Titel:
Beseitigung von Bauschutt und Aushubmaterial
Normenketten:
BImSchG § 20 Abs. 2 S. 1
KrWG § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Sachen, die ohne Zweckwidmung anfallen, sind Abfälle, was der Fall ist, wenn vor Durchführung der Handlung, durch welche die Sache anfällt, der Anfall und die weitere Nutzung der Sache nicht geplant und nicht der (mit)bestimmende Anlass für die Handlung waren. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Behörde darf im Falle von Soll-Vorschriften von der Regel nur in Fällen abweichen, in denen die für den Normalfall geltende Regelung von der ratio legis offenbar nicht mehr gefordert wird. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verwaltungsgerichte prüfen von Amts wegen, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Immissionsschutzrechtliche Beseitigungsverfügung, genehmigungsbedürftige aber nicht evident genehmigungsfähige Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen (Bauschutt u.a.), Entfernung und Entsorgung von Abfällen vom Betriebsgrundstück, Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung, Zweckwidmung, Ermessen, Soll-Vorschrift, Rechtsgrundlage
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 30.09.2022 – 22 ZB 22.1724
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29809
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klagepartei wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten, mit welcher ihr im Wesentlichen aufgegeben wird, (auf dem von ihr gemieteten Grundstück) abgelagerten Bauschutt und Aushubmaterialien zu beseitigen und Nachweis für die ordnungsgemäße Beseitigung zu erbringen.
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Bei der Klägerin handelt es sich um ein Bauunternehmen, welches unter anderem Straßen baut und saniert und hierfür Materialien sowohl lagert als auch recycelt.
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Die Klägerin hat in der Vergangenheit die Lagerung und ursprünglich auch Wiederaufbereitung von Bau- und Abbruchmaterialien in einer Kiesgrube in der Gemarkung … (W./K.-weg) vorgenommen. Als Alleineigentümer der betreffenden Grundstücke, FlNr. 989/0, 994 und 1070/13, ist Herr … A. sen. im Grundbuch eingetragen.
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Das Landratsamt … … (im Folgenden: Landratsamt) untersagte mit Bescheid vom 20. August 2018 die Weiterführung des Betriebs von Brechanlagen für Beton und gleichzeitig auch für Bauschutt oder sonstiger Bau- und Abbruchmaterialien (insbesondere Abbruchmaterialien, Straßenaufbruch, Bodenaushub/Baggergut) sowie das Lagern von Beton/Bauschutt oder sonstiger Bau- und Abbruchmaterialien auf oben genanntem Betriebsgelände der Klägerin (Eingang Kiesgrube A., W./K.-weg) per sofort bis auf Weiteres. In diesem Bescheid wurde unter anderem ausgeführt, dass nachdem die Lagerung von Beton/Bauschutt oder sonstiger Bau- und Abbruchmaterialien untersagt sei, derartige Materialien auch nicht mehr angenommen und zwischengelagert werden dürfen.
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Hintergrund war eine Ortseinsicht am 20. August 2018, bei welcher festgestellt worden war, dass auf dem Grundstück vor allem Beton in Form von Bauabbruch (Straßenaufbruch, Betonteile), teilweise vermischt mit Baustellenaushub/Baggergut abgelagert wurde, obwohl keine hier notwendige immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Lagerung der Materialien und deren Behandlung vorlag, wobei von einer geschätzten Menge von ca. 2.000 t ausgegangen wurde und über die stoffliche Zusammensetzung des Materials (gefährlich/ungefährlich) und die Lagerdauer nichts bekannt war. Auf eine Beseitigungsanordnung wurde vorerst verzichtet. Dieser Bescheid wurde, soweit aus den Akten ersichtlich, nicht von der Klägerin angefochten.
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Bei Ortseinsichten am 20. Mai 2019 und 27. Mai 2019 stellte das Landratsamt fest, dass auf dem betreffenden Grundstück weiterhin Material gelagert wurde, wobei unter anderem auch Asphalt vorgefunden worden sei.
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Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 stellte das Landratsamt gegenüber der Klägerin entsprechend der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 28. August 2018 fest, dass das für den Fall der Nichteinhaltung der Unterlassenspflicht angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei und beschied die Klägerin insoweit neu, dass für den Fall der erneuten Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nicht zu brechen beziehungsweise gegen das Lagerverbot in der Untersagungsverfügung in Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamtes … … vom 20. August 2018 ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 4.000,- € angedroht wurde.
