Titel:
Erfolglose Nachbarklage eines Nebenerwerbslandwirts gegen heranrückende Wohnbebauung
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5
BayBO Art. 6
Leitsätze:
1. Ein Gebiet verliert seine Eigenschaft als Dorfgebiet so lange nicht, als dort noch zumindest eine Wirtschaftsstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes vorhanden ist. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine heranrückende Wohnbebauung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb durch die hinzutretende Bebauung mit nachträglichen Auflagen rechnen muss. (Rn. 71) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bestandsschutz gewährleistet das Recht, ein Bauwerk weiterhin so zu unterhalten und zu nutzen, wie es seinerzeit - im Einklang mit dem damals geltenden materiellen Recht oder aufgrund einer entsprechenden Genehmigung - errichtet wurde. In diesem Umfang erstreckt sich der Schutz auch auf das nachbarliche Rücksichtnahmegebot. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
4. Unter Beachtung der Verkehrsauffassung ist bei einer Zeitspanne von mehr als 20 Jahren bei landwirtschaftlich genutzten Bauten grundsätzlich nicht mehr mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Arbeitslärm, die üblichen Tiergerüche aus den Stallungen und die Geruchsbelästigungen durch Dungstätten und Güllegruben sind typische Begleiterscheinungen des Dorfgebietes, die dort nicht als nachteilige Wirkung auf die Umgebung im Sinne einer unzulässigen Störung angesehen werden können. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnbebauung, von landwirtschaftlichem Betrieb ausgehende Emissionen, Dorfgebiet, Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme, nachträgliche Auflagen, Bestandsschutz, langjährige Nutzungsaufgabe, Vorrangklausel, Abstandsflächen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.10.2022 – 15 ZB 22.867
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29754
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Stellplätzen“ auf den Grundstücken Fl. Nrn. 4/1 und 4/2 der Gemarkung A. Fl. Nrn. 4/1 und 4/2 waren ursprünglich Teil des Gesamtgrundstückes des Beigeladenen mit der Fl. Nr. 4, das inzwischen in die Fl. Nrn. 4/1 bis 4/10 aufgeteilt wurde und im Übrigen als Fl. Nr. 4 fortbesteht.
2
Der Kläger ist Eigentümer des südlich an das ursprüngliche Gesamtgrundstück mit der Fl. Nr. 4 angrenzenden Grundstücks mit der Fl. Nr. 3, auf welchem eine landwirtschaftliche Hofstelle situiert ist.
3
Der Beigeladene beabsichtigt auf den Fl. Nrn. 4/1 bis 4/10 (ursprünglich allesamt auf dem Gesamtgrundstück Fl. Nr. 4) der Gemarkung A die Errichtung von fünf Doppelhäusern mit Garagen und Stellplätzen. Die Grundstücke der Beteiligten liegen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der Gemarkung A. Mit Formblattantrag vom 23. Juli 2020, eingegangen bei der Gemeinde B am 27. Juli 2020 und beim Landratsamt * (im Folgenden: Landratsamt) am 7. August 2020, beantragte der Beigeladene unter dem Az. H die Erteilung einer Baugenehmigung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben.
4
Unter den Az. I, E, F, G beantragte der Beigeladene Baugenehmigungen für die vier weiteren Bauvorhaben.
5
Die Gemeinde B hat ihr Einvernehmen zum verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben mit Beschluss vom 30. Juli 2020 erteilt.
6
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen für die Vornahme von Geländeauffüllungen mit externem Material sowie für die Errichtung einer Baustelleneinrichtung mit Baustofflager auf dem Grundstück Fl. Nr. 4 der Gemarkung A innerhalb der weiteren Schutzzone (Zone III) eine Befreiung von den Verbotstatbeständen der Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamtes über das Wasserschutzgebiet in den Gemeinden C und B für die öffentliche Wasserversorgung der Bayerischen *wasserversorgung vom 28. November 2012.
7
Die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft des Landratsamtes teilte mit Schreiben vom 19. November 2020 mit, dass ihre Belange nicht berührt würden. Das Baugrundstück liege außerhalb von Überschwemmungsgebieten, jedoch in der Zone III des Wasserschutzgebietes C. Die Ausnahmegenehmigung bzgl. der Lage im Wasserschutzgebiet, Zone III, sei bereits erteilt.
8
Der Fachbereich Immissionsschutz des Landratsamtes teilte mit Schreiben vom 23. November 2020 mit, dass keine immissionsschutzfachlichen Bedenken bestünden.
9
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) wurde im Verfahren beteiligt und teilte mit Schreiben vom 6. April 2021 mit, dass es im Umkreis um die geplante Bebauung keinen landwirtschaftlichen Haupterwerbslandwirt gebe. Beim angrenzenden landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Grundstück Fl. Nr. 1 handle es sich um einen ehemaligen Milchviehbetrieb, seit dessen Aufgabe an der Hofstelle Färsen im Nebenerwerb gemästet würden. Die bewirtschaftete Fläche umfasse ca. 29 ha. Auf dem Grundstück A 15a (Grundstück Fl. Nr. 2) würden knapp 8 ha viehlos im Nebenerwerb bewirtschaftet. Der Betrieb auf dem Grundstück Fl. Nr. 15 bewirtschafte im Nebenerwerb ca. 26 ha landwirtschaftliche Fläche und ca. 7 ha Forst. Die Tierhaltung mit sechs Mastschweinen und wenigen Hühnern und Gänsen sei untergeordnet vorhanden. An der Hofstelle auf dem Grundstück Fl. Nr. 5 sei bis vor wenigen Jahren noch aktiv eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt worden. Seit 2019 sei kein Mehrfachantrag mehr gestellt worden. Auf der Fl. Nr. 3, dem Grundstück des Klägers, bestünde laut dem Datenbestand kein aktiver landwirtschaftlicher Betrieb mehr. Im Falle der Errichtung von Wohnbebauung auf dem Grundstück Fl. Nr. 4 seien Immissionen aus der Landwirtschaft aus Sicht des AELF in jedem Fall entschädigungslos zu dulden.
10
Der Kläger hat die im Verfahren vorgelegten Pläne des Beigeladenen nicht unterzeichnet.
11
Das Landratsamt erteilte mit Bescheid vom 5. Juli 2021 (Az. H), dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8. Juli 2021, die beantragte Baugenehmigung nach Maßgabe der beiliegenden, am 29. Juni 2021 geprüften und revidierten Bauvorlagen. Auf mögliche Geruchsimmissionen durch die angrenzende Landwirtschaft und die dauerhafte und entschädigungslose Duldung der von der Landwirtschaft ausgehenden Immissionen wurde hingewiesen.
12
Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
13
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 6. August 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage und beantragt,
14
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Juli 2021, Az. H (Bescheid über die Genehmigung eines Bauvorhabens „Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Stellplätzen auf Flurnummer 4 der Gemarkung A “) aufzuheben.
15
Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 9. August 2021 vorgetragen, dass entgegen dem Bescheid auf dem Grundstück des Klägers eine Landwirtschaft betrieben werde. Hierzu werde ausdrücklich auf das beigefügte Betriebsstammdatenblatt sowie den Mehrfachantrag für das Jahr 2021 verwiesen. Hinzu komme, dass der komplette Baubestand der Landwirtschaft genehmigt worden sei, so (unter anderem) mit Genehmigung vom 4. Mai 1966 im Sinne des Neubaus einer Dunglege mit Jauchegrube. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück in die Schutzzone III der Verordnung über das Wasserschutzgebiet in den Gemeinden C und B falle, wonach bauliche Anlagen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig seien. Vorliegend sei zu befürchten, dass ein eigenes Baugebiet, sogar mit eigener Erschließungsstraße, erstellt werde. Dieser Aspekt sei in der Baugenehmigung noch nicht einmal angesprochen worden. Außerdem würden sich die bereits genehmigten Objekte (das verfahrensgegenständliche und das des Parallelverfahrens I) in das Gebiet, das landwirtschaftlich geprägt sei, und zwar sowohl in Richtung des Grundstücks des Klägers als auch eines weiteren Nachbarn, nicht einfügen.
16
Auf den weiteren Inhalt des Klagebegründungsschriftsatzes vom 9. August 2021 wird ergänzend verwiesen.
17
Mit Beschluss vom 9. August 2021 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen. Mit Schriftsatz vom 26. August 2021 ließ er beantragen,
19
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Landwirtschaft in der Abwägungsentscheidung des Beklagten durchaus Berücksichtigung gefunden habe. Ausweislich der Auflage im angefochtenen Bescheid habe der Beigeladene die von der Landwirtschaft ausgehenden Immissionen dauerhaft und entschädigungslos zu dulden. Dies gelte im „Jetzt“ als auch in der Zukunft, weshalb die vom Kläger betriebene Landwirtschaft aktuell und für die Zukunft geschützt sei. Der Beigeladene gehe davon aus, dass sämtliche Gebäude des Klägers zurzeit nach den gesetzlichen Vorgaben für eine Tierhaltung nicht mehr zulässig seien, auch wenn davon auszugehen sei, dass auf Seiten des Klägers durch entsprechende Sanierungsmaßnahmen am Gebäude dieses wieder für eine Tierhaltung nutzbar gemacht werden könnte. Das Vorhaben füge sich auch, wie im angefochtenen Bescheid richtig beurteilt, in die nähere Umgebung ein. Den Belangen der Land- und Forstwirtschaft werde durch die im angefochtenen Bescheid festgelegten Auflagen Rechnung getragen und auch eine Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forst sei eingeholt worden.
