Titel:
Auflösung einer Versammlung wegen personeller und inhaltlicher Übereinstimmung mit verschiedenen bereits verbotenen Versammlungen
Normenketten:
BayVersG Art. 15 Abs. 1
11. BayIfSMV § 7 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
GG Art. 8, Art. 12
Leitsätze:
1. Wird im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Versammlung durch die Polizei begehrt, die mit Verstoßes gegen die seinerzeit geltende Infektionsschutzverordnung begründet worden war, dann kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit auf den Kenntnisstand über infektionsschutzbezogene Gefahren und Wirkzusammenhänge zum Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung an. (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Auflösung einer Eilversammlung wegen personeller und inhaltlicher Übereinstimmung mit verschiedenen bereits verbotenen Versammlungen, bei denen ein erheblicher Anteil des Teilnehmerkreises nicht gewillt war, die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen zu beachten, ist sowohl erforderlich als auch verhältnismäßig im engeren Sinne. (Rn. 32 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Auflösung einer Versammlung, personelle und inhaltliche Übereinstimmung mit verschiedenen, bereits verbotenen, Versammlungen, Versammlungsauflösung, Corona-Pandemie, Kontaktbeschränkungen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29911
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Auflösung einer Versammlung am 17. Januar 2021 in … durch die Polizei.
2
§ 7 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in der vom 11. Januar bis 7. März 2021 geltenden Fassung lautete:
§ 7 Versammlungen im Sinne des Art. 8 des Grundgesetzes
(1) ¹Bei Versammlungen im Sinne des Art. 8 des Grundgesetzes unter freiem Himmel muss zwischen allen Teilnehmern ein Mindestabstand von 1,5 m gewahrt und jeder Körperkontakt mit anderen Versammlungsteilnehmern oder Dritten vermieden werden. ²Die nach Art. 24 Abs. 2 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) zuständigen Behörden haben, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist, durch entsprechende Beschränkungen nach Art. 15 BayVersG sicherzustellen, dass
1. die Bestimmungen nach Satz 1 eingehalten werden und
2. die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren auch im Übrigen auf ein infektionsschutzrechtlich vertretbares Maß beschränkt bleiben; davon ist in der Regel auszugehen, wenn die Versammlung nicht mehr als 200 Teilnehmer hat und ortsfest stattfindet.
³Für die Teilnehmer gilt Maskenpflicht; hiervon ausgenommen sind die Versammlungsleitung während Durchsagen und Redner während Redebeiträgen sowie Teilnehmer, die während der Versammlung ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen. ⁴Sofern die Anforderungen nach Satz 2 auch durch Beschränkungen nicht sichergestellt werden können, ist die Versammlung zu verbieten.
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Für den 3. Januar 2021 wurde eine Versammlung in N. zum Thema „Freiheit, Frieden und Menschenrechte“ angemeldet, die auf der Facebook-Seite von Querdenken. beworben wurde. Diese Versammlung wurde von der Stadt N. verboten. Daraufhin rief die Vereinigung „Schüler/innen gegen Maskenpflicht“ dazu auf, an einer genehmigten Versammlung am selben Tag auf dem … in N. teilzunehmen. Statt der üblichen ca. 50 Teilnehmer kamen ca. 300 Teilnehmer. Auf dieser Versammlung kam es zu zahlreichen Verstößen gegen infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahmen sowie zu Widerstandshandlungen gegenüber der Polizei.
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Von wiederum einem anderen Veranstalter wurde für den 17. Januar 2021 von 17:00 bis 19:30 Uhr in N. eine Versammlung mit dem Motto „Söder wir kommen wieder und sind viele“ angemeldet, die von der Stadt … verboten wurde. Daraufhin wurde von Herrn … K. für denselben Tag eine Versammlung von 17:00 bis 20:00 Uhr am Festplatz in S. mit dem Versammlungsthema „Coronoia 2020. Nie wieder mit uns. Wir stehen heute auf! Wir bestehen auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung. Wir bestehen auf Beendigung des Notstands-Regimes. Frieden, Freiheit keine Diktatur“ angemeldet. Diese Versammlung wurde mit Bescheid des Landratsamts … vom 14. Januar 2021 verboten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2021 (AN 4 S 21.00102) abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Januar 2021 (10 CS 21.166) zurückgewiesen. Zur Begründung führte der VGH insoweit aus:
„Versammlungsbehörde und Verwaltungsgericht konnten dabei auch die Vorkommnisse bei und im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen in Nürnberg am 3. Januar 2021 heranziehen, auch wenn der Antragsteller insoweit von „Polizeigewalt und Willkür“ spricht. Es trifft nicht zu, dass lediglich wegen Ordnungswidrigkeiten (gemeint sind offenbar Verstöße gegen das Abstandsgebot und die Maskenpflicht) die Versammlungsfreiheit unzulässig beschnitten oder sogar faktisch abgeschafft worden wäre. Vielmehr dienen die vom Antragsteller angesprochenen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit dem Schutz vom Grundgesetz geschützter höchster Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG)."
