Titel:
Kein Schadensersatz wegen angeblicher Abgasmanipulation
Normenkette:
BGB § 826
Leitsätze:
1. Das Kriterium der Prüfstandbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwar ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei aber dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Anders als eine Software zur Prüfstanderkennung zielt die temperaturgesteuerte Abgasrückführung darauf, dass die Abgasrückführung temperaturabhängig an- beziehungsweise abgeschaltet wird. Wenn diese temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung nicht zwischen Prüfstand und realem Betrieb unterscheidet, sondern sich nach der Temperatur richtet, ist sie nicht offensichtlich auf eine „Überlistung“ der Prüfungssituation ausgelegt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prüfstandbezogenheit, Thermofenster, OBD-System, Schädigungsvorsatz, Aufheizstrategie
Vorinstanz:
LG Augsburg, Urteil vom 04.07.2022 – 25 O 4364/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 28218
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 4.7.2022, Az. 025 O 4364/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten. Das klageabweisende Ersturteil des Landgerichts Augsburg vom 4.7.2022 entspricht der Sach- und Rechtslage.
Die hiergegen von der Berufung erhobenen Rügen verfangen nicht. Entscheidungserhebliche Rechtsfehler im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO sind nicht ersichtlich und werden von der Berufung auch nicht aufgezeigt.
Zu den Berufungsangriffen des Klägers im Schriftsatz vom 5.10.2022 (Bl. 207 ff. d. A.) ist im Einzelnen Folgendes zu bemerken:
Entscheidungsgründe
1
I. Vertragliche Ansprüche:
2
Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien kommt allenfalls eine deliktische Haftung der Beklagten im Zusammenhang mit dem am 5.6.2014 erfolgten Erwerb des Gebrauchtfahrzeugs Audi A 6 allroad 3.0 TDI, Fahrzeugidentifikationsnummer, aus gestattet mit einem TDI-Dieselmotor 3.0 l, 180 kW (245 PS), Erstzulassungsdatum 19.6.2013, Schadstoffklasse Euro 5 beim, in Betracht.
3
II. §§ 311 Abs. 3, 280 Abs. 1 BGB:
4
Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus §§ 311 Abs. 3, 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte war an den Kaufvertragsverhandlungen des Klägers mit dem Verkäufer nicht selbst beteiligt. Zwar können nach den Grundsätzen der Sachwalterhaftung auch solche Personen, die nicht unmittelbar Vertragspartei geworden sind, einer Schadensersatzhaftung unterfallen, wenn sie in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen haben und dadurch einem Beteiligten eine zusätzliche, gerade von ihnen persönlich ausgehende Gewähr für Bestand und Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts geboten haben (vgl. Urteil des BGH vom 29.1.1997, VIII ZR 356/95). Hier hat der Kläger indes nicht konkret dargelegt, dass die Beklagte in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch den Gang der Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat.
5
III. Deliktische Ansprüche:
7
Zutreffend hat das Landgericht Augsburg eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB verneint.
8
Auch der Senat vermag auf der Basis des gesamten klägerischen Vortrags in einer Zusammenschau aller Gesichtspunkte nicht darauf zu schließen, dass die Beklagte hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs in sittenwidriger Weise gehandelt hat. Nach Gesamtabwägung aller Umstände fehlt es vorliegend sowohl an der schlüssigen Darlegung der objektiven Sittenwidrigkeit als auch eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten.
9
Die Klagepartei, die einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, das heißt sowohl für die Umstände, die die Schädigung und deren Sittenwidrigkeit in objektiver Hinsicht begründen, als auch für den zumindest bedingten Vorsatz des Schädigers hinsichtlich des Vorliegens dieser Umstände (vgl. Urteil des BGH vom 25.5.2020, VI ZR 252/19).
10
Hierbei ist das Kriterium der Prüfstandbezogenheit grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden (vgl. Beschluss des BGH vom 29.9.2021, VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 18).
11
Zwar ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderung erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten. Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrunde liegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (ständige Rechtsprechung des BGH, so auch Urteile des BGH vom 18.5.2021, VI ZR 401/19, und vom 13.7.2021, VI ZR 128/20).
