Inhalt

BayObLG, Urteil v. 30.09.2022 – 201 StRR 58/22
Titel:

Umfang des Revisionsbegehrens der Staatsanwaltschaft - Auslegung der Sachrüge auch als Verfahrensrüge - Verwertbarkeit von Nachweisen aus einer Suchtmittelkontrolle in einem Strafverfahren nach § 145a StGB - Bestimmtheit einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht

Normenketten:
StGB § 68a Abs. 8, § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 7, Nr. 10, Nr. 12
StPO § 68b Abs. 1 S. 2, Abs. 3, § 145a
StPO § 344 Abs. 2 S. 2, § 463a Abs. 4
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Leitsätze:
Die auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB gestützte Weisung, sich Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, begründet eine Mitwirkungspflicht der verurteilten Person, lässt jedoch ihre Aussagefreiheit unberührt. Positive Nachweise aus einer unter Strafandrohung erzwungenen Suchtmittelkontrolle dürfen daher in einem Strafverfahren nach § 145a StGB wegen Verstoßes gegen ein Suchtmittelkonsumverbot Verwendung finden. Insbesondere ergibt sich ein Beweisverwertungsverbot nicht aus dem verfassungsrechtlich verankerten nemo-tenetur-Grundsatz. (Rn. 13 – 27)
1. Eine Beschränkung der Reision der Staatsanwaltschaft auf nur einzelne Taten eines freisprechenden Urteils ergibt sich aus der insoweit maßgeblichen  Revisionsbegründung, auch wenn insgesamt Aufhebung des Urteils beantragt wird. (Rn. 8 – 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird im Rahmen der Sachrüge ohne dies ausdrücklich zu benennen auch alles für die - wie hier erforderliche - Verfahrensrüge vorgetragen, hat das Revisionsgericht den Vortrag auch als Verfahrensrüge zu behandeln. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die allgemeine Weisung, sich zu "bestimmten Zeiten", nämlich einmal monatlich, persönlich beim Bewährungshelfer zu melden, ist nicht ausreichend bestimmt, da sie nicht eindeutig erkennen lässt, wer die Vorsprachetermine festlegt. (Rn. 37 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Revision, Staatsanwaltschaft, Freispruch, Sachrüge, Verfahrensrüge, Führungsaufsicht, Weisung, Abstinenzweisung, Screening-Weisung, Suchtmittelkontrollweisung, Bestimmtheitsgrundsatz, Anklage, Anklageschrift, Aufklärungsrüge, Auskunftspflicht, Mitwirkungspflicht, Aussagefreiheit, Beweisverwertungsverbot, Laborbefund, Urinprobe, Urinkontrolle, Haarkontrolle, Bewährungshelfer, elektronische Fußfessel, faires Verfahren, informationelle Selbstbestimmung, Kernbereich, Kontrolltermine, Maßregel, Meldepflicht, Selbstbelastungsfreiheit, nemo-tenetur-Grundsatz, Tatbegriff, Realkonkurrenz, Strafantrag, Betäubungsmittel, Suchtmittelabstinenz, Verhältnismäßigkeit, Vernehmung, Zeugnisverweigerungsrecht, Zwang, Bestimmtheit, Suchtmittelkontrolle, Beschränkung
Fundstellen:
NStZ 2023, 316
BeckRS 2022, 28619
LSK 2022, 28619

Tenor

I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts vom 24.01.2022 mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte von dem Vorwurf freigesprochen worden ist, gegen die Weisung verstoßen zu haben, keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, sofern nicht ärztlich verordnet, zu sich zu nehmen.
II. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

1
Mit Urteil vom 20.08.2021 hat das Amtsgericht den Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht freigesprochen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht mit Urteil vom 24.01.2022 die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts verworfen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützte und von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Diese hat - wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich - teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
A.
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I. Mit den zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschriften vom 29.12.2020 und vom 28.06.2021 wirft die Staatsanwaltschaft dem unter Führungsaufsicht stehenden Angeklagten mehrere Verstöße gegen strafbewehrte Weisungen vor, die gegen ihn zuletzt mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts vom 21.02.2018 verhängt worden waren. Der Angeklagte sei angewiesen worden, sich einmal monatlich bei dem Bewährungshelfer zu melden, keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes zu sich zu nehmen und sich ferner zum Nachweis seiner Suchtmittelabstinenz dreimal pro Jahr nach näherer Weisung des Bewährungshelfers Haarkontrollen, ersatzweise bis drei Urinkontrollen anstelle je einer Haarkontrolle zu unterziehen. Entgegen diesen Verpflichtungen habe der Angeklagte Termine bei dem mit dem Drogenscreening beauftragten Labor im August 2020 nicht wahrgenommen. Ein am 28.09.2020 durchgeführtes Drogenscreening habe positive Werte im Bereich der Metamphetamine, Amphetamine und Cannabis ergeben (Anklage vom 29.12.2020). Zudem habe er einen Screening-Termin am 29.03.2021 unentschuldigt verpasst und Vorsprachen bei der Bewährungshilfe am 14.04.2021 und am 28.04.2021 unentschuldigt ausgelassen (Anklage vom 28.06.2021).
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II. Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren relevant - folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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Der Angeklagte steht seit seiner Haftentlassung am 06.08.2011 unter Führungsaufsicht. Zuletzt mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 21.02.2018 wurden dem Angeklagten, der für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung des für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt wurde, u.a. folgende strafbewehrte Weisungen erteilt:
1. sich zu bestimmten Zeiten persönlich, und zwar einmal monatlich, bei seinem Bewährungshelfer zu melden (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StGB),
4.
keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, sofern nicht ärztlich verordnet, zu sich zu nehmen (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB),
5.
sich zum Nachweis seiner Suchtmittelabstinenz dreimal pro Jahr nach näherer Weisung des Bewährungshelfers Haarkontrollen (3,5 cm, gemessen ab Kopfhaut), ersatzweise bis zu drei Urinkontrollen anstelle je einer Haarkontrolle zu unterziehen (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB); diese haben in Form einer kontrollierten Abgabe bei einem Landgerichtsarzt, einem Gesundheitsamt, einer forensischen Ambulanz, einem Institut für Rechtsmedizin, einem Krankenhaus, einem niedergelassenen Arzt oder einem medizinischen Labor zur Untersuchung auf Betäubungsmittel zu erfolgen.
