Titel:
Sonderkündigung eines Fernwärmelieferungsvertrages wegen des Einsatzes erneuerbarer Energien: Anforderungen an den Nachweis der Umstellung; Luft-Wärme-Pumpe als erneuerbare Energie
Normenkette:
AVBFernwärmeV § 3 Abs. 2
Leitsatz:
§ 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV ist auch anwendbar auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novellierung bestehende Vertragsverhältnisse. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Orientierungsätze:
Das Sonderkündigungsrecht nach § 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV setzt nicht voraus, dass der Wärmekunde nachweisen muss, dass er auch tatsächlich erneuerbare Energien für die Wärmeerzeugung einsetzt, allein der Wille zum Einsatz von regenerativen Energien muss vorhanden sein. Dafür reicht das konkrete und detaillierte Angebot eines Heizungsbauers aus (Rn. 28).
Die Luft-Wärme-Pumpe stellt eine erneuerbare Energie im Sinne des § 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV dar (Rn. 29).
Schlagworte:
Fernwärmelieferungsvertrag, Fernwärmeversorgungsvertrag, Sonderkündigungsrecht, Einsatz erneuerbarer Energien, Luft-Wärme-Pumpen-Technik, aerothermische Energie
Fundstelle:
BeckRS 2022, 30535
Tenor
1. Der Feststellungsantrag aus der Klageerweiterung vom 08.04.2022 wird abgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Forderungen aus Wärmelieferung (siehe Klage vom 01.12.2021) und über die Wirksamkeit der Kündigung eines Nahwärmelieferungsvertrages, welche Gegenstand dieses Teilurteils ist (Feststellungsklage erhoben am 08.04.2022 im Rahmen einer Klageerweiterung).
2
Die Klägerin versorgt das Grundstück…, über das Nahwärmenetz mit Wärme.
3
Ursprünglicher Eigentümer des Grundstücks war Die Eltern des Beklagten erwarben das Grundstück am und sind seitdem Eigentümer. Der Beklagte ist Mieter des Hauses auf diesem Grundstück.
4
Der Beklagte bezog Nahwärme über das Verteilungsnetz des Klägers seit
5
Mit Schreiben vom 25.03.2022 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis mit der Klägerin zum 31.05.2022.
6
Auch die Eltern des Beklagten kündigten ihr bestehendes Vertragsverhältnis mit der Klägerin, ebenfalls mit Schreiben vom 25.03.2022, ordentlich zum 31.05.2022.
7
Die Kündigungen wurden jeweils damit begründet, dass die Wärmeenergieversorgung des Hauses vollständig auf erneuerbare Energien mittels einer Luft-Wärme-PumpenTechnik umgestellt wird. Ein Angebot des Heizungsbauers vom 01.03.2022 für den Einbau einer Luft-Wärme-Pumpen-Technik in das Haus wurde der Kündigung beigelegt. Zum Betrieb solle Ökostrom benutzt werden.
8
Die Klägerin meint, die ordentliche Kündigung des Klägers vom 25.03.2022 sei unwirksam.
9
§ 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV sei nicht anwendbar, weil diese Norm nur Vertragsabschlüsse betreffe könne, welche nach Inkrafttreten der Novellierung der AVBFernwärmeV geschlossen worden seien, nicht aber das hier verfahrensgegenständliche Vertragsverhältnis.
10
Sie meint, dass nach § 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV zudem eine Kündigung nur unter den Voraussetzungen erklärt werden könne, dass die Wärmeversorgung im Hinblick auf die Umsetzung des Art. 24 II der EU-Erneuerbaren-Energierichtlinie und mit Blick auf den Willen des Gesetzgebers durch Eigenversorgung des Kunden mit Wärme aus rein erneuerbaren Quellen erfolgen werde. Bei einer Luft-Wärme-Pumpe müsse Strom aus dem allgemeinen Stromnetz genutzt werden, um Wärme zu produzieren, sodass es sich dabei nicht um eine Eigenproduktion handele. Selbst wenn die Luft-Wärme-Pumpen-Technik mit Ökostrom betrieben werden sollte, handele es sich immer noch um „Graustrom“, da innerhalb von Europa nur ein Stromnetz existiere, über welches Strom aus den unterschiedlichsten Erzeugungsarten nach Einspeisung verteilt werde.