12
Nach Gesamtbetrachtung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der klägerseits vorgetragenen/vorgelegten Gutachten/Stellungnahmen, Messergebnisse, Berichte, Bescheide/Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und Medienberichterstattungen sowie der von ihm benannten Zeugen zeigt der Kläger indes keinen Vortrag auf, aus dem sich - über die bloße pauschale Behauptung hinaus - greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer solchen Steuerungsstrategie in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ergeben könnten (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 27; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 23). Nach Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte hat die Klagepartei hier weder schlüssig dargetan, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die an eine Prüfstanderkennung angeknüpft wäre bzw. an Bedingungen, die faktisch nahezu ausschließlich auf dem Prüfstand eintreten, noch Umstände substantiiert dargelegt, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen.
13
a. „Thermofenster“: aa. Hinsichtlich der temperaturbedingten Abgasrückführung fehlt es auch unter Berücksichtigung des gesamten klägerischen Vortrags bereits an einer Darlegung der objektiven Sittenwidrigkeit.
14
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, so auch Urteile des BGH vom 30.7.2020, VI ZR 5/20, und vom 25.5.2020, VI ZR 252/19). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (ständige Rechtsprechung des BGH, so auch Urteil des BGH vom 13.7.2021, VI ZR 128/20, und Beschlüsse des BGH vom 9.3.2021, VI ZR 889/20, und 19.1.2021, VI ZR 433/19).
15
Nach diesen Grundsätzen reicht der Umstand, dass die Abgasrückführung im Fahrzeug des Klägers eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems enthält, nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben.
16
Soweit der Kläger behauptet, die Abgasrückführung werde bei Außentemperaturen unterhalb von 17° C zurückgefahren und unterhalb von Temperaturen von 5° C komplett abgeschaltet, ist bereits keine exakte Prüfstanderkennung substantiiert dargetan, da die NEFZ-Prüfbedingungen im Temperaturbereich von 20° C und 30° C liegen.
17
Dabei kann zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren ist. Gleichwohl wäre der darin liegende Gesetzesverstoß für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wird. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. Beschluss des BGH vom 19.1.2021, VI ZR 433/19).
18
Anders als eine Software zur Prüfstanderkennung zielt die temperaturgesteuerte Abgasrückführung auch nach klägerischem Vortrag darauf, dass die Abgasrückführung temperaturabhängig anbeziehungsweise abgeschaltet wird. Wenn diese temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung nicht zwischen Prüfstand und realem Betrieb unterscheidet, sondern sich nach der Temperatur richtet, ist sie nicht offensichtlich auf eine „Überlistung“ der Prüfungssituation ausgelegt (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2020, 9904 Rn. 30). Der Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ist nicht von vornherein durch Arglist geprägt (vgl. Beschlüsse des BGH vom 19.1.2021, VI ZR 433/19, und vom 9.3.2021, VI ZR 889/20).
19
Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die handelnden bzw. verantwortlichen Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. Urteil des BGH vom 13.7.2021, VI ZR 128/20, und Beschlüsse des BGH vom 19.1.2021, VI ZR 433/19, und vom 9.3.2021, VI ZR 889/20).
20
Bei einer die Abgasreinigung beeinflussenden Motorsteuerungssoftware, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motor- bzw. des Bauteilschutzes - jedenfalls bis zur Entscheidung des EuGH vom 17.12.2020 (C-693/18) - als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden konnten, kann bei Fehlen jedweder, konkreter Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden.
21
Angesichts der allgemein bekannten Informationen und der Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung war die Auslegung einer unbestimmten Norm, wonach diese eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes (vgl. zur Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) der VO 2007/715/EG auch die Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium eingesetzten Untersuchungskommission „Volkswagen“, Stand April 2016, S. 126, zitiert nach OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 585, demnach ein Gesetzesverstoß durch die von den Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vorliege) und möglicherweise auch einer gewissen Kostensensibilität (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2020, 9904 Rn. 39) kann ohne weitere Anhaltspunkte nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 585; OLG Koblenz, BeckRS 2020, 21725 Rn. 21).
