Titel:
Rechtmäßige Stilllegungs- und Beseitigungsanordnung bei illegaler Lagerung von Bau- und Aushubmaterialien
Normenketten:
BImSchG § 20 Abs. 2 S. 1
4. BImSchV § 1 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Das Erfordernis, einen entsprechenden Antrag für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Lagerung von Abbruchmaterial zu stellen, entfällt auch dann nicht, wenn der gelagerte Bauschutt zur Wiederverfüllung einer Kiesgrube verwendet werden soll, weil dies dem gelagerten Abbruchmaterial nicht die Abfalleigenschaft nimmt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird ein Genehmigungsantrag zur Legalisierung des Betriebs einer immissionsschutzrechtlichen Anlage im Nachhinein nicht gestellt, dann kann die Verwaltungsbehörde auch nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit ausgehen, nach der ein Absehen von der Beseitigungsanordnung wegen eines atypischen Ausnahmefalls gerechtfertigt werden könnte. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Gefährlichkeit des Abfalls ist schon bei der Prüfung der formellen Illegalität unerheblich. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anlage zum Lagern, Aufbereiten und Brechen von ungefährlichen Bau- und Abbruchmaterialien, Beseitigungsanordnung, atypischer Ausnahmefall, Verhältnismäßigkeit, Abfalleigenschaft
Vorinstanz:
VG München, Gerichtsbescheid vom 08.03.2022 – M 28 K 20.6718
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29808
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 6.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 17. November 2020 weiter. Mit diesem Bescheid wurde die Klägerin u.a. verpflichtet, den auf den Grundstücken FlNrn. …, … und … (Anlagengrundstück) gelagerten Bauschutt/Beton und sonstige Bau- und Aushubmaterialien zu beseitigen, weil sie die für die Lagerung erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht besitze und trotz der bestandskräftigen Nutzungsuntersagung weiterhin Bauschutt ohne Genehmigung lagere und sogar neues Material angeliefert werde.
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Diesem Bescheid vorangegangen war der Bescheid vom 8. August 2018, mit dem der Beklagte der Klägerin die Weiterführung des Betriebs von Brechanlagen sowie die Lagerung von Beton/Bauschutt oder sonstiger Bau- und Abbruchmaterialien auf den betreffenden Grundstücken untersagt hat. Der Beklagte verzichtete „vorerst auf eine darüber hinausgehende Beseitigung“ (Ziffer 2.2 des Bescheids vom 8.8.2018). Der Klägerin bleibe es unbenommen, einen entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag zu stellen (Hinweis unter Ziffer 2.1). Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 mit, dass die Genehmigung für die Aufbereitung und Lagerung von Beton und vermischtem Erdaushub zunächst nicht mehr weiterverfolgt werde. Es werde eine Planung für die Weiterführung des Kiesabbaus und die Wiederverfüllung des Abbaubereichs erstellt.
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Das Verwaltungsgericht München wies die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 17. November 2020 mit Urteil vom 1. Juni 2022, in dem es auf den Gerichtsbescheid vom 8. März 2022 Bezug nahm, ab.
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Mit ihrem fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
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Der Beklagte ist dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegengetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung der Klägerin (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich nicht, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vorliegen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 - 2 BvR 2426.17 - juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62f.).