11
Die Klägerin ist der Meinung, dass die Kündigung auch deshalb unwirksam sei, da der Beklagte nicht zur Kündigung berechtigt sei. Die Kündigung könne nur derjenige aussprechen, der auch Vertragspartner sei.
12
Darüber hinaus behauptet die Klägerin, der Primärenergieeffizienzwert einer Luft-Wärme-Pumpe sei deutlich höher als der einer Nahwärmeversorgung, sodass die Pumpe energetisch schlechter stünde.
13
Die Klägerin beantragt (neben den Klageforderungen vom 01.12.2021, über die dann im Schlussurteil entschieden wird),
14
festzustellen, dass der Nahwärmeliefervertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten, das Gebäude auf dem Anwesen… betreffend, nicht durch ordentliche Kündigung vom 25.03.2022 zum 31.05.2022 beendet worden ist.
15
Der Beklagte beantragt diesbezüglich Klageabweisung.
16
Der Beklagte behauptet, die Kündigung vom 25.03.2022 sei wirksam, da die Wärmepumpe als erneuerbare Energie gelte, weil sie je nach Energiequelle bis zu 80 Prozent Energie aus der Umwelt verwerte. Die Luft-Wärme-Pumpe sei deshalb 100 Prozent klimaneutral, wenn der benötigte Strom ebenfalls aus erneuerbaren Energien erzeugt werden würde. Werde der Strombedarf der Luft-Wärme-Pumpe also durch Ökostrom gedeckt, liege insoweit eine Umstellung auf erneuerbare Energien vor. Da es in Deutschland nur ein Stromnetz gebe, sei für die Versorgung mittels erneuerbarer Energien entscheidend, dass der Strombezug entweder aus eigens erzeugtem Strom durch beispielsweise Photovoltaik oder durch Ökostrom erfolge. Der Beklagte habe bereits die Installation einer Photovoltaikanlage geplant, allerdings sei die Realisierung in kurzer Zeit handwerkerseits nicht möglich, sodass die Luft-Wärme-Pumpe vorübergehend mit Ökostrom betrieben werden müsse.
17
Hinsichtlich des beiderseitigen Parteivorbringens im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.05.2022.
Entscheidungsgründe
18
Der Erlass eines Teilurteils gem. § 301 ZPO ist zulässig. Die Feststellungsklage ist von der Entscheidung über den Rest der geltend gemachten prozessualen Ansprüche, bezüglich Zahlungsansprüche aus einem Vertragsverhältnis, unabhängig, sodass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht besteht.
19
Die Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
20
Denn die Kündigung vom 25.03.2022 war wirksam und ist somit der Nahwärmelieferungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten hinsichtlich bezüglich des Hauses in der…, ist zum 31.05.2022 beendet worden.
21
Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand ein Wärmelieferungsvertrag. Dieser wurde konkludent durch die Entnahme von Wärme aus dem Verteilungsnetz der Klägerin gem. § 2 II AVBFernwärmeV geschlossen. Zwar soll gem. § 2 I 1 AVBFernwärmeV der Vertrag über die Fernwärmeversorgung schriftlich geschlossen werden, allerdings handelt es sich dabei nicht um eine konstitutive Voraussetzung des Versorgungsvertragsschlusses. Liegt also wie im vorliegenden Fall kein schriftlicher Vertrag vor, so kommt gem. § 2 II AVBFernwärmeV ein Vertrag dadurch zustande, dass Fernwärme aus dem Verteilernetz des Fernwärmeversorgungsunternehmens entnommen wird.
