Inhalt

VGH München, Beschluss v. 14.10.2022 – 12 ZB 21.2228
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag in einem ausbildungsförderungsrechtlichen Verfahren (Rückforderung von Aufstiegsfortbildungsförderungsleistungen)

Normenkette:
AFBG § 7 Abs. 4a, § 9a Abs. 1, § 16
Leitsätze:
1. Die regelmäßige Teilnahme und nicht der Erfolg bei der Abschlussprüfung ist das zentrale Element des Ausbildungsförderungsgesetzes (Anschluss an OVG Saarlouis BeckRS 2021, 39338). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Fehlzeit von über 30 % im Rahmen einer Maßnahme kommt es nicht auf die Entschuldbarkeit an. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch bei kurzfristigen wiederholten Krankheitszeiten ist eine Unterbrechung der Maßnahme möglich (entgegen VG Halle BeckRS 2020, 42202). (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterbrechung einer Fortbildungsmaßnahme, Geltendmachung ohne schuldhaftes Zögern, Aufstiegsfortbildungsförderungsleistungen, Rückforderung, Ausbildungsförderung, Krankheit, schuldhaftes Zögern, kurzfristige wiederholte Krankheitszeiten
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 16.07.2021 – AN 2 K 21.716
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29744

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1
Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung sein Klageziel, gerichtet gegen die Rückforderung von Aufstiegsfortbildungsförderungsleistungen durch die Beklagte, weiter.
I.
2
1. Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 14. Juni 2019 Förderung nach dem AFBG (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz) für Meistervorbereitungslehrgänge I bis IV von September 2019 bis Juni 2020. Nachdem die Beklagte dem Kläger in mehreren wiederholt aktualisierten Bescheiden Förderung bewilligt hatte, stellte sie fest, dass in drei Maßnahmeabschnitten und in der Maßnahme insgesamt die gesetzlich vorgeschriebene Mindestteilnahmequote von 70% nicht erfüllt war. Somit setzte sie die Förderung nach dem AFBG mit Bescheid vom 7. September 2020 auf Null fest und forderte den Kläger zur Rückzahlung von 4.490,- EUR an Aufstiegsfortbildungsförderung sowie von 4.224,59 EUR an Maßnahmebeiträgen auf. Der Teilnahmenachweis nach § 9a AFBG sei nicht erbracht. Daher sei der Bewilligungsbescheid gemäß § 16 Abs. 2 AFBG aufzuheben.
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2. Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 25. September 2020 Widerspruch mit der Begründung, dass einige der Fehlzeiten auf ärztlich attestierten Krankheitszeiten beruhten, sowie dass er parallel zu den Lehrgängen I und II auch die Lehrgänge III und IV besucht habe und somit Prioritäten habe setzen müssen.
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3. Mit Bescheid vom 11. März 2021 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch zurück, da sämtliche Bewilligungsbescheide mit dem Vorbehalt verbunden gewesen seien, dass der Kläger einen Nachweis über die regelmäßige Teilnahme erbringt. Diesen Nachweis habe er nicht erbracht.
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Wegen der großzügigen gesetzlichen Tolerierung von 30% an Fehlzeiten seien Krankheitszeiten darüber hinaus nicht berücksichtigungsfähig, vielmehr hätte insoweit der Kläger eine Unterbrechung der jeweiligen Maßnahme beantragen können und müssen. Das Bestehen der Abschlussprüfung spiele keine Rolle. Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide nach § 16 Abs. 2 AFBG sei keine Ermessensentscheidung.
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4. Daraufhin erhob der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19. April 2021 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach und beantragte, den Bescheid der Beklagten vom 7. September 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2021 aufzuheben.
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Der Kläger habe eine Teilnahmequote von 68,64% erreicht. Durch die Covid-19-Pandemie hätten sich Änderungen im Zeitplan des Curriculums ergeben, ohne die der Kläger die Teilnahmequote von 70% erreicht hätte. Hinsichtlich des Lehrgangs IV habe der Kläger des Weiteren eine Teilnahmequote von über 70% erreicht; dennoch sei auch dieser Bewilligungsbescheid aufgehoben worden.