22
Nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei indes derartige weiteren Umstände nicht konkret dargetan. Insbesondere fehlt ein substantiierter Sachvortrag, dem für ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen wären.
23
(1) Soweit der Kläger pauschal behauptet, die Beklagte habe den Einbau des „Thermofensters“ im Typgenehmigungsverfahren gegenüber dem KBA nicht offengelegt und das KBA aus eigenem Kosten- und Gewinninteresse jahrelang bewusst und gewollt getäuscht, hilft dies nicht weiter.
24
Hierbei handelt es sich um eine bloße unsubstantiierte Behauptung des Klägers, die nicht geeignet ist, das Bewusstsein der Beklagten über die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu begründen.
25
Die Beklagte hat hierzu bereits erstinstanzlich erklärt, dass im Fahrzeug keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien. Das Thermofenster diene dem Motorschutz und stelle aus ihrer Sicht keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Auch habe sie das KBA nicht getäuscht. Vielmehr seien Thermofenster in sämtlichen in den letzten Jahren in der EU produzierten Dieselfahrzeugen enthalten. Beim Thermofenster handele es sich um einen gängigen Industriestandard, der dem KBA zum Zeitpunkt der Erteilung der Typgenehmigung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp bekannt gewesen sei.
26
Schließlich bleibt auch festzuhalten, dass, selbst wenn die Beklagte verwaltungsrechtlich weitere Angaben zum Abgasrückführungssystem hätte machen müssen, es zivilrechtlich nicht anginge, dies ohne weiteres mit konkreten Falschangaben gleichzusetzen (vgl. hierzu auch Hinweisbeschluss des OLG München vom 1.3.2021, 8 U 4122/20).
27
Selbst wenn die Beklagte erforderliche Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen. Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden, vermag der Senat nach einer Gesamtwürdigung hier nicht zu erkennen (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 16.9.2021, VII ZR 286/20).
28
(2) Soweit der Kläger zur Manipulation des On-Board-Diagnosesystems (OBD-System) vorträgt, hilft auch dies nicht weiter.
29
Veranlassung des OBD-Systems für eine Messung von Schwellenwerten besteht nur im Fall des Ausfalls emissionsrelevanter Bauteile und Systemebereiche; hingegen ist es nicht Aufgabe des OBD-Systems, konstante Messungen der Schadstoffemissionen vorzunehmen, bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte Signale zu setzen bzw. zu speichern oder zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden. Arbeitet eine Abschalteinrichtung - sei sie rechtlich zulässig oder unzulässig - mithin technisch so, wie sie programmiert ist, liegt eine Fehlfunktion nicht vor, so dass die Anzeige einer Fehlfunktion nicht veranlasst ist (vgl. Urteil des BGH vom 8.12.2021, VIII ZR 190/19). Vor diesem Hintergrund liegt bereits eine anzeigepflichtige Fehlfunktion bei Überschreitung der Emissionsgrenzwerte im realen Fahrbetrieb nicht vor. Durfte die Beklagte nämlich - wie hier - das Thermofenster zumindest vertretbar für eine zulässige Abschalteinrichtung halten, durfte sie auch das OBD-System so ausgestalten, dass es den Einsatz des Thermofensters nicht als Fehler anzeigt (vgl. hierzu Hinweisbeschluss des BGH vom 15.9.2021, VII ZR 2/21).
30
bb. Ebenso fehlt es an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz.
31
Der gemäß § 826 BGB erforderliche Vorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben (vgl. Urteil des BGH vom 25.5.2020, VI ZR 252/19). Der Vorsatz muss sich auch auf den Schaden erstrecken. Eine nur allgemeine Vorstellung über eine etwa mögliche Schädigung genügt nicht. Er muss die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen haben (vgl. Urteil des BGH vom 25.5.2020, VI ZR 252/19).