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Die Klägerin stellte in Folge bei der Bauabteilung des Landratsamts eine Bauvoranfrage bezüglich der „Erstellung eines Lagerplatzes für Zwischenlagerung von Kieserzeugnissen, Erstellung eines Lagerplatzes zur Zwischenlagerung, Zerkleinerung (Brechen) und Klassierung (Sieben) von Baustoffen aus Erd- und Straßenbau“ und übermittelte ein entsprechendes Angebot des TÜV Süd zur Vorlage der Planunterlagen. Hierzu fand am 9. Januar 2019 eine Besprechung mit Vertretern der Klägerin und des Landratsamts statt, bei welcher unter anderem festgestellt wurde, dass das beantragte Verfahren immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei.
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Mit Schreiben vom 29. September 2020 stellte das Landratsamt den Sachstand fest, dass der Grundstückseigentümer Herr A. selbst den Kiesabbau weiter betreiben wolle, einen Folgeantrag stellen werde und dass nach Auskunft des TÜV Süd, der die ursprüngliche Genehmigungsplanung für die Klägerin hinsichtlich einer Lagermöglichkeit in der Kiesgrube für Bauabbruch der Klägerin übernommen hatte, ein Genehmigungsantrag nicht weiterverfolgt werde. Dementsprechend wurde die Klägerin aufgefordert, nunmehr den auf dem Grundstück und vor der Kiesgrube noch liegenden Bauabbruch zu entsorgen beziehungsweise einer entsprechenden zugelassenen Verwertung zuzuführen sowie die Entsorgungswege zu nennen und abschließend einen Nachweis über die geordnete Entsorgung vorzulegen. Von einer kostenpflichtigen und zwangsgeldbewehrten Anordnung wurde zunächst abgesehen und Frist für die Mitteilung über das weitere Vorgehen bis spätestens 9. Oktober 2020 gesetzt.
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Hierauf entgegnete die Klägerin mit Schreiben vom .. Oktober 2020, dass die Geneh migung für die Aufbereitung und Lagerung von Beton und vermischten Erdaushub zunächst nicht mehr weiterverfolgt werde, da der Grundstückseigentümer, Herr A., dies wegen möglicher Spätfolgen nicht wünsche. Es werde derzeit eine Planung vom Planungsbüro „H. …“ für die Weiterführung des Kiesabbaus und die Wiederauffüllung des Abbaubereichs erstellt. Das Planungsbüro werde in absehbarer Zeit bei den zuständigen Stellen im Landratsamt vorsprechen. Die Klägerin bat in diesem Schreiben ferner darum, bis dahin auf eine Beseitigungsanordnung zu verzichten.
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Mit Schreiben des Landratsamtes vom 20. Oktober 2020 wurde die Klägerin mit Verweis auf das Schreiben vom 29. September 2020 erneut aufgefordert, den auf dem Grundstück und vor der Kiesgrube noch liegenden Bauabbruch zu entsorgen beziehungsweise einer entsprechenden zugelassenen Verwertung zuzuführen und darüber entsprechenden Nachweis vorzulegen. Von einer kostenpflichtigen und zwangsgeldbewehrten Anordnung wurde erneut abgesehen und Frist für die Mitteilung über das weitere Vorgehen bis spätestens 28. Oktober 2020 gesetzt. Innerhalb dieser erfolgte keine Rückmeldung seitens der Klägerin.
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Am .. November 2020 teilte einer der Geschäftsführer der Klägerin, Herr S., dem Landratsamt … … telefonisch mit, dass die Ablagerungen nicht beseitigt worden seien.
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Am 17. November 2020 erließ das Landratsamt … … einen Bescheid, wonach die Klägerin verpflichtet wird, sämtlichen auf dem betreffenden Grundstück gelagerten oder in sonstiger Weise vorhandenen Beton/Bauschutt oder sonstige Bau- und Aushubmaterialien zu beseitigen, wobei unter Verweis auf den Bescheid vom 28. August 2018 keinesfalls das Material vor Ort auf dem Betriebsgelände gebrochen werden dürfe (Ziffer 1.). Als Nachweis seien der jeweilige Abfuhrtag, die Gesamtmenge und das Ziel durch die Klägerin anzugeben und bestätigen zu lassen (Ziffer 3.). Ferner wurde eine auf die Beseitigung bezogene Duldungsverfügung gegenüber dem Grundstückseigentümer, Herrn … A. sen., erlassen (Ziffer 2.). Es wurden jeweils für die Nichterfüllung beziehungsweise Zuwiderhandlung Zwangsgelder angedroht (Ziffer 4. und 6. in Bezug auf die Verpflichtungen der Klägerin, Ziffer 5. in Bezug auf die Duldungsverfügung gegenüber dem Grundstückseigentümer).
