Titel:
Rechtswidrige polizeiliche Maßnahme zur Unterstützung der Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen – Verstoß gegen den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
GG Art. 13 Abs. 2
PAG Art. 2 Abs. 4, Art. 67 Abs. 1, Abs. 2
FamFG § 91 Abs. 1
Leitsätze:
Die polizeiliche Unterstützung einer Wohnungsdurchsuchung durch gerichtliche Zwangsvollstreckungsorgane ist nur dann rechtmäßig, wenn die Wohnungsdurchsuchung von einem Gericht angeordnet oder ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Entscheidung zulässig ist. (Rn. 26)
1. Die Polizei wird durch ein Unterstützungsersuchen der gerichtlichen Zwangsvollstreckungsorgane nicht selbst zu einem Organ der Zwangsvollstreckung; ihre Maßnahmen sind vielmehr grundsätzlich am Maßstab polizeirechtlicher Vorschriften zu prüfen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Polizeiliche Maßnahmen zur Unterstützung der Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen finden ihre Grenzen jedenfalls im grundgesetzlich angeordneten Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG, wenn die Polizei eine Wohnungsdurchsuchung unterstützen soll; in diesem Fall setzt die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Unterstützung voraus, dass die Wohnungsdurchsuchung von einem Gericht angeordnet oder ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Entscheidung zulässig ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Polizeiliche Maßnahmen zur Unterstützung der Vollstreckungsorgane des Familiengerichts;, Herausgabe von Kindern an Ergänzungspfleger;, Unterstützung einer Wohnungsdurchsuchung durch die Polizei;, Verstoß gegen Richtervorbehalt, Öffnen und Betreten einer Wohnung zur Vollstreckung eines familiengerichtlichen Beschlusses, Amtshilfe, Wohnungsdurchsuchung, Herausgabe von Kindern an Ergänzungspfleger
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 21.07.2021 – M 23 K 19.6303
Fundstellen:
FamRZ 2023, 224
NJW 2022, 3798
LSK 2022, 29727
BeckRS 2022, 29727
NVwZ-RR 2023, 28
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2021 wird festgestellt, dass die Öffnung der Wohnung sowie das Betreten der Wohnung der Kläger durch die Polizei am 18. November 2019 rechtswidrig waren.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger begehren die Feststellung der Rechtswidrigkeit unterstützender polizeilicher Maßnahmen beim Öffnen und Betreten einer Wohnung zur Vollstreckung eines familiengerichtlichen Beschlusses, mit dem das Familiengericht die Herausgabe von drei Kindern der Kläger an einen Ergänzungspfleger angeordnet hatte.
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Mit Beschluss des Amtsgerichts München - Familiengericht - vom 13. November 2019 wurde den Klägern das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung und das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII für drei ihrer Kinder vorläufig entzogen. Soweit den Klägern diese Rechte entzogen wurden, wurden die Ergänzungspflegschaft und die Herausgabe der Kinder an den Ergänzungspfleger angeordnet. Zur Vollstreckung der Herausgabe der Kinder an den Ergänzungspfleger wurde vorsorglich unmittelbarer Zwang, „ausgeführt durch das Jugendamt oder den Ergänzungspfleger unter Zuhilfenahme der Polizei“, angeordnet. In den Beschlussgründen knüpfte das Amtsgericht die „Inobhutnahme“ (sic) der Kinder ausdrücklich an die Bedingung der Feststellung das Kindeswohl gefährdender Umstände. Eine Wohnungsdurchsuchung wurde weder im Beschlusstenor angeordnet, noch in den Beschlussgründen ausdrücklich thematisiert.