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Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht festgestellt, die Einhaltung von Schutzmaßnahmen wie das Einhalten von Abständen und das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen als milderes Mittel gegenüber einem Versammlungsverbot sei von den Versammlungsteilnehmern gerade nicht zu erwarten, was aus den zahlreichen Erfahrungen bei anderen Versammlungen der Querdenken-Bewegung in ganz Deutschland, welche im streitgegenständlichen Bescheid aufgezählt würden, gefolgert werden könne (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 20.11.2020 - 10 CS 20.2745 - BeckRS 2020, 32683 Rn. 19). Der Antragsteller kann dies nicht als „falsch und willkürlich“ rügen, wenn er gleichzeitig geltend macht, „den Menschen vorzuschreiben, sich das ins Gesicht zu ziehen, wogegen sie demonstrieren, ist bizarr“, und damit etwa seine grundsätzliche Ablehnung einer Mund-Nasen-Bedeckung deutlich macht. Insoweit hat sich die Versammlungsbehörde nicht nur „ein paar Fälle“ herausgepickt, „um regierungskritische Demonstrationen zu verhindern“, sondern zu Recht eine größere Anzahl von der Querdenker-Bewegung zuzurechnenden Versammlungen, bei denen es zu vielfachen und systematischen Rechtsverstößen gekommen ist, in seiner Gefahrenprognose berücksichtigt.
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Vor diesem Hintergrund genügt es auch nicht, wenn der Antragsteller lediglich auf die Abstände hinweisen und „die Auflagen durchsagen“ will. Auch ist eine Auflösung der Versammlung durch die Polizei kein milderes Mittel gegenüber einem Versammlungsverbot. Es ist nicht in gleicher Weise geeignet, Infektions- und damit Gesundheitsgefahren (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) effektiv abzuwehren, da es dann ja bereits zu einer Verwirklichung der Gefahrensituation und damit Störung im Sinne des Sicherheitsrechts gekommen wäre. Denn ist die Auflösung einer Versammlung durch die Polizei aufgrund tatbestandsmäßiger Gefahrensituationen absehbar, darf die Versammlungsbehörde diese Versammlung auch präventiv verbieten (BayVGH, B.v. 19.9.2020 - 10 CS 20.2103 - juris Rn 10).
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Der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht haben sich bei ihrer Gefahrenprognose in nicht zu beanstandender Weise maßgeblich auf die fachliche Einschätzung des Robert-Koch-Instituts gestützt. Das Robert-Koch-Institut (RKI), dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), schätzt in der erneut überarbeiteten Risikobewertung vom 12. Januar 2021 die Lage in Deutschland auch gegenwärtig als sehr dynamisch und ernstzunehmend und die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt als sehr hoch ein (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit (Stand 15.1.2021) bei 146 Fällen pro 100.000 Einwohner. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) weist für den Landkreis Fürth eine 7-Tages-Inzidenz von aktuell 152,73, für den Bezirk Mittelfranken von 182,57 aus (https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm).
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Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers die von einer Versammlung ausgehenden Gefahren zum wiederholten Male in Abrede stellt, kann dem der Senat ausdrücklich nicht folgen. Richtig ist, dass das RKI die Gefahr von Ansteckungen im Freien als wesentlich kleiner einschätzt als in geschlossenen Räumen. Diese Einschätzung ist aber mit der ausdrücklichen Bedingung verknüpft, dass Mindestabstände gewahrt werden, was bei der hier in Frage stehenden Versammlung gerade nicht zu erwarten ist (s.o.).“ (VGH München B.v. 16.01.2021 - 10 CS 21.166, BeckRS 2021, 787 Rn. 15-19, beck-online)
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Nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zeigte Herr … K. am 16. Januar 2021 eine Eilversammlung für den 17. Januar 2021 mit dem Versammlungsthema „Gegen die Aussage von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Er hält schärfere Corona-Beschränkungen für angebracht. Das sehe ich absolut nicht so“ von 17:00 bis 19:00 Uhr in der gesamten … straße in F. an.