20
Das Landratsamt hat für den Beklagten mit Schriftsatz vom 7. September 2021 beantragt,
22
Mit Schreiben vom 15. September 2021 teilte der Fachbereich Immissionsschutz des Landratsamtes in den parallelen Baugenehmigungsverfahren mit den Az. E, F und G mit, dass strittig sei, inwieweit eine mögliche Tierhaltung auf dem Grundstück des Klägers zu berücksichtigen sei. Es werde weiterhin wie im Rahmen der Bauvoranfrage davon ausgegangen, dass hier keine Tierhaltung mehr möglich sei.
23
Mit E-Mail vom 26. Oktober 2021 hat das AELF auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass im Archiv kein Hofakt mehr von Herrn Y (ursprünglicher Bewirtschafter des klägerischen Grundstücks) zu finden sei. Da die Erfassung von Mehrfachantragsdaten bis zum Jahr 1992 zurückgehe, könne ausgeschlossen werden, dass nach 1992 unter der Adresse A 16 bzw. 16a oder dem Namen Z ein Betrieb gemeldet gewesen sei. Der Kläger habe gegenüber dem AELF die Situation dahingehend geschildert, dass er die Hofstelle in A vor ca. 10 Jahren bereits mit dem Gedanken, dort eine kleine Landwirtschaft mit Tierhaltung zu führen, erworben habe. Nach Informationen des AELF hätten die Eltern des Klägers erstmals im Jahr 2014 einen Mehrfachantrag gestellt und aktiv Landwirtschaft betrieben. Seit 2017 habe der Kläger nach eigenen Angaben die Flächen übernommen und seitdem unter eigener Betriebsnummer einen Mehrfachantrag gestellt. Da er jedoch nicht an der Betriebsstätte in A wohne, sei er bei der Überprüfung durch das AELF, ob benachbarte landwirtschaftliche Betriebe angesiedelt seien, nicht aufgefallen. Der Kläger bewirtschafte rund 7 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche, besitze aber insgesamt 20 ha. Ein Teil sei derzeit verpachtet, er wolle die Flächen nach Auslauf der Pachtverträge wieder selbst in Bewirtschaftung nehmen. Den Angaben des Klägers zufolge würden in A aktuell sechs Schafe gehalten. Er wolle die landwirtschaftliche Betätigung in A „moderat“ ausweiten. Er plane eine kleinere, qualitativ hochwertige Direktvermarktung mit Tieren aus besonders tiergerechter Haltung mit hohem Freilandanteil. Nach der Einschätzung des AELF bestünde auch nach Fertigstellung der Wohngebäude die Möglichkeit, Landwirtschaft mit einer kleineren Tierhaltung an der Hofstelle A 16 zu betreiben. Immissionsschutzrechtlich wäre bei einem Abstand von 40-50 m im Dorfgebiet auch eine größere Tierhaltung vermutlich kein Problem.
24
Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2021 wurde zur Begründung der Klageerwiderung für den Beklagten ausgeführt, dass sich das geplante Wohnbauvorhaben in das vorhandene, faktische Dorfgebiet i.S.d. § 5 Baunutzungsverordnung (BauNVO ) einfüge. Da in Dorfgebieten vorrangig auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe Rücksicht zu nehmen sei, sei das AELF beteiligt worden. Aus den zuletzt getroffenen Aussagen, insbesondere auch durch den Kläger selbst, sei davon auszugehen, dass aktuell auf dem Grundstück Fl. Nr. 3 der Gemarkung A keine Tierhaltung stattfinde. Aus der letzten Stellungnahme des AELF mit E-Mail vom 26. Oktober 2021 sei zudem ersichtlich, dass die letzte Tierhaltung weitaus länger, nämlich mindestens bis zum Jahr 1992 zurückgehe. Für die Nutzung der baulichen Anlagen als Stallanlagen zur Tierhaltung liege aus Sicht des Landratsamtes daher kein Bestandsschutz mehr vor. Ungeachtet der Frage, auf welches Modell man zur Bestimmung der Zeitspanne, ab wann der Bestandsschutz erlösche, abstelle - sei es auf das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte „Zeitmodell“, den Rechtsgedanken von Art. 69 Bayerische Bauordnung (BayBO ) oder § 42 Abs. 2, 3 Baugesetzbuch (BauGB ) - so sei die Nutzung als Stall zur Tierhaltung aus baurechtlicher Sicht zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr ohne erneutes Baugenehmigungsverfahren möglich, da der Bestandsschutz schon längst erloschen sei. Darüber hinaus sei fraglich, inwieweit eine Wiederaufnahme der Tierhaltung hinsichtlich anderweitiger gesetzlicher Anforderungen (z.B. Tierhaltungsverordnung usw.) generell überhaupt möglich wäre. Im Übrigen habe der Kläger bislang auch nicht schlüssig und substantiiert darlegen können, welche Tierhaltung (Anzahl, Art, in welchem Gebäude etc.) überhaupt stattfinden solle und von welchen Genehmigungen diese erfasst sein sollten. Es sei auch nicht näher dargelegt, wie die Rechte des Klägers in seinem derzeitigen landwirtschaftlichen Betrieb beeinträchtigt sein sollen. Zum Schutz des Betriebes des Klägers sei die Auflage, dass die durch den landwirtschaftlichen Betrieb auftretenden Immissionen zu dulden seien, mitaufgenommen worden. Die Beteiligung des Fachbereichs Immissionsschutz habe ebenfalls ergeben, dass aufgrund der Abstände zu den bestehenden Betriebsgebäuden in einem Dorfgebiet keine immissionsschutzfachlichen Bedenken bestünden. Die notwendige Ausnahmegenehmigung aufgrund der Lage des Baugrundstücks innerhalb der Wasserschutzgebietszone III sei in einem eigenständigen wasserrechtlichen Verfahren bereits erteilt worden, insofern sei diese nicht in die Baugenehmigung mitaufgenommen worden.
25
Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes des Landratsamtes vom 27. Oktober 2021 wird ergänzend Bezug genommen.
26
Mit Beschluss vom 3. November 2021 wurde der vom Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 bzw. 12. Oktober 2021 gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 21.2076) abgelehnt.
27
Der Kläger führte im Rahmen des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergänzend zur Klagebegründung aus, dass der Beigeladene selbst davon ausgehe, dass in Zukunft auf dem Grundstück des Klägers keine Landwirtschaft mehr betrieben werde. Wenn die Gebäude erst einmal stünden, könne der Kläger seine Landwirtschaft nicht mehr betreiben, da sich der Beigeladene darauf berufen werde, dass aktuell dort keine Landwirtschaft betrieben werde. Im Übrigen sei eine P. straße errichtet worden, also ein eigenes Bauviertel, sodass die wasserrechtlichen Vorgaben überhaupt nicht Berücksichtigung gefunden hätten. Ergänzend wurde ausgeführt, dass aktuell auf dem Hof kein Vieh gehalten werde, sondern dass dies wieder geplant sei und dass die Viehlandwirtschaft auch wieder ganz normal betrieben werden solle. Dies werde durch eine faktische, unmittelbar danebengelegene Wohnbebauung ausgeschlossen. Auch wenn eine Zeit lang ein landwirtschaftlicher Hof nicht mit Viehhaltung betrieben werde, dessen Gebäudebestand aber nicht verändert worden sei, könne es nicht angehen, dass an diesen herangebaut werde und anschließend der Altbestand nicht nur gefährdet, sondern ein Betrieb desselben ausgeschlossen werde.
28
Auf die Schriftsätze der Beteiligten hinsichtlich des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie die Gründe der ablehnenden Entscheidung des Gerichts wird vollumfänglich Bezug genommen.
29
Unter dem Az. I erteilte das Landratsamt am 5. Juli 2021 die beantragte Baugenehmigung für das weitere Vorhaben „Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Stellplätzen“. Hiergegen ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 6. August 2021 Klage erheben (Az. Au 5 K 21.1660). Der vom Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 bzw. 12. Oktober 2021 gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 21.2075) wurde ebenfalls mit Beschluss vom 3. November 2021 abgelehnt.
30
Mit Formblattantrag vom 9. November 2021 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude“.
31
Die Gemeinde B hat das gemeindliche Einvernehmen hierzu versagt.
32
Unter den Az. E, F und G erteilte das Landratsamt am 24. November 2021 die beantragten Baugenehmigungen für die drei weiteren Vorhaben „Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Stellplätzen“. Hiergegen ließ der Kläger jeweils mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 Klage erheben (Az. Au 5 K 21.2570, Au 5 K 21.2571 und Au 5 K 21.2573). Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2022 bzw. 14. Februar 2022 stellte der Kläger Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 22.320, Au 5 S 22.321 und Au 5 S 22.322).
33
Mit gerichtlichem Schreiben vom 26. November 2021 wurde der Kläger gebeten, bis 15. Dezember 2021 mitzuteilen, ob aufgrund der eingetretenen Rechtskraft des Beschlusses in dem Verfahren Au 5 S 21.2076 eine verfahrensbeendende Erklärung im Hauptsacheverfahren abgegeben wird.
