Inhalt

VGH München, Beschluss v. 11.10.2022 – 15 ZB 22.868
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wgen Baugenehmigung für Nachbargrundstück

Normenketten:
VwGO § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 S. 2
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BayBauO Art. 6
Leitsätze:
1. Eine heranrückende Wohnbebauung bzw. eine sonstige heranrückende immissionsempfindliche Nutzung verletzt  gegenüber einem bestehenden emittierenden (insbes. landwirtschaftlichen) Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert (BVerwG BeckRS 2013, 46294). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nur die Beeinträchtigungen, die eine legale Nutzung mit sich bringt, können im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs als Vorbelastung in Ansatz gebracht werden, die der Rücksichtnahmeverpflichtete hinzunehmen hat. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Macht der Rechtsmittelführer im Rahmen eines Berufugszulassungsantrags geltend, die Unrichtigkeit des festgestellten Sachverhalts ergebe sich aus neuen Tatsachen oder Beweismitteln, die nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens waren, genügen zur Darlegung ernstlicher Zweifel keine bloßen Behauptungen, sondern neuer Tatsachenvortrag und Beweisangebote sind  derart zu substantiieren bzw. darzulegen, dass dem Berufungsgericht die summarische Prüfung ermöglicht wird, ob die Erfolgsaussichten der Berufung im Falle der Zulassung offen sind. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
4. Enthalten Landesbauordnungen keine ausdrückliche Regelung zum Erlöschen des Bestandsschutzes bei Nutzungsunterbrechungen, ist auf die Regelung in § 43 Abs. 2 LVwVfG abzustellen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt), Anforderungen an die (rechtzeitige) Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes, Unterzeichnung des endgültigen Urteils durch alle Berufsrichter, Gebot der Rücksichtnahme, Geruchsbelastung, Variationsbreite einer Baugenehmigung, Grenzen des Bestandschutzes für eine landwirtschaftliche Tierhaltung, Strukturwandel in der Landwirtschaft, Grenzen der Berücksichtigung von Erweiterungsinteressen eines Landwirts, kein Gebietserhaltungsanspruch auf Bewahrung des Außenbereichs, Berufungszulassungsverfahren, ernstliche Zweifel, Darlegungspflicht, bes. tatsächliche Schwierigkeiten, bes. rechtliche Schwierigkeiten, Divergenzrüge, Bauplanungsrecht, Einfügen, Bestandsschutz, Rücksichtnahmegebot, Landwirtschaft, Geruchsbelästigung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 24.02.2022 – Au 5 K 21.1660
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29757

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger ist Eigentümer eines von ihm im Jahr 2009 erworbenen Grundstücks mit Wohntrakt und landwirtschaftlichen Nebengebäuden (FlNr. ... Gemarkung W., FlNr.-Angaben im Folgenden betreffen dieselbe Gemarkung). Der dortige Baubestand besteht aus zwei Baukomplexen. Ein größerer n ö r d l i c h e r Baukomplex erstreckt sich in West-Ost-Richtung auf insgesamt ca. 39 m in geringem Abstand zur nördlichen Grundstücksgrenze und setzt sich aus einem westlichen Wohnkomplex (Länge in West-Ost-Richtung ca. 11 m, Tiefe in Nord-Süd-Richtung ca. 8,50 m), einem in gleicher Breite angebauten Nutzteil als Mittelteil (Länge in West-Ost-Richtung ca. 17 m) sowie einem den Baukomplex im Osten abschließenden, an den Mittelteil angebauten schmaleren Nutzteil (Länge in West-Ost-Richtung ca. 11 m, Tiefe in Nord-Süd-Richtung ca. 7,30 m) zusammen. Ca. 11 m s ü d l i c h davon befindet sich auf dem Grundstück des Klägers etwa parallel zum vorgenannten Baukomplex ein weiteres Nutzgebäude (Länge in West-Ost-Richtung ca. 16,50 m, Tiefe in Nord-Süd-Richtung ca. 8,50 m).
2
Der Kläger wendet sich in diversen gerichtlichen Verfahren gegen fünf dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigungen für jeweils ein Doppelhaus auf den nördlich und nordwestlich seines Anwesens gelegenen (heutigen) FlNrn.-Paaren …2 und …3, …4 und …5, …6 und …7, …8 und …9 sowie …10 und …11. Diese Grundstücke liegen ebenso wie das Grundstück des Klägers nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Im vorliegenden Verfahren geht es um die mit Bescheid vom 5. Juli 2021 erteilte Baugenehmigung für ein Doppelhaus auf dem heutigen FlNrn.-Paar …4 und …5 (Az. des Landratsamts D. … … …- …...), gegen die der Kläger am 6. August 2021 Anfechtungsklage erheben ließ. Mit Beschluss vom 3. November 2021 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Eilantrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juli 2021 erhobenen Anfechtungsklage ab; hiergegen wurde keine Beschwerde eingelegt.
3
Unter dem 9. November 2021 reichte der Kläger bei der Standortgemeinde einen Bauantrag für das auf seinem Grundstück FlNr. ... umzusetzende Vorhaben „Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude“ ein, der nach Versagung des gemeindlichen Einvernehmens beim Landratsamt am 2. Februar 2022 einging. Dieser Bauantrag betrifft laut den in Kopie vorliegenden Plänen (vgl. Bl. 164 ff. der VG-Akte 5 K 21.1661 sowie Bl. 150 ff. der VG-Akte 5 K 21.1661) ausschließlich den nördlichen Baukomplex auf dem Klägergrundstück, wobei in den zugehörigen Plänen der mittlere Nutzteil als „Schweinestall 1“ und der östliche (kleinere) Nutzteil als „Schweinestall 2“ bezeichnet wird.
4
Mit Urteil vom 24. Februar 2022, das dem Bevollmächtigten des Klägers am 18. März 2022 zugestellt wurde, wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 5. Juli 2021 ab. Nach den Entscheidungsgründen des Urteils werde der Kläger durch den streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Ein sog. Gebietserhaltungsanspruch scheide aus. Eine Nachbarschutzverletzung sei am Maßstab des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots weder mit Blick auf eine vom Kläger behauptete bestandsgeschützte sowie künftig geplante Schweinehaltung noch aus anderen Gründen gegeben. Trotz genehmigter Auffüllungen halte das streitgegenständliche Vorhaben die bauordnungsrechtlich geforderten Abstandsflächen ein. Etwaige (dauerhafte) darüberhinausgehende Auffüllungen seien nicht Bestandteil der Baugenehmigung und damit hier nicht verfahrensgegenständlich. Dasselbe gelte für eine vom Beigeladenen errichtete Stützmauer. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger durch die von ihm gerügten Geländeveränderungen in nachbarschützenden Rechten verletzt sein könnte.
5
Mit Beschlüssen vom 3. März 2022 lehnte das Verwaltungsgericht die Anträge des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner zwischenzeitlich erhobenen Klagen auf Aufhebung dreier weiterer Baugenehmigungen vom 24. November 2021 für Doppelhäuser auf den benachbarten Grundstücken FlNrn. …6 und …7, FlNrn. …8 und …9 sowie FlNrn. …10 und …11 ab. Die hiergegen gerichteten Beschwerden des Klägers wies der Senat mit Beschlüssen vom 22. April 2022 (Az. 15 CS 22.872, 15 CS 22.873 und 15 CS 22.874) zurück.
6
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vom 24. Februar 2022 (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), auf besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie auf eine Divergenz zu einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) stützt, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Der Kläger hat dem Senat (jeweils integriert in den Antragsbegründungsschriftsatz vom 18. Mai 2022) Kopien eines Schreibens des Staatsarchivs Augsburg vom 18. Mai 2022, in dem die Existenz diverser älterer Baugenehmigungsbescheide für das klägerische Grundstück FlNr. ... bestätigt wird, sowie eines weiteren Bauantrags für dieses Grundstück vom 30. März 2022 für das auf seinem Grundstück FlNr. ... umzusetzende Vorhaben „Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines Schweinestalls in das Stall- und Stadelgebäude“ [u.a. unter Angabe einer Schweinehaltung für „Mastschweine (25 kg bis 110 kg)“ mit einer Stückzahl von 180 („Baugrundstück alter Bestand“)] vorgelegt.
7
Mit weiterem Schriftsatz vom 8. August 2022, mit dem er seinen Antrag auf Zulassung der Berufung ergänzend begründet, hat der Kläger Kopien der im Schreiben des Staatsarchivs vom 18. Mai 2022 aufgelisteten Genehmigungsunterlagen samt genehmigter Pläne vorgelegt, die bereits vorher in digitaler Form vom Beklagten mit Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 18. Juli 2022 eingereicht worden waren. Für den nördlichen Gebäudekomplex in unmittelbarer Nähe der nördlichen Grundstücksgrenze der FlNr. ... handelt es sich um folgende Baugenehmigungen:
8
- Baugenehmigung aus dem Jahr 1872 „zum Wiederaufbauen des abgebrannten Wohnhauses für J. K.“,
9
- Baugenehmigung aus dem Jahr 1878 für einen Kamin im (westlichen) Wohntrakt,
10
- genehmigter Bauplan aus dem Jahr 1906 für einen „Anbau“ bzw. „über einen Viertelanbau für den Oekonomen J. K.“,
11
- Baugenehmigung aus dem Jahr 1928 für einen neuen Kamin im (westlichen) Wohntrakt,
12
- Baugenehmigung des Vorhabens „Aufbau eines Kniestocks auf Scheune“ aus dem Jahr 1935,
13
- Baugenehmigung des Vorhabens „Aufbau eines Kniestocks auf Wohnhaus“ aus dem Jahr 1950.
14
Für das kleinere, 11 m südlicher platzierte Nutzgebäude sind folgende Genehmigungsunterlagen aus dem Staatsarchiv in Kopie eingereicht worden:
15
- Baugenehmigung aus dem Jahr 1910 „über Herstellung eines neuen Stadels für den Oekonomen J. K.“,
16
- Baugenehmigung des Vorhabens „Anbau eines Schweinestalles mit Waschküche und Einbau eines Kellers sowie einer Garage“ aus dem Jahr 1959.
17
Ferner wurde die Kopie einer archivierten Baugenehmigung aus dem Jahr 1966 für eine „Fassadenänderung“ sowie den „Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube“ vorgelegt. Aus den Bauplänen ergibt sich, dass sich die Fassadenänderung auf den (westlichen) Wohntrakt im nördlichen Gebäudekomplex bezieht. Der Standort für die Dunglege mit Jauchegrube lässt sich den Unterlagen aus dem Staatsarchiv nicht eindeutig entnehmen; aus den vorliegenden Behördenunterlagen ist aber abzuleiten, dass diese Anlage unmittelbar nordwestlich des kleineren südlichen Nutzgebäudes zu verorten ist (vgl. die vom Kläger dem Landratsamt vorgelegte Planzeichnung mit Lageplan Bl. 29 der Bauakte 430-348/20).
18
Der Beklagte und der Beigeladene haben im Zulassungsverfahren die erstinstanzliche Entscheidung als richtig verteidigt. Der Beigeladene hat unter Vorlage eines nicht unterschriebenen Schriftstücks vom 8. März 2019 im Schwerpunkt vorgetragen, der Kläger habe ihm gegenüber bestätigt, dass auf seinem Grundstück an der nördlichen Grenze „keine Tierhaltung mehr untergebracht“ sei und dass deswegen „wegen irgendwelcher Immissionen keine Bedenken“ bestünden. Dem ist der Kläger im Schriftsatz vom 8. August 2022 entgegengetreten.
