Titel:
Erfolglose Rüge gegen Bewertung juristischer Klausur
Normenketten:
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
JAPO § 40, § 48
PStO § 41
Leitsätze:
1. Rechtsschutz zur Kontrolle von Prüfungsentscheidungen steht auch Ausländern gem. Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG zu. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Prüferbewertungen bzw. Voten, die formell mangelhaft formuliert und dadurch missverständlich oder unzureichend sind, können im Laufe des gerichtlichen Verfahrens klargestellt werden (BVerwG NVwZ 2001, 922). (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Befugnis der Prüfer zur Bewertung beinhaltet auch die Entscheidung darüber, welches Gewicht einzelnen (fachlich korrekten) Darlegungen in der Gesamtbewertung zukommt und wie Folgefehler, dh logisch schlüssige Weiterentwicklungen eines falschen Ansatzes, zu bewerten sind (BVerwG BeckRS 1998, 30438741; BeckRS 1986, 31272740). (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
4. Solange die Prüfungsleistungen eines Kandidaten ordnungsgemäß bewertet werden und keine Fehler im Bewertungsprozess vorliegen, kann dieser sich nicht darauf berufen, dass eine andere Person ungerechtfertigte Vorzüge erhalten hat, welche dem Grundsatz der Gleichheit zuwiderlaufen. Der Grundsatz der Gleichheit kommt nur dann zum Tragen, wenn die Leistung eines Kandidaten in gewisser Weise aufgrund der ungerechtfertigten Bevorzugung anderer Mitprüflinge bewertet werden müsste (VGH München BeckRS 2010, 45315). (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei Randbemerkungen zu schriftlichen Prüfungsarbeiten gilt ein weniger strenger Maßstab als bei mündlichen Prüfungen. Selbst wenn grobe Bemerkungen in schriftlichen Randnotizen auftauchen, führen diese nicht dazu, die Leistung des Prüflings einzuschränken oder diesen zu verunsichern. Auch der gelegentliche Gebrauch von Kraftausdrücken in Randbemerkungen führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Prüfer das Gebot der Sachlichkeit verletzt hat (BVerwG NVwZ 1993, 681). (Rn. 77 – 79) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Juristische Universitätsprüfung, Studienabschließende Prüfung, Bewertungsrügen, Bewertungsrüge, Sachlichkeitsgebot
Fundstelle:
BeckRS 2022, 28407
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger nahm im Wintersemester 2014/15 das Studium der Rechtswissenschaft an der L.-M.-Universität M1. (im Folgenden: LMU) auf. Auf seine Meldung vom 12. Februar 2018 zur studienabschließenden Prüfung im Rahmen der Juristischen Universitätsprüfung legte er diese zum Termin 2018/1 ab. Erstprüfer und Zweitprüfer bewerteten die Prüfungsleistung des Klägers mit jeweils 9 Punkten.
2
Im Zeugnis der LMU über die Juristische Universitätsprüfung im Studiengang Rechtswissenschaft vom 12. Juli 2018 für den Kläger sind für die studienbegleitende Prüfung 17 Punkte, für die studienabschließende Prüfung 9 Punkte und als Gesamtnote „gut (13,00 Punkte)“ ausgewiesen.
3
Mit Schreiben vom 1. August 2018 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und beantragte, die Klausur im Schwerpunktbereich 2 erneut bewerten zu lassen und die Note unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Juli 2018 erneut festzusetzen soweit die Neubewertung über der Note „befriedigend“ (9 Punkte) liegt. Der Kläger beantragte ein Überdenken der Korrektur und erhob folgende Bewertungsrügen:
4
- Beim 2. Tatkomplex (Zustimmung M und R), Strafbarkeit des G gemäß § 263 Abs. 1 StGB, sei die Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung zu bejahen, da der Bearbeiter gut vertretbar eine unmittelbare Vermögensminderung durch eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, welche gerade keinen tatsächlichen Vermögensabfluss erfordere, angenommen habe. Diese Figur werde vom BGH in seiner Betrugsrechtsprechung angeführt und helfe etwa in den EC-Kartenfällen über das Merkmal der Unmittelbarkeit hinweg. Dass der Bearbeiter die Frage des Vermögensabflusses nicht bei der Vermögensverfügung geprüft habe, liege daran, dass die h.L. diese Frage erst beim Vermögensschaden aufwerfe. In einer Klausur sei kein Raum für weitschweifende Aufbaufragen.
5
- Beim 3. Tatkomplex (Vorlage des Angebots bei V), Strafbarkeit der V nach § 299 Abs. 2 Nr. 1, 2, § 13 StGB, sei die Quasi-Kausalität zu Recht bejaht worden. Die Lösungsskizze verkenne, dass dem Unterlassen der V eine weitere Bestechung in Gestalt der Vertragsunterzeichnung folge. Hiervon gehe auch die Lösungsskizze aus, wenn sie bei der Strafbarkeit des G nach § 266 StGB durch die Vertragsunterzeichnung damit argumentiere, dass die Abrede selbst nach § 134 BGB i.V.m. § 299 StGB nichtig sei. Ähnlich wie bei der Unterschlagung lasse sich hier vertreten, dass eine wiederholte Bestechung möglich und dann auf Konkurrenz- oder Tatbestandsebene (tatbestandliche Handlungseinheit) zu behandeln sei. Gleiches gelte für § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Es sei daher zumindest vertretbar, die Quasi-Kausalität zu bejahen und mit den übrigen Voraussetzungen des § 13 StGB fortzufahren. Die weiteren Ausführungen seien daher positiv zu berücksichtigen. Bei der Frage der Garantenstellung handele es sich nicht um einen „Nebenkriegsschauplatz“, sondern um ein hoch umstrittenes Problem. Weiter habe der Bearbeiter die Frage nach der Gleichstellung von Tun und Unterlassen bei rein verhaltensgebundenen abstrakten Gefährdungsdelikten behandelt.
6
Hilfsweise wurde ausgeführt, in einem Gutachten seien alle aufgeworfenen Rechtsfragen zu behandeln, daher auch die Garantenstellung. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die Frage der Garantenstellung vor der Kausalität zu prüfen. Die Ausführungen zur Garantenstellung müssten daher auf jeden Fall bei der Korrektur berücksichtigt werden, was offensichtlich nicht geschehen sei. Zumindest sei die Qualität der Ausführungen zu berücksichtigen; unzulässig sei es, die weitere Prüfung der Voraussetzungen des § 13 StGB dem Bearbeiter negativ anzulasten.
7
- Beim 3. Tatkomplex fehle zwar eine Prüfung der Strafbarkeit der V gem. § 266 StGB, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Probleme beim Vermögensschaden bei Erörterung der Strafbarkeit des K gemäß § 266 StGB im Rahmen des 4. Tatkomplexes bei der Frage der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht diskutiert worden seien.
8
- Im 4. Tatkomplex (Strafbarkeit des G gemäß § 266 StGB) sei der Abschluss eines überteuerten Vertrags bereits für sich genommen ein Vermögensschaden, da die Ansprüche trotz Nichtigkeit in das Vermögen des jeweiligen Anspruchsinhabers übergingen und bei einer Gesamtsaldierung ein nicht kompensierter Vermögensabfluss in Höhe von 500.000 €, mithin ein Vermögensschaden, bleibe. Die Lösung des Bearbeiters sei daher zutreffend.
9
- Bei Teilaufgabe III habe sich der Bearbeiter bei der letzten Teilaufgabe lediglich dem aufdrängenden Sonderproblem bei § 113 Abs. 4 Satz 1 StGB gewidmet, nämlich, dass kein Anwendungsraum vorhanden sei. Im Übrigen greife die Bearbeitung die wesentlichen Punkte der Lösungsskizze auf. Die Ausführungen seien insgesamt richtig und hätten nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Wie eine Prüfungsfrage auszulegen sei, unterfalle nicht dem prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum.
10
- Es sei nicht erkennbar, wie sich die Gesamtnote zusammensetze und wie die Teilaufgaben bewertet und gewichtet worden seien. Die Benotung mit „befriedigend“ sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei bei Teilaufgabe I mangels Randbemerkungen nicht klar, welche weiteren Fehler wie gewichtet worden seien. Bei Teilaufgabe II und III sei nicht klar, wie diese bewertet worden seien.
11
- Der vom Erstprüfer erwähnte Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgabe schlage sich nicht erkennbar bei der Bewertung nieder.
12
- Soweit die Bearbeitung über die Lösungsskizze hinausgehe, sei nicht ersichtlich, dass der Erstkorrektor die Punkte gesehen und gewürdigt hätte. Dies betreffe die tatbestandsspezifische Auslegung des „besonders schweren Falls“ (§ 300 Satz 2 Nr. 1 StGB), das Konkurrenzverhältnis mehrerer Begehungsweisen des § 299 Abs. 1, 2 StGB, die Prüfung der Strafbarkeit des G nach § 266 StGB wegen Täuschung von M und R sowie die Ausführungen des Bearbeiters zur Strafbarkeit des K nach § 266 Abs. 1, §§ 27, 28, 50 StGB.