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Das Verwaltungsgericht hat im Gerichtsbescheid ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 BImSchG vorlägen, weil die Lagerung von Beton/Bauschutt und sonstigen Bau- und Aushubmaterialien eine genehmigungsbedürftige Anlage i.S.d. § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, 2 der 4. BImSchV i.V.m. Ziffer 8.12.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV darstelle. Bei den gelagerten Materialien handle es sich um nicht gefährliche Abfälle mit einer Kapazität von 100 Tonnen oder mehr. Der Bauschutt sei als Abfall zu qualifizieren, da die primäre Absicht der Klägerin nicht in der Gewinnung von Baustoffen bzw. Bauschutt bestanden habe, sondern der Bauschutt beim Straßenbau angefallen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob gegebenenfalls eine spätere Verwendung zum Auffüllen der Kiesgrube in Betracht komme, da diese bereits die Verwertung des Abfalls betreffe. Daher komme es nicht auf die Frage an, ob es sich darüber hinaus um gefährliche Abfälle handle. Die Beseitigungsanordnung erweise sich auch nicht als ermessensfehlerhaft. Es liege kein atypischer Ausnahmefall vom Regelfall des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG vor. Der Beseitigungsanordnung stehe nicht die evidente Genehmigungsfähigkeit der Lagerung der Abfälle entgegen. Zweifel gingen zu Lasten des Betreibers. Zudem müsse ein Genehmigungsantrag vorliegen und die vollständigen Antragsunterlagen eingereicht sein. Aus den Darlegungen der Klägerin ergebe sich nicht, inwieweit hier ein Ausnahmefall vorliegen könnte. Die Klägerin habe trotz mehrfacher Ankündigung keinen entsprechenden Genehmigungsantrag vorgelegt, obwohl seit der Stilllegungsanordnung hinreichend Zeit dafür bestanden habe. Aus den Besprechungsnotizen des Landratsamtes vom 9. Januar 2019 und 5. August 2019 ergebe sich, dass nicht von einer evidenten Genehmigungsfähigkeit ausgegangen werden könne. Zudem fehle einem entsprechenden Genehmigungsantrag schon das Sachbescheidungsinteresse, weil der Grundstückseigentümer eine Lagerung des Straßenaufbruchs auf seinem Grundstück nicht mehr wünsche und die entsprechende Planung nicht mehr weiterverfolgt werde. Ein etwaiges Genehmigungsverfahren für einen Kiesabbau und die Verfüllung der Kiesgrube betreffe nicht den hier streitgegenständlichen Sachverhalt. Da es sich bei der Beseitigungsanordnung um einen Fall des Regelermessens handle, würde sich die vermeintlich falsche Annahme des Landratsamts, auf den betreffenden Grundstücken werde Asphalt gelagert, nicht auswirken. Zudem würde es an der Kausalität der ermessensfehlerhaften Erwägungen für den Erlass des Verwaltungsakts fehlen. Ob bereits ein Genehmigungsverfahren für den Kiesabbau und die anschließende Wiederverfüllung betrieben werde, spiele keine Rolle, weil es sich um ein anderes, von der vorliegenden Lagerung unabhängiges Verfahren handle. Im Urteil vom 1. Juni 2022 führte das Verwaltungsgericht ergänzend zum Gerichtsbescheid aus, dass sich ein Genehmigungsverfahren nur dann auf die Ermessensentscheidung auswirke, wenn eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorläge. Diese bestehe auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht. Zudem dürften nach Angaben der Klägerin nicht alle derzeit auf dem Anlagengrundstück lagernden Materialien in die Kiesgrube verfüllt werden, so dass sich eine etwaige Abgrabungsgenehmigung zumindest nicht auf diese Materialien erstrecke. Zwischen der beantragten Abgrabungsgenehmigung und der erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestehe keine Verfahrensidentität.
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Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung führt die Klägerin an, das Verwaltungsgericht habe § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG falsch angewendet. Es liege ein atypischer Ausnahmefall vor, weil das Landratsamt noch im Bescheid vom 20. August 2018 darauf hingewiesen habe, dass die Nutzungsuntersagung aus formellen Gründen ausgesprochen werde. Für eine sofortige Beseitigung der gelagerten Materialien habe es keinen Anlass gesehen. Mit dieser Einschätzung habe sich das Landratsamt dahingehend festgelegt, dass von den Ablagerungen keine Gefahr ausgehe und diese auch über einen längeren Zeitraum hingenommen werden könnten. Das Landratsamt habe insbesondere keinen Zeitraum festgelegt, innerhalb dessen der Genehmigungsantrag durch die Klägerin zu stellen sei. Dies habe auch das Verwaltungsgericht festgehalten. Dies führe zu dem Ergebnis, dass das vom Landratsamt ausgeübte Ermessen fehlerhaft sei, weil es plötzlich seine Rechtsauffassung hinsichtlich der gelagerten Materialien geändert habe. Die fehlende Differenzierung zwischen den gefährlichen und ungefährlichen Materialien verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Verwaltungsgericht könne auch nicht geltend machen, dass der Antrag auf Erteilung einer Abgrabungsgenehmigung erst nach Ergehen des streitgegenständlichen Bescheids eingereicht worden sei. Ergänzend werde auf die erstinstanzliche Klagebegründung verwiesen.
