Titel:
Vorbescheid für ein Doppelhaus mit Carport im Außenbereich (abgelehnt)
Normenketten:
VwGO § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 5 S. 1
BayBO Art. 68 Abs. 1 S. 1, Art. 71 S. 1, S. 4
BauGB § 34 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6, § 35 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 7
Leitsätze:
1. Wegen des Zusammenhangs mit einem etwaigen späteren Bauantrag können im Vorbescheidsverfahren nur solche Fragen gestellt werden, die zum Genehmigungsmaßstab im Baugenehmigungsverfahren gehören. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit dem Flächennutzungsplan bringt die Gemeinde auf der Grundlage eines gesetzlich geregelten Verfahrens ihren planerischen Willen über die weitere städtebauliche Entwicklung zum Ausdruck. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans nehmen gegenüber sonstigen Vorhaben eine vergleichbare Stellung wie die stets verbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans ein. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid, Doppelhaus, Abgrenzung von Innen- und Außenbereich, Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans, ausreichende Erschließung nicht gesichert, bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, Genehmigungsmaßstab, Innenbereich, Außenbereich, Abgrenzung, sonstiges Vorhaben, öffentliche Belange, Flächennutzungsplan, Splittersiedlung, Bezugsfallwirkung, Erschließung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 2932
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines Doppelhauses mit zwei Carports.
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1. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung M. (Baugrundstück). Das Grundstück liegt am östlichen Ortsrand von M., unweit der Bahnstrecke W.-K. Unmittelbar nördlich grenzt an das Baugrundstück ein Weg an, der als Tunnelzufahrt der ICE-Trasse dient. In östlicher Richtung befindet sich keine Bebauung, es folgt in einer Entfernung von ca. 60 m die Bahntrasse. In südlicher und westlicher Richtung schließt sich Wohnbebauung im allgemeinen Wohngebiet „B.“ an. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde M. ist der Bereich des Baugrundstücks wie auch die sich Richtung Norden und Osten anschließende Fläche als Parkanlage dargestellt.
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2. Mit Antrag vom 9. November 2016, bei der Gemeinde M. am nächsten Tag eingegangen und beim Landratsamt W. am 12. Januar 2017, beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids über den Neubau eines Doppelhauses mit zwei Carports auf dem Baugrundstück. Es wurde um Klärung der Frage „Fügt sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB)?“ gebeten.
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Die Gemeinde M. verweigerte die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens mit Beschluss des Bauausschusses des Gemeinderats vom 22. Dezember 2016. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich das Baugrundstück im Außenbereich befinde, öffentliche Belange würden beeinträchtigt; eine Beurteilung gemäß § 34 BauGB sei deshalb nicht möglich. Die Zufahrt sei nicht gesichert; die Erschließung sei lediglich über die Tunnelzufahrt zur ICE-Trasse möglich. Die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung sei nicht gesichert (vgl. auch die Stellungnahme der Gemeinde vom 9.1.2017).
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Mit Schreiben des Landratsamts W. vom 13. Juni 2017 wurde die Klägerin zur Ablehnung des Antrags auf Vorbescheid angehört. In der Folgezeit fanden zahlreiche (Telefon-)Gespräche sowie ein reger Schriftverkehr zwischen den Beteiligten statt. Das Landratsamt W. regte eine Rücknahme der Bauvoranfrage an.
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Schließlich lehnte das Landratsamt W. mit Bescheid vom 15. Juni 2021, der Klägerin zugestellt am 17. Juni 2021, den Antrag auf Erteilung des Vorbescheides für den Neubau eines Doppelhauses mit zwei Carports auf dem Baugrundstück ab.
