Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 27.06.2022 – Au 9 K 21.203
Titel:

Anordnung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung in verfüllter Grube - Störerauswahl

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BBodSchG § 4 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Nicht jeder Kausalbeitrag im naturwissenschaftlichen Sinne reicht für eine Verursachung iSd § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG aus. Wer Verursacher ist, richtet sich maßgeblich nach dem allgemeinen Sicherheits- und Polizeirecht. Bei mehreren möglichen Verursachern mit unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen bedarf es einer wertenden Zurechnung der im Boden vorgefundenen Kontamination. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verhaltensverantwortlicher ist derjenige, der bei wertender Betrachtung und unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt der sich nachfolgend verwirklichten Gefahr gesetzt hat. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Werden Stoffe nicht nur lose in einer Grube verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und einer Folgenutzung zugeführt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtung zur Erstellung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung, Altlastenkataster, Störerauswahl, Ermessen, Verhältnismäßigkeit, Verursachung, Zurechnung, Verhaltensverantwortlicher, Gefahrenschwelle, Abfalleigenschaft
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 08.03.2023 – 24 ZB 22.1879
Fundstelle:
BeckRS 2022, 30203

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vorstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die ihr auferlegte Verpflichtung zur Durchführung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung auf den Grundstücken Fl.Nrn. *und * der Gemarkung * sowie eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 5.000,00 EUR.
2
Die Klägerin betreibt auf den vorbezeichneten Grundstücken (*, * *) eine Erddeponie. Das Grundstück Fl.Nrn. * steht (weiterhin) im Eigentum von R. B. Die Fl.Nr. * wurde nach der Rekultivierung zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt von der Fl.Nr. * abgetrennt und an Herrn R. eingetauscht.
3
Mit Bescheid des Landratsamts * vom 20. November 2012 wurde der Fa. B., Gersthofen, die Genehmigung für einen Kies- und Sandabbau mit anschließender Rekultivierung mit Material der Güteklasse Z 0 (nach Verfüll-Leitfaden) auf den Grundstücken Fl.Nrn.,,, * und * der Gemarkung * genehmigt. Nach Auflage Nr. 6.15 des Bescheides dürfen bei Verfüllung der Grube nur örtlich anfallender Abraum und unverwertbare Lagerstättenanteile sowie Material der Einstufung Z 0 verwendet werden.
4
Mit Schreiben der Stadt * vom 3. Dezember 2013 wurde das Landratsamt * darüber informiert, dass in der Erdgrube der Klägerin unzulässiges Aushubmaterial aus einer Baumaßnahme der Stadtwerke * zum Neubau einer Fernwärmeleitung der Firma K. (nach Angaben der Klägerin 906 m³ angeliefert durch die Firma G. R. GmbH) verfüllt worden sei. Gegen Herrn B. wurden strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen. Das Ingenieurbüro K. führte daraufhin auf dem Gelände vier Baggerschürfe durch, bei denen organoleptisch auffälliges Verfüllmaterial gesichtet wurde. Chemische Untersuchungen auf die Parameter PAK und Schwermetalle im zu Tage geförderten Material erbrachten Schadstoffgehalte zwischen Z 1.2 und > Z 2. Das untersuchte Material sei nicht homogen gewesen. Im Mittel der erzielten Werte sei eine Z 1.2-Zuordnung festgestellt worden.
5
Das Wasserwirtschaftsamt * nahm zum Vorgang unter dem 17. September 2014 Stellung und erklärte, dass zur Herstellung von rechtmäßigen Zuständen die schadstoffbelasteten, organoleptisch auffälligen Materialien vollständig aus der Grube zu entfernen seien und das ausgehobene Material einer geeigneten Entsorgung/Verwertung zuzuführen sei. Erst nach Vorliegen eines Nachweises, dass das belastete Material vollständig aus der Grube entfernt worden sei, dürfe die Verfüllung fortgesetzt werden.
6
Mit Urteil des Amtsgerichts * (Az.: …68/14(2)) vom 8. Oktober 2014 wurde Herr B. wegen des fahrlässigen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in Tateinheit mit fahrlässiger Bodenverunreinigung in Tateinheit mit fahrlässigem unerlaubtem Betreiben von Anlagen zu einer Geldstrafe i.H.v. 90 Tagessätzen zu je 100,00 EUR verurteilt. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen. Auf die Berufung des Herrn B. hin wurde das Verfahren (Az.: 4 Ns 601 Js 110968/14) mit Beschluss des Landgerichts * vom 22. September 2015 gem. § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) gegen Zahlung einer Geldbuße i.H.v. 5.000,00 EUR vorläufig eingestellt.
7
Mit Schreiben vom 3. April 2017 wurde die Klägerin als derzeitige Betreiberin der Grube aufgefordert, das aus Sicht des Abfallrechts und des vorsorgenden Bodenschutzes unzulässige Verfüllmaterial aus der Grube zu entfernen. Dieser Forderung kam die Klägerin im Weiteren nicht nach.