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Zur Durchsetzung des Beschlusses des Amtsgerichts begaben sich Mitarbeiter des Kreisjugendamtes, der bestellte Ergänzungspfleger und Polizeivollzugsbeamte am 18. November 2019 gegen 7.00 Uhr zur klägerischen Wohnanschrift. Nachdem es außerhalb des Wohnhauses bzw. an der Wohnungstür jeweils zu zumindest verbalen Auseinandersetzungen mit den Klägern gekommen war, wurden beide Kläger jeweils getrennt voneinander in Gewahrsam genommen und zu einer Polizeidienststelle gebracht. Im Anschluss und noch während sich die Kläger in Gewahrsam befanden, öffneten die beteiligten Polizeibeamten auf Bitten der Mitarbeiter des Jugendamtes die Haustüre mithilfe eines herbeigerufenen Schlüsseldienstes. Nach der Öffnung der Tür betraten die Polizeibeamten den Eingangsbereich der Wohnung, während die Mitarbeiter des Jugendamtes in der gesamten Wohnung nach mindestens einem Kind und Anhaltspunkten für eine konkrete Kindswohlgefährdung suchten.
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Am 18. Dezember 2019 erhoben die Kläger Klage und beantragten (u.a.) festzustellen, dass die Mitwirkung der Polizei bei der Durchsuchung der Wohnung rechtswidrig war.
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Mit Urteil vom 21. Juli 2021 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sie sei zulässig aber unbegründet. Die Maßnahmen der Polizei seien als Vollzugshilfe im Sinne von Art. 67 PAG rechtmäßig gewesen. Rechtsgrundlage für die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen (Öffnen der Tür) sei Art. 67 Abs. 1 PAG i.V.m. Art. 75 und Art. 77 ff. PAG gewesen. Im Rahmen der Vollzugshilfe trage die Polizei nicht die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu vollziehenden Maßnahme, sondern nur für die Rechtmäßigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwangs. Dieser erweise sich im Falle der Kläger als rechtmäßig.
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Zur Begründung ihrer vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassenen Berufung erheben die Kläger zahlreiche Einwände gegen die Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit des familiengerichtlichen Beschlusses. Die Polizeibeamten hätten erkennen müssen, dass der amtsgerichtliche Beschluss offensichtlich rechtswidrig, wenn nicht gar willkürlich gewesen sei. Dieser Mangel schlage auf die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen zur Durchsetzung des Beschlusses durch. Das Amtsgericht habe bereits die gesetzlich vorgesehene Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Vornahme von Vollstreckungshandlungen umgangen. Eine Wohnungsdurchsuchung sei vom Familiengericht nicht angeordnet gewesen.
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Die Kläger beantragen zuletzt,
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Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2021 wird festgestellt, dass die (unterstützende) Mitwirkung der Polizei bei der Durchsuchung der Wohnung rechtswidrig war.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Die Polizei habe lediglich Vollzugshilfe im Sinne von Art. 67 Abs. 1 PAG geleistet. Für diese gälten die Regelungen über die Amtshilfe. Im Außenverhältnis gegenüber dem Bürger trage die Verantwortung für die Hauptmaßnahme die ersuchende Behörde, während die ersuchte Behörde grundsätzlich die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Amtshilfemaßnahme trage. Im zu entscheidenden Fall bestehe die Besonderheit, dass „Hauptmaßnahme“ in diesem Sinne nicht die Herausgabe der Kinder (als Grundmaßnahme), sondern die Anwendung des Zwangsmittels unmittelbarer Zwang durch die beauftragten Vollstreckungsorgane sei, während als Amtshilfemaßnahme die Art und Weise der Anwendung des unmittelbaren Zwangs durch die Polizei anzusehen sei. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung bleibe die Rechtmäßigkeit der Amtshilfemaßnahme, im vorliegenden Fall der Vollzugshilfe also die Rechtmäßigkeit der Vollzugshilfe nach Art. 67 PAG sowie die Art und Weise der Anwendung des unmittelbaren Zwangs nach Art. 75, Art. 77 ff. PAG. Es sei daher weder die Rechtmäßigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses noch das Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen zu prüfen. Zum Prüfprogramm der Polizei gehöre lediglich die Art und Weise („Wie“) der Anwendung unmittelbaren Zwangs im Wege der Vollzugshilfe. Für die zum Prüfprogramm anderer Organe gehörenden Voraussetzungen möge eine Ausnahme hiervon allenfalls in Fällen anzuerkennen sein, in denen das Fehlen der jeweiligen Voraussetzung im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG bei Würdigung aller in Betracht kommender Umstände für die ersuchte Behörde offensichtlich sei, gleichsam „auf der Stirn geschrieben“ stehe. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor.