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Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, und verwies bezüglich der vollständigen Aufhebung der Bewilligungsbescheide auf § 16 Abs. 3 AFBG. Aufgrund des parallelen Stattfindens der Maßnahmeabschnitte sei ein Verzicht auf die Rückforderung des Unterhaltsbeitrages nach § 16 Abs. 5 AFBG für den Maßnahmeabschnitt IV nicht möglich gewesen.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers rügte hiergegen, es sei eine verfassungsgemäße Auslegung der AFBG-Vorschriften nötig gewesen, da die Pandemie weder in der Risikospähre des Klägers noch der der Beklagten gelegen habe. Vielmehr sollte auf den erfolgreichen und zügigen Abschluss der Fortbildung abgestellt werden.
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5. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. Juli 2021 ab. Der angegriffene Bescheid vom 7. September sei rechtmäßig. Das AFBG sei auf diesen Fall in seiner bis zum 31. Juli 2020 geltenden Fassung (a.F.) gemäß § 30 Abs. 2 AFBG anwendbar. Die erforderliche Anhörung des Klägers sei nachgeholt worden. Der streitbefangene Bescheid beruhe auf § 16 Abs. 2 und 3 i.V.m. Abs. 5 AFBG a.F. Es komme nicht auf den erfolgreichen Abschluss der Maßnahme an, sondern auf die regelmäßige Teilnahme im Sinne des § 9a Abs. 1 Satz 1 AFBG a.F. Die regelmäßige Teilnahme wiederum werde in § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. gesetzlich definiert, im Sinne einer Teilnahme an mindestens 70% der Präsenzstunden. Die gesamte Förderung habe unter dem Vorbehalt der regelmäßigen Teilnahme nach § 9 Abs. 1 Satz 5 AFBG a.F. gestanden; sämtliche Bewilligungsbescheide seien unter diesem Vorbehalt ergangen. Zwar ergebe sich für den Maßnahmeabschnitt IV eine Teilnahmequote von 76,36%; es sei jedoch nach § 16 Abs. 3 AFBG a.F. auf die Gesamtmaßnahme abzustellen, bei der die Teilnahmequote des Klägers nur bei 68,64% liege. Das vom Kläger herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 21. August 2020 (Az. 5 A 19/20) erlaube keine andere Bewertung. Die Fehlzeitgrenze von 30% sei im Übrigen nicht starr, sondern das Gesetz gestatte zusätzlich die Unterbrechung oder den Abbruch einer Maßnahme. Damit würde die bisherige Förderung erhalten, falls bis dahin die Regelmäßigkeit der Teilnahme gegeben sei. Maßnahmeabbruch oder -unterbrechung kämen im vorliegenden Fall aber nicht in Frage, da der Kläger diese zumindest nicht ohne schuldhaftes Zögern erklärt habe, sondern erst im Widerspruchsverfahren Krankheitsbescheinigungen vorgelegt habe. Eine Maßnahme könne nicht nach deren Abschluss unterbrochen werden. Rechtlich unerheblich sei der erfolgreiche Abschluss der Maßnahme, auf den das Gesetz, um Fortbildungswillige nicht abzuschrecken, nicht abstelle. Der Kläger habe insgesamt an Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sowie Unterhaltsbeiträgen unstrittig 8.714,59 EUR erhalten. Eine Gesamtrückforderung, also auch für den Maßnahmeabschnitt IV, sei geboten gewesen, da die Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 5 AFBG a.F. nur für Vollzeitmaßnahmen gelte. Die Rückforderung sei auch verhältnismäßig im Einzelfall. Der Kläger hätte ausreichend Möglichkeiten gehabt, diese zu vermeiden.