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Diese Versammlung wurde durch die Stadt F. mit Bescheid vom 17. Januar 2021 verboten. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Inzidenz neuer Corona-Erkrankungen sei mit 202,3 Fällen pro 100.000 Einwohnern aktuell sehr hoch, die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland werde durch das Robert-Koch-Institut (RKI) aktuell als sehr hoch eingeschätzt. Nach Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sei auch das spezifische Infektionsrisiko für die Stadt F. als sehr hoch einzuschätzen. Die Bettenbelegung der Krankenhäuser in F. und Umgebung sei kritisch angestiegen, das Klinikum F. habe mitgeteilt, dass jede zusätzliche Belastung vermieden werden solle. Besonders besorgniserregend sei die Zahl der mit oder an Corona verstorbenen Personen; durch die angespannte Lage sei es erschwert, Bestattungen noch durchführen zu können, Urnenbeisetzungen hätten teilweise ausgesetzt werden müssen. Aus den polizeilichen Erkenntnissen ergebe sich eine hohe Überschneidung des Personenkreises der Versammlungen vom 3. Januar 2021, sowie der unterschiedlichen bereits untersagten Versammlungen für den 17. Januar 2021. Außerdem seien innerhalb kurzer Zeit nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Januar 2021 30 Eilversammlungen für das F. Stadtgebiet mit inhaltlicher und gestalterischer Übereinstimmung angezeigt worden, daher sei von der Absicht auszugehen, das Verbot solle unterlaufen werden. Von einer hohen Übereinstimmung des Teilnehmerkreises sei auszugehen. Für eine Gefahrenprognose könnten auch Ereignisse im Zusammenhang mit vergangenen Versammlungen berücksichtigt werden, hier seien insbesondere die Veranstaltungen der Organisationen „Querdenken …“ und „Schüler/innen gegen Maskenpflicht“, insbesondere vom 3. Januar 2021, zu berücksichtigen. Prognostisch sei nicht davon auszugehen, dass sich die Versammlungsteilnehmer an die infektionsschutzrechtlichen Vorschriften halten würden.
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Aus der Stellungnahme der Polizeiinspektion F. vom 24. Februar 2021 zum Einsatzgeschehen vom 17. Januar 2021 ergibt sich für den Nachmittag dieses Tages folgende Lage:
Gegen 15:45 Uhr sei Herr … K. angetroffen worden, man habe ihm in Absprache mit der Stadt F. den Verbotsbescheid ausgehändigt, woraufhin er gegenüber den Einsatzkräften eine Spontanversammlung mit dem Thema „Gegen Polizeiwillkür“ angemeldet habe. Kurz nach 16:00 Uhr habe der Einsatzleiter LPD … Herrn K. gegenüber ein Versammlungsverbot für diese Spontanversammlung ausgesprochen. Noch kurz zuvor und im Zusammenhang mit dieser Versammlung habe Frau … S. mit einem Megafon das Wort ergriffen und minutenlang mit dem Tenor „Gegen die aktuelle Corona-Politik“ gesprochen, vor Ort hätten sich zu diesem Zeitpunkt 100 bis 150 Personen eingefunden. Frau S. sei zuvor als Rednerin auf der von Herrn K. angezeigten Versammlung medial angekündigt worden. Anschließend habe nach ihrem Redebeitrag und nach Untersagung der Spontanversammlung durch die Polizei Herr K. von Frau S. das Megafon übernommen und dazu aufgerufen, weitere Spontanversammlungen durchzuführen. Anschließend habe er sich mit Frau S. abgewechselt, beide hätten nacheinander zur Durchführung solcher Spontanversammlungen aufgerufen. Nachdem sich weitere Personen ähnlich geäußert hätten, sei dann das Verbot der Spontanversammlung durch die Polizei mittels Lautsprecherdurchsagen bekannt gegeben worden, die Anwesenden seien aufgefordert worden, die Örtlichkeit zu verlassen.