19
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Zum ebenso abgelehnten Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen ein weiteres Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2022 (Az. 5 K 21.1660), mit dem die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Baugenehmigungsbescheid (ebenfalls vom 5. Juli 2021) für ein Doppelhaus auf den benachbarten FlNrn. …2 und …3 abgewiesen wurde, wird auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren 15 ZB 22.867 sowie auf die zugehörigen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
20
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
21
1. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens ist ein wirksames erstinstanzliches Urteil, auch wenn sich unmittelbar nach der Rechtsbehelfsbelehrungdes vollständigen, mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehenen (Original-) Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2022 (Seite 39, Bl. 236 der VG-Akte 5 K 21.1660) nur die Unterschriften der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts (als Vorsitzende) und einer Beisitzerin finden, nicht aber die Unterschrift des weiteren richterlichen Beisitzers, der an der Entscheidung mitgewirkt hat. Weil der den Entscheidungsverbund abschließende Streitwertbeschluss der Urteilsurkunde eine Seite später (Seite 40) auf der Rückseite von allen drei Berufsrichtern unterschrieben worden ist, kann dies aber nur so verstanden werden, dass auch der Richter, dessen „erste“ Unterschrift unmittelbar im Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrungfehlt, mit seiner einmaligen, „abschließenden“ Unterzeichnung des gesamten Schriftstücks unterhalb des Streitwertbeschlusses dessen Gesamtinhalt - einschließlich des voranstehenden Urteils - vollständig billigen wollte. Hinzu kommt, dass der weitere richterliche Beisitzer hier bereits unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2022 den Urteilstenor mitunterzeichnet hat, der der Geschäftsstelle im Anschluss übergeben wurde (Bl. 212 der VG-Akte 5 K 21.1660). Ein Verstoß gegen § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der zur automatischen Unwirksamkeit der Urteile führen würde, liegt daher nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 5.3.1998 - 7 C 21.97 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 8 = juris Rn. 7; SächsOVG, B.v. 7.7.2015 - 4 A 700/13 - juris Rn. 22).
22
2. Der Vortrag des Beigeladenen im Berufungszulassungsverfahren im Schriftsatz vom 1. Juli 2022, wonach der Kläger laut „einem Schriftverkehr aus dem Jahre 2019“ mitgeteilt habe, „dass in dem streitgegenständlichen Objekt keine Tierhaltung mehr untergebracht ist und auch nicht mehr untergebracht wird“ (vgl. das vorgelegte, nicht unterschriebene Schriftstück vom 8. März 2019, Bl. 104 der VGH-Akte 15 ZB 22.868) spielt für die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung (etwa unter dem Gesichtspunkt der Ergebnisrichtigkeit analog § 144 Abs. 4 VwGO, vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2018 - 15 ZB 17.1003 - juris Rn. 10 m.w.N.) keine Rolle. Der Kläger ist diesem Vortrag des Beigeladenen mit Schriftsatz vom 8. August 2022 plausibel entgegengetreten und hat hierzu ausgeführt, der Beigeladene habe den diesbezüglichen Text selber verfasst und ihm - dem Kläger - per E-Mail am 8. März 2019 sowie nochmals mit E-Mail vom 31. März 2019 mit der Bitte um Unterschrift und Rücksendung übermittelt; eine Unterzeichnung und Rücksendung der Erklärung sei aber nie erfolgt. Hierzu hat der Beigeladene nichts mehr erwidert. Für die Entscheidung des Antrags auf Zulassung der Berufung kommt es auf die diesbezüglichen Umstände nicht an, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, nicht vorliegen bzw. nicht in einer Weise dargelegt worden sind, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt, vgl. im Folgenden 3. - 5.
23
3. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
24
a) Das Verwaltungsgericht ist unter Befassung mit der Frage, ob sich der Kläger auf einen B e s t a n d s s c h u t z hinsichtlich einer Tier- / Schweinehaltung auf seinem Grundstück berufen kann, zu dem Ergebnis gekommen, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung für das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen insofern nicht zu Lasten des Klägers gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Mit seinem Vortrag in der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass er sich gegenüber dem streitgegenständlichen Wohnbauvorhaben nicht auf Bestandsschutz hinsichtlich einer (insbesondere Geruchs-) Immissionen verursachenden Schweinehaltung auf seinem Grundstück berufen könne, hat der Kläger den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt, um die Richtigkeit des angegriffenen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Frage zu stellen.
25
Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme, das bei Einstufung des Standorts des Beigeladenenvorhabens als Innenbereichslage über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bzw. bei Einstufung als Außenbereichsvorhaben über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder über das in § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB verankerte allgemeine Verbot des Entgegenstehens / Beeinträchtigens eines „Belangs“ Anwendung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Soweit - wie vorliegend - ein Rücksichtnahmeverstoß aufgrund von Immissionsbelastungen geltend gemacht wird, wird zur Konturierung der Zumutbarkeitsschwelle des Rücksichtnahmegebots auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts, also auf die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen i.S. von § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zurückgegriffen. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Beachtenspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Eine heranrückende Wohnbebauung bzw. eine sonstige heranrückende immissionsempfindliche Nutzung verletzt daher gegenüber einem bestehenden emittierenden (insbes. landwirtschaftlichen) Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb aufgrund der hinzutretenden Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss (zum Ganzen vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 9.6.2020 - 15 CS 20.901 - juris Rn. 27; B.v. 23.2.2021 - 15 CS 21.403 - RdL 2021, 246 = juris Rn. 77; B.v. 21.1.2022 - 1 CS 21.2866 - RdL 2022, 216 = juris Rn. 14; vgl. auch die zu den drei benachbarten Doppelhäusern ergangenen Beschwerdeentscheidungen des Senats: BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 33; BayVGH. B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.873 - juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.874 - juris Rn. 33;).
26
Von daher kann sich auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer geplanten Wohnnutzung in der Nachbarschaft grundsätzlich auch ein Landwirt berufen, von dessen vorhandenem Betrieb Immissionen ausgehen, die im Fall der Umsetzung einer geplanten immissionsempfindlichen (z.B. Wohn-) Nutzung in der Nachbarschaft für diese als unzumutbar zu bewerten wäre. Ob dies im jeweiligen Einzelfall anzunehmen ist, hängt bei Geruchsimmissionen maßgeblich davon ab, welche Tierart und welche Tieranzahl bzw. Großvieheinheit (GV) für den bestehenden Tierhaltungsbetrieb anzusetzen sind (zu diversen sachverständigen Orientierungshilfen, insbesondere zu Abstandstabellen unterschiedlicher Provenienz sowie zur Beurteilung anhand von Geruchsstundenhäufigkeiten am Maßstab der Geruchsimmissionsrichtlinie - GIRL - zusammenfassend BayVGH, B.v. 4.12.2019 - 15 CS 19.2048 - juris Rn. 24 m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass ein Viehbestand eines landwirtschaftlichen Betriebs hinsichtlich seiner Größe und seiner Zusammensetzung gewissen Schwankungen unterliegt und sich deshalb eine statische Betrachtungsweise (z.B. auf den momentanen Ist-Zustand) verbietet, richtet sich das Spektrum potentieller Nutzungsvarianten und damit die Beantwortung der Frage, von welcher bestandsgeschützten Tierhaltungsmöglichkeit für einen benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen ist, nicht danach, welche Nutzungsweise dem benachbarten Landwirt nach Lage der Dinge zweckmäßig erscheint, sondern danach, welche Nutzung bauaufsichtlich genehmigt ist. Denn nur die Beeinträchtigungen, die eine legale Nutzung mit sich bringt, können im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs als Vorbelastung in Ansatz gebracht werden, die der Rücksichtnahmeverpflichtete hinzunehmen hat. Im Rahmen der Anwendung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots ist daher unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes das Emissionspotenzial solcher Tierhaltungen auf Seiten des Landwirts anzusetzen, was nach Maßgabe der Variationsbreite der für seinen Betrieb erteilten Baugenehmigungen ausgeschöpft werden darf. Grenzen sind immissionsrelevanten Nutzungen des Landwirts mithin insoweit gesetzt, als sie auf den genehmigten Baubestand beschränkt und an den genehmigten Nutzungszweck gebunden sind. Genehmigungsbedürftige Stallnutzungen, die zwar faktisch ausgeübt werden bzw. in der Vergangenheit einmal faktisch ausgeübt worden sind, aber nicht genehmigt worden sind und deshalb über das hinausgehen, was durch die vorhandene Baugenehmigung gedeckt wird, unterliegen deshalb unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes keiner Rücksichtnahmepflicht (BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 = juris Rn. 27).
27
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der erstinstanzlichen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2019 - 15 ZB 19.428 - juris Rn. 10 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht ist von den o.g. Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Ohne dem Kläger abzusprechen, als aktiver Nebenerwerbslandwirt tätig zu sein, der Flächen zur Pflanzenproduktion bewirtschaftet, insofern Zuschüsse bezieht und - grundsätzlich bestandsgeschützt - in den Nutzgebäuden auf seiner FlNr. ... u.a. seine landwirtschaftlichen Maschinen unterstellt, komme - so das Verwaltungsgericht - dem Gebäudebestand auf diesem Grundstück kein Bestandsschutz zu, der eine vom Kläger vorgetragene Schweinehaltung abdecke und der der vom Beigeladenen geplanten Wohnbebauung entgegengehalten werden könne. In den Entscheidungsgründen des vom Kläger angegriffenen Urteils vom 24. Februar 2022 wird dies auf mehrere Erwägungen gestützt, nämlich (1) auf den fehlenden Nachweis von Schweinehaltung abdeckender Baugenehmigungen (UA S. 23 f.), (2) auf ein Erlöschen eines ggf. dennoch unterstellten Bestandsschutzes nach langjähriger Nutzungsaufgabe (UA S. 24 ff.) sowie (3) auf eine fehlende Erkennbarkeit einer konkreten Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kläger (UA S. 28 ff.). Im vorliegenden Fall ist es dem Kläger mit seinem Vortrag im Zulassungsverfahren nicht gelungen, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung hinsichtlich dieser jeweils für sich tragenden Erwägungen hinreichend substantiiert infrage zu stellen, wobei er nach den Grundsätzen der kumulativen Mehrfachbegründung sogar gehalten gewesen wäre, im Hinblick auf jede einzelne dieser Begründungen einen Zulassungsgrund darzulegen (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2018 - 7 B 15.17 - juris Rn. 11; B.v. 3.12.2018 - 7 BN 4.18 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 24.2.2020 - 15 ZB 19.1505 - juris Rn. 17; B.v. 17.4.2020 - 15 ZB 19.2388 - juris Rn. 16; B.v. 1.7.2020 - 22 ZB 19.299 - juris Rn. 13; B.v. 10.11.2020 - 15 ZB 20.2323 - juris Rn. 9; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 61). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Erstgerichts erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte - und auch in sich schlüssige - Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 - 15 ZB 19.1221 - juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 1.2.2021 - 15 ZB 20.747 - juris Rn. 32; B.v. 19.8.2022 - 15 ZB 22.1400 - juris Rn. 16; B.v. 21.9.2022 - 15 ZB 22.1621 - juris Rn. 12). Diesen Anforderungen wird der Kläger mit seinen Ausführungen, dass das Verwaltungsgericht mit Blick auf einen ihm vermeintlich zustehenden Bestandsschutz für eine (insbesondere geruch-) immissionsträchtige Tier- / Schweinehaltung zu Unrecht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu seinen Lasten verneine, nicht gerecht.
28
aa) Soweit sich der Kläger mit seiner Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 darauf beruft, es lägen gegenüber dem Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts nunmehr neue Tatsachen und Erkenntnisse in Form einer Bestätigung des Staatsarchivs Augsburg vom 18. Mai 2022 vor, woraus sich für sein Grundstück wegen tatsächlich existierender Baugenehmigungen ergebe, „dass der landwirtschaftliche Bestand sowohl materiell als auch formell legal“ sei, hat er den vorgenannten Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht entsprochen.
29
Das Verwaltungsgericht hat seine Rechtsansicht, dass ein Bestandsschutz für eine Tier- / Schweinehaltung in den landwirtschaftlichen Gebäuden auf der FlNr. ... nicht im Rahmen des Rücksichtnahmegebots in Ansatz zu bringen sei, neben weiteren Erwägungen tragend damit begründet, es seien zum Nachweis eines entsprechenden Bestandsschutzes keine Baugenehmigungen für eine entsprechende Tierhaltung vorgelegt worden (UA S. 23 f.). In den vorgelegten Unterlagen fänden sich lediglich ein Duplikat einer Baugenehmigung für den Aufbau eines Kniestocks vom 6. März 1950, eine nicht unterschriebene Bauplan-Zweitschrift für den Einbau einer Garage vom 17. Februar 1955 sowie eine Baugenehmigung für eine Fassadenänderung und Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube vom 4. Mai 1966 mit entsprechenden Planzeichnungen. Allein diesbezüglich sei belegt, dass legalisierende Baugenehmigungen vorlägen. Soweit behauptet werde, der komplette Baubestand der Landwirtschaft auf Grundstück FlNr. ... sowie die Nutzung der Nutzgebäude als Schweinestall sei genehmigt worden sei, obliege dem Kläger als Grundstückseigentümer die materielle Beweislast, wenn er das Vorliegen einer legalisierenden Baugenehmigung behaupte.