32
Ein Schädigungsvorsatz der Beklagten bzw. ihrer verfassungsmäßigen Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) lässt sich entgegen dem klägerischen Vortrag auch nicht daraus ableiten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Strategieentscheidung mit einem temperaturbedingten Abgasrückführung ausgestattet ist. Allein aus der - unterstellten - objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung in Form der temperaturbedingten Abgasrückführung kann noch nicht auf einen Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer geschlossen werden.
33
Vorliegend hat der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Vorstands/des verfassungsmäßigen Vertreters der Beklagten von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorgetragen. Im Hinblick auf die Rechtslage - hinsichtlich der in den Fahrzeugen der Beklagten verbauten temperaturabhängigen Abgasrückführung fehlt es bis heute an einer behördlichen Stilllegung oder einem Zwang zu Umrüstmaßnahmen - ist auch nicht dargetan, dass sich den für die Beklagten tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 16.9.2021, VII ZR 286/20).
34
b. Auch die klägerischen Ausführungen zur „unzulässigen Aufheizstrategie“ mit insgesamt 4 Strategien begründen nach einer Gesamtschau kein verwerfliches Verhalten der Beklagten im Sinne des § 826 BGB. Nach Gesamtbetrachtung aller Umstände handelt es sich insoweit um unsubstantiierte Behauptungen ins Blaue hinein.
35
Auf die zutreffenden Ausführungen auf S. 6 f. des Ersturteils wird Bezug genommen.
36
aa. In dem Rechtsgutachten des vom 19.11.2016 (Anlage K 6) werden ledig lich abstrakte Rechtsfragen behandelt, die nicht darauf schließen lassen, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige oder gar prüfstanderkennende Abschalteinrichtung enthalten ist.
37
bb. Der Hinweis auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-5-Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße genügt nicht (vgl. Urteil des BGH vom 13.7.2021, VI ZR 128/20). Die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ ist als Indiz für eine Abschalteinrichtung, und noch dazu für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der unstreitigen gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, ungeeignet (vgl. Beschluss des BGH vom 15.9.2021, VII ZR 2/21).
38
cc. Auch der auszugsweise vorgelegte Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen hilft nicht weiter, da dieser lediglich zur temperaturbedingten Steuerung der Abgasrückführung bei Außentemperaturen unter 17° C (Thermofenster) ausführt.
39
dd. Soweit der Kläger ausführt, das KBA habe bereits Rückrufbescheide im Hinblick auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp erlassen, hilft auch dies nicht weiter.
40
Zum einen fehlt substantiierter Vortrag, dass das streitgegenständliche Fahrzeug selbst von einem KBA-Rückruf betroffen ist.
41
Soweit der Kläger auf S. 14 der Berufungsbegründung auf die Rückrufaktion 23X6 verweist und auf die Liste der betroffenen Fahrzeuge des KBA (Anlage K 2) Bezug nimmt, genügt dies nicht, da ausweislich der vorgelegten Liste die betroffenen Euro-5-Norm Fahrzeuge eine Leistung von 230 kW haben, während das streitgegenständliche Fahrzeug nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagtenseite eine Leistung von 180 kW aufweist.
42
Auch soweit er zu Rückrufbescheiden von Euro-6-Fahrzeugen ausführt, genügt dies nicht. Weshalb diese Fahrzeuge mit streitgegenständlichem Fahrzeug der Abgasnorm Euro 5 vergleichbar sein sollen, ist weder substantiiert dargelegt, noch ersichtlich. Die bloße Behauptung, in hiesigem Motor würde ebenfalls mit unzulässigen Strategien gearbeitet, genügt nicht.