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Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Erteilung eines Vorbescheides voraussetze, dass das Vorhaben den einschlägigen, nach Ziel und Inhalt des Antrags auf Vorbescheid anzuwendenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche. Vorliegend sei vom Bauherrn angefragt worden, ob sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge (§ 34 Abs. 1 BauGB). Das Vorhaben befinde sich jedoch nach Einschätzung des Landratsamts W. im bauplanungsrechtlichen Außenbereich und sei hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 35 BauGB einzuschätzen. Die aufgeworfene Fragestellung sei deshalb laiengünstig als die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit gedeutet worden. Der Neubau eines Doppelhauses unterfalle keiner Privilegierungsvorschrift des § 35 Abs. 1 BauGB und sei deshalb als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB einzustufen. Durch das Bauvorhaben würden mehrere der in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten öffentliche Belange beeinträchtigt. Es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, welcher für das Baugrundstück eine Grünfläche/Parkanlage festsetze (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Des Weiteren bestehe die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB), wenn eine weitere Bebauung in Richtung der Bahnlinie zugelassen werde. Zudem sei die Erschließung des Bauvorhabens gemäß der Stellungnahme der Gemeinde M. nicht gesichert. Ebenso fehle für den beantragten Vorbescheid das gemeindliche Einvernehmen; Anzeichen für eine rechtswidrige Versagung bestünden nicht. Mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit müsse der Antrag auf Vorbescheid daher abgelehnt werden.
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3. Mit Schreiben vom 14. Juli 2021, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 15. Juni 2021, ohne einen Klageantrag zu stellen. Die Begründung der Klage erfolge zu einem späteren Zeitpunkt. Nach Durchführung einer Akteneinsicht bat die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2021 um Verlängerung der Frist zur Klagebegründung; diese wurde bis zum 30. September 2021 bewilligt. Mit Schreiben des Gerichts vom 5. Oktober 2021 wurde der Klägerin eine Frist gemäß § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zum 15. Oktober 2021 gesetzt, die ohne weitere Reaktion seitens der Klägerin ablief.
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4. Mit Formblatterklärungen vom 26. Oktober 2021 sowie vom 3. November 2021 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die vorliegende Klage, über die im Einverständnis mit den Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
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Die Klägerin hat zwar keinen Klageantrag gestellt. Nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel der Klägerin kommt vorliegend jedoch nur eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids den beantragten (s. hierzu unten) Vorbescheid zu erteilen, in Betracht.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 71 Satz 4 BayBO auf Erteilung des mit Antrag vom 9. November 2016 beantragten Vorbescheids. Der Ablehnungsbescheid des Landratsamts W. vom 15. Juni 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Die Fragen müssen ausreichend bestimmt und selbständig prüffähig sein (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 8). Wegen des Zusammenhangs mit einem etwaigen späteren Bauantrag können nur solche Fragen gestellt werden, die zum Genehmigungsmaßstab im Baugenehmigungsverfahren gehören; bei - wie hier - im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden Vorhaben kann deshalb nur über die Vereinbarkeit mit den in Art. 59 Satz 1 BayBO aufgeführten Vorschriften entschieden werden (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 7).
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Der Vorbescheidsantrag war - wie durch das Landratsamt W. erfolgt - dahingehend auszulegen, dass die Klägerin eine Bauvoranfrage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens gestellt hat. Denn das Vorhaben ist nach der Auffassung der Baugenehmigungsbehörde - wie auch der Kammer (s.u.) - dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB und nicht dem bauplanungsrechtlichen Innenbereich nach § 34 BauGB zuzuweisen, so dass die Frage des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung anhand der Kriterien des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB von vornherein ins Leere geht. Im Zweifel geht das Sicherungsinteresse des Bauherrn dahin, dass eine Antwort auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens (einschließlich Erschließung) gestellt ist (Michl in BeckOK BauordnungsR Bayern, Stand 20. Edit. 1.4.2021, Art. 71 Rn. 23).
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Das Bauvorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Es liegt im Außenbereich nach § 35 BauGB und beeinträchtigt als nichtprivilegiertes Vorhaben öffentliche Belange. Die Erschließung ist nicht gesichert.