5
Auf die Strafbewehrung dieser Weisungen war der Angeklagte ausdrücklich hingewiesen worden. Zudem war durch den zuständigen Bewährungshelfer die Fa. S. mit der Durchführung der Screenings beauftragt worden.
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Bei einem von dem Bewährungshelfer für den 28.09.2020 angeordneten Screening-Termin, den der Angeklagte eingehalten hat, haben sich nach Untersuchung der von ihm abgegebenen Urinprobe - bezogen auf Amphetamin und Metamphetamin - die Bestimmungsgrenze übersteigende Laborwerte ergeben. Für den 14.04.2021 und den 28.04.2021 war der Angeklagte zudem von dem Bewährungshelfer jeweils zu einer Vorsprache geladen worden. Beide Termine nahm der Angeklagte unentschuldigt nicht wahr und meldete sich auch nicht an einem anderen Tag im Monat April bei seinem Bewährungshelfer. Strafanträge der Führungsaufsichtsstelle lagen vor.
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III. Das Landgericht hat sich aus Rechtsgründen gehindert gesehen, den Angeklagten zu verurteilen und deshalb die Berufung der Staatsanwaltschaft verworfen. Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Abstinenzweisung komme eine Strafbarkeit deshalb nicht in Betracht, weil der Nachweis nur durch das positive Drogen-Screening vom 28.09.2020 geführt werden könne. Die aufgrund der strafbewehrten Anordnung der Kontrolle erlangten Laborbefunde widersprächen dem Prinzip der Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare) und dürften deshalb nicht verwertet werden. Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Weisung zur monatlichen Vorsprache beim Bewährungshelfer sei dem Angeklagten von der Staatsanwaltschaft nur zur Last gelegt worden, Vorsprachetermine am 14.04.2021 und den 28.04.2021 nicht eingehalten zu haben. Dass der Angeklagte im gesamten Monat April 2021 nicht bei dem Bewährungshelfer vorgesprochen habe, sei weder von der Anklage noch vom Strafantrag der Führungsaufsichtsstelle umfasst. Hinsichtlich der Verstöße gegen die Suchtmittelkontrollweisung komme eine Verurteilung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Weisung zum einen zu unbestimmt sei und zum anderen die konkreten Kontrolltermine nicht nach näherer Weisung des Bewährungshelfers, sondern vom Labor selbst anberaumt worden seien.
B.
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Auch wenn die Staatsanwaltschaft beantragt hat, das Urteil des Landgerichts vom 24.01.2022 (insgesamt) mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, greift sie den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen die Suchtmittelkontrollweisung nicht an, sondern beanstandet ausweislich ihrer Revisionsbegründung den erfolgten Freispruch nur insoweit, als das Landgericht den Angeklagten wegen des Verstoßes gegen die Abstinenzweisung und die Meldepflicht bei der Bewährungshilfe freigesprochen hat. Damit hat die Beschwerdeführerin hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Beschränkung des Rechtsmittels vornimmt. Diese Auslegung wird durch Nr. 156 Abs. 2 RiStBV bestätigt (vgl. jüngst BGH, Urt. v. 03.08.2022 - 5 StR 203/22 bei juris = BeckRS 2022, 23654).
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Die Beschränkung des Rechtsmittels ist auch wirksam. Hat das Tatgericht über mehrere rechtlich selbständige Taten eines Angeklagten entschieden, bestehen gegen die Anfechtung nur einzelner Verurteilungen grundsätzlich keine Bedenken (vgl. KK/Gericke StPO 8. Aufl. § 344 Rn. 7 m.w.N.). Erst recht gilt dies für Freisprüche wegen eigenständiger prozessualer Taten im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO, wie sie vorliegend anzunehmen sind.
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Verstößt ein Täter über einen längeren Zeitraum immer wieder bzw. ständig gegen eine oder mehrere Weisungen der Führungsaufsicht, so ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, ob eine oder mehrere Taten des § 145a StGB vorliegen. Mehrere Verstöße gegen dieselbe Weisung stehen regelmäßig in Realkonkurrenz, sofern nicht die Grundsätze über die natürliche oder rechtliche (tatbestandliche) Handlungseinheit eingreifen (BGH, Beschluss vom 25.03.2015 - 4 StR 600/14 = StraFo 2015, 257 = BGHR StGB § 145a S 1 Verstoß gegen Weisungen 2; BayObLG, Beschluss vom 23.10.2020 - 203 StRR 414/20 = BeckRS 2020, 35129 = OLGSt StGB § 145a Nr 4; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB 30. Aufl. § 145a Rn. 13). Tatmehrheit liegt auch vor, wenn der Täter mit verschiedenen Handlungen mehrere Weisungen missachtet (MüKoStGB/Groß/Anstötz StGB 4. Aufl. § 145a Rn. 21 m.w.N.). So war es hier. Bei den dem Angeklagten zur Last liegenden verschiedenen Verstößen gegen die Meldepflicht bei der Bewährungshilfe, gegen die Abstinenzweisung sowie gegen die Suchtmittelkontrollweisung handelt es sich darüber hinaus um jeweils eigenständige prozessuale Taten, die bereits vom zeitlichen Abstand her so weit auseinanderliegen, dass die Annahme einer einheitlichen prozessualen Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO ausscheidet. Weder sind die den einzelnen Handlungen zugrunde liegenden Vorkommnisse unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung inhaltlich derart miteinander verknüpft, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann, noch würde ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 09.09.2020 - 2 StR 261/20 = StV 2021, 795 = BeckRS 2020, 29207; BGH, Beschluss vom 24.11.2004 - 5 StR 206/04 = BGHSt 49, 359, 362 f. = wistra 2005, 66 = NJW 2005, 836 = StV 2005, 211 = JR 2005, 168 = BGHR AO § 370 Abs. 1 Konkurrenzen 18 = NStZ 2005, 514 m.w.N.).