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Mit diesen Ausführungen zieht die Klägerin die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung jedoch nicht ernsthaft in Zweifel. Auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beseitigungsanordnung des Landratsamtes nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG im Bescheid vom 17. November 2020 ermessensfehlerfrei ergangen und verhältnismäßig ist.
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Nach dieser Vorschrift soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Es entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass bei Vorliegen einer Genehmigungspflicht der ohne Genehmigung aufgenommene Betrieb regelmäßig allein schon wegen der daraus resultierenden formellen Illegalität nach § 20 Abs. 2 BImSchG eine Stilllegungs- bzw. Beseitigungsanordnung rechtfertigt und ein Ermessensspielraum der Behörde nur in atypischen Ausnahmefällen zu bejahen ist (HessVGH, B.v 1.3.2019 - 9 A 1393/16.Z - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 28.5.2018 - 22 CE 17.2260 - juris Rn. 147; OVG NW, B.v. 8.11.2016 - 8 B 1395/15 - juris Rn. 70; HessVGH; B.v. 7.12.2016 - 9 B 2319/16 - Rn. 15; OVG NW, B.v. 4.9.2013 - 8 B 892/13 - juris Rn. 8). Nur in solchen Fällen verpflichtet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu einer Prüfung der Frage, ob ein milderes Mittel ausreicht, um die Einhaltung der sich aus § 5 BImSchG ergebenden Betreiberpflichten zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 7.7.2020 - 22 CS 20.895 - juris Rn. 61). Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn eine Anlage offensichtlich genehmigungsfähig ist, wobei die Beurteilung dieser Frage wiederum voraussetzt, dass ein hinreichend konkreter Genehmigungsantrag vorliegt, anhand dessen die Genehmigungsfähigkeit beurteilt werden kann. Vorliegend fehlt es entgegen dem Vorbringen der Klägerin an einem solchen Genehmigungsantrag. Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit ist dann anzugehen, wenn die Behörde begründeten Anlass für die Annahme hat, die Anlage entspreche so, wie sie betrieben wird, den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen. Somit kommt es darauf an, dass der Genehmigungsantrag für die aktuell betriebene (bzw. im vorliegenden Fall für die durch den Bescheid vom 20. August 2018 stillgelegte) Anlage gestellt wird. Darauf hat das Landratsamt im Bescheid vom 8. August 2018 ausdrücklich hingewiesen. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht angenommen, dass der nach Ergehen des streitgegenständlichen Bescheids gestellte Antrag für eine Abgrabungsgenehmigung und die Wiederverfüllung der Kiesgrube für die im Rahmen der Beseitigungsanordnung zu prüfende (offensichtliche) Erlaubnisfähigkeit einer Anlage zur Behandlung und Lagerung von Abfällen nicht relevant ist. Denn die Absicht der Klägerin, den gelagerten Bauschutt zur Wiederverfüllung einer Kiesgrube, für die von einem Dritten ein Antrag auf Erteilung einer Abbaugenehmigung gestellt wurde, zu verwenden, nimmt dem gelagerten Abbruchmaterial nicht die Abfalleigenschaft. Zudem wäre es auch nicht zulässig, das gesamte derzeit auf dem Anlagengrundstück gelagerte Material in die Kiesgrube zu verfüllen, so dass die weitere Lagerung auch nicht von einer etwaigen Abgrabungs- und Wiederverfüllungsgenehmigung gedeckt wäre. Das Erfordernis, einen entsprechenden Antrag für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Lagerung des Abbruchsmaterial zu stellen, entfällt daher nicht.