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Aufgrund eines richterlichen Hinweises vom 21. Juli 2022 führte der Beklagte weiter aus, dass diese Grundsätze auch zu gelten hätten, wenn nicht eine Vollzugshilfe sondern eine Schutzhilfe als eigene Aufgabe der Polizei vorgelegen hätte. Dabei belege der Prüfaufwand des Gerichts im Hinweisschreiben, dass insoweit auch kein Ausnahmefall der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Hauptmaßnahme vorliege. Die Subsumtion eines familien- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Sachverhaltes sei eine fachliche Aufgabe, für deren Erfüllung die Polizeibeamten nicht ausgebildet seien. Soweit das Gericht in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus Art. 69 PAG eine Ausnahme zur Sicherung des Richtervorbehalts bei Wohnungsdurchsuchungen angedacht habe, führe auch das zu keinem anderen Ergebnis. Art. 69 Abs. 1 PAG verlange nur die Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung. Eine inhaltliche Überprüfung durch die Polizei müsse nicht erfolgen. Im Übrigen handele es sich bei Art. 69 Abs. 1 PAG um eine reine Ordnungsvorschrift.
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Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, zur Entscheidung über die Berufung durch einstimmigen Beschluss Stellung zu nehmen. Die Kläger hatten eine solche Entscheidung bereits mit der Berufungsbegründung angeregt.
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Ergänzend wird auf die beigezogene Behördenakte sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
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Der Verwaltungsgerichtshof kann nach erfolgter Anhörung der Beteiligten (§ 130a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) über die Berufung der Kläger gemäß § 130a Satz 1 VwGO durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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1. Der Rechtsstreit ist ohne weitere Sachaufklärung auf Grundlage des Akteninhalts entscheidungsreif. Im Berufungsverfahren sind nur noch Rechtsfragen zu klären, zu denen die Beteiligten ausreichend Stellung nehmen konnten. Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK (allgemein hierzu etwa BVerwG, B.v. 14.6.2019 - 7 B 25/18 - juris Rn. 10) gebietet in der vorliegenden Konstellation nichts anderes, zumal die Kläger eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung selbst angeregt haben.
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2. Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sind die Maßnahmen der Polizei beim Betreten der Wohnung der Kläger am 18. November 2019 (laut ursprünglichem Klageantrag „das Öffnen der Wohnung durch die Polizei“, „das Betreten der Wohnung durch die Polizei“ und die darin bestehende „Mitwirkung bei der Durchsuchung der Wohnung“).
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3. Für die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO und nicht der Rechtsweg zu den Familiengerichten eröffnet. Die Polizei wird durch das Unterstützungsersuchen der gerichtlichen Zwangsvollstreckungsorgane nicht selbst zu einem Organ der Zwangsvollstreckung (vgl. Corcilius, DGVZ 2020, S. 41, 44). Ihre Maßnahmen sind vielmehr grundsätzlich am Maßstab polizeirechtlicher Vorschriften zu prüfen. Im Übrigen wäre die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs im Berufungsverfahren auch nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Der Senat hätte auch dann, wenn eigentlich der Rechtsweg zu den Familiengerichten eröffnet gewesen wäre, den Rechtsstreit im Berufungsverfahren nach der Verfahrensordnung seiner Gerichtsbarkeit fortzuführen (BGH, B.v. 26.1.2017 - StB 26 und 28/14 - BGHSt 62, 22 - juris Rn. 26; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 17 Rn. 53 m.w.N.).