30
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass grundsätzlich nur die Beeinträchtigung, die eine - bei genehmigungsbedürftigen Anlagen durch die Baugenehmigung vermittelte - legale Nutzung mit sich bringt, im Rahmen des vom Rücksichtnahmegebot geforderten Interessenausgleichs als Vorbelastung in Ansatz gebracht werden kann, die der Rücksichtnahmeverpflichtete (hier: der Beigeladene) hinzunehmen hat (s.o. sowie BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 = juris Rn. 27). Bei einer gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO und den entsprechenden Vorgängernormen älterer Fassungen der BayBO genehmigungspflichtigen Tierhaltung in Ställen setzt Bestandsschutz voraus, dass diese Nutzung und ihr konkreter Umfang durch eine Baugenehmigung gedeckt sind. Allein eine lange - nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige - tatsächliche Nutzung begründet demnach keinen Bestandsschutz (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.3.2021 - 15 ZB 20.2906 - Rn. 18; NdsOVG, B.v. 17.12.2021 - 1 LA 91/20 - ZfBR 2022, 272 = juris Rn. 27; vgl. auch die Beschwerdeentscheidungen des Senats in den Parallelverfahren BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 35; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.873 - juris Rn. 35; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.874 - juris Rn. 35). Die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter ihm günstige Rechtsfolgen herleitet, geht grundsätzlich zu seinen Lasten. Beruft sich ein betroffener Eigentümer auf Bestandsschutz aus einer legalisierenden Baugenehmigung, so trägt dieser daher hierfür die materielle Beweislast und damit das Risiko der Nichterweislichkeit (BVerwG, U.v. 23.2.1979 - IV C 86.76 - NJW 1980, 252 = juris Rn. 14; B.v. 19.2.1988 - 4 B 33.88 - juris Rn. 3; B.v. 23.12.1994 - 4 B 262.94 - juris Rn. 10; B.v. 17.7.2003 - 4 B 55.03 - NJW 2003, 3360 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 13.2.1997 - 22 CS 96.919 - NVwZ 1999, 553 = juris Rn. 12; B.v. 20.1.2014 - 2 ZB 11.2878 - juris Rn. 4; B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 29; B.v. 10.11.2021 - 15 ZB 21.1329 - juris Rn. 10; OVG RhPf, U.v. 12.12.2012 - 8 A 10875/12 - NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 40; OVG Berlin-Bbg, B.v. 26.5.2017 - OVG 10 N 27.14 - juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 18.1.2001 - 10 B 1898/00 - ZfBR 2001, 354 = juris Rn. 3 ff.).
31
Der Kläger lässt insofern mit der am letzten Tag der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 vortragen, ihm sei es bis dahin nicht möglich gewesen, entsprechende Nachweise vorzulegen, da diese beim Staatsarchiv Augsburg erst hätten angefordert werden müssen und die Bearbeitungszeit dort mehrere Wochen oder Monate betrage. In dem zitierten Schreiben des Staatsarchivs Augsburg vom 18. Mai 2022 an seinen Bevollmächtigten, das wörtlich in den Antragsbegründungsschriftsatz hineinkopiert ist, heißt es:
32
„W., Bauplan W. 19, FlNr. ...
33
Sehr geehrter Herr B., sehr geehrte Damen und Herren,
34
im hier liegenden Bestand Baupläne D. (vorhandene Jahrgänge 1871 - 1973) ließen sich unter den folgenden Nummern Planunterlagen für die im Betreff genannte Anschrift feststellen.
35
128/1872 - Wiederaufbau des abgebrannten Wohnhauses
36
181/1878 - Einbau eines Ofens mit Kamin
37
157/1906 - Anbau eines Viertels
38
47/1910 - Bau eines Stadels
39
261/1928 - Bau eines neuen Kamines
40
30/1935 - Aufbau eines Kniestocks im Wirtschaftsgebäude
41
354/1950 - Aufbau eines Kniestocks im Wohnhaus
42
608/1959 - Anbau eines Schweinestalles mit Waschküche sowie Einbau von Keller und Garage
43
691/1966 - Fassadenänderung und Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube“
44
Hierzu lässt der Kläger über seinen Bevollmächtigten in der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 weiter vorbringen, dass die maßgeblichen Planungsunterlagen noch nicht seitens des Staatsarchivs hätten übermittelt werden können, jedoch sei am 18. Mai 2022 auf mehrfache Bitte des klägerischen Bevollmächtigten eine Bestätigung des Staatsarchivs übersandt worden, aus der sich ergebe, dass der landwirtschaftliche Gebäudebestand auf der FlNr. ... sowohl materiell als auch formell legal sei. Im Rahmen des anschließenden Berufungsverfahrens - so die Antragsbegründung weiter - werde es möglich sein, anhand der dann wohl vorliegenden Unterlagen noch konkreter hierzu vorzutragen. Richtig sei, dass dem Verwaltungsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung lediglich ein Duplikat einer Altbaugenehmigung aus dem Jahr 1950 für den Aufbau eines Kniestocks, eine nicht unterschriebene Bauplan-Zweitschrift für den Einbau einer Garage aus dem Jahr 1955 sowie eine Baugenehmigung für eine Fassadenänderung und den Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube aus dem Jahr 1966 jeweils mit entsprechenden Planzeichnungen vorgelegen hätten. Mit dem Schreiben des Staatsarchivs werde nunmehr aber bestätigt, dass diverse genehmigte Planunterlagen aus der Vergangenheit dort vorlägen. Jedenfalls werde hiermit „vorläufig belegt“, dass das Wohnhaus auf der FlNr. ... nach einer Zerstörung durch Brand im Jahr 1872 wieder materiell und formell legal aufgebaut worden sei, dass im Jahr 1910 der Stadel ebenfalls legal errichtet worden sei und dass insbesondere im Jahr 1959 ein Schweinestall mit Waschküche genehmigt worden sei. Damit sei nunmehr nachgewiesen bzw. werde spätestens nach Vorlage der noch zu übersendenden Planunterlagen nachgewiesen sein, dass der auf seinem Grundstück befindliche Schweinestall materiell und formell legal errichtet worden sei und bis heute betrieben werde. Der Schweinestall sei auch nicht in genehmigungspflichtiger Hinsicht verändert worden. Das Verwaltungsgericht könne auch vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht als gesichert davon ausgehen, dass der landwirtschaftliche Bestand illegal sei. Nachdem bereits die Genehmigung der Dunglege mit Jauchegrube die Legalität des landwirtschaftlichen Bestands und seiner Nutzung impliziert habe, belege nunmehr die Auskunft des Staatsarchivs, dass er sich aufgrund seines bestandsgeschützten landwirtschaftlichen Betriebs gegen eine heranrückende Wohnbebauung wehren könne.
45
Dem Kläger ist es grundsätzlich nicht verwehrt sich erst im Zulassungsverfahren auf neue Beweismittel - hier auf ein Bestätigungsschreiben des Staatsarchivs Augsburg über die Existenz von Baugenehmigungen, die ggf. Auswirkungen auf die Beurteilung eines eventuellen Bestandsschutzes für eine Tier- / Schweinehaltung auf seinem Grundstück und einer hieraus abzuleitenden nachbarrechtsrelevanten Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots haben könnten - zu berufen. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bezweckt den Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf. Das gilt für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ebenso wie für die darauf bezogene Rechtsanwendung. Es kommt also nicht darauf an, ob das Erstgericht angesichts der Tatsachengrundlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung richtig entschieden hat. Entscheidend ist vielmehr die im Ergebnis richtige Entscheidung über den Streitgegenstand. Daher sind im Zulassungsverfahren alle vom Rechtsmittelführer dargelegten tatsächlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für den Erfolg des angestrebten Rechtsmittels entscheidungserheblich sein könnten. Die Berufung ist daher gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO jedenfalls zuzulassen, wenn im Berufungszulassungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, wenn gerade bei deren Berücksichtigung (als neues Erkenntnismaterial) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen, wenn ein entsprechender Vortrag noch innerhalb der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfolgt und wenn dieser Vortrag nicht nach Maßgabe von §§ 87b, 128a VwGO präkludiert ist (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 14.6.2002 - 7 AV 1.02 - NVwZ-RR 2002, 894 = juris Rn. 6 f.; B.v. 11.11.2002 - 7 AV 3.02 - NVwZ 2003, 490 = juris Rn. 11; B.v. 12.11.2002 - 7 AV 4.02 - juris Rn. 4 ff.; BayVGH, B.v. 27.2.2008 - 10 ZB 07.1644 - BayVBl 2009. 284 = juris Rn. 8 f.; B.v. 29.9.2017 - 15 ZB 17.848 - BayVBl 2018, 790 = juris Rn. 9; OVG Bremen, B.v. 7.6.2019 - 1 LA 246/18 - NordÖR 2019, 554 = juris Rn. 15; OVG Hamburg, B.v. 17.2.1998 - Bs VI 105/97 - NVwZ 1998, 863 = juris Rn. 6 f.; B.v. 27.5.2009 - 5 Bf 18/08.Z - juris Rn. 9; SächsOVG, B.v. 20.10.2016 - 3 A 521/16 - juris Rn. 7; NdsOVG, B.v. 12.9.2011 - 11 LA 209/11 - NJW 2011, 3673 = juris Rn. 3; OVG RhPf, B.v. 16.2.1998 - 2 A 11966/97 - NVwZ 1998, 1094 = juris Rn. 11 ff.; OVG NRW, B.v. 14.4.2000 - 7 B 459/00 - juris Rn. 9 f.; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: Februar 2022, § 124 VwGO Rn. 26k ff.; Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: Juli 2022, § 124 Rn. 27 ff.).
46
Macht der Rechtsmittelführer im Rahmen eines Antrags auf Zulassung der Berufung geltend, die Unrichtigkeit des festgestellten Sachverhalts ergebe sich aus neuen Tatsachen oder Beweismitteln, die nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens waren, genügt es zur Darlegung ernstlicher Zweifel allerdings nicht, bloße Behauptungen aufzustellen. Neuer Tatsachenvortrag und Beweisangebote sind vielmehr derart zu substantiieren bzw. darzulegen, dass dem Berufungsgericht die summarische Prüfung ermöglicht wird, ob die Erfolgsaussichten der Berufung im Falle der Zulassung offen sind (SächsOVG, B.v. 20.10.2016 a.a.O. Rn. 10 m.w.N.; Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 23; im Fall einer Zeugenaussage vgl. auch NdsOVG, B.v. 12.9.2011 a.a.O.; OVG MV, B.v. 22.10.2008 - 2 L 161/04 - NVwZ-RR 2009, 544 = juris Rn. 12). Hieran gemessen vermag der Kläger mit der schlichten Wiedergabe des Inhalts des Schreibens des Staatsarchivs vom 18. Mai 2022 und den allgemeinen Ausführungen im Schriftsatz vom 18. Mai 2022 zwar der Grundannahme des Verwaltungsgerichts entgegenzutreten, es lägen neben der Genehmigung für den Aufbau eines Kniestocks (1950), einer Bauplan-Zweitschrift für den Einbau einer Garage (1955) sowie einer Gestattung für eine Fassadenänderung des Wohnhauses und den Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube (1966) keine weiteren Baugenehmigungen für die landwirtschaftlichen Gebäude auf der FlNr. ... vor. Er kann allein hiermit hingegen nicht die an sich dahinterstehende tragende Erwägung des Erstgerichts entkräften, es fehle am Nachweis des Bestehens einer Baugenehmigung, die die Nutzung der bestehenden landwirtschaftlichen Gebäude zu Zwecken einer für die Nachbarschaft immissionsrelevanten Tier- / Schweinehaltung abdecke. Denn ohne Vorlage der Baugenehmigungen selbst oder diesbezüglicher Kopien sowie jedenfalls ohne ersatzweise verbale Umschreibung des konkreten Inhalts der aufgelisteten Baugenehmigungen, vermag der Senat nicht im Ansatz einzuordnen, ob es sich um Baugenehmigungen handelt, die tatsächlich (noch) existierende Gebäude betreffen sowie ob und in welchem konkreten Umfang diese tatsächlich eine für die Rechtsanwendung des Rücksichtnahmegebots relevante Tierresp. Schweinehaltung abdecken. Diverse im Schreiben des Staatsarchivs vom 18. Mai 2022 aufgelistete Baugenehmigungen enthalten - unabhängig von der Frage, ob die betroffenen baulichen Anlagen heute noch existieren - nach ihrer dortigen schlichten Umschreibung schon keinen Hinweis auf landwirtschaftliche Nutzung überhaupt („128/1872 - Wiederaufbau des abgebrannten Wohnhauses“, „181/1878 - Einbau eines Ofens mit Kamin“, „261/1928 - Bau eines neuen Kamines“, „30/1935 - Aufbau eines Kniestocks im Wohnhaus“). Zwei aufgelistete Genehmigungen beziehen sich zwar auf landwirtschaftliche Nutzgebäude („47/1910 - Bau eines Stadels“; „157/1906 - Anbau eines Viertels“), für die - sollten sie genehmigungskonform errichtet sein und noch existieren - aber allein anhand der Bezeichnungsmitteilung offenbleibt, ob und in welchem Umfang diese auch eine Tier- bzw. Schweinehaltung mitabdecken. Die zitierte Baugenehmigung aus dem Jahr 1966 („691/1966 - Fassadenänderung und Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube“) weist zwar auf eine Tierhaltung hin, aber auch insofern bleibt offen, wo sich genau die zugehörige Tierhaltung befindet, in welchem Umfang die Tierhaltung betrieben wird sowie welche Tierarten gehalten werden. Allein die aufgelistete Baugenehmigung aus dem Jahr 1959 („608/1959 - Anbau eines Schweinestalles mit Waschküche sowie Einbau von Keller und Garage“) weist nach ihrer im Schreiben des Staatsarchivs enthaltenen Beschreibung konkret auf eine auf der FlNr. ... genehmigte bauliche Anlage mit dem genehmigten Zweck einer Tierhaltung hin. Aber auch insofern bleibt offen, um welchen genauen Umfang der Schweinehaltung es geht, wo sich das betroffene Gebäude und damit die genehmigte Nutzung auf dem Grundstück befindet, im welchen Umfang die Tierhaltung genehmigt wurde und ob die konkret Anlage, auf die sich die Genehmigung bezieht, tatsächlich jemals errichtet wurde bzw. ob sie heute noch existiert.
