Inhalt

VGH München, Urteil v. 24.01.2022 – 10 B 20.30598
Titel:

Alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern und familiärem Rückhalt im Herkunftsland Nigeria 

Normenketten:
EMRK Art. 3
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Zwar ist nach den vorliegenden Erkenntnissen davon auszugehen, dass die weibliche Genitalverstümmelung in allen bekannten Formen als geschlechtsbezogene Verfolgung nach wie vor in Nigeria verbreitet ist. Der Senat ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens jedoch nicht davon überzeugt, dass den Klägerinnen zu 1 und 5 eine solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Trotz der schlechten wirtschaftliche Situation in Nigeria, wo der größte Teil der Bevölkerung von informellem Handel und Subsistenzwirtschaft abhängig ist, ist davon auszugehen, dass es der volljährigen und erwerbsfähigen Klägerin gelingen wird, durch eine eigene Erwerbstätigkeit, familiären Rückhalt, die Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen sowie Rückkehrhilfen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu sichern. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nigeria, alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern und familiärem Rückhalt im Herkunftsland, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint), unglaubhafter Vortrag zu drohender Genitalverstümmelung, subsidiärer Schutz (verneint), Abschiebungsverbote (verneint), Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint, Erwerbstätigkeit
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 06.12.2019 – M 32 K 19.31707
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 17.05.2022 – 1 B 44.22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 3106

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Kläger, eine 1983 geborene nigerianische Staatsangehörige christlicher Religionszugehörigkeit von der Volksgruppe der Bini/Edo, sowie ihre in den Jahren 2006, 2012, 2014 und 2017 geborenen Kinder, begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzstatus bzw. die Feststellung von Abschiebungsverboten. Sie reisten am 26. Juli 2018 aus Frankreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 22. August 2018 Asylanträge.
2
Die Klägerin zu 1 trug im Rahmen ihrer Anhörung nach § 25 AsylG am 22. August 2018 im Wesentlichen vor, dass sie in Nigeria um ihr Leben gefürchtet habe, nachdem sie sich ihrer Beschneidung verweigert habe. Nach der Tradition ihres Heimatortes sei eine Frau sechs Monate nach der Geburt des ersten Kindes zu beschneiden. Das Kind werde dann eine Woche später beschnitten. Als die Klägerin zu 1 im Jahr 2006 ihr erstes Kind bekommen (Geburtsdatum: 3. September 2006) habe, hätten die Dorfbewohner auch sie beschneiden wollen, sie sei jedoch von ihrer Mutter versteckt worden. Man habe der Mutter der Klägerin zu 1 dann eine Frist von sieben Tagen gesetzt, um sie auszuliefern. Da die Mutter sich geweigert habe, habe man sie zur Ableistung eines Juju-Schwures gezwungen, an dem sie dann verstorben sei. Der Vater der Klägerin zu 1 sowie der Kindsvater hätten beide nichts unternommen, da sie Angst gehabt hätten, sonst umgebracht zu werden. Die Klägerin zu 1 habe Nigeria dann am 10. Oktober 2007 verlassen. Hinsichtlich der Klägerin zu 5 gab die Klägerin zu 1 an, dass deren Vater sie in Spanien habe beschneiden lassen wollen. Aus diesem Grund sei die Klägerin zu 1 mit ihren Kindern vor ihm weggelaufen und habe Spanien verlassen. In Nigeria könne der Vater der Klägerin zu 5 diese jedoch nicht bedrohen. Die Klägerin zu 1 gab an, die Grundschule abgeschlossen zu haben. In Nigeria sei sie von ihren Eltern unterhalten worden und habe kurz als Friseurin gearbeitet. In Spanien habe sie Geld als Reinigungskraft verdient. In Nigeria lebten noch ihr Vater, vier Schwestern, drei Brüder sowie eine Tante.
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In der Folge bemühte sich die Beklagte erfolglos um eine Zuständigkeitserklärung der spanischen Behörden.
