Titel:
Keine Haftung von Audi für den entwickelten, hergestellten und eingebauten 3,0-Liter-Motor (hier: Audi A6 Avant)
Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826, § 831
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
StGB § 263
VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 Abs. 2
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2021, 41003; LG Kempten BeckRS 2022, 28679; OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die in den VW-Verfahren vom KBA festgestellte und von VW eingeräumte Abschaltautomatik der Motorbaureihe EA 189 hat für Gerichtsverfahren anderer Autohersteller keine Relevanz. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand und bei denen Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, kann bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte jedenfalls nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Herstellerin bzw. deren verantwortlich Handelnde in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Audi AG, 3.0 l V6 Dieselmotor, EA 897 Gen2Evo, Schadensersatz, unzulässige Abschalteinrichtung, Thermofenster, Rückruf, Aufheizstrategie, Warmlaufmodus
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29502
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 32.484,57 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. „DieselAbgasskandal“.
2
Die Klagepartei erwarb am 28.07.2018 einen Pkw Audi A6 Avant mit einem Kilometerstand von 52.568 km zu einem Kaufpreis von 37.890,00 € brutto. In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA 897 Gen2Evo mit der Schadstoffklasse EU6 verbaut, der von der Beklagten entwickelt worden war.
3
Zu dem Fahrzeug existiert ein Rückrufbescheid des KBA. Seitens der Beklagten wurde deswegen auf Anordnung des KBA ein Softwareupdate zur Aktualisierung der Motorsteuerungssoftware entwickelt und angeboten, welches seitens des KBA freigegeben worden ist.
4
Der Kläger stützt seine Klage u.a. auf Ansprüche nach §§ 826, 31 BGB und §§ 823 Abs. 2 BGB i. V.m. §§ 263 StGB, 6, 27 EG-FGV, 16 UWG.
5
Mehrere Fahrzeuge der Beklagten sowie des Mutterkonzerns hätten einem verpflichtenden Rückruf unterlegen (vgl. Vortrag Bl. 4ff. d. A.). Weiter behauptet der Kläger, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1, 2 VO (EG) 715/2007 vorliegen würden.
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Die Abschalteinrichtung bestehe in einer unzulässigen Aufheiztstrategie (“Strategie A“), die dazu führe, dass der SCR-Katalysator schneller auf Betriebstemperatur gebracht werde. Weiter wird vorgetragen, dass in dem Fahrzeug eine sog. „Restreichweitenerkennung“ (“Strategie E“) verbaut sei, wonach die Abschalteinrichtung ab eine Restreichweite von 2.400 km dafür sorge, dass die AdBlue-Einspritzung in den SCR-Katalysator massiv reduziert und der Wirkungsgrad des SCR-Katalysators auf 50% bis 20% reduziert werde. Zudem würden sich die Schaltpunkte des Warmlaufschaltprogramms bei zwei Getriebevarianten (Automatikgetriebe) deutlich unterscheiden von denjenigen, die im normalen Straßenbetrieb bei Nutzung des DSP zum Einsatz kämen.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den klägerischen Vortrag Bezug genommen.
8
Von dem Einbau der entsprechenden Funktionen in das streitgegenständliche Fahrzeug habe Kenntnis bei der Beklagten bis in die Vorstandsebene bestanden. Hätte der Kläger von dem Vorhandensein dieser Funktionen gewusst, so hätte er von dem Erwerb Abstand genommen.
9
Der Kläger ist der Ansicht, bei den zuvor genannten Funktionsweisen der Motorsteuerungssoftware handele es sich um unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne der VO (EG) 715/2007. Die Beklagte habe den Motor für ein Fahrzeug in Verkehr gebracht und 23 O 369/21 - Seite 3 - hierfür eine Übereinstimmungserklärung ausgestellt, um sich die entsprechende Typengenehmigung zu erschleichen, wodurch das Fahrzeug zumindest einer bestehenden Gefahr einer späteren Stilllegung ausgesetzt sei. Hinsichtlich des Software-Updates seien dessen Auswirkungen völlig unklar.
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 32.484,57 € (Kaufpreis abzüglich der bereits als möglich berechenbaren Nutzungsentschädigung mit Kilometerstand bei Klageeinreichung) abzüglich einer weiteren vom Gericht auf Basis einer Gesamtlaufleistung von zumindest 350.000 km zu schätzenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Zugrundelegung des Kilometerstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A6 Avant mit der FahrzeugIdentifizierungsnummer ….
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
- 3.
-
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerschaft von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.626,49 € freizustellen.