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Zur Begründung wurde im Bescheid ausgeführt, dass am 20. Mai 2019 auf dem Betriebsgelände der Firma … … OHG erneut eine Ortseinsicht durch das Landratsamt durchgeführt worden sei zur Überprüfung, ob die Nutzungsuntersagung für die Brecher und den Lagerplatz eingehalten werde. Hierbei sei erkennbar gewesen, dass offenbar weiteres Material angeliefert worden sei, wobei es sich zur Überzeugung des Landratsamtes bei dem neuen Material auch um Asphalt handele.
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Am … Dezember 2020 erhob die Klägerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2020 aufzuheben.
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Mit Anschreiben vom … Dezember 2020 legte die Klägerin dem Landratsamt Lieferscheine des Materials, welches von der Kippe A., B./W. K.-weg, abtransportiert worden war, vor. Diese datieren teilweise auf den 30. und 31. Juli 2020, teilweise auf den 16. Dezember 2020.
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Zur Begründung der Klage führt die Klägerin unter anderem aus, dass bei der Lagerung in der Kiesgrube A. Straßenrandsteine, Betonpflaster und kiesiges Material, nicht aber Asphaltaufbruch, gelagert würden. Bei dem gelagerten Material handele es sich um unbedenkliches, jederzeit wieder einbaubares und auch deponiefähiges Material, was jederzeit über eine Probenahme oder Probebohrung nachweisbar sei. Es werden keinerlei umweltschädliche Materialien gelagert, sodass keine Gefahr in Verzug bestehe. Es handele sich um Material, mit dem jederzeit zum Beispiel offene Kiesgruben fachgerecht verfüllt werden könnten. Es liege weiterhin das Einverständnis des Grundstückeigentümers zur Weiterführung des Kiesabbaus und die anschließende Wiederauffüllung des Abbaubereichs mit dem gelagerten und zulässigen Abbruchmaterial vor. Der Grundstückeigentümer verweigere lediglich seine Zustimmung zur Fortsetzung der früheren Wiederaufbereitungsarbeiten. Die Befolgung des angefochtenen Bescheids würde nur dazu führen, dass die Klägerin zunächst Material aus der Kiesgrube entfernen müsste, welches sie anschließend aber, nach Erteilung der Wiederauffüllungsgenehmigung, bezüglich derer eine aktuelle Planung laufe, wieder einbringen dürfte.
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Der Beklagte beantragt,
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Er führt aus, dass bei Ortseinsichten am 5. Januar 2021 und am 16. März 2021 festgestellt worden sei, dass immer noch Beton/Bauschutt auf dem betreffenden Grundstück gelagert werde. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei am 20. Mai 2019 und am 16. März 2021 Asphaltaufbruch vorgefunden und fotografisch dokumentiert worden.
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Die Frage eines Zusammenhanges zwischen dem Schicksal der bereits vorhandenen Lagerung der Klägerin und einem etwaigen Genehmigungsverfahren der Kiesgrube A. zum Zwecke des Kiesabbaus und der anschließenden Wiederverfüllung stelle sich nicht, da die Sachverhalte unterschiedlich seien und jeweils eigene Genehmigungsverfahren beträfen. Entscheidend sei, dass eine ursprünglich gewünschte (immissionsschutzrechtliche) Genehmigung für das Anliegen der Klägerin nicht mehr in Frage komme, da allein schon aufgrund des fehlenden Einverständnisses des Grundeigentümers das Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehle. Einem künftigen Antrag auf weiteren Kiesabbau und Wiederverfüllung würde hingegen nicht das Sachbescheidungsinteresse fehlen, dies sei im Bescheid auch nicht angenommen worden. Eine entsprechende immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei aber seit zwei Jahren nicht mehr zielführend verfolgt worden, daher trete als Regelfall die Anordnung der Beseitigung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BImSchG ein. Überdies sei auch der Ausgang dieses Verfahrens nicht absehbar, insbesondere seien die abfallrechtlichen Vorgaben an die potentielle Verfüllung der Grube zu beachten. So wäre z.B. nur ein Drittel Bauschutt zugelassen, es müsste bestimmte Zuordnungswerte eingehalten und nachgewiesen werden.
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Die Berichterstatterin hat beim Landratsamt telefonisch um Vorlage der Unterlagen des von Klägerseite angesprochenen Genehmigungsverfahren gebeten. Das Landratsamt hat hierzu mit Schreiben vom 15. November 2021 ausgeführt, dass noch keine Genehmigungsunterlagen zu den Planungen, auf die sich die Klägerin berufe, vorgelegt worden seien. Der Sachbearbeiterin seien auch keine aktuellen Planungen aus 2021 bekannt. Weiter wurde mitgeteilt, dass am 3. August 2021, 26. August 2021 und 9. November 2021 weitere Ortseinsichten vorgenommen worden seien, bei welchen die weitere Lagerung von Material festgestellt wurde. Kopien der bei den Ortseinsichten gefertigten Lichtbilder wurden vorgelegt.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. Dezember 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Mit Verfügung vom 29. Dezember 2021 wurde den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu der in Betracht kommenden Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO sowie zur Streitsache innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Schreibens zu äußern.