13
Der Erstprüfer führte in seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 hierzu im Wesentlichen aus, bei der Strafbarkeit des G nach § 263 StGB führe die Zustimmung zur Beauftragung zum Schiffsbau noch nicht unmittelbar zu einer Vermögensminderung. In der Klausur werde die Vermögensverfügung richtig definiert, dann aber eine Subsumtion vorgenommen, bei der der herangezogene Sachverhalt die Definitionsmerkmale nicht erfülle. Die Unmittelbarkeit werde - obwohl zuvor als Element des Verfügungsmerkmals genannt - erst beim Schaden thematisiert. Die Problematik sei aber immerhin erkannt, die Ungenauigkeit schlage nicht als schwerwiegender Fehler zu Buche.
14
Bei der Prüfung von §§ 299, 13 StGB trage der Bearbeiter vor, dass in der Vertragsunterzeichnung eine nochmalige Bestechungshandlung des K liege, die durch Untätigkeit der V ermöglicht worden sei. Damit werde unterstellt, dass die Wiederholung des Bestechungsversprechens auch in dem Sinn eine eigenständige Bedeutung habe, dass diese Handlungswiederholung auch Anknüpfung für die Strafbarkeit Dritter sein könne. Hierin liege jedenfalls ein gewichtiges Problem, das zu diskutieren sei. Hieran fehle es.
15
Die Ausführungen zur Garantenstellung seien nicht als Fehler bewertet worden. Es bestehe aber auch kein Anlass, diese Passagen besonders positiv zu bewerten. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Alternativlösung des Bearbeiters einschränkungslos zu akzeptieren gewesen sei, was nur bei einer überzeugenden (hier aber fehlenden) Begründung angezeigt gewesen wäre.
16
Soweit geltend gemacht werde, die Ausführungen auf S. 41 kompensierten die fehlenden Ausführungen zum Vermögensnachteil bei der Strafbarkeit der V nach § 266 StGB, seien die Ausführungen in völlig anderem Zusammenhang und so oberflächlich gehalten, dass eine positive Bewertung nicht in Betracht komme.
17
Bei § 266 StGB trete ein Vermögensnachteil bei Abwicklung eines ungünstigen Vertrags ein; liege nur ein Verpflichtungsgeschäft vor, stelle dies einen Fall der schadensgleichen Vermögensgefährdung dar. Hier sei eine präzise Differenzierung vorzunehmen gewesen. Der Bearbeiter gehe von einem normalen Abwicklungsschaden aus und diskutiere lediglich Saldierungsfragen. Dies werde den Erwartungen nicht gerecht. Es sei sogar angezeigt gewesen zu prüfen, ob die Gefahr eines endgültigen Vermögensverlusts zum Zeitpunkt der Verfügung derart naheliegend und groß gewesen sei, dass wirtschaftlich bereits eine Minderung des Gesamtvermögens vorgelegen habe. Dies sei nicht behandelt worden.
18
Bei Teilaufgabe III, letzte Aufgabe, hätte erläutert werden sollen, worum es sich bei den vertypten Milderungsgründen nach § 49 StGB handele und welche Formen es gebe. Weiter seien Ausführungen zu § 49 Abs. 2 StGB und die dort genannte Strafrahmenverschiebung, die Möglichkeit des Absehens von Strafe und der Ermessensentscheidung des Gerichts auf Basis einer Gesamtbetrachtung von Tat und Täter erwartet worden. Die sehr kursorischen und nicht ausreichenden Ausführungen des Bearbeiters habe der Erstprüfer darauf zurückgeführt, dass der Bearbeiter die Aufgabenstellung möglicherweise nicht richtig erfasst habe. Eine eigenständige Bedeutung habe diese Deutung und die entsprechende Korrekturbemerkung nicht.
19
Teilaufgabe I habe etwa ein doppelt so großes Gewicht wie Teilaufgabe II und III zusammen. Dass der Bearbeiter II und III zwar nicht perfekt, aber recht ordentlich bearbeitet habe, habe daher nur begrenzt zu Buche geschlagen. Bei Teil I sei zu berücksichtigen, dass einige Tatbestände gar nicht geprüft worden seien und sich bei Anwendung von § 266 StGB merklich Unsicherheiten gezeigt hätten. Zusammen mit den markierten Ungenauigkeiten und Fehlern sei dies von einigem Gewicht gewesen. Die vom Erstprüfer erwähnte gründliche Vorgehensweise des Bearbeiters ändere nichts an den Unzulänglichkeiten, habe aber zu einer Bewertung im oberen - anstelle wie ursprünglich vorgesehen mittleren - befriedigenden Bereich geführt.
20
Die vom Bearbeiter über die Lösungsskizze hinaus angesprochenen Punkte seien bei der Korrektur nicht erwartet worden; sie seien in der Regel sehr kursorisch angesprochen und führten nicht zu einer höheren Bewertung.
21
Die bisherige Bewertung werde aufrecht erhalten.
22
Der Zweitprüfer führt in seiner Stellungnahme vom 4. September 2018 aus, bei der Prüfung von § 263 StGB (2. Tatkomplex) hätten die Ausführungen im Widerspruch zur Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung bereits in der Klausur kommen müssen. Gleiches gelte für die Gedanken zur Quasi-Kausalität. Bei der Frage der Garantenstellung sei zu bemerken, dass unabhängig vom jeweiligen Aufbau ein Prüfungspunkt nur angesprochen werden dürfe, wenn der vorherige Punkt vertretbar abgehandelt sei. Hieran fehle es. Dass ein anderer Aufbau möglich gewesen wäre, sei ohne Belang, da die Klausur nur in der abgegebenen Form zu bewerten sei. Die Ausführungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 13 StGB seien nicht negativ bewertet worden. Soweit beanstandet werde, die drohende Verbandsgeldbuße als Vermögensnachteil sei in anderem Kontext erkannt und berücksichtigt worden, könne sicher zugestanden werden, dass auf S. 41 der Arbeit die Frage kurz angesprochen sei. In dieser knappen Form habe der Aspekt bereits Eingang in die Gesamtbewertung gefunden. Bei der Strafbarkeit des G nach § 266 StGB (4. Tatkomplex) sei es nicht zu einem tatsächlichen Vermögensabfluss gekommen, wovon im Widerspruch die Rede sei. Es sei auf die schadensgleiche Vermögensgefährdung angekommen, die nicht behandelt worden sei. Bei Teil III seien die Ausführungen zu § 113 Abs. 4 StGB berücksichtigt worden. Es fehlten Ausführungen zu § 49 Abs. 2 StGB und dazu, welche Aspekte bei der gerichtlichen Ermessensentscheidung von Relevanz seien. Der Schwerpunkt der Klausur liege bei Teil I, während Teil II und III bei der Gesamtbetrachtung zwar nicht völlig in den Hintergrund träten, aber von untergeordneter Bedeutung seien. Ebenso verhalte es sich mit den vom Bearbeiter über die Lösungsskizze hinaus behandelten Punkten. Der Schwierigkeitsgrad sei berücksichtigt worden. Gerade im Teil I seien dem Bearbeiter jedoch Fehler unterlaufen, die durch die übrige Bearbeitung nicht in dem Maß aufgewogen würden, dass von einer überdurchschnittlichen Anforderungen genügenden Leistung ausgegangen werden könne. Es verbleibe daher bei der bisherigen Bewertung.
23
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2018, dem Kläger zugestellt am 17. Oktober 2018, wies die LMU den Widerspruch zurück und bezog sich dabei auch auf die Stellungnahmen der Prüfer.
24
Mit Schriftsatz vom 13. November 2018, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht München erheben lassen. Er lässt beantragen,
25
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 12. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2018 zu verpflichten, die Teilprüfung „studienabschließende Prüfung“ (Klausurleistung) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut bewerten zu lassen und den Kläger hierüber erneut zu bescheiden, sofern die Neubewertung besser als 9 Punkte ausfallen sollte.
26
Zur Begründung wird das Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend wird ausgeführt, der Erstprüfer genüge mit dem verwendeten Bewertungsraster nicht der Begründungspflicht, was sich auch auf die Zweitkorrektur auswirke, da sich der Zweitprüfer dem Erstvotum mit „Einverstanden“ angeschlossen habe. Worin genau die Mängel lägen, die die Prüfungsarbeit des Klägers zu einer „befriedigenden“ Prüfungsleistung machten, könne dem Bewertungsraster nicht entnommen werden. Aus der Zuordnung von Pluszeichen zu einzelnen Abschnitten der Prüfungsleistung und nur gelegentlichen knappen Ausführungen des Erstprüfers gingen nicht die konkreten Stärken und Schwächen der Prüfung hervor. Die maßgeblichen Kriterien einer prüfungsspezifischen Bewertung hätten die Prüfer in ihren ergänzenden Stellungnahmen stellenweise abstrakt benannt, ohne konkret zu subsumieren, unter welchem Aspekt sie eine Schwäche der Prüfungsleistung sehen. Es könne aber nicht dem Prüfling oder dem Gericht überlassen bleiben, selbst die Konkretisierung des Erwartungshorizonts vorzunehmen.