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Mit Bescheid vom 25. April 2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Asylanerkennung, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf subsidiären Schutz ab (Nr. 1 bis 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 4), drohte die Abschiebung nach Nigeria an (Nr. 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate (Nr. 6). Die Klägerin zu 1 habe eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Ihre Angaben stünden nicht in Einklang mit den Verhältnissen im Herkunftsland. Zwar sei bei der Volksgruppe der Edo/Bini eine relativ hohe Prävalenz der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) von geschätzten 69 bis 77% festzustellen. Der Vortrag der Klägerin zu 1 stehe jedoch in Widerspruch zu den bestehenden Gepflogenheiten bei der Durchführung der FGM. So finde diese in 82% der Fälle vor dem 4., in 4% zwischen dem 5. und 9., in 5% zwischen dem 10. und 14. und lediglich in 7% der Fälle nach dem 15. Lebensjahr statt. FGM zu dem von der Klägerin zu 1 geschilderten Zeitpunkt sechs Monate nach der ersten Geburt eines Kindes sei als landesuntypisch einzustufen. Zwar könne die von der Klägerin zu 1 beschriebene Praxis zumindest für einzelne Dorfgemeinschaften nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, die Klägerin zu 1 stamme jedoch aus Benin City und somit aus einer Großstadt mit 2,6 Millionen Einwohnern. Außerdem liege die Entscheidung darüber, ob die Beschneidung ihrer Tochter durchgeführt werden soll, üblicherweise bei den Eltern sowie u.U. bei den Großeltern oder der ältesten Verwandten auf der väterlichen Seite. Von der Missachtung der Entscheidung der Eltern durch die Verwandten sei jedoch nur in sehr unüblichen Einzelfällen berichtet worden. Ein Drängen der Gemeinde gegenüber den Eltern, die Beschneidung durchführen zu lassen, bis hin zu deren Bedrohung und Verfolgung, sei somit als äußerst unwahrscheinlich einzustufen. Die gelte umso mehr, als es sich beim Herkunftsort der Klägerin zu 1 auch nicht um eine kleine, in sich stark geschlossene Dorfgemeinschaft, sondern um eine Millionenstadt handele. Eine FGM der Klägerin zu 5 drohe bei einer Rückkehr ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Die Klägerin zu 1 habe angegeben, dass der in Spanien lebende Kindsvater dort die Beschneidung der Klägerin zu 5 durchführen lassen könne. Dass der Kindsvater dies auch in Nigeria bewirken könne, habe sie auf Nachfrage verneint. Da bereits die Klägerin zu 1 nicht beschnitten worden sei, sei zudem auch nicht ersichtlich, dass dies der Klägerin zu 5 von ihrer Familie mütterlicherseits aus bei einer Rückkehr drohen würde. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor.
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Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass eine Abschiebung der Art. 3 EMRK verletze. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass für Rückkehrer in Nigeria die Möglichkeit bestehe, ökonomisch eigenständig zu leben und auch ohne Hilfe Dritter zu überleben. Allein in wenigen besonders gelagerten Ausnahmefällen komme deshalb aufgrund individueller Umstände wegen der schlechten sozialen und wirtschaftlichen Lage in Nigeria für Rückkehrer ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor. Die Klägerin zu 1 sei eine volljährige und erwerbsfähige Frau, die die Grundschule besucht habe und damit über ein für ihr Herkunftsland übliches Bildungsniveau verfüge. Sie sei zudem jung und gesund, weswegen davon auszugehen sei, dass sie selbst mit ihren Kindern eine zumindest existenzsichernde Grundlage in Nigeria erwirtschaften oder vorfinden werde. Bei einer Rückkehr nach Benin City könnten die Kläger zudem auf zu erwartende familiäre Unterstützung verwiesen werden. Die Klägerin zu 1 habe angegeben, dass ihr Vater noch in Benin City lebe. Außerdem habe sie noch vier Schwestern, drei Brüder sowie eine Tante. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern eine ausweglose Lage drohen könnte, lägen nicht vor.
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Hiergegen erhoben die Kläger am 2. Mai 2019 Klage.
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Mit Urteil vom 6. Dezember 2019 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Bescheid der Beklagten bzw. Wiederholung der dort gegebenen Begründung in vollem Umfang ab.
