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OLG München, Beschluss v. 28.06.2022 – 34 Wx 153/22
Titel:

Grund und Höhe der von einem Verein erhobenen Umlagen

Normenkette:
BGB § 58 Nr. 2
Leitsatz:
Soweit ein Verein von seinen Mitgliedern Umlagen erheben will, müssen sich ihr Grund und ihre Höhe aus der Satzung ergeben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verein, Satzung, Mitgliedsbeitrag, Umlagen, Grund und Höhe
Fundstellen:
BeckRS 2022, 30895
NJW-RR 2023, 116
LSK 2022, 30895
NZG 2023, 117
MittBayNot 2022, 592

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Traunstein - Registergericht - vom 17. März 2022 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Mitgliederversammlung des Beteiligten, eines eingetragenen Vereins, hat am 3.9.2021 einstimmig beschlossen, die Satzung umfassend abzuändern. Mit notarieller Anmeldung vom 12.11.2021 samt Berichtigung vom 21.12.2021 hat der Vorstand die Satzungsänderungen zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet. Die beschlossene Satzung enthält u.a. folgende Bestimmung:
§ 7 Mitgliedsbeitrag
2
I. Der Verein erhebt von den Mitgliedern einen Jahresbeitrag, dessen Höhe jeweils von der Mitgliederversammlung festgelegt wird.
3
II. Der Verein kann von Neumitgliedern eine Aufnahmegebühr erheben und von den volljährigen Mitgliedern jährlich in angemessenem Umfang Arbeitsleistungen bzw. eine angemessene Ersatzgeldleistung verlangen. Über beide Möglichkeiten entscheidet die Mitgliederversammlung. Die zu leistenden Arbeitsstunden jährlich bzw. die Ersatzgeldleistung pro Arbeitsstunde sind in die Berechnung des Mitgliedsbeitrags bzw. in die Höhe der Umlagen mit einzubeziehen.
4
Das Registergericht hat mit Schreiben vom 30.11.2021 und 20.12.2021 beanstandet, dass in der neuen Satzung in § 7 II von Umlagen die Rede sei und bei Umlagen eine Obergrenze entweder in konkreter Höhe oder bestimmbarer Höhe festzulegen sei. Insoweit sei die Satzung zu ergänzen (neuerliche Abstimmung der Mitgliederversammlung samt Vorlage des Protokolls und eines neuen Satzungsexemplars). Mit Schreiben vom 17.3.2022 hat es unter Verweis auf die genannten Schreiben die Zurückweisung der Anmeldung angedroht, sofern binnen zwei Monaten die mitgeteilten Vollzugshindernisse nicht behoben werden.
5
Der Beteiligte ist durch Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 5.12.2021 und 18.1.2022 der Auffassung des Registergerichts entgegengetreten und hat mit Schreiben vom 28.3.2022 Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 17.3.2022 eingelegt. Er ist der Ansicht, eine Höchstgrenze der Umlage ergebe sich aus der Satzung, da es sich um einen Ersatz für nicht durchgeführte, angemessene Arbeitsleistungen handle.
6
Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
7
Die gemäß § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG statthafte und gemäß §§ 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 3 Satz 1, 64 FamFG auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
8
1. Der Beteiligte begehrt die Eintragung einer Satzungsänderung in das Vereinsregister. Für die Anmeldung einer Satzungsänderung und das Eintragungsverfahren gelten die gleichen Regeln wie bei der Ersteintragung (§§ 71 Abs. 2, 60, 64, 66 Abs. 2 BGB). Die Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Registergericht erstreckt sich daher, soweit der Inhalt der Satzung betroffen ist, auf die Prüfung, ob die Änderung den in §§ 57, 58 BGB aufgestellten Erfordernissen entspricht (BayObLG NJW-RR 2001, 326; BeckOGK/Geißler Stand: 1.3.2022 BGB § 71 Rn. 22). Auch die Verletzung von Sollvorschriften des § 58 BGB oder das Fehlen von dort vorgeschriebenen Bestimmungen führt entweder zur Zurückweisung der Anmeldung oder bei behebbaren Mängeln zum Erlaß einer Zwischenverfügung (BayObLG NJW-RR 1992, 802; Grüneberg/Ellenberger BGB 81. Aufl. Vorb. § 55 Rn. 2; Sauter/Schweyer/Waldner Eingetragener Verein 21. Aufl. Rn. 141).