34
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 ließ der Kläger erklären, dass keine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde. In diesem Zuge vertiefte er sein bisheriges Vorbringen. Er sei als Nachbar in seinen Rechten verletzt, weil sich das Bauvorhaben nicht einfüge, worauf er sich berufen könne. Es spiele keine Rolle, ob die landwirtschaftlichen Anwesen, die an die Bauvorhaben des Beigeladenen grenzen, als solche genutzt würden. Die Bauvorhaben des Beigeladenen würden nicht in ein gewachsenes Dorfgebiet passen. Im Hinblick auf das Einfügen ginge es nicht nur darum, ob sich ein Objekt der Nutzung nach einfüge, sondern auch darum, ob es sich von den baulichen Gegebenheiten her einfügt. Hierbei dürfe nicht jedes Haus für sich betrachtet werden, sondern es müsse berücksichtigt werden, in welcher Art und Weise eine Verdichtung auf dem Grundstück erfolgt. Ferner werde gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstoßen. Die landwirtschaftliche Hofstelle sei nicht „rechtelos“, nur weil sie über längere Zeiträume nicht genutzt worden sei. Es gäbe keine gesetzliche Vorschrift, wonach Bestandsschutz durch langjährige Nutzungsaufgabe erlösche. Außerdem erfolge eine landwirtschaftliche Nutzung, was sich anhand der aktuellen Mehrfachanträge zeige. Da inzwischen drei weitere Doppelhäuser genehmigt worden seien - es sich mithin also um fünf Doppelhäuser des Beizuladenden handle -, seien die Ausführungen zu den wasserwirtschaftlichen Belangen nicht mehr nachvollziehbar. Es werde ein eigenes Wohngebiet geschaffen, sodass die wasserrechtlichen Vorschriften, die immer drittschützend seien, nicht berücksichtigt würden.
35
Auf den weiteren Inhalt des klägerischen Schriftsatzes vom 15. Dezember 2021 wird ergänzend Bezug genommen.
36
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022 ergänzte das Landratsamt für den Beklagten seinen bisherigen Vortrag dahingehend, dass derzeit keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit des Bauantrages des Klägers mit der Vorhabenbezeichnung Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude“ getroffen werden könne, da eine Vielzahl an Unterlagen und Angaben fehle. Auch im Rahmen des Bauantrages würden bezeichnenderweise Angaben zu Tierzahlen, Mistlagerung, etc. sowie eine Differenzierung zwischen vorhandenen und neuen Bauteilen bzw. Nutzungen fehlen. Aus Sicht des Landratsamtes stütze die Einreichung des Bauantrages die Schlussfolgerung der bisherigen, langjährigen und somit dauerhaften Nutzungsaufgabe des Stallgebäudes. Hinsichtlich der Lage innerhalb der weiteren Schutzzone des Wasserschutzgebietes sei mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 eine Befreiung von Verboten erteilt worden. Da Fl. Nr. 4 der Gemarkung A zwischenzeitlich aufgeteilt worden sei, sei der Kläger mangels Nachbareigenschaft i.S.d. Art. 66 BayBO nicht mehr klagebefugt.
37
Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 17. Februar 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
38
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2022 vertiefte der Kläger sein Vorbringen. Er führte aus, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben zwingend im Kontext mit den weiteren Baugenehmigungsbescheiden unter den Az. E, F und G sowie I zu sehen sei. Auf dem ursprünglichen Grundstück Fl. Nr. 4 seien inzwischen Baugenehmigungen für 10 Doppelhaushälften erteilt worden. Es sei eine grundlegend neue bauplanungsrechtliche Bewertung als bisher vorzunehmen. Die zwischenzeitlich vorgenommenen Grundstücksparzellierungen ließen den Schluss zu, dass auf dem Restgrundstück weitere Doppelhaushälften und ggf. auch Mehrfamilienhäusern errichtet werden, dass also eine Bebauung immensen Ausmaßes realisiert werde. Auch wenn hierdurch kein neues „Baugebiet“ im engeren Sinne geschaffen werde, sei bei der Beurteilung, vor allem in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht und im Hinblick auf Einschränkungen des Klägers bei der Ausübung seines landwirtschaftlichen Betriebes, zu berücksichtigen, dass eine Wohnsiedlung entstehe, durch die Konfliktlagen und bodenrechtliche Spannungen geschaffen würden. In den Schriftsatz des Klägers sind Fotoaufnahmen eingearbeitet, anhand derer Geländeveränderungen, insbesondere massive Aufschüttungen, für die keine Genehmigung beantragt und erteilt worden sei, erkennbar seien. Unmittelbar angrenzend an das landwirtschaftliche Bestandsgebäude (Schweinestall) sei auf dem Grundstück des Beigeladenen eine Betonmauer zu erkennen, bis zu deren oberen Kante Erdaufschüttungen vorgenommen worden seien. Das Gelände würde um etwa 2 Meter erhöht, so dass sich an der Grundstücksgrenze nach Erstellung der Bauvorhaben ein massiver Geländeunterschied ergäbe. Das landwirtschaftliche Anwesen des Klägers sowie das angrenzende Wohnhaus befänden sich auf dem ursprünglichen Geländeniveau und würden verschattet. Vor nachträglicher Parzellierung habe die Aufschüttung ein Ausmaß von insgesamt weit mehr als 500 m² bei einer Mindesthöhe von 2 Metern gehabt und sei demnach nach Art. 57 Abs. 1 Ziffer 9 BayBO nicht genehmigungsfrei gewesen. Sollten Aufschüttungen in geringerem Umfang vorgenommen worden seien, sei darauf hinzuweisen, dass dann eine Abgrabung stattgefunden hätte, die ebenfalls genehmigungspflichtig gewesen wäre. Das Bauvorhaben sei daher illegal. Auch die Erschließungsstraße sei erkennbar, die ebenfalls etwa zwei Meter über dem ursprünglichen Geländeniveau erstellt worden sei. Die Länge der Erschließungsstraße mache deutlich, dass es nicht bei den bereits fünf genehmigten Doppelhäusern bleibe, sondern ein völlig neues Baugebiet mit etlichen weitere Doppelhäusern oder Mehrfamilienhäusern entstehe. Das Bauvorhaben verstoße für sich gesehen, noch mehr aber im Kontext mit den weiteren vier Bauvorhaben, gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Kläger betreibe auf seinem Grundstück einen landwirtschaftlichen Betrieb und nicht nur eine Hobbylandwirtschaft. Dieser sei weder vorübergehend noch dauerhaft eingestellt worden. Im Stallgebäude seien sämtliche Stalleinrichtungen weiterhin vorhanden, der Stall sei zu keiner Zeit umgenutzt oder zu anderen Zwecken als zur Schweinehaltung genutzt worden. Der am 9. November 2021 gestellte Bauantrag des Klägers betreffend den Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und den Einbau eines modernen Schweinestalles zeige dies. Die Schweinehaltung werde künftig wieder intensiv betrieben. Die Gemeinde B habe ihr Einvernehmen erteilt. Aufgrund der massiv heranrückenden Wohnbebauung sei davon auszugehen, dass dem Kläger erhebliche immissionsschutzrechtliche Auflagen gemacht werden. Damit sei das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. In einem Dorfgebiet müsste ein größerer Abstand der Wohnbebauung zum landwirtschaftlichen Betrieb eingehalten werden. Durch die Wohnbebauung wäre der Antragssteller in konkreten Erweiterungsabsichten beeinträchtigt oder diese würden gar unmöglich gemacht. Der bestehende Schweinestall sei seit jeher formell und materiell legal errichten worden und genieße - eingeschlossen die Nutzung als Schweinestall - Bestandsschutz. Grundlegend verfehlt sei die Annahme des Landratsamtes, die Nutzung als Stall zur Tierhaltung sei aus baurechtlicher Sicht nicht mehr ohne erneute Baugenehmigung möglich. Die neuerliche Baugenehmigung beruhe darauf, dass der Stall saniert und modernisiert und die Tierhaltung erweitert werden soll, nicht auf der Fortführung oder Wiederaufnahme der Nutzung im vorhandenen Bestand. Die immissionsschutzrechtliche Beurteilung des Landratsamtes, wonach davon ausgegangen werde, dass auf dem Grundstück des Klägers keine Tierhaltung möglich sei, sei fehlerhaft. Der Betrieb des Antragsstellers wäre zu berücksichtigen gewesen. Die Wohnbebauung halte nicht die nach den immissionsschutzrechtlichen Vorgaben erforderlichen Abstände zum Schweinestall des Klägers ein.
39
Auf den weiteren Inhalt des klägerischen Schriftsatzes vom 18. Februar 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
40
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2022 führte das Landratsamt für den Beklagten zum klägerischen Schriftsatz vom 18. Februar 2022 aus, dass in den genehmigten Bauunterlagen Geländeauffüllungen dargestellt und somit Teil der Baugenehmigung geworden seien. Inwieweit die genehmigten Auffüllungen nachbarschützende Belange beeinträchtigen, sei nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar. Hinsichtlich der durchgeführten Arbeiten an dem privaten Erschließungsweg werde auf Art. 57 Abs. 1 Nr. 8 BayBO hingewiesen, wonach private Verkehrsanlagen verfahrensfrei möglich seien. Von der Verfahrensfreiheit würden auch die mit den verfahrensfrei gestellten Anlagen untrennbar verbundenen Aufschüttungen und Abgrabungen erfasst. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, inwieweit Abgrabungen nachbarschützende Vorschriften verletzen. Die Abgrabungen seien teilweise auch aus bodendenkmalfachlicher Sicht erforderlich gewesen. Im Hinblick auf den Bestandsschutz eines landwirtschaftlichen Betriebes sei zu berücksichtigen, dass feststehe, dass mindestens seit 30 Jahren keine Tierhaltung erfolgt sei. Nachdem keinerlei Belege für irgendeine genehmigte Stallnutzung vorgelegt worden seien, verbleibe es bei der längst aufgegebenen Nutzung, was die Haltung von Tieren angeht. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung liefe ins Leere, da keine bloße Wiederaufnahme der aufgegebenen Nutzung, sondern eine Intensivierung und Erweiterung der Tierhaltung erfolgen soll. Dass etliche weitere Doppelhäuser geplant seien, sei spekulativ.