47
Damit werden allein mit den Angaben in dem - rechtzeitig, innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgelegten - Schreiben des Staatsarchivs vom 18. Mai 2022 und mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 die wesentlichen Parameter, anhand derer ein möglicher Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in der Fallgruppe der an einen Emittenten heranrückenden Wohnbebauung zulasten des Klägers beurteilt werden könnte, nicht im Ansatz dargelegt. Es fehlt insbesondere an einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Darlegung, dass entgegen der Ansicht des Erstgerichts auf dem Grundstück des Klägers ein Nutzgebäude (noch) existiert, für das eine Baugenehmigung für eine Tierresp. Schweinehaltung vorliegt. Ebenso kann ohne Kenntnis des genauen Inhalts der Baugenehmigungen nicht im Ansatz beurteilt werden, auf welche Gebäude bzw. Gebäudeteile sich diese Nutzungen beziehen und ob bzw. in welchem genauen Umfang eine für die Nachbarschaft geruchsrelevante Tiernutzung von der Baugenehmigung umfasst ist. Insofern fehlt es im Antragsbegründungsschriftsatz vom 18. Mai 2022 mangels qualitativer und quantitativer Angaben von Details zum jeweiligen Genehmigungsinhalt an einer konkreten Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Erstgerichts (UA S. 28 ff.), wonach eine Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Klägers gegenüber der vorher gegebenen Lage nicht erkennbar sei. Schließlich kann ohne nähere Darstellung des Inhalts und des Umfangs der Baugenehmigungen die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, wonach der langjährige Nichtweiterbetrieb einer landwirtschaftlichen Tier- bzw. Schweinehaltung, sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie ein in den letzten Jahrzehnten erfolgter Strukturwandel in der Landwirtschaft (weg von kleinbäuerlichen Betrieben und hin zu Großunternehmen) nach der Verkehrsauffassung als konkludenter Verzicht auf einen Bestandsschutz für eine vormals ggf. genehmigte Tierhaltung zu deuten sei, nicht substantiiert gemäß den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO infrage gestellt werden.
48
bb) Auch unter Berücksichtigung der weiteren Argumente im ergänzenden klägerischen Schriftsatz vom 8. August 2022 und den mit diesem Schriftsatz vorgelegten Kopien von Genehmigungsunterlagen, die im Staatsarchiv Augsburg gelagert sind, ergibt sich nichts Anderes.
49
Im Schriftsatz vom 8. August 2022 lässt der Kläger u.a. ergänzend zur Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 ausführen, dass mit der Vorlage der kopierten Genehmigungsunterlagen endgültig der Nachweis erbracht worden sei, dass er seinen landwirtschaftlichen Betrieb sowohl formell als auch materiell legal seit jeher ausgeübt habe, aktuell legal ausübe und ihn künftig auch weiterhin und unter Erweiterung auf einen Biobetrieb legal ausüben werde. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass das Wohnhaus, der Schweinestall, die Garage, die Jauchegrube und die Dunglege sowie diverse Umbaumaßnahmen und Erweiterungen baurechtlich genehmigt worden seien. Weitergehende Nachweise dafür, dass es sich bei den landwirtschaftlichen Bestandsgebäuden auf seinem Grundstück um legale Bestandsgebäude handele, die zudem zu landwirtschaftlichen Zwecken genehmigt worden seien, bedürfe es nicht. Dass hinreichend nachgewiesen worden sei, dass bisher ein landwirtschaftlicher Betrieb auf seiner Hofstelle betrieben worden sei und ein solcher dort auch aktuell geführt werde, ergebe sich auch aus den beim AELF geführten Stammblättern sowie aus aktuellen Bescheiden betreffend die Zahlung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialkasse. Er - der Kläger - habe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts niemals in der Vergangenheit zu erkennen gegeben, keine Schweinehaltung in den vorhandenen Stallungen mehr vornehmen zu wollen. Es habe zu keiner Zeit einen solchen nach außen manifestierten Aufgabewillen gegeben. Das Stallgebäude sei ebenso wie das Wohnhaus weder baufällig noch sonst „unbrauchbar“ geworden. Tatsächlich sei ohne weitergehende bauliche Maßnahmen eine Nutzung als Stall jederzeit möglich. Dass es vorliegend nicht um eine „Wiederaufnahme“ einer Stallnutzung gehe und dass die Nutzung des landwirtschaftlichen Anwesens niemals eingestellt sowie der landwirtschaftliche Betrieb niemals aufgegeben worden sei, ergebe sich aus dem Umstand der stets fortgesetzten Futtermittelerzeugung auf dem Hofgrundstück. Zudem seien sämtliche für den Betrieb erforderlichen landwirtschaftlichen Maschinen, wie z.B. Traktoren, seit jeher in den Gebäuden eingestellt gewesen und würden nach wie vor für den Betrieb genutzt.
50
Es erscheint bereits fraglich, ob die mit Schriftsatz vom 8. August 2022 vorgebrachten weiteren Argumente und die mit diesem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Alt-Baugenehmigungen für das klägerische Grundstück FlNr. ... (seit 1872), die im Staatsarchiv Augsburg gelagert sind, im vorliegenden Berufungszulassungsverfahren mit Blick auf die Begründungsfrist gem. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO überhaupt Berücksichtigung finden dürfen. Denn die in § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO geregelte zweimonatige Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das dem Klägerbevollmächtigten laut elektronischem Empfangsbekenntnis am 18. März 2022 zugestellte Urteil lief am 18. Mai 2022 (= der Tag, an dem der vorher thematisierte Antragbegründungsschriftsatzes desselben Tags beim Verwaltungsgerichtshof elektronisch einging) um 24.00 Uhr ab. Vor diesem Hintergrund spricht Vieles dafür, dass für die gerichtliche Beurteilung, ob ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gemäß den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO r e c h t z e i t i g dargelegt worden ist, neue Argumente im nach Fristablauf eingegangenen Schriftsatz vom 8. August 2022 und die mit diesem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Baugenehmigungen aus dem Staatsarchiv aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt werden dürfen (zur Berücksichtigungsfähigkeit nachträglich vorgetragener Tatsachen und nachträglich vorgelegter Beweismittel nur bis zur zeitlichen Grenze des Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vgl. Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: Februar 2022, § 124 VwGO Rn. 26k; Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: Juli 2022, § 124 Rn. 29 m.w.N.; a.A. - großzügiger - Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 22; zum Sonderfall eines Zulassungsantrags, mit dem sich der Rechtsmittelführer zur Begründung der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtzeitig auf sich abzeichnende neue Tatsachen zu stützt, die erst nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eintreten, vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2008 - 10 ZB 07.1644 - BayVBl 2009. 284 = juris Rn. 8 f.; OVG Hamburg, B.v. 27.5.2009 - 5 Bf 18/08.Z - juris Rn. 9; Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 23; für den Fall einer Rechtsänderung vgl. BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744 = juris Rn. 10 f.).
51
Der Senat lässt die Frage offen, ob und inwieweit die weiteren Argumente im Schriftsatz vom 8. August 2022 und der Inhalt der mit diesem Schriftsatz in Kopie vorgelegten Baugenehmigungen für bauliche Anlagen auf der FlNr. ... überhaupt Berücksichtigung finden dürfen. Denn auch unter Einbeziehung dieses Schriftsatzes und der vorgelegten Genehmigungsunterlagen (vgl. hierzu auch dieselben Unterlagen, wie sie vom Beklagten mit Schriftsatz vom 18. Juli 2022 mit beigelegter CD-ROM in digitaler Form eingereicht worden sind) vermag der Kläger nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise darzulegen, dass die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ablehnung einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter Bestandsschutzgesichtspunkten ernstlich zweifelhaft ist.
52
Hinsichtlich der Frage, auf welche bestandsgeschützten immissionsrelevanten Stallnutzungen des Klägers vorliegend bei einer heranrückenden Wohnnutzung - hier mit Blick auf das streitgegenständliche Doppelhausvorhaben, gegen dessen Genehmigung der Kläger vorgeht - Rücksicht zu nehmen ist, kommt es nach Maßgabe der oben dargestellten Maßstäbe darauf an, ob der genehmigungspflichtige Baubestand als solcher sowie auch seine Nutzung zu Tier- / Schweinehaltungszwecken von (nachgewiesenen) Baugenehmigungen abgedeckt ist. Die ausschließlich auf den Wohntrakt bezogenen Baugenehmigungen aus den Jahren 1878, 1928 (jeweils Kamin) und 1950 („Aufbau eines Kniestocks auf Wohnhaus“) und 1966 („Fassadenänderung“) haben von vornherein keine Aussagekraft für die Gestattung einer Tierhaltung. Dasselbe gilt für die in den Bauakten befindliche (nicht mit Behördenunterschrift sowie Genehmigungsstempel versehene) Bauplan-Zweitschrift für den Einbau einer Garage aus dem Jahr 1955 sowie für die Baugenehmigung aus dem Jahr 1966, soweit diese auch den „Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube“ gestattet. Die zuletzt genannte Genehmigung mag ein Indiz für eine vormals vorhandene und möglicherweise auch genehmigte Tierhaltung sein, sie sagt jedoch nichts darüber aus, für welches Gebäude, für welche Tierart und in welchem Umfang eine eventuelle Tierhaltung genehmigt wurde und ob betreffende, zur Tierhaltung genehmigte Räumlichkeiten heute noch bestehen. Insofern hat die Baugenehmigung aus dem Jahr 1966 mangels messbarer Parameter für die Beurteilung der konkreten Geruchsbelastung für die Anwendung des Rücksichtnahmegebots von vornherein keine Aussagekraft. Auch aus den weiteren vorgelegten Kopien von Alt-Genehmigungen zum Grundstück des Klägers (FlNr. ...) ergibt sich jedenfalls nicht aus sich selbst heraus, dass sich der Kläger entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auf eine bestandsgeschützte Tierhaltung berufen kann, die er unter dem Gesichtspunkt einer für ihn rücksichtslosen heranrückenden Wohnbebauung der angefochtenen Baugenehmigung entgegenhalten könnte. Der Kläger hat es insofern unterlassen, sich bezogen auf die einzelnen Genehmigungen hinreichend mit den Erwägungen des Erstgerichts zur Verneinung eines entsprechenden Rücksichtnahmeverstoßes argumentativ auseinanderzusetzen und hat jedenfalls deshalb den Anforderungen an die Darlegung der Unrichtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Rücksichtnahmegebot sei nicht unter dem Gesichtspunkt drohender immissionsschutzrechtlicher Einschränkungen für eine bestandsgeschützte Schweinehaltung durch eine heranrückende Wohnbebauung verletzt, nicht genügt - im Einzelnen vgl. im Folgenden unter cc) - ff).