27
In materieller Hinsicht wird bei Teilaufgabe I, Klausurausführungen S. 17-22 gerügt, die Ausführungen des Erstprüfers, was unter einer Vermögensverfügung zu verstehen sei und dass der Kläger eine Vermögensminderung im Wege einer Vermögensgefährdung nicht gesehen habe, seien fehlerhaft. Der Erstprüfer verkenne, was der Kläger tatsächlich geschrieben habe. Nach der Rechtsauffassung des Erstprüfers würde es keinen Gefährdungsschaden geben. Der Kläger habe die Frage nicht an der systematisch falschen Stelle geprüft. Soweit der Zweitprüfer ausführe, die vom Kläger im Widerspruch genannten Argumente hätten bereits in der Klausur kommen müssen, sei dies fehlerhaft. Die Prüfer hätten sich stärker in den vom Kläger gewählten Aufbau hineindenken müssen; sie dürften nicht den von ihnen bevorzugten Aufbau für allein maßgeblich halten. Es bleibe unklar, mit welchem Gewicht die angeblichen Aufbaumängel in die Bewertung eingeflossen seien. Zum 3. Tatkomplex („Quasi-Kausalität“) wird gerügt, in keinem gängigen Kommentar werde die vom Erstprüfer als „gewichtiges Problem“ bezeichnete Frage behandelt; wenn deren Erörterung erwartet werde, verstoße der Prüfer gegen den Grundsatz einer auf durchschnittliche Anforderungen bezogenen Einschätzung der Leistung. Die Stellungnahmen der Prüfer zur Berücksichtigung der Ausführungen zur Garantenstellung zeugten von einem Prüfungsmangel; es gehe darum, sich in den Gedankengang des Prüflings hineinzuversetzen, um dann zu prüfen, ob die Ausführungen folgerichtig seien. Die Stellungnahmen der Prüfer zur Frage der Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers bei Prüfung der Untreue des K (Inkaufnahme der Einziehung des Gewinns) stellten ein unzulässiges Austauschen des Bewertungssystems dar. Es sei nicht ersichtlich, dass die Prüfer diesen Aspekt bei ihrer ursprünglichen Bewertung berücksichtigt hätten. Die Ausführungen des Erstprüfers zur Prüfung von § 266 StGB (bei G) seien beurteilungsfehlerhaft, da sie außer Betracht ließen, dass es sich bei der Annahme eines Schadens um eine in der Literatur vertretene Meinung handele. Die Stellungnahmen der Prüfer zur Bewertung von Teil III widersprächen den Anmerkungen auf der Lösungsskizze. Zur Gesamtbewertung wird gerügt, Teil II und III seien von Teil I klar abgegrenzt, so dass ein gesonderter Notenbereich zu bilden gewesen wäre. Den Stellungnahmen nach hätten die Prüfer jedoch lediglich die Bearbeitung von Teil I zugrunde gelegt. Die durch die Prüfer vorgenommene (zu geringe) Gewichtung von Teil II und III sei beurteilungsfehlerhaft. Was die Zusatzprüfungen durch den Kläger anbelange, werde um Herausgabe der Lösungsskizze gebeten. Auch wenn die über die Lösungsskizze hinaus geprüften Fragestellungen vom Prüfer nicht erwartet worden seien, belege dies nicht, dass sie nicht bei der Bewertung zu berücksichtigen wären. Schließlich liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor, da der Erstprüfer bei einem anderen Prüfling anhand seines Bewertungsrasters, verglichen mit der Bewertung beim Kläger, Fehler unterschiedlich schwer gewichtet habe, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei. So sei auch bei dem anderen Prüfling die Quasi-Kausalität ohne weitere Diskussion bejaht und die Strafbarkeit der V nach § 266 StGB nicht geprüft worden.
28
Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2022 beantragt die Beklagte
30
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Verwendung des Bewertungsschemas sei nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Prüfer sei auf die erhobenen Rügen hin durch die Prüfer näher begründet worden. Vorliegend gehe es ganz überwiegend um prüfungsspezifische Wertungen. Ein relevanter Fehler sei nicht ersichtlich; selbst wenn ein solcher vorläge, sei nicht ersichtlich, dass er sich auf die erteilte Bewertung ausgewirkt hätte.
31
Vorgelegt werden ergänzende Stellungnahmen der beiden Prüfer vom 20. März bzw. 26. April 2022.
32
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2022 wiederholt und vertieft der Bevollmächtigte des Klägers die erhobenen Rügen.
33
Am 4. Juli 2022 legt die Beklagte eine ausführliche Lösungsskizze zur Prüfungsaufgabe vor.
34
Am 5. Juli 2022 ist die Verwaltungsstreitsache mündlich verhandelt worden. Die Klagepartei hat Gelegenheit erhalten, zur Lösungsskizze bis zum 12. Juli 2022 Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat Gelegenheit erhalten, hierauf bis zum 19. Juli 2022 zu erwidern. Beide Beteiligten verzichten auf weitere mündliche Verhandlung.
35
In der Stellungnahme vom 12. Juli 2022 wiederholt und vertieft der Bevollmächtigte des Klägers sein bisheriges Vorbringen und bezieht darin auch die vorgelegte Lösungsskizze ein.
36
Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2022 verweist die Beklagte im Wesentlichen darauf, dass die vom Kläger erhobenen Rügen den gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Bereich beträfen. Weiter legt die Beklagte eine Stellungnahme des Erstprüfers vom 17. Juli 2022 vor.
37
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2022 wird auf die Niederschrift hierzu Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
38
Über den Rechtsstreit konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da beide Beteiligte in der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2022 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) erklärt haben.
39
1. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
40
a) Die Klage ist zulässig, insbesondere ist ein auf Neubewertung der studienabschließenden Prüfungsleistung und Neubescheidung gerichteter, auf die Verbesserung der Note begrenzter Klageantrag statthaft (OVG Münster, U.v. 16.7.1992 - 22 A 2549/91 - juris, Fischer in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 696, 829).
41
b) Die Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der Neubewertung der Prüfungsleistung und Neuverbescheidung durch die LMU ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da er keinen Anspruch auf Aufhebung der Bescheinigung der LMU vom 12. Juli 2018 und des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2018 und auf Neubewertung der studienabschließenden Prüfungsleistung und Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
42
Die Prüfungsleistung, deren Neubewertung der Kläger mit seiner Klage erreichen will, ist als studienabschließende Prüfung Teilprüfung der Juristischen Universitätsprüfung (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen - JAPO - vom 13. Oktober 2003, GVBl. S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J, zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. Februar 2022, GVBl. S. 47, in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 30. Januar 2018, GVBl. S. 38, i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 41 Prüfungs- und Studienordnung der Ludwig-Maximilians-Universität München für den Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Abschluss Erste Juristische Prüfung 2012 - im Folgenden: PStO 2012 - vom 28. September 2012 in der hier maßgeblichen Fassung von § 2 Abs. 3 der Änderungssatzung vom 30. September 2015). Die Prüfungsleistung fließt nach § 48 Abs. 1 Satz 2 PStO 2012 zur Hälfte in die Prüfungsgesamtnote der Juristischen Universitätsprüfung ein.
43
Die gerichtliche Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern stößt an Grenzen, weil die Beurteilung von Prüfungsleistungen von Gesichtspunkten und Überlegungen bestimmt ist, die sich einer rechtlich unmittelbar subsumierbaren Erfassung mehr oder minder entziehen und jedenfalls teilweise auf nicht in vollem Umfang objektivierbaren Einschätzungen und Erfahrungen beruhen und insbesondere davon abhängig sind, was nach Meinung der Prüfer bei einem bestimmten Ausbildungsstand als Prüfungsleistung verlangt werden kann. Diese für die Bewertung von Prüfungsleistungen anzustellenden fachlichen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen und können insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Chancengleichheit auch grundsätzlich nicht mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht ersetzt werden. Eine uneingeschränkte Ersetzung der Prüferbewertung durch das Gericht würde zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 - BVerfGE 84, 34/51 ff.; BVerwG, U. v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 91, 262/265; U. v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 92, 132/137).
44
Soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft, unterliegt daher die Benotung einer erbrachten Leistung dem Bewertungsspielraum der Prüfer und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 - BVerfGE 84, 34/51 ff; BVerwG, U. v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 91, 262/265; BVerwG, U. v. 24.2.1993 - 6 C 35/92 - BVerwGE 92, 132/137). Zu diesen nur eingeschränkt überprüfbaren Fragen zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B.v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 3 f.; B.v. 16.8.2011 - 6 B 18/11 - juris Rn. 16; B.v. 8.3.2012 - 6 B 36/11 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 3.2.2014 - 7 ZB 13.2221 - juris Rn. 8). Bei diesen prüfungsspezifischen Wertungen ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit ihrem Prüfungsauftrag nicht zu vereinbarenden Erwägungen leiten lassen und ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist (ständige Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG. U. v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - BVerwGE 92, 132/137; vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2009 - 7 ZB 09.160 - juris Rn. 9).
