Titel:
Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines Opel-Diesel-Fahrzeugs (hier: Opel Zafira Tourer)
Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826, § 831
VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Vgl. zu Diesel-Fahrzeugen von Opel: OLG München BeckRS 2021, 52557; BeckRS 2021, 52562; OLG Bamberg BeckRS 2021, 52538; BeckRS 2022, 19980; OLG Schleswig BeckRS 2022, 8917; OLG Frankfurt BeckRS 2022, 10556; OLG Koblenz BeckRS 2022, 10605; OLG Köln BeckRS 2022, 12858; LG Landshut BeckRS 2021, 53844; BeckRS 2022, 20735; BeckRS 2022, 22852; LG Memmingen BeckRS 2022, 12853; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2022, 29316; BeckRS 2022, 29310; LG Kempten BeckRS 2022, 29315. (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Vorbringen, das Fahrzeug wechsele 1180 Sekunden nach Motorstart in einen „schmutzigen“ Abgasmodus, in dem die Emissionsminderungsmaßnahmen reduziert seien, stellt sich als Behauptung ins Blaue hinein dar, wenn (unter anderem) dieser Vorwurf für den betroffenen Motor Gegenstand der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten „Untersuchungskommission Volkswagen“ war und sich ausweislich des Abschlussberichts nicht bestätigte. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus einer unterbliebenen Offenlegung der Verwendung eines Thermofensters gegenüber dem KBA kann schon deshalb nicht auf eine Täuschungsabsicht geschlossen werden, weil eine Pflicht zur genauen Beschreibung der Emissionsstrategien erst mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 eingeführt wurde, also nach Erteilung der Typgenehmigung für Fahrzeuge des hier in Rede stehenden Typs. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus Rückrufbescheiden, die andere Modelljahre bzw. Produktionszeiträume betreffen, lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf das streitgegenständliche Fahrzeuge ziehen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 02.06.2022 lassen eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu den Diesel-Fällen nicht erwarten. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Opel, A 20, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, Thermofenster, KBA, (kein) Rückruf, ins Blaue hinein, Schlussanträge des Generalanwalts
Vorinstanz:
LG Kempten, Endurteil vom 17.05.2022 – 32 O 75/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 29314
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 17.05.2022, Az. 32 O 75/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Entscheidungsgründe
1
Die Klagepartei macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Dieselfahrzeugs wegen behaupteter unzulässiger Abschalteinrichtungen in Bezug auf die Abgasreinigung geltend.
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Die Klagepartei erwarb am 14.08.2014 bei einem Autohändler einen Neuwagen der Marke Opel Zafira Tourer zu einem Preis von 29.000 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ A 20 ausgestattet, der der Abgasnorm Euro 5 unterfällt. Das Fahrzeug unterliegt nach den Feststellungen des Erstgerichts keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).
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Der Klagepartei behauptet, dass die Abgasreinigung durch verschiedene Steuerungsmechanismen unzulässig manipuliert werde: Das Fahrzeug sei mit einem Emissionskontrollsystem versehen, dessen Wirkung sich in Abhängigkeit unter anderem vom Umgebungsdruck (unterhalb 91,5 kPa) und der Motorendrehzahl (oberhalb 2.750 U/min) verringere. Die Abgasreinigung wechsele zudem 1180 Sekunden nach Motorstart in einen „schmutzigen“ Abgasmodus um, in dem die Emissionsminderungsmaßnahmen reduziert seien. Darüber hinaus komme in dem Fahrzeug eine Software zur Anwendung, die bewirke, dass im normalen Fahrbetrieb auf der Straße in Außentemperaturbereichen unter +17 Grad mehr Stickoxid ausgestoßen werde als nach der Euro 5-Norm zulässig („Thermofenster“).
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klagepartei mit ihrer Berufung.
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Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Insbesondere hat die Berufung nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts weist weder Rechtsfehler zum Nachteil der Klagepartei auf, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
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Zu Recht hat das Landgericht Schadensersatzansprüche verneint. In Ermangelung eines Schuldverhältnisses zwischen den Parteien kommen ausschließlich deliktische Ansprüche in Betracht. Solche lassen sich weder auf § 826 BGB stützen noch auf § 823 Abs. 2 BGB oder auf § 831 BGB. Im Einzelnen:
1. Anspruch aus § 826 BGB
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Ein Anspruch aus § 826 BGB scheidet schon mangels einer dafür vorausgesetzten vorsätzlichen sittenwidrigen Handlung der Beklagten aus.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19 ‒ juris Rn. 13 bis 19 und vom 09.03.2021 - VI ZR 889/20 ‒ juris Rn. 27 f.) wäre Voraussetzung für einen Anspruch der Klagepartei aus § 826 BGB, dass die Beklagte in dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut und diesen Umstand dem Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) als zuständiger Behörde verschwiegen hätte, um sich die Typgenehmigung zu erschleichen. Selbst wenn die Beklagte also in die Motoren des in Rede stehenden Fahrzeugtyps eine nach Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut haben sollte, genügte dies allein noch nicht für einen Anspruch aus § 826 BGB. Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setzt vielmehr darüber hinaus voraus, dass die Verantwortlichen der Beklagten bei der Entwicklung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Für diese Voraussetzung trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Kläger als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast aa) Das Vorbringen der Klagepartei, das Fahrzeug wechsele 1180 Sekunden nach Motorstart in einen „schmutzigen“ Abgasmodus, in dem die Emissionsminderungsmaßnahmen reduziert seien, stellt sich als Behauptung ins Blaue hinein dar, über die demgemäß kein Beweis zu erheben war. Denn aus dem vom Kläger selbst in Bezug genommenen Bericht der von der damaligen Bundesregierung eingesetzten „Untersuchungskommission Volkswagen “ folgt, dass ein der Schadstoffklasse Euro 5 unterfallender Dieselmotor der Beklagten mit 2.0 Liter Hubraum im sog. „Prüfzyklus 2 - NEFZ warm “ - der gerade dazu diente „aufzuzeigen, ob eine unerlaubte Optimierung der Emissionswerte angewendet wird, indem beispielsweise nach 1180 s auf eine Reduzierung der Emissionsminderungsmaßnahmen umgeschaltet wird “ - den Grenzwert erfüllte.