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4. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Insbesondere können sich die Kläger auf ein hierfür erforderliches (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 analog (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1989 - 1 C 40.88 - juris Rn. 10; BVerwG, B.v. 11.11.2009 - 6 B 22.09 - juris Rn. 4) berufen. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Kläger ergibt sich daraus, dass die angegriffenen Maßnahmen mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden waren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 18). Auch wenn die Polizeibeamten - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - selbst keine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt haben (dazu sogleich), sind die mit dem Öffnen der Wohnungstür und dem Betreten des Eingangsbereichs der Wohnung verbundenen Eingriffe in die grundgesetzlich verbürgte Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) von solchem Gewicht, dass ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit auch nach deren Erledigung besteht.
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5. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die angegriffenen Maßnahmen der Polizei waren im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
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Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die polizeilichen Maßnahmen - wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - als Vollzugshilfe auf Art. 2 Abs. 3 PAG i.V.m. Art. 67 Abs. 1 PAG i.V.m. Art. 75 ff. PAG oder als selbständige (Unterstützungs-)Tätigkeit auf Art. 2 Abs. 4 PAG i.V.m. § 87 Abs. 3 Satz 1 FamFG i.V.m. Art. 11 PAG und Art. 75 ff. PAG gestützt werden konnten (a)). Die streitgegenständlichen Maßnahmen der Polizeibeamten waren rechtswidrig, weil sie eine Wohnungsdurchsuchung unterstützten, die gegen den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG verstieß (b)).
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a) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob Vollzugshilfe zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen auf Art. 67 Abs. 1 PAG gestützt werden kann.
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Nach Art. 67 Abs. 1 PAG leistet die Polizei anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist, die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen und ihre Maßnahme nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können. Bereits aus dem Wortlaut der Norm, der ein Ersuchen einer anderen „Behörde“ voraussetzt, weshalb die Norm regelmäßig als Rechtsgrundlage zur Durchsetzung eines Verwaltungsaktes einer anderen Behörde durch die Polizei unter Anwendung unmittelbaren Zwangs (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 67 PAG Rn. 6 ff.; vgl. auch Nr. 50.1 des VollzBek zu Art. 50 a.F.) verstanden wird, ergeben sich erhebliche Zweifel daran, dass Art. 67 Abs. 1 PAG für Fälle der Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen einschlägig ist. Art. 67 Abs. 1 PAG knüpft nämlich an den funktionalen Behördenbegriff in Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG bzw. § 1 Abs. 4 VwVfG an (Greifenstein in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK PolR Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 67 PAG Rn. 2; vgl. auch Nr. 50.4 des VollzBek zu Art. 50 a.F.). Auch systematische Erwägungen, insbesondere der Vergleich von Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 PAG sprechen dafür, dass Art. 67 Abs. 1 PAG nicht Vollzugshilfe für Gerichte umfasst. Wären Gerichte bereits von Art. 67 Abs. 1 PAG erfasst und die Vollzugshilfe für Gerichte damit lediglich ein Unterfall der allgemeinen Vollzugshilfe, wäre Art. 67 Abs. 2 PAG, der bestimmte Formen der Vollzughilfe für Gerichte nennt, überflüssig. Die Judikative unterfällt dem Behördenbegriff das Art. 67 Abs. 1 PAG daher wohl nur, wenn und soweit sie materielle Verwaltungsaufgaben wahrnimmt (Greifenstein in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK PolR Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 67 PAG Rn. 2; im Ergebnis ebenso Heckmann in Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 8. Aufl. 2022, Teil 3 Rn. 52; Schmidbauer in Steiner/Schmidbauer, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 67 PAG Rn. 31).