45
Vorliegend kann für die Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs die von der Beklagten in der Klageerwiderung angesprochene Staatsangehörigkeit des Klägers offenbleiben. Denn Nichtdeutsche können sich für den Schutz ihres Berufszugangs und ihrer beruflichen Betätigung zwar nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG, jedoch auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Dies führt zumindest dann nicht zu einer Absenkung des Schutzniveaus, wenn sich aus dem betroffenen Sachbereich kein sachlicher Grund für eine entsprechende Differenzierung ergibt (vgl. BVerfG, B.v. 4.11.2010 - 1 BvR 3389/08 - juris Rn. 51, Fischer in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 648 Fn. 328). Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ergeben sich sowohl aus der Berufsfreiheit als auch aus dem Grundsatz der Chancengleichheit nach dem für Deutsche und Ausländer gleichermaßen geltenden Art. 3 Abs. 1 GG. Die Maßstäbe für die gerichtliche Kontrolle folgen aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG. Danach erscheint es nicht gerechtfertigt, Ausländern, die allgemein die Zugangsvoraussetzung für eine Berufszugangsprüfung erfüllen, bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens einen nur verringerten grundrechtlichen Schutz zuzubilligen als Deutschen, die sich unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen können (vgl. BVerfG, B.v. 4.11.2010 - 1 BvR 3389/08 - juris Rn. 51).
46
aa) Die gegen die Bewertung der studienabschließenden Prüfung erhobenen Rügen bleiben ohne Erfolg.
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(1) Bei Teil I, 2. Tatkomplex, Strafbarkeit des G nach § 263 Abs. 1 StGB (Zustimmung von M und R), lässt der Kläger beanstanden, die Stellungnahme des Erstprüfers vom 29. August 2018 verkenne, was der Kläger tatsächlich geschrieben habe. Es sei rechtlich vertretbar und nicht etwa an der „systematisch falschen Stelle“, die Frage der Unmittelbarkeit erst beim Vermögensschaden zu thematisieren; eine vertretbare Lösung dürfte aber nicht abqualifiziert werden. Die Bemerkung des Zweitprüfers in der Stellungnahme vom 4. September 2018 sei beurteilungsfehlerhaft, da der vom Kläger gewählte Aufbau vertretbar und in einer Klausur nicht erläuterbar sei.
48
Diese Rügen greifen nicht durch.
49
Die stichpunktartige Anmerkung des Erstprüfers im Bewertungsschema, die der Zweitprüfer durch die Anmerkung „einverstanden“ übernommen hatte (BVerwG, U.v. 9.12.1992 - 6 C 3/92 - juris Rn. 30), wurde durch die Stellungnahmen der Prüfer vom 29. August und 4. September 2018 nachträglich klargestellt.
50
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann für den Fall, dass die Bewertungen der Prüfer nicht ausreichend schriftlich begründet sind, die erforderliche Begründung ohne weiteres im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden (BVerwG, U.v. 1.6.1995 - 2 C 16/994 - juris Rn. 26). Verfassungsrecht verbietet es auch nicht, die Bewertung einer Prüfungsleistung noch während des gerichtlichen Verfahrens mit entsprechender (neuer) Begründung nachzuholen und auf diese Weise einen früheren Begründungsmangel zu korrigieren. Der Grundsatz der Chancengleichheit verbietet die Beibehaltung einer Note trotz Rücknahme eines Korrekturmangels nur, soweit sie auf einer Änderung des Bewertungssystems oder einem Nachschieben beliebiger Gründe beruht (BVerwG, B.v. 30.3.2000 - 6 B 8/00 - juris Rn. 3). War das ursprüngliche Votum wegen seiner Missverständlichkeit allenfalls verfahrensfehlerhaft im Sinne eines formellen Begründungsmangels, so bestehen keine Bedenken gegen die Klarstellung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens. Rechte des Prüflings werden dadurch nicht verletzt, da er gegen die Bewertung in der klargestellten Fassung weiterhin Einwände erheben oder seine Beanstandung fallen lassen kann (BVerwG, B.v. 30.3.2000 - 6 B 8/00 - juris Rn. 4). Die Möglichkeit der nachträglichen Klarstellung durch den Prüfer besteht in gleicher Weise auch dann, wenn eine Einzelbewertung zwar im Ergebnis eindeutig ist, aber in ihren Grundlagen der Erläuterung bedarf, damit der Prüfling und nachfolgend das Gericht sie inhaltlich nachvollziehen können (BVerwG, B.v. 1.3.2001 - 6 B 6/01 - juris Rn. 4).
51
Vorliegend war die Kritik der Prüfer bereits im Bewertungsschema angelegt („VermVerf bejaht…“) und wurde durch die Stellungnahmen vom 29. August und 4. September 2018 noch im Widerspruchsverfahren in Sinne der oben zitierten Rechtsprechung nachträglich klargestellt, soweit der Erstprüfer ausführt, dass der Kläger in seiner Prüfungsarbeit nach Definition des Tatbestandsmerkmals „Vermögensverfügung“ nicht unter diese Definition subsumiere, und der Zweitprüfer anmerkt, die Argumente des Klägers zur Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung im Widerspruchsverfahren hätten nur dann in die Bewertung einfließen können, wenn sie bereits in der Prüfungsarbeit enthalten gewesen wären.
52
Die Kritik des Erstprüfers ist auf die Ausführungen in der Prüfungsarbeit bezogen und dort unmittelbar nachvollziehbar. Sie begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken.
53
Die weitere Rüge des Klägers, die Prüferausführungen vom 29. August 2018 würden an den Ausführungen des Klägers in Klausur und Widerspruchsbegründung vorbeigehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die Prüferkritik auf S. 2 der Stellungnahme vom 29. August 2018 (2. Absatz) bezieht sich auf die Ausführungen in der Prüfungsarbeit des Klägers; dass sie diese verkennen würde, ist nicht ersichtlich. Der Kläger legt auch nicht substantiiert dar, inwiefern der Erstprüfer seine Widerspruchsausführungen verkennen würde. Die Ausführungen des Klägers im Widerspruchsverfahren (dort S. 3) sind teilweise abstrakt. Einzelne Ausführungen lassen sich nicht mit der Prüfungsarbeit in Verbindung bringen, etwa, wenn der Kläger ausführt, „die Unmittelbarkeit der Vermögensverfügung ist vorliegend zu bejahen, da der Widerspruchsführer - gut vertretbar - eine unmittelbare Vermögensminderung durch eine schadensgleiche Vermögensgefährdung angenommen hat“; in der Prüfungsarbeit hat der Kläger eine schadensgleiche Vermögensgefährdung angesprochen, jedoch abgelehnt. Auch soweit der Kläger im Widerspruch ausführt, er habe, entsprechend einer Auffassung in der Literatur, die Frage des Vermögensabflusses erst beim Vermögensschaden thematisiert, wird dies aus der Prüfungsarbeit nicht deutlich, da der Kläger in der Klausur die Vermögensverfügung unter Einbeziehung des Merkmals „unmittelbar vermögensmindernd“ definiert und bejaht, daher insoweit wohl gerade nicht der Literaturmeinung folgt. Vor diesem Hintergrund fehlt es vorliegend an einer konkreten Darlegung, welche klägerischen Ausführungen im Widerspruch der Erstprüfer verkannt und inwieweit dies für die Bewertung der (teilweise abweichenden) Ausführungen in der Prüfungsarbeit Relevanz habe.
54
Soweit der Kläger die Prüferstellungnahme vom 29. August 2018 unter dem Gesichtspunkt beanstandet, dass, würde man der Rechtsansicht des Erstprüfers folgen, es die Kategorie des Gefährdungsschadens nicht geben dürfe, ist diese Rüge nicht nachvollziehbar. Der Erstprüfer führt auf S. 1/ 2 oben lediglich aus, warum aus seiner Sicht in der konkreten Konstellation keine Vermögensminderung in Gestalt einer Vermögensgefährdung vorliegt.
55
Auch soweit der Kläger rügt, seine Ausführungen erfolgten nicht an der systematisch falschen Stelle, er habe einen vertretbaren Aufbau gewählt, der nicht abqualifiziert werden dürfe, dringt er damit nicht durch. Die Kritik des Erstprüfers bezieht sich darauf, dass der Kläger in der Prüfungsarbeit die Vermögensverfügung unter Einbeziehung der Merkmale „unmittelbar vermögensmindernd“ definiert und insoweit ohne Subsumtion bejaht und erst beim Schadensmerkmal thematisiert. Die Kritik der Thematisierung „an der systematisch falscher Stelle“ knüpft damit an die in der Prüfungsarbeit vom Kläger selbst herangezogene Definition der Vermögensverfügung unter Einbeziehung des Merkmals „unmittelbar vermögensmindernd“ an. Bei der Vorgehensweise des Klägers in der Prüfungsarbeit handelt es sich mithin um einen Fehler und nicht um eine „vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung“ (BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - juris Rn. 57); die Frage, inwieweit auch die in der Literatur vertretene Prüfungsweise des Betrugstatbestands eine an dieser Stelle gleichwertige Lösung dargestellt hätte, stellt sich vorliegend nicht, da der Kläger in der Prüfungsarbeit dieser Prüfungsweise nicht konsequent gefolgt ist.