41
Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 21. Februar 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
42
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 21. Februar 2022 führte der Beigeladene zum klägerischen Schriftsatz vom 18. Februar 2022 aus, dass der Kläger falsche Behauptungen in den Raum stelle. Die vom Kläger monierten Aufschüttungen seien nicht dauerhaft. Vor Baubeginn seien Humus- und Erdtragschichten abgegraben worden, damit der Baugrund vom Denkmalschutz überprüft werden konnte. Diese Abgrabungen würden auf den Baugrundstücken zwischengelagert und würden nicht den endgültigen Geländeverlauf darstellen. Diese ergebe sich aus den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Planungen. Hierin seien die Höhe des Ursprungsgeländes und die Höhe des Geländes nach Vollzug der Bauarbeiten eindeutig ausgewiesen. Das Vorhaben halte sämtliche Höhenvorgaben und Abstandsflächen ein. Eine Verschattung des Stalles des Klägers scheide aus, da sich das Bauvorhaben nördlich befinde. Der Kläger lasse bewusst offen, dass das Grundstück über eine große Senke verfügte, die im Zuge der Baumaßnahmen ausgeglichen worden sei. Eine Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kläger sei nicht erkennbar, nachträgliche Auflagen seien nicht ersichtlich. Die Tierhaltung in dem Stall sei aufgegeben worden. Nach Außen habe sich ein Aufgabewille manifestiert, da der Kläger sich nicht um die fortwährende Genehmigungsfähigkeit des Stalls für die Tierhaltung gekümmert habe. Eine Erschwerung konkreter Erweiterungsabsichten sei mangels konkreter Planungen nicht ersichtlich. Der Stall könne in seiner jetzigen Form nicht für eine Tierhaltung genutzt werden. Es komme auf die aktuelle Nutzbarkeit und nicht auf eine potentielle irgendwann mögliche Nutzbarkeit an. Das Landratsamt habe den Interessen des Klägers durch die Auflagen in der Baugenehmigung ausreichend und vollumfänglich Rechnung getragen. Ein Verstoß gegen vorgegebene Mindestabstände von Wohnbebauungen zu landwirtschaftlichen Anwesen läge nicht vor.
43
Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 21. Februar 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
Am 24. Februar 2022 wurde in der Sache mündlich verhandelt. Auf die hierzu gefertigte Niederschrift wird ergänzend verwiesen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und die Behördenakte, auch in den Verfahren Au 5 K 21.1660 sowie Au 5 S 21.2075, Au 5 K 21.2570 sowie Au 5 S 22.320, Au 5 K 21.2571 sowie Au 5 S 22.321 und Au 5 K 21.2573 sowie Au 5 S 22.322.
Entscheidungsgründe
44
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
45
1. Die Klage ist zulässig.
46
Der Kläger ist klagebefugt, § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Er kann sich als Nachbar im baurechtlichen Sinn auf die Möglichkeit der Verletzung in drittschützenden Normen stützen. Auch wenn das Grundstück des Klägers aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Aufteilung des Grundstückes Fl. Nr. 4 nicht mehr unmittelbar an das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben auf den Fl. Nrn. 4/1 und 4/2 angrenzt, erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Kläger sich im Hinblick auf von seinem landwirtschaftlichen Betrieb ausgehenden Emissionen gegen die Wohnbebauung zur Wehr setzen kann.
47
Die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist gewahrt.
48
2. Die Klage ist unbegründet.
49
Der Kläger wird durch den Bescheid des Landratsamtes vom 5. Juli 2021 (Az. H) nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
50
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung hat der anfechtende Nachbar nur, wenn das Bauvorhaben den im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden, öffentlichrechtlichen Vorschriften widerspricht (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO i.V.m. Art. 55 ff. BayBO) und die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, ihr also drittschützende Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343). Die Baugenehmigung muss dabei gegen eine im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Vorschrift verstoßen. Weiterhin muss der Nachbar durch den Verstoß gegen diese Norm in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen sein. Eine objektive Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung reicht dabei nicht aus, denn der Nachbar muss in eigenen subjektiven Rechten verletzt sein.
51
Da es sich vorliegend um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt, prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 BayBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 ff. BauGB, den Vorschriften über die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) sowie andere öffentlichrechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlichrechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO).
52
a) Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegt nicht vor.
53
aa) Das Vorhaben verstößt nicht gegen das Gebot des Einfügens in § 34 BauGB hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung.
54
Die Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. 3 sowie die geplanten Vorhaben des Beigeladenen befinden sich in einem im Zusammenhang bebauten Gebiet, für das kein Bebauungsplan existiert. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich daher nach § 34 BauGB.
55
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB müssen die Anforderungen an gesundeWohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben, das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.
56
Die in § 34 Abs. 2 BauGB angesprochene „Art der baulichen Nutzung“ vermittelt betroffenen Nachbarn Drittschutz; diese haben einen Anspruch darauf, dass die Art der baulichen Nutzung der näheren Umgebung nicht verletzt wird (sogenannter „Gebietserhaltungsanspruch“).
57
Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zu Wehr zu setzen. Der Anspruch beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet wird, dass also ein wechselseitiges Austauschverhältnis besteht (st.Rspr. u.a. BVerwG, B.v. 18.12.2007 - B 55.07 - BayVBl 2008, 765; BVerwG, U.v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364). Der Gebietserhaltungsanspruch gibt aber nicht nur den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet liegen, sondern auch den Eigentümern von Grundstücken, die in einem faktischen Baugebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 ff. BauNVO) liegen, ein Abwehrrecht. § 34 Abs. 2 BauGB besitzt hierbei grundsätzlich nachbarschützende Qualität. Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit einer Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebietes eingeleitet wird. Diesen Anspruch auf die Bewahrung einer Gebietsart hat der Nachbar unabhängig davon, ob das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BRS 55 Nr. 110; B.v. 11.4.1996 - 4 B 51.96 - BRS 58 Nr. 82; OVG NRW, U.v. 24.1.2008 - 7 A 270/07 - juris Rn. 32).
58
Nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach dem sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstab. Die nähere Umgebung bestimmt sich dabei nach den umliegenden Grundstücken, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägen oder beeinflussen.
Ausweislich der Stellungnahme des AELF vom 6. April 2021 bestehe im Umk8reis um die geplante Bebauung kein landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetrieb.
59
Der angrenzende landwirtschaftliche Betrieb auf dem Grundstück Fl. Nr. 1 bewirtschafte eine Fläche von ca. 29 ha. Auf dem Grundstück Fl. Nr. 2 werde knapp 8 ha im Nebenerwerb bewirtschaftet. Der Betrieb auf dem Grundstück Fl. Nr. 15 bewirtschafte im Nebenerwerb ca. 26 ha landwirtschaftliche Fläche und ca. 7 ha Forst. Ausweislich der Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz vom 15. September 2021 in den Parallelverfahren unter den Gerichtsaktenzeichen Au 5 K 21.2570, Au 5 K 21.2571 und Au 5 K 21.2573 hatte das AELF die Tierhaltung betreffend mitgeteilt, dass auf den benachbarten landwirtschaftlichen Hofstellen noch in meist geringem Umfang Tierhaltung betrieben werde. Das Grundstück Fl. Nr. 2 sei viehlos, auf dem Grundstück Fl. Nr. 15 würden 4 Mastschweine gehalten. Auf dem Grundstück Fl. Nr. 5 umfasse die Tierhaltung 5 Schafe und 4 Ziegen, auf dem Grundstück Fl. Nr. 1 umfasse sie 22 Rinder und 7 Kälber. Das AELF wies ebenfalls mit Schreiben vom 15. September 2021 auf den benachbart liegenden Betrieb auf Fl. Nr. 1 hin. Dieser bewirtschafte 29 ha landwirtschaftliche Fläche mit einer Rinderhaltung.
60
Vor diesem Hintergrund sind jedenfalls noch landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen - neben Wohngebäuden - vorhanden, die das maßgebliche Gebiet dörflich prägen.
61
Damit ist, ohne dass es einer weitergehenden Konkretisierung des Umgriffs der für die Frage des Einfügens maßgeblichen Umgebungsbebauung bedürfte, davon auszugehen, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück und die nähere Umgebung bauplanungsrechtlich als Dorfgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB, § 5 BauNVO einzustufen sind. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dienen Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen sind grundsätzlich landwirtschaftliche Betriebe i.S.d. § 5 BauNVO (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 143. EL August 2021, § 5 BauNVO Rn. 16). Ungeachtet der Tatsache, ob auf dem Grundstück des Klägers noch aktiv Landwirtschaft betrieben wird, verliert ein Gebiet nämlich seine Eigenschaft als Dorfgebiet so lange nicht, als dort noch zumindest eine Wirtschaftsstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes vorhanden ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5/07 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 16.10.2013 - 15 CS 13.1646 - juris Rn. 23).