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1. Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder einer städtebaulichen Satzung nach § 34 Abs. 4 bis 6, § 35 Abs. 6 BauGB liegende Baugrundstück der Klägerin befindet sich nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 Abs. 1 BauGB) und ist damit dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen.
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Für die Frage der Abgrenzung des Innenbereichs zum Außenbereich kommt es wesentlich darauf an, wie weit der Bebauungszusammenhang im Verhältnis zum Außenbereich reicht. Grundsätzlich erfordert das Merkmal „im Zusammenhang bebaut“ i.S.d. § 34 BauGB eine tatsächlich aufeinanderfolgende, zusammenhängende Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 - juris). Maßgeblich ist dabei, dass die Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bildet, also selbst am Eindruck von dessen Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Wie eng diese Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um noch als zusammenhängende Bebauung zu erscheinen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22).
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Erforderlich ist, dass das streitgegenständliche Vorhaben einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, also selbst am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang - unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.1970 - IV C 77.68 - BVerwGE 35, 256) - grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude (BVerwG, U.v. 12.10.1973 - IV C 3.72 - juris Rn. 11). Die sich daran anschließenden selbständigen Flächen und baulichen Anlagen gehören zum Außenbereich (vgl. BVerwG a.a.O.). Ein Grundstück und eine sich auf diesem Grundstück befindliche bauliche Anlage sind daher regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben sind.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze und unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse ist festzustellen, dass das Baugrundstück nicht mehr am Bebauungszusammenhang teilnimmt. Vielmehr bilden die Grundstücke Fl.Nrn. … (westlich des Baugrundstücks gelegen) und … (südlich des Baugrundstücks gelegen) im betroffenen Bereich den nordöstlichen Abschluss eines Ortsteils, welcher Ausdruck in der Bebauung im Bebauungsplangebiet „B.“ findet. Die an dieses Bebauungsplangebiet angrenzenden Grundstücke Fl.Nrn. … (Baugrundstück) und …1 sind daher dem Außenbereich zuzuordnen. Es sind des Weiteren keine topografischen Gegebenheiten zu erkennen, die dazu führen könnten, dass unbebaute, an das letzte Grundstück des Bebauungszusammenhangs anschließende Flächen noch zum Innenbereich zu zählen sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.1997 - 4 B 74/97 - NVwZ-RR 1998, 157). Vielmehr weist der Abschluss der Bebauung im Baugebiet eine klar trennende Wirkung auf.
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2. Als sonstiges Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das klägerische Vorhaben im Außenbereich nicht zulässig, weil öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere in den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgeführten Fällen vor.
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Das Landratsamt W. hat hier im streitgegenständlichen Bescheid die Verletzung des öffentlichen Belangs hinsichtlich des Widerspruchs zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) bejaht. Diese Auffassung wird von der Kammer uneingeschränkt geteilt.
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Die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Vorstellungen der Gemeinde gehören als Konkretisierung dessen, was im Einzelfall als geordnete städtebauliche Entwicklung anzusehen ist, zu den öffentlichen Belangen. Der Flächennutzungsplan ist zwar nur ein vorbereitender Bauleitplan, er ist jedoch mehr als eine nur unverbindliche Äußerung der Gemeinde. Mit ihm bringt die Gemeinde auf der Grundlage eines gesetzlich geregelten Verfahrens ihren planerischen Willen über die weitere städtebauliche Entwicklung zum Ausdruck (Mitschang/Reidt, in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 15. Aufl. 2022, § 35 Rn. 73). Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines sonstigen Vorhabens im Außenbereich sind - anders als bei den privilegierten Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB - die Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich ohne besondere Einschränkungen zu berücksichtigen (OVG Münster, B.v. 17.3.2016 - 2 A 1170.15 - BeckRS 2016, 47574 m.w.N. zur Rspr.). Diese planerische Aussage der Gemeinde setzt sich gegenüber einem sonstigen Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB in aller Regel durch. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans nehmen mithin gegenüber sonstigen Vorhaben eine vergleichbare Stellung wie die stets verbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans ein (BVerwG, U.v. 29.4.1964 - I C 30.62 - BVerwGE 18, 247; BayVGH, B.v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris; Mitschang/Reidt, in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 15. Aufl. 2022, § 35 Rn. 75).