56
Soweit der Kläger weiter die Stellungnahme des Zweitprüfers vom 4. September 2018 als beurteilungsfehlerhaft beanstandet, da Anlass bestanden hätte, sich in den vom Kläger gewählten Aufbau hineinzudenken, bleibt die Rüge ohne Erfolg. Der Zweitprüfer weist lediglich auf die Selbstverständlichkeit hin, dass nur die Prüfungsarbeit selbst Gegenstand der Bewertung ist. Was den gewählten Aufbau und die Bewertung vertretbarer Lösungen anbelangt, wird zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die zitierte Rechtsprechung zur Bewertung des Aufbaus von Prüfungsarbeiten ist nicht einschlägig; Gegenstand der Prüferkritik ist nicht ein sich im Rahmen der Aufgabenstellung bewegender eigenständig gewählter Aufbau, sondern die fehlende Subsumtion unter die vom Kläger selbst herangezogene Definition der Vermögensverfügung.
57
(2) Die Rüge des Klägers, dass er in Teil I, 3. Tatkomplex (Strafbarkeit der V nach § 299 Abs. 2, § 300 Satz 2 Nr. 1, § 13 StGB) zu Recht Quasi-Kausalität bejaht habe bzw. seine Ausführungen jedenfalls vertretbar seien und dass die Kritik, er sei „durch eine falsche Entscheidung…auf einen Nebenkriegsschauplatz“ geraten, den Beurteilungsspielraum überschreite, bleibt ohne Erfolg. Der Erstprüfer erläutert seine Kritik in seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 dahingehend, dass der Kläger bei der Prüfung der Kausalität nicht anspreche, dass die Verwirklichung von § 299 Abs. 2 StGB durch ein Einschreiten der V nicht verhindert worden wäre, da der Straftatbestand bereits durch das vorherige Zahlungsversprechen vollendet gewesen sei. Ein Bewertungsfehler ist hier nicht ersichtlich. Der Einwand des Klägers im Widerspruch, dass dem Unterlassen der V eine „weitere“ Bestechung folge, die der Kläger konsequent geprüft und bejaht habe, stellt diese Kritik nicht in Frage; denn in der Prüfungsarbeit geht der Kläger gar nicht darauf ein, dass § 299 Abs. 2 StGB bereits zuvor vollendet war und es somit allenfalls um eine nochmalige Bestechungshandlung geht. Soweit der Erstprüfer weiter ausführt (Stellungnahme vom 29. August 2018), es läge, ausgehend von der vom Kläger im Widerspruch vertretenen Auffassung, dass die Wiederholung des Bestechungsversprechens eine neuerliche Tathandlung sei, jedenfalls ein gewichtiges und zu diskutierendes Problem darin, diese Handlungswiederholung zum Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit Dritter zu nehmen, rügt der Kläger, dass dieses Problem in keinem gängigen Kommentar behandelt werde und der Prüfer damit überdurchschnittliche Anforderungen stelle. Dieser Einwand führt bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil sich diese Anmerkung des Erstprüfers nicht auf die Prüfungsarbeit, sondern allein auf die von der Prüfungsarbeit losgelösten Ausführungen des Klägers im Widerspruch bezieht, in dem der Kläger auf das Problem der „weiteren“ Bestechungshandlung durch die Vertragsunterzeichnung eingeht. In der Prüfungsarbeit hat der Kläger diese Fragen gar nicht angesprochen, folglich können hierauf bezogene Ausführungen des Prüfers keine Bewertungsfehler enthalten. Soweit der Kläger ausführt, es sei z.B. bei mehrmaligem Fordern verfehlt, die Quasi-Kausalität nur deshalb zu verneinen, weil eine Handlung vor dem tatbestandlichen Unterlassen liege, ist darüber hinaus nicht dargetan oder sonst ersichtlich, worauf der Kläger diese Meinung stützt. Bei der weiteren klägerischen Einlassung, ein Eingehen auf diese Problematik sei aufgrund der Selbstverständlichkeit nicht geboten, setzt der Kläger lediglich seine Auffassung anstelle die der Prüfer ohne konkret aufzuzeigen, inwiefern in der abweichenden Auffassung der Prüfer ein Bewertungsfehler liegt.
58
Die Rüge der Widersprüchlichkeit der Korrektur (Schriftsatz vom 9. März 2022 S. 6 unten/S. 7 oben, ähnlich im Widerspruch S. 4 Mitte) ist nicht substantiiert. Aus den klägerischen Ausführungen wird nicht deutlich, aus welchen Gründen es widersprüchlich sein soll, einerseits die Strafbarkeit der V nach § 299 Abs. 2, § 300 Satz 2 Nr. 1, § 13 StGB mangels Quasi-Kausalität abzulehnen und andererseits im 4. Tatkomplex bei K eine Prüfung von § 266 StGB in Bezug auf die Vertragsunterzeichnung vorzunehmen oder (wie in der Lösungsskizze) bei der Strafbarkeit des G nach § 266 StGB die Frage der Nichtigkeit des Schiffsbauvertrags nach § 134 BGB i.V.m. § 299 StGB zu prüfen.
59
(3) Soweit der Kläger weiter geltend macht, dass seine Ausführungen zur Garantenstellung als folgerichtig und daher positiv zu berücksichtigen seien oder dass sie jedenfalls der Bewertung der Klausur zugrunde gelegt werden müssten, was offensichtlich nicht gemacht worden sei, zeigt er damit keine Bewertungsfehler auf.
60
Weder die Bemerkung des Erstprüfers auf dem Bewertungsschema noch die Stellungnahmen der Prüfer geben Anlass zu der Annahme, dass die Prüfer die Ausführungen des Klägers zur Garantenstellung nicht zur Kenntnis genommen hätten.
61
Was die Gewichtung dieser Ausführungen anbelangt, ist ein Bewertungsfehler nicht erkennbar. Die Beurteilungsermächtigung der Prüfer umfasst auch die Frage, welches Gewicht einzelnen (fachlich richtigen) Ausführungen in der Gesamtbewertung zukommt (BVerwG, B.v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 2, 4) und wie Folgefehler, d.h. in sich folgerichtige Weiterführungen eines unrichtigen Ansatzes (BVerwG, B.v. 14.11.1986 - 2 CB 37.86 - BeckRS 1986, 31272740), zu beurteilen sind. Die Prüfer führen übereinstimmend in ihren Stellungnahmen vom 29. August und 4. September 2018 aus, dass die klägerischen Ausführungen nicht als Fehler bewertet worden seien, dass aber auch kein Anlass bestehe, diese Passagen als besonders positiv zu bewerten, da dies vorausgesetzt hätte, dass der vorherige Gesichtspunkt vertretbar abgehandelt sei, woran es hier mangels einer hinreichenden Begründung für die Annahme der Quasi-Kausalität fehle. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er die Garantenstellung auch vor der Kausalität hätte prüfen können, und dass eine vertretbare Antwort bei der Bewertung nicht abgewertet werden dürfe, ist damit kein Bewertungsfehler dargetan. Der Bewertung kann nur die tatsächlich abgegebene Fassung der Prüfungsarbeit zugrunde gelegt werden. Vorliegend ergibt sich aus der Aufgabenstellung kein Hinweis, dass die Garantenstellung in jedem Fall in einem Hilfsgutachten zu erörtern wäre. Dies lässt sich auch nicht aus der Erwähnung des Begriffs „Geschäftsherrenhaftung“ auf S. 7 der Lösungsskizze herleiten; der Begriff fällt lediglich im Obersatz zum objektiven Tatbestand, eine Prüfung der Voraussetzungen ist in der Lösungsskizze gerade nicht enthalten. Der Bewertungsgrundsatz, wonach eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden dürfe (BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - juris Rn. 57), ist vorliegend nicht berührt, da nach Auffassung der Prüfer die Annahme der Quasi-Kausalität nicht hinreichend begründet ist. Ein Anspruch des Prüflings, dass zutreffende Ausführungen, die einer unzureichend begründeten Alternativlösung folgen, in gleicher Weise positiv zu würdigen wären, besteht nicht; vielmehr handelt es sich dabei um Folgefehler. Dass die Prüfer bei deren Würdigung ihren Beurteilungsspielraum überschritten hätten, ist nicht ersichtlich.