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Die vom Senat wegen eines Verfahrensfehlers (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) mit Beschluss vom 10. März 2020 (10 ZB 20.30188) zugelassene Berufung haben die Kläger mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts drohten der Klägerin 1 und ihrer Tochter, der Klägerin 5, bei einer Rückkehr nach Nigeria mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Genitalverstümmelung. Die weibliche Genitalverstümmelung sei in Nigeria nach wie vor in allen Formen verbreitet. Schätzungen zur Verbreitung der Beschneidungspraxis gingen jedoch weit auseinander und reichten von 19% bis zu 60%. Es werde teilweise von einem Rückgang der Beschneidungspraxis bzw. einem Bewusstseinswandel ausgegangen, dennoch sei die Beschneidungspraxis noch in den Traditionen der nigerianischen Gesellschaft verwurzelt. Angesichts des Umstandes, dass in der Regel nur eine beschnittene Frau als heiratsfähig angesehen werde, seien häufig gerade weibliche Familienmitglieder bemüht, die Beschneidung durchführen zu lassen und mitunter erfolge dies auch gegen den Willen der Eltern. Übereinstimmend werde in der Auskunftsklage davon ausgegangen, dass die weibliche Genitalverstümmelung besonders in ländlichen Gebieten und hierbei insbesondere im Süden bzw. Südwesten und im Norden des Landes üblich sei. Das Beschneidungsalter variiere dabei von kurz nach der Geburt bis zum Erwachsenenalter und sei abhängig von der jeweiligen Ethnie. Ein effektiver Schutz von Frauen und Mädchen müsse bezweifelt werden. Nigeria müsse insbesondere auch als Hochrisikoland eingestuft werden, wenn es um die Einschätzung der Gefährdung für minderjährige, in Deutschland lebende Mädchen mit mindestens einem aus Nigeria stammenden Elternteil gehe. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Verstümmelungen innerhalb aller Bevölkerungsschichten - einschließlich der hochgebildeten und wohlhabenden - verübt würden, weise auf eine hohe konkrete Gefahr hin. Zu Unrecht habe es das Verwaltungsgericht für unwahrscheinlich gehalten, dass den Klägerinnen zu 1 und 5 bei einer Rückkehr nach Nigeria auch heute noch Beschneidung drohen könnte. Aufgrund des zur Zulassung der Berufung führenden offensichtlichen Ladungsmangels habe die Klägerin zu 1 keine Möglichkeit gehabt, an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht teilzunehmen und zum entscheidungserheblichen Sachverhalt Stellung zu beziehen. Es hätte sich dabei herausgestellt, dass sie bei der Anhörung vor dem Bundesamt missverstanden worden sei. Die Beschneidungspraxis gemäß der Tradition ihres Heimatortes sei im Bescheid nicht ganz zutreffend wiedergegeben worden. Als alleinstehende Frau mit derzeit vier eigenen, bei ihr lebenden Kindern könne die Klägerin zu 1 bei einer Rückkehr nach Nigeria vielen Arten von Diskriminierung und asylrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sein. Zudem habe sie so gut wie keine Chance, sich eine wirtschaftliche Grundexistenz zu schaffen, wenn sie sich zur Vermeidung von Gefahren für Leib und/oder Leben in einen anderen, von ihrem Wohnort verschiedenen Landesteil Nigerias begeben müsste. Die Rückkehr in ihre Heimatregion sei unzumutbar, hätten die Dorfbewohner doch seinerzeit die Eltern unter Druck gesetzt, die Klägerin zu 1 für eine Beschneidung auszuliefern.