8
Aufgrund weitergehender Verfüllung und Rekultivierung zur späteren landwirtschaftlichen Nutzung durch die Klägerin wurde das Wasserwirtschaftsamt nochmals um Stellungnahme zu den erforderlichen Maßnahmen gebeten. Das Wasserwirtschaftsamt * führte unter dem 18. September 2019 aus, dass aus Gründen des vorsorgenden Grundwasserschutzes, die nachweislich in der Grube eingebauten schadstoffbelasteten Materialien wieder auszubauen und einer ordnungsgemäßen Entsorgung/Verwertung zuzuführen seien. Der Verdacht für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung für die Grundstücke Fl.Nrn. * und * der Gemarkung * wurden bestätigt.
9
Dem folgend wurden die Grundstücke Fl.Nrn. * und * der Gemarkung * im Altlastenkataster als schädliche Bodenveränderungen (Katasternr. *) aufgenommen.
10
Das Wasserwirtschaftsamt nahm unter dem 20. Juli 2020 nochmals zum Vorgang Stellung. Es kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Aussagen des Gutachters im Rahmen des Gerichtsverfahrens, dass von den widerrechtlichen Verfüllungen keine Grundwassergefährdung ausgehe, nicht durch Untersuchungsergebnisse (Eluatuntersuchungen des belasteten Materials) belegt seien. Es würden keine Angaben gemacht, in welchem Abstand zum Grundwasser die widerrechtlichen Verfüllungen durchgeführt worden seien. Grundwasseruntersuchungen aus dem Umfeld der Grube seien ebenfalls nicht vorgelegt worden. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sei eine orientierende Untersuchung zur Bewertung einer möglichen, von der Grube ausgehenden Grundwassergefährdung erforderlich.
11
Mit Bescheid des Landratsamts * vom 21. Januar 2021 wurde die Klägerin verpflichtet, eine bodenschutzrechtliche Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung im Sinne des § 9 Abs. 2 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) auf den Grundstücken Fl.Nrn. * und * der Gemarkung * durchzuführen (Nr. 1. des Bescheids). Das Untersuchungskonzept zu dieser Maßnahme ist mit dem Landratsamt, Fachbereich „Emissionsschutz, Abfall- und Bodenschutzrecht“ sowie dem Wasserwirtschaftsamt * abzustimmen (Nr. 2). Nach Nr. 3 ist die erforderliche Untersuchung von einem gem. § 18 BBodSchG zugelassenen Sachverständigen für das Sachgebiet 2 „Boden-Grundwasser“ durchzuführen. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen Nr. 1 des Bescheids wurde der Klägerin ein Zwangsgeld i.H.v. 5.000,00 EUR angedroht. Als Erfüllungsfrist wurde ein Zeitraum von spätestens sechs Monaten nach Bestandskraft des Bescheids festgesetzt.
12
Zur Begründung führt das Landratsamt * u.a. aus, dass nach § 9 Abs. 2 BBodSchG die zuständige Behörde gegenüber den unter § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen anordnen könne, dass sie die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen hätten. Voraussetzung sei das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast. Voraussetzung der Anordnung von Gefahrenerforschungsmaßnahmen gegenüber dem Verpflichteten sei das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten, die den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung begründeten. Ein Verdacht i.S.d. § 9 Abs. 2 BBodSchG liege auch dann vor, wenn Gewissheit über die Existenz der schädlichen Bodenveränderung bestehe, jedoch Ungewissheit bezüglich der weiteren Tatsachen, etwa der konkreten Art der Verursachung, der Belastung, der Ausbreitung oder der räumlichen Erstreckung. In den vier Baggerschürfen der K. vom 4. Februar 2014 hätten sich erhebliche Belastungen für Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) ergeben. PAK seien karzinogene Substanzen. MKW würden als gewässergefährdend gelten. Seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 BBodSchG erfüllt, so stehe der Erlass einer Untersuchungsanordnung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Anordnung von Untersuchungen sei eine geeignete Maßnahme, weil anders eine belastbare Gefährdungsabschätzung nicht abgegeben werden könne. Grundsätzlich obliege jedem, der auf dem Boden einwirke, die Pflicht, sich so zu verhalten, dass schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht hervorgerufen würden (§ 4 Abs. 1 BBodSchG). Kämen verschiedene Adressaten als Störer in Betracht, so stelle sich im Rahmen des nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG eröffneten Ermessens die Frage nach der richtigen Störerauswahl, insbesondere zwischen Handlungs- und Zustandsstörer, aber auch - bei mehreren Handlungs- bzw. mehreren Zustandsstörern - zwischen diesen untereinander. Dabei gäbe es keinen grundsätzlichen Vorrang des Handlungsstörers. Die Klägerin als Betreiber der Grube aufgrund des Bescheids vom 20. November 2012 habe die Verfügungsgewalt über die Kies- und Sandgrube inne und sei somit grundsätzlich dafür verantwortlich, was in ihrer Grube verfüllt werde und habe auch dafür Sorge zu tragen, dass unzulässiges Material gegebenenfalls wieder ausgebaut werde. Ein wesentlicher Verursachungsbeitrag der Klägerin als Handlungsstörerin sei daher zu bejahen. Des Weiteren bestünden mehrere Zustandsstörer, welche bei der Abwägung der Heranziehung zu berücksichtigen seien. Als aktuelle Grundstückeigentümer kämen für das Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung * Herrn B. sowie für das Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung * Herr R. in Betracht. Bei