Inhalt

VG München, Urteil v. 19.09.2022 – M 8 K 21.2670
Titel:

Fälligkeit eines angedrohten Zwangsgeldes und erneute Zwangsgeldandrohung

Normenkette:
BayVwZVG Art. 31 Abs. 1, Abs. 3 S. 3, Art. 38 Abs. 1 S. 3, Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Mitteilung der Zwangsgeldfälligkeit stellt keinen Verwaltungsakt dar, sondern lediglich eine behördliche Information über den nach deren Auffassung erfolgten Bedingungseintritt und kann folglich auch nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beurteilungszeitpunkt für die Fälligkeit eines Zwangsgeldes ist der Ablauf der Erfüllungsfrist. Auf im Nachhinein eingetretene Entwicklungen kommt es daher nicht an. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Störerauswahl ist der Auswahlermessensentscheidung der Behörde iRd Grundverfügung zuzuordnen. Ein Vollstreckungsschuldner kann daher mit dem Vortrag, er sei zu Unrecht als Adressat einer Anordnung in Anspruch genommen worden, im Klageverfahren gegen eine isolierte Zwangsgeldandrohung nicht mehr gehört werden (vgl. VGH München BeckRS 2021, 33621 Rn. 8). (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bezugnahmeurteil, Zweckentfremdung, Erneute Androhung eines Zwangsgelds, Fälligkeit eines Zwangsgelds, Wohnnutzung (verneint), Zwangsgeld, Fälligkeit des Zwangsgeldes, Mitteilung der Zwangsgeldfälligkeit, Zwangsgeldandrohung, isolierte Androhung, Störerauswahl
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 23.02.2023 – 12 ZB 22.2541
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29390

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung - eine erneute Zwangsgeldandrohung sowie die Beitreibung (Fälligstellung) eines verwirkten Zwangsgeldes - mit denen eine zweckentfremdungsrechtliche Verpflichtung (Beendigung der Überlassung von Wohnraum zur Fremdbeherbergung) hinsichtlich einer Wohnung in der Hellip Str. 2 in … durchgesetzt werden soll.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens Hellip Str. 2, welches mit einem mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist. Die streitgegenständliche Wohnung im 1.OG links verfügt über drei Zimmer, Küche und Bad (ca. 128,59 m², im Folgenden: „Wohnung 1“). Mit Vertrag vom 18. März 2015 vermietete die … Vermögen GmbH & Co.KG (im Folgenden: F-GmbH & Co.KG), deren Geschäftsführer der Kläger ist, als Hausverwaltung für den Kläger u.a. die streitgegenständliche Wohnung an die Vermietungsgesellschaft … … GmbH (im Folgenden: B-GmbH), die im Anwesen Hellip Str. 2 im 1.OG bis 5.OG ein Boardinghouse / Hotel („… … Hotel“, im Folgenden: B-Hotel) betrieb.
3
Bei einem Ortstermin am 14. Juli 2020 stellte die Beklagte fest, dass die „Wohnung 1“, als Hotel genutzt werde (Hotelzimmer 14, 15, 16, Rezeption und Wäscheraum).
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Mit Bescheid vom 21. September 2020 wurde der Kläger verpflichtet, die Überlassung der „Wohnung 1“ zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Nr. 1). Ihm wurde ferner aufgegeben, den Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der Nutzung für Zwecke der Fremdenbeherbergung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Nr. 2). Unter Fristsetzung von drei Monaten ab Zustellung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- Euro für den Fall der Nichtbefolgung der Untersagung in Ziff. 1 des Bescheids angedroht (Nr. 3) und unter Fristsetzung von sechs Monaten ab Zustellung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- Euro für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung zur Wiederbelegung aus Ziff. 2 (Nr. 4). Auf den Bescheid und seine Begründung wird verwiesen. Gegen den Bescheid wurden keine Rechtsbehelfe eingelegt.
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Auch weitere, hier nicht gegenständliche Teile des Gebäudes (2. und 3. Obergeschoss) wurden zweckentfremdungsrechtlich aufgegriffen.