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Die Kläger beantragen,
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in Abänderung des Urteils des Veraltungsgerichts München vom 6. Dezember 2019 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. April 2019 zu verpflichten, den Kläger die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, bzw. weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Lage in Nigeria infolge der Corona-Pandemie sei auszuführen, dass am 20. Juni 2021 nach der offiziellen Homepage der nigerianischen Behörden keine einzige neue Covid-19-Infektion nachgewiesen oder erfasst worden sei. In Edo State habe es seit Beginn der Erfassung 4910 laborbestätigte Covid-19-Infektionen gegeben. Am 11. Mai 2021 sei die vierte Phase der stufenweisen Freiheitsbeschränkungen in ganz Nigeria in Kraft getreten. Sie sähen unter anderem nach wie vor eine landesweite nächtliche Ausgangssperre von 0:00 Uhr bis 4:00 Uhr und eine Beschränkung von Massenversammlungen auf maximal 50 Personen vor. Die gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie machten sich auch in Benin City bzw. Edo State bemerkbar. Eine im März 2021 veröffentlichte Studie komme zu dem Ergebnis, dass das Gefühl der Dringlichkeit der (erneuten) Auswanderung bei den befragten Personen aus Benin City stärker geworden sei, da sich Einkommen und die wirtschaftliche Situation verschlechtert hätten. Rückkehrhilfen stünden weiterhin, wenn auch teilweise mit Einschränkungen, zur Verfügung. In Benin City sei im Jahr 2018 ein Rückkehr- und Migrationsberatungs-Zentrum von IOM eröffnet worden. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betreibe in Benin City eine Zweigstelle des deutsch-nigerianischen Zentrums für Jobs, Migration und Reintegration. Derzeit sei das Beratungszentrum jedoch geschlossen. Eine Beratung könne nur per Telefon oder E-Mail erfolgen. Überdies stünden auch Schutzeinrichtungen zur Verfügung.
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Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat nichts vorgetragen und keinen Antrag gestellt.
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Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2021 vertiefte der Klägerbevollmächtigte sein Vorbringen. Die geringe Zahl der bestätigten Coronafälle in Nigeria sei auf nur geringe Testkapazitäten zurückzuführen. Zudem ließen sich Personen mit entsprechenden Symptomen aufgrund der allgemeinen Rahmenbedingungen oft nicht testen. Eine im Februar 2021 veröffentlichte Antikörperstudie der nationalen Gesundheitsbehörde Nigerias zeige auf, dass das Virus in Nigeria bereits weit verbreitet sei. Insgesamt sei dem von der nigerianischen Regierung veröffentlichten Datenmaterial wenig zu trauen.
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Mit Beschluss vom 15. Juli 2021 hat der Senat den Klägern für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten gewährt.
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Am 24. Januar 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Mit der Ladung wurde dem Bevollmächtigten der Kläger eine Liste der Erkenntnismittel, auf die sich der Senat stützen werde, übersandt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung und den Akteninhalt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Auch bestehen zugunsten der Kläger keine nationalen Abschiebungsverbote auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 - Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
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Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag auf Grund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
23
Wer bereits Verfolgung erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-)Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (vgl. BVerfG, B.v. 12.2.2008 - 2 BvR 2141/06 - juris Rn. 20).
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Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Kläger eine individuelle Verfolgung nicht glaubhaft machen.
25
Für die Klägerinnen zu 1 und 5 scheidet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer vorgetragenen geschlechtsbezogenen Verfolgung aus. Zwar stellt die geltend gemachte zwangsweise Genitalverstümmelung einen asylerheblichen Eingriff dar, der vom Grundsatz her einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) begründen kann. Der Senat ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens jedoch nicht davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass den Klägerinnen zu 1 und 5 eine solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
26
Dabei geht der Senat nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass die weibliche Genitalverstümmelung in allen bekannten Formen nach wie vor in Nigeria verbreitet ist (vgl. dazu etwa Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria - Lagebericht - vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. II.1.8). Der Anteil der betroffenen Frauen und Mädchen ist dabei rückläufig und lag 2017 noch bei 18,4% (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich - BFA - Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 12.4.2019 Nr. 18.1, S. 38 m.w.N.). Das Beschneidungsalter variiert von kurz nach der Geburt bis zum Erwachsenenalter und ist abhängig von der jeweiligen Ethnie (EASO, Country Guidance: Nigeria, Februar 2019, S. 63). In den meisten Fällen findet der Eingriff in den ersten vier bis fünf Lebensjahren statt, weit weniger häufig bis zum Alter von 15 Jahren, danach nur noch in sehr seltenen Fällen (vgl. die bereits im angegriffenen Bescheid angeführte Darstellung bei Terre de femmes, abrufbar unter https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/weibliche-genitalverstuemmelung/unser-engagement/aktivitaeten/genitalverstuemmelung-in-afrika/fgm-in-afrika/1462-nigeria). In den Fällen einer Genitalverstümmelung nach dem 15. Lebensjahr findet diese vor der Eheschließung, während der ersten Schwangerschaft oder nach dem Tod der Frau statt (EASO, ebd.). Die Entscheidung über die Durchführung der Genitalverstümmelung wird in aller Regel von den Eltern getroffen. Auch wenn andere Familienmitglieder bisweilen versuchen, auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen, wird grundsätzlich keine Gewalt ausgeübt oder angedroht (EASO, ebd.).