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Der Kläger gibt an, er habe gegen 16:30 Uhr an einer Versammlung an der Kreuzung H.Str. in F. teilgenommen. Frau … S. (vom Kläger nicht namentlich benannt, konkretisiert durch die Angaben der Polizeiinspektion F.) hätte die Versammlung kurz zuvor angemeldet, es hätten sich etwa 70 Teilnehmer und Zuhörer und mindestens ebenso viele Polizisten vor Ort befunden. Die Teilnehmer hätten - anders als die Polizisten - den Mindestabstand eingehalten. Nach etwa 15 Minuten habe der Einsatzleiter … die Versammlung für aufgelöst erklärt und die Anwesenden aufgefordert, den Versammlungsort zu verlassen. Im weiteren Verlauf seien von drei weiteren Teilnehmern Spontanversammlungen angemeldet worden. Nachdem die erste Rednerin (Frau S.*) von den Einsatzkräften umringt und aufgefordert worden sei, ihre Versammlung zu beenden, habe sich der Kläger dem Einsatzleiter gegenüber als Rechtsanwalt ausgewiesen und Frau S. auf ihr Recht hingewiesen, die Versammlung durchzuführen. Die Polizei habe jedoch mehrfach die Auflösung der Versammlung bekanntgegeben und die Teilnehmer der Versammlung und zufällig Anwesende aufgefordert, die Anlage zu räumen und in Richtung Bahnhof zu verlassen. Der Kläger und seine Begleiterin hätten darauf bestanden, an der Versammlung teilzunehmen, weshalb ihre Personalien aufgenommen worden seien.
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Der Kläger erhob durch einen am 20. Januar 2021 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage Klage.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe ein besonderes Feststellungsinteresse wegen drohender Wiederholungsgefahr und wegen des auf Art. 8 GG bezogenen Grundrechtseingriffs. Das Versammlungsgrundrecht sei in der Rechtsprechung als eines der zentralen politischen Grundrechte anerkannt, Gründe für Einschränkungen lägen nicht vor, insbesondere nicht wegen des Infektionsschutzes. Zum einen weise ein PCR-Test keinen Krankheitserreger nach, außerdem gebe es keine Unterlagen des Freistaats, welche die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen belegten. Insoweit werde die Beiziehung der Akten des VGH in den Normenkontrollverfahren des Herrn … (20 N 20.75020, 20 N 20.84420, 20 N 20.1014) beantragt, nachdem sich der Freistaat dort dahingehend eingelassen habe, dass keine Behördenakte mit wissenschaftlichen Erkenntnissen als Begründung für die Infektionsmaßnahmenschutzverordnung vorhanden sei. So habe auch der Österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Erkenntnis vom 1. Oktober 2020 (G 272/2020) die Notwendigkeit derartiger Dokumentationen festgestellt.
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Zum anderen sei wegen des Maskentragens der Teilnehmer keine Infektionsgefahr erkennbar gewesen. Schließlich sei die Auflösung der Versammlung unverhältnismäßig gewesen, es sei schlicht um die Wahrung des Bildes der Einsatzkräfte in der Öffentlichkeit gegangen, die noch zuvor wegen der vorangegangenen Versammlung in der Presse zerrissen worden seien. Außerdem sei eine Gegendemonstration der Antifa für den 17. Januar 2021 in N. genehmigt worden, infektionsschutzbezogene Unterschiede könnten insoweit nicht festgestellt werden. Auch bei der streitgegenständlichen Versammlung sei wegen Einhaltung des Abstandes und Tragen von Mund-Nasen-Schutz keine konkrete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennbar gewesen. Daneben sei die Inzidenz in F. im Sinken begriffen gewesen, schon am Folgetag habe sie nur noch 170 betragen. Die Zahl der Intensivpatienten sei vom Höchststand zum Jahreswechsel mit 5.600 Intensivpatienten bis zum 17. Januar 2021 um 10% gesunken.
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Außerdem sei durch den Platzverweis ein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit bewirkt worden, weil eine weitere Vertretung der jungen Frau (Frau S.*) nicht möglich gewesen sei.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
es wird festgestellt, dass die Auflösung der Eilversammlung vom 17. Januar 2021 und die im Anschluss durchgeführte Räumung an der Kreuzung … Straße in F. rechtswidrig war.