53
cc) Unter Einschluss der vorgelegten Baugenehmigungen, die dem Verwaltungsgericht noch nicht als Bewertungsunterlagen zur Verfügung standen, ist vom Kläger nicht gemäß den Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 1 VwGO dargelegt worden, dass die Richtigkeit der tragenden Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass hinsichtlich der Nutzgebäudeteile im n ö r d l i c h e n B a u k o m p l e x keine aufgrund einschlägiger Baugenehmigungen bestandsgeschützte Tier- / Schweinehaltung zu verorten ist, auf die im Rahmen der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung vom 5. Juli 2021 für das streitgegenständliche Doppelhausvorhaben des Beigeladenen Rücksicht zu nehmen war, ernstlich zweifelhaft ist.
54
Eine Baugenehmigung für den heute existierenden, östlich an den Mittelteil des in Grenznähe errichteten nördlichen Baukomplexes angebauten schmaleren Nutzteil mit den ungefähren Maßen 7,30 m Tiefe (in Nord-Süd-Richtung) x 11 m Länge (in West-Ost-Richtung), der in der Planzeichnung des (in Kopie vorliegenden, nicht beschiedenen) Bauantrags des Klägers vom 9. November 2021 als „Schweinestall 2“ bezeichnet wird, wurde weder vorgelegt noch sonst vom Kläger nachgewiesen. Eine Genehmigung, die diesen Teil des nördlichen Baubestands abdeckt, war insbesondere in den eingereichten Kopien der im Staatsarchiv Augsburg eingelagerten Baugenehmigungen nicht enthalten.
55
Für den sonstigen Baubestand des nördlichen Baukomplexes im Übrigen (westlicher Wohntrakt und östlich anschließender Nutz- / Mitteltrakt) sind zwar im Berufungszulassungsverfahren Baugenehmigungen vorgelegt worden. Diesbezüglich ist aber weder ersichtlich noch vom Kläger in einer den Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise dargelegt worden, dass von diesen Baugenehmigungen eine vom Kläger ausschließlich thematisierte Schweinehaltung jemals abgedeckt war. Im genehmigten Bauplan von 1872 „zum Wiederaufbauen des abgebrannten Wohnhauses“ ist im östlichen Anschluss an den Wohntrakt ein etwa 13 m langer Nutztrakt dargestellt, der ohne eine Beschriftung mit Nutzungszuordnungen in drei etwa gleich große Teile gegliedert ist. In der Planzeichnung sind im Bereich des zunächst an das Wohnhaus anschließenden (westlichsten) Nutzteils zwei Planken / Raumteiler (in Nord-Süd-Ausrichtung) eingezeichnet, die einen Durchgang ermöglichen und die diesen Gebäudebereich offen, d.h. ohne absolute Abtrennung, in einen etwas größeren westlichen, wohntraktnäheren Teilbereich und einen etwas kleineren östlichen, gangähnlichen Teilbereich einteilen. Der genehmigte Bauplan aus dem Jahr 1906 umfasst eine Verlängerung des Nutztrakts um ca. 4,50 m nach Osten und stellt in den Bauplänen zusammen mit dem Bestand einen (nördlichen) Gesamt-Nutzteil etwa in den Maßen des heute existierenden Mittelteils des nördlichen Gebäudekomplexes dar. Im genehmigten Bauplan werden die an den ersten Teilkomplex anschließenden Teilbereiche des Nutzungstakts, die im Vergleich zu den Plänen aus dem Jahr 1872 baulich unverändert bleiben sollen, als „Tenne“ und „Viertel“ bezeichnet. Der 1906 neu genehmigte östlichste Nutzteil wird - ohne konkrete Nutzungsangabe - in der Planzeichnung als „Anbau“ und im handschriftlichen Textteil der Genehmigungsunterlagen als „Viertelanbau“ bezeichnet. Die eingereichte Kopie der Baugenehmigung aus dem Jahr 1935 gestattet für den bestehenden (nördlichen) Wirtschaftsgebäudeteil ausschließlich das Vorhaben „Aufbau eines Kniestocks“, wobei der östlichste Teil des Nutztrakts nach der Bestandsdarstellung mit etwas mehr als 3 m in West-Ost-Richtung im Vergleich zur Anbaugenehmigung aus dem Jahr 1906 ein wenig kürzer umgesetzt worden zu sein scheint. In der Planzeichnung zur Baugenehmigung aus dem Jahr 1935 wird im Bestand der östlich an das Wohnhaus anschließende Nutzteil in der Fläche mit einer Tiefe von 8,80 m (in Nord-Süd-Ausrichtung) und einer Gesamtlänge von 17,20 m (West-Ost-Ausrichtung) angegeben, die tatsächlichen Bestandsnutzungen des Nutzungstrakts werden in der Planzeichnung - informatorisch, d.h. ohne ersichtliche Nutzungsänderungsgenehmigung - wie folgt angegeben: „Stall“ (westlichster, unmittelbar an den Wohntrakt anschließender Nutzungsteil), „Futtertenne“ (östlich anschließender Bereich), „Viertel“ (nördlicher Teil des östlich an die „Futtertenne“ angrenzenden Teilbereichs), „Pferdestall“ (südlicher Teil des östlich an die „Futtertenne“ angrenzenden Teilbereichs) und „Schweinestall“ (östlichster Teil des Nutzungstrakt = im Jahr 1906 genehmigter Anbau, etwas verkleinert umgesetzt). Letzterer ist in der Planzeichnung aus dem Jahr 1935 über eine durchgehende, abschließende Raumabtrennung in Nord-Süd-Richtung in einen westlichen Gangbereich (Fläche in den Innenmaßen etwa 8 m x 1 m) und einen abgeschlossenen östlichen Bereich für die Unterbringung der Tiere (Fläche in den Innenmaßen etwa 8 m x weniger als 2 m, insgesamt ca. 15 m²) eingeteilt.
56
Mit der Vorlage dieser Genehmigungsunterlagen und dem Vortrag im Zulassungsverfahren vermag der Kläger keine genehmigte und deshalb bestandsgeschützte Schweinestallnutzung darzulegen. Soweit Baugenehmigungen die Nutzung eines landwirtschaftlichen Gebäudes als „Tenne“ oder als „Viertel“ gestatten, hat dies mit einer genehmigten Stallnutzung / Tierhaltung nichts zu tun. Die Bezeichnung „Viertel“ meint einen Lager- bzw. Aufbewahrungsplatz in einer Scheune für die eingebrachte Ernte, etwa für Korn, Heu oder die Garben, bis sie gedroschen werden (vgl. Online-Ausgabe des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm unter Unterpunkt 14 zum Stichwort „Viertel“, https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB#1). Der Begriff „Tenne“ im engeren Sinn umschreibt den D.platz z.B. in einer Scheune, in einem weiteren Sinn wird der Begriff auch als der befestigte Boden einer Scheune bzw. als Synonym für die Scheune selbst verstanden (vgl. DWDS - Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute, https://www.dwds.de/wb/Tenne; Online-Ausgabe des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm zum Stichwort „Tenne“, https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB#2). Die zeichnerische Einteilung des (nicht mit einer Nutzungsbezeichnung versehenen) westlichen Bereichs des Nutztrakts in den Planzeichnungen der Baugenehmigungen von 1872, 1906 und 1935 lässt auf eine Haltung einiger weniger Rinder in klassischer Anbindungshaltung schließen, nicht aber auf eine klassische Schweinehaltung (mit typischerweise in sich abgeschlossene Halteboxen). Dies bestätigt die Planzeichnung zur Baugenehmigung aus dem Jahr 1935, die - ohne ausdrückliche Genehmigung einer Nutzungsänderung - für den Baubestand neben dem unveränderten westlichen Nutzungsbereich „Stall“ (in derselben mit Raumteilern dargestellten Ausstattung und Größe) die weiteren, vormals so nicht genehmigten Nutzungsbereiche „Pferdestall“ (Mitte) und „Schweinestall (östlicher Bereich) benennt, woraus zu schließen ist, dass der allgemeine „Stall“-Bereich im westlichen Gebäudeteil für eine andere, nicht auf Pferde und Schweine bezogene Tierhaltung ausgerichtet ist und genehmigt war.
57
Unabhängig davon, dass sich somit aus den vorgelegten Unterlagen keine genehmigte Schweinehaltung ergibt, kann der Kläger die beabsichtigte und geltend gemachte Schweinehaltung auch nicht auf die Variationsbreite der vorgelegten Baugenehmigungen stützen. Die Frage, ob eine von der Planzeichnung oder einem bezeichneten Genehmigungsgegenstand nicht 1 : 1 gedeckte Nutzung - hier etwa eine vom Kläger als bestandsgeschützt behauptete Schweinehaltung im nördlichen Nutzungstrakt von zumindest 50 Mastschweinen (vgl. Seite 31 des Antragsbegründungsschriftsatzes vom 18. Mai 2022) - noch von der Variationsbreite bestehender Baugenehmigungen gedeckt ist (und ohne gem. Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung zu sein), beurteilt sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht am Maßstab von § 29 Satz 1 BauGB danach, ob die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berührt werden und deshalb die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen wird (BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 = juris Rn. 27 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 18.9.2017 - 15 CS 17.1675 - juris Rn. 14; B.v. 7.1.2020 - 15 ZB 19.1642 - juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 30.5.2016 - OVG 10 S 34.15 - NVwZ-RR 2016, 650 = juris Rn. 4; U.v. 8.11.2018 - OVG 2 B 4.17 - NVwZ-RR 2019, 355 = juris Rn. 22; OVG NW, U.v. 7.5.2019 - 2 A 2995/17 - NVwZ-RR 2020, 94 = juris Rn. 99). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, nach dieser Vorschrift aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In letzterem Sinne bauplanungsrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise daher auch dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt bzw. bringen kann. Wird eine bauaufsichtliche Genehmigung für eine die Tierhaltung einschließende landwirtschaftliche Nutzung erteilt, so ist damit nicht jede beliebige Art der Tierhaltung legalisiert. Die Anforderungen, die zu stellen sind, differieren danach, ob die genehmigte Stallung einer mehr oder weniger geruchsintensiven Tierhaltung dient. Der Übergang von einer ausdrücklich genehmigten emissionsarmen zu einer nicht ausdrücklich genehmigten emissionsträchtigeren Tierhaltungsform liegt mithin außerhalb des von der Baugenehmigung gedeckten Variationsspektrums (BVerwG, U.v. 14.1.1993 a.a.O.). Anhand der Baugenehmigungen aus den Jahren 1872 und 1906 ergibt sich keine Variationsbreite, die auch eine Schweinestallnutzung deckt. Hierfür käme allenfalls der westlichste, nach der Planzeichnung auf eine begrenzte Rinderstallnutzung in Anbindungshaltung bezogene Teil des Nutzungstrakts in Betracht. Allerdings geht eine Stallnutzung für einzelne wenige Rinder typischerweise mit geringeren Geruchsimmissionen einher als eine Schweinehaltung auf gleicher Fläche. Die Baugenehmigung aus dem Jahr 1935 umfasst ausdrücklich von ihrem Betreff sowie der Darstellung in der Planzeichnung nur die Gestattung der baulichen Veränderung (Kniestockaufbau), die Nutzungen einzelner Gebäudeabschnitte werden lediglich als Bestand informatorisch dargestellt. Selbst wenn man zu einer anderen Auslegung der Genehmigungslage als der Senat käme, ergibt sich aus den Baugenehmigungen aus den Jahren 1872, 1906 und 1935 die Zulässigkeit einer Schweinehaltung im Nutzungstrakt des nördlichen Baukomplexes der FlNr. ... jedenfalls nicht ohne Weiteres und selbsterklärend. Trotzdem findet sich weder in der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 noch in dem nach Ablauf der zweimonatigen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingereichten ergänzenden Schriftsatz vom 8. August 2022 eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem genauen Inhalt und einer eventuell durch Auslegung zu ermittelnden Reichweite die Baugenehmigungen. Es bleibt dort vielmehr bei der pauschalen, nicht näher begründeten Behauptung, der ganze Bestand decke eine entsprechende Nutzung als Schweinestall ab. Insbesondere sind hier tiefergehende Erwägungen zu den Fragen unterblieben, ob, warum und in welchem genauen Umfang die einzelnen vorgelegten Genehmigungen einen vom Kläger pauschal behaupteten Bestandsschutz für eine Schweinehaltung vermitteln. Soweit die Baugenehmigungen hinsichtlich des (wohntraktnahen) westlichen Teils des Nutzungstrakts für eine genehmigte - ggf. ebenfalls geruchsrelevante - Rinderhaltung sprechen, ist diese vom Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungszulassungsverfahren näher thematisiert worden. Beim Kläger spielt nach seinem eigenen Vortrag und seinen im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Bauplänen im Nutzbereich des nördlichen Baukomplexes vielmehr ausschließlich Schweinehaltung eine Rolle. Damit spricht auch einiges dafür, dass er jedenfalls - sollte dies mit Blick auf die jahrzehntelange Nichtnutzung nicht bereits vorher geschehen sein (s.u.) - spätestens mit den durch Vorlage der Bauanträge konkretisierten Planungen für eine Schweinehaltung im gesamten Nutzbereich des nördlichen Baukomplexes (Bauanträgen vom 9. November 2021 und vom 30. März 2022) auf alle anderen Arten der Tierhaltung konkludent verzichtet hat. Jedenfalls fehlt es im Berufungszulassungsverfahren an einer Auseinandersetzung speziell mit einem eventuellen Bestandsschutz für eine Rinderhaltung, sodass insofern - unabhängig von der Frage, ob diese in ihrem genehmigten Umfang gerade am Standort des streitgegenständlichen Doppelhausvorhabens des Beigeladenen überhaupt zu einer unzumutbaren Geruchsbelastung führen würde - mangels Erfüllung des Darlegungsgebots vom Senat eine potenzielle Geruchsbelastung durch eine Rinderhaltung für die Frage der Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht berücksichtigt werden kann.