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Auch das Vorbringen der Klägerin, das Landratsamt habe bei Erlass der Stilllegungsanordnung keinen Anlass für eine Beseitigung des gelagerten Materials gesehen, weil es ungefährlich sei, und zudem keine Frist für die Stellung des Genehmigungsantrags gesetzt, vermag das Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalls im Rahmen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nicht zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass es für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Stilllegungs- oder Beseitigungsanordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ausreichend ist, wenn die Anlage formell illegal betrieben wird, und sich vorliegend die Genehmigungsbedürftigkeit bereits aus dem Umfang der gelagerten Mengen ungefährlichen Abfalls ergibt (Ziffer 8.12.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV). Ob daneben auch noch Asphalt gelagert wird, ist für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit und damit des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG unerheblich. Grundsätzlich kann die Behörde die Beseitigung an Stelle der bloßen Stilllegung oder auch zusätzlich anordnen. Ob sie das tut oder sich auf die Stilllegung beschränkt, liegt in ihrem Ermessen (Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 20 Rn. 49). Entgegen der Darstellung der Klägerin lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass das Landratsamt bei Erlass der Stilllegungsanordnung davon ausgegangen ist, dass das gelagerte Material ungefährlich sei, so dass auf eine Beseitigungsanordnung verzichtet werden könne. Vielmehr hat das Landratsamt im Bescheid vom 8. August 2018 ausgeführt, dass über die stoffliche Zusammensetzung des Materials (gefährlich oder ungefährlich) nichts bekannt sei und die Anordnung des Sofortvollzugs für die Stilllegungsanordnung damit begründet, dass nicht absehbar sei, in welchem Umfang von der Anlage schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen. Insbesondere hat das Landratsamt keinen Vertrauenstatbestand beschaffen, dass auf den Erlass einer Beseitigungsanordnung verzichtet werde. In Ziffer 2.2 des Bescheids vom 8. August 2018 wird ausdrücklich nur „vorerst“ auf den Erlass einer Beseitigungsanordnung verzichtet. Zudem hat die Klägerin weiterhin trotz der bestandskräftigen und sofort vollziehbaren Stilllegungsanordnung Material anliefern lassen. Des Weiteren sollte der Klägerin die Gelegenheit gegeben werden, einen Genehmigungsantrag für die Lagerung und Behandlung des Abbruchsmaterials zu stellen, um die Genehmigungsfähigkeit der Anlage zu prüfen. Hätte sich die Anlage als genehmigungsfähig erwiesen, hätte das Landratsamt auf eine Beseitigungsanordnung verzichtet. Zutreffend ist der Einwand der Klägerin, das Landratsamt habe keine Frist für die Einreichung des Genehmigungsantrags gesetzt. Nachdem jedoch die Klägerin mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 mitgeteilt hatte, dass die Genehmigung für die Aufbereitung und Lagerung von Beton und vermischtem Erdaushub nicht mehr weiterverfolgt werde, weil der Grundstückseigentümer dies nicht wünsche, musste das Landratsamt davon ausgehen, dass es zu keiner formellen und materiellen Legalisierung der Lagerung des auf dem Anlagengrundstück befindlichen Materials mehr kommen werde, so dass es keinen Grund mehr für ein weiteres Belassen der illegalen Ablagerungen auf dem Anlagengrundstück gab. Aufgrund des fehlenden Genehmigungsantrags konnte das Landratsamt auch nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der Lagerung ausgehen, der ein Absehen von der Beseitigungsanordnung wegen eines atypischen Ausnahmefalls gerechtfertigt hätte. Der Antrag auf Erteilung einer Abgrabungs- und Wiederverfüllungsgenehmigung ersetzt den erforderlichen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - wie bereits oben dargelegt - nicht.
14
Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste das Landratsamt hinsichtlich des Umfangs der Anordnung nicht zwischen gefährlichen und ungefährlichen Materialien differenzieren. Die für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ausreichende formelle Illegalität des Anlagenbetriebs ergibt sich bereits aus dem Umfang des abgelagerten Materials (s.o.) unabhängig von der Zusammensetzung bzw. Gefährlichkeit der gelagerten Abfälle. Allein die formelle Illegalität rechtfertigt den Erlass der hier streitgegenständlichen Beseitigungsanordnung. Liegt ein atypischer Ausnahmefall nicht vor, verdichtet sich das behördliche Ermessen zu einer Handlungspflicht. Nur in atypischen Fällen steht das Eingreifen im Ermessen der Behörde (BayVGH, B.v 24.4.2019 - 22 CS 19.441 - juris Rn.11; OVG Bln-Bbg, B.v. 12.3.2018 - 11 S 12.18 - juris Rn.30). Da die Gefährlichkeit des Abfalls schon bei der Prüfung der formellen Illegalität unerheblich ist, vermag die von der Klägerin behauptete Ungefährlichkeit auch keinen atypischen Ausnahmefall zu begründen, so dass ein Ermessen des Landratsamtes bei der Beseitigungsanordnung, im Rahmen dessen es die Gefährlichkeit des gelagerten Materials hätte berücksichtigen müssen, nicht gegeben ist.
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Soweit die Klägerin pauschal auf ihr Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verweist, erfüllt sie bereits nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 59).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 19.1.7 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).