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Der Beklagte beantragt,
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Zur Begründung führt er aus, die drei für N. angemeldeten Versammlungen seien verboten, die Anmeldung für die Gegendemonstration daraufhin zurückgezogen worden. Auch die für den 17. Januar 2021 in S. angemeldete Versammlung sei verboten worden, der VGH habe die Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Die zeitliche Nähe der Anmeldung der 30 angemeldeten Versammlungen sowie die starken inhaltlichen und personellen Bezüge machten deutlich, dass es sich um eine einzige Versammlung gehandelt habe. Hierfür spräche insbesondere die inhaltliche Abstimmung zwischen den betreffenden Personen. Die am 16. Januar 2021 für den folgenden Tag angezeigte Versammlung hätte als Ersatz- bzw. Umgehungsveranstaltung der ursprünglich verbotenen Versammlungen in N. und S. selbst verboten werden dürfen.
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Selbst wenn man die Versammlung nicht als solche Ersatz- oder Umgehungsveranstaltungen zu den ursprünglich verbotenen Eilversammlungen ansehen sollte, sei die Auflösung aus infektionsschutzrechtlichen Gründen als rechtmäßig anzusehen. Die Versammlung habe schon begonnen und die Voraussetzungen für die Auflösung hätten nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG, § 7 Abs. 1 11. BayIfSMV vorgelegen, weil eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit vorgelegen hätte. Diese hätte wegen der zu befürchtenden Menschenmengen ohne Einhaltung der erforderlichen Mindestabstände bestanden, das Übertragungsrisiko sei auch bei einer Versammlung größer als sonstige Alltagssituationen im Freien. Zudem habe kein Hygienekonzept vorgelegen, das aber auch ohnehin nicht mehr hätte überprüft werden können. Wegen der Vielzahl der verschiedenen Anmeldungen habe auch kein verantwortlicher Leiter als Ansprechpartner identifiziert werden können. Die sich hervorgetanen Teilnehmer hätten sich auch nicht kooperativ gezeigt. Mildere Mittel seien mangels Kooperationsbereitschaft der Teilnehmer nicht erfolgversprechend gewesen. Die Auflösung der als einheitlich erkannten Spontanversammlung sei auch genügend kommuniziert worden.
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Soweit der Kläger beantragt hatte, die Rechtswidrigkeit der Aufnahme der Personalien des Klägers durch die Polizeikräfte festzustellen, wurde mit Beschluss der Kammer vom 4. Februar 2021 das Verfahren abgetrennt und mit Beschluss der 15. Kammer vom 19. April 2021 (Az. AN 15 K 21.00219) an das Amtsgericht Fürth verwiesen, weil es sich hierbei um eine rein repressive Maßnahme zur Einleitung und Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens darstelle. Der insoweit gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 11. Oktober 2021 als unbegründet zurückgewiesen (Az. …*). Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, die Polizei habe aufgrund gleichlaufender Thematik zu den verbotenen Versammlungen die Spontanversammlung rechtmäßig aufgelöst. Grund hierfür sei der Charakter als Ersatzversammlung gewesen, nicht der Infektionsschutz. Nachdem der Kläger die Örtlichkeit entgegen Art. 5 Abs. 3 BayVersG nicht unverzüglich verlassen habe, sei zurecht ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden, daher habe auch die Polizei gem. § 46 OWiG, § 163b Abs. 1 S. 1 StPO die Identität feststellen dürfen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, insbesondere besteht wegen des vom Kläger behaupteten schwerwiegenden Grundrechtseingriffs ein hinreichendes Feststellungsinteresse.
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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Auflösung der Eilversammlung vom 17. Januar 2021 und die im Anschluss durchgeführte Räumung im Bereich der … war nicht rechtswidrig und verletzte damit den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in analoger Anwendung.
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Die Auflösung der Versammlung am 17. Januar 2021 war rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG vorlagen (1.) und insbesondere kein Verstoß gegen Art. 8 GG vorliegt (2.). Auch ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit liegt nicht vor (3.).
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1. Die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG lagen vor. Zuständig für die Auflösung war nach Art. 15 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und 2 Satz 2 BayVersG die Polizei, nachdem die Versammlung unmittelbar nach der Kundgabe des „anzeigenden“ Herrn K. bereits mit Wortbeiträgen begonnen hatte und eine Gruppe von etwa 100 bis 150 Teilnehmenden anwesend war.