C.
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Die Revision der Staatsanwaltschaft hat insoweit - zumindest vorläufigen - Erfolg, als der Angeklagte vom Vorwurf des Verstoßes gegen die Weisung, keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes zu sich zu nehmen, freigesprochen worden ist. Das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot bezüglich der Laborbefunde, welche aufgrund der am 28.09.2020 abgegebenen Urinprobe erlangt worden waren, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Insbesondere steht der Verwertung der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit nicht entgegen.
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I. Wird die unzutreffende Annahme eines Beweisverwertungsverbotes und damit das Verfahren beanstandet, so bedarf es der Erhebung einer Aufklärungsrüge (BGH NStZ 1995, 462). Die Prüfung, ob die Feststellungen und Wertungen des Tatgerichts die unterbliebene Beweiserhebung rechtfertigen, ist dem Revisionsgericht grundsätzlich nur auf eine entsprechende Verfahrensrüge, nicht aber auf die Sachrüge hin eröffnet (BGH, Urt. v. 08.08.2018 - 2 StR 131/18 = NStZ 2019, 107 = BGHR StPO § 344 Abs. 2 S. 2 Verwertungsverbot 13 unter Aufgabe der früheren Rspr. BGH, Urt. v. 15.11.2017 - 2 StR 128/17 = NStZ-RR 2018, 84 = StraFo 2018, 155 = NStZ 2018, 296 = BeckRS 2017, 139900). Eine solche Verfahrensrüge ist vorliegend erhoben. Die Staatsanwaltschaft trägt in ihrer Revisionsbegründung - auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen - im Einzelnen vor, welche Beweisergebnisse nach Abgabe der Urinprobe durch den Angeklagten im Zusammenhang mit einer ihm erteilten Suchmittelkontrollweisung im Rahmen einer zulässigen Beweiserhebung erlangt worden sind und weshalb diese bei der Entscheidung Berücksichtigung hätten finden müssen. Der Senat hat diese, den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Ausführungen im Rahmen der erhobenen Sachrüge als Verfahrensrüge zu behandeln, denn entscheidend für die Auslegung einer Rüge ist stets die wirkliche rechtliche Bedeutung des Revisionsangriffs, wie er dem Sinn und Zweck des Revisionsvorbringens zu entnehmen ist (LR/Franke StPO 26. Aufl. § 344 Rn. 70, 72 unter Hinweis auf BGHSt 19, 275; BGH StV 1993, 565; BGH NJW 2007, 92; vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 31.03.2020 - 202 StRR 29/20 = BeckRS 2020, 12993 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 65. Aufl. § 344 Rn. 10 ff.; KK/Gericke a.a.O. § 344 Rn. 19 f.; BeckOK-StPO/Wiedner [44. Ed. - Stand: 01.04.2022] § 344 Rn. 38 jew. m.w.N.).
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II. Das Landgericht hat sich zu Unrecht an der Verwertung der Laborbefunde gehindert gesehen. Weder besteht eine unmittelbar anwendbare Gesetzesregelung, wonach den Strafverfolgungsorganen die Verwertung eines aus der Befolgung einer Suchtmittelkontrollweisung erlangten Beweismittels versagt wäre, noch ist ein Beweisverwertungsverbot mit Blick auf eine Verletzung des grundgesetzlich geschützten nemo-tenetur-Grundsatzes, d.h. des Prinzips der Selbstbelastungsfreiheit, zu begründen, wonach niemand gezwungen werden darf, sich selbst einer Straftat zu bezichtigen und aktiv zur Sachaufklärung und damit ggf. zu seiner Überführung beizutragen. Auch der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK gebietet die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes nicht (grundlegend BVerfGE 56, 37; vgl. auch BVerfGE 133, 168; BGHSt 45, 363; BGH NStZ 2009, 705).
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1. Die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, soweit diese nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind (BT-Drs. 16/1993 S. 19), korrespondiert mit der Weisung zur Abstinenz und findet wie diese ihre gesetzliche Grundlage in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB. Sie ist primär als ein Kontrollinstrument für ein Alkohol- und Suchtmittelverbot zu verstehen und wird deshalb in aller Regel mit einem solchen kombiniert werden. Die Weisung ist aber auch unabhängig von einem Alkohol- und Suchtmittelverbot zulässig und kann ohne ein solches geboten sein, um im Rahmen der laufenden Führungsaufsicht ein verlässliches Bild vom Konsum- bzw. Suchtverhalten des Verurteilten zu gewinnen (Schönke/Schröder/Kinzig a.a.O. § 68b Rn. 14a unter Hinweis auf OLG München NStZ-RR 2012, 324). Stets zielt sie darauf ab, weitere Straftaten zu unterbinden, und verfolgt damit Gemeinwohlbelange. Ungeachtet der Möglichkeit einer Bestrafung nach § 145a StGB dient die erteilte Abstinenzweisung nicht in erster Linie der strafrechtlichen Verfolgung, sondern vielmehr der Verhinderung eines Abgleitens des Verurteilten in den (erneuten) Suchtmittelmissbrauch und damit der Verhinderung weiterer Straftaten. Durch die entsprechende Suchtmittelkontrollweisung wird eine Mitwirkungspflicht des Verurteilten begründet.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die verfahrensgegenständliche Suchtmittelkontrollweisung keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich ihrer Bestimmtheit ausgesetzt. Zur Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes muss die Strafvollstreckungskammer nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung die wesentlichen Modalitäten der Weisung wie die Art des Betäubungsmittels, auf das die Probe zu analysieren ist, die Art der Kontrolle, ihre Frequenz, die durchführende Stelle sowie die Kostentragungspflicht selbst festlegen und darf dies nicht anderen Stellen wie etwa der Bewährungshilfe überlassen (vgl. nur Schönke/Schröder/Kinzig a.a.O. § 68b Rn. 14a m. zahlr. Hinw. auf d. Rspr.). Dass das Gericht hier alternativ mehrere Stellen benannt hat, die eine fachlich kompetente Durchführung der Probenentnahme sowie die zuverlässige labortechnische Auswertung des Drogenscreenings gewährleisten, und die Auswahl der Stelle im konkreten Einzelfall der Bewährungshilfe überlassen war, ist rechtlich nicht zu beanstanden, sondern erscheint angesichts der in der Praxis häufig bestehenden Kapazitäts- und Auslastungsprobleme derartiger Stellen hinnehmbar. Müsste etwa im Falle einer Überlastung der an sich vorgesehenen (einzigen) Stelle zunächst die Weisung durch das Gericht abgeändert werden, so könnte häufig der mit der Suchtmittelkontrollweisung verfolgte Zweck einer raschen Intervention im Falle eines drohenden Abgleitens des Verurteilten in den Suchtmittelmissbrauch nicht bzw. nur unter Schwierigkeiten erreicht werden.