Herrn R. könne ein Verursachungsbeitrag nicht unterstellt werden. Im Rahmen des Tauschgeschäftes sei davon auszugehen, dass er davon ausgegangen sei, dass nur zulässiges Material der Güteklasse Z 0 zur Verfüllung verwendet worden sei. Herr B. sei bis zur Eigentumsübertragung auf Herrn R. der frühere Eigentümer der heutigen Fl.Nr. * der Gemarkung *. Im Rahmen des vorangegangen strafrechtlichen Verfahrens sei zweifelsfrei geklärt worden, dass unzulässiges, also nicht den Vorgaben des Genehmigungsbescheides vom 20. November 2012 entsprechendes Material auf dem Grundstück verfüllt worden sei. Herr B. habe damit zweifelsfrei Kenntnis von den nicht genehmigten Verfüllungen im Bereich der heutigen Fl.Nr. * der Gemarkung *. Bei der Auswahl des Adressaten der Untersuchungsanordnung solle sich das Landratsamt vom Gebot der möglichst effektiven Gefahrenabwehr und -aufklärung leiten lassen. Nachdem die Klägerin als Verursacherin der schädlichen Bodenveränderungen bekannt sei und dem Landratsamt auch zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses keinerlei Anhaltspunkte einer mangelnden Leistungsfähigkeit vorlägen, sei der Erlass der Untersuchungsanordnung gegenüber der Klägerin geeignet und angemessen. § 9 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG regle, dass die zuständige Behörde verlangen könne, dass die notwendigen Untersuchungen nicht vom Verpflichteten selbst, sondern von einem Sachverständigen oder einer Untersuchungsstelle nach § 18 BBodSchG durchgeführt würden. Hierdurch solle sichergestellt werden, dass die Untersuchungen von Personen mit der für die komplexe Bodenuntersuchung und -bewertung notwendigen Fachkenntnis vorgenommen würde. Die Androhung der Zwangsgelder des Bescheides stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die Frist zur Erfüllung der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheides sei den Umständen des Einzelfalls nach angemessen.
13
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts * vom 21. Januar 2021 wird ergänzend verwiesen.
14
Der Bescheid wurde gegen Empfangsbekenntnis am 2. Februar 2021 bekanntgegeben.
15
Die Klägerin hat gegen den Bescheid mit Schriftsatz vom 2. Februar 2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg eingegangen am 14. Februar 2021, Klage erhoben und beantragt,
16
Der Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2021, Az., wird aufgehoben.
17
Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 13. September 2021 ausgeführt, dass vorliegend fraglich sei, ob § 9 Abs. 2 BBodSchG taugliche Rechtsgrundlage sei und ob eine zulässige Störerauswahl getroffen worden sei. Das Material aus dem Neubau der Fernwärmeleitung K., *straße, unterfalle als Abfall dem Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetztes (KrWG). In diesem Fall treffe den Vorhabensträger die Pflicht, diesen Abfall einer gemeinwohlverträglichen Entsorgung zuzuführen. Der Besitzer des Abfalls sei gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG u.a. verpflichtet, Abfall so zu beseitigen, dass Gewässer oder Böden nicht schädlich beeinflusst würden. Durch das Abkippen des Aushubs im Betrieb der Klägerin sei die Gefahr einer schädlichen Beeinflussung des Bodens und des Grundwassers entstanden. Zwar ende durch das Abkippen des Aushubs im klägerischen Betrieb die Sachherrschaft des bisherigen Abfallbesitzers. Es sei jedoch anerkannt, dass der ehemalige Besitzer weiterhin zur Beseitigung des Abfalls herangezogen werden könne. Der Beklagte habe es seit Ende 2013 in der Hand gehabt, allein basierend auf der Abfalleigenschaft des Aushubs, die früheren Abfallbesitzer zur Verantwortung zu ziehen. Eine entsprechende Anordnung gegenüber den ursprünglichen Besitzern des Abfalls hätte eine schnelle Beseitigung des abfallrechtswidrigen Zustands zur Folge gehabt. Die Untätigkeit des Beklagten gegenüber den ursprünglichen Abfallbesitzern sei nicht nachzuvollziehen. Die tatbestandliche Voraussetzung des § 9 Abs. 2 BBodSchG läge nicht vor. Zu beachten sei, dass gem. § 2 Abs. 3 BBodSchG eine schädliche Bodenveränderung nur dann gegeben sei, wenn eine Beeinträchtigung der Bodenfunktion vorliege, die geeignet sei, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Nicht jede Bodenveränderung sei demzufolge eine schädliche Bodenveränderung i.S.d. BBodSchG. Es werde verkannt, dass das Material keine Grundwassergefährdung darstelle. Aufgrund der sich widersprechenden gutachterlichen Aussagen und Feststellungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass gem. § 9 Abs. 2 BBodSchG aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung vorliege. Ein hinreichender Verdacht sei mehr als ein einfacher Verdacht. Überdies sei die Störerauswahl fehlerhaft vorgenommen worden. Der Beklagte habe sich darauf beschränkt, zwischen der Klägerin und dem aktuellen Grundstückseigentümer des Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung * (Herr R.) zu entscheiden. Dass die vom Beklagten befürchtete Gefahr der schädlichen Bodenveränderung aber durch das Verhalten der ursprünglichen Abfallbesitzer überhaupt erst entstehen konnte, erwähne der Bescheid nicht. Der Beklagte habe damit nicht alle Störer in seine Auswahl miteinbezogen. Er habe denklogisch bei den Störern, die er unberücksichtigt gelassen habe, den Verursachungsbeitrag nicht ermittelt.