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Die Beklagte hat einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zugestimmt.
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Die Klagepartei ließ durch ihren Prozessbevollmächtigten vortragen, sie sei mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht einverstanden, sondern wünsche eine mündliche Verhandlung. Weiter wurde ausgeführt, dass die Planungsunterlagen nach Mitteilung des Planers der Klägerin im Laufe des Monats Januar eingereicht würden. Bisher habe es wegen Problemen mit der Zufahrt zur Kiesgrube erst Vorgespräche gegeben. Diese Probleme seien aber offenbar behoben, die Herstellung rechtmäßiger Zustände sei zeitnah zu erwarten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsund beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist in Teilen bereits unzulässig (siehe hierzu folgend Ziffer II.), im Übrigen unbegründet (siehe hierzu folgend Ziffer III).
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I. Das Gericht konnte - nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten - ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist nach vorheriger Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 2. Dezember 2021 erfolgt, sodass dieser anstelle der Kammer zur Entscheidung berufen war.
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II. In Bezug auf die Klage gegen die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids angesprochene Duldungsanordnung gegenüber Herrn … A. sen. (dem Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks) fehlt es der Klägerin bereits an der Klagebefugnis sowie am Rechtsschutzbedürfnis. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin durch diese Anordnung in ihren eigenen Rechten verletzt sein sollte beziehungsweise welche Beschwer sie hieraus ableitet. Das gleiche gilt für die entsprechende Zwangsgeldandrohung gegenüber dem Grundstückseigentümer (Ziffer 5. des angefochtenen Bescheids).
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III. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist:
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1. Formelle Fehler in Bezug auf den angefochtenen Bescheid sind weder von der Klagepartei gerügt noch sonst ersichtlich.
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2. Die Anordnung in Ziffer 1. des Bescheids (Einstellung der Anlagen zur zeitweiligen Lagerung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle) ist auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Der Beklagte hat die Anordnung der Beseitigung (Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids) zu Recht auf § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützt:
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Im für die Beurteilung der auf § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützten Anordnung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BayVGH, B.v. 18.1.2018 - 22 CS 17.2330 - juris Rn. 35 m.w.N.) wurde von der Klagepartei auf dem im Bescheid genannten Grundstück eine genehmigungsbedürftige Anlage betrieben.
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Es handelt sich bei der Lagerung von Beton/Bauschutt und sonstigen Bau- und Aushubmaterialien auf dem streitgegenständlichen Grundstück um eine genehmigungsbedürftige Anlage i.S.d. §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 S. 1, 2 der 4. BImSchV i.V.m. Ziffer 8.12.2 des Anhang 1 zur 4. BImSchV.
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Bei den von Klägerseite gelagerten Materialien handelt es sich um nicht gefährliche Abfälle mit einer Gesamtlagerkapazität von 100 Tonnen oder mehr im Sinne der Ziffer 8.12.2 des Anhang 1 zur 4. BImSchV.
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aa) Bei dem streitgegenständlichen abgelagerten Material handelt es sich ausweislich der in den Akten befindlichen Lichtbilder sowie der Feststellungen des Beklagten bei Terminen vor Ort um Bauschutt und ähnliche Materialen. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten.
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Bei Abrissarbeiten angefallener Bauschutt und ähnliche Materialien stellen Abfall im Sinne der Vorschrift dar, da die primäre Absicht der Klägerin nicht in der Gewinnung von Baustoffen bestand, unabhängig davon, ob gegebenenfalls eine spätere Verwendung zum Auffüllen der Kiesgrube in Betracht kam, da diese bereits die Verwertung des Abfalls betrifft (i.d.S. VGH Kassel, B.v. 01.03.2019 - 9 A 1393/16.Z, BeckRS 2019, 4284). Sachen, die ohne Zweckwidmung anfallen, sind Abfälle, was der Fall ist, wenn vor Durchführung der Handlung, durch welche die Sache anfällt, der Anfall und die weitere Nutzung der Sache nicht geplant und nicht der (mit) bestimmende Anlass für die Handlung waren. Bauschutt ist danach als Abfall zu qualifizieren, da der (Haupt-)Zweck der Handlungen der Klägerin im Straßenbau lag, nicht in der Gewinnung des Bauschuttes und der übrigen Materialen (i.d.S. auch OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 12.08.2016 - 2 M 24/16 - juris Rn. 13 f.; BayVGH, B.v. 03.07.2018 - 22 ZB 18.855 - juris Rn. 13). Sachen, die ohne Zweckwidmung anfallen, sind Abfälle, was der Fall ist, wenn vor Durchführung der Handlung, durch welche die Sache anfällt, der Anfall und die weitere Nutzung der Sache nicht geplant und nicht der (mit) bestimmende Anlass für die Handlung waren. Bauschutt ist danach als Abfall zu qualifizieren, da der (Haupt-)Zweck der Handlungen der Klägerin im Straßenbau lag, nicht in der Gewinnung des Bauschuttes und der übrigen Materialen (i.d.S. auch OVG Sachsen-Anhalt, B.v.. 12.8.2016 - 2 M 24/16 - juris Rn. 13 f.; BayVGH, B.v. 3.7.2018 - 22 ZB 18.855 - juris Rn. 13).