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Das streitgegenständliche Vorhaben auf Errichtung eines Doppelhauses mit zwei Carports widerspricht den Festsetzungen des Flächennutzungsplans der Gemeinde M., der für das fragliche Gebiet eine „Parkanlage“ ausweist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Dieser Belang kann dem klägerischen Vorhaben auch entgegengehalten werden. Dem widerspricht nicht, dass auf dem klägerischen Grundstücksteil keine Nutzung als Parkanlage stattfindet. Denn Darstellungen eines Flächennutzungsplans fehlt nicht schon deshalb die Eignung als einem Außenbereichsvorhaben widersprechender öffentlicher Belang, weil die Darstellungen nicht mit der gegenwärtigen tatsächlichen Situation übereinstimmen (BVerwG, B.v. 1.4.1997 - 4 B 11/97 - juris; Mitschang/Reidt, in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 15. Aufl. 2022, § 35 Rn. 75).
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Im Übrigen ließe die Zulassung des Vorhabens die Entstehung einer Splittersiedlung gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten.
26
Zielrichtung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist es, die Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen und damit die Zersiedelung des Außenbereichs zu verhindern (vgl. BayVGH, U.v. 31.10.2013 - 1 B 13.794 - juris Rn. 17; B.v. 24.4.2017 - 15 ZB 16.1598 - juris Rn. 12). Zu befürchten ist die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zu einer unerwünschten Splittersiedlung führt; unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich zersiedelt werden würde. Auch eine Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist (vgl. BVerwG, B.v. 11.10.1999 - 4 B 77.99 - juris Rn. 6). Eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein soll daher planungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Zersiedelung grundsätzlich nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans bzw. ggf. einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2017 - 15 ZB 16.1567 - juris Rn. 39 m.w.N.).
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Dem Vorhaben der Klägerin käme im Falle seiner Umsetzung Bezugsfallwirkung für mögliche weitere Vorhaben zur Ausweitung des Außenbereichs nach Norden bzw. Osten in Richtung der Bahntrasse zu. Insofern besteht daher die Gefahr von Nachahmungsbebauungen, die ebenso wie das geplante Vorhaben der Klägerin das Gebot unterlaufen würden, die städtebauliche Entwicklung im bislang unbebauten Außenbereich durch Bebauungspläne zu ordnen und zu lenken. Insofern ist die Gefahr einer weiteren Zersiedelung sowie eine nach Norden bzw. Osten vorrückende Bebauung hinreichend konkret zu befürchten.
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3. Als sonstiges Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das klägerische Vorhaben im Außenbereich auch deshalb nicht zulässig, weil die ausreichende Erschließung nicht gesichert ist.
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Nach allgemeiner Auffassung gehören zur Erschließung neben der verkehrsmäßigen Anbindung des Baugrundstücks auch die Ver- und Entsorgungsleitungen für Elektrizität, Wasser und Abwasser. Vorliegend hat die Gemeinde M. im Rahmen ihrer formblattmäßigen Stellungahme im Rahmen des Antragsverfahrens an das Landratsamt W. vom 9. Januar 2017 (Bl. 5 ff. der Bauakte) erklärt: „Die Zufahrt ist nicht gesichert (…). Die Wasserversorgung ist nicht gesichert (…) Die Abwasserbeseitigung ist nicht gesichert“. Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, zumal von Klägerseite hierzu nichts vorgebracht wurde, im gerichtlichen Verfahren nicht einmal der Ansatz einer Klagebegründung erbracht wurde.
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4. Nach allem ist das geplante Vorhaben im Außenbereich bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts W. vom 15. Juni 2021 erging demnach rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.