18
Auf die weiteren Ausführungen im Klagebegründungsschriftsatz vom 13. September 2021 wird ergänzend verwiesen.
19
Das Landratsamt * ist für den Beklagten der Klage Schriftsatz vom 9. März 2022 entgegengetreten und beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Sie sei zwar zulässig, aber unbegründet, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Die Anordnung, eine Detailuntersuchung durchführen zu lassen, sei nicht zu beanstanden. Die tatbestandliche Voraussetzung des § 9 Abs. 2 BBodSchG sei gegeben. Ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung bzw. einer Altlast liege vor. Bei Maßnahmen zur Gefährdungsabschätzung i.S.v. § 9 Abs. 2 BBodSchG sei es im Hinblick auf eine effiziente Gefahrenabwehr nicht erforderlich, dass die Verursachung dem Adressaten eindeutig nachgewiesen werden müsse, vielmehr genügten objektive Faktoren als tragfähige Indizien. Die Klägerin habe nach Nrn. 6.15 bis 6.17 des Ausgansbescheides vom 20. November 2012 dafür Sorge zu tragen, dass nur zulässiges Verfüllmaterial (Z 0) eingefüllt werde. Durch die Eingangskontrolle solle sichergestellt werden, dass keine unzulässigen Materialien angeliefert würden. Die von der Klägerin vorgenommene „Sicht- und Geruchskontrolle“ genüge nach diesen Vorgaben nicht. Das Wasserwirtschaftsamt * habe zum Vorliegen einer Verdachtsfläche mehrfach Stellung genommen. Insbesondere werde auf die Stellungnahme vom 20. Juli 2020 verwiesen, wonach eine orientierende Untersuchung zur Bewertung einer möglichen, von der Grube ausgehenden Grundwassergefährdung erforderlich sei. Aus den Analyseergebnissen der Bodenprobe vom 4. Februar 2014 ließen sich bei allen vier Baggerschürfen Überschreitungen bei PAK und MKW feststellen. Es liege auch eine ermessensfehlerfreie Störerauswahl vor. Die alleinige Heranziehung der Klägerin als Störerin sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin als Betreiberin der Kiesgrube im Bereich der Fl.Nrn. * und * der Gemarkung * habe die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Kiesgrube. Sie habe als Betreiberin die Verantwortung dafür getragen, welches Material in die Kiesgrube abgeladen und welches wegen Besorgnis nicht abgeladen habe werden dürfen. Das Landratsamt habe alle möglichen Störer in die Auswahl miteinbezogen und den jeweiligen Verursachungsbeitrag ermittelt. Die Klägerin habe als Betreiberin die höchste Verfügungsgewalt. Sie sei als Handlungsstörerin dafür verantwortlich, den Füllkreislauf ihrer Gruben so zu überwachen, dass kein unzulässiges Material in die Gruben verfüllt werde. Herr R. sei nach pflichtgemäßer Ermessensentscheidung des Landratsamtes nicht als Störer qualifiziert worden. Er habe erst nach der vollständigen Verfüllung der Grube Eigentum erlangt. Die in Nr. 1 des Bescheids angeordneten Untersuchungen seien auch notwendig. Die bisher vorliegenden Untersuchungen ließen eine abschließende Gefährdungsabschätzung nicht zu. Die Anordnung der Detailuntersuchungen sei im streitgegenständlichen Bescheid auch hinreichend bestimmt. Art und Weise der durchzuführenden Detailuntersuchung seien getreu dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) in ihren wesentlichen Zügen festgelegt worden. Das Landratsamt habe in seinem Bescheid insbesondere auf die durch das Wasserwirtschaftsamt * festgestellten fehlenden Eluatuntersuchungen hingewiesen. Des Weiteren werde klar bestimmt, auf welche branchentypischen Schadstoffparameter die Untersuchung des Bodens und des Grundwassers zu erstrecken sei.
22
Auf die weiteren Ausführungen im Klageerwiderungsschriftsatz vom 9. März 2022 wird ergänzend verwiesen.
23
Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsatz vom 31. Mai 2022 repliziert. Der Vortrag des Beklagten lasse erkennen, dass eine korrekte Störerauswahl nicht stattgefunden habe. Verursachungsbeiträge anderer Störer seien nicht ermittelt und bewertet worden. Das beanstandete Aushubmaterial sei am 20. November 2013 in der Grube der Klägerin angenommen worden. Das Material sei einer persönlichen Kontrolle bei Anlieferung unterzogen worden. Die Sicht- und Geruchsprüfung habe keine Auffälligkeiten ergeben. Die Problematik sei dem Beklagten seit Anfang Dezember 2013 bekannt. Über sieben Jahre später sei der streitgegenständliche Bescheid ergangen. Anderweitige Anordnungen seien zwischenzeitlich nicht getroffen worden. Der Beklagte erachte die Klägerin fälschlicherweise für den Hauptverursacher. Die Verursachungsbeiträge der vorhergehenden Abfallbesitzer seien nicht gewürdigt worden. Dass es sich bei dem in der klägerischen Grube angelieferten Material um Abfalle handele, sei unstreitig. Die getroffene Störerauswahl verkenne darüber hinaus, dass die Klägerin durch die Verfüllung des Materials keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe. Für die Klägerin habe es oberste Priorität, die ausgebeuteten Flächen ordnungsgemäß und gewissenhaft zu verfüllen und zu rekultivieren. Aus unternehmerischer Sicht sei dies alternativlos.