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bb) Der Umstand, dass die Abgasrückführung in dem Fahrzeug der Klagepartei durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems reduziert wird und die Abgasreinigung in bestimmten Umgebungstemperaturbereichen nicht mehr voll funktionsfähig ist (Thermofenster), reicht unabhängig davon, ob die Einrichtung in ihrer konkreten Ausgestaltung als unzulässig i.S.v Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist, für die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten nicht aus. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19). Derartige Umstände sind weder vor- getragen noch sonst ersichtlich. Aus einer unterbliebenen Offenlegung der Verwendung des Thermofensters gegenüber dem KBA kann schon deshalb nicht auf eine Täu- schungsabsicht geschlossen werden, weil eine Pflicht zur genauen Beschreibung de Emissionsstrategien erst mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 eingeführt wurde, also nach Erteilung der Typgenehmigung für Fahrzeuge des hier in Rede stehenden Typs.
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Sinngemäß dasselbe wie für das Thermofenster gilt für die Behauptung des Klägers, das Emissionskontrollsystem verringere seine Wirkung in Abhängigkeit unter anderem vom Umgebungsdruck (unterhalb 91,5 kPa) und der Motorendrehzahl (oberhalb 2.750 U/min). Abgesehen davon, dass es insoweit mangels näherer Darlegungen zur konkreten Auswirkung der genannten Parameter auf die Abgasreinigung bzw. das Emissionsverhalten des Pkw bereits an schlüssigem Sachvortrag für eine unzulässige Abschalteinrichtung fehlt, entbehrt das klägerische Vorbringen jeglichen Anhaltspunktes dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen ggf. in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichung zu verwenden und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen.
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Die Klagepartei kann sich auch nicht auf eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten berufen. Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu Vorgängen, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßigen Vertreter von der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen schließen lassen sollen, setzt jedenfalls voraus, dass das (unstreitige oder nachgewiesene) Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (BGH, Urteil vom 08.03.2021 - VI ZR 505/19, Rn. 27 f.). Genau in diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Problematik des VW-Motors EA 189. Dort stand, so der Bundesgerichtshof (a.a.O., Rn. 29) weiter, fest dass im Unternehmen der dortigen Beklagten sittenwidrig gehandelt worden war, weil die grundlegende strategische Entscheidung getroffen worden war, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter arglistiger Täuschung des KBA eine illegale Motorsteuerung zu entwickeln und diese dann in Verkehr zu bringen. Vorliegend gibt es jedoch kein unstreitiges oder nachgewiesenes Vorbringen der Klagepartei, das eine solche ‒ für einen Anspruch aus § 826 BGB unabdingbare ‒ arglistige Täuschung des KBA nahelegte. Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof zuletzt im Urteil vom 29.09.2021 (VII ZR 126/21 ‒ BeckRS 33038 Rn. 21) bekräftigt.
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cc) Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung enthält keine greifbaren Anhaltspunkte für ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln verantwortlicher Mitarbeiter der Beklagten im Sinn des § 826 BGB in Bezug auf das klägerische Fahrzeug. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Erstgericht zutreffend festgestellt hat, dass das streitgegenständliche Fahrzeug entgegen der Behauptung der Klagepartei in der Berufungsbegründung (dort S. 6 und 26) nicht von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrtbundesamts wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen ist. Dies steht im Widerspruch zu der Feststellung im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, dass ein amtlicher Rückruf des KBA hinsichtlich einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht besteht (Urteil S. 2). Ein Antrag auf Berichtigung des Tatbestands wurde innerhalb der Frist nach § 320 ZPO nicht gestellt. Das Berufungsgericht ist daher gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die diesbezügliche Feststellung des Landgerichts gebunden.