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Daran dürfte auch die vom Beklagten angestellte Erwägung, in Konstellationen wie der vorliegenden unterstütze die Polizei unmittelbar nur die vom Gericht mit der Vollstreckung beauftragten Vollstreckungsorgane, nichts ändern. Denn Vollstreckungsorgane der Gerichte, insbesondere Gerichtsvollzieher, dürften, jedenfalls soweit sie gerichtliche Entscheidungen vollstrecken, keine Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG bzw. § 1 Abs. 4 VwVfG, sondern selbständige Organe der Rechtspflege sein (in diesem Sinne Fischer, DGVZ 2019, 169, 171, 173 m.w.N. zur insoweit wohl h.M; vgl. auch Dörndorfer in Graf, BeckOK GVG, Stand 15.8.2022, § 154 Rn. 12: „selbständiges Organ der Rechtspflege“ unter Verweis auf BVerwG, U.v. 29.4.1982 - 2 C 33.80 - juris Rn. 20).
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Leisten die Polizeibehörden - wie hier - Unterstützung bei der Vollstreckung familiengerichtlicher Entscheidungen aufgrund eines Unterstützungsersuchens der Vollstreckungsorgane (§ 87 Abs. 3 Satz 1 FamFG in der hier maßgeblichen, bis zum 31.12.2021 gültigen Fassung; vgl. weiter den zum 1.1.2022 in Kraft getretenen § 757a ZPO), spricht daher manches dafür, dass es sich dabei um eine polizeiliche Aufgabe aufgrund einer Aufgabenzuweisung durch andere Rechtsvorschriften (Art. 2 Abs. 4 PAG) handelt, auf die weder die Regelungen über die Vollzugshilfe, noch die der Amtshilfe unmittelbar anwendbar sind (Corcilius, DGVZ 2020, S. 41, 43 f.; vgl. auch Nr. 50.2 VollzBek zu Art. 50 a.F., wo die Unterstützung des Gerichtsvollziehers auf der Grundlage eines Unterstützungsersuchens nach § 758 Abs. 3 ZPO als Fall der „Vollzugshilfe nach besonderen Rechtsvorschriften“ bezeichnet wird; a.A. offenbar Schmidbauer in Steiner/Schmidbauer, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 67 PAG Rn. 31, 70, der die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Unterstützung der Vollstreckungshandlungen des Gerichtsvollziehers als speziellen Fall der Justizhilfe von Art. 67 Abs. 2 PAG einordnet). Nach diesem Verständnis ergriffe die Polizei selbständig eigene Maßnahmen nach Art. 11 ff. PAG und ggf. Art. 75 ff. PAG, um Vollstreckungsorgane der Gerichte an Leib und Leben zu schützen und die Durchführung ihrer Vollstreckungshandlungen zu ermöglichen (Schmidbauer in Steiner/Schmidbauer, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 67 PAG Rn. 23 für den persönlichen Schutz bei Vollstreckungshandlungen anderer Behörden). Die Reichweite zulässiger polizeilicher Maßnahmen bestimmte sich dann anhand des konkreten Unterstützungsersuchens des gerichtlichen Vollstreckungsorgans.
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b) Ungeachtet der konkret einschlägigen Rechtsgrundlage finden die polizeilichen Maßnahmen zur Unterstützung der Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen ihre Grenzen jedenfalls im grundgesetzlich angeordneten Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG, wenn die Polizei eine Wohnungsdurchsuchung unterstützen soll. In diesem Fall setzt die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Unterstützung voraus, dass die Wohnungsdurchsuchung von einem Gericht angeordnet oder ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Entscheidung zulässig ist.
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Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Polizei bei „offensichtlicher Rechtswidrigkeit“ der Grundmaßnahme (vgl. Corcilius, DGVZ 2020, S. 41, 45; Ulrice in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand 1.3.2022, § 757a Rn. 31) die Unterstützung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verweigern muss oder - betrachtete man die Unterstützung als Vollzugshilfe im Sinne von Art. 67 Abs. 1 PAG oder besondere Form der Justizhilfe im Sinne von Art. 67 Abs. 2 PAG - ob und inwieweit die Polizeibehörden sich eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Grundmaßnahme zurechnen lassen (zum Streitstand bei der Vollzugshilfe vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 67 PAG Rn. 57 ff.; zum Streitstand bei der allgemeinen Amtshilfe vgl. BVerwG, B.v. 2.9.2019 - 6 VR 2.19 - juris Rn. 34) bzw. aufgrund der Verweisung in Art. 67 Abs. 3 PAG auf den obligatorischen Ablehnungsgrund in Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG aus rechtlichen Gründen die Unterstützung verweigern muss.