24
Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 31. Mai 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
25
Am 27. Juni 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Landratsamts * vom 21. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
28
1. Die der Klägerin in Nr. 1 des streitgegenständigen Bescheids auferlegte Verpflichtung zur Vorlage einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung auf den Grundstücken Fl.Nr. * und * der Gemarkung * ist rechtmäßig.
29
Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten vom 17. März 1998 (BBodSchG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021 (BGBl I S.306). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 5 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast besteht.
30
Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG vorliegend erfüllt sind, ist unter den Beteiligten unstrittig. So haben bereits die am 27. Januar 2014 von der Firma K. durchgeführten Schürfungen (vier Schürfe) eine deutliche Überschreitung der untersuchten Parameter PAK und MKW ergeben. Auch der im Strafverfahren vom Amtsgericht * hinzugezogene Sachverständige Dr., M., hat ausgeführt, dass jeder der vorgenommenen Schürfe die zulässigen Grenzwerte für den Parameter PAK überschritten hat. Weiter hat er sich dahingehend eingelassen (Behördenakte Bl. 558 und 559), dass das streitige Aushubmaterial aus einer Baumaßnahme zum Neubau einer Fernwärmeleitung der Firma K. nicht in der Kiesgrube der Klägerin zur Verfüllung hätte eingebracht werden dürfen, da es kein mineralischer Boden der Zuordnungskategorie Z 0 gewesen sei. Nach dem bestandskräftig gewordenen Bescheid des Landratsamts * vom 20. November 2012 (Behördenakte Bl. 115 bis 121) durfte die Klägerin bzw. deren Rechtvorgängerin nur örtlich anfallenden Abraum und unverwertbare Lagerstättenanteile sowie unbedenkliches Bodenmaterial zur Verfüllung verwenden. Weiter wurde in Auflage 6.15 des vorbezeichneten Bescheids gefordert, dass das Material den Z 0-Anforderungen des Leitfadens zur Verfüllung von Gruben und Brüchen in der Fassung vom 9. Dezember 2005 genügen müsse. Diesen Anforderungen entsprach das eingebaute Material unstreitig nicht. Dem folgend wurden auch die streitgegenständlichen Grundstücke Fl.Nr. * und * der Gemarkung * im Jahr 2019 in das Altlastenkataster (Nr. *) eingetragen. Damit liegen die Eingriffsermächtigungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG zur Erstellung eines Untersuchungskonzeptes tatbestandlich vor.
31
2. Auch die Ermessensentscheidung des Beklagten, gerade die Klägerin zur Vorlage einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung zu verpflichten, ist nicht zu beanstanden.
32
Die Beschränkung der Adressatenauswahl zwischen der Klägerin und dem derzeitigen Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung * (R.) weist nach Auffassung der Kammer keine Ermessensfehler auf.
33
Eine bodenschutzrechtliche Anordnung nach § 9 BBodSchG ist nur dann rechtmäßig, wenn sie an eine solche natürliche oder juristische Person gerichtet ist, die nach dem Gesetz für die jeweilige bodenschutzrechtliche Maßnahme in Anspruch genommen werden darf, und wenn unter gegebenenfalls mehreren möglichen Verpflichteten eine nach dem Maßstab von Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) und § 114 Satz 1 VwGO ermessensfehlerfreie Auswahl getroffen worden ist. Gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG kann die Anordnung dabei an eine der in § 4 Abs. 3, 5 u. 6 BBodSchG genannten Personen gerichtet werden, die Pflichten zur Gefahrenabwehr haben. Dies sind u.a. der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück. Verursacher ist jede natürliche oder juristische Person, die an einer Bodenkontamination zumindest als Teilverantwortliche mitgewirkt hat.
34
Jedoch reicht nicht jeder Kausalbeitrag im naturwissenschaftlichen Sinne für eine Verursachung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG aus. Wer Verursacher ist, richtet sich entsprechend dem Hintergrund des Bundes-Bodenschutzgesetzes maßgeblich nach dem allgemeinen Sicherheits- und Polizeirecht (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2022 - 24 CS 22.390 - noch nicht veröffentlicht; BayVGH, B.v. 15.5.2018 - 22 CS 18.566 - juris Rn. 22; OVG RhPf U.v. 26.1.2012 - 8 A 11081/11 - juris Rn. 82). Nach der dort herrschenden Theorie der unmittelbaren Verursachung ist erforderlich, dass der Verursacher, von dem das für die Gefahr kausale Verhalten stammt, die maßgebliche Gefahrenschwelle durch ein unmittelbar gefahrbegründendes Verhalten überschritten hat und eine Nähe zum späteren Schadenseintritt besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2004 - 22 CS 04.1048 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 17.3.2004 - 22 CS 04.362 - juris Rn. 9). Der Verursacher ist somit insbesondere bei mehreren möglichen Verursachern und unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen durch eine rechtlich wertende Betrachtung zu bestimmen. Bei mehreren möglichen Verursachern mit unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen bedarf es einer wertenden Zurechnung der im Boden vorgefundenen Kontamination. Zwischen Verhaltensverantwortlichem und Zustandsstörer aufgrund Eigentums bzw. der Inhaberschaft der tatsächlichen Verfügungsgewalt besteht darüber hinaus kein Rangverhältnis, sodass die Auswahlentscheidung auch insoweit dem behördlichen Ermessen unterliegt.