6
Mit einem als „Wohnraummietvertrag“ bezeichneten Vertrag vom 1. Januar 2021 (Blatt W1/274t Behördenakte) vermietete die Hausverwaltung (F-GmbH & Co.KG) einen Teil der „Wohnung 1“ - die Rezeption und „Zimmer 15“ - an den Inhaber / Betreiber des B-Hotels (Herrn … …*). § 10 dieses Mietvertrags regelt die Untervermietung ausschließlich zu Wohnzwecken. Mit am 1. März 2021 unterzeichnetem „Nachtragsvertrag“ zum Mietvertrag vom 18. März 2015 erwarb der Kläger als Vermieter u.a. die von der B-GmbH (Betreiberin des B-Hotels) eingebrachten Einrichtungen der „Wohnung 1“ (Blatt W1/270a Behördenakte).
7
Mit einem weiteren, als „Wohnraummietvertrag“ bezeichneten Vertrag vom 1. März 2021 (Blatt W1/274h Behördenakte) vermietete die Hausverwaltung (F-GmbH & Co.KG) u.a. einen Teil der streitgegenständlichen Wohnung - „Zimmer 14“ mit dem diesem über den Gang gegenüberliegenden Bad/WC - an eine Vermietungsgesellschaft (** … GmbH, im Folgenden: D-GmbH). Dieser Vertrag enthielt eine gleichlautende Regelung hinsichtlich der Untervermietung (§ 10). Die D-GmbH vermietete die Räumlichkeiten weiter an eine portugiesische Baugesellschaft (* … … … …, im Folgenden: C-S.A.).
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Bei einer Ortsbesichtigung am 19. März 2021 (Blatt W1/244 Behördenakte) wurde in der „Wohnung 1“ in „Zimmer 14“ ein Mann angetroffen, der mitteilte, dass er seit ca. einer Woche bis voraussichtlich April 2021 das Zimmer nutze. Das Zimmer werde von zwei Personen genutzt. Er arbeite auf einer Baustelle für die „C-S.A.“, die das Zimmer bezahle und angemietet habe. Er und sein Mitbewohner seien portugiesische Staatsangehörige. Laut einem in den Behördenakten befindlichen Lageplan (Blatt 87r Behördenakte) ist das „Zimmer 14“ mit einem Doppelbett, einem Tisch, einem Fernseher sowie einem Kühlschrank ausgestattet. „Zimmer 15“ und „Zimmer 16“ konnten bei der Ortsbesichtigung nicht eingesehen werden.
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Mit Schreiben/Bescheid vom 12. April 2021 stellte die Beklagte das mit Bescheid vom 21. September 2020 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- Euro zur Zahlung fällig (Ziff. I) und drohte ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- Euro für den Fall der Nichterfüllung der in Ziff. 1 des Bescheids vom 21. September 2020 angeordneten Verpflichtung binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheids an (Ziff. II Nr. 1). Bei der Ortsermittlung am 19. März 2021 sei festgestellt worden, dass das „Zimmer 14“ in der hier verfahrensgegenständlichen Wohnung von zwei Bauarbeitern für die Dauer der Bauarbeiten in … genutzt werde. Die Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 21. September 2020 sei bestandskräftig und die Verpflichtung zur Beendigung der Nutzung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung sei nicht erfüllt worden. Der Wohnraum werde als Arbeiterunterkunft genutzt und die Anforderung für eine Wohnnutzung seien nicht erfüllt. Auf den Bescheid und seine Begründung im Übrigen wird verwiesen.
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Mit Bescheid vom 3. Mai 2021 forderte die Beklagte den Kläger auf, u.a. die abgeschlossenen Mietverträge für die streitgegenständliche Wohnung ab 1. Januar 2021 sowie insbesondere den Mietvertrag zwischen der F-GmbH & Co.KG und der D-GmbH vorzulegen. Mit Schreiben vom 12. Mai 2021 übermittelte der Kläger den Mietvertrag zwischen der F-GmbH & Co.KG und der D-GmbH vom 1. März 2021 („Zimmer 14“) sowie den Mietvertrag zwischen der F-GmbH & Co.KG und Herrn … … vom 1. Januar 2021 („Zimmer 15“ und Rezeption).
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Am 5. Juli 2021 schloss die Hausverwaltung (F-GmbH & Co.KG) mit der C-S.A. einen Mietvertrag (Blatt 331a Behördenakte) u.a. über das „Zimmer 14“, welcher zum 31. Januar 2022 durch klägerseitige Kündigung beendet wurde.
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Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom 11. Mai 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Er beantragt,
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1. Es wird festgestellt, dass das mit Ziffer I des Schreibens der Beklagten vom 12.04.2021 (Az.: … … * … - Wohnraum: … Straße 2, 1.Obergeschoss links, Wohnung Nr. 1) fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von EUR 10.000,00 nicht fällig geworden ist.