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bb) Die Überschreitung in quantitativer Hinsicht („100 Tonnen oder mehr“ Ziffer 8.12.2 Anhang 1 der 4. BImSchV) ergibt sich unter anderem aus den Ausführungen des Landratsamts im (bestandskräftigen) Bescheid vom 20. August 2018, wonach ca. 2.000 Tonnen vor Ort lagerten, wobei dieser Schätzung von klägerischer Seite nicht entgegengetreten worden ist. Ferner aus den in den Akten befindlichen Lieferscheinen für abtransportiertes Material, nach denen allein am 30. Juli 2020 deutlich über 200 Tonnen Material abtransportiert worden sind, während es sich hierbei entsprechend weiterer Lieferscheine vom 31. Juli 2020 und nachfolgendem Bildmaterial nicht um die Gesamtmenge des vorhandenen Materials handelte.
41
Auf die Frage, ob es sich darüber hinaus um gefährliche Abfälle handelt (Genehmigungsbedürftigkeit nach Ziffer 8.12.1. des Anhang 1 zur 4. BImSchV), was von der Klägerin bestritten wird, kommt es daher nicht an.
42
cc) Bei der vorliegenden Anlage ergibt sich eine Genehmigungspflicht in Abweichung von § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV bereits nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 2 für die zeitweilige Lagerung (vgl. Ziffer 8.12 der 4. BImSchV: „Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Abfällen“).
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dd) Überdies ergibt sich eine Genehmigungsbedürftigkeit auch aus § 1 Absatz Satz 1 der 4. BImSchV, da die Anlage ausweislich der vorliegenden Unterlagen länger als 12 Monate am selben Ort betrieben wurde.
44
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG sind somit erfüllt.
45
b) Die Beseitigungsanordnung erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft, § 114 VwGO, Art. 40 BayVwVfG.
46
aa) Entsprechend der Formulierung der Rechtsgrundlage, § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG als Soll-Vorschrift, kommt der Behörde ein eingeschränktes Ermessen zu, sodass sie in der Regel die vorgesehenen Anordnungen zu treffen hat, wenn nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
47
bb) Ein solcher ist hier nicht gegeben, da der Beseitigungsanordnung keine evidente Genehmigungsfähigkeit der Lagerung entgegensteht. Der Soll-Regelung des § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG ist zu entnehmen, dass die Behörde von der Anordnung nur abweichen darf, wenn ein atypischer Fall vorliegt und deshalb von der Beseitigung abgesehen werden kann (BayVGH, B.v. 24.04.2019 - 22 CS 19.441 - BeckRS 2019, 13688). Ein solcher Fall kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Betriebsstilllegung vorliegen, wenn die illegale Anlage offensichtlich genehmigungsfähig ist (BVerwG, U.v. 15.12.1989 - 7 C 35/87 - juris). Hierbei gehen Zweifel zu Lasten des Betreibers der ungenehmigten Anlage, da die Behörde nicht erst umfangreiche und zeitraubende Ermittlungen zur Genehmigungsfähigkeit anzustellen braucht, bei Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen auch nicht darf, was der Absicht des Gesetzgebers entspricht, dass eine Anlage nur und erst dann errichtet oder betrieben werden darf, wenn die Genehmigungsfähigkeit zuvor abschließend geprüft worden ist (VG Regensburg, B.v. 12.02.2019 - RN 7 S 18.1989 - BeckRS 2019, 13689). Ein atypischer Fall käme aber zudem nur dann in Betracht, wenn ein Genehmigungsantrag vorliegt und die vollständigen Antragsunterlagen eingereicht sind, da in einem solchen Fall die Behörde mit einer Beseitigungsverfügung dem Abschluss des Genehmigungsverfahrens zuvorkommen würde (vgl. Peschau in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Rn. 56 zu § 20).