35
Verhaltensverantwortlicher ist demnach derjenige, der bei wertender Betrachtung und unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt der sich nachfolgend verwirklichten Gefahr gesetzt hat. Dabei kommt es entscheidend auf das Vorliegen eines hinreichend engen Wirkungs- und Ursachenzusammenhangs zwischen dem Überschreiten der Gefahrengrenze und dem Verhalten einer Person an, der es gerechtfertigt erscheinen lässt, die Pflichtigkeit dieser Person zu bejahen (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 7 B 12.08 - NVwZ 2008,684; OVG NW, U.v. 20.5.2015 - 16 A 1686/09 - juris Rn. 96).
36
Diesen Grundsätzen folgend ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten zur alleinigen Inanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerhaft i. S. v. Art. 40 BayVwVfG bzw. § 114 Satz 1 VwGO wäre. Die vom Beklagten vorgenommene Störerauswahl ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
37
Insbesondere war es von Seiten des Beklagten nicht ermessensfehlerhaft, den vormaligen Abfallbesitzer (Stadtwerke, die sich der Fa. G. für den Transport des streitgegenständlichen belasteten Materials zur Kiesgrube der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bedient hat) nicht in die vorgenommene Störerauswahl mit einzubeziehen. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Überlegungen:
38
Ausgehend von den Begriffen der erforderlichen Verantwortlichkeit in § 4 Abs. 3 BBodSchG und dem Kriterium der Schadensnähe können weder die Stadtwerke * noch die den Transport zur Kiesgrube/Erddeponie der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin ausführende Fa. G. als Verantwortliche i. S. d. Bodenschutzrechts begriffen werden. Die Stadtwerke * sind ihrer abfallrechtlichen Entsorgungspflicht nach den Bestimmungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) mit der Entsorgung in der von der Klägerin bzw. der Rechtsvorgängerin unterhaltenen Kiesgrube im ausreichendem Maße nachgekommen.
39
Bei dem streitgegenständlichen Material handelt es sich zwar um Abfälle i. S. d. § 3 Abs. 1 KrWG, wonach Abfälle im Sinne dieses Gesetzes alle Stoffe oder Gegenstände sind, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG sind Abfälle zur Verwertung Abfälle, die verwertet werden; Abfälle die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung. Zur Grundpflicht der Abfallbeseitigung bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG, dass die Erzeuger und der Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet sind, diese zu beseitigen, soweit in § 17 KrWG nichts anderes bestimmt ist. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG sind Abfälle so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.
40
Mit der Andienung des schadstoffhaltigen Materials an die Kiesgrube/Erddeponie der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin sind die Stadtwerke * ihrer abfallrechtlichen Grundpflicht zur Abfallbeseitigung aus § 15 KrWG nachgekommen, da eine Deponierung derartiger Abfälle ein dem Grunde nach zulässiger Entsorgungsweg ist. An dieser Stelle endet aus der Sicht des Bodenschutzrechts das abfallrechtliche Regime des vormaligen Abfallbesitzers. Dies steht auch in Einklang mit der gebotenen Abgrenzung zwischen Abfall- und Bodenschutzrecht. Werden Stoffe nicht nur lose in einer Grube verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und einer Folgenutzung zugeführt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist (vgl. OVG RhPf, U.v. 26.1.2012 - 8 A 11081/8 - juris Rn. 50; VG Gera, B.v. 8.9.2001 - 600-8432-082/00 SOK GRZ - juris Rn. 27 f.). Diese Abgrenzung entspricht auch der Fassung von §2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG als Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 7. September 2004 (Rs. C-1/03 „van de Walle“ vgl. hierzu Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 29).