22
Dies gilt auch im vorliegenden Drei-Personen-Verhältnis. Der Beklagte als Mieter entnahm die Wärme für das Beheizen des vom Eigentümer angemieteten Hauses, ohne vorher einen schriftlichen Vertrag mit dem Fernwärmeversorgungsunternehmen geschlossen zu haben, sodass grundsätzlich zwei unterschiedliche Konstellationen möglich erscheinen. Zum einen könnte es sich um eine Lieferung des Fernwärmeversorgungsunternehmens an den Mieter handeln, zum anderen kommt auch die Erfüllung einer mietvertraglichen Pflicht zwischen Vermieter und Mieter in Betracht, also zunächst eine Lieferung an den Eigentümer/Vermieter, der die Wärme dem Mieter zur Verfügung zu stellen hat. Zur Einordnung bedarf es einer Einzelfallbetrachtung unter Zugrundelegung der vorhandenen Vertragsverhältnisse. Die Klägerin hat mit der Fa… einen Nahwärmelieferungsvertrag am 24.05.2016 geschlossen (Anlage K1). Die jetzigen Eigentümer des Grundstücks erwarben dieses von der Fa mit notariellem Kaufvertrag vom … (Anlage B1), sodass sie gem. § 12 II der allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin in den Vertrag eingetreten sind. Dabei regeln die dem Vertrag zugrundeliegenden allgemeinen Versorgungsbedingungen Rechte und Pflichten beider Parteien, wobei dem Gericht insoweit keine Einigung über die Höhe der Heizlast bekannt ist. Zwischen den Eigentümern und dem Beklagten besteht ein Mietvertragsverhältnis, dessen Inhalt dem Gericht nicht bekannt ist.
23
Im vorliegenden Fall sprechen mehrere Gründe dafür, dass zwischen den Parteien ein Nahwärmelieferungsvertrag besteht. Zwar mögen die Eltern des Beklagten als Eigentümer grundsätzlich in das Vertragsverhältnis des Voreigentümers eingetreten sein; hier mangelt es jedoch noch an einer - für die Abrechnung der Leistungen erheblichen - Einigung über die Heizlast und damit über den Grundpreis. Es handelt sich daher eher um einen Rahmenvertrag. Außerdem verklagt hier die Klägerin selbst den Beklagten auf Bezahlung als denjenigen, der die Wärme gezogen hat, sodass die Klägerin selbst von einem Vertragsverhältnis ausgeht, das dieser dann auch kündigen dürfen muss. Zudem ist es üblich, dass Mieter eines Hauses selbst einen Vertrag über die Wärmeversorgung schließen und diese nicht über die sonstigen Betriebskosten abgerechnet wird. Aus diesen Gründen besteht keine Sperrwirkung des zwischen den Eigentümern und der Klägerin bestehenden Vertrages (IR 2009, 82, beckonline). Indem der Beklagte Nahwärme über das Verteilungsnetz der Klägerin seit 03.10.2018 bezog, wurde konkludent ein Nahwärmelieferungsvertrag geschlossen. Dadurch wurden die allgemeinen Versorgungsbedingungen der Klägerin Vertragsbestandteil gem. §§ 2 III, 1 AVBFernwärmeV, da ein Vertrag durch die Entnahme grundsätzlich zu denselben Vertragsbedingungen zustande kommen muss, wie ein schriftlich geschlossener Vertrag. Grund dafür ist, dass ansonsten jeder Fernwärmeabnehmer durch Kündigung des ausdrücklich geschlossenen Vertrages einen neuen Vertrag durch faktische Entnahme begründen und sich so den vertraglichen Vereinbarungen entziehen und trotzdem Wärme geliefert bekommen könnte (IR 2009, 82, beckonline).
24
Die Feststellungsklage wäre im Übrigen auch abzuweisen gewesen, wenn gar kein Nahwärmeliefervertrag bestünde, denn die beantragte Feststellung soll ja auch das Bestehen dieses Vertragsverhältnisses zum Inhalt haben.
25
Darüber hinaus sind die Eltern des Beklagten mit der Kündigung einverstanden gewesen, was sich daraus ergibt, dass diese selbst ihren Vertrag gleichermaßen gekündigt haben.
26
Mit ordentlicher Kündigung des Beklagten gegenüber der Klägerin vom 25.03.2022 zum 31.05.2022 ist das Vertragsverhältnis beendet worden.
27
Das Kündigungsrecht des Beklagten ergibt sich vorliegend nicht aus den allgemeinen Versorgungsbedingungen selbst, sondern aus § 3 II AVBFernwärmeV. Gem. § 3 II AVBFernwärmeV kann der Kunde eine Kündigung des Versorgungsvertrages mit zweimonatiger Frist vornehmen, sofern er die Leistung durch den Einsatz erneuerbarer Energien ersetzen will. Er hat zu belegen, dass erneuerbare Energien eingesetzt werden.