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Schließlich war im vorliegenden Fall die im Führungsaufsichtsbeschluss geregelte Aufforderung zur Abstinenzkontrolle auch durch den Bewährungshelfer selbst erfolgt und nicht etwa - wie bei vorangegangenen Kontrollen - rechtsfehlerhaft der ausführenden Stelle überlassen geblieben (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 27.10.2021 - 202 StRR 124/21 = Blutalkohol 59 [2022], 49 = BeckRS 2021, 42822).
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2. Das von dem Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Laborbefunde, welche aufgrund der Befolgung der Suchtmittelkontrollweisung erlangt wurden, findet weder im StGB noch in der StPO eine rechtliche Grundlage. Der Gesetzgeber hat sich bei Einführung des § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB mit der Frage, ob die anlässlich einer Suchtmittelkontrolle erlangten Erkenntnisse im Hinblick auf die Selbstbelastungsfreiheit verwertet werden dürfen, nicht befasst (vgl. BT-Drs. 16/1993 S. 19f.) und insoweit keine spezielle Regelung getroffen.
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Soweit gleichwohl Stimmen im strafrechtlichen Schrifttum (MüKo/Groß/Ruderich StGB § 68b Rn. 22; Schönke/Schröder/Kinzig a.a.O. § 68b Rn. 14a a.E.) die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes bejahen und das OLG München diesen gefolgt ist (OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - 1 Ws 511/12 = NStZ-RR 2012, 324 = StV 2013, 168), vermag dies nicht zu überzeugen.
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a) Insbesondere verfängt insoweit nicht der Hinweis auf die „strukturell ähnlichen Regelungen zu den Informationspflichten des § 68a Abs. 8 StGB“, welche „ebenfalls nur zu Hilfe - und Gefahrenabwehrzwecken, nicht aber zur Strafverfolgung [Beweisverwertungsverbot] herangezogen werden dürfen“ (so Schönke/Schröder/Kinzig a.a.O.). Indes ordnet die Regelung in § 68b Abs. 8 Satz 3 StGB ein Beweisverwertungsverbot für Strafverfahren nur in den Fällen des § 68a Abs. 8 Satz 2 Nr. 2 und 3 StGB an, während im Fall des § 68a Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 StGB die Weitergabe von Informationen gerade der Durchsetzung der betreffenden Weisungen dienen soll und zwar - wenn nötig - auch mit den Mitteln des von der Führungsaufsichtsstelle zu stellenden Strafantrags und der Strafverfolgung nach § 145a StGB. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers können die nach § 68a Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 StGB offenbarten Geheimnisse damit zu einer Strafverfolgung nach § 145a StGB herangezogen werden (vgl. BT-Drs. 16/4740 S. 25 sowie im Widerspruch zur oben zitierten Fundstelle Schönke/Schröder/Kinzig selbst a.a.O. § 68a Rn. 20). Während sich die Regelung des § 68a Abs. 8 StGB auf die Verwertung von Erkenntnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der forensischen Ambulanz (vgl. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StGB) beschränkt, fehlt eine entsprechende Regelung für sonstiges im Rahmen der Führungsaufsicht erlangtes Wissen der Strafverfolgungsorgane. Daraus lässt sich nur der Schluss ziehen, dass die Begründung eines Beweisverwertungsverbotes für die hier inmitten stehende Fallkonstellation vom Gesetzgeber ersichtlich nicht intendiert war.
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b) Nichts anderes ergibt sich auch aus der Regelung in § 463a Abs. 4 StPO. § 463a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3, Nr. 5 StPO gestattet ausdrücklich, dass Daten, die im Rahmen einer Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB (Pflicht zum Tragen einer sog. elektronischen Fußfessel) gewonnen worden sind, auch zur Ahndung bestimmter Weisungsverstöße (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 oder 12 StGB) oder zur Verfolgung schwerwiegender Straftaten verwendet werden dürfen. Die Regelung zielt auf die Durchführung und Kontrolle der in Bezug genommenen Weisungen sowie die Sanktionierung von Weisungsverstößen und dient damit den mit der Weisungserteilung verfolgten Zwecken. Zur Ahndung eines Weisungsverstoßes zählt auch die strafrechtliche Ahndung nach § 145a StGB (vgl. BeckOK-StPO/Coen [44. Ed. - Stand: 01.07.2022] § 463a Rn. 10; BT-Drs. 17/3403, S. 44). Durch das Tragen der elektronischen Fußfessel werden in weitem Umfang persönliche Daten des Betroffenen erhoben. Die Regelung enthält die notwendigen Bestimmungen für die Erhebung und Verwendung der bei einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB anfallenden Daten (BT-Drs. 17/3403, S. 43). In der Sache handelt es sich um eine Beschränkung des Verwendungszwecks auf bestimmte Weisungsverstöße, welche darauf abzielt, dass der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht außer Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen steht (BT-Drs. 17/3403, S. 44). Daher kann auch aus § 463a Abs. 4 StPO nicht gefolgert werden, dass im Rahmen der Führungsaufsicht gewonnene Erkenntnisse nur dann verwertet werden dürfen, wenn das Gesetz dies ausdrücklich erlaubt. Vielmehr findet sich eine Einschränkung der Verwertbarkeit ähnlich § 463a Abs. 4 StPO bei Weisungen nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB gerade nicht, weshalb der Gesetzgeber eine ähnliche Problematik bei der hier inmitten stehenden Weisung mit einer wesentlich geringeren Eingriffstiefe als bei der elektronischen Fußfessel offensichtlich nicht gesehen hat, sodass im Rahmen einer Suchtmittelkontrollweisung erlangte Erkenntnisse auch im Rahmen einer strafrechtlichen Verfolgung Verwendung finden dürfen (so zutreffend LK/Baur StGB 13. Aufl. § 68b Rn. 141; im Ergebnis ebenso wohl OLG Bremen, Beschluss vom 10.03.2022 - 1 Ws 18/22 bei juris). Die Befugnis zur Übermittlung der im Rahmen der Führungsaufsicht gewonnenen Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft ergibt sich dabei aus § 477 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift benennt ausdrücklich nur die Empfänger; übermittelnde Stellen können auch andere Stellen sein, die personenbezogene Daten aus bzw. in Strafverfahren erhoben haben, wie etwa die Vollstreckungsbehörden (vgl. LR/Hilger StPO 26. Aufl. § 479 StPO a.F. Rn. 2, der inhaltlich § 477 n.F. StPO entspricht).