58
dd) Auch in Bezug auf die Nutzung des kleineren s ü d l i c h e n Gebäudes auf der FlNr. ... hat der Kläger mit den hierfür vorgelegten Baugenehmigungen und seinen Ausführungen in den Schriftsätzen vom 18. Mai 2022 und 8. August 2022 nicht in einer den Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass die Richtigkeit der erstinstanzlichen Annahme, es sei keine bestandsgeschützte Schweinehaltung ersichtlich, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme begründe, ernstlich zweifelhaft ist.
59
Die vorgelegte Baugenehmigung aus dem Jahr 1910 zur „Herstellung eines neuen Stadels“ für das südliche Nutzgebäude auf der FlNr. ... umfasst eine in der Fläche 11 m x 8 m große bauliche Anlage mit drei Raumbereichen, von denen der Mittelteil als „Tenne“ bezeichnet wird, die westlich und östlich durch jeweils als „Viertel“ bezeichnete Nutzräume flankiert wird. Die für dieses Gebäude zudem vorgelegte Baugenehmigung aus dem Jahr 1959 gestattet neben der Unterkellerung des östlichen „Viertels“ und eines Garagenanbaus (Westseite) die Errichtung eines Anbaus (Außenfläche 5,50 m x 8,80 m) an der Ostseite, der laut genehmigtem Bauplan eine ca. 10 m² große Fläche für eine Waschküche sowie eine etwa 33 - 34 m² große Fläche für einen Schweinestall mit einem Mittelgang und drei abgeschlossenen Einstellbereichen (in der Summe ca. 25 m²) vorsieht.
60
Unabhängig davon, dass von den vorgelegten Baugenehmigungen für das südliche Scheunengebäude des Klägers allenfalls in einem flächenmäßig sehr beschränkten Umfang eine Schweinehaltung gestattet wurde, zwischen diesem Gebäude und dem vorliegend streitgegenständlichen Doppelhausvorhaben ein nicht unerheblicher Abstand besteht und die Wohnnutzungen auf der westlich des Klägergrundstücks gelegenen FlNr. ... (Haus-Nrn. 18 und 18a) einen geringeren Abstand aufweisen [vgl. hierzu unten ff) ], und unabhängig von der Frage, ob ein eventueller durch eine Baugenehmigung vermittelter Bestandsschutz für eine dortige Schweinehaltung unter Berücksichtigung der Argumente des Erstgerichts zwischenzeitlich jedenfalls erloschen ist [vgl. im Folgenden unter ee) ], wird das südliche Nutzgebäude auf der FlNr. ... vom Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungszulassungsverfahren als möglicher zukünftiger Ort für eine Stallung konkret in seine Argumentation miteinbezogen. Es wird allenfalls - ohne dass dies in den erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätzen wirklich klar wird - von dem pauschalen Vortrag, dass eine Schweinehaltung im gesamten bestehenden Baubestand bestandsgeschützt sei, am Rande miterfasst, es spielt aber ansonsten in seinem Vortrag zu den Planungen einer Schweinehaltung keine erkennbar wichtige Rolle. So wird schon auf Seite 5 des erstinstanzlichen Klägerschriftsatzes vom 18. Februar 2022 unter Bezugnahme auf Lichtbilder ausschließlich der nördliche Baukomplex an der Nordgrenze des klägerischen Grundstücks als „landwirtschaftliches Bestandsgebäude des Klägers“ bzw. als „landwirtschaftlichen Bestandsgebäude (Schweinestall)“ dargestellt. Auf Seite 12 (unten) desselben Schriftsatzes ist im Singular von einem Stall die Rede („d e r Stall wurde zu keiner Zeit umgenutzt oder zu anderweitigen Zwecken als zur Tierhaltung - hier zur Schweinehaltung - genutzt“), auf den folgenden Seiten 13 ff. wird ebenfalls ausschließlich zum nördlichen Nutzungskomplex und dessen (früherer und künftiger) Nutzung als Schweinestall vorgetragen. Insbesondere beziehen sich die beiden in Kopie vorgelegten Bauanträge vom 9. November 2021 und vom 30. März 2022 jeweils für das Vorhaben „Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude“ ausschließlich auf den nördlichen, grenznahen Baukomplex. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. Februar 2022 hat sich die Klägerseite ausschließlich auch im Zusammenhang mit dem gestellten Bauantrag vom November 2022 im Singular auf „d a s Stallgebäude“ bezogen, das „als Schweinestall angelegt“ sei. Diese Fokussierung auf eine Tier- / Schweinehaltung in nördlichen Baukomplex setzt sich in den klägerischen Schriftsätzen im Berufungszulassungsverfahren fort. Der Kläger spricht in der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 ebenfalls in der Einzahl von dem „auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Schweinestall“, der „als solcher materiell und formell legal errichtet“ worden sei „und bis heute betrieben“ werde (Seite 7; vgl. auch Seite 29 unten: „Doppelhaushälften, die unmittelbar an der Grundstücksgrenze und direkt hinter d e m Schweinestall des Klägers errichtet werden“). Im späteren Schriftsatz vom 8. August 2022 lässt er ausführen, dass neben dem Wohnhaus u.a. auch „d e r Schweinestall“ genehmigt worden sei (Seite 6), dass „d a s Stallgebäude“ weder baufällig noch sonst unbrauchbar geworden sei (Seite 7) und dass „d e r Stall“ ohne weitergehende bauliche Maßnahmen als Stall genutzt werden könne. Weil der Kläger in seinen Schriftsätzen schon nicht konkret darauf eingeht, dass die einzige auf sein Grundstück bezogene Baugenehmigung, die ausdrücklich eine Schweinestallnutzung gestattet (nämlich diejenige, die auf das Jahr 1959 datiert), das kleinere, weiter südlich gelegene Scheunengebäude betrifft, hat er sich allein deshalb in seinen antragsbegründenden Schriftsätzen vom 18. Mai 2022 und (ergänzend) vom 8. August 2022 mit dem genauen Inhalt der einzelnen Genehmigungen zur Begründung seines angeblichen Bestandsschutzes für eine Tierhaltung im südlichen Nutzgebäude nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise befasst.
61
ee) Der Kläger hat sich darüber hinaus nicht hinreichend substantiiert mit den ebenso tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt, wonach im Fall der Unterstellung eines vormaligen Bestandsschutzes für eine Tier- / Schweinehaltung dieser mit Blick auf die „langjährige Nutzungsaufgabe“ zwischenzeitlich jedenfalls erloschen sei.
62
Da der durch eine Baugenehmigung vermittelte Bestandsschutz durch Gesetzesresp. Landesrecht als Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ausgestaltet wird (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1998 - 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228 = juris Rn. 25 f.; VGH BW, U.v. 9.11.2020 - 3 S 2590/18 - VBlBW 2021, 326 = juris Rn. 63 ff.; Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand: Mai 2022, Art. 76 Rn. 115 ff.), richtet sich die Frage, ob und in welchem Umfang das Vertrauen in den Fortbestand einer durch eine Baugenehmigung vermittelten Rechtsposition unter Berücksichtigung einer längeren Zeit der Nichtnutzung und der damit zusammenhängenden Umstände noch Schutz genießt, nach den einschlägigen landesrechtlichen Rechtsnormen. Das vormals vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB bzw. der Vorgängerregelung im BBauG entwickelte „Zeitmodell“ (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20.94 - BVerwG 98, 235 = juris Rn. 15; krit. hierzu BVerwG, U.v. 7.11.1997 - 4 C 7.97 - NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 25; B.v. 5.5.2015 - 4 BN 2.15 - juris Rn. 18 m.w.N.) und die allein hieran anknüpfende Frage, ob nach einem bestimmten Zeitablauf noch mit der Wiederaufnahme einer unterbrochenen Nutzung zu rechnen ist, greift - wovon auch das Verwaltungsgericht richtig ausgegangen ist (UA S. 24 f.) - zu kurz, weil es das für die Geltung / Wirksamkeit einer Baugenehmigung maßgebliche Landesrecht außer Acht lässt. Art. 69 BayBO betrifft allein die Geltungsdauer einer nicht umgesetzten Baugenehmigung und kann daher auf eine Nutzungsunterbrechung nach kompletter Anlagenerrichtung nicht analog angewendet werden. Da die BayBO keine ausdrückliche Regelung zum Erlöschen des Bestandsschutzes bei Nutzungsunterbrechungen enthält, ist auf Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG abzustellen. Liegt keine Erledigung der Baugenehmigung durch behördliche Aufhebung (Art. 48, Art. 49 BayVwVfG) oder durch Zeitablauf (auflösende Befristung, ggf. auch auflösende Bedingung) vor, kommt es für das Erlöschen der Baugenehmigung und den Wegfall eines über diese vermittelten Bestandsschutzes darauf an, ob sich die Baugenehmigung „auf andere Weise“ erledigt hat. Hierfür ist grundsätzlich zu verlangen, dass der Berechtigte aus objektiver Sicht zumindest konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er von der Baugenehmigung keinen Gebrauch mehr machen will, m.a.W. dass er (ggf. stillschweigend) auf sie verzichtet hat bzw. dass eine (ggf. stillschweigende) Übereinkunft der Beteiligten getroffen wurde, die Baugenehmigung sei obsolet (zusammenfassend, jeweils m.w.N.: BayVGH, U.v. 13.12.2021 - 15 N 20.1649 - juris Rn. 52 sowie die Beschwerdeentscheidungen des Senats in den Parallelverfahren BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 43; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.873 - juris Rn. 43; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.874 - juris Rn. 43). In die diesbezügliche Gesamtbetrachtung sind neben dem Zeitablauf alle nach außen getretenen Umstände einzustellen, die Rückschlüsse auf den Willen des Eigentümers zulassen. Zu berücksichtigen sind beispielsweise der Zustand der baulichen Anlage und das gegebenenfalls erforderliche Maß notwendiger Investitionen vor einer Wiederaufnahme der Nutzung, die tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen, und - über das öffentliche Baurecht hinaus - rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen einer erneuten Nutzung, die nach außen getretenen Gründe für die damalige Beendigung der Nutzung, sonstige Veränderungen des Baugrundstücks und der darauf bestehenden baulichen Anlagen, etwaige vertragliche Bindungen, gegebenenfalls auch das Vorliegen eines langfristigen Nutzungskonzepts. Maßgeblich ist, wie ein objektiver Dritter die Umstände des Einzelfalls unter Beachtung der Verkehrsauffassung verstehen muss (BayVGH, B.v. 22.4.2022 a.a.O.; NdsOVG, B.v. 25.3.2021 - 1 MN 20/21 - ZfBR 2021, 662 = juris Rn. 22; U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - UPR 2022, 112 = juris Rn. 50). Auch wenn das Zeitmoment alleine nicht für die Annahme des Wegfalls der Genehmigung und damit für einen durch eine Genehmigung vermittelten Bestandsschutz ausschlaggebend ist (s.o.), so ist doch schon aufgrund des wirtschaftlichen Wertes die Nutzung einer baulichen Anlage die Regel, ein nutzungsloser Zustand die Ausnahme. Je länger eine bauliche Anlage ungenutzt bleibt, umso drängender stellt sich daher aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Dritten die Frage, ob noch von einer bloßen Nutzungsunterbrechung und nicht schon von einer endgültigen Nutzungsaufgabe auszugehen ist. Je länger keine Nutzung stattfindet, umso eher ist mithin bei einem Hinzutreten weiterer Umstände die Annahme begründet, die Nutzung solle auch in Zukunft nicht wiederaufgenommen werden. Insofern stellt - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht abgestellt hat (UA S. 25 ff.) - bereits die vor 30 Jahren erfolgte Einstellung der Nutzung des Gebäudes als Stall für eine landwirtschaftliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tier- / Schweinehaltung und die tatsächlich erfolgte zwischenzeitliche Umnutzung zu einer reinen Lagerstätte mit einer allenfalls hobbymäßigen Tierhaltung (Unterbringung der Pferde der Freundin des Klägers; Unterbringung einzelner Schafe) jedenfalls ein starkes Indiz für eine endgültige Nutzungsaufgabe dar. Insofern kann insbesondere - worauf das Verwaltungsgericht ebenso überzeugend unter Rekurs auf überzeugende Erwägungen des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts verwiesen hat (UA S. 26 f.) - der Strukturwandel einer vormals durch wirtschaftliche Klein- / Familienbetriebe gekennzeichneten zu einer nunmehr durch Großbetriebe geprägten Landwirtschaft die Entscheidung herbeigeführt haben, die bisherige eher kleinbetrieblich ausgerichtete Tierhaltung wegen mangelnder Rentabilität und einer mangelnden Perspektive eines wirtschaftlich nicht mehr tragfähigen Tierhaltungsbetriebs durch eine nachkommende Generation endgültig aufzugeben und eine ggf. verbleibende landwirtschaftliche Betätigung auf Landbestellung umzustellen, statt sich der Entwicklung anzupassen und die bis dato betriebene Landwirtschaft mit entsprechenden Investitionen auf einen marktgängigen Tierhaltungs-Großbetrieb umzustellen (NdsOVG, B.v. 25.3.2021 a.a.O. Rn. 25; U.v. 7.10.2021 a.a.O. Rn. 55).