48
Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich nicht, inwieweit hier ein solcher Ausnahmefall vorliegen könnte. Eine evidente Genehmigungsfähigkeit der Lagerung von Beton/Bauschutt oder sonstigen Bau- und Aushubmaterialien wurde bislang von der Klägerin nicht dargetan.
49
(1) Eine solche scheitert bereits daran, dass - trotz mehrfacher Ankündigung - kein entsprechender Genehmigungsantrag für die von der Klägerin begehrte Lagerung vorlag. Der Klägerin stand insbesondere seit der Stilllegungsanordnung mit Bescheid vom 20. August 2018 ausreichend Zeit zur Verfügung, eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu beantragen.
50
(2) Aufgrund der vorgefundenen Lagerung nicht endgültig spezifizierter unterschiedlicher Materialien, der ungeprüften Lärmsituation und der Lage im planungsrechtlichen Außenbereich kann auch nicht von vornherein von einer evidenten Genehmigungsfähigkeit ausgegangen werden, was sich auch aus den Besprechungsnotizen des Landratsamtes vom 9. Januar 2019 und 5. August 2019 ergibt, wo auf Klärungsbedarf hinsichtlich des Immissionsschutzes in Bezug auf Lärm und Luftreinhaltung sowie auf offene naturschutzfachliche Fragen hingewiesen worden ist und entsprechende Gutachten als Voraussetzung eines erfolgreichen Genehmigungsverfahrens angesehen worden sind. Dies wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen.
51
Sie stützt sich lediglich darauf, dass ein Genehmigungsverfahren bezüglich des Kiesabbaus und anschließender Verfüllung des Abbaubereichs mit dem gelagerten Material in Planung wäre.
52
(3) Überdies ist darauf hinzuweisen, dass nach eigenen Ausführungen der Klägerin der Grundstückseigentümer eine weitere Lagerung und Aufbereitung des Straßenaufbruchs auf seinem Grundstück wegen möglicher Spätfolgen gerade nicht (mehr) wünscht und eine entsprechende Planung daher nicht mehr weiter verfolgt werden soll. Einer entsprechenden Genehmigung stünde somit schon ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse entgegen. Ein etwaiges Genehmigungsverfahren für einen Kiesabbau und entsprechende Verfüllung der Kiesgrube, wie angeblich von der Klägerin geplant, betrifft aber schon einen anderen als den hier streitgegenständlichen Sachverhalt, worauf das Landratsamt zu Recht hinweist. Für die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt welcher es rechtfertigt vom Regelermessen abzuweichen, kommt es darauf an, ob die konkret illegale Anlage und nicht irgendein anderes (wenn auch möglicherweise ähnliches) Vorhaben auf dem Grundstück offensichtlich genehmigungsfähig ist. Zudem sind auch hierfür weder im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Landratsamts (s.o.) noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Planungen auch nur konkreter geworden, geschweige denn vollständige Genehmigungsunterlagen eingereicht worden.
53
Die Ansicht der Klägerin, es läge gerade ein Ausnahmefall vor, in welchem die Behörde die Soll-Vorschrift des § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG gerade nicht anwenden solle, kann somit nicht gefolgt werden.
54
Im Gegenteil wäre die Entscheidung der Behörde, von der Regel abzuweichen, obwohl keine Umstände vorliegen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, ermessensfehlerhaft. Die Behörde darf im Falle von Soll-Vorschriften von der Regel nur in Fällen abweichen, in denen die für den Normalfall geltende Regelung von der ratio legis offenbar nicht mehr gefordert wird, was nach vorstehenden Ausführungen hier nicht der Fall ist (Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage, 2021, § 114, Rn. 21).
55
cc) Der klägerische Einwand, das Landratsamt sei bei seiner Entscheidung von falschen zugrunde gelegten Tatsachen ausgegangen, indem es seine Entscheidung aus Sicht der Klägerin darauf stützte, dass zum einen Asphalt auf dem Grundstück gelagert werde, was nicht zutreffe, zum Anderen der Grundstückseigentümer seine Zustimmung für die vorhandenen Ablagerungen verweigern würde und deshalb bereits ein Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehle, was jedoch ebenfalls nicht zutreffend sei, geht fehl und vermag eine Ermessenfehlerhaftigkeit der Entscheidung des Landratsamtes nicht zu begründen.
56
Ermessensfehlerhaft ist ein Verwaltungsakt insbesondere, wenn die Behörde bei ihrem Handeln von unzutreffenden, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht (Kopp/Schenke, 27. Auflage, 2021, § 114, Rn. 12).
57
(1) In Bezug auf die vermeintlich falsche Annahme des Landratsamts, dass auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin Asphalt gelagert werde, würde sich eine solche falsche Annahme schon nicht auswirken, da es sich, wie oben dargelegt, um einen Fall des Regelermessens handelt und daher eine Beseitigungsanordnung zu erlassen war. Denn es lag, wie oben ausgeführt, kein entsprechender Ausnahmefall (offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens) vor.