62
Das mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid genehmigte Bauvorhaben ist daher als Wohngebäude nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO im (faktischen) Dorfgebiet allgemein nach der Art der Nutzung zulässig. Insbesondere kommt es im Dorfgebiet im Gegensatz zum Mischgebiet nach § 6 BauNVO auch nicht auf ein bestimmtes Mischverhältnis der einzelnen erlaubten Nutzungen an (st.Rspr. des BayVGH, B.v. 16.10.2013 - 15 CS 13.1646 - juris Rn. 24). Es genügt, dass die Landwirtschaft ein den Gebietscharakter wesentlich mitbestimmender Faktor ist. Ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht der Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ist nicht zu verlangen (vgl. VG München, U.v. 19.1.2011 - M 9 K 10.2023 - juris Rn. 29). Auch die in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltene Vorrangklausel für land- und forstwirtschaftliche Betriebe sagt nicht aus, dass im Dorfgebiet vorrangig land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterzubringen sind. Vielmehr regelt sie, dass auf die vorhandenen Wirtschaftsstellen der Land- und Forstwirtschaft erhöhte Rücksicht zu nehmen ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 43. EL August 2021, § 5 BauNVO Rn. 15).
63
Wegen der allgemeinen Zulässigkeit von Wohngebäuden im Dorfgebiet nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO entspricht ein Nebeneinander von Wohnnutzung und land- bzw. forstwirtschaftlichen Anlagen dem Gebietscharakter des Dorfgebiets, sodass sich ein land- bzw. forstwirtschaftlicher Betrieb unter Berufung auf den Gebietscharakter nicht gegen das Heranrücken von Wohngebäuden wehren kann (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 5 BauNVO Rn. 16a). Da es - wie oben dargestellt - nicht auf ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht der Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ankommt, ist es auch unschädlich, dass neben dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben noch vier weitere Doppelhäuser, die ebenfalls ihrer Art nach allgemein zulässig sind, genehmigt wurden. Dafür, dass der Dorfgebietscharakter durch die hinzutretende Wohnbebauung von einem Dorfgebiet in eine andere Gebietsart „umschlagen“ würde, ist angesichts der Anzahl an bestehenden landwirtschaftlichen Betrieben im näheren Umfeld nichts ersichtlich.
64
Selbst wenn man - wofür nach Aktenlage nichts spricht - der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers folgend davon ausgehen wollte, dass das Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB verwirklicht werden sollte, ließe sich hieraus vorliegend kein Verstoß in drittschützenden Rechten ableiten. Einen Gebietserhaltungsanspruch gegen eine rechtswidrige Zulassung eines Bauvorhabens im Außenbereich hat der Nachbar nicht. Gegen Vorhaben im Außenbereich kann daher Nachbarschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme gewährt werden
65
Nach alldem kann sich der Kläger nicht unter Berufung auf den Gebietserhaltungsanspruch gegen das verfahrensgegenständliche Vorhaben zur Wehr setzen.
66
bb) Das Vorhaben verstößt nicht gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB genannte Erfor dernis des Einfügens in die nähere Umgebung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung.
67
Die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und überbaubare Grundstücksflächen sind grundsätzlich nicht geeignet, Drittschutz zu verleihen (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3; B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9). Anhaltspunkte dafür, dass sich die verfahrensgegenständliche Nutzung nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, sind zudem weder vorgetragen noch ersichtlich.
68
cc) Das genehmigte Bauvorhaben verstößt auch nicht gegen das bauplanungs rechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
69
Dem Gebot der Rücksichtnahme, das als nachbarschützender bauplanungsrechtlicher Genehmigungsmaßstab im vorliegenden Fall bei Annahme eines faktischen Dorfgebiets in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthalten ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314), kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290).
70
Das Gebot der Rücksichtnahme wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 - 4 B 48.12 - BauR 2013, 934; BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 21). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 21.1.2022 - 1 CS 21.2866 - juris Rn. 14).
71
Eine heranrückende Wohnbebauung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb durch die hinzutretende Bebauung mit nachträglichen Auflagen rechnen muss (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2020 - 15 CS 20.901 - juris Rn. 27; NdsOVG, U.v. 12.6.2018 - 1 LB 141/16 - juris Rn. 23). Ein Landwirt kann nach Maßgabe der zum Rücksichtnahmegebot entwickelten Grundsätze ein Abwehrrecht haben, wenn die von seinem (bestehenden) Betrieb ausgehenden Immissionen die geplante Wohnnutzung unzumutbar beeinträchtigen würden (vgl. VG München, U.v. 19.1.2011 - M 9 K 10.2023 - juris Rn. 31). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)) und auf dessen materiellrechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 - juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 21.1.2022 - 1 CS 21.2866 - juris Rn. 14). Durch höchstrichterliche Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass für das Rücksichtnahmegebot grundsätzlich von dem legal genutzten vorhandenen Bestand auszugehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19/90 Rn. 20). Denn nur die Beeinträchtigungen, die eine legale Nutzung mit sich bringt, können im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs als Vorbelastung in Ansatz gebracht werden, die der Rücksichtnahmeverpflichtete - hier der Beigeladene - hinzunehmen hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19/90 Rn. 27).
72
Unter Anwendung dieser Grundsätze stellt sich das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben nicht als ein das Rücksichtnahmegebot verletzendes Vorhaben dar. Denn der Kläger kann sich nicht auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen, soweit er geltend macht, dass sich auf seinem Grundstück eine schutzbedürftige landwirtschaftliche Hofstelle befindet und er in seiner emittierenden Nutzung durch die heranrückende Wohnbebauung eingeschränkt wäre.
73
(1) Der Kläger kann sich nicht auf einen legal genutzten, bestandsgeschützten landwirtschaftlichen Betrieb, insbesondere aber eine bestandsgeschützte Schweinehaltung, berufen.
74
Das Rücksichtnahmegebot kann sich zwar durchaus auf den geschützten Bestand, insbesondere eines landwirtschaftlichen Betriebes beziehen. Denn Bestandsschutz gewährleistet das Recht, ein Bauwerk weiterhin so zu unterhalten und zu nutzen, wie es seinerzeit - im Einklang mit dem damals geltenden materiellen Recht oder aufgrund einer entsprechenden Genehmigung - errichtet wurde. In diesem Umfang erstreckt sich der Schutz dann auch auf das nachbarliche Rücksichtnahmegebot (vgl. VG München, U.v. 2.12.2010 - M 11 K 08.2225 - juris Rn. 54). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung am 5. Juli 2021 lag jedoch kein schutzwürdiger, bestandsgeschützter landwirtschaftlicher Betrieb auf dem Grundstück des Klägers mehr vor, insbesondere keine bestandsgeschützte Schweinehaltung. Die Kammer spricht dem Kläger dabei nicht ab, dass dieser als aktiver Nebenerwerbslandwirt tätig ist, der Flächen bewirtschaftet, einen Schlepper hat, auf seinem Grundstück landwirtschaftliche Geräte unterstellt und Zuschüsse bezieht. Nach Ansicht der Kammer handelt es sich bei dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers, jedenfalls aber im Hinblick auf die geplante Schweinehaltung, nicht um einen legal genutzten vorhandenen Bestand, der eine Schutzwürdigkeit des Klägers begründen und in Ansehung dessen er sich vorliegend gegenüber der verfahrensgegenständlichen Wohnbebauung auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen könnte.
75
Für die landwirtschaftlichen Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. 3 des Klägers liegen dem Gericht keine Baugenehmigungen vor. In den vorgelegten Unterlagen findet sich lediglich ein Duplikat bzgl. des Aufbaus eines Kniestockes vom 6. März 1950, eine nicht unterschriebene Bauplan-Zweitschrift für den Einbau einer Garage vom 17. Februar 1955 sowie eine Baugenehmigung für eine Fassadenänderung und Neubau einer Dunglege mit Jauchegrube vom 4. Mai 1966 mit entsprechenden Planzeichnungen. Allein im Hinblick hierauf ist belegt, dass legalisierende Baugenehmigungen vorliegen. Soweit die Klägerseite behauptet, dass der komplette Baubestand der Landwirtschaft auf dem Grundstück des Klägers - insbesondere das Stallgebäude Schweinestall und eine Nutzung als solcher - genehmigt worden sei, obliegt dem Kläger als Grundstückseigentümer die materielle Beweislast, wenn er das Vorliegen einer legalisierenden Baugenehmigung behauptet (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 29 m.w.N.).
76
Selbst wenn man jedoch zugunsten des Klägers davon ausginge, dass die landwirtschaftlichen Gebäude seit ihrem Entstehen in einem namhaften Zeitraum dem maßgebenden materiellen Recht entsprochen haben, sofern in diesem Zeitraum eine förmliche Genehmigung nicht erforderlich war, bzw. wenn die (bauliche) Anlage förmlich genehmigt worden ist (vgl. hierzu Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 144. EL September 2021, Art. 76 Rn. 116 m.w.N.), geht die Kammer davon aus, dass ein wie auch immer gearteter Bestandsschutz jedenfalls durch langjährige Nutzungsaufgabe erloschen ist.