28
Der Beklagte begründete die Kündigung damit, dass er seine Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umstellen wolle. Bis zum Ablauf des Kündigungsdatums werde in das Anwesen eine Luft-Wärme-Pumpen-Technik eingebaut, die zunächst mit Ökostrom, dann mit Strom aus einer hauseigenen Photovoltaikanlage betrieben werden solle. Dieses Vorhaben wurde auch mit einem Angebot des Heizungsbauers ausreichend belegt; die geplante Nutzung von Ökostrom wurde nicht bestritten. Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Kunde nachweisen muss, dass er auch tatsächlich erneuerbare Energien für die Wärmeerzeugung einsetzt, allein der Wille zum Einsatz von regenerativen Energien muss vorhanden sein. Wie substantiiert der Plan sein muss und in welchem Umfang hier eine Prüfung durch die Versorger durchgeführt werden darf, werden die Gerichte herausarbeiten müssen (IR 2021, 175, beckonline). Nach Auffassung des Gerichts muss das konkrete und detaillierte Angebot des Heizungsbauers dafür ausreichen; die geplante Nutzung von Ökostrom wird nicht bestritten. Das Angebot/Gesamtkonzept kann dann das Versorgungsunternehmen auf Plausibilität prüfen. Weitergehende Nachweispflichten oder gar der Beginn des Umbaus können nicht verlangt werden, da der Anschlussnehmer grundsätzlich keine Einwirkungsmöglichkeit auf den Hausanschluss hat, § 10 Abs. 4 S. 5 AVBFernwärmeV. Sollte der Beklagte nach der Kündigung doch keine Luft - Wärme - Pumpe einbauen, sondern weiter Energie von der Klägerin ziehen, würde das Vertragsverhältnis konkludent und einvernehmlich fortgesetzt. Sollte er andere Energieformen heranziehen, könnte er auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, denn dann wäre sein Wille zum Einsatz erneuerbarer Energien nur vorgetäuscht gewesen. Hier sieht das Gericht Parallelen zur Rechtslage bei der Kündigung von Wohnraum aufgrund Eigenbedarfs. Auch hier muss der zukünftige Nutzungswille belegt werden; sollte der Eigenbedarf dann nicht ausgeübt werden, kommen Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Bedarfs in Betracht. Die Rechtsordnung kennt also solche Konstellationen.
29
Die Luft-Wärme-Pumpe stellt eine erneuerbare Energie im Sinne des § 3 II AVBFernwärmeV dar.
30
Zwar wird diese Art der Energiegewinnung nicht ausdrücklich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) genannt, es handelt sich dabei allerdings um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Dies lässt sich aus der Vergleichbarkeit der Geothermie, die in § 3 Nr. 21 lit. d als erneuerbare Energie bezeichnet wird, zur Umweltthermie folgern. Beide Arten der Wärmegewinnung beziehen die Wärme aus der Umwelt und benötigen für ihre Funktion Strom. Darüber hinaus findet sich die Umweltwärme neben der Geothermie als erneuerbare Energie auch in § 3 II Nr. 2 des Gesetzes zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz - GEG). Das GEG beruht auf der RL 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.05.2010. Auch darin wird nach Art. 2 Nr. 6 die aerothermische Energie als Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen bezeichnet.