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6. Hiergegen beantragte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2021 die Zulassung der Berufung. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle (v. 21.08.2020 - 5 A 19/20 - juris) sei unberücksichtigt geblieben. Der Kläger habe die Maßnahmeabschnitte I/II und III/IV parallel absolviert. Dadurch habe er zügig und erfolgreich abschließen können. Der Kläger habe erst im November 2020 erfahren, dass die Krankheitszeiten als Fehlzeiten gewertet werden. Durch das parallele Absolvieren der Maßnahmeabschnitte sei es insbesondere zwischen dem 24. und 28. Oktober 2019 zu erheblichen Stundenverlusten gekommen.
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Darüber hinaus weise die Rechtssache eine besondere Schwierigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auf. Dies liege einerseits an der fehlenden verfassungskonformen Auslegung der Normen und an den Besonderheiten durch die Covid-19-Pandemie. Der Kläger habe insbesondere Präsenzstunden versäumt, um sich auf die Prüfung vorzubereiten. Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung.
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Mit Schriftsatz vom 10. November 2021 beantragte die Beklagte, den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Besondere Härten hätte der Kläger durch eine Unterbrechung vermeiden können, so dass die Zeiten der Abwesenheit dann bei der Ermittlung der Fehlzeiten außer Betracht geblieben wären. Der Kläger sei darüber ausführlich belehrt gewesen.
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Für das Vorliegen des Zulassungsgrundes der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten fehle es am Vortrag, worin sich dieser Fall von den sonstigen im Verwaltungsstreitverfahren zu behandelnden Fällen erheblich unterscheide. Zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung sei nichts dargelegt worden.
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Im Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der verletzt worden sei, da sich der Kläger vorbildlich um einen zügigen und erfolgreichen Abschluss im Sinne des AFBG bemüht habe. Die besondere rechtliche Schwierigkeit liege darin, dass es unklar sei, ob nicht § 9a AFBG a.F. verfassungskonform auszulegen sei, um den Besonderheiten aufgrund der Covid-19-Pandemie Rechnung zu tragen. Die grundsätzliche Bedeutung der Sache resultiere daraus, dass sich der Kläger gerade durch seinen zügigen und erfolgreichen Abschluss selbst bestraft habe. Zudem sei fraglich, ob der Zweck des § 9a AFBG, die Behörden von Verfahren zu entlasten, überhaupt erfüllt worden sei.
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Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2022 verwies die Beklagte auf einen Beschluss des Saarländischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2021 (2 A 305/20 - juris), wonach es nur auf die regelmäßige Teilnahme und nicht auf den Prüfungserfolg ankomme. Unterbrechungszeiten wegen Corona seien im vorliegenden Fall ohnehin nicht in die Berechnung der Fehlzeiten eingegangen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
18
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
19
1. Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht.
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Vielmehr ist der streitgegenständliche Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 7. September 2020 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Der Kläger hat, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, die Fortbildung zwar absolviert und die Prüfung bestanden, aber die erforderliche Teilnahmequote am Unterricht von 70%, s. § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG, verfehlt. Seine Krankheitszeiten, die zur Verhinderung der regelmäßigen Teilnahme am Unterricht führten, hat er nicht rechtzeitig geltend gemacht.
22
Die Rückforderung nach § 16 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 AFBG ist zurecht erfolgt, da mit der Leistungsbewilligung der Vorbehalt der regelmäßigen Teilnahme verbunden worden ist (§ 9a Abs. 1 Satz 5 AFBG). Bei der Rückforderung handelt es sich zudem laut dem Gesetzestext des § 16 Abs. 2 AFBG um eine gebundene Entscheidung. Vorliegend bestand die Maßnahme aus vier Maßnahmeabschnitten, wobei insgesamt für die Maßnahme die erforderliche Teilnahmequote von 70% nicht erreicht wurde und damit die Rückforderung zu erfolgen hatte. Die regelmäßige Teilnahme und nicht der Erfolg bei der Abschlussprüfung ist das zentrale Element des AFBG (vgl. Saarländisches Oberverwaltungsgericht, U.v. 01.12.2021 - 2 A 305/20 - juris, Rn. 14).