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2. Die Verwaltungsakte gemäß Ziffer II des Bescheids der Beklagten vom 12.04.2021 (Az.: … … * … - Wohnraum: … Straße 2, 1.Obergeschoss links, Wohnung Nr. 1) werden aufgehoben.
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Eine zweckwidrige Nutzung über den 30. September 2020 hinaus liege nicht vor. Das Zwangsgeld sei nicht fällig geworden. Auch die erneute Zwangsgeldandrohung sei daher unrechtmäßig. Der Kläger habe der B-GmbH [Betreiberin des B-Hotels] eine zweckwidrige Nutzung untersagt und den Mietvertrag beendet. Zum 1. März 2021 habe der Kläger die streitgegenständliche Mietfläche an die D-GmbH vermietet. Innerhalb des Mietvertrages habe er sich an den Vorgaben der Beklagten orientiert. Die D-GmbH habe dem Kläger zugesichert, dass eine Nutzung ausschließlich zu Wohnzwecken erfolge. Die Beklagte habe dem Kläger nicht mitgeteilt, was sie unter einem „Arbeiterwohnheim“ verstehe. Sie versuche, auf Basis einer europarechtswidrigen Gesinnung die Niederlassungsfreiheit der C-S.A. einzuschränken. Das Ziel der Beklagten liege darin, Einnahmen aus den Zwangsgeldern zu erzielen. Der dem Grundbescheid beigefügte Lageplan stimme mit den tatsächlichen Gegebenheiten nur bedingt überein. Er stelle keinen tatsächlichen Genehmigungsstand dar. Tatsächlich lägen innerhalb der Fläche drei Räume, denen jeweils ein eigenes Bad, WC und jeweils eine Kochmöglichkeit zugeordnet seien. Darüber hinaus seien ein Aufenthaltsraum und ein Waschraum vorhanden. Der Kläger habe sich mit der D-GmbH auf eine Aufhebung des Mietvertrags zum Ablauf des 30. Juni 2021 geeinigt. Stattdessen habe er (vertreten durch die F-GmbH & Co.KG) unmittelbar einen Mietvertrag mit der C-S.A. bzw. deren Mitarbeitern begründet. Der Anwendungsbereich der Zweckentfremdungssatzung sei nicht eröffnet. Eine Wohnnutzung der Flächen bis zum 30. September 2020 werde mangels gegenteiliger Kenntnis bestritten. Das Objekt befinde sich in einem Kerngebiet. Eine Wohnnutzung sei dort nur ausnahmsweise zulässig und gegenwärtig wohl nicht einmal genehmigt. Es greife der Bestandsschutz für eine andere als eine Wohnnutzung. Der Kläger habe sein Nutzungskonzept aufgegeben. Die Bewertung des neuen Nutzungskonzepts habe an objektive Kriterien anzuknüpfen. Durch den Erwerb von Betten, Fernsehern, Tischen, Stühlen und Küchenzeilen könne nicht auf ein Nutzungskonzept geschlossen werden. Die Beklagte ignoriere den ihr vorliegenden Mietvertrag. Die Nutzung der streitgegenständlichen Flächen erfolge auch rein objektiv im Rahmen einer Wohnnutzung. Der Lebensmittelpunkt durch den portugiesischen Bewohnerkreis sei zwangsläufig in die gegenständliche Wohnung verlagert. Inwiefern der Kläger als Eigentümer des Anwesens auf Basis mietvertraglicher Regelungen eine „Heimstatt der Bewohner im Alltag“ begründen solle, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe sich mit der Störerauswahl im Grundverwaltungsakt abgefunden. Aufgrund der zum 1. März 2021 erfolgten Vermietung rechtfertige sich jedoch nicht noch einmal eine Qualifizierung des Klägers als Zustandsstörer. Er sei auch kein Handlungsstörer. Sollte das Verhalten der Mieterin nicht als Wohnnutzung zu definieren sein, liege hierin ein Handeln gegen den Willen des Klägers. Mit weiterem Schriftsatz vom 16. September 2022 wurden die Ausführungen dahingehend ergänzt, dass der Mietvertrag mit Herrn … … gekündigt werde. Die Beklagte handele selbst zweckentfremdungswidrig, wenn sie beispielsweise Auszubildende bei der Mietzahlung von WG-Zimmern unterstütze. Der Kläger sei mit dem Einwand, dass keine baurechtliche Genehmigung von Wohnraum vorliege, nicht ausgeschlossen. Es habe sich um eine Dienstwohnung gehandelt, die der darunterliegenden Fläche zugeordnet sei. Eine Baugenehmigung, aus der sich die Nutzung zu Wohnzwecken ergebe, gebe es nicht. Der Kläger sei nie ordnungsgemäß angehört worden. Ihm jetzt vorzuwerfen, dass er vor dem streitgegenständlichen Bescheid keine Unterlagen herausgegeben habe, sei nicht nachvollziehbar. Zwischenzeitlich akzeptiere die Beklagte das Nutzungskonzept des Klägers, dies zeige sich an der dortigen Unterbringung von Flüchtlingen. Es komme zu der grotesken Situation, dass eine Behörde einerseits die Mietübernahme für die Anmietung von Wohnraum genehmige und andererseits Kontrollen vor Ort durchführe und die Wohnnutzung anzweifle. Mit Ausnahme des Wohnungsmietvertrags mit Herrn … … existierten seit Räumung durch die C.