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3. Auch verfassungsrechtliche, insbesondere rechtsstaatliche Grundsätze führen vorliegend nicht zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes. Durch die dem Verurteilten im Rahmen der Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB auferlegten Mitwirkungspflichten, die in erster Linie der Verhinderung von Suchtmittelmissbrauch und weiterer Straffälligkeit dienen, wird der Kernbereich der Selbstbelastungsfreiheit nicht berührt. Eine Ausweitung des nemo-tenetur-Grundsatzes auf Fälle, in denen - wie hier - Beweismaterial nicht durch eine Aussage, sondern durch die Erfüllung einer gesetzlichen Mitwirkungspflicht geschaffen wird, kommt nicht in Betracht.
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a) Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung. Durch rechtlich vorgeschriebene Aussagepflichten kann die Auskunftsperson in die Konfliktsituation geraten, sich entweder selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen oder durch eine Falschaussage gegebenenfalls ein neues Delikt zu begehen oder aber wegen ihres Schweigens Zwangsmitteln ausgesetzt zu werden (vgl. jüngst BVerfG, Beschluss vom 25.01.2022 - 2 BvR 2462/18 bei juris = StV-S. 2022, 45 = NJOZ 2022, 373 = BeckRS 2022, 1707). Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist zum einen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie zum anderen im Rechtsstaatsprinzip verankert und wird von dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG bzw. aus Art. 6 Abs. 1 EMRK umfasst (vgl. BVerfG a.a.O.; BVerfGE 38, 105 [113 f.]; BVerfGE 55, 144 [150 f.]; BVerfGE 56, 37 [41 ff.]; BVerfGE 80, 109 [119 ff.]; BVerfGE 95, 220 [241]; BVerfGE 109, 279 [324]; BVerfGE 110, 1 [31]; BVerfGE 133, 168 [201]). Ein Zwang, durch selbstbelastendes Verhalten zur eigenen strafrechtlichen Verurteilung beitragen zu müssen, wäre mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar (vgl. BVerfGE 80, 109 [121]; BVerfGE 95, 220 [241 f.]; BVerfGE 156, 65). Die zentralen Verfahrensgrundsätze der Selbstbelastungsfreiheit sind in Art. 14 Abs. 3 lit. g) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (IPBR) positiv-rechtlich verankert. Demnach darf kein wegen einer strafbaren Handlung Angeklagter gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. Entsprechende einfach-gesetzliche Regelungen finden sich in §§ 136 Abs. 1 Satz 2, 136a, 163a Abs. 4 Satz 2, 243 Abs. 5 Satz 1 StPO und schützen den Beschuldigten bzw. Angeklagten davor, sich in einer Vernehmungssituation selbst zu belasten (vgl. zu § 136a StPO etwa BGH, Beschluss vom 12.12.2019 - 5 StR 464/19 bei juris = NStZ-RR 2020, 112 = BGHR StPO § 136a Abs. 1 m.w.N., wonach die Vorschrift nur auf Vernehmungen anwendbar ist, nicht auf eine anderweitige Beschaffung von Beweismaterial). Die insoweit garantierte Aussagefreiheit, die den Kernbereich der grundrechtlich geschützten Selbstbelastungsfreiheit ausmacht (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 24.04.2020 - 201 StRR 30/20 = NStZ 2020, 684, 686 m.w.N.), ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil die geständige Einlassung des Täters nach wie vor ein herausragendes, andere Beweiserhebungen unter Umständen entbehrlich machendes Überführungsmittel ist (Verrel NStZ 1997, 415, 418). Vorliegend ist der Kernbereich der grundgesetzlich geschützten Selbstbelastungsfreiheit aber nicht tangiert.
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b) Im Schrifttum erhobene Forderungen auf eine Erweiterung des nemo-tenetur-Grundsatzes auf die Schaffung von Beweismaterial mit der Folge, dass der gesetzlich zur Vorlage oder Herausgabe eines Gegenstands oder zu einer sonstigen Handlung Verpflichtete jedenfalls dann, wenn er damit zugleich eine begangene Straftat oder Ordnungswidrigkeit dokumentiert, in einem Straf- oder Bußgeldverfahren vor dieser Art der Selbstbelastung zumindest durch ein Verwertungsverbot geschützt sein müsse (etwa SK-StPO/Rogall 5. Aufl. vor § 133 Rn. 148-150 m.w.N.), überzeugen nicht und wurden durch das BVerfG zurückgewiesen.