43
Zum einen begründet allein der verpflichtende Rückruf eines PKW durch das KBA nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung für sich noch keine deliktische Haftung des Motorenherstellers (vgl. Beschluss des BGH vom 29.9.2021, VII ZR 126/21, Urteil des OLG Celle vom 14.4.2021, 7 U 1955/19, Urteil des OLG Koblenz vom 18.1.2021, 12 U 1294/20). Ein verpflichtender Rückruf seitens des KBA kann das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung indizieren, indiziert aber nicht, dass über dieses das KBA bei Erteilung der Typ-Genehmigung getäuscht worden sein müsse (vgl. Beschluss des BGH vom 29.9.2021, VII ZR 126/21). Allein aus dem Umstand, dass für ein Fahrzeug ein Rückruf erfolgt ist, kann nicht der Schluss gezogen werden, es sei ein mitteilungspflichtiger Sachverhalt verheimlicht worden (vgl. OLG München, Endurteil vom 20.8.2021 - 20 U 3366/19, BeckRS 2021, 27271 Rn. 52). Denn es verbietet sich im Rahmen des § 826 BGB ein Verhalten aus der ex post-Perspektive zu bewerten, es also - unter Zugrundelegung heutiger Anschauungen und Verhältnisse - rückwirkend als sittenwidrig einzustufen (vgl. BGH, NJW 2020, 2798 Rn. 31).
44
ee. Soweit der Kläger ausführt, für das Fahrzeug liege eine freiwillige Servicemaßnahme (Anlagen K 12a, BK 1) vor, hilft auch dies nicht weiter.
Eine
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freiwillige
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Kundendienstmaßnahme
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eines
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Herstellers
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Umschaltlogik
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(vgl. Urteil des BGH vom 26.4.2022, VI ZR 435/20).
45
Konkret ergibt sich dies aus der beklagtenseits vorgelegten Auskunft des KBA vom 15.12.2020 zu einem Fahrzeug Audi A 6 Limousine 3.0 l Diesel, 180 kW, der Abgasnorm Euro 5. Dort erklärte das KBA, dass freiwillige Maßnahmen nur bei Fahrzeugen durchgeführt werden, bei deren amtlicher Untersuchung keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde. Ferner stellte es klar, dass bei einer Nichtteilnahme an der freiwilligen Maßnahme keine Betriebsuntersagung droht (Hervorhebung durch den Senat).
46
Schließlich können auch aus einem später erfolgten freiwilligen Softwareupdate keine Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild der Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung - bei § 826 BGB spätestens dem Eintritt des behaupteten Schadens in Form des Vertragsschlusses - gezogen werden (vgl. Beschluss des BGH vom 19.1.2021, VI ZR 433/19). ff. Soweit der Kläger schließlich zu Erkenntnissen aus dem Strafverfahren vor dem Landgericht München II (Az.: 64 Js 22724/19), weiteren Ermittlungsverfahren und hierzu erfolgten Medienberichterstattungen vorträgt und in diesem Zusammenhang Zeugen benennt, hilft auch dies nicht weiter. Die klägerischen Ausführungen betreffen nicht näher genannte Audifahrzeuge mit Dieselmotoren, welche mit einem SCR-Katalysator ausgestattet sind und eine AdBlue-Strategie nutzen. Nach den eigenen klägerischen Ausführungen ist indes im streitgegenständlichen Fahrzeug kein SCR-Katalysator mit AdBlue-Strategie verbaut (vgl. S. 18 unten des klägerischen Schriftsatzes vom 26.4.2022). Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit der Fahrzeuge sind weder substantiiert dargetan noch ersichtlich.
47
c. Auch die klägerischen Ausführungen zu einer 1200-Sekunden-Software bleiben pauschal.
48
Nach Gesamtbetrachtung aller Umstände handelt es sich insoweit um unsubstantiierte Behauptungen ins Blaue hinein.
49
Nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls fehlen greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Prüfstanderkennungssoftware im streitgegenständlichen Fahrzeug. Weder eine objektive Sittenwidrigkeit noch ein Schädigungsvorsatz der Beklagten wurde substantiiert dargetan.
50
d. Vor diesem Hintergrund gehen auch die klägerischen Ausführungen zur sekundären Darlegungslast der Beklagten und zum Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ins Leere.
