dass angesichts der Umstände des Einzelfalls der eröffnete Orientierungsrahmen schon angesichts der strafrechtlich berücksichtigten Handlungen auszuschöpfen ist und es auf die strafrechtlich verjährten Untreuehandlungen insoweit nicht mehr ankäme. Diese erschweren jedoch das Dienstvergehen nochmals.
40
b) Der erheblichen Schwere des Dienstvergehens stehen keine Milderungsgründe von derartigem Gewicht gegenüber, dass nicht von einem vollständigen Vertrauensverlust ausgegangen und von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.
41
Über die bislang in der Rechtsprechung anerkannten typisierten Milderungsgründe hinaus bedarf es auch hier einer Würdigung der jeweiligen be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls und würde eine allein typisierende Betrachtungsweise zu kurz greifen. Vielmehr dürfen entlastende Gesichtspunkte nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines „anerkannten“ Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen (BVerwG, B.v. 20.12.2013 - 2 B 35.13 - beck-online Ls.1 sowie Rn. 21). Das Bundesverwaltungsgericht führt insoweit aus, die Verwaltungsgerichte müssten bei der Gesamtwürdigung dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten („klassischen“) Milderungsgrundes nicht ausreichen. Auch solche Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens gesetzt werden. Sie dürfen nicht in einer nicht nachvollziehbaren Weise „abgetan“ werden.
42
Nach der Rechtsprechung des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts müssen die Milderungsgründe jedoch umso gewichtiger sein, je schwerer ein Dienstvergehen wiegt (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2018 - 2 WD 10.18 - beck-online Rn. 44 m.w.N.).
43
(1) Zwar spricht zugunsten des Beklagten, dass er seine Taten vollumfänglich eingeräumt und damit auch die Sachverhaltsaufklärung im Strafverfahren und Disziplinarverfahren erheblich erleichtert hat. Eine freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens vor der Tatentdeckung als anerkannter Milderungsgrund lag jedoch - wie die Landesanwaltschaft zutreffend hinsichtlich der Einlassungen des Beklagten ausgeführt hat - nicht vor. Vielmehr hat der Beklagte noch zu Beginn gegenüber seinem Dienstvorgesetzten erklärt, das Ganze werde sich als „großes Missverständnis“ herausstellen.
44
Auch ist der Beklagte bislang strafrechtlich sowie disziplinarisch nicht in Erscheinung getreten. Dies kann ihn jedoch nicht durchgreifend entlasten, sondern stellt eine Selbstverständlichkeit und ein sozial zu erwartenden Verhalten dar.
45
Seine guten Beurteilungen, eine Leistungsprämie und das Persönlichkeitsbild belegen eine zuverlässige und beanstandungsfreie Arbeit. Hierbei handelt es sich jedoch um keine hinreichend gewichtigen Aspekte, die vorliegend einem vollständigen Vertrauensverlust entgegenstehen würden. Eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 12.2.2019 - 2 B 6.19 - beck-online Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09. 3029 - juris Rn. 96). Dabei ist vorliegend zu bemerken, dass der Beklagte sich bereits seit Beginn seiner Beamtenlaufbahn - außerdienstlich - pflichtwidrig verhielt. Zutreffend hat die Landesanwaltschaft darauf hingewiesen, dass die Ernennung zum Beamten diesen nicht von der weiteren Begehung des strafbaren Verhaltens abhielt. Dass die Landesanwaltschaft Bayern bislang von der an sich auch gebotenen vorläufigen Dienstenthebung abgesehen hat, hindert die Annahme eines vollständigen Vertrauensverlustes insoweit nicht (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.2019 - 2 B 6.19 - beck-online Rn. 4).
46
(2) Das Gericht verkennt das Bestreben des Beklagten zur Wiedergutmachung durch die Rückzahlungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem geschädigten Verein nicht. Von einer entsprechenden Realisierung ist er jedoch weit entfernt. Der Beklagte ist mit derart hohen Schulden belastet, dass er - wie in der mündlichen Verhandlung angegeben - Privatinsolvenz beantragt hat. Es bestünden bei insgesamt über 440 TSD € Schulden noch 166 TSD € Schulden gegenüber dem Verein. Insofern kann der Beklagte den allgemein anerkannten Milderungsgrund der Wiedergutmachung des Schadens nicht für sich beanspruchen, ungeachtet des Aspekts einer an sich zur Anerkennung als Milderungsgrund gebotenen Wiedergutmachung vor Aufdeckung der Tat.
47
(3) Zutreffend hat die Landesanwaltschaft Bayern auch das Vorliegen weiterer anerkannter bzw. sonstiger Milderungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen würden, verneint. Auch im Übrigen stehen der erheblichen Schwere des Dienstvergehens keine mildernden Umstände des Einzelfalls hinsichtlich einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entgegen.
48
In seinen Einlassungen im Strafverfahren und im Disziplinarverfahren hat der Beklagte umfangreich persönliche Schicksalsschläge dargestellt. Er hat in der mündlichen Verhandlung herausgestellt, dass er sich nicht habe persönlich bereichern wollen, sondern alles für seine Tochter tat, deren Geburt mehrere Fehlgeburten vorangegangen waren. Damit handelte der Beklagte aber weder aus einer finanziellen Notlage heraus, noch kann angesichts des erheblichen Zeitpunkts von einem persönlichkeitsfremden Augenblicksversagen oder eines Handelns aus psychischer Ausnahmesituation heraus die Rede sein. Der Beklagte handelte letztlich - ausgelöst von vorangegangenen Todesfällen in der Familie und Fehlgeburten -, um es seiner Tochter an nichts fehlen zu lassen und ihr das bestmögliche Leben zu ermöglichen. Dieses Bestreben ist an sich menschlich nachvollziehbar, vermag aber nicht, derart strafbares Verhalten zu begründen oder rechtfertigen. Dabei enthalten die Einlassungen des Beklagten durchaus auch fragwürdige Aspekte, wenn der Beklagte z.B. während der Durchsuchung gegenüber der Polizei im Hinblick auf seine frühere Tätigkeit und dort angefallene Überstunden zur Rechtfertigung seines Verhaltens „I take my share“ äußerte oder Vorwürfe gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber bzw. dem Verein erhob. Ist ihm auch sein geständiges Verhalten grundsätzlich zugute zu halten, findet sich in den umfangreichen Einlassungen im Straf- und Disziplinarverfahren wenig kritische Auseinandersetzung mit dem erheblich kriminellen Verhalten im Vergleich zur ausführlichen Darstellung der persönlichen Schicksalsschläge. Dem beklagtenseits dargestellten Zusammenhang zum strafbaren Verhalten kann das Gericht dabei nur bedingt folgen.
49
Insoweit vermag das Gericht in Übereinstimmung mit dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten, seiner Einlassungen im Verfahren und seines Nachtatverhaltens sowie der Umstände des Einzelfalls kein verbliebenes Restvertrauen in den Beklagten als Beamten auf Lebenszeit mehr festzustellen.
50
5. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wird auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht. Sie ist zweckmäßig, geeignet, erforderlich und auch angemessen. Dabei verkennt das Gericht die erheblichen Folgen der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für den Beklagten und auch für dessen Gläubiger nicht. Zur Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums ist ein Verbleib des Beklagten im Beamtenverhältnis jedoch nicht tragbar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Disziplinarklage Bezug genommen und von einer wiederholenden Darstellung abgesehen.
51
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.