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Zum Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung, mithin unmittelbar nach Beginn der Versammlung nach 16:00 Uhr am 17. Januar 2021 war nach den erkennbaren Umständen durch die Versammlung die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet.
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Zur öffentlichen Sicherheit gehört dabei insbesondere der Schutz der Rechtsordnung als Teil der öffentlichen Sicherheit, zu der damit die Maßnahmen des Infektionsschutzes zu zählen sind. Aus § 7 Abs. 1 11. BayIfSMV in der vom 11. Januar 2021 bis 07. März 2021 geltenden Fassung ergibt sich dabei die Anforderung, dass ein Mindestabstand von 1,5 m gewahrt und jeder Körperkontakt mit anderen Versammlungsteilnehmern oder Dritten vermieden werden muss. Es muss sichergestellt werden, dass die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren auf ein infektionsschutzrechtlich vertretbares Maß beschränkt bleiben, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn die Versammlung nicht mehr als 200 Teilnehmer hat und ortsfest stattfindet (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 11. BayIfSMV); für die Teilnehmer ergab sich aus § 7 Abs. 1 Satz 3 11. BayIfSMV die Maskenpflicht.
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Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit kann es dabei - schon wegen der Bezugnahme auf den Erlasszeitpunkt aus Art. 15 Abs. 1 BayVersG - nur auf die Umstände, aber auch auf den Kenntnisstand über infektionsschutzbezogene Gefahren und Wirkzusammenhänge zum Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung ankommen. Unter Berücksichtigung der damaligen Kenntnisse und Umstände hat die Kammer damit keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser infektionsschutzrechtlichen Vorgaben (a.). Zudem war unter besonderer Berücksichtigung der äußeren Umstände prognostisch davon auszugehen, dass es bei Durchführung der Versammlung zu Verstößen gegen infektionsschutzrechtliche Vorgaben in erheblichem Umfang kommen werde (b.).
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a. Das Gericht geht dabei davon aus, dass insbesondere die Anforderungen an Kontaktbeschränkungen und auch Versammlungen durch die 11. BayIfSMV zum Zeitpunkt der Durchführung der Versammlung als rechtmäßig anzusehen waren. In verschiedenen Verfahren mit Ziel der vorläufigen Außervollzugsetzung in den Monaten Dezember 2020 und Januar 2021 hat sich der BayVGH hierzu mehrfach geäußert und insbesondere die Kontaktbeschränkungen als geeignetes Mittel zur Reduzierung weiterer Krankheitsübertragungen angesehen und diese wiederholt als erforderlich und verhältnismäßig angesehen, nachdem dem Verordnungsgeber aus der ex-ante-Perspektive eine entsprechende Prognosemöglichkeit eingeräumt wurde (zu der seit 11. Januar 2021 geltenden Fassung der 11. BayIfSMV BayVGH, B.v. 19.01.2021 - 20 NE 21.129 - Rn. 22 ff., juris; zur Allgemeinen Ausgangsbeschränkung und nächtlichen Ausgangssperre BayVGH, B.v. 12.01.2021 - 20 NE 20.2933 - Rn. 43 ff., juris). Dabei durfte auch - entgegen der Ansicht des Klägers - die durch PCR-Tests ermittelte Inzidenz zugrunde gelegt werden (BayVGH, B.v. 4.12.2020 - 20 CS 20.2873 - Rn. 3 ff., juris). Die daneben vom Kläger angeführten Begründungserfordernisse, die sich aus dem Erkenntnis des österreichischen VfGH zu Art. 18 Abs. 2 B-VG ergeben sollen, können naturgemäß nicht rechtsordnungsübergreifend und damit in diesem Fall anwendbar sein.