62
(4) Die Rüge des Klägers, es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass er die sich bei der Prüfung der Strafbarkeit der V nach § 266 StGB (3. Tatkomplex) stellenden Probleme des Vermögensschadens bei der Strafbarkeit des K nach § 266 StGB (4. Tatkomplex) angesprochen habe, und die weitergehende Rüge, es liege ein Austausch des Bewertungssystems vor, haben keinen Erfolg. Soweit der Kläger bezweifelt, dass die Prüfer bei ihrer ursprünglichen Bewertung die Ausführungen auf S. 41 bereits bei der Gesamtbewertung berücksichtigt haben, legt er nicht substantiiert dar, woraus sich seine Zweifel ergeben. Denn im Bewertungsschema zur Prüfungsarbeit des Klägers finden sich zur Strafbarkeit des K nach § 266 StGB Anmerkungen des Erstprüfers („…deren Verletzung verneint“), die darauf schließen lassen, dass er auch die vom Kläger bezeichneten Ausführungen auf S. 41 der Prüfungsarbeit zur Kenntnis genommen hat. Dass im Bewertungsschema keine weitergehenden Erwägungen der Prüfer festgehalten sind, inwieweit die Ausführungen auf S. 41 das Fehlen von Ausführungen im 3. Tatkomplex, Strafbarkeit der V nach § 266 StGB, (teilweise) kompensieren könnten, erlaubt keine weiteren Rückschlüsse. Die Prüfer führen in ihren Stellungnahmen vom 29. August und 4. September 2018 aus, dass sie das Fehlen der Ausführungen beim Vermögensnachteil (3. Tatkomplex, Strafbarkeit der V nach § 266 StGB) nicht durch die Ausführungen auf S. 41 der Prüfungsarbeit kompensiert sehen. Von diesem Standpunkt aus bestand kein Anlass, entsprechende Bemerkungen im stichpunktartigen Bewertungsschema anzubringen. Die Würdigung der Ausführungen auf S. 41 der Prüfungsarbeit durch die Prüfer lässt auch keinen Bewertungsfehler erkennen. Wie oben ausgeführt, umfasst der Beurteilungsspielraum der Prüfer auch die Frage, wie einzelne Ausführungen in der Gesamtbewertung zu gewichten sind (BVerwG, B.v. 2.6.1998 - 6 B 78/97 - juris Rn. 4). Die Würdigung der Ausführungen auf S. 41 durch die Prüfer in ihren Stellungnahmen vom 29. August und 4. September 2018 ist im Hinblick auf das Bewertungsschema nachvollziehbar, das beim 3. Tatkomplex, Strafbarkeit der V nach § 266 StGB, zum Vermögensnachteil deutlich weitergehende Aspekte enthält als die knappen Ausführungen auf S. 41 der Prüfungsarbeit des Klägers.
63
(5) Soweit der Kläger moniert, beim 4. Tatkomplex, Strafbarkeit des G nach § 266 StGB, sei zu Unrecht beanstandet worden, dass er von einem normalen Abwicklungsschaden ausgehe und diesen nur auf Saldierungsfragen diskutiere, dringt er damit nicht durch. Die Prüfer weisen darauf hin, dass es in der Prüfungsaufgabe gerade nicht zur Auszahlung des Schmiergelds komme. Sie bemängeln, dass in der Prüfungsarbeit Ausführungen dazu fehlten, wie allein der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts einzuordnen sei; es sei erwartet worden, dass die Bearbeiter die Möglichkeit einer Vermögensgefährdung erkennen und deren Schadenscharakter problematisieren würden. Soweit der Kläger hierzu im Widerspruch ausführt, dass der Abschluss eines überteuerten Vertrags bereits für sich genommen einen Vermögensschaden und nicht erst eine Vermögensgefährdung darstelle, da die Ansprüche - trotz Nichtigkeit - in das Vermögen des jeweiligen Anspruchsinhabers übergingen, ist damit kein Bewertungsfehler aufgezeigt. Denn in der Prüfungsarbeit sind derartige Ausführungen, dass bzw. unter welchen Voraussetzungen auch der bloße Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zu einem Vermögensnachteil führe, nicht enthalten, der Kläger geht schlicht nicht darauf ein, dass zu diesem Zeitpunkt lediglich das Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen ist. Die diesbezügliche Prüferkritik ist daher zutreffend. Der Kläger legt auch nicht substantiiert dar, dass sich hierzu jegliche Ausführungen erübrigten; insbesondere ergibt sich aus der im Schriftsatz vom 9. März 2022 angeführten Literaturstelle bei Perron in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, zu § 263 Rn. 128 ff. nicht, dass dort stets bereits mit Abschluss eines ungünstigen Vertrags ein Schaden angenommen und durch Vergleich der gegenseitigen Verpflichtungen ermittelt würde und dass sich damit eine Differenzierung zwischen Verpflichtungsgeschäft und Abwicklung erübrigen würde (vgl. dort Rn. 131).
64
(6) Soweit der Kläger bei der Korrektur von Teil III die Widersprüchlichkeit der Prüferstellungnahmen bzw. ein Nachschieben von Gründen beanstandet, legt er keinen Bewertungsfehler dar. In der abschließenden Bemerkung auf dem Bewertungsschema heißt es, bei Frage 2 überzeuge der Kläger völlig, bei Frage 3 sei dies nicht anders, jedenfalls bei erheblichen Aufgabenteilen. Dies lässt sich im Bewertungsschema nachvollziehen, bei der bei dem Punkt „Milderungsgründe“ „missverstanden“ vermerkt ist. Inwiefern sich ein Widerspruch ergibt, wenn der Erstprüfer in seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 zur Gesamtgewichtung ausführt, der Kläger habe „die Teile II und III zwar nicht perfekt, aber recht ordentlich bearbeitet“, ist nicht ersichtlich. Denn letztere Bemerkung stellt keine Erläuterung der Bewertung der Teile II und III, sondern der Gewichtung der Teile dar und fasst daher die Qualität der Bearbeitung knapper zusammen. Weiter ist auch in der Bemerkung, „…schlägt nur begrenzt zu Buche“ kein Bewertungsfehler ersichtlich; der Erstprüfer erläutert lediglich die Folgen daraus, dass Teil I ein etwa doppelt so großes Gewicht zukomme wie den Teilen II und III zusammen. Soweit der Erstprüfer (Stellungnahme vom 29. August 2018) „kursorische und nicht ausreichende Ausführungen“ bzw. in Zeitnot „hingeworfene“ Feststellungen des Klägers bemerkt, bezieht sich diese Kritik entgegen der klägerischen Darstellung nicht auf Teil II und III, sondern auf die Ausführungen des Klägers zu Teil III (4. Spiegelstrich); dass diese Teilfrage von Teil III aus Sicht der Prüfer nicht hinreichend beantwortet ist, ergibt sich bereits aus der Anmerkung im Bewertungsschema.
65
Weiter rügt der Kläger zu Teil III ohne Erfolg, die Prüfer kaprizierten ihre Kritik dahingehend, dass § 49 Abs. 2 StGB nicht erwähnt werde, obwohl danach nicht ausschließlich in der Teilaufgabe III gefragt gewesen sei; er habe sich zulässigerweise im Rahmen der weiten Fragestellung dem Sonderproblem bei § 113 Abs. 4 Satz 1 StGB (kein Anwendungsraum) gewidmet; die Ausführungen seien richtig und hätten nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Prüfer führen in ihren Stellungnahmen im Wesentlichen aus, bei der letzten Frage von Teil III sei es maßgeblich auf § 49 Abs. 2 StGB und die dort vorgesehene Strafrahmenverschiebung, die Möglichkeit des Absehens von Strafe und das Treffen einer Ermessensentscheidung durch das Gericht auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung von Tat und Täter angekommen; zu § 49 Abs. 2 StGB und die Aspekte der gerichtlichen Ermessensentscheidung fehlten Ausführungen. Diese Prüferkritik ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die letzte Frage von Teil III richtet sich darauf, was mit der Rechtsfolgenanordnung in § 113 Abs. 4 Satz 1 sowie § 113 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StGB gemeint ist, und fordert eine Erläuterung, worauf in diesen Fällen entschieden werden kann und muss. Nach den zitierten Normen kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2 StGB) oder von Strafe absehen. Die Erwartung der Prüfer, dass die in den zitierten Normen ausdrücklich genannte Vorschrift des § 49 Abs. 2 StGB sowie die Möglichkeit des Absehens von Strafe und die gerichtliche Ermessensentscheidung erläutert werden, ergibt sich damit unmittelbar aus der Aufgabenstellung. Die hieraus folgende Prüferkritik, dass der Kläger weder § 49 Abs. 2 StGB erwähnt noch auf die Aspekte der gerichtlichen Ermessensentscheidung eingeht, ist mit Blick auf die Ausführungen des Klägers auf S. 59/60 der Prüfungsarbeit zutreffend. Weiter ergeben sich weder aus dem Bewertungsschema noch aus den Stellungnahmen der Prüfer Hinweise darauf, dass die Prüfer die Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen oder diese als unrichtig kritisiert hätten. Soweit der Kläger die Bemerkungen des Erstprüfers auf dem Bewertungsschema zu dieser Frage („missverstanden“) kritisiert, hat der Erstprüfer mit seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 nachvollziehbar ausgeführt, dass er die unvollständigen Ausführungen des Klägers darauf zurückgeführt habe, dass der Kläger die Aufgabenstellung womöglich nicht richtig erfasst habe, und dass diese Bemerkung keine eigenständige Bewertungsrelevanz habe. Die vom Kläger hieran geäußerten Zweifel sind nicht substantiiert dargelegt.