41
Ursächlich für die nunmehr eingetretene Bodenkontamination, wie sie von der Firma K. im Januar/Februar 2014 aufgrund von durchgeführten Baggerschürfen festgestellt wurde, ist vielmehr das Verhalten der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin, das kontaminierte Material in Kenntnis der bestandskräftigen Auflagen zur Wiederverfüllung im Bescheid des Landratsamts * vom 12. November 2012 anzunehmen und in der Kiesgrube/Erddeponie zu verfüllen. Der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bzw. den verantwortlich handelnden Personen war bewusst, dass nach Nr. 6.15 des Bescheids vom 20. November 2012 nur Material verfüllt werden darf, das den Z 0-Anforderungen des Leitfadens zur Verfüllung von Gruben und Brüchen (Verfüll-Leitfaden oder Eckpunktepapier) in der Fassung vom 9. Dezember 2005 genügt. Nach Auflage Nr. 6.17 des vorbezeichneten Bescheides durften Materialien, die nicht zur Verfüllung zugelassen waren, in der Grube weder ab- noch zwischengelagert werden. Maßgeblicher Umstand für die nachfolgend zutage getretene Bodenbelastung mit PAK und MKW ist demnach das Verhalten der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin das belastete Material (Abfall) in Kenntnis der Bescheidsbestimmungen vom 20. November 2012 lediglich aufgrund einer Sicht- bzw. Geruchsprobe in der betriebenen Kiesgrube/Erddeponie anzunehmen und anschließend zu verfüllen. Die Gefährdung der Schutzgüter Boden und Grundwasser ist an das Verhalten der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin geknüpft, nicht geeignetes Material in der betriebenen Kiesgrube zur behördlich geforderten Verfüllung zu verwenden. Mit diesem Verhalten hat die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin die Gefahrengrenze für das hier maßgebliche Schutzgut „Boden“ und „Grundwasser“ überschritten. Ob dies vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt ist, ist dabei für die bodenschutzrechtliche Verantwortlichkeit i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG unerheblich.
42
Die Nichtberücksichtigung des Abfallerzeugers und die Reduzierung der Störerauswahl auf die Klägerin und den jetzigen Grundstückseigentümer der Fl.Nr. * der Gemarkung * ist auch aus einem weiteren Grund gerechtfertigt. Denn allein die Klägerin kannte die Genehmigung und deren Bedingungen für die Verfüllungen der Kiesgrube und hätte bei der entsprechenden Sorgfalt erkennen können, dass das ihr angebotene und nunmehr beanstandete Material nicht hätte eingebaut werden dürfen. Somit spricht auch der im Bodenschutzrecht maßgebliche Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr entscheidend für eine alleinige Inanspruchnahme der Klägerin. Angesichts der langjährigen Betreibereigenschaft der streitgegenständlichen Kiesgrube durch die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin und der damit verbundenen Verantwortlichkeit, wäre es nicht zu vereinbaren, der Beklagten vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides aufzuerlegen, ungewisse Ermittlungen anstellen, ob den vormaligen Abfallbesitzern die Nebenbestimmungen zum Betrieb der Kiesgrube bekannt waren oder sonstige Anhaltspunkte für die Kenntnis der Unzulässigkeit einer Deponierung in der Kiesgrube der Klägerin vorlagen. All dies zu verlangen wäre mit dem Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr unvereinbar. Schließlich soll in der Phase der Gefährdungsabschätzung die effektive Erforschung der Gefährdung so wenig wie möglich unter tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Pflichtigen leiden. Nach der Konzeption des Gesetzgebers muss diese Frage nachträglich im Verfahren über die Kostenverteilung nach § 24 BBodSchG geklärt werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2009 - 22 ZB 08.1820 - juris Rn. 22).
43
Rechtlich zutreffend wurde von Seiten des Beklagten ebenfalls der derzeitige Grundstückeigentümer der Fl.Nr. * der Gemarkung * bei der Störerauswahl als Zustandsverantwortlicher zwar berücksichtigt, ihm aber keine Handlungsverpflichtung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG auferlegt. Der jetzige Grundstückseigentümer des betreffenden Flurstücks weist keinerlei Schadensnähe auf, da er das betreffende Grundstück erst zu einem viel späteren Zeitpunkt im Wege des Grundstückstausches erworben hat. Der Betrieb der Kiesgrube/Erddeponie war allein von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin zu verantworten. Der jetzige Grundstückseigentümer hat die Kiesgrube zu keinem Zeitpunkt betrieben und wurde folgerichtig vom Beklagten als bloßer Zustandsverantwortlicher ohne jegliche Gefahrennähe nicht als Verantwortlicher zu der Maßnahme nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG herangezogen.
44
3. Die angegriffene bodenschutzrechtliche Handlungsverpflichtung aus § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass die angeordnete Untersuchungsmaßnahme der Erstellung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung und Auftrag an eine Fachfirma (gem. § 18 BBodSchG) nicht geeignet, erforderlich und angemessen wären, um das mit ihnen verfolgte Ziel - Gefahrabschätzung und Sammlung von Daten als Grundlage für zukünftiges behördliches Handeln - zu erreichen.