58
Selbst wenn hier von einem Ermessensfehler wegen Zugrundelegung falscher Tatsachen ausgegangen würde, hätte sich dieser Fehler demnach im Ergebnis nicht auf die Entscheidung zum Erlass des Verwaltungsakts in seiner konkreten Form ausgewirkt, was einen solchen Fehler unbeachtlich macht, da es an einer Kausalität der ermessensfehlerhaften Erwägung für den Erlass des Verwaltungsaktes und damit am Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlen würde (BVerfG 84, 85, BVBl 1991, 805, NJW 1991, 2008). Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass zumindest die vorgelegten Lichtbilder der Ortseinsicht vom 9. November 2021 auch für die Ablagerung von Asphaltaufbruch sprechen.
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(2) Ebenso hat der klägerische Einwand, das Landratsamt hätte den Hinweis unberücksichtigt gelassen, dass bereits ein Genehmigungsverfahren betrieben werde, um den Kiesabbau und die anschließende Verfüllung des Abbaubereichs mit dem gelagerten Material genehmigen zu lassen, keinen Erfolg:
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Bei Bescheidserlass lag gerade kein entsprechender Antrag vor, vielmehr wurde seitens der Klägerin zuletzt kommuniziert, dass ein Genehmigungsverfahren für die Aufbereitung und Lagerung von Beton und vermischten Erdaushub zunächst nicht mehr weiter verfolgt werde (Schreiben vom 6. Oktober 2020).
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Bei einem potentiellen Genehmigungsverfahren in Bezug auf Kiesabbau und Verfüllung des Abbaubereichs handelt es sich um einen anderen Sachverhalt und ein anderes Verfahren (s.o.).
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Überdies liegt, ausweislich der Angaben des Landratsamts auch diesbezüglich kein Antrag seitens der Klägerin vor, zudem wäre auch dieses Verfahren nicht offensichtlich genehmigungsfähig (s.o.).
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Das Landratsamt ist somit zum einen nicht von falschen Tatsachen ausgegangen: Ein entsprechender Antrag wurde auch für die Wiederverfüllung der Kiesgrube bislang und insbesondere im Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht gestellt; überdies würde es auch keine Rolle spielen, falls ein entsprechender Genehmigungsantrag für die Wiederverfüllung der Kiesgrube gestellt worden wäre, da es sich insoweit um ein anderes, von der vorliegenden Lagerung unabhängiges Genehmigungsverfahren handelt und auch dieses gerade nicht offensichtlich genehmigungsfähig wäre.
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3. Die Anordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. November 2020 (Nachweiserbringung für die ordnungsgemäße Beseitigung der Abfälle) ist ebenfalls materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Die Behörde hat sich hier auf § 62 KrWG i.V.m. §§ 7 Abs. 3, 15 Abs. 2 KrWG sowie Art. 30 und 31 BayAbfG (Anm.: in der zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden a.F.) gestützt. Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des KrWG und der aufgrund des KrWG erlassenen Rechtsverordnungen, insbesondere auch zur Sicherstellung der Verpflichtungen aus §§ 7 Abs. 3, 15 Abs. 2 KrWG, treffen.
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Nach Art. 30 BayAbfG (a.F.) kann die zuständige Behörde zur Verhütung oder Unterbindung von Verstößen gegen Verordnungen der Europäischen Union im Bereich der Abfallwirtschaft, das Abfallverbringungsgesetz, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, das Batteriegesetz, das Verpackungsgesetz, dieses Gesetz oder die auf Grund der genannten Vorschriften erlassenen Rechtsvorschriften Anordnungen für den Einzelfall treffen, soweit eine solche Befugnis nicht in anderen abfallrechtlichen Vorschriften enthalten ist. Nach Art. 31 Abs. 1 BayAbfG (a.F.) bestimmt, dass wer in unzulässiger Weise Abfälle behandelt, lagert oder ablagert, ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet ist. Die zuständige Behörde kann nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayAbfG (a.F.) die erforderlichen Anordnungen treffen.
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b) Vorliegend dürfte allerdings § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrWG wohl als die speziellere Rechtsgrundlage anzusehen sein. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde anordnen, dass die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler, Makler oder Entsorger von Abfällen, jedoch ausgenommen private Haushaltungen, Register oder Nachweise zu führen und vorzulegen oder Angaben aus den Registern mitzuteilen haben, soweit Pflichten nach den §§ 49 und 50 KrWG nicht bestehen. Adressaten einer behördlichen Anordnung nach dieser Vorschrift sind insbesondere auch Erzeuger und Besitzer von nicht gefährlichen Abfällen, da sie grundsätzlich von den Register- und Nachweispflichten ausgenommen sind (Umkehrschluss aus § 49 Abs. 3 sowie § 50 Abs. 1 KrWG, vgl. BeckOK: Umweltrecht, 60. Edition, 1.1.2021, § 51 KrWG, Rn. 2).