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Dies zu Grunde gelegt, ist die Schilderung der Klägerin zu 1, ihr drohe nach einer Rückkehr erstmalig eine Genitalverstümmelung, weil man diese bereits nach der Geburt ihres ersten Kindes zwangsweise durchführen habe wollen, unplausibel, zumal sie aus Benin City - einer Millionenstadt - stammt. Die Schilderung der Klägerin zu 1 zu den angeblichen Vorfällen nach der Geburt ihres ersten Sohnes ist vage und bisweilen widersprüchlich und kann damit nach Überzeugung des Senats nicht den Eindruck eines wahrheitsgemäßen Berichts vermitteln. Bereits im Kern widerspricht das Vorbringen der Klägerin zu 1 ihrem Vorbringen in der Anhörung vor dem Bundesamt. Hatte sie vor dem Bundesamt noch vorgetragen, ihre Mutter habe sie „versteckt“, um sie vor der Genitalverstümmelung zu beschützen, gab sie in der mündlichen Verhandlung an, die Mutter habe sie aufgefordert, zu fliehen, was sie dann getan habe. Anschauliche Details zu diesen einschneidenden Erlebnissen vermochte die Klägerin zu 1 nicht zu berichten. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens geht der Senat daher davon aus, dass der Klägerin zu 1 zu keinem Zeitpunkt eine Genitalverstümmelung drohte und auch eine solche im Falle einer Rückkehr nicht drohen wird.
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Damit ist auch im Falle der Klägerin zu 5 nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Genitalverstümmelung zu rechnen. Die Klägerin zu 1 hat sich noch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gegen eine solche ausgesprochen und würde mit der Klägerin zu 5 bei einer Rückkehr nach Nigeria vom Familienverband mütterlicherseits aufgenommen (dazu sogleich), der schon bei der Klägerin zu 1 keine Genitalverstümmelung vornehmen ließ. Zum Vater des Kindes besteht nach Angaben der Klägerin zu 1 im Verwaltungsverfahren kein solcher Kontakt mehr, dass dieser in Nigeria Einfluss auf eine entsprechende Entscheidung nehmen könnte.
29
Der Vortrag in der Berufungsbegründung, der Klägerin zu 1 drohe als alleinerziehender Mutter in vielfacher Hinsicht asylrelevante Verfolgung, ist vage und unsubstantiiert, zumal die Klägerin zu 1 aus Benin City und damit aus einer Großstadt stammt, wo sie vom Familienverband aufgenommen werden kann und wo im Übrigen alleinlebende Frauen eher akzeptiert werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria - Lagebericht - vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. II.1.8).
30
Für die Kläger zu 2, 3 und 4 wurden bereits keine Gründe vorgetragen, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigen könnten.
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2. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG liegen bei den Klägern nicht vor.
32
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Solche Schäden drohen den Klägern bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht. Insoweit verweist der Senat auf die Begründung des angegriffenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG), zumal hierzu im Klageverfahren nichts vorgetragen wurde.
33
3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen zu Gunsten der Kläger ebenfalls nicht vor.
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a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) liegt nicht vor.