23
b) Der Kläger versuchte erst im Widerspruchsverfahren vergeblich, die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 2 AFBG durch die (verspätete) Vorlage der Krankheitsbescheinigungen abzumildern. Ein solches Vorgehen ist jedoch nicht schutzwürdig (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 - 12 ZB 19.32 - juris Rn. 18), denn der Kläger hat im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4a AFBG nicht erfüllt.
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§ 7 Abs. 4a AFBG sieht vor, dass eine Unterbrechung einer Fortbildungsmaßnahme der ausdrücklichen Erklärung bedarf (Satz 1), ferner dass die Erklärung nur insoweit auf einen vor dem Eingang bei der zuständigen Behörde liegenden Zeitpunkt zurückwirkt, als sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist (Satz 2). Ausweislich der Gesetzesbegründung zur Einfügung von § 7 Abs. 4a AFBG durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (BT-Drucks. 18/7055, S. 34) geht der Gesetzgeber davon aus, dass die damit verbundenen begünstigenden Rechtsfolgen grundsätzlich erst zum Zeitpunkt der Erklärung des Teilnehmers gegenüber der Behörde eintreten. Unterbleibt eine derartige Erklärung gegenüber der Behörde durch schuldhaftes Zögern, ergeben sich die Rechtsfolgen der nicht angezeigten Unterbrechungen aus den entsprechenden Bestimmungen, mithin aus § 16 Abs. 2 AFBG. Die Vorlage der Krankheitsbescheinigungen erst im Widerspruchsverfahren durch den Kläger und damit nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme stellt ein schuldhaftes Zögern dar (vgl. BayVGH, B.v. 05.11.2019 - 12 ZB 19.32 -, juris Rn. 19). Der Kläger war durch die Hinweise in den Förderbescheiden hinreichend belehrt und hätte im Zweifel bei der Beklagten rückfragen können und müssen. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, inwiefern hier kein schuldhaftes Zögern im Sinne von § 7 Abs. 4a Satz 2 AFBG vorliegt und ist daher hinsichtlich der Rechtsfolgen der Ausbildungsunterbrechungen nach § 16 Abs. 2 AFBG zu behandeln. Die Regelung des § 9a AFBG ist dabei eindeutig in ihrem Wortlaut, insbesondere was die Legaldefinition der regelmäßigen Teilnahme betrifft, und lässt keine andere Auslegung zu als die wörtliche, so dass die Forderung des Klägers nach verfassungskonformer Auslegung sich nicht erhellt. Die großzügige Fehlzeitquote von 30% i.V.m. der Unterbrechungsmöglichkeit nach § 7 Abs. 4a AFBG lassen die Regelungen des AFBG zweifellos als verfassungskonform erscheinen. Es ist kein Anlass ersichtlich, warum dieses Regelungssystem infolge der Covid-19-Pandemie nicht gelten sollte.
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§ 7 Abs. 4 AFBG regelt explizit den Fall einer längeren Abwesenheit vom Unterricht wegen Krankheit oder Schwangerschaft im Sinne einer Unterbrechung, ohne dass aus diesem Grund die Maßnahme abgebrochen wird. Dabei gilt die Vorschrift auch für kürzere Unterbrechungen, die zunächst nicht absehbar sind, da eine Unterbrechungserklärung erfolgen kann, sobald die Fehlzeit eintritt und eine spätere Erklärung nach § 7a Abs. 4a Satz 2 AFBG Rückwirkung entfaltet, sofern sie ohne schuldhaftes Zögern abgegeben wird. Hätte der Kläger mithin die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch ausdrückliche Erklärungen rechtzeitig angezeigt, so wären die entsprechenden Zeiten nicht auf die pauschaliert zulässige Fehlzeit (100 minus 70%, also 30%) nach § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG anzurechnen gewesen (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 38 f.). Gerade dies hat er jedoch unterlassen.