66
(7) Mit seiner Rüge, die über das Bewertungsschema hinaus angesprochenen Aspekte seien nicht gewürdigt und bewertet worden, hat der Kläger keinen Erfolg. Der Erstprüfer verweist in seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 darauf, dass eine Bearbeitung dieser Fragen nicht erwartet worden sei, und dass dies nicht bedeute, dass ihre in der Regel auch sehr kursorisch bleibende Thematisierung zu einer höheren Bewertung führen müsse. Der Zweitprüfer führt aus, bei den zusätzlich geprüften Punkten handele es sich um Aspekte von eher untergeordneter Bedeutung. Soweit der Kläger bezweifelt, dass seine zusätzlichen Ausführungen zur Kenntnis genommen worden seien, ist aus den Stellungnahmen der Prüfer ersichtlich, dass diese seine zusätzlichen Ausführungen gewürdigt haben, ihnen aber nur ein geringes Gewicht zugemessen haben. Die Prüferbemerkung, dass die Zusatzprüfungen in der Regel eher knapp ausfallen, lässt sich anhand der Prüfungsarbeit des Klägers nachvollziehen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die von den Prüfern vorgenommene Würdigung der zusätzlich angesprochenen Aspekte den Beurteilungsspielraum überschreitet.
67
(8) Die Rüge, die Teile II und III würden von den Prüfern beurteilungsfehlerhaft nicht als nahezu gleichwertige Teilaufgaben behandelt bzw. die Gewichtung der Teilaufgaben sei nicht nachvollziehbar, bleibt ohne Erfolg.
68
Warum für die Teile II und III ein „gesonderter Notenbereich“ zu bilden sei, wird aus dem Klägervortrag nicht deutlich. Die Gewichtung der Aufgabenteile wird vom Erstprüfer in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren dahingehend erläutert, dass Teil I etwa doppelt so viel wiege wie Teil II und III zusammen. Der Zweitprüfer führt im Ergebnis übereinstimmend aus (Stellungnahme vom 4. September 2018), der Schwerpunkt der Prüfungsarbeit liege auf Teil I, die Teile II und III würden zwar nicht völlig in den Hintergrund treten, aber seien doch von eher untergeordneter Bedeutung. Die Einschätzung der beiden Prüfer ist mit Blick auf den Sachverhalt, den Umfang der im Bewertungsschema aufgeführten Punkte und auch der Prüfungsarbeit des Klägers nachvollziehbar; die Einwände des Klägers gegen diese Gewichtung „trotz des Umfangs und des erhöhten Schwierigkeitsgrads“ und mit Blick auf die behandelten „höchst anspruchsvollen Rechtsfragen“ der Teile II und III bleiben pauschal und zeigen nicht konkret auf, aus welchen Gründen die vorgenommene Gewichtung beurteilungsfehlerhaft sein könnte.
69
(9) Soweit der Kläger beanstandet, dass die ursprüngliche Begründung der Bewertung durch die beiden Prüfer im beigefügten Bewertungsschema, insbesondere die Kennzeichnung mit „+“ oder „-“ bei einzelnen Abschnitten der Prüfungsleistung ohne Begründung, nicht ausreichend sei, außerdem nicht erkennen lasse, welcher Bewertung ein „+“ entspreche, und sowohl die Benennung der maßgeblichen Kriterien der prüfungsspezifischen Bewertung als auch eine nachvollziehbare Subsumtionsleistung in Bezug auf die Leistung des Klägers fehle, haben die Prüfer ihre Bewertung auf die Rügen des Klägers hin durch die Stellungnahmen vom 29. August 2018, 20. März 2022 und 17. Juli 2022 (Erstprüfer) und vom 4. September 2018 und 26. April 2022 (Zweitprüfer) näher erläutert. Nach den unter (1) dargestellten Grundsätzen sind diese ergänzenden Stellungnahmen als Begründung zu berücksichtigen, zumal sie im Wesentlichen bereits im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingebracht wurden. Ob und inwieweit die in der Bewertungsübersicht enthaltene Begründung allein ausreichend war, ist daher nicht mehr zu entscheiden.
70
Soweit der Kläger weiter rügt, dass die Prüfer die Anwendung der prüfungsspezifischen Wertungen auf seine Prüfungsleistung unzureichend dargelegt hätten, ergibt sich hieraus kein Begründungsmangel. Ausgangspunkt für die Pflicht zur Begründung der Bewertung ist, dass ein Prüfling sein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf Erhebung substantiierter Einwendungen sowie auf Überdenken der beanstandeten Bewertungen seiner Prüfungsarbeit nur dann wirksam ausüben kann, wenn zumindest die maßgeblichen Gründe, die die Prüfer zu der Bewertung veranlasst haben, und die von ihnen zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe aus der Begründung erkennbar sind (BVerwG, U.v. 16.3.1994 - 6 C 5/93 - juris Rn. 33 m.w.N.). Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass Gegenstand der Klage keine reine Themenklausur ist, bei der dem Prüfling eine größere Freiheit der Gestaltung und Prüfern eine größere Freiheit bei der Bewertung zukommen würde. Vielmehr beinhalten ganz überwiegende Teile der Prüfungsaufgabe (Teil I und II) die Lösung eines konkreten Falls; damit sind sowohl der Aufbau der Lösung als auch die zu erörternden Aspekte durch die Fragestellung größtenteils vorgegeben. Auch in Teil III wird durch die zu erörternden vier umfassend vorgegebenen Gesichtspunkte die Antwort weitgehend vorstrukturiert. Bereits aus dem Bewertungsschema ist in Stichpunkten ersichtlich, zu welchen Punkten die Prüfer Ausführungen erwartet hatten; in der Schlussbemerkung auf der Bewertungsübersicht haben sich die Prüfer auch zu prüfungsspezifischen Wertungen wie dem Schwierigkeitsgrad der Aufgaben geäußert. Weiter erläutern die Prüfer in ihren nachfolgenden Stellungnahmen zu den Rügen des Klägers auch prüfungsspezifische Wertungen. In diesen Stellungnahmen sind unter anderem die Gewichtung, eine Einschätzung des Schwierigkeitsgrads und insbesondere auf die Rügen des Klägers hin auch Ausführungen zu den Stärken und Schwächen seiner Arbeit enthalten. Vor diesem Hintergrund ist nicht substantiiert dargelegt, in welcher Beziehung eine noch weitergehende Erläuterung der prüfungsspezifischen Wertungen für einen effektiven Grundrechtsschutz erforderlich wäre.
71
(10) Soweit der Kläger beanstandet, es sei nicht nachvollziehbar, wie die Gesamtnote zustande komme und warum die Note nicht vollbefriedigend oder gut sei, ist ein Bewertungsfehler nicht ersichtlich.
72
Mit der Rüge, die Bemerkung der Prüfer auf der Bewertungsübersicht zu Teil II und III stehe diametral zu der (Gesamt-) Bewertung auf dem Bewertungsschema, ist weder Widersprüchlichkeit noch fehlende Nachvollziehbarkeit der Bewertung dargetan. Der Kläger zitiert die Prüferbemerkungen zu Teil III unvollständig und lässt die Prüferstellungnahmen zu Teil I und zur Gewichtung der Teile außen vor.
73
Was die Gesamtbewertung anbelangt, verweist der Erstprüfer zunächst auf seine Stellungnahme zu den Rügen zu Teil I, sodann darauf, dass einzelne Tatbestände nicht geprüft worden seien und dass Unsicherheiten bei § 266 StGB bestünden; zusammen mit den markierten Ungenauigkeiten und Fehlern sei dies von einigem Gewicht gewesen. Der Zweitprüfer führt aus, gerade in Teil I unterliefen dem Kläger Fehler, die durch die übrige Bearbeitung nicht in dem Maße aufgewogen würden, als dass man von einer bereits überdurchschnittlichen Anforderungen genügenden Leistung sprechen könne. Entgegen dem klägerischen Vorbringen stützen sich die Prüfer damit nicht allein auf die fehlende Prüfung einzelner Tatbestände oder nicht näher bezeichnete Ungenauigkeiten und Fehler; vielmehr nehmen beide Prüfer auf die in ihren Stellungnahmen zu den Rügen des Klägers im Einzelnen benannten Kritikpunkte Bezug. Vor dem Hintergrund der von den Prüfern vorgenommenen Gewichtung der Teilaufgaben erscheint die Gesamtbewertung nachvollziehbar; es ist nicht ersichtlich, dass die von den Prüfern vorgenommene Gewichtung und Abwägung der Stärken und Schwächen der Prüfungsarbeit die Grenzen der Beurteilungsermächtigung überschreiten würde.