77
Richtig ist der Vortrag des Klägers, dass allein das vormals vom Bundesver waltungsgericht entwickelte „Zeitmodell“ hier zu kurz greifen dürfte (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 13.12.2021 - 15 N 20.1649 - juris Rn. 52). Besteht die bauliche Anlage - wie vorliegend - in ihrer äußeren Gestalt noch, ist von einer endgültigen Nutzungsaufgabe mit der Folge des Entfallens des Bestandsschutzes vielmehr dann auszugehen, wenn sich der (tatsächliche) Verzicht auf die weitere Nutzung der baulichen Anlage zugleich als (rechtlicher) Verzicht auf den Bestandsschutz darstellt. Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines objektiven Dritten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - juris Rn. 49; BayVGH, B.v. 13.12.2021 - 15 N 20.1649 - juris Rn.52). Zunächst sind alle nach außen getretenen Umstände, die Rückschlüsse auf den Willen des Eigentümers zulassen, zu berücksichtigen, wie beispielsweise der Zustand der baulichen Anlage, gegebenenfalls das erforderliche Maß notwendiger Investitionen vor einer Wiederaufnahme der Nutzung, die tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen einer erneuten Nutzung oder die nach außen getretenen Gründe für die Beendigung der Nutzung (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 25.3.2021 - 1 MN 20/21 - juris Rn. 22; OVG Lüneburg, U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - juris Rn. 50). Neben diesen Umstandsmomenten ist aber auch das Zeitmoment in die Betrachtung miteinzubeziehen. Je länger eine bauliche Anlage ungenutzt bleibt, umso drängender stellt sich daher aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Dritten unter Beachtung der Verkehrsauffassung die Frage, ob noch von einer bloßen Nutzungsunterbrechung und nicht schon von einer endgültigen Nutzungsaufgabe auszugehen ist. Je länger keine Nutzung stattfindet, umso eher ist bei einem Hinzutreten weiterer Umstände die Annahme begründet, die Nutzung solle auch in Zukunft nicht wiederaufgenommen werden. Auch wenn das Zeitmoment allein grundsätzlich nicht dazu führen kann, dass eine Baugenehmigung erlischt, ist die nutzungslos verstrichene Zeitspanne unter diesen Prämissen aussagekräftig (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 25.3.2021 - 1 MN 20/21 - juris Rn. 23; OVG Lüneburg, U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - juris Rn. 51). Selbst wenn objektiver Erklärungswert des Verhaltens und subjektiver Wille auseinanderfallen und dies zu einem rechtlichen Nachteil des Eigentümers führt, ist dies im Interesse der benachbarten Grundstückseigentümer und deren Rechte aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt. Denn diese müssen auf die unterbrochene Nutzung so lange Rücksicht nehmen, wie sie jederzeit wiederaufgenommen werden darf. Eine derartige Rücksichtnahme, die ihrerseits die Freiheit der Nachbarn, ihr Eigentum nach eigenen Vorstellungen nutzen zu können, beschränkt, ist nicht mehr geboten, wenn die Wiederaufnahme der Nutzung bei objektiver Betrachtung nicht mehr zu erwarten und deshalb der Schluss auf einen Verzichtswillen gerechtfertigt ist (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - juris Rn. 52).
78
Ausgehend hiervon ist anhand der dem Gericht vorliegenden Unterlagen und Angaben bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände von einer Nutzungsaufgabe der landwirtschaftlichen Hofstelle, jedenfalls aber der Nutzung zur Schweinehaltung, auszugehen, mit der Folge, dass der Bestandsschutz erloschen ist und sich der Kläger im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes nicht auf einen schutzwürdigen landwirtschaftlichen Betrieb, insbesondere nicht auf eine schutzwürdige Schweinehaltung, berufen kann.
79
Geht man davon aus, dass die der Landwirtschaft dienenden Gebäude auf dem Grundstück des Klägers jedenfalls vor dem Jahr 1950 errichtet worden sind und dort ein landwirtschaftlicher Betrieb stattgefunden hat, lag die Beendigung der Nutzung zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung bereits mehr als 20 Jahre zurück. Ausweislich der Angaben des AELF kann ausgeschlossen werden, dass nach 1992 unter der Adresse A 16 bzw. 16a oder dem Namen „Z“ ein Betrieb gemeldet war. Der Kläger hat hierzu nur unsubstantiiert vorgetragen, dass Herr Y. im Zeitraum zwischen 1992 und 2009 eine Landwirtschaft betrieben habe. Er wisse jedoch selbst weder, in welchem Umfang, noch was genau Herr Y. dort gemacht habe. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2014 waren nach eigenen Angaben des Klägers eher hobbymäßig die Pferde seiner Freundin auf dem Grundstück untergestellt. Dies hat mit dem Führen eines landwirtschaftlichen Betriebes nichts zu tun. Die Auskünfte des AELF, dass nach 1992 kein landwirtschaftlicher Betrieb auf dem Grundstück des Klägers geführt wurde, stehen damit nicht in Zweifel. Der außerordentlich lange Zeitraum von mehr als 20 Jahren begründet jedenfalls vorliegend ein starkes Indiz für die Annahme, die Nutzung sei endgültig aufgegeben. Unter Beachtung der Verkehrsauffassung ist bei einer derart langen Zeitspanne bei landwirtschaftlich genutzten Bauten grundsätzlich nicht mehr mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen, vor allem, weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer landwirtschaftlichen Nutzung typischerweise grundlegend verändert haben (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 25.3.2021 - 1 MN 20/21 - juris Rn. 25; OVG Lüneburg, U.v. 7.10.2021 - 1 KN 17/20 - juris Rn. 54). Hinzu kommt nicht nur der in den letzten Jahrzehnten erfolgte Strukturwandel in der Landwirtschaft weg von kleinbäuerlichen Betrieben und hin zu Großunternehmen, sondern auch möglicherweise verschärfte Tierwohlanforderungen sowie Veränderungen des Standes der Technik gem. § 22 BImSchG, die zu kostspieligen Umbauten zwingen könnten. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, dass der bloße Erhalt der einst landwirtschaftlich genutzten Gebäude den eindeutigen Erklärungswert der verstrichenen Zeit in Verbindung mit den strukturellen Veränderungen der Landwirtschaft und den Anforderungen an eine Tierhaltung nicht zu kompensieren vermag. Soweit der Kläger gegenüber dem AELF angegeben hat, dass er die Hofstelle vor 10 Jahren mit dem Gedanken, dort eine kleine Landwirtschaft mit Tierhaltung zu führen, erworben habe, schließlich im Jahr 2017 die Flächen übernommen habe und seitdem unter eigener Betriebsnummer einen Mehrfachantrag gestellt habe, ändert dies nichts daran, dass selbst bei tatsächlicher Wiederaufnahme der Landwirtschaft im Jahr 2017 der Bestandsschutz zu diesem Zeitpunkt schon entfallen war, weil die Beendigung der tatsächlichen Nutzung bereits über 20 Jahre zurücklag. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen wollte, dass seine Eltern erstmals 2014 einen Mehrfachantrag gestellt und aktiv Landwirtschaft betrieben haben, auch wenn sich aus den Angaben nicht ergibt, ob diese auf dem Grundstück des Klägers stattgefunden hat. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf einen irgendwie gearteten Bestandsschutz für das Gebäude Schweinestall und dessen Nutzung als solcher. Nach Aktenlage des Gerichts ist nicht ersichtlich ist, dass in der Zeit zwischen 1992 und 2022 - mithin in einem Zeitraum von nunmehr 30 Jahren - eine über das hobbymäßige Maß hinausgehende Nutzung für Tier-, geschweige denn Schweinehaltung stattgefunden hat. Obwohl auf dem Grundstück seit 2014 bzw. 2017 wieder Landwirtschaft betrieben wurde, wurde das Stallgebäude nicht für eine landwirtschaftliche Tierhaltung genutzt. Es wurden - andere konkrete Angaben liegen der Kammer nicht vor - lediglich Flächen bewirtschaftet und landwirtschaftliche Geräte untergestellt. Für einen objektiven Dritten verstärkt dies die Annahme, dass allenfalls eine Landwirtschaft ohne Tier- bzw. Schweinehaltung betrieben werden sollte, dass also jedenfalls die Nutzung als Stallgebäude endgültig aufgegeben wurde. Hierfür spricht auch der Umstand, dass Kläger - wie er selbst vorträgt - keinerlei bauliche Änderungen am Gebäude Schweinestall vorgenommen hat. Es wurden also keine Vorkehrungen getroffen, um das Gebäude instand zu halten, was aus Sicht eines objektiven Dritten auch dafür spricht, dass die landwirtschaftliche Tier- bzw. Schweinehaltung auf dem Grundstück endgültig aufgegeben wurde. Die nunmehr vorgebrachte Absicht des Klägers, die Schweinehaltung künftig zu „intensivieren“, d.h. richtigerweise wieder aufzunehmen, stellt sich danach nicht als von vornherein absehbare Beendigung einer Nutzungsunterbrechung, sondern als dem objektiven Betrachter unerwartete Aufnahme einer, von der vor Jahrzehnten ausgelaufenen Nutzung zu trennenden, neuen Nutzung dar. Nach Ansicht der Kammer spricht die - ohnehin erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses erfolge - Einreichung des Bauantrages mit der Vorhabenbezeichnung „Umbau und Sanierung des bestehenden Stallgebäudes und Einbau eines modernen Schweinestalles in das Stall- und Stadelgebäude“ zumindest indiziell dafür, dass der Kläger selbst davon ausgeht, dass das Bestandsgebäude in seinem derzeitigen Zustand nicht für eine Schweinehaltung genutzt werden kann bzw. darf. Immerhin spricht der Bauantrag selbst von einer „Sanierung“ des Gebäudes und trägt gerade nicht etwa die Vorhabenbezeichnung „Erweiterung des Schweinestalles“.
80
Nach alldem ist auch die immissionsschutzfachliche Stellungnahme vom 15. September 2021 in den Parallelverfahren unter den Gerichtsaktenzeichen Au 5 K 21.2570, Au 5 K 21.2571 und Au 5 K 21.2573, wonach davon ausgegangen werde, dass auf dem Grundstück des Klägers keine Tierhaltung mehr möglich sei, nicht zu beanstanden.
81
(2) Ungeachtet dessen und unterstellt, es würde sich bei dem landwirtschaftli chen Betrieb des Klägers um eine legale Nutzung handeln, ist keine Verschlechterung der rechtlichen Rahmenbedingungen gegenüber der vorher gegebenen Lage erkennbar.