-S.A. keine weiteren Mietverträge über die „Räume 14“ und „16“, sodass die behauptete Zweckentfremdung unabhängig von deren tatsächlichem Vorliegen aufgegeben worden sei.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18
Die verfahrensgegenständliche Wohneinheit sei in drei Hotelzimmer, einen Flur, eine Abstellkammer, einen Wäscheraum und ein WC unterteilt worden (Blatt 337d Behördenakte). Das „Zimmer Nr. 15“ werde nicht zu Wohnzwecken, sondern gewerblich genutzt. Die Vermietung an den Geschäftsführer persönlich anstelle der ursprünglichen Vermietung an die B-GmbH sei pro forma erfolgt. Sowohl die Nutzung als Rezeption als auch die Nutzung als Arbeiterunterkunft verstießen gegen Zweckentfremdungsrecht. Entgegen dem Vortrag des Klägers gebe es keinen weiteren Aufenthaltsraum im 1. OG. Das „Zimmer 14“, belegt mit zwei Personen, verfüge darüber hinaus auch nicht über den baulichen Standard für eine dauerhafte Wohnnutzung, da es dort keine Kochmöglichkeit gebe und das ehemalige Badezimmer sowie die ehemalige Küche mittlerweile als separate Unterkunft bzw. als Waschraum des Hotelbetriebs im 4. und 5. Obergeschoss genutzt werde. Die Nutzung zu Wohnzwecken sei auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 3 Abs. 3 Ziff. 2 ZeS durchgehend gewesen.
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Mit Beschluss vom 22. Dezember 2021 (M 9 S 21.4742) hat das Bayerische Verwaltungsgericht München einen Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz vom 11. Mai 2021 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2022 zurückgewiesen worden (12 CS 22.243). Auf die den Beteiligten bekannten Entscheidungen und ihre Begründungen wird verwiesen.
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Das Gericht hat am 19. September 2022 zur Sache mündlich verhandelt. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung sowie die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 9 S 21.4724, M 8 K 21.2671, M 8 K 21.2672, M 8 K 21.2673, M 8 K 21.2674, M 8 K 21.3415, M 8 K 21.3417, M 8 K 21.3418, M 8 K 21.3419, M 8 K 21.4440, M 8 K 21.4442, M 8 K 21.4443 und M 8 K 21.4444 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das in Ziffer 3 des Bescheids vom 21. September 2020 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- EUR nicht fällig geworden ist (I.). Die mit Bescheid vom 12. April 2021 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung (Ziffer II.1.) ist ferner rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (II.).
22
I. Das dem Kläger mit Bescheid vom 21. September 2020 angedrohte Zwangsgeld ist fällig geworden, so dass die Klage insoweit ohne Erfolg bleibt.
23
1. Die Klage ist, soweit sie - entsprechend dem erkennbaren klägerischen Begehren (§ 88 VwGO) - auf die Feststellung des Nichteintritts der Fälligkeit des mit Bescheid vom 21. September 2020 in Ziffer 3 angedrohten Zwangsgelds gerichtet ist, zulässig.
24
Die Mitteilung der Zwangsgeldfälligkeit stellt - weil das Zwangsgeld mit Bedingungseintritt entsteht und fällig wird, es hierzu also keiner weiteren Maßnahme der Behörde bedarf (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG) - keinen Verwaltungsakt dar, sondern lediglich eine behördliche Information über den nach deren Auffassung erfolgten Bedingungseintritt und kann folglich auch nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Statthaft ist insoweit die Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 - Vf. 50-VI-05 - und BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 1 CS 10.1389 - jeweils juris).