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Denn jedenfalls, wenn die Polizei - wie hier - im Vollstreckungsverfahren Unterstützung bei einer Wohnungsdurchsuchung, die dem verfassungsrechtlichen Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GG unterliegt (zur Geltung des Richtervorbehalts auch bei Vollstreckungsmaßen grundlegend BVerfG, B.v. 3.4.1979 - 1 BvR 994/76 - BVerfGE 51, 97), leisten soll, setzt die Rechtmäßigkeit dieser Unterstützung die Wahrung dieses Richtervorbehalts voraus (so im Ergebnis wohl auch BVerfG, B.v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - juris Rn 3 bzw. 9, wonach die Annahme eines Zivilgerichts, der Schmerzensgeld beanspruchende Polizeibeamte habe anlässlich der Wohnungsdurchsuchung durch den Gerichtsvollzieher rechtmäßig gehandelt, den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG verkenne). Dies gebietet bereits die grundrechtsschützende Funktion des Richtervorbehalts in Art. 13 Abs. 2 GG für diese schwere Form des Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung (zusammenfassend zum Richtervorbehalt als verfahrensrechtlicher Sicherung der Grundrechte und entsprechenden Folgerungen für die Vollzugsbehörden etwa BVerfG, B.v. 2.7.2009 - 2 BvR 1691/07 - BVerfGK 16, 1 - juris Rn. 64; zur verfassungskonformen Ergänzung von Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwZVG, der die Vollstreckungsorgane von Behörden und die sie begleitende Polizei im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung zur Wohnungsdurchsuchung ermächtigt, um einen Richtervorbehalt etwa VG Ansbach, B.v. 31.3.2022 - AN 5 X 22.00734 - juris Rn. 28; VG München, B.v. 15.9.2014 - M 18 X 14.3077 - juris Rn. 15 jeweils unter Verweis auf BVerfG, B.v. 3.4.1979 - BVerfGE 51, 97 - juris).
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Die Prüfung, ob der ersuchenden Stelle eine Wohnungsdurchsuchung durch richterliche Anordnung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG erlaubt ist, ist den Polizeibehörden ohne größeren Aufwand möglich und zumutbar. Mit Art. 69 Abs. 1 PAG hat der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung für den Fall der Freiheitsentziehung im Rahmen der Vollzugshilfe geschaffen. Soweit der Beklagte (unter Verweis auf Fischl/Greifenstein in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK PolR Bayern, Stand: 1.7.2022, Art. 69 PAG Rn. 22 und Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 69 PAG Rn. 25) die Auffassung vertritt, bei Art. 69 Abs. 1 PAG handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, die keine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung gegenüber dem Festgehaltenen habe, ändert dies jedenfalls nichts an der bestehenden objektiv-rechtlichen Verpflichtung der Polizeibehörden, die Wahrung des Richtervorbehalts bei Freiheitsentziehungen selbstständig zu überprüfen. Soweit der Beklagte dazu meint, die Vorschrift verlange nur die Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung, eine inhaltliche Überprüfung durch die Polizei müsse nicht erfolgen, kann dem der Senat nur insoweit folgen, als die materielle Rechtmäßigkeit einer tatsächlich getroffenen Entscheidung über die Freiheitsentziehung nicht überprüft werden muss, wohl aber, „ob“ eine solche Entscheidung überhaupt ergangen ist. Alles andere würde die Regelung des Art. 69 Abs. 1 PAG in der Praxis leerlaufen lassen. Hält der Gesetzgeber aber die Prüfung der formellen Wahrung des Richtervorbehalts im Falle der Freiheitsentziehung für geboten und zumutbar, kann im Falle der Unterstützung einer Wohnungsdurchsuchung nichts anders gelten. Nach der Prüfung durch die Polizeibehörden verbleibende Zweifel sind gegebenenfalls von der ersuchenden Stelle zu klären. Zum Einwand des Beklagten, die Prüfung familien- und zwangsvollstreckungsrechtlicher Sachverhalte sei nicht Gegenstand der Ausbildung von Polizeibeamtinnen und -beamten, merkt der Senat an, dass das Wissen um die formellen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Wohnungsdurchsuchung, auf das allein es vorliegend ankommt, sehr wohl zu den Grundlagen der Polizeiausbildung gehört oder jedenfalls zu gehören hat, zumal der verfassungsrechtlich gebotene Richtervorbehalt bei Wohnungsdurchsuchungen durch die Polizei auch Berücksichtigung in Art. 24 Abs. 1 PAG gefunden hat.