9
2. Zutreffend hat das Registergericht beanstandet, dass § 7 II der Satzung nicht mit § 58 Nr. 2 BGB zu vereinbaren ist.
10
a) Nach dieser Vorschrift soll die Satzung Bestimmungen darüber enthalten, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind. Unter Beiträgen sind alle mitgliedschaftlichen Pflichten zur Förderung des Vereinszwecks zu verstehen, die ein Mitglied zu erfüllen hat. Sie bestehen meist in Geldzahlungen, können aber auch in Sachleistungen oder in der Leistung von Diensten bestehen (Sauter/Schweyer/Waldner Rn. 117). Die Beitragshöhe muss sich nicht aus der Satzung ergeben, sondern kann durch Mitgliederbeschluss oder Entscheidung eines anderen in der Satzung bestimmten Organs festgesetzt werden (Staudinger/Schwennicke BGB Neubearb. 2019 § 38 Rn. 40). Umlagen dagegen sind zur Deckung eines Finanzbedarfs des Vereins, der aus regulären Mitgliedsbeiträgen nicht erfüllt werden kann, erhobene zusätzliche Beiträge der Mitglieder. Ihr Grund und ihre Höhe müssen sich nach § 58 Nr. 2 BGB ebenfalls aus der Satzung ergeben, wobei für Umlagen (anders als für reguläre Beiträge) sich die Höhe (ggfls. in Form einer Obergrenze) aus der Satzung ergeben muss, damit ein Mitglied die mit dem Beitritt verbundenen Lasten überschauen kann und diese sich in einem zumutbaren Rahmen halten (BGH NZG 2008, 38; Staudinger/Schwennicke § 38 Rn. 43; Stöber/Otto Handbuch zum Vereinsrecht 12. Aufl. Rn. 411).
11
b) Diesen Maßstäben wird § 7 II Satz 3 der beschlossenen Satzung nicht gerecht. § 7 I sowie § 7 II Satz 1 und 2 sind insoweit nach den obigen Ausführungen nicht zu beanstanden. § 7 II Satz 3 regelt allerdings die Einbeziehung von Arbeitsstunden bzw. Ersatzgeldleistungen nicht nur in die Berechnung des Mitgliedsbeitrags, sondern auch „in die Höhe der Umlagen“. Es wird damit vorausgesetzt, dass der Beteiligte nicht nur Mitgliedsbeiträge, sondern auch Umlagen erheben kann, ohne dass diesbezüglich eine Höhe oder Begrenzung festgelegt wäre. Entgegen der Ansicht des Beteiligten kann die Bestimmung auch nicht dahingehend verstanden werden, dass es sich bei dem Begriff „Umlagen“ um die in § 7 II Satz 1 genannten Ersatzgeldleistungen handelt, da gerade diese Ersatzgeldleistungen auch auf die Höhe etwaiger Umlagen angerechnet werden sollen. Zutreffend weist der Beteiligte zwar darauf hin, dass eine weitere Konkretisierung oder eine Obergrenze für die in der Satzung angegebenen angemessenen Arbeitsleistungen nicht erforderlich ist, ebensowenig dementsprechend für etwaige Ersatzgeldleistungen. Eine Übertragung der konkreten Festlegung diesbezüglich auf die Mitgliederversammlung ist nicht zu beanstanden. Damit wird dem praktischen Bedürfnis Rechnung getragen, die laufenden Beitragsleistungen z.B. an die Preisentwicklung anzupassen, ohne durch jede Anpassung Registerkosten für eine Satzungsänderung zu verursachen (Staudinger/Schwennicke § 38 Rn. 40). Vorliegend wird aber eine Einbeziehung dieser Leistungen in die Höhe nicht näher definierter Umlagen angeordnet. Welchem Zweck diese Umlagen dienen sollen bleibt ebenso offen wie deren sonstige Berechnung und deren Höhe. Damit ist für das einzelne Mitglied nicht mehr nachvollziehbar, welche Leistungen neben dem Mitgliedsbeitrag und angemessenen Arbeitsleistungen (bzw. Ersatzgeldleistungen hierfür) von ihm beansprucht werden können.
III.
12
Der Beschwerdeführer trägt kraft Gesetzes die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 22 Abs. 1 GNotKG. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
13
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.