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2. Die insoweit zulässige Klage ist jedoch nicht begründet, da das mit Ziffer 3 der Grundverfügung angedrohte und mit Schreiben vom 12. April 2021 für fällig erklärte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- EUR tatsächlich fällig geworden ist.
26
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die (den Beteiligten bekannten) Ausführungen des Beschlusses vom 22. Dezember 2021 (M 9 S 21.4724), die sich das Gericht endgültig zu eigen macht, sowie auf die Gründe des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2022 (12 CS 22.243) Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
27
Ergänzend ist auszuführen:
28
2.1. Die der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende Verfügung vom 21. September 2020 und die mit ihr verbundene Androhung von Zwangsgeld können nicht mehr mit förmlichen Rechtsbehelfen angegriffen werden. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Gemäß Art. 38 Abs. 3 VwZVG sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels (nur) insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Die Fälligkeitsmitteilung der Beklagten vom 12. April 2021 (Ziffer I.) gehört zur Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld, Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2010 - 10 ZB 09.2097 - juris Rn. 7; B.v. 24.1.2011 - 2 ZB 10.2365 - juris Rn. 3). In dem gegen die Fälligkeitsmitteilung gerichteten Verfahren nach § 43 VwGO kommen als selbständige Rechtsverletzung im Sinne des Art. 38 Abs. 3 VwZVG daher nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist namentlich die Frage, ob der Betroffene die ihm auferlegte Verpflichtung rechtzeitig und vollständig oder genügend erfüllt hat. Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind wegen der Unanfechtbarkeit der durchzusetzenden Grundverfügung grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2010 - 10 ZB 09.2097 - juris Rn. 7; B.v. 24.1.2011 - 2 ZB 10.2365 - juris Rn. 4).
29
Soweit der Kläger (wiederholt) vorträgt, dass es sich bei der hier betroffenen „Wohnung 1“ nicht um zweckentfremdungsrechtlich geschützten Wohnraum handele, ist dies daher unbehelflich. Gleiches gilt für die Einlassung, dass baurechtlich keine Wohnnutzung genehmigt sei oder genehmigungsfähig wäre. Der Kläger hätte diese Einwände in einer gegen die Grundverfügung vom 21. September 2020 gerichtete Klage vorbringen können und müssen. Im hiesigen Verfahren kann er damit nicht mehr gehört werden. Was im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens auf der vorangegangenen Stufe bestandskräftig entschieden ist, darf - ohne weitere Überprüfung der Rechtmäßigkeit bis hin zur Grenze der Nichtigkeit - unberücksichtigt bleiben. Denn die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Akte ist Bedingung für die Rechtmäßigkeit folgender Vollstreckungsakte (BVerwG, U.v. 16.12.2004 - 1 C 30/03 - juris Rn. 15).
30
2.2. Fällig im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG wird ein angedrohtes Zwangsgeld, wenn während der Erfüllungsfrist im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG bzw., sofern es eine solche nicht gibt, bereits bei Erlass der Zwangsgeldandrohung alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und bei Ablauf der Erfüllungsfrist die durch die Grundverfügung auferlegte Pflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 VwZVG) (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 - 1 ZB 01.1255 - juris Rn. 14 und 15; B.v. 24.2.2005 - 1 ZB 04.276 - juris Rn. 42). Die Erfüllung der ihm auferlegten Pflicht muss dem Verpflichteten im maßgeblichen Zeitraum objektiv möglich sein (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2014 - 20 CS 14.631 - juris Rn. 23).
31
Im Fall der Nutzungsuntersagung zweckentfremdeten Wohnraums sind für die Erfüllung der auferlegten Pflicht nicht allein der Inhalt etwaiger Mietverträge, sondern vielmehr das tatsächlich praktizierte Nutzungskonzept sowie die objektiven Nutzungsgegebenheiten der in Rede stehenden Räumlichkeiten maßgeblich (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2022 - 12 CS 22.243 - Entscheidungsabdruck Rn. 20 zu den Voraussetzungen für die Erfolglosigkeit der ursprünglichen Zwangsmittelandrohung i.S.v. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG).
32
2.3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Art. 18 ff. und Art. 29 ff. VwZVG waren während der dem Kläger mit Grundbescheid vom 21. September 2020 gesetzten Erfüllungsfrist von drei Monaten ab Zustellung gegeben.