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c) Gemessen daran erweisen sich die streitgegenständlichen Maßnahmen als rechtswidrig.
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aa) Die beteiligten Polizeibeamten haben eine Wohnungsdurchsuchung des Jugendamtes unterstützt, die gegen den Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG verstieß, und dadurch mit den Unterstützungsmaßnahmen selbst gegen Art. 13 Abs. 2 GG verstoßen.
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Eine eigenständige Durchsuchung der Wohnung durch die Polizei auf der Grundlage von Art. 23 PAG liegt zwar fern. Der Beklagte streitet in beiden Instanzen eine eigenständige Entscheidung der beteiligten Polizeibeamten, die Wohnung zu öffnen, nachdrücklich ab. Auch das vom Verwaltungsgericht festgestellte Verhalten der Polizeibeamten (Stehenbleiben im Flur, ohne weitere Räume zu betreten) sowie die Zeugenaussagen der Polizeibeamten zum Anlass der Öffnung der Wohnungstür sprechen gegen eine eigenständige polizeiliche Maßnahme. Allerdings stellte sich das Verhalten der Mitarbeiter des Jugendamts - auch für die beteiligten Polizeibeamten erkennbar - als Wohnungsdurchsuchung dar.
33
Eine Wohnungsdurchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG erschöpft sich nicht im Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in der Wohnung (vgl. BVerfG, B.v. 16.6.1987 - 1 BvR 1202/84 - BVerfGE 76, 83 - juris Rn. 26). Durchsuchungen dienen dabei dem Auffinden und Ergreifen einer Person, dem Auffinden, Sicherstellen oder der Beschlagnahme einer Sache oder der Verfolgung von Spuren, die der Wohnungsinhaber nicht von sich aus offenbaren will (vgl. BVerfG, B.v. 5.5.1987 - 1 BvR 1113/85 - BVerfGE 75, 318 - juris Rn. 26; B.v. 9.6.2020 - BVerfGE 154, 354 - 2 BvE 2/19 - juris Rn. 33). Wenn Vollstreckungsorgane - wie hier - eine Wohnung betreten, um dort den Inhabern der Wohnung Kinder wegzunehmen, die diese von sich aus nicht herausgeben wollen, handelt es sich um eine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG (BVerfG, B.v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - juris 11). Hinzukommt vorliegend, dass das Jugendamt nach Hinweisen für eine Kindeswohlgefährdung suchte und damit nach Sachverhalten, die die Kläger als Inhaber der Wohnung nicht freiwillig offenbaren wollten.
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bb) Die Wohnungsdurchsuchung durch Mitarbeiter des Jugendamtes verstieß gegen den grundgesetzlichen Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GG (und dessen einfachrechtliche Ausgestaltung in § 91 Abs. 1 FamFG).