74
(11) Die Rüge eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz bleibt ohne Erfolg. Der Grundsatz der Chancengleichheit gebietet es, dass bei allen Prüflingen die gleichen Bewertungsmaßstäbe zugrunde gelegt werden. Chancengleichheit im Prüfungsrecht bedeutet Gleichheit in der Anwendung ausschließlich rechtmäßiger Maßstäbe (BVerwG, U.v. 9.8.1996 - 6 C 3/95 - juris Rn. 47). Die Frage der Gleichheit oder Vergleichbarkeit von Leistungen unterliegt ihrerseits einer prüfungsspezifischen, der gerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogenen Wertung (BayVGH, U.v. 12.4.2000 - 7 B 99.1899 - juris Rn. 25). Einem Prüfling ist es daher grundsätzlich verwehrt, durch einen wertenden Vergleich mit einer anderen Prüfungsarbeit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit in der Form des Gleichbewertungsgebots darzutun, wenn er nicht nachweisen kann, dass beide Prüfungsleistungen in einzelnen oder allen Punkten gleich sind, jedoch vom selben Prüfer unterschiedlich bewertet wurden (BayVGH, U.v. 12.4.2000 - 7 B 99.1899 - juris Rn. 26). Ein Prüfling kann sich auf eine dem Gleichheitssatz widersprechende Begünstigung eines anderen Prüflings so lange nicht berufen, wie seine eigenen Prüfungsleistungen unter Einhaltung des gebotenen Verfahrens fehlerfrei bewertet werden; der Gleichheitssatz kann sich nur auswirken, wenn die Leistungen des einen Prüflings in gewisser Abhängigkeit von den Leistungen anderer - ungerechtfertigt bevorzugter - Mitprüflinge zu bewerten sind (BayVGH, U.v. 12.4.2000 - 7 B 99.1899 - juris Rn. 28; Fischer in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 667, 537 m.w.N.).
75
Der Kläger hat mit dem Vergleich der Bewertungsübersichten nicht substantiiert dargelegt, dass seine Leistung und die des Verfassers der Vergleichsarbeit gleich sind. Ohne Vorlage der Vergleichsarbeit und substantiierten Vortrag hierzu ist die Frage der Gleichheit bzw. Vergleichbarkeit der Arbeiten nicht überprüfbar. Wie aus den Erläuterungen der Prüfer zur Prüfungsarbeit des Klägers ersichtlich, war für die Bewertung über das Erwähnen von Straftatbeständen und Tatbestandsmerkmalen hinaus die Art und Tiefe von Begründung und Argumentation von wesentlicher Bedeutung; diese Aspekte lassen sich nur anhand der Prüfungsarbeiten nachvollziehen. Auf die weitere Frage, ob die Vergleichsarbeit möglicherweise zu günstig bewertet ist und ob sich der Kläger hierauf überhaupt berufen könnte (BayVGH, U.v. 12.4.2000 - 7 B 99.1899 - Rn. 28; VG Regensburg, U.v. 8.8.2012 - RO 1 K 11.800 - juris Rn. 43), kommt es daher nicht an.
76
Nur ergänzend wird darauf verwiesen, dass die vom Kläger behauptete Gleichheit der Ausführungen unter Verweis auf die Bemerkungen in den Bewertungsschemata bereits deshalb nicht plausibel ist, weil das Bewertungsschema zur Vergleichsarbeit auch vom Kläger nicht thematisierte positive Bemerkungen enthält zu Punkten, die in der Arbeit des Klägers kritisiert werden (z.B. 2. Tatkomplex, Strafbarkeit des G nach § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB, Vermögensverfügung durch Zustimmung M/R, 4. Tatkomplex, Strafbarkeit des G nach § 266 StGB, Vermögensnachteil). Soweit der Kläger eine unterschiedliche Gewichtung des Fehlens der Prüfung von § 266 StGB, §§ 263, 22 StGB und bei Teil III zu den Milderungsgründen geltend macht, lässt sich dieser Vortrag bereits nicht auf die Bewertung der Prüfungsarbeit des Klägers stützen, da die Prüfer ihre Bewertung nicht allein mit dem Fehlen der Prüfung der genannten Straftatbestände und der Milderungsgründe bei Teil III, sondern auch mit den weiteren in ihren Stellungnahmen näher erläuterten Kritikpunkten begründen.
77
(12) Soweit geltend gemacht wird, der Erstprüfer habe das Sachlichkeitsgebot missachtet, wenn in seiner Stellungnahme vom 20. März 2022 zur Rüge der Ungleichbehandlung von einem „wirren“ Vortrag und von „unverschämten Implikationen“ die Rede sei, dringt der Kläger hiermit nicht durch. Das Rechtsstaatsgebot und der Grundsatz der Chancengleichheit, aus denen auch der Anspruch des Prüflings auf ein faires Prüfungsverfahren folgt, steuern auch das Verhalten des Prüfers bei der Bewertung der Prüfungsleistung und verpflichten diesen, sich bei der Beurteilung einer Prüfungsleistung stets zur Sachlichkeit verpflichtet zu wissen (vgl. BVerwG, U.v. 20.9.1984 - 7 C 57/83 - juris Rn. 34 ff.). Hierzu zählt etwa, dass der Prüfer die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt, sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner dass er gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufbringt (BVerwG, U.v. 20.9.1984 - 7 C 57/83 - juris Rn. 36). Die Prüferbemerkungen auf dem Bewertungsschema, die im Rahmen der Korrektur der Arbeit angefertigt wurden, und die Stellungnahme des Erstprüfers im Widerspruchsverfahren sind sachlich und zeugen von der notwendigen Gelassenheit und emotionalen Distanz. Verstöße gegen das Sachlichkeitsgebot sind diesbezüglich weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die beanstandete Äußerung des Erstprüfers fiel erst während des Klageverfahrens und bezog sich nicht auf die Prüfungsleistung des Klägers, sondern allein auf eine erst dort erhobene Rüge des Klägers. Vor diesem Hintergrund ist ein Bezug der beanstandeten Äußerung zur Leistungserhebung oder zum Vorgang der Bewertung durch den Prüfer nicht ersichtlich.
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Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf das Sachlichkeitsgebot Zweifel daran äußert, ob der Prüfer in der Lage sei, „Einwände gegen seine Bewertung kritisch zu hinterfragen“, bleibt die Rüge auch mit dieser Zielrichtung ohne Erfolg. Der Erstprüfer hat sich in seiner Stellungnahme vom 29. August 2018 sachlich und teilweise sehr ausführlich mit den Argumenten des Klägers auseinandergesetzt; allein die Tatsache, dass der Erstprüfer an seiner ursprünglichen Bewertung festhält, bietet keinen Anhalt dafür, dass er nicht bereit und in der Lage wäre, seine Korrektur zu überprüfen.
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In Bezug auf die beanstandete Äußerung in der Stellungnahme vom 20. März 2022 kann dahinstehen, welche Anforderungen im Einzelnen sich aus dem Sachlichkeitsgebot für Prüferäußerungen zu klägerischen Rügen im Gerichtsverfahren ergeben. Bereits für Randbemerkungen zu schriftlichen Prüfungsarbeiten geht die Rechtsprechung davon aus, dass diesbezüglich ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist als bei mündlichen Prüfungen, da selbst Grobheiten in schriftlichen Randbemerkungen nicht zu einer leistungsmindernden Einschüchterung oder Verunsicherung des Prüflings führen; auch aus dem gelegentlichen Gebrauch von „Kraftausdrücken“ in Randbemerkungen kann noch nicht der Schluss gezogen werden, der Prüfer habe das Gebot der Sachlichkeit verletzt (BVerwG, U.v. 17.7.1987 - 7 C 118/86 - juris Rn. 12; U.v. 20.9.1984 - 7 C 57/83 - juris Rn. 36). Dies gilt erst recht für Prüferäußerungen, die erst nach der Bewertung in Bezug auf vom Prüfling im Klageverfahren erhobene Vorwürfe fallen. Vorliegend bezeichnet der Erstprüfer allein den Vorwurf der Ungleichbehandlung als „wirr begründet“ und verweist auf „unverschämte Implikationen“. In dieser Äußerung ist zwar Verärgerung erkennbar, allerdings bezieht sich die Aussage allein auf eine vom Erstprüfer als unsubstantiiert eingeschätzte Rüge des Klägers, nicht dagegen auf die Prüfungsleistung des Klägers. Alle übrigen Äußerungen des Erstprüfers gehen auf die Rügen des Klägers ein und sind sachlich gehalten. Es lässt sich daher weder ein Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit noch eine hieraus abgeleitete Befangenheit (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 - 6 C 35.92 - juris Rn. 19) des Erstprüfers feststellen.
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bb) Sonstige Prüfungsmängel wurden nicht gerügt und sind auch nicht ersichtlich.
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Die Klage bleibt daher ohne Erfolg.
2. Nach § 154 Abs. 1 VwGO trägt der Kläger die Kosten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.