33
Es lag (und liegt) in dem Gebot, die Überlassung der „Wohnung 1“ zum Zwecke der Fremdbeherbergung unverzüglich zu beenden (Bescheid vom 21. September 2020, Nr. 1) ein wirksamer, vollstreckungsfähiger Grundverwaltungsakt vor (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG). Dem Kläger war als Eigentümer und Vermieter die Erfüllung der ihm auferlegten Pflicht auch objektiv ohne Weiteres möglich (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2014 - 20 CS 14.631 - juris Rn. 23).
34
2.4. Der Kläger ist seiner Verpflichtung auch bis zum Ablauf der Erfüllungsfrist zur Überzeugung des Gerichts nicht nachgekommen.
35
Die Grundverfügung (Ziffer 1 des Bescheids vom 21. September 2020), mit welcher die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 3 des Bescheids vom 21. September 2020) verbunden war, wurde dem Kläger ausweislich einer sich in den Behördenakten befindlichen Postzustellungsurkunde am 25. September 2020 zugestellt. Die dreimonatige Erfüllungsfrist lief mithin am 28. Dezember 2020 ab (der 27. Dezember 2020 war ein Sonntag), Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. §§ 187 ff. BGB.
36
Bei einem Ortstermin am 19. März 2020 traf die Beklagte einen portugiesischen Bauarbeiter in „Zimmer 14“ an, der u.a. mitteilte, dass das Zimmer von zwei Personen (nicht verwandt) beruflich genutzt werde. Der Aufenthalt würde voraussichtlich am 3. April 2021 enden. Hinsichtlich der Einordnung der ausgeübten Nutzung als Fremdbeherbergung (es handelt sich um eine „Arbeiterunterkunft für ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen“) und der Verantwortlichkeit des Klägers für die Nutzung (es ist nicht ersichtlich, dass er das bisherige Nutzungskonzept aufgegeben hat, überdies obliegt es ihm, eine etwaig zweckentfremdungswidrige Nutzung durch den Mieter notfalls durch Kündigung zu beenden) wird (nochmals) ausdrücklich auf die bereits ergangenen Entscheidungen Bezug genommen (insbesondere: VG München, B.v. 22.12.2021 - M 9 S 21.4724 - Entscheidungsabdruck Rn. 20 ff. und BayVGH, B.v. 2.5.2022 - 12 CS 22.243 - Entscheidungsabdruck Rn. 20 ff.).
37
Ein Zwangsgeld wird auch dann fällig, wenn die Pflicht nicht vollständig erfüllt ist, Art. 31 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 VwZVG. Auf die Nutzung der weiteren Teile der Wohnung kommt es mithin nicht an.
38
Beurteilungszeitpunkt ist der Ablauf der Erfüllungsfrist. Auf im Nachhinein eingetretene Entwicklungen kommt es daher nicht an. Insbesondere die Ausführungen des Klägers hinsichtlich der nach Bedingungseintritt abgeschlossenen (etwa zwischen der F-GmbH & Co.KG und der C.-S.A. vom 5. Juli 2021) oder gekündigten oder zu kündigenden Mietverträge, hinsichtlich der gegenwärtigen Nutzung und des Vorgehens der Beklagten bei der Unterbringung von Flüchtlingen können der Klage deshalb nicht zum Erfolg verhelfen.
39
Gleiches gilt für die Einlassung, dass er dem Gebot, die Überlassung des Wohnraums zum Zwecke der Fremdbeherbergung unverzüglich zu beenden, insbesondere aufgrund der Ausgestaltung des Vertrags mit der D-GmbH vom 1. März 2021 nachgekommen wäre bzw. dem Gebot nicht zuwidergehandelt habe. Bei der Aufgabe des beanstandeten Nutzungskonzepts handelt es sich um eine innere Tatsache. Den Pflichtigen treffen bei der Darlegung der nach Außen erkennbaren Umstände, aus denen sich die Aufgabe des beanstandeten Nutzungskonzepts ergibt, daher gesteigerte Mitwirkungsobliegenheiten (vgl. VG München, U.v. 12.2.2020 - M 9 K 19.2210 - juris Rn. 21). Dass die Verpflichtung, deren Umsetzung die Zwangsgeldandrohung dient, innerhalb der Frist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG vom Pflichtigen erfüllt worden ist, muss entweder für die Anordnungsbehörde selbst ersichtlich, mithin offenkundig sein, oder aber vom Pflichtigen bis zum Ablauf der Frist gegenüber der Anordnungsbehörde substantiiert geltend gemacht werden. Insoweit gilt Art. 26 Abs. 2 Satz 1, 2 BayVwVfG, wonach die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken, insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angegeben werden sollen (BayVGH, B.v. 28.10.2021 - 12 BV 20.1243 - BeckRS 2021, 33337 Rn. 38f. m.w.N.). Dieser Mitwirkungspflicht ist der Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht nachgekommen. Trägt der Pflichtige nach Ablauf der Frist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG vor, er habe nunmehr seine Pflicht erfüllt, gilt Art. 37 Abs. 4 VwZVG. Nach Eintritt der Fälligkeitsmitteilung zur Pflichterfüllung vorgetragenen Umstände können für die Beurteilung im Rahmen der Feststellungsklage in einem solchen Fall nicht mehr herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2021 - 12 BV 20.1243 - BeckRS 2021, 33337 Rn. 38f. m.w.N.).