82
Seitens des Klägers wurde nicht substantiiert vorgetragen, dass die geneh migte Wohnbebauung auf dem Grundstück des Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Lage und damit das Maß der gegenseitig zu übenden Rücksicht zu Lasten des Klägers verschlechtert. Der Kläger hat insofern bereits nicht ausreichend bzw. glaubhaft dargelegt, in welchem Umfang und mit welchen Emissionen er seinen landwirtschaftlichen Betrieb derzeit betreibt und demzufolge durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben in Zukunft eingeschränkt sein könnte. Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme könnte sich im vorliegenden Fall daher nur dann ergeben, wenn davon auszugehen wäre, dass der Kläger mit seinem Betrieb die einschlägigen Richtwerte für Dorfgebiete derzeit einhalten kann, aber aufgrund des verfahrensgegenständlichen Vorhabens als neu hinzukommendem Immissionsort die Richtwerte in Zukunft nicht mehr einhalten könnte. Dazu hat der Kläger bereits keine ausreichenden Angaben gemacht und dem Gericht liegen hierfür auch keine Anhaltspunkte vor. Ein aussagekräftiges Betriebskonzept bzw. eine Betriebsbeschreibung, anhand derer eine konkrete Prüfung der immissionsschutzrechtlichen Lage erfolgen könnte, fehlen völlig. Es wurde immer nur pauschal darauf verwiesen, dass der Kläger aufgrund der entstehenden Wohnbebauung für entsprechende Emissionsschutzmaßnahmen sorgen müsste. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger selbst erklärt, dass er aktuell (nur) Flächen bewirtschafte und auf dem Grundstück landwirtschaftliche Maschinen unterstelle. Es ist nicht ersichtlich, wie die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen von der Hofstelle aus und das Unterstellen landwirtschaftlicher Geräte durch die Wohnbebauung eingeschränkt werden könnten. Es ist nicht erkennbar, dass Wohnbebauung nur unter Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme möglich wäre und der Kläger zwingend mit emissionsschutzrechtlichen Auflagen zu rechnen hätte, zumal die Jauchegrube durch die Bestandsgebäude abgeschirmt ist, das Stallgebäude ausweislich der vorliegenden Bilder über keinen Abluftkamin verfügt und zum verfahrensgegenständlichen Grundstück hin nur wenige kleine Fenster aufweist.
83
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Zumutbarkeit von Immissionen ausdrücklich nach der Eigenart des Baugebiets richtet. Insofern ist zu beachten, dass im Rahmen des (faktischen) Dorfgebiets nach der Vorrangklausel des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. Damit wird berücksichtigt, dass die BauNVO das Dorfgebiet als einziges Baugebiet für Standorte von land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstellen bestimmt (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 143. EL August 2021, § 5 BauNVO Rn. 14). Die Vorrangklausel führt allerdings zu höheren Duldungspflichten der den Immissionen ausgesetzten Wohngebäuden (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris Rn. 31). Die Vorschrift verschiebt somit die Zumutbarkeitsgrenze zugunsten der landwirtschaftlichen Betriebe und zulasten der nachrückenden nicht landwirtschaftlichen Nutzungen bis an die Grenze des objektiv Zumutbaren (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - juris; VG München, B.v. 26.10.2021 - M 1 SN 21.799 - juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 21.01.2022 - 1 CS 21.2866 - juris Rn. 14). Diese eingeschränkte Schutzwürdigkeit eines Wohnhauses in einem Dorfgebiet (vgl. BayVGH, B.v. 31.01.2013 - 9 CS 12.1507 - juris Rn. 18) ist vorliegend zu beachten. Der Arbeitslärm, die üblichen Tiergerüche aus den Stallungen und die Geruchsbelästigungen durch Dungstätten und Güllegruben sind typische Begleiterscheinungen des Dorfgebietes, die dort nicht als nachteilige Wirkung auf die Umgebung im Sinne einer unzulässigen Störung angesehen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 21.08.1998 - 2 B 94.271 - juris; VG München, U.v. 19.01.2011 - M 9 K 10.2023 - juris Rn. 35). Darüber hinaus spricht für die Zumutbarkeit, dass der Kläger weiterhin ungehindert nach Süden auf sein eigenes Grundstück und nach Osten in den Außenbereich emittieren kann (vgl. VG München, B.v. 26.10.2021 - M 1 SN 21.799 - juris Rn. 30). Zudem hat das AELF mit E-Mail vom 26. Oktober 2021 ausgeführt, dass auch nach Fertigstellung der Wohngebäude die Möglichkeit bestehe, Landwirtschaft mit einer kleineren Tierhaltung an der Hofstelle A 16 zu betreiben.
84
Vor diesem Hintergrund bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen des derzeit tatsächlich ausgeübten Betriebes des Klägers verschlechtern würden, geschweige denn, dass dieser mit nachträglichen Auflagen zu rechnen hätte.
85
(3) Auch unter dem Gesichtspunkt des Erweiterungsinteresses liegt kein Ver stoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor.
86
Zwar sind künftige Erweiterungsabsichten - wie bereits der Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zeigt - zu berücksichtigen. Dabei können aber nur entweder bereits konkret geplante oder bei realistischer Betrachtung naheliegende Entwicklungsmöglichkeiten in den Blick genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 31.01.2013 - 9 CS 12.1507 - juris Rn. 15). Nicht ausreichend sind hingegen nur vage und unrealistische Erweiterungsinteressen (vgl. BVerwG, B.v. 5.9.2000 - 4 B 56/00 - DVBl 2000, 1881).
87
Liegen - wie hier - das Baugrundstück und der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers - im faktischen Dorfgebiet, können künftige Entwicklungen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie im vorhandenen baulichen Bestand bereits ihren Niederschlag gefunden haben. Nutzungen, die noch nicht ausgeübt werden und ohne baurechtliche Genehmigung auch nicht ausgeübt werden dürfen, unterliegen nicht einer Rücksichtnahmepflicht. Auch der Umstand, dass nach § 5 BauNVO der landwirtschaftlichen Nutzung erkennbar eine besondere Rolle zuerkannt wird, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass es nur auf eine gedachte zukünftige Nutzung ankomme (vgl. BayVGH, B.v. 21.01.2022 - 1 CS 21.2866 - juris Rn. 16). Auch das Erweiterungsinteresse setzt also einen legalen Bestand voraus, auf dem aufgesetzt werden soll.
88
Soweit sich der Kläger gegenüber dem AELF zunächst dahingehend geäußert hat, dass er die landwirtschaftliche Betätigung in A „moderat“ ausweiten möchte und er eine kleinere, qualitativ hochwertige Direktvermarktung mit Tieren aus besonders tiergerechter Haltung mit hohem Freilandanteil plane, stellt dies keine bereits konkret geplante oder bei realistischer Betrachtung naheliegende Entwicklungsmöglichkeit dar. Anhand dieser vagen und oberflächlichen Angaben des Klägers kann keine Beurteilung der Erweiterungsabsichten und der damit einhergehenden Schutzwürdigkeit des Klägers erfolgen. Eine Betriebsbeschreibung mit detaillierten Betriebsabläufen wurde nicht vorgelegt.
89
Das Gebäude Schweinestall, auf das sich der Kläger im Hinblick auf seine Schutzwürdigkeit insbesondere beruft, wurde im maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung nicht als solcher benutzt. Nach Ansicht der Kammer bedürfte der Kläger hierfür einer neuerlichen Baugenehmigung. Wie oben unter (1) dargestellt, ist ein etwaiger Bestandsschutz für den Schweinestall und eine Nutzung als solcher durch langjährige Nutzungsaufgabe erloschen. Selbst wenn ein irgendwie gearteter Bestandsschutz für eine Nutzung als Schweinestall nach wie vor bestehen sollte, wäre zu beachten, dass eine bauaufsichtliche Genehmigung für eine die Tierhaltung einschließende landwirtschaftliche Nutzung bzw. ein dahingehender Bestandsschutz nicht jede beliebige Art der Tierhaltung legalisiert (vgl. BVwerG, U.v. 14.1.1993 - 4 C 19/19 - juris Rn. 27).
90
Jedenfalls für die vom Kläger geplante „intensivierte“ Schweinehaltung, die er im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes für sich in Anspruch nehmen will, ist daher davon auszugehen, dass der Kläger einer neuen Genehmigung bedürfte. Mit Formblattantrag vom 9. November 2021 hat der Kläger einen Bauantrag eingereicht, der den Umbau und die Sanierung des Stallgebäudes und den Einbau eines modernen Schweinestalles zum Inhalt hat. Dies spricht nach Ansicht der Kammer dafür, dass der Kläger selbst davon ausgeht, dass der Stall im derzeitigen Zustand aktuell nicht genutzt werden kann bzw. darf, jedenfalls nicht in dem Umfang, in dem er diesen zu nutzen beabsichtigt und in dem er die Emissionen berücksichtigt haben will. Überdies ist zweifelhaft, dass in einem derart alten Gebäude unter Tierschutzgesichtspunkten eine Tierhaltung überhaupt möglich wäre. Denn der Kläger trägt auf Seite 15 des Schriftsatzes vom 18. Februar 2022 selbst vor, dass der Schweinestall „zu keiner Zeit bauliche Änderungen erfahren hat“.
91
Die Einschätzung, dass eine Tierhaltung derzeit nicht möglich ist, teilt auch die Fachabteilung Immissionsschutz des Landratsamtes.
92
Nach alldem bietet der vorhandene bauliche Bestand keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben in konkreten Erweiterungsinteressen beeinträchtigt wird.