63
Der Kläger hat sich jedenfalls mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Strukturwandel in der Landwirtschaft und seiner Bedeutung für seinen Gebäudebestand nicht ansatzweise substantiiert auseinandergesetzt. Dies wäre aber zu verlangen gewesen, da die von ihm selbst geltend gemachten und vorgelegten Baugenehmigungen aus dem Staatsarchiv auch bei großzügiger Auslegung allenfalls eine kleinbäuerliche Tierhaltung, wie sie die Landwirtschaft bis vor einigen Jahrzehnten prägte, gestatten: Sollten die informatorischen Nutzungsdarstellungen im Bestand in der Planzeichnung zur Baugenehmigung aus dem Jahr 1935 (Kniestockaufbau) entgegen der hier vertretenen Ansicht [s.o. cc) ] als Nutzungsgenehmigung für eine entsprechende Tierhaltung aufgefasst werden, ergäbe sich für das nördliche Gebäude neben einem kleinen Rinderstall ein hiervon gedeckter Nutzungsumfang für die Haltung einzelner Pferde (kleinerer Bereich im mittleren Nutzungstrakt) sowie für eine Schweinehaltung in einem begrenzt abgeschlossenen Boxenbereich von weniger als 20 m². Rechnet man das südliche Nutzungsgebäude hinzu, obwohl es vom Kläger nach Maßgabe seiner Schriftsätze keine nähere Erwähnung findet, kämen noch einmal nach der Anbaugenehmigung aus dem Jahr 1959 weitere drei kleinere abgeschlossene Bereich zur Schweinehaltung von (in der Summe) etwa 25 m² hinzu. Damit fehlt es angesichts der eher beschränkt eröffneten Möglichkeiten einer Tierhaltung nach Maßgabe existierender Alt-Baugenehmigungen auch insofern hinsichtlich der Behauptung eines umfangreichen Bestandsschutzes für eine Tierresp. Schweinehaltung auf der FlNr. ... an einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Darlegungsanforderungen aus § 124a Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO, ohne dass es noch auf die ergänzenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts zu verschärften tierschutzrechtlichen Anforderungen (vgl. UA S. 27 oben) sowie auf die Frage ankommt, ob gerade der im Jahr 2009 vollzogene Wechsel des Eigentums am Hofgut auf schuldrechtlicher Basis eines Verkaufs an den Kläger als familienexternen Dritten ohne unmittelbare Fortführung einer gewerblich orientierten Tierhaltung eine für die Fortwirkung eines eventuellen Bestandsschutzes relevante Zäsur darstellt (zu Letzterem vgl. die Beschwerdeentscheidungen des Senats in den Parallelverfahren BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 45; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.873 - juris Rn. 43; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.874 - juris Rn. 43).
64
ff) Selbst wenn in großzügiger Auslegung der vorgelegten Baugenehmigung eine begrenzte landwirtschaftliche Tierhaltung in dem maximalen Umfang der voranstehenden Erwägungen gestattet gewesen und entgegen den vorangegangenen Erwägungen aufgrund fortbestehenden Bestandsschutzes weiterhin gestattet sein sollte, fehlt es schließlich an einer substantiierten Darlegung, dass und warum das hier konkret streitgegenständliche Doppelhausvorhaben des Beigeladenen durch den konkret gestatteten / bestandgeschützten Nutzungsumfang für eine Tier- / Schweinehaltung schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt wird und warum die (unterstellt) bestandsgeschützte Tierhaltung des Klägers gerade wegen der Umsetzung der vorliegend angefochtenen Baugenehmigung in Zukunft mit immissionsschutzrechtlichen Beschränkungen zu rechnen haben könnte.
65
Auch hierfür hätte zur Untermauerung der behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils Anlass bestanden, weil das angegriffene Urteil weiter tragend darauf abstellt, dass auch bei Unterstellung des Vorliegens einer weiterhin gültigen Baugenehmigung für eine Tier- / Schweinehaltung gegen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten des Klägers spreche, dass eine Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ihn gegenüber der vorher gegebenen Lage nicht erkennbar sei und dass nach den Angaben des Klägers auch nicht ersichtlich sei, inwiefern gerade bei Ausnutzung einer (bestandsgeschützten) Tierhaltung die Zumutbarkeitsgrenzen für die dem Beigeladenen genehmigte Wohnnutzung nicht eingehalten werden (UA S. 28 unten - 31 oben). Die Antragsbegründung hätte sich daher auch mit diesbezüglichen Fragen u.a. unter inhaltlicher Auseinandersetzung mit dem Gestattungsinhalt der konkreten Baugenehmigungen für sein Grundstück sowie der Betroffenheit des Standorts des streitgegenständlichen Doppelhausvorhabens auch im Vergleich zur Betroffenheit sonstiger Wohnnutzungen in der Nachbarschaft näher befassen müssen, statt sich auf die pauschale Behauptung eines durch bestehende Baugenehmigungen gedeckten Bestandsschutz für eine Schweinehaltung, die einer heranrückenden Wohnbebauung entgegenstehe, zu beschränken. Sollte etwa die Baugenehmigung aus dem Jahr 1935 entgegen der hier vertretenen Auslegung implizit eine Tierhaltung gestattet haben, ist hiervon allenfalls in einem sehr beschränkten Umfang eine Schweinehaltung umfasst (s.o.), zumal eine in der Planzeichnung aus dem Jahr 1935 ebenso dargestellte klassische Rinder- und Pferdehaltung in den hierfür beschränkt vorgesehenen Räumlichkeiten typischerweise mit geringeren Geruchsbelastungen verbunden ist. Anknüpfend an die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu einer nicht ohne Weiteres ersichtlichen Übertretung der immissionsbezogenen Unzumutbarkeitsgrenze am genehmigten Standort des streitgegenständlichen Wohnbauvorhabens wäre jedenfalls zu erwarten gewesen, dass sich die Zulassungsbegründung zumindest ansatzweise dazu äußert, dass und warum es bei Ansatz eines aus den vorgelegten Baugenehmigungen nachvollziehbar abzuleitenden Bestandsschutzes für eine konkret nach Tierart und Tieranzahl bezifferte Tierhaltung, unter Berücksichtigung der bestehenden (genehmigten) Architektur der Nutzgebäude (Anzahl und Lage von Türen und Fenstern, kein Abluftkamin) sowie trotz der bestehenden Abstände des vorliegend streitgegenständlichen Wohnbauvorhabens des Beigeladenen auf dem FlNrn.-Paar …4, …5 zu den Nutzgebäuden des Klägers (ca. 39 m zum Nutzteil des nördlichen Gebäudekomplexes sowie ca. 56 m zum südlichen Nutzgebäude aus der FlNr. ...) zu einer am Maßstab des Rücksichtnahmegebots unzumutbaren Immissionsbelastung am betroffenen genehmigten Standort kommen kann. Hierzu finden sich in den antragsbegründenden Schriftsätzen des Klägers keine näheren Ausführungen. Auch insofern bleibt die Behauptung, durch das genehmigte streitgegenständliche Vorhaben werde eine bestandsgeschützte Schweinehaltung wegen einer unzumutbaren Geruchsbelastung am Standort einer heranrückenden Wohnbebauung in Zukunft gefährdet, zu pauschal und zu unsubstantiiert, um den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügen zu können. Soweit der Kläger unter Anwendung der VDI-RL 3471 und dem dort zugrunde gelegten Abstandsmodell nicht eingehaltene Mindestabstände zwischen dem streitgegenständlichen Doppelhaus und dem Stall auf seinem Grundstück rügt (Seiten 31 ff. der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022), betrifft dies gerade nicht eine von den konkret vorgelegten Baugenehmigungen abgedeckte Schweinehaltung, sondern eine erst mit dem letzten Bauantrag vom 30. März 2022 konkretisierte „Erweiterung“ für eine Schweinehaltung mit 180 Schweinen [vgl. hierzu auch im Folgenden unter b) ], für die es im relevanten Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung an den Beigeladenen (5. Juli 2021) folglich noch keinen Bestandsschutz geben konnte. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer heranrückenden Wohnbebauung zudem ausgeschlossen wäre, wenn das neue störempfindliche (Wohnbau-) Vorhaben in der Nachbarschaft für den bestehenden (z.B. geruchs-) emittierenden Betrieb keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben wird, weil dieser schon auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.2009 - 4 C 5.09 - ZfBR 2010, 262 = juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 4.8.2008 - 1 CS 07.2770 - BayVBl 2009, 208 = juris Rn. 29; B.v. 24.4.2014 - 15 ZB 13.1167 - juris Rn. 13; B.v. 5.4.2016 - 15 ZB 14.2792 - juris Rn. 4 f.; B.v. 21.8.2018 - 15 ZB 17.2351 - juris Rn. 12; B.v. 27.5.2020 - 15 ZB 19.2305 - juris Rn. 33). Insofern wäre vorliegend zudem zu eruieren, ob streitgegenstandsbezogen eine Verschlechterung der Situation des Klägers und jedenfalls deswegen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots bei heranrückender Wohnbebauung daran scheitert, dass die Wohngebäude mit den Haus-Nrn. 18 und 18a auf dem westlich an das Klägergrundstück angrenzenden Anwesen Nr. 5 (auf dem selbst wohl keine Tierhaltung mehr stattfindet) kürzere Abstände zu den Nutzgebäuden des Klägers aufweisen als der Standort des streitgegenständlichen Doppelhauses des Beigeladenen (Abstand HausNr. 18 zum nördlichen Nutztrakt des Klägers: ca. 33,50 m; Abstand HausNr. 18a zum nördlichen Nutztrakt des Klägers: ca. 41 m; Abstand HausNr. 18 zum südlichen Nutzgebäude des Klägers: ca. 32 m; Abstand HausNr. 18a zum südlichen Nutzgebäude des Klägers: ca. 28,50 m), oder aber ob diese Erwägung nicht durchschlägt, weil die Pflicht, Geruchsbelästigungen hinzunehmen, ggf. deshalb für die FlNr. ... erhöht ist, weil die betroffenen Wohntrakte dort ggf. selbst der Landwirtschaft dienen bzw. dienten (vgl. die weiteren Erwägungen bei BayVGH B.v. 27.5.2020 a.a.O. m.w.N.). Auch hierzu finden sich in den antragsbegründenden Schriftsätzen des Klägers keine Argumente.