31
Soweit der Kläger einwendet, dass sich aus der Aussage des Aerosolforschers Dr. G. S. in einem amtsgerichtlichen Verfahren (AG Garmisch-Partenkirchen, Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 5.8.2021 - 2 Cs 12 Js 47757/20 - S. 8) ergebe, dass die Maskenpflicht außerhalb geschlossener Räume wissenschaftlich gesehen keinen erhöhten Schutz vor Übertragung biete und diese Erkenntnisse schon deutlich früher bekannt gewesen seien, führt dies nicht dazu, dass sich die Maßnahmen zum damaligen Zeitpunkt (Januar 2021) als rechtswidrig darstellen würden. Zum fraglichen Zeitpunkt ging nämlich das als nach § 4 Abs. 1 Satz 1 IfSG als nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten mit besonderer Kompetenz ausgestattete Robert-Koch-Institut davon aus, dass eine weitere Verlangsamung der Ausbreitung auf Populationsebene auch durch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen bei Menschenansammlungen im Freien erreicht werde, wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werde (vgl. RKI, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19 Gesamtstand: 14.1.2021, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html in der am 16. Januar 2021 gespeicherten Fassung, siehe https://web.archive.org/web/20210116222401/https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html). Im Übrigen geht auch der genannte Sachverständige selbst nicht davon aus, dass eine Ansteckungsgefahr auch ohne Mund-Nasen-Bedeckung völlig ausgeschlossen wäre (a.a.O., S. 8).
32
b. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auflösung der Versammlung war unter Berücksichtigung der äußeren Umstände davon auszugehen, dass es bei Durchführung der Versammlung zu erheblichen Verstößen gegen diese infektionsschutzrechtlichen Vorgaben kommen werde.
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Dies ergibt sich aus Sicht der Kammer bereits aus dem zeitlichen und personellen Zusammenhang mit den zum Erlasszeitpunkt bereits verbotenen Versammlungen und aus der insoweit gleichermaßen auch hier geltenden Gefahrenprognose.
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Dabei deuten schon Zeitpunkt, Anzeigeablauf und Bewerbung der Versammlungen in aller Deutlichkeit darauf hin, dass trotz der unterschiedlichen Versammlungsanzeigen, Versammlungsorte und der genannten Versammlungsthemen von einer - materiell identischen - Großversammlung auszugehen war. Die ursprüngliche Versammlung in N. (geplant für den 17. Januar, 17:00 bis 19:30 Uhr) wurde dabei auch in der Bewerbung der Veranstaltung ersetzt durch die für den selben Zeitpunkt in S. angekündigte Versammlung. Unmittelbar nach Zurückweisung der Beschwerde durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 16. Januar folgten dann Anmeldungen für die F. Innenstadt, woraufhin auch diese Veranstaltungen verboten wurden. Die streitgegenständliche Versammlung erfolgte zwar geringfügig früher als zur ursprünglich schon für N. angemeldeten Zeit, allerdings war dies offensichtlich dem schon früher begonnenen Aufbau der Versammlung geschuldet. Die abweichenden Versammlungsthemen (N.: „Söder, wir kommen wieder und sind viele“, S.: „Coronoia 2020. Nie wieder mit uns. […]“; F. (Anzeigen vom 16. Januar): „Gegen die Aussage von Brandenburgs Ministerpräsident […]“ und „Gegen Laschet als CDU-Chef“; F. (17. Januar): „Gegen Polizeiwillkür“) sind dabei kein Beleg dafür, dass es sich um andere Veranstaltungen handelt, weil sich insbesondere aus der Art der Bewerbung und der erkennbaren überwiegenden Personenidentität der Anzeigenden ergibt, dass es sich tatsächlich um ein einziges Thema handelt. Bereits zur Versammlung in S. war die Kammer der Überzeugung, dass zu der für N. angezeigten Versammlung weitestgehend von einem identischen Teilnehmerkreis auszugehen war (B.v. 15.1. 2021 - AN 4 S 21.00102 - Rn. 15 ff., juris). Diese Einschätzung wurde dann seitens des Anmelders für die Versammlung in S. im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Frage gestellt (BayVGH, B.v. 16.1.2021 - 10 CS 21.166 - BeckRS 2021, 787 Rn. 14, beck-online). Eben dieser Anmelder hat auch für den 17. Januar in Fürth die später verbotene Versammlung („Gegen die Aussage von Brandenburgs Ministerpräsident […]“) und die streitgegenständliche Versammlung angezeigt, an welcher der Kläger teilgenommen hat. Diese Einschätzung deckt sich mit den Flyergrafiken, die zur Bewerbung der Veranstaltung aus den sozialen Medien genutzt wurden. Diese waren offenkundig im gleichen Design erstellt und verdeutlichen schon auf den ersten Blick einen engen Zusammenhang zwischen diesen Veranstaltungen.