51
Soweit der Kläger das Vorliegen prüfstanderkennender Abschalteinrichtungen behauptet, ist dieser Vortrag unbeachtlich, da er diesbezüglich willkürliche Behauptungen ins Blaue hinein aufgestellt hat. Ein Sachverständigengutachten sowie weitere Beweiserhebungen sind vor diesem Hintergrund nicht angezeigt (unzulässiger Ausforschungsantrag). Entgegen der Auffassung des Klägers traf die Beklagte auch insoweit keine sekundäre Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen wäre. Denn Anhaltspunkte zur Substantiierung des Vortrags, mit dem der darlegungsbelastete Kläger die Tatbestandsmerkmale der von ihm angezogenen Anspruchsgrundlage ausfüllen muss und die eine sekundäre Darlegungslast erst auslösen könnten, fehlen gerade. Der klägerische Vortrag erschöpft sich vielmehr in Spekulationen und Mutmaßungen (vgl. hierzu auch Beschluss des BGH vom 15.9.2021, VII ZR 2/21).
52
Hinsichtlich des Thermofensters kann dessen Unzulässigkeit unterstellt werden. Diesbezüglicher Vortrag ist damit nicht beweisbedürftig. Insoweit fehlt es aber an der substantiierten Darlegung der objektiven Sittenwidrigkeit und des Schädigungsvorsatzes. Da der Kläger bereits seiner primären Darlegungslast nicht nachgekommen ist, greift auch nicht die sekundäre Darlegungslast der Beklagten.
53
2. zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB:
54
Der Schadensersatzanspruch setzt haftungsbegründend voraus, dass sämtliche objektiven und subjektiven Merkmale des Betrugstatbestands i. S. v. § 263 Abs. 1 StGB erfüllt sind. Hier fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung dieser Merkmale. Weder eine Täuschung noch ein entsprechender Vorsatz der Beklagten wurden vom Kläger substantiiert dargelegt. Gleiches gilt auch für die Bereicherungsabsicht und die in diesem Zusammenhang erforderliche Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden. Allein im Abschluss eines Vertrages, den der Kläger ohne eine Täuschung nicht geschlossen hätte, liegt noch kein Vermögensschaden (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 30.7.2020, VI ZR 5/20).
55
3. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 31 BGB bzw. § 831 BGB, Art. 4, 5 Abs. 1, 2 i. V. m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007,
VO
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(EG
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715/2007
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handelt
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sich
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Schutzgesetze
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i. S.
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823
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2 BGB,
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hier
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maßgeblichen
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wirtschaftlichen
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Selbstbestimmungsrechts
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eines
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Fahrzeugerwer
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Vorschriften der EG-FGV und bzw. den §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. Bei den bers - also des Interesses, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden - bezwecken (ständige Rechtsprechung des BGH, so auch Urteile des BGH vom 25.5.2020, VI ZR 252/19, vom 20.7.2021, VI ZR 1154/20, vom 26.4.2022, VI ZR 435/20, und vom 24.3.2022, III ZR 270/20, Hervorhebung durch den Senat).
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a. Eine Rechtsnorm ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie dasjenige der Allgemeinheit im Auge haben. Nicht ausreichend ist aber, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm nur als ihr Reflex objektiv erreicht wird. Der Schutz muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Außerdem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen ist, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Haftungs- und Beweiserleichterungen zu knüpfen (ständige Rechtsprechung des BGH, so auch Urteile des BGH vom 23.7.2019, VI ZR 307/18 und vom 25.5.2020, VI ZR 252/19). Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB setzt schließlich weiter voraus, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der Norm fallen. Weiter muss der konkret Geschädigte vom persönlichen Schutzbereich der verletzten Norm erfasst sein (vgl. Urteile des BGH vom 23.7.2019, VI ZR 307/18, und vom 25.5.2020, VI ZR 252/19).
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Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Schaden nicht vor.
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Zwar haben die RL 2007/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 insofern drittschützende Wirkung zugunsten der Fahrzeugerwerber, als deren Interesse betroffen ist, „dass ein erworbenes Fahrzeug zur Nutzung im Straßenverkehr zugelassen wird und dass diese Nutzung nicht aufgrund mangelnder Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ bzw. den für diesen Typ geltenden Rechtsvorschriften untersagt wird“ (vgl. Beschluss des BGH vom 10.2.2022, III ZR 87/21 in einem Verfahren, in welchem die Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Erwerb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung versehenen Kraftfahrzeugs auf Amtshaftung in Anspruch genommen wurde).
