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VG München, Beschluss v. 17.10.2022 – M 18 K 18.3413
Titel:

Prozesskostenhilfe, Ermessen, Zuziehung, Vergleich, Zahlung, Verfahren, Notwendigkeit, Schriftsatz, Erfolgsaussichten, Zeitpunkt, Klage, Vorverfahren, Partei, Umfang

Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Ermessen, Zuziehung, Vergleich, Zahlung, Verfahren, Notwendigkeit, Schriftsatz, Erfolgsaussichten, Zeitpunkt, Klage, Vorverfahren, Partei, Umfang
Fundstelle:
BeckRS 2022, 30129

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/5, der Beklagte 2/5 zu tragen.
III. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
IV. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 27. September 2022 dem Gericht mitgeteilt, dass die Parteien sich vergleichsweise geeinigt hätten, und den Abschluss des Verfahrens beantragt. Das Gericht legt diese Erklärung sachdienlich als Erledigungserklärung im Sinne des § 161 VwGO aus. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2022 mitgeteilt, dass die Zahlungen entsprechend dem geschlossenen Vergleichsbetrag erfolgt seien. Mit dieser Erklärung hat der Beklagte (inzident) der Erledigungserklärung der Klageseite zugestimmt.
2
Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.
3
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten entsprechend der erfolgten Quotelung zu verteilen.
4
Die Verfahrenskosten sind grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der bei der Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Bleiben die Erfolgsaussichten offen, sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben. Darüber hinaus entspricht es in der Regel der Billigkeit, denjenigen Verfahrensbeteiligten mit den Kosten zu belasten, der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 161 Rn. 18 m.w.N.). Nach Eingang der Erledigungserklärungen sind dem Gericht weitere Sachverhaltsaufklärungen verwehrt (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2016 - 20 B 16.1178 - juris).
5
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Klage verweist das Gericht vollumfänglich auf den Beschluss vom 7. Juli 2022 zur Gewährung von Prozesskostenhilfe im vorliegenden Verfahren.
6
Dementsprechend war bezüglich der Erfolgsaussichten der Klage gegen die Ersatzforderung in Höhe von 2.244 EUR - wovon in Höhe von 1.229 EUR mit Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 11. März 2019 bereits eine Klagerücknahme erfolgte - eine Erfolgsaussicht nicht gegeben. Die Klägerin hat dementsprechend die Kosten hinsichtlich dieses Teilbetrags soweit eine Klagerücknahme erfolgte bereits nach § 155 Abs. 2 VwGO und im Übrigen nach Billigkeit zu tragen.
7
In Bezug auf die restliche Ersatzforderung in Höhe von 6.969 EUR - über welche die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich mit einer Zahlung der Klägerin in Höhe von 1.500 EUR geschlossen haben - ist von offenen Erfolgsaussichten auszugehen. Die Kosten waren insoweit folglich hälftig zu verteilen. In der Gesamtschau ergibt sich daher aus Billigkeitsgründen die Kostenverteilung entsprechend der erfolgten Tenorierung.
8
Zudem war die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach den §§ 68 ff. VwGO durch die Klägerin gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Das Gericht geht insoweit von einer konkludenten Antragstellung durch den Bevollmächtigten aus (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 162 Rn. 33 m.w.N). Die Berichterstatterin ist auch insoweit gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO zur Entscheidung berufen (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 87a Rn. 12).
9
Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist anhand des Einzelfalls unter der Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Notwendig ist die Zuziehung dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Bevollmächtigung. In objektiv-sachbezogener Hinsicht kommt es entscheidend auf Umfang, Komplexität und Schwierigkeitsgrad des Falles an. In subjektiv-personenbezogener Hinsicht sind die allgemeine persönliche Sach- und Rechtskunde des Klägers sowie seine - berufsbedingte oder anderweitige - Vertrautheit mit dem Sach- und Rechtsgebiet maßgeblich (Schübel-Pfister in Eyermann, § 162 Rn. 28 m.w.N.).
10
Aus Sicht einer verständigen Partei war es für die Klägerin vorliegend unumgänglich bzw. notwendig, einen Bevollmächtigten bereits für das Vorverfahren zu bestellen. Die dem Verfahren zugrundeliegenden Sach- und Rechtsfragen waren umfangreich sowie komplex. Das Gericht verweist insoweit auf die umfangreichen Ausführungen im Beschluss vom 7. Juli 2022.
11
Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
12
Soweit der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 27. September 2022 zudem beantragt, die der Klägerin bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf den Abschluss des Vergleichs zu erstrecken und den Bevollmächtigten beizuordnen, weist das Gericht darauf hin, dass die Geltendmachung einer Vergleichsgebühr im Rahmen der Kostenfestsetzung zu erfolgen hat.