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c) Die gesetzlich pauschal zugebilligte Fehlzeitquote von 30% (vgl. § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG) ist vom Gesetzgeber angesichts der möglichen Verhinderungen großzügig bemessen, umgekehrt aber auch als zu beachtende Grenze strikt festgelegt (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 38 ff.), wodurch es bei einer Fehlzeit von über 30% nicht auf Entschuldbarkeit ankommt. Ergänzend gilt § 7 Abs. 4 AFBG i.V.m. § 7 Abs. 4a AFBG, der besonderen Härten Rechnung trägt.
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Die Rückforderung nach § 16 Abs. 2 AFBG ist deshalb zurecht erfolgt, da mit der Leistungsbewilligung der Vorbehalt der regelmäßigen Teilnahme verbunden wurde (§ 9a Abs. 1 Satz 5 AFBG), wobei § 16 Abs. 5 AFBG nicht greift, was die gesamte Rückforderung auch für den Maßnahmeabschnitt IV bedingt.
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d) Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger die notwendigen Erklärungen, die zu Unterbrechungen hätten führen können, ausdrücklich abgegeben hat (§ 7 Abs. 4a AFBG). Die alleinige Zusendung von Krankheitsbescheinigungen im Widerspruchsverfahren enthält nämlich nicht die für die Anwendung des § 7 Abs. 4a Satz 2 AFBG notwendige Unterbrechungserklärung, die laut dem Gesetz ausdrücklich zu erfolgen hat. Dies gilt auch dann, wenn es sich um viele kleine Unterbrechungen handelt. Damit sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten den gesetzlich mit 30% pauschalierten - höchstens zulässigen - Fehlzeiten zuzuordnen.
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e) Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass aufgrund parallel verlaufender Maßnahmeabschnitte eine problematische Doppelbelastung und bei Krankheitszeiten mitunter ein doppelter Stundenausfall zu verzeichnen war. Dem muss aber entgegengehalten werden, dass es keinem geringeren als dem Kläger oblag, zum einen die Fortbildung mit dem Bildungsträger zu gestalten, zum anderen in Krankheitsfällen ausdrücklich eine Unterbrechung zu erklären, und zwar ohne schuldhaftes Zögern. Hierüber war der Kläger nicht erst ab dem November 2020 informiert, sondern bereits durch die Belehrung in den Bewilligungsbescheiden selbst. Somit ist die Rückforderung seitens der Beklagten auch nicht unverhältnismäßig im Einzelfall. Unterbrechungszeiten wegen Corona sind ohnehin nicht in die Berechnung der Fehlzeiten eingegangen. Dass kurzfristige wiederholte Krankheitszeiten keine Unterbrechung möglich machen, wie es das Verwaltungsgericht Halle annimmt (U.v. 21.08.2020 - 5 A 19/20 - juris Rn. 24, mit Bedenken wegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG), trifft nicht zu.
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Die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung kommt demzufolge nicht in Betracht.
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2. Des Weiteren bestehen in diesem Fall auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen, ob die Voraussetzungen für eine Rückforderung nach § 16 Abs. 2 AFBG gegeben sind, wenn die regelmäßige Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme nicht belegt werden kann, obwohl die Fortbildungsmaßnahme erfolgreich abgeschlossen wurde, lassen sich eindeutig aus dem Wortlaut des AFBG und den Gesetzesmaterialien beantworten.
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3. Nach alledem kommt auch eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden muss. Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt daher zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung neben der Bezeichnung der Frage Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und zur Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage. Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Die einzige Begründung des Klägers, derzufolge grundsätzliche Bedeutung gegeben sein soll, ist vorliegend die vom Kläger behauptete Unverhältnismäßigkeit der Rückforderung der Beklagten. Es genügt aber für die Grundsatzzulassung nicht, lediglich die Grundrechtsrelevanz per se zu rügen.
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Die Zulassung der Berufung wegen Grundsatzbedeutung kommt daher ebenfalls nicht in Betracht. Der Zulassungsantrag war mithin, da auch keine anderen Zulassungsgründe ersichtlich sind, insgesamt abzulehnen.
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4. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 2 VwGO unanfechtbar.