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Unbeschadet des Umstands, dass den Bestimmungen in Richtlinien grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zukommt und eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen kann und deshalb ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist (vgl. hierzu Urteil des BGH vom 29.1.2020, VIII ZR 80/18, ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. nur EuGH, C-152/84, ECLI:ECLI:EU:C:1986:84 = Slg. 1986, 723 = NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall; C-91/92, ECLI:ECLI:EU:C:1994:292 = Slg. 1994, I-3325 = NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Faccini Dori; C-397/01 bis C-403/01, ECLI:ECLI:EU:C:2004:584 = Slg. 2004, I-8835 = NJW 2004, 3547 Rn. 108 - Pfeiffer; C-441/14, ECLI:ECLI:EU:C:2016:278 = NZA 2016, 537 = ZIP 2016, 1085 Rn. 30 - Dansk Industri; C-122/17, ECLI:ECLI:EU:C:2018:631 = RIW 2018, 674 = BeckRS 2018, 17516 Rn. 42 - Smith), macht der Kläger hier bereits die Verletzung dieses Interesses nicht geltend.
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Der Kläger - Käufer eines nach wie vor zugelassenen Gebrauchtfahrzeugs - verlangt von der Beklagten vielmehr die Erstattung des von ihm an den Verkäufer entrichteten Kaufpreises unter Abzug einer Nutzungsentschädigung. Inhalt seines Vorwurfs ist, dass der Schaden bereits im Abschluss des ungewollten Kaufvertrags liegt.
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Der Kläger macht mithin als verletztes Schutzgut sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend. Diese Interessen werden vom Schutzzweck der in Rede stehenden Normen indes nicht erfasst (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, siehe oben).
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b. Auch die Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 2.6.2022 (C-100/21) helfen - aus mehreren Gründen - nicht weiter.
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Erstens hält bereits das bestehende deutsche Vertrags- und Deliktsrecht zahlreiche - abgestufte - Instrumente bereit, die hinreichend wirksam das Interesse eines Erwerbers schützen, nicht ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug zu erwerben und zugleich auch einen erheblichen Anreiz für die Hersteller von Motoren bedingen, unionsrechtliche Vorschriften einzuhalten. Vor diesem Hintergrund bedarf es in der deutschen Rechtsordnung über die bestehenden Institute des Vertrags- und Deliktsrechts hinaus nicht der Einordnung der Vorschriften der EG-FGV als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, um das Interesse der Käufer von Fahrzeugen, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, angemessen zu schützen (vgl. hierzu Beschluss des OLG München vom 25.7.2022, 24 U 2890/22, und Urteil des OLG Stuttgart, Urteil vom 28.6.2022, 24 U 115/22, Seite 27 ff; dort auch eingehend zu entstehenden nicht hinnehmbaren Wertungswidersprüchen, wollte man den Bestimmungen der §§ 6 und 27 EG-FGV Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB beimessen).
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Zweitens misst der Generalanwalt der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die unmittelbar anwendbar ist, in seinen Schlussanträgen vom 2.6.2022 keine Wirkung zum Schutz der Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, zu (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.7.2022 - 2 U 3838/21, BeckRS 2022, 16603 Rn. 17 unter Hinweis auf Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 2.6.2022 - C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 41).
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Drittens scheidet die RL 2007/46/EG selbst mangels unmittelbarer Geltung (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV) als Schutzgesetz aus (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.7.2022 - 2 U 3838/21, BeckRS 2022, 16603 Rn. 18 ff.; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Auflage 2022, § 823 Rn. 57 m. w. N.).
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Viertens ist - unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften der RL 2007/46/EG bzw. die zur Umsetzung der Richtlinie erlassenen §§ 6 und 27 EG-FGV auch drittschützend sind, - die Rückabwicklung eines angeblich ungewollten Vertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht vom Schutzzweck des