45
Die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahme wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der vom Amtsgericht * im Strafverfahren hinzugezogene Sachverständige Dr., M. (Fa. K.) ausgeführt hat, dass eine Grundwasserverunreinigung aufgrund der Ablagerungsstelle zu verneinen sei (Behördenakte Blatt 559). In Bezug auf diese Aussage ist zu berücksichtigen, dass der gerichtlich hinzugezogene Sachverständige im Strafverfahren auch die Aussage getroffen hat, dass mit der Ablagerung mit einem durchschnittlichem Wert der Parameter von Z 1.2 nach Verfüll-Leitfaden potenziell eine Grundwassergefährdung einhergehen könne. Das mit besonderer Fachkunde ausgestattete Wasserwirtschaftsamt * hat hierzu ebenfalls unter dem 20. Juli 2020 (Behördenakte Blatt 904) aus wasserwirtschaftlicher Sicht ausgeführt, dass die Aussagen des Gutachters im Rahmen des Gerichtsverfahrens nicht durch Untersuchungsergebnisse (Eluatuntersuchungen des belasteten Materials) belegt würden. Auch würden Angaben fehlen, in welchem Abstand sich das Grundwasser zu den widerrechtlich vorgenommenen Verfüllungen befindet. Ebenfalls fehlten Grundwasseruntersuchungen aus dem Umfeld der Grube. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sei daher eine orientierende Untersuchung zur Bewertung einer möglichen, von der vormaligen Grube ausgehenden Grundwassergefährdung nach wie vor erforderlich. Vor dem Hintergrund dieser fachkundigen Einschätzung der wasserrechtlichen Fachbehörde kann die von der Klägerin geforderte Detailuntersuchung durch einen entsprechend qualifizierten Sachverständigen gem. § 18 BBodSchG nicht als unverhältnismäßig erachtet werden, zumal die geforderte Untersuchung gerade den Schadstoffeintrag der widerrechtlich vorgenommenen Verfüllungen in Bezug auf die Schutzgüter „Boden - Grundwasser“ nachweisen bzw. belegen soll.
46
Eine Unverhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass das Strafverfahren gegen Herrn B. wegen Bodenverunreinigung im Berufungsverfahren vor dem Landgericht * (Az.: 4 Ms 601 JS 110968/14) am 22. September 2015 gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 5.000,00 EUR gem. § 153a Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden ist. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Zielsetzungen des BBodSchG und des § 153a StPO. Letzterer verfolgt vorranging zwei Ziele. Zum einen das justiz-ökonomische Ziel, Verfahren im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zum anderen dient die Vorschrift dem kriminalpolitischen Zweck der Entkriminalisierung (vgl. Brüning, ZIS 2015, 586 ff. (587)). Gemäß § 1 BBodSchG ist es hingegen Ziel des Bodenschutzes nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind nach § 1 Satz 2 BBodSchG schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen. Damit hat aber die Verfahrenseinstellung vor dem Landgericht * zugunsten des Herrn B. als Verantwortlichem für die Kiesgrube/Erddeponie im Zeitpunkt der vorgenommenen widerrechtlichen Verfüllung keinen Bezug zu der mit der streitgegenständlichen Maßnahme verfolgten Gefährdungsabschätzung für die Schutzgüter „Boden“ und „Gewässer“. Aus der Verfahrenseinstellung vor dem Landgericht * können daher keine Rückschlüsse auf eine nach dem Bodenschutzgesetz fehlende Verantwortlichkeit der Klägerin gezogen werden.
47
Weiter ergibt sich auch keine Unverhältnismäßigkeit der geforderten Maßnahmen daraus, dass die Klägerin vortragen lässt, dass der streitgegenständliche Bescheid erst etwa sieben Jahre nach Vornahme der widerrechtlichen Verfüllung gegen die Klägerin erlassen worden ist. Auch dieser Umstand ist nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit in Frage zu stellen. Dies gilt insbesondere aufgrund der Tatsache, dass das Wasserwirtschaftsamt bereits erstmalig unter dem 17. September 2014 - die widerrechtliche Verfüllung wurde im Jahr 2013 vorgenommen - gefordert hat, die schadstoffbelasteten, organoleptisch auffälligen Materialien wieder vollständig aus der Grube zu entfernen. Mit Schreiben vom 3. April 2017 wurde die Klägerin als Betreiberin der Grube erneut aufgefordert, das aus Sicht des Abfallrechts und des vorsorgenden Bodenschutzes unzulässige Verfüllmaterial aus der Grube zu entfernen. Diesen Aufforderungen kam die Klägerin wiederholt nicht nach und hat ihrerseits die Verfüllung der ehemaligen Kiesgrube/Erddeponie weiter vorangetrieben und zum Abschluss gebracht. Dieser Umstand geht in Kenntnis der Widerrechtlichkeit der vorgenommenen Verfüllung von nicht geeignetem Material zu Lasten der Klägerin.
48
Auch die der Klägerin in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids gesetzte Frist zur Pflichterfüllung innerhalb von sechs Monaten nach Bestandskraft des Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
49
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die mit der Erfüllung der vom Landratsamt * geforderten Untersuchungsmaßnahmen verbundenen Kosten außer Verhältnis zum aktuellen Wert des Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung * stehen würden. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme muss diesem zumutbar sein, wobei als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dient. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt i.d.R. das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützlichen Gebrauch des Grundstücks und er kann noch nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu halten (BVerfG, B.v. 16.2.2000 - 1 BvR 242/91 - juris Rn. 54 ff.). Hiervon ist in Bezug auf die lediglich geforderte Detailuntersuchung zur Gefährdungsabschätzung durch einen nach § 18 BBodSchG zugelassenen Sachverständigen nicht auszugehen.
50
4. Die in Nr. 4 des Bescheids ausgesprochene Zwangsgeldandrohung begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlich eröffneten Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 EUR und höchstens 50.000 EUR beträgt. Mit der Anknüpfung an die Bestandskraft liegt auch ein nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vollstreckbarer Grundverwaltungsakt vor. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen zu betrachten. Auch die der Klägerin gesetzte Frist erweist sich als ausreichend.
51
5. Nach allem war die Klage der Klägerin daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
52
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).