66
b) Auch mit seinen Argumenten gegen die Richtigkeit der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, es lägen keine hinreichenden Belege dafür vor, dass der Kläger hinsichtlich einer k ü n f t i g e n Schweinehaltung im Rahmen der Anwendung des Rücksichtnahmegebots berücksichtigungsfähige Erweiterungsabsichten habe, kann der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts begründen.
67
Neben bestandsgeschützten immissionsträchtigen Nutzungen [hierzu vorher unter a] können als rücksichtnahmerelevante Belange auf Seiten des Klägers gegenüber dem genehmigten streitgegenständlichen Doppelhausvorhaben des Beigeladenen nur konkret geplante oder bei realistischer Betrachtung naheliegende Entwicklungsmöglichkeiten als rücksichtnahmerelevant angesehen werden; nicht ausreichend und daher nicht der Rücksichtnahmepflicht des Beigeladenen unterliegend sind demgegenüber nur vage und unrealistische Erweiterungsinteressen (vgl. BVerwG, B.v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 6 f.; BayVGH, U.v. 12.7.2004 - 25 B 98.3351 - juris Rn. 41; B.v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - NVwZ-RR 2005, 605 = juris Rn. 31; B.v. 21.1.2013 - 9 CS 12. 1507 - juris Rn. 15; B.v. 25.8.2016 - 22 ZB 15.1334 - juris Rn. 44; OVG NW, B.v. 21.6.2017 - 10 B 15/17 - juris Rn. 23).
68
Hinreichend konkrete Planungen des Klägers waren jedenfalls in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich r e l e v a n t e n Z e i t p u n k t der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 5. Juli 2021 (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40.98 - NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3; U.v. 20.8.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 = juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 4; B.v. 28.4.2020 - 9 ZB 18.2074 - juris Rn. 16; B.v. 19.6.2021 - 1 ZB 18.2158 - juris Rn. 12) nicht ersichtlich. Den Bauakten des Landratsamts sowohl zum streitgegenständlichen Doppelhaus als auch zu den anderen vier geplanten Doppelhäusern ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt mehr als vage Nutzungsabsichten im Sinne einer geruchsintensiven Tierhaltung vorgebracht hat. Der Kläger hat sich mit seiner Antragsbegründung nicht substantiiert gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts gewendet, wonach seine gegenüber dem im Genehmigungsverfahren beteiligten AELF erfolgten Mitteilungen nicht ausreichend seien, er wolle die landwirtschaftliche Betätigung auf seinem Grundstück „moderat“ ausweiten, indem er eine kleine, qualitativ hochwertige Direktvermarktung mit Tieren aus besonderer tiergerechter Haltung mit hohem Freilandanteil plane. Das Verwaltungsgericht hat insofern das Fehlen eines konkreten Zeithorizonts und einer Betriebsbeschreibung mit detaillierten Betriebsabläufen moniert und plausibel ausgeführt, dass aus diesen vagen Angaben schon nicht annähernd der Grad der Geruchsbelastung für die Umgebung abgeleitet und damit die Zumutbarkeit am Maßstab des Rücksichtnahmegebots beurteilt werden können. Dem hat der Kläger im Berufungszulassungsverfahren nichts Substantielles entgegengesetzt. Seine Ausführungen fokussieren sich auf seine zwischenzeitlich eingereichten Bauanträge jeweils für einen Umbau und eine Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude. Zum Bauantrag vom 9. November 2022 hat bereits das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (5. Juli 2021) eingereicht wurde (UA S. 33). Das gilt erst Recht für den weiteren, unter dem 30. Mai 2022 (und damit sogar nach der erstinstanzlichen Entscheidung vom 24. Februar 2022 und nach dessen Zustellung am 18. März 2022) eingereichten Bauantrag.
69
c) Soweit das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils auch einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot unter dem Gesichtspunkt einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung und mit Blick auf vorgenommene Aufschüttungen ausschließt und in diesem Zusammenhang ferner davon ausgeht, dass das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen die gem. Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen gegenüber dem südlich hiervon gelegenen Grundstück des Klägers ohne Weiteres einhalte, ist auch dem der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert in einer gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Art und Weise entgegengetreten. Denn die klägerischen Ausführungen begrenzen sich auf Seite 4 der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 auf die knappe, nicht näher untermauerte Behauptung, die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur mangelnden Verletzung des Gebots Rücksichtnahme seien unzutreffend. Zur Rechtslage wird ergänzend auf die diesbezüglichen Erwägungen in den Beschwerdeverfahren zu den benachbarten Doppelhausvorhaben Bezug genommen (BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 52 ff.; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.873 - juris Rn. 52 ff.; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.874 - juris Rn. 52 ff.).
70
d) Der Kläger vermag schließlich die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht mit dem Vortrag infrage zu stellen, das Baugrundstück liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Der Kläger ist insofern der Ansicht, dass die auf § 34 BauGB und einem faktischen Dorfgebiet aufbauende Argumentation des Verwaltungsgerichts zum Gebietserhaltungsanspruch nicht stimmig sei. Dritte - wie hier der Kläger als Nachbar - können sich mit einer Anfechtungsklage nicht schon dann gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn dieser lediglich (objektiv) rechtswidrig ist. Vielmehr muss mit Blick auf § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO für den Erfolg der Nachbarklage eine subjektive Rechtsverletzung des Nachbarn vorliegen. Hierfür muss eine Norm verletzt worden sein, die gerade dem Schutz des Dritten / Nachbarn zu dienen bestimmt ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 - juris Rn. 4; B.v. 19.4.2021 - 15 C 21.907 - juris Rn. 17; B.v. 26.4.2021 - 15 CS 21.1081 - juris Rn. 23). Die Rechtsordnung kennt keinen allgemeinen, dem Gebietserhaltungsanspruch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB vergleichbaren bauplanungsrechtlichen Anspruch eines Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit keinen grundsätzlichen, von der konkreten Betroffenheit unabhängigen Abwehranspruch eines Dritten gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind. Im Außenbereich begrenzt sich der bauplanungsrechtliche Nachbarschutz auf das über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und / oder § 35 Abs. 1 und 2 BauGB Anwendung findende Rücksichtnahmegebot (BVerwG, B.v. 3.4.1995 - 4 B 47.95 - BRS 57 Nr. 224 = juris Rn. 2 f.; B.v. 28.7.1999 - 4 B 38.99 - NVwZ 2000, 552 juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 19.5.2021 - 15 CS 21.1147 - NVwZ-RR 2021, 710 = juris Rn. 28; NdsOVG, U.v. 12.6.2018 - 1 LB 141/16 - RdL 2018, 318 = juris Rn. 22 f.; VGH BW, U.v. 12.10.2017 - 3 S 1457/17 - ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 26), dessen Verletzung der Kläger vorliegend gerade nicht dargelegt hat [s.o. a) - c) ]. Ob das Baugrundstück - wie der Kläger behauptet - vom Verwaltungsgericht fehlerhaft einem faktischen Dorfgebiet zugeordnet worden ist und ob unter dieser Prämisse - rein objektiv-rechtlich - das streitgegenständliche Außenbereichsvorhaben weder nach § 35 Abs. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 2 BauGB allgemein genehmigungsfähig ist, ist aus nachbarschutzrechtlicher Hinsicht irrelevant.
71
4. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
72
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache nur dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 42; B.v. 14.9.2021 - 15 ZB 21.463 - juris 22; B.v. 14.4.2022 - 15 ZB 21.2827 - juris Rn. 19). Aus den voranstehenden Ausführungen zu 3. ergibt sich, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt sind. Ebenso wie es zur Darlegung der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht ausreicht, in der Antragsbegründung auf den Umfang von Tatbestand und Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu verweisen, kann allein der Umfang der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung für sich nicht die Annahme besonderer Schwierigkeiten rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 23.10.2015 - 15 ZB 14.2530 - juris Rn. 24; B.v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 - NuR 2017, 782 = juris Rn. 25; B.v. 27.11.2019 - 9 ZB 15.442 - juris Rn. 22; B.v. 21.10.2021 - 15 ZB 21.2044 - juris Rn. 13; B.v. 14.4.2022 - 15 ZB 21.2827 - juris Rn. 20). Zu berücksichtigen ist hier, dass allein die in die Antragsbegründung einkopierten Unterlagen (S. 6: Schreiben des Staatsarchivs Augsburg vom 18. Mai 2022, S. 8 - 22, 34, 35: Genehmigungsunterlagen zum Bauantrag vom 30. März 2022; S. 27 - 28: Datenblätter des AELF; S. 40: Abstandsdiagramm aus der VDI-RL 3471; S. 43, 44: Luftbilder) sowie die umfangreichen, wörtlich zitierten Passagen aus Gerichtsentscheidungen (S. 23 - 26, 37 - 38) insgesamt mehr als die Hälfte der insgesamt 45 Seiten umfassenden Antragsbegründung vom 18. Mai 2022 ausmachen. Die rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zeigen keine außergewöhnlichen oder überdurchschnittlich schwierigen Rechtsfragen auf; der Begründungsumfang des Gerichts ist vorliegend Folge des Bemühens, auf die Argumente des unterlegenen Klägers möglichst vollständig einzugehen (vgl. OVG NW, B.v. 2.11.2018 - 1 A 180/16 - juris Rn. 38). Die in der Antragsbegründung zur Untermauerung besonderer Schwierigkeiten aufgeführte problematische Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich ist nicht entscheidungserheblich [s.o. 3. d) ].
73
5. Schließlich ist der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) wegen einer auf der Anfangsseite des Antragsbegründungsschriftsatzes vom 18. Mai 2022 behaupteten Abweichung des angegriffenen Urteils „von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Bayern“ ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise dargelegt.
74
Das Darlegungsgebot verlangt vom Rechtsmittelführer, einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu benennen, mit dem die Vorinstanz einem von einem anderen in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gericht aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz ausdrücklich oder konkludent widersprochen hat. Die divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Die bloße Behauptung einer schlicht fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die die betreffenden Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge hingegen nicht (zum Ganzen vgl. vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2022 - 15 ZB 22.30879 - juris Rn. 10 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag nicht im Ansatz gerecht. Soweit der Kläger im Rahmen der Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter seitenlanger wörtlicher Zitierung auf eine Entscheidung des Senats vom 13. Dezember 2021 (Az. 15 N 20.1649) Bezug nimmt, sucht er hiermit lediglich aufzuzeigen, dass die zitierte Entscheidung eine Sachverhaltskonstellation betroffen habe, die anders gelagert gewesen sei als beim vorliegenden Fall. Insofern wird weder ein konkreter Rechtssatz herausgearbeitet, noch ausgeführt, warum die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu einem bestimmten Rechtssatz der zitierten Entscheidung des Senats in Widerspruch stehen soll. Soweit die Antragsbegründung mit dem Beschluss vom 31. Januar 2013 (Az. 9 CS 12.1507) eine weitere Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zitiert (S. 31 der Antragsbegründung vom 18. Mai 2022) wird richtig festgestellt, dass das Verwaltungsgericht in der hier angegriffenen Entscheidung von einem dort aufgestellten Rechtssatz - nämlich dass im Rahmen der Anwendung des Rücksichtnahmegebots in der Fallgruppe einer heranrückenden immissionsempfindlichen Nutzung nur bereits konkret geplante oder bei realistischer Betrachtung naheliegende Entwicklungsmöglichkeiten des benachbarten Emittenten in den Blick genommen werden können - tatsächlich ausgegangen ist. Soweit der Kläger der Meinung ist, das Verwaltungsgericht sei einzelfallbezogen in fehlerhafter Anwendung dieses Rechtssatzes zu einem falschen Ergebnis gekommen, wird damit keine Divergenz im o.g. Sinne vorgebracht.
75
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht der unterliegenden Partei aufzuerlegen, zumal sich ein Beigeladener im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aussetzt. Einen förderlichen Beitrag, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, hat der Beigeladene nicht geleistet (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378 - juris Rn. 10 ff.; B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 18 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
76
7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).