24
aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich aus der Verfassung kein ausnahmsloses Gebot, dass niemand zu Auskünften oder zu sonstigen Handlungen gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbart (BVerfG, Beschluss vom 25.01.2022 - 2 BvR 2462/18 a.a.O.). Der Gesetzgeber hat eine Vielzahl von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten geschaffen, um präventiv dem Eintritt von Gefahren entgegenzuwirken. Grundsätzlich betreffen gesetzliche Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten den Kernbereich der grundgesetzlich garantierten Selbstbelastungsfreiheit auch dann nicht, wenn die zu erstellenden oder vorzulegenden Unterlagen auch zur Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwendet werden dürfen. Solche anderweitigen Mitwirkungspflichten können namentlich zum Schutz von Gemeinwohlbelangen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 55, 144; 81, 70, [96 f.]). So verstößt eine auf § 31a StVZO gestützte Fahrtenbuchauflage nicht gegen die Selbstbelastungsfreiheit, selbst wenn dadurch die Ahndung eines Verkehrsverstoßes als Straftat oder Ordnungswidrigkeit ermöglicht wird. Wer die Freiheit des Straßenverkehrs in Anspruch nimmt, dem können auch Mitwirkungspflichten auferlegt werden, die der Gewährleistung dieser Freiheit und Sicherheit für alle zu dienen bestimmt und geeignet sind (BVerfG NJW 1982, 568).
25
Die Verpflichtung, Bücher und Geschäftspapiere des grenzüberschreitenden Verkehrs der Binnenschifffahrt der Überwachungsbehörde zur Einsichtnahme vorzulegen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Andere Erkenntnismöglichkeiten, die den Bereich der Aussagefreiheit nicht berühren, dürfen von einem Betroffenen nicht eingeschränkt oder behindert werden. Gegen die Verpflichtung, den Behörden Bücher und Geschäftspapiere zur Einsicht vorzulegen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, sofern durch das Gesetz die Freiheit der Selbstbelastung bzw. der Belastung naher Angehöriger ausgeschlossen ist (BVerfG NJW 1981, 1087). Dementsprechend bezieht sich das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 4 Abs. 4 FPersG nur auf die Auskunftspflicht nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 FPersG, nicht aber auf die Pflicht zur Herausgabe von Unterlagen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 FPersG (BVerwG DÖV 1984, 73 = NVwZ 1984, 376).
26
Auswertbar bleiben die im Rahmen der Notaraufsicht geprüften Unterlagen für die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens, auch wenn der Notar die Auskunft auf Fragen verweigern darf, durch deren Beantwortung er sich der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2019 - NotSt(Brfg) 4/18 = WM 2020, 615 = ZNotP 2020, 180 = MDR 2020, 635 = BeckRS 2019, 33989). Ebenso wenig steht es der Verwertung eines von einem Angeklagten bei einer Anhörung durch die Ausländerbehörde übergebenen Passes als Beweismittel entgegen, dass er sich dadurch selbst belastet (vgl. BayObLG, Beschluss vom 24.04.2020 - 201 StRR 30/20 = NStZ 2020, 684, 686 = BeckRS 2020, 12798 m.w.N.). Allein durch solche in erster Linie polizeilich begründeten Mitwirkungspflichten werden etwaige Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte in Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren noch nicht berührt (BVerfG NJW 1982, 568; kritisch hierzu, aber im Ergebnis ohne durchgreifende Einwendungen im präventiven Bereich: Bärlein/Pananinis/Rehmsmeier NJW 2002, 1825, 1828).
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bb) Nichts anderes kann für die Verwertung von Beweismitteln gelten, die im Zusammenhang mit einer Suchtmittelkontrollweisung erlangt worden sind. Beweismaterial wird insoweit nicht durch Angaben des Verurteilten, sondern dadurch geschaffen, dass er seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht genügt. Diese zielt in erster Linie der Verhinderung von Suchtmittelmissbrauch und des Abgleitens in neue Straffälligkeit und dient damit überragenden Gemeinwohlbelangen. Bloße Mitwirkungspflichten verletzen das Verbot der Selbstbelastung nicht, wenn durch sie Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte im Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren nicht berührt werden. Dies hat das BVerfG explizit zu § 463a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3, Nr. 5 StPO entschieden und keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen den nemo-tenetur-Grundsatz dagegen erhoben, dass der Verurteilte, der verpflichtet ist, die sog. elektronische Fußfessel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, mittelbar auch zur Strafverfolgung gegen seine Person beiträgt (EGMR, Urt. v. 11.07.2006 - 54810/00 [Jalloh/Deutschland] = NJW 2006, 3117, 31222 f. = EuGRZ 2007, 150 = StV 2006, 617 = BeckRS 2006, 10903 [zum Einsatz von Brechmitteln]), lässt sich dies schon angesichts der erheblich geringeren Eingriffstiefe der Suchtmittelkontrollweisung, deren Befolgung gerade nicht zwangsweise durchgesetzt werden kann, nicht auf die vorliegende Fragestellung übertragen. Hiervon geht ersichtlich auch das BVerfG aus, das im Rahmen der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Abstinenzweisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB ausdrücklich darauf abgestellt hat, dass ein Verstoß gegen die genannte Weisung gemäß § 145a StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann (BVerfG [3. Kammer des 2. Senats], Beschluss vom 30.03.2016 - 2 BvR 496/12 = NJW 2016, 2170, 2171 = StraFo 2016, 293 = StV 2016, 661). Diese Argumentation wäre schwerlich nachvollziehbar, wenn das Bundesverfassungsgericht davon hätte ausgehen wollen, dass bei einem im Regelfall anlässlich einer durch das Gericht angeordneten Kontrolle festgestellten Verstoß gegen die Abstinenzweisung die aus der Befolgung einer Suchtmittelkontrollweisung erlangten Beweismittel einem Beweisverwertungsverbot unterliegen sollten.
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III. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers (§ 337 StPO) ist das angefochtene Urteil samt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 1, Abs. 2 StPO). Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts, die auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird, zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). Die für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tathergang können nicht aufrechterhalten bleiben, da der Angeklagte das Urteil nicht anfechten konnte (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.2000 - 3 StR 595/99 = BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 28 = NStZ-RR 2000, 300 = BeckRS 2000, 30097757).