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Ferner ist auszuführen, dass die Mietsache „Zimmer 14“ (im Mietvertrag beschrieben als „Wohnung im 1.OG links (hier die Wohnung rechts)“), welche mit Vertrag zwischen der F-GmbH & Co.KG (Hausverwaltung des Klägers und vertreten durch den Kläger) und der D-GmbH dieser „zur Benutzung als Wohnung“ (mit einer detaillierten Regelung zur Untervermietung, § 10) überlassen wurde, aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Nutzung zu Wohnzwecken geeignet war. Die vom Wohnungsbegriff im Rechtssinne vorausgesetzte objektive Eignung der Räume zum dauerhaften Bewohnen verlangt ausnahmslos als Mindestausstattung einen Kochraum mit Entlüftungsmöglichkeit, Wasserzapfstelle, Spülbecken und Anschlussmöglichkeit für Gas- oder Elektroherd, sowie eine Toilette und ein Bad (BayVGH, B.v. 26.11.2015 - 12 CS 15.2269 - BeckRS 2015, 55607 Rn. 12). „Zimmer 14“ verfügt laut den Feststellungen der Beklagten insbesondere nicht über eine solche Kochgelegenheit (u.a. Blatt 87r Behördenakte). Soweit die Bevollmächtigten des Klägers vortragen, dass alle drei „Zimmer 14-16“ über Kochgelegenheiten verfügt hätten, verbleibt diese Einlassung unsubstantiiert. Der Kläger vermag mit dieser nicht untermauerten Behauptung die aktenkundigen Feststellungen der Beklagten nicht in Zweifel zu ziehen. Überdies gab der Kläger selbst auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung an, „die Bauarbeiter hätten ja dreimal täglich auf der Baustelle Mahlzeiten erhalten“.
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II. Die mit Bescheid vom 12. April 2021 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung (Ziffer II.1.) ist rechtmäßig.
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1. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls auf die (den Beteiligten bekannten) Ausführungen des Beschlusses vom 22. Dezember 2021 (M 9 S 21.4724), die sich das Gericht endgültig zu eigen macht, sowie auf die Gründe des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2022 (12 CS 22.243) Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Auch nach Beschlusserlass wurden keine weiteren Schriftsätze oder Unterlagen eingereicht oder Akten vorgelegt, die das Gericht zu einer anderen Entscheidung veranlassen könnten. Auch nach ausführlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der angegriffene Bescheid insoweit als rechtmäßig.
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2. Lediglich ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:
44
2.1. Die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen (BVerwG, U.v. 16.12.2004 - 1 C 30/03 - juris Rn. 23).
45
Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG kann die Androhung eines Zwangsmittels, wenn sie - so wie hier - nicht mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist (isolierte Androhung) und dieser - wie hier - unanfechtbar geworden ist, nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird (BayVGH, B.v. 21.8.2017 - 1 ZB 17.926 - juris Rn. 3).
46
Eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- und Rechtsage ist nicht auszumachen, insbesondere liegen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen weiterhin vor (Art. 19 ff. VwZVG, Art. 23 VwZVG, Art. 29 ff. VwZVG). Der Einlassung des Klägers, dass die Beklagte das Nutzungskonzept nunmehr (konkludent) durch Übernahme der Unterbringungskosten für Flüchtlinge akzeptiert habe, bzw. er dem Gebot aus der Grundverfügung nachgekommen sei, ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten. Überdies hätte die Befolgung des Gebots aus der Grundverfügung lediglich zur Folge, dass die Vollstreckung gegen den Kläger (ab Befolgung der Verpflichtung) einzustellen wäre (Art. 22 VwZVG i.V.m. Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG), wobei Art. 37 Abs. 4 Satz 2 VwZVG zu beachten ist, wonach ein fällig gewordenes Zwangsgeld, mit dem eine Unterlassenspflicht durchgesetzt werden sollte (außer in Härtefällen) grundsätzlich noch beizutreiben ist.