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Hinsichtlich der Gefahrenprognose ist bei der streitgegenständlichen Eilversammlung von keiner anderen Einschätzung auszugehen als bezüglich der zuvor angezeigten und beworbenen Versammlung in S. Für jene Veranstaltung konnten auch die Vorkommnisse bei und im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen in N. am 3. Januar 2021 herangezogen werden, womit davon ausgegangen werden konnte, dass die erforderlichen Schutzmaßnahmen durch den Teilnehmerkreis gerade nicht eingehalten würden, weshalb keine entsprechende Auflage als milderes Mittel in Betracht kam (BayVGH, B.v. 16.1.2021 - 10 CS 21.166 - BeckRS 2021, 787 Rn. 15 f., beck-online).
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Damit konnte zum Zeitpunkt der Auflösung der streitgegenständlichen Versammlung davon ausgegangen werden, dass ein erheblicher Anteil des Teilnehmerkreises nicht gewillt war, die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen zu beachten. Insbesondere konnte unter Beachtung der früheren Versammlungen und der Art der Bewerbung dieser Veranstaltungen nicht davon ausgegangen werden, dass die erforderlichen Mindestabstände konsequent eingehalten und die Teilnahmebeschränkungen beachtet würden. Dass bis zum Zeitpunkt des Auflösungsausspruchs noch keine erheblichen Verstöße aufgetreten waren, begründete dabei keine günstigere Prognose, weil zu diesem frühen Zeitpunkt derartiges noch nicht zu erwarten war, nachdem die Eskalation bei vergleichbaren Versammlungen regelmäßig erst zu späterem Zeitpunkt erfolgt ist. Weiterhin ist zu beachten, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs um 16:00 Uhr noch nicht alle beabsichtigten Teilnehmer für die ursprünglich ab 17:00 Uhr beworbene Versammlung angereist waren.
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Soweit der Kläger geltend macht, er selbst habe die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen ebenso wie die Personen in seinem unmittelbaren Umfeld korrekt eingehalten, hat das Gericht hieran keine Zweifel. Gleichwohl muss sich der Kläger als Teilnehmer der Versammlung das Verhalten der Versammlungsleitung und der übrigen Versammlungsteilnehmer in diesem Fall zurechnen lassen, weshalb die negative Prognose weiterhin bestehen durfte. Insoweit hält das Gericht den durch die mündliche Verhandlung gewonnenen Eindruck vom Verhalten des Klägers für keineswegs repräsentativ für die gesamte Versammlung.
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2. Nach dem oben Ausgeführten ist der Eingriff in den Schutzbereich der durch Art. 8 GG gewährleisteten Versammlungsfreiheit gerechtfertigt, nachdem keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Rechtsgrundlagen aus Art. 15 Abs. 1 BayVersG und § 7 der 11. BayIfSMV in der vom 11. Januar bis 7. März 2021 geltenden Fassung bestehen und die Auflösung im konkreten Fall als erforderlich und auch verhältnismäßig im engeren Sinne anzusehen ist.
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3. Auch ist der Kläger weder durch die Auflösung, noch durch die anschließende Umsetzung der Auflösung der Versammlung in seinem Recht aus Art. 12 GG verletzt worden. Zwar ist der Schutzbereich dieses Grundrechts betroffen, weil die Tätigkeit zum Schutz des Mandanten grundsätzlich sachlich in den Schutzbereich der anwaltlichen Berufsfreiheit fällt (OVG Lüneburg, U.v. 30.8.2012 - 11 LB 372/10 - Rn. 51 ff., juris). Insoweit ist allerdings schon kein Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit erkennbar, nachdem der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, dass er nicht von Frau S. getrennt worden sei und auch anderweitig die Kommunikation mit ihr möglich gewesen wäre. Unabhängig von der Frage der Reichweite dieses Schutzes, nachdem durchaus fraglich ist, ob überhaupt schon ein Mandatsverhältnis oder allenfalls ein Mandatsanbahnungsverhältnis anzunehmen ist, war der Kläger (anders als im Fall des OVG Lüneburg) damit in keiner Weise gehindert, seiner beruflichen Tätigkeit nachzukommen. Er konnte Frau S. weiterhin beraten und mit ihr kommunizieren. Anhaltspunkte, dass bei einer Auslösung der Versammlung darauf bestanden worden wäre, dass sich alle Teilnehmer einzeln entfernen müssten, sind nicht ansatzweise ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.