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Nach Art. 13 Abs. 2 GG dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden (hierzu und zum Folgenden ausführlich BVerfG, B.v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - juris Rn. 12 m.w.N.). Die richterliche Anordnung einer Durchsuchung hat durch geeignete Formulierungen im Rahmen des Möglichen sicherzustellen, dass der Grundrechtseingriff angemessen begrenzt wird sowie messbar und kontrollierbar bleibt. Die richterliche Anordnung der Durchsuchung hat die rechtliche Grundlage der konkreten Maßnahme zu schaffen und muss Rahmen, Grenzen und Ziel der Durchsuchung definieren. Eine solche rechtliche Grundlage kann die richterliche Anordnung nur schaffen, wenn sie so bestimmt ist, dass Missverständnisse ausgeschlossen sind. Fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit der richterlichen Anordnung, wissen die Vollstreckungsorgane nicht sicher, wozu sie befugt sind; der Inhaber der Wohnung und andere, die eine unmittelbar bevorstehende Durchsuchung abwenden wollen, wissen nicht sicher, was sie dulden müssen. Diese Unsicherheit zu vermeiden ist nach Art. 13 Abs. 2 GG Aufgabe allein des für die präventive Kontrolle zuständigen Richters.
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Weder der Tenor, noch die Gründe des familiengerichtlichen Beschlusses vom 13. November 2019 lassen eine richterliche Entscheidung über eine Wohnungsdurchsuchung hinreichend sicher erkennen. Eine ausdrückliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung enthält der Beschluss offensichtlich nicht. Soweit das Amtsgericht die Herausgabe der Kinder der Kläger offenbar unter die Bedingung der (anscheinend vom Ergänzungspfleger zu treffendenden) Feststellung von das Kindeswohl gefährdender Umstände geknüpft hat (S. 5 des BA), kommt auch insofern eine „konkludente“ richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht in Frage. Im Hinblick auf die notwendige Bestimmtheit der richterlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Auslegung des Beschlusstenors anhand der Gründe dahingehend, dass neben der Herausgabe der Kinder auch die Durchsuchung der Wohnung angeordnet gewesen wäre. Das gilt umso mehr, als nichts dafür ersichtlich ist, dass das Familiengericht beim Erlass der einstweiligen Anordnung die Möglichkeit der Durchsuchung einer Wohnung überhaupt bedacht hat. Die Vollstreckung der Herausgabe eines Kindes ist durchaus auch außerhalb einer Wohnung möglich (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97 - juris Rn. 13 m.w.N.).
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Nachvollziehbare Gründe, warum mit einer Wohnungsdurchsuchung nicht auf die Einholung eines richterlichen Beschlusses gewartet werden konnte (Gefahr im Verzug; vgl. Art. 13 Abs. 2 GG, § 91 Abs. 1 Satz 2 FamFG), etwa Verdachtsmomente für die Annahme, die Kläger hätten sich einer Herausgabe der Kinder durch ein Untertauchen oder eine Flucht ins Ausland entzogen (vgl. dazu etwa Althammer in Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl. 2022, § 91 Rn. 5) oder sonstige Anhaltspunkte für eine konkrete, nur durch eine sofortige Wohnungsdurchsuchung abwendbare Gefahr, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Dokumentation der Gründe für eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Anordnung vgl. etwa BVerfG, U.v. 20.2.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 - juris Rn. 63), zumal sich die Kläger zum Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung bereits in polizeilichem Gewahrsam befanden.
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cc) Da die streitgegenständlichen Maßnahmen der Polizei bereits wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG rechtswidrig waren, kommt es nicht mehr darauf an, dass das Familiengericht mit dem Jugendamt (statt dem eigentlichen zuständigen Gerichtsvollzieher, vgl. § 87 Abs. 3 FamFG) das falsche Vollstreckungsorgan beauftragt und seine eigene Anordnung in den Beschlussgründen (dort fälschlicherweise als „Inobhutnahme“ bezeichnet) unter eine - noch dazu vom Ergänzungspfleger zu prüfende - Bedingung einer Kindeswohlgefährdung gestellt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO, § 708 ff. ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.