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Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass es auch keinen Anhalt dafür gibt, dass das klägerische Fahrzeug von einem Rückruf betroffen ist. Aus der von der Klagepartei als Anlage K 5a vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil II ergibt sich, dass die Nummer der EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug „e4*2007/46*0204*18“ lautet. Aus der mit demselben Schriftsatz von der Klagepartei vorgelegten Liste mit Rückrufen des KBA (Anlage BK 2) ergibt sich, dass von dem klägerseits vorgetragenen Rückruf in Bezug auf das Modell Opel Zafira Tourer die Genehmigungsnummern „e4*2007/46*0204*19-22“ betroffen sind, während die Endung „18“ keine Erwähnung findet. Ein Fahrzeug Opel Zafira mit Euro 5 ist dort vielmehr überhaupt nicht aufgeführt. Damit ergibt sich aus den Anlagen zu einem und demselben Schriftsatz der Klagepartei selbst, dass sein Vortrag hinsichtlich der Betroffenheit seines Fahrzeugs von einem amtlichen Rückruf des KBA nicht zutrifft. Aus Rückrufbescheiden, die andere Modelljahre bzw. Produktionszeiträume betreffen, lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf das streitgegenständliche Fahrzeuge ziehen. Der Umstand, dass der streitgegenständliche Fahrzeugtyp nicht von einer Rückrufaktion des KBA wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen betroffen ist, stellt aus Sicht des Senats ein ganz erhebliches Indiz dafür dar, dass die von der Klagepartei behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen nicht vorliegen.
2. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB
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Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheidet aus, weil es unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen bereits an schlüssigem Sachvortrag dafür fehlt, dass Organe der Beklagten die Klagepartei betrogen haben. Abgesehen davon wäre der Tatbestand des § 263 StGB auch deshalb nicht erfüllt, weil es an der dafür erforderlichen Stoffgleichheit zwischen dem erstrebten Vermögensvorteil und einem etwaigen Vermögensschaden der Klagepartei fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20, BeckRS 2020, 19146, Rn. 18 ff.).
3. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV
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Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19 ‒ juris Rn. 76) ausgeführt hat, liegt das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Schutzbereich der §§ 6 I, 27 I EG-FGV. Dasselbe gilt für Art. 5 der VO (EG) 715/2007 (vgl. BGH VI ZR 5/20, Rn 12); auch jene Vorschrift stellt damit kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB dar.
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Dass die ausstehende Entscheidung des EuGH in der dort anhängigen Rechtssache C-100/21 eine Änderung der zitierten BGH-Rechtsprechung nach sich ziehen wird, erscheint angesichts dessen ausgeschlossen, dass der BGH in ständiger Rechtsprechung darauf hinweist, dass nur die nationalen Gerichte berufen und in der Lage sind, die betreffenden EU-Vorschriften unter das Konzept einer drittschützenden Norm zu subsumieren (BGH, Beschluss vom 04.05.2022, VII ZR 565/21 BeckRS 2022, 11994, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 22.04.2022, VII ZR 720/21, BeckRS 2022, 12628, Rn. 13).
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Die Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 02.06.2022 lassen eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BGH für Fälle der vorliegenden Art nicht erwarten. Der Generalanwalt hat zwar ausgeführt, dass „Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der RL 2007/46 dahin auszulegen sind, dass sie die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs schützen, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 ausgestattet ist“ (vgl. Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 02.06.2022 - C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420 Rn. 50). Allerdings hat er dabei Fälle im Blick, in denen „eine EG-Typgenehmigung erwirkt worden (ist), ohne dass die Genehmigungsbehörde vom Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 715/2007 etwas wusste “ und das Fahrzeug „daher nach Art. 26 Abs. 1 der RL 2007/46 nicht zugelassen werden oder Gegenstand eines Weiterverkaufs sein “ könnte (a. a. O. Rn 48). Im vorliegenden Fall fehlt es - wie oben erläutert - an schlüssigem Sachvortrag der Klagepartei dafür, dass das KBA die Typgenehmigung nur deshalb erteilt hat, weil ihm für die Genehmigungserteilung wesentliche Umstände vorenthalten wurden.
4. Anspruch aus § 831 BGB
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Da keine greifbaren Anhaltspunkte für eine unerlaubte Handlung eines Verrichtungsgehilfen der Beklagten, sei es in Form einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, sei es in Form eines Verstoßes gegen ein Schutzgesetz, vorliegen, bestehen auch die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 831 BGB nicht.
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Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor: Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19.01.2021, Az. VI ZR 433/19, Rn. 16, 17; Urteil vom 13.07.2021, Az. VI ZR 128/20) kommt es bei Fällen der vorliegenden Art stets darauf an, ob die Klagepartei substantiiert vorgetragen hat, dass von der jeweiligen Beklagten im Typgenehmigungsverfahren bewusst unzutreffende Angaben zur Arbeitsweise des Abgasreinigungssystems gemacht wurden. Eine einheitliche Entscheidung zu einem bestimmten Motortyp ist demnach nicht geboten und auch gar nicht möglich, da die Entscheidung vom konkreten Sachvortrag im Einzelfall abhängt.
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).