47
Der Kläger kann ferner mit seinem - auch in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen - Einwand, dass er nicht (mehr) Störer sei und die Beklagte vorrangig gegen die Mieter vorgehen müsse, nicht durchdringen. Der Umstand, dass die Wohnung (teilweise) vermietet war bzw. ist, hindert die Vollstreckung gegen den Kläger nicht. Seine Inanspruchnahme aus dem bestandskräftigen Grundverwaltungsakt ist weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig.
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Der Behörde kommt zwar grundsätzlich Ermessen zu, ob sie zur Durchsetzung einer Grundverfügung zu Vollstreckungsmaßnahmen greift, vgl. Art. 29 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 VwZVG. Ein Auswahlermessen dahingehend, wer aus der Grundverfügung in Anspruch genommen werden soll, hat die Behörde hingegen nicht. Vollstreckungsschuldner ist ausschließlich der Inhaltsadressat des Grundverwaltungsakts, vgl. Art. 19 Abs. 2 VwZVG (Wernsmann in: Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, 1. Auflage 2020, Art. 29 Rn. 5). Anders liegt der Fall nur dann, wenn und soweit sich der zu vollziehende Verwaltungsakt gegen mehrere Personen als Adressaten richtet. In diesem Fall hat die Behörde bei der Anwendung des Zwangsmittels nach pflichtgemäßem Ermessen eine Auswahl unter den Pflichtigen zu treffen (Deusch/ Burr in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.4.2022, § 6 VwVG Rn. 5). Eine „Störerauswahl“ zwischen dem Vollstreckungsschuldner und Dritten - hier etwa den Mietern - findet dagegen nicht mehr statt.
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Die Störerauswahl ist vielmehr der Auswahlermessensentscheidung der Behörde im Rahmen der Grundverfügung zuzuordnen. Ein Vollstreckungsschuldner kann daher mit dem Vortrag, er sei zu Unrecht als Adressat einer Anordnung in Anspruch genommen worden, im Klageverfahren gegen eine isolierte Zwangsgeldandrohung nicht mehr gehört werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2021 - 9 ZB 19.322 - juris Rn. 8; B.v. 20.10.2021 - 9 ZB 21.1749 - juris Rn. 8; B.v. 15.10.2020 - 1 ZB 18.148 - juris Rn. 6 f.). Ob die Behörde gegebenenfalls gegen andere Personen hätte vorgehen müssen, kann allenfalls für die Frage der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung von Bedeutung sein, jedoch grundsätzlich nicht auf der Ebene der Vollstreckung (OVG NW, B.v. 20.12.2012 - 8 B 1249/12 - NVwZ-RR 2013, 298 (Ls.) = LSK 2013, 130218).
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Überdies gilt der Grundsatz, dass es sachgerecht ist, eine erlassene Grundverfügung mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen (Deusch/ Burr in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.4.2022, § 6 VwVG Rn. 2 m.w.N.). Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt - wie hier - nicht vor, so bedarf es insoweit auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (OVG NW, B.v. 20.12.2012 - 8 B 1249/12 - NVwZ-RR 2013, 298 (Ls.) = LSK 2013, 130218). Dass die Beklagte den Kläger vorliegend aus sachfremden Erwägungen (etwa einer „europarechtswidrigen Gesinnung“ oder „der Erzielung der Einnahme von Zwangsgeldern“) heraus willkürlich in Anspruch nimmt, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Vielmehr ist es vorliegend sachgerecht, die bestandskräftige Grundverfügung gegen den Kläger mit Verwaltungszwang durchzusetzen um schnellstmöglich rechtmäßige Zustände herzustellen. Dieser hat es als Vermieter bzw. Verfügungsberechtigter über den Wohnraum zuvorderst „in der Hand“ die Zweckentfremdung zu beenden.
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2.2. Soweit der Kläger rügt, er sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, ist auf Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG hinzuweisen, wonach eine Anhörung regelmäßig unterbleiben kann, wenn dies aus Gründen der Effektivität der Vollstreckung geboten ist. Ein Sonderfall ist vorliegend nicht erkennbar.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.