35
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Dies umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kommt in besonderen Ausnahmefällen auch bei „nichtstaatlichen“ Gefahren aufgrund prekärer Lebensbedingungen in Betracht, bei denen ein „verfolgungsmächtiger Akteur“ (§ 3c AsylG) fehlt, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung (hierzu und zum Folgenden BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 - juris Rn. 12 m.w.N.). Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein „Mindestmaß an Schwere“ (minimum level of severity) aufweisen; es kann erreicht sein, wenn er seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält. In seiner jüngeren Rechtsprechung stellt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-297/17 u.a. - Ibrahim - Rn. 89 ff.) darauf ab, ob sich die betroffene Person „unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not“ befindet, „die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre“.
36
Dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Nigeria eine so beschriebene Lage drohen würde, kann der Senat nicht feststellen. Der Senat verkennt dabei nicht die schlechte wirtschaftliche Situation in Nigeria, wo der größte Teil der Bevölkerung von informellem Handel und Subsistenzwirtschaft abhängig ist (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. V.1.). Gleichwohl ist davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1 gelingen wird, durch eine eigene Erwerbstätigkeit, familiären Rückhalt, die Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen sowie Rückkehrhilfen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu sichern. Die Klägerin zu 1 ist volljährig und erwerbsfähig. Ihre Schulbildung erweist sich für nigerianische Verhältnisse als durchschnittlich, sie war bereits in Nigeria, Spanien und Deutschland berufstätig. Auf dieser Grundlage können von der Klägerin zu 1 Bemühungen erwartet werden, auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Überdies halten sich nach der Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) noch mehrere Familienangehörige in Nigeria auf, die die Klägerin zu 1 finanziell und bei der Kinderbetreuung unterstützen können. Bei Ihrer Anhörung vor dem Bundesamt hat die Klägerin zu 1 angegeben, ihr Vater lebe noch in Benin City, Geschwister und weitere Verwandte lebten in anderen Teilen von Nigeria. Die von der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, sie habe von einer Person in Ingolstadt erfahren, dass ihre gesamte Familie tot sei, hält der Senat für unglaubhaft. Die Klägerin zu 1 macht zu diesem für sie einschneidenden Ereignis keinerlei konkrete Angaben. Dass sie nicht wenigstens versucht haben will, hierzu Näheres herauszufinden, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich stehen den Klägern im Falle einer freiwilligen Rückkehr nach Nigeria umfangreiche Rückkehrhilfen und (wenn auch aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkt) Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen vor Ort (zu deren Berücksichtigungsfähigkeit BVerwG, U.v. 7.9.2021 - 1 C 3.21 - juris Leitsatz) zur Verfügung, um die Zeit bis zu einer Integration in den nigerianischen Arbeitsmarkt zu überbrücken. Auf die entsprechende Auflistung durch die Beklagte im Schriftsatz vom 1. Juni 2021 wird insoweit Bezug genommen. Dass die Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt oder zu Unterstützung durch nichtstaatliche Organisationen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in entscheidungserheblicher Weise eingeschränkt wären, vermag der Senat anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht zu erkennen. Auch die Kläger haben hierzu nichts vorgetragen.
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b) Gründe, die ein nationales Abschiebungsverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnten, sind von den Klägern weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch insofern verweist der Senat auf die Gründe des angegriffenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). An dieser Einschätzung ändert auch die fortdauernde Corona-Pandemie nichts. Nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, nur bei einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine derartige allgemeine Entscheidung hinsichtlich des Zielstaats Nigeria i.S.d. § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegt derzeit nicht vor. Eine persönliche Betroffenheit von der Krankheit oder besondere Risikofaktoren im Falle einer Erkrankung gerade in Nigeria haben die Kläger nicht aufgezeigt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert würden.
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4. Die auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken. Die in Anwendung von § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG a.F. verfügte Befristung, die notwendig das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG (i.d.F. des Gesetzes vom 27. Juli 2015, BGBl. I S. 1386) voraussetzt, ist bei einer Gesamtbetrachtung nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 11 AufenthG (Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019, BGBl. I S. 1294) umzudeuten (§ 47 VwVfG) in eine behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots (BVerwG, U.v. 7.9.2021 - 1 C 3.21 - juris Rn. 32).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
40
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
41
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.