93
Aber auch im Übrigen ist das geltend gemachte Erweiterungsinteresse viel zu vage gehalten. So enthält auch der Bauantrag, der den Umbau und die Sanierung des Stallgebäudes und den Einbau eines modernen Schweinestalles zum Inhalt hat, keine detaillierten Angaben zum beabsichtigten Tierbestand oder sonstige konkrete Angaben zur Ausgestaltung der Stallnutzung, anhand derer eine Prüfung der zu erwartenden Emissionen und der damit einhergehenden, ggf. erforderlichen Mindestabstände von Wohnbebauung vorgenommen werden könnte. Aus der Einreichung eines (unvollständigen) Bauantrages alleine lassen sich keine konkreten Erweiterungsabsichten des Klägers ableiten. Dies bereits aus dem Grund, dass ungewiss ist, ob dieser überhaupt positiv verbeschieden wird. Zur Genehmigungsfähigkeit kann derzeit nach Auskunft des Landratsamtes noch keine Aussage getroffen werden, da der Bauantrag eine Vielzahl an Angaben und Unterlagen vermissen lässt. Hinzu kommt, dass hinsichtlich der maßgeblichen Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde - hier der Bescheid vom 5. Juli 2021 - abzustellen ist (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: November 2017, Art. 68 Rn. 141). Lediglich für Umstände, die für den Bauherren - hier also den Beigeladenen - günstig sind, wird hiervon abgewichen und auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt. Bei der in Streit stehenden Nachbarklage verbleibt es hingegen beim Beurteilungszeitpunkt der Genehmigungserteilung. Der Bauantrag für den Umbau und die Sanierung des Schweinestalles wurde vorliegend erst am 9. November 2021 und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses eingereicht.
94
(4) Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das Vorhaben als rücksichtslos erweisen würde.
95
Insbesondere erscheint es angesichts des Abstandes des verfahrensgegenständlichen Doppelhauses zur Grundstücksgrenze des Klägers von mehr als 25 m ausgeschlossen, dass das Vorhaben eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung auf den baulichen Bestand des Klägers hat oder dass dessen Grundstück unzumutbar verschattet wird.
96
Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung kommt etwa bei nach Höhe, Breite und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - juris Rn. 32 ff.; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 5).
97
Hält ein Vorhaben den bauordnungsrechtlich nach Art. 6 BayBO für eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung erforderlichen Abstand von dem Nachbargrundstück ein, ist darüber hinaus für das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich kein Raum mehr. Auch wenn die Verletzung des Rücksichtnahmegebotes nicht in jedem Fall davon abhängt, ob die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind, kommt dem aber durchaus eine indizielle Bedeutung zu und ist bei deren Einhaltung grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - NVwZ-RR 1997, 516; BVerwG, B.v. 16.9.1993 - BVerwGE 94.151; BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - juris Rn. 22).
98
Auch wenn diese Rechtsprechung auf der Grundlage des Art. 6 BayBO a.F. beruht, ergibt sich jedenfalls im vorliegenden Fall auch unter Zugrundelegung der maßgeblichen aktuellen Fassung des Art. 6 BayBO und der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO nunmehr maßgeblichen Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H nicht die Notwendigkeit einer davon abweichenden Beurteilung.
99
Ausweislich der vorliegenden und genehmigten Planunterlagen hält das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben die Abstandsflächen ohne Weiteres ein.
100
Werden die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten, sind die Hauptkriterien bei der Beurteilung, ob gleichwohl ausnahmsweise von einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung des Bauvorhabens auf das Nachbargrundstück auszugehen ist, die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Dies ist hier schon allein deshalb ausgeschlossen, dass das verfahrensgegenständliche Doppelhaus mehr als 25 m von dem Grundstück des Klägers entfernt situiert und mit einer Länge von 12,98 m und einer absoluten Höhe von ca. 13 m auch nicht etwa überdimensioniert ist.
101
Sofern der Kläger geltend gemacht hat, dass der Beigeladene auf seinem Grundstück massive Aufschüttungen vorgenommen habe, womit Geländeveränderungen einhergingen, wodurch das Bauvorhaben entsprechend höher über das ursprüngliche Geländeniveau hinausrage, ist zu beachten, dass Geländeauffüllungen mit externem Material bereits durch gesonderten Bescheid vom 16. Oktober 2020 genehmigt wurden, der vom Kläger nicht angegriffen wurde und hier auch nicht verfahrensgegenständlich ist. Nur auf das, was Bestandteil der angegriffenen Baugenehmigung geworden ist, kann sich der Nachbar berufen. In den genehmigten Bauantragsunterlagen sind Geländeauffüllungen dargestellt, welche Teil der Baugenehmigung wurden. Aus den genehmigten Bauantragsunterlagen ergeben sich ferner die geplanten Gesamthöhen des Bauvorhabens. Trotz der Auffüllung (wie sie Bestandteil der Baugenehmigung wurde) weist das Objekt keine Gesamthöhe auf, bei der von einer erdrückenden Wirkung für den mehr als 25 m entfernten baulichen Bestand des Klägers gesprochen werden könnte.
102
Sollte der Beigeladene durch etwaig vorgenommene Auffüllungen oder Aufschüttungen von den genehmigten Planunterlagen dauerhaft abweichen, wäre dies im Wege eines bauaufsichtlichen Verfahrens zu klären. Selbiges gilt für die nicht genehmigte Stützmauer an der nördlichen Grundstücksgrenze des Klägers, die mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben aber ohnehin nicht im Zusammenhang steht.
103
Dass mit dem Bauvorhaben eine unzumutbare Verschattung für das Grundstück des Klägers eintreten würde, wird nicht näher dargetan und ist angesichts der Tatsache, dass das Bauvorhaben in einem Abstand von mehr als 25 m nördlich des Grundstücks des Klägers situiert ist, weshalb dieses unverändert von Süden aus besonnt wird, auch unter Berücksichtigung der genehmigten Aufschüttungen bzw. Geländeauffüllungen völlig abwegig. Eine mögliche Verringerung des Lichteinfalls wäre ohnehin in aller Regel im Rahmen der Veränderung der baulichen Situation hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 19; B.v. 15.12.2016 - 9 ZB 15.376 - juris Rn. 15).
104
dd) Die in § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauGB geforderten Anforderungen an ge sunde Wohn- und Arbeitsverhältnisses werden nicht durch wasserwirtschaftliche Belange beeinträchtigt.
105
Die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse liegt etwa dann nicht vor, wenn Bauvorhaben in Überschwemmungsbereichen errichtet werden sollen (vgl. Spannowsky in BeckOK BauGB, Stand 01.08.2021, § 34 BauGB Rn. 45).
106
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich das Bauvorhaben auch nach den Ausführungen der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft des Landratsamtes vom 2. September 2021 nicht innerhalb eines Überschwemmungsgebietes befinde, sondern lediglich in der Zone III des Wasserschutzgebietes C. Belange der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft würden nicht berührt. Im Übrigen ist im Hinblick auf die wasserrechtlichen Belange zu beachten, dass das Landratsamt dem Beigeladenen bereits mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 für die Vornahme von Geländeauffüllungen mit externem Material sowie für die Errichtung einer Baustelleneinrichtung mit Baustofflager auf dem Grundstück Fl. Nr. 4 der Gemarkung A innerhalb der weiteren Schutzzone (Zone III) eine Befreiung von den Verbotstatbeständen der Wasserschutzgebietsverordnung des Landratsamtes über das Wasserschutzgebiet in den Gemeinden C und B für die öffentliche Wasserversorgung der Bayerischen *wasserversorgung vom 28. November 2012 erteilt hat. Die Baugenehmigung entfaltet vorliegend jedenfalls keine Konzentrationswirkung, in der wasserrechtliche Erlaubnisse miteingeschlossen wären.
107
Inwiefern dadurch Belange des Klägers, insbesondere nachteilige Wirkungen in Bezug auf sein Grundstück verursacht werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgetragen. Insoweit handelt es sich ohnehin um umweltschutzrechtliche Belange, die nicht nachbarschützend sind und auf die sich der Kläger insofern nicht berufen kann (vgl. VG Ansbach, U.v. 16.12.2010 - AN 9 K 10.00079 - juris Rn. 32).
108
b) Eine Verletzung des Klägers in ihn schützenden Vorschriften des Bauordnungs rechts ist nicht erkennbar.
109
Insbesondere ist kein Verstoß gegen Abstandsflächenrecht ersichtlich, welches nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO zum Prüfprogramm im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehört (siehe hierzu oben unter cc) (4)). Trotz der genehmigten Auffüllungen hält das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben die Abstandsflächen ohne Weiteres ein. Etwaige (dauerhafte) darüber hinausgehende Auffüllungen sind nicht Bestandteil der Baugenehmigung und damit hier nicht verfahrensgegenständlich, ebenso wie die vom Beigeladenen errichtete Stützmauer.
110
c) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger sich in Bezug auf die vor gebrachten Geländeveränderungen, insbesondere die Aufschüttungen bzw. Auffüllungen in nachbarschützenden Rechten verletzt sein könnte. Dies gilt auch im Hinblick auf etwaige Abgrabungen.
111
3. Nach alldem verletzt die mit der Klage angefochtene Baugenehmigung vom 5. Juli 2021 den Kläger nicht in nachbarschützenden Rechten. Die Klage erweist sich damit als unbegründet und ist demzufolge abzuweisen.
112
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterle gen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich mithin auch dem Prozessrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass der Kläger als im Verfahren unterlegen die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
113
5. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentschei dung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).