29
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
30
Das Landgericht hat bislang - aus seiner Sicht konsequent - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Weisung im Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 21.02.2018, keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes zu sich zu nehmen, rechtmäßig ist. Ein Weisungsverstoß unterfällt nämlich nur dann dem objektiven Tatbestand des § 145a Satz 1 StGB, wenn die fragliche Weisung rechtsfehlerfrei ist (BGH, Beschluss vom 19.06.2018 - 4 StR 25/18 = NStZ-RR 2018, 309 m.w.N.). Verstöße gegen unbestimmte, unzulässige oder unzumutbare Weisungen können die Strafbarkeit nach § 145a StGB nicht begründen. Dabei handelt es sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dessen Vorliegen der Tatrichter in den Urteilsgründen darzulegen hat (BGH, Beschluss vom 11.02.2016 - 2 StR 512/15 = BGHR StGB § 145a Bestimmtheit 2 = BeckRS 2016, 8253 m.w.N.). Demnach wird der neue Tatrichter insbesondere Folgendes in den Blick zu nehmen haben:
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1. Es wird anhand des Beschlusses vom 21.02.2018 zu überprüfen sein, ob die Voraussetzungen nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB vorlagen. Zum Zeitpunkt der Verkündung (§ 268a StPO) oder der Bekanntmachung des Beschlusses nach § 35 StPO (vgl. MüKo/Groß/Anstötz a.a.O. § 145a Rn. 11) müssen aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestanden haben, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird. In diesem Zusammenhang können auch die Vorstrafen des Angeklagten von Bedeutung sein.
32
2. Die Abstinenzweisung gegenüber einem Drogenabhängigen muss sich als verhältnismäßig erweisen. Ausweislich der Anklageschrift vom 29.12.2020 ist der Angeklagte in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Betäubungsmitteldelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es wird deshalb zu prüfen sein, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der erteilten Weisung suchtkrank war. Insoweit stellt § 68b Abs. 3 StGB eine einfachgesetzliche Ausprägung der sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen dar. Gerade im Hinblick auf die Strafbewehrung kann von dem Betroffenen die Befolgung der Weisung nur dann verlangt werden, wenn er überhaupt in der Lage ist, sich normgerecht zu verhalten, und der Schutz überwiegender Interessen anderer oder der Allgemeinheit eine strafrechtliche Sanktionierung gebietet (BVerfG [3. Kammer des 2. Senats], Beschluss vom 30.03.2016 - 2 BvR 496/12 a.a.O.). Von der Verhältnismäßigkeit einer Abstinenzweisung gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB wird regelmäßig auszugehen sein, wenn diese gegenüber einer ohne Weiteres zum Verzicht auf den Konsum von Suchtmitteln fähigen Person angeordnet wird und im Fall des erneuten Alkohol- oder Suchtmittelkonsums mit der Begehung erheblicher, die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit betreffender Straftaten zu rechnen ist. Anders verhält es sich demgegenüber im Fall eines nicht oder erfolglos therapierten langjährigen Suchtkranken. Jedenfalls in Fällen, in denen ein langjähriger, mehrfach erfolglos therapierter Suchtabhängiger aufgrund seiner Suchtkrankheit nicht zu nachhaltiger Abstinenz in der Lage ist und von ihm keine die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit erheblich beeinträchtigenden Straftaten drohen, ist eine strafbewehrte Abstinenzweisung gem. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB als unzumutbare Anforderung an die Lebensführung nach § 68b Abs. 3 StGB und damit zugleich als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit anzusehen (BVerfG a.a.O.; OLG Bremen, Beschluss vom 10.03.2022 - 1 Ws 18/22 bei juris = BeckRS 2022, 4652; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.05.2021 - 1 Ws 103/21 bei juris = BeckRS 2021, 11087; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.12.2019 - 2 OLG 6 Ss 130/19 bei juris = BeckRS 2019, 33286). Deshalb wird der neue Tatrichter bei der Prüfung der Frage, ob die erteilte Abstinenzweisung rechtmäßig war, auch die Verhältnismäßigkeit der Weisung zu prüfen haben (BGH, Beschluss vom 19.06.2018 - 4 StR 25/18 = NStZ-RR 2018, 309 m.w.N.). Zumutbar kann eine Abstinenzweisung nach alledem insbesondere dann sein, wenn der Verurteilte sich im Strafvollzug beanstandungsfrei mit negativen Drogenscreenings geführt hat, also unter Strafvollzugsbedingungen ersichtlich zur Drogenabstinenz in der Lage ist und nach Entlassung aus der geschützten Umgebung des Strafvollzugs angewiesen ist, sich in eine geschützte Umgebung mit lebensbegleitender Therapie zu begeben (OLG München a.a.O.).
33
3. Schließlich liegt ein Verstoß gegen § 145a Satz 1 StGB nur dann vor, wenn durch den Weisungsverstoß der Zweck der Maßregel gefährdet wird. Dies ist dann der Fall, wenn sich dadurch die Gefahr weiterer Straftaten erhöht oder die Aussicht ihrer Abwendung verschlechtert hat. Dazu bedarf es eines am Einzelfall orientierten Wahrscheinlichkeitsurteils, das neben dem sonstigen Verhalten des Angeklagten auch die konkrete spezialpräventive Zielsetzung der verletzten Weisung in den Blick nimmt (BGH, Beschluss vom 19.06.2018 a.a.O.; LK/Roggenbruck StGB 12. Aufl. § 145a Rn. 18 ff.). Die Gefährdung muss zum Zeitpunkt des Verstoßes bestehen. Dass sie zum Urteilszeitpunkt noch andauert, ist nicht erforderlich (KG, Beschluss vom 01.02.2008 - (4) 1 Ss 19/08 (19/08) bei juris; LK/Roggenbruck a.a.O. § 145a Rn. 25; Fischer StGB 69. Aufl. § 145a Rn. 8).
D.