31
Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Luft-Wärme-Pumpen-Technik, nach Aussage der Klägerin, energetisch schlechter sei als die Nahwärmeversorgung. Dem nationalen Gesetzgeber wurde im Rahmen des Art. 24 III der RL 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen ein Umsetzungsspielraum eingeräumt, wonach er die Kündigung nach Absatz 2 auf die Kunden beschränken kann, die belegen können, dass die geplante alternative Lösung für die Wärme- bzw. Kalteversorgung zu wesentlich besseren Ergebnissen bei der Gesamtenergieeffizienz führt. Dies wurde jedoch vom deutschen Gesetzgeber nicht umgesetzt, sodass es insoweit nicht auf die Gesamtenergieeffizienz ankommt. Da sich der Gesetzgeber entsprechend entscheiden durfte, kommt eine Vorlagefrage nicht in Betracht. Es steht erkennbar der gesetzgeberische Gedanke im Vordergrund, die Klimaschutzziele gem. § 3 Klimaschutzgesetz (KSG) zu erreichen, indem die Treibhausgasemissionen schrittweise gemindert werden. Dieser Gedanke beruht auf den europarechtlichen Zielen, die durch die Verordnung 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris festgesetzt wurden. Eine Wärmepumpe zieht bis zu 80% der benötigten Energie aus der Umwelt. Wird der für die Funktion der Luft-WärmePumpe benötigte Strom ebenfalls aus erneuerbaren Energien gewonnen, in Form von „Ökostrom“, führt dies zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, sodass dadurch dem Willen des europäischen Gesetzgebers, der sich aus dieser verbindlichen Verordnung ergibt, entsprochen wird. So wurde auch die Wärmeenergie bei Nutztemperatur, die mithilfe von Wärmepumpen, die für ihren Betrieb Elektrizität oder andere Hilfsenergie benötigen, nach Verordnung 2022/132 der Kommission vom 28. Januar 2022 zur Änderung der Verordnung Nr. 1099/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Energiestatistik hinsichtlich der Durchführung von Aktualisierungen für die jährlichen, monatlichen und monatlich zu übermittelnden kurzfristigen Energiestatistiken nach Ziff. 3.5.9 als Erneuerbare Energiequelle eingestuft. Nicht zuletzt ist die Verwendung von Ökostrom auch zB bei der Förderung von Wallboxen zum Aufladen von Elektroautos zur Voraussetzung gemacht worden. Dies zeigt auch, dass die Verwendung von Ökostrom gefördert werden soll, insbesondere Ökostrom von zertifizierten Anbietern, die diesen tatsächlich aus erneuerbaren Quellen wie Wasserkraft gewinnen.
32
§ 3 II AVBFernwärmeV ist auch anwendbar auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novellierung bestehende Vertragsverhältnisse. Gemäß § 1 I AVBFernwärmeV werden die §§ 2-34 AVBFernwärmeV dabei in der jeweils gültigen Fassung Bestandteil des Versorgungsvertrags, soweitwie hier - ein Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwendet, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (Allgemeine Versorgungsbedingungen; vgl. auch Senat BGHZ 201, 363 = NJW 2014, 3016 Rn. 17; NJW 2014, 3639 Rn. 12; NJW-RR 2017, 1200 Rn. 17 f.; NJW 2022, 1935 (unter Nr. 3 in diesem Heft) Rn. 23; BGH NJW 2022,1944 Rn. 25, beckonline).
33
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Regelung aus Sicht des Gesetzgebers nicht allein das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien betrifft, deren Individualinteressen zum Ausgleich zu bringen sind, sondern vor allem dem Klimaschutz und damit einem anerkannten Gemeinwohlbelang dient, dem über das aus Art. 20a GG abgeleitete Klimaschutzgebot Verfassungsrang zukommt (vgl. hierzu BVerfGE 157, 30). Das Interesse des Grundstückseigentümers am Einsatz Erneuerbarer Energie durch Installation einer Luft - Wärme - Pumpe mit Photovoltaik/Ökostrom im Bestandsgebäudes wird nicht als solches, sondern deswegen höher gewichtet als das entgegenstehende Interesse der Klägerin, weil es sich mit dem Interesse der Allgemeinheit am möglichst raschen Umstieg auf erneuerbare Energien deckt. Wenn alle Bestandsverträge, die meist eine 10jährige Laufzeit haben, ausgenommen würden, so würde dies nicht diesem Interesse am schnellen Umstieg entsprechen. Das Fehlen von Übergangsregeln, das die Klagepartei moniert, muss nicht heißen, dass eine (unzulässige) Rückwirkung der Regelung nicht gewollt ist, sondern kann im Gegenteil auch Ausdruck dessen sein, dass diese Regelung sofort umgesetzt werden soll. Sollte das Nahwärmeversorgungsunternehmen nunmehr Risiko(preis) aufschläge (wegen der neuen Kündigungsmöglichkeit) verlangen wollen oder müssen, wäre dies über entsprechende Preisänderungen bzw. - anpassungen möglich. Letztlich ist auch dies gesetzgeberisch gewollt: wer weiter ohne erneuerbare Energien heizt, für den wird es immer teurer.
34
Die Entscheidung über die Kosten bleibt aufgrund der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.