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c) Dass der Beklagte sich nicht auf § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrWG gestützt hat, ist schon deshalb unschädlich, weil die Verwaltungsgerichte im Rahmen des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO von Amts wegen zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört - in rechtlicher Hinsicht - die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96 ff.; U.v. 30.6.1989 - 4 C 40.88 - BVerwGE 82, 185/188; BVerwG U.v. 12.4.1991, 8 C 92.89, NVwZ 1991, 999). Weiter sind - in tatsächlicher Hinsicht - alle Umstände zu berücksichtigen, die die - gesamte oder teilweise - Aufrechterhaltung des angefochtenen Bescheids zu rechtfertigen vermögen (BVerwG, U.v. 25.2.1994 - 8 C 14.92 - BVerwGE 95, 176/184).
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d) Auch der Umstand, dass § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KrWG eine Ermessensentscheidung vorsieht, steht der Aufrechterhaltung der angefochtenen der angefochtenen Verpflichtung nicht entgegen, denn auch § 62 KrWG sieht behördliches Ermessen vor. Das gleiche gilt für Art. 30 und 31 BayAbfG (a.F.). Ist die beklagte Behörde - wie hier - für beide Ermächtigungsgrundlagen zuständig (s. dazu VGH Mannheim, U.v. 26.5.1994 - 5 S 2637/93 - NVwZ 1995, 397), wäre nur dann eine andere rechtliche Beurteilung zu erwägen, wenn die nach der (als unzutreffend erkannten) Norm getroffene Ermessensentscheidung nicht dem „normspezifischen Zuschnitt“ der (richtigen) Ermessensnorm entspräche (vgl. Gerhardt, in Schoch u. a., VwGO, Stand April 2013, § 113 Rn. 21). Dies ist hier auszuschließen: Beide Rechtsgrundlagen sind abfallrechtlicher Natur und bezwecken dasselbe Ziel: die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Abfällen.
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e) Auch sonst sind Ermessensfehler nicht ersichtlich, insbesondere hat sich der Beklagte auch darauf bezogen, dass die Abfälle bereits durch illegale Ablagerung an diese Stelle gekommen sind (vgl. hierzu Landmann/Rohmer, Umweltrecht, September 2021, § 51 KrWG, Rn. 19). Die Anordnung ist auch verhältnismäßig: Sie ist zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet, da durch die Anordnung überwacht werden kann, dass sich die Klägerin auch tatsächlich an die gesetzlichen Vorgaben zur Abfallbeseitigung hält, wodurch die Erreichung des Zwecks jedenfalls gefördert wird, da selbst bei Zuwiderhandlung im Interesse des Schutzzwecks reagiert werden kann, um nachteilige Folgen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Die Anordnung ist auch erforderlich, da kein gleich geeignetes, milderes Mittel ersichtlich ist. Insbesondere veranlassen das in der Vergangenheit rechtswidrige Verhalten der Klägerin bezüglich der illegalen Lagerung des Materials und deren fehlende Reaktion auf formlose Aufforderungen zu der Annahme, dass ein bloßer Hinweis auf die zu beachtenden Verpflichtungen aus §§ 7 Abs. 2, 15 Abs. 3 KrWG bei der Entsorgung des gelagerten Materials nicht sicher ausreicht, um diese zu einem tatsächlich vollumfänglich rechtmäßigen Vorgehen zu bewegen. Zuletzt ist die Anordnung auch angemessen, da die Erbringung von schriftlichen Nachweisen zum Entsorgungsvorgang und Verbleib des zu beseitigenden Abfalls die Klägerin nicht unverhältnismäßig schwerwiegend belastet, sich demgegenüber das bisherige klägerische Verhalten aber gerade derart abgezeichnet hat, dass sich ein erhöhtes Interesse an einer verstärkten Kontrolle der ordnungsgemäßen Entsorgung des Abfalls ergibt, da sich die Klägerin in der Vergangenheit wiederholt Aufforderungen und Anordnungen zuwider verhalten hat und nicht zuletzt die Lagerung des Materials originär bereits illegal ist.
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4. Schließlich wurden auch in Bezug auf die übrigen Bestimmungen des angefochtenen Verwaltungsakts, insbesondere der Zwangsgeldandrohung (Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids) von der Klägerseite rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch sind sie sonst veranlasst.
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Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).