34
Keinen Erfolg hat die Revision der Staatsanwaltschaft, soweit sie sich gegen den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen die monatliche Meldepflicht beim Bewährungshelfer richtet.
35
I. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist der diesbezügliche Weisungsverstoß von der Anklage umfasst. Die Anklageschrift hat nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO die zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist. Diese muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Angeschuldigten unterscheiden lassen (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2012 - 1 StR 412/11 = BGHSt 57, 88, 91; 28.10.2009 - 1 StR 205/09 = NStZ 2010, 159, 160; 11.01.1994 - 5 StR 682/93 = BGHSt 40, 44, 45; Beschluss vom 29.11.1994 - 4 StR 648/94 = NStZ 1995, 245; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 200 Rn. 7). Wann eine Tat als historisches Ereignis hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt werden (BGH, Beschluss vom 26.04.2017 - 2 StR 242/16 = wistra 2018, 49, 50; BGH, Beschluss vom 27.02.2018 - 2 StR 390/17 bei juris = BeckRS 2018, 6552; KK/Schneider a.a.O. § 200 Rn. 3).
36
Die Anklageschrift benennt die dem Angeklagten unter Ziffer 1 erteilte Weisung und die von ihm unterlassenen Vorsprachetermine am 14.04.2021 und am 28.04.2021. Demnach kann vorliegend kein Zweifel daran bestehen, dass dem Angeklagten zur Last gelegt wird, entgegen der ihm erteilten Weisung zur persönlichen monatlichen Vorsprache im Monat April 2021 nicht bei dem Bewährungshelfer vorgesprochen zu haben (vgl. zu einem ähnlichen Fall: BGH, Urt. v. 18.12.2012 - 1 StR 415/12 = BGHSt 58, 72 = NJW 2013, 710 = StV 2014, 141).
37
II. Der rechtsfehlerfrei festgestellte Sachverhalt rechtfertigt insoweit die Annahme eines Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß § 145a Satz 1 StGB nicht, da es an einer ausreichend bestimmten Weisung im Sinne von § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 StGB fehlt und somit bereits der objektive Tatbestand des § 145a StGB nicht erfüllt ist (vgl. Fischer a.a.O. § 145a Rn. 6; BGH a.a.O.; OLG München, Beschluss vom 26.03.2009 - 5St RR 52/09 = StV 2009, 542 = RuP 2009, 219 = NStZ 2010, 218).
38
1. Nach § 68b Abs. 1 Satz 2 StGB hat das Gericht in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. In der Weisung muss inhaltlich und dem Umfang nach genau festgehalten sein, was der Verurteilte zu tun oder zu lassen hat. Das Gericht und nicht erst der Bewährungshelfer hat die Vorgaben so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße einwandfrei festgestellt werden können und der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56f StGB zu erwarten hat (BVerfG, Beschluss vom 24.09.2011 - 2 BvR 1165/11 = StV 2012, 481 = BeckRS 2011, 55537 [Rn. 18]). Dies gilt für Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß § 68b Abs. 1 Satz 2 StGB in gleicher Weise (vgl. Schönke/Schröder/Kinzig a.a.O. § 68b Rn. 3). Es genügt nicht, dass der Proband das geforderte Verhalten erst aus dem Weisungszweck herleiten kann oder bei gutem Willen noch erkennen kann, was das Gericht von ihm verlangen will (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 22.07.2021 - 1 Ws 413/21 bei juris = BeckRS 2021, 27931; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben a.a.O. § 145a Rn. 5 m.w.N.). Demnach muss sich die auf § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StGB gestützte Weisung auf bestimmte Zeiten beziehen, die vom Gericht selbst im Vorhinein festgelegt werden. Grundsätzlich müssen eine Frequenz der Meldungen beim Bewährungshelfer vorgegeben werden und die Art und Weise der Meldung näher konkretisiert werden (OLG Bamberg, Beschluss vom 15.03.2012 - 1 Ws 138/12 = StV 2012, 737 = OLGSt StGB § 68b Nr 13 = BeckRS 2012, 17450), auch wenn dem Bewährungshelfer eine inhaltliche Ausfüllung von Weisungen innerhalb der durch die gerichtliche Anordnung verbleibenden Spielräume (etwa die Festlegung des konkreten Vorsprachetermins im eröffneten Zeitraum) überlassen werden darf (BGH, Urt. v. 18.12.2012 - 1 StR 415/12 a.a.O.).
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2. Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Weisung nicht. Zwar ist sie in zeitlicher Hinsicht ausreichend bestimmt, indem sie dem Verurteilten gebietet, sich einmal monatlich beim Bewährungshelfer zu melden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18.12.2012 - 1 StR 415/12 a.a.O.). Allerdings bleibt unklar, wer Zeit und Ort der Vorsprache bestimmt. Während in der Weisung unter Ziffer 5 ausdrücklich aufgeführt ist, dass die Festlegung der Kontrolltermine nach näherer Weisung des Bewährungshelfers zu erfolgen hat, fehlt eine entsprechende Bestimmung in Ziffer 1. Insoweit ist lediglich geregelt, dass sich der Verurteilte „zu bestimmten Zeiten“ bei seinem Bewährungshelfer persönlich zu melden hat. Hieraus aber kann der Verurteilte nicht ausreichend erkennen, wer die Vorsprachetermine festlegt. Es bleibt insbesondere offen, ob diese Termine von der Strafvollstreckungskammer, der Aufsichtsstelle oder dem Bewährungshelfer angeordnet werden oder ob es dem Betroffenen überlassen bleibt, wann und wie er sich innerhalb eines Monats meldet. Auch wenn die Annahme, dass der Bewährungshelfer den jeweiligen Termin bestimmen soll, naheliegend ist, ergibt sich dies aus dem Wortlaut der Weisung jedenfalls nicht ausreichend.
40
Nach alledem hat der Freispruch des Landgerichts hinsichtlich des dem Angeklagten zur Last liegenden Verstoßes gegen die monatliche Meldepflicht beim Bewährungshelfer Bestand. Insoweit war die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zu verwerfen.