11
Die Beklagte beantragt,
12
Die Beklagte behauptet, die Herabsetzung des Wirkungsgrades der AdBlue-Einspritzung in den SCR-Katalysator im Rahmen der von der Klägerseite so genannten „Strategie E“ greife nur dann, wenn die Restmenge AdBlue für eine verbleibende Fahrstrecke von 2.400 km ausreiche und der Fahrer das Fahrzeug über eine längere Zeit hochlastig und dynamisch bewege, dieser Ausnahmefall komme im normalen Fahrzeugbetrieb praktisch kaum vor. Hinsichtlich der Strategie E fehle es jedenfalls an einem sittenwidrigen Verhalten ihrerseits. Zudem sei im Rahmen des Erlasses des Rückrufbescheides des KBA eine umfassende Berichterstattung und Aufklärung ihrerseits erfolgt, die ein sittenwidriges Verhalten im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses wenigstens entfallen lasse. Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Vortrag des Klägers zum Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung insgesamt zu unsubstantiiert sei, insbesondere hinsichtlich der von Klägerseite behaupteten „Strategie A“. Das Fahrzeug verfüge auch nicht über eine unzulässige Getriebekonfiguration. Eine behördlich angeordneter Rückruf für das streitgegenständliche Fahrzeug liege insoweit nicht vor.
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Aufgrund des Beschlusses vom 25.01.2022 wurde mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, der 03.03.2022 bestimmt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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I. Der Klagepartei stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz auf Grundlage deliktischer Normen zu (§§ 826 Abs. 1 BGB; 823 Abs. 2 BGB iVm 263 StGB bzw. iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. Art. 4, 5 VO (EG) 715/2007).
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1. Die Klagepartei hat bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass der Motor des streitgegenständlichen Pkws über eine Software entsprechend derjenigen, die in dem Motor EA 189 eines anderen Herstellers verbaut ist, und damit über eine illegale Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1, 2 VO (EG) 715/2007 verfügt und die Beklagte damit ein Verhalten (bewusstes Inverkehrbringen eines Fahrzeugs, dessen technische Gegebenheiten objektiv einer Zulassung des Fahrzeugs entgegenstehen) gezeigt hat, dass auf Klägerseite durch Abschluss eines so nicht gewünschten, wirtschaftlich nachteiligen Vertrages einen subjektiven Schaden verursacht hat (§ 826 Abs. 1 BGB), dass zudem Täuschungscharakter hatte (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB) bzw. dass ein Verstoß gegen europarechtliche Normen (deren drittschützenden Charakter unterstellt) vorliegt (§ 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV). Dem Sachvortrag der Klagepartei zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Software der Motorsteuerung, die „nahezu ausschließlich im NEFZ“ den Motor schneller aufwärmt und somit zu vermindertem Stickoxid-Ausstoß führt („Strategie A“), war mangels Substanz nicht durch Beweiserhebung nachzugehen.
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Das Vorhandensein einer Prüfstanderkennungssoftware, also einer Software, die anhand verschiedener Parameter erkennt, ob sich das Fahrzeug im Rollenprüfstand des NEFZ oder im Straßenverkehr befindet, stellt für sich betrachtet keine illegale Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1, 2 VO (EG) 715/2007 dar. Denn es fehlt insoweit an einem Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrgeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
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a) Grundsätzlich ist es einer Partei nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb im Einzelfall genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Unzulässig wird ein solches Vorgehen aber dann, wenn die Parteien ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts oder die Richtigkeit ihres Vortrags willkürlich Vermutungen „aus Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ anstellt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16.04.2015 - IX ZR 195/14).
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So liegt der Fall jedoch hier.
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b) Zu dem Sachvortrag der Klagepartei gibt es insoweit keinerlei greifbaren Anhaltspunkte. Die in den VW-Verfahren vom KBA festgestellte und von VW eingeräumte Abschaltautomatik der Motorbaureihe EA 189 hat für Gerichtsverfahren anderer Autohersteller keine Relevanz (OLG Nürnberg Urteil v. 19.7.2019 - 5 U 1670/18).
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c) Für das Fahrzeug existiert unstreitig kein amtlicher Rückruf durch das KBA, der die behauptete „Strategie A“ umfasst.
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Zwar existiert ein amtlicher Rückruf des KBA, dieser betrifft nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten jedoch nur den begrenzten Gegenstand, der von Klägerseite als „Strategie E“ bezeichnet wurde.
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Hinsichtlich des Vortrages zu der technischen Funktionsweise der Abgasrückführung und der Erkennung des Prüfstandes sowie dem daran anschließenden unterschiedlichen Wirkungsgrad der Abgasreinigung im Realbetrieb und auf dem Prüfstand des NEFZ beruft sich der Kläger jedoch ausschließlich auf entsprechenden Rückrufe des KBA.
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d) Letztlich geht die Klagepartei offensichtlich bloß aufgrund von Medienberichten zu den Emissionswerten im Realbetrieb davon aus, dass sein Fahrzeug bzw. dessen Motor mit einer Manipulationssoftware, die auf die Abgasreinigung Einfluss nimmt, ausgestattet ist. Dieser Umstand stellt jedoch keinen greifbaren Anhaltspunkt für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der VO (EG) 715/2007 dar.
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Denn die Bezugnahme auf Presseberichte und Ermittlungsverfahren, die der dieser Behauptung als Anker dienenden Schlussfolgerung zugrunde liegt, vermögen den im Zivilprozess erforderlichen konkreten Fallbezug nicht herzustellen (OLG Köln Hinweisbeschluss v. 17.1.2019 - 4 U 175/18).
27
Hinzu kommt, dass die Beklagte das Vorliegen einer illegalen Abschalteinrichtung insoweit substantiiert in Abrede stellt und dass dem Kläger eine Kenntniserlangung ansonsten nicht unmöglich erscheint, entweder durch Einholung außerprozessualer technischer Stellungnahmen, sodass sich insgesamt der Sachvortrag des Klägers als bloße willkürliche Vermutung „aufs Geratewohl“ bzw. „ins Blaue hinein“ darstellt.
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3. Hinsichtlich der ebenso unstreitig in dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorhandenen „Strategie E“ scheidet der Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens im Ergebnis aus.
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a) Bezüglich dieser Funktion der Motorsteuerungssoftware wurde durch die Klagepartei nicht einmal behauptet, dass es sich insoweit um eine Steuerung des Emissionskontrollsystems handele, das danach unterscheide, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befinde.
30
b) Selbst wenn der Kläger die objektiven Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung nachvollziehbar dargelegt hätte, würde es an einem schlüssigen Vortrag zu den subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit fehlen.
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aa) In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände voraus, die das Verhalten sittenwidrig erscheinen lassen. Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich hierbei darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Er enthält ein Wissens- und Wollenselement: Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Dabei setzt § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss. Für den getrennt davon erforderlichen subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen. Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt schließlich voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 02.02.2021, Az. 6 U 46/20 - juris Rz. 45 m.w.N.).
32
All diese Voraussetzungen lassen sich dem Klägervortrag nicht entnehmen.
33
Der Verweis des Klägers auf eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten im Hinblick auf die konkrete Konfiguration der Motorsoftware ist nach Auffassung des Gerichts unzutreffend. Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast entbinden den Anspruchsteller nicht von einer hinreichenden Substantiierung seiner primären Darlegungen, um dem Gericht eine Überprüfung ihrer Entscheidungserheblichkeit ermöglichen. Wollte man dies anders sehen, würde man eine Klagepartei in mit den Grundsätzen der deutschen Zivilprozessordnung schwerlich zu vereinbarender Weise von den Erfordernissen jeglichen schlüssigen Sachvortrags entbinden (vgl. OLG Bamberg, a.a.O., Rz. 47 m.w.N.).
34
Hinzu kommt, dass bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand und bei denen Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte jedenfalls nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, dass die Beklagte bzw. deren verantwortlich Handelnde in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (vgl. OLG Bamberg, a.a.O., Rz. 48 m.w.N.).
35
Da etwa Thermofenster nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 grundsätzlich erlaubt sind, bedürfte es substantiierten Vortrags dazu, aus welchem Grund die Beklagte aufgrund der konkreten Ausgestaltung der hier behaupteten Abschalteinrichtung mit Schädigungsvorsatz handelte (vgl. OLG Bamberg, a.a.O., Rz. 49 m.w.N.)
36
Nach alledem vermag das Gericht hinsichtlich der behaupteten Aufheizstrategien eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung bzw. eine vorsätzliche Täuschung im Sinne des § 263 StGB nicht festzustellen.
37
Eine Manipulation der Getriebesteuerung wurde bereits nicht nachvollziehbar vorgetragen. Nach den Angaben des Klägers soll die Getriebesteuerung mit zwei Modi versehen sein, nämlich einem „DSP“ (dynamisches Schaltprogramm) im Normalbetrieb und einem „WU-Modus“ (Warmlaufmodus) im Prüfstandsbetrieb. Anhaltspunkte dafür, dass und weshalb insoweit bei dem streitgegenständlichen Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen soll, trägt der Kläger nicht vor.
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5. Im Ergebnis hat die Klagepartei gegen die Beklagte keine Ansprüche nach § 826 Abs. 1 BGB, § 831 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB.
39
Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm den weiteren in Betracht kommenden § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 scheidet bereits mangels drittschützendem Charakter der Normen aus (vgl. BGH, Urteil vom 25.5.2020 - VI ZR 252/19 und BGH, Urteil vom 30.7.2020 - VI ZR 5/20).
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Mangels Anspruch auf Schadensersatz war auch der Antrag hinsichtlich der Nebenforderungen (Klageantrag Ziff. 3) abzuweisen.
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6. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges (§§ 256 Abs. 1 ZPO, 293 ff. BGB; Klageantrag Ziff. 2) ist schon deshalb unbegründet, weil sich die Beklagte mangels Hauptanspruchs nicht im Verzug der Annahme befindet.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
43
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist § 709 ZPO zu entnehmen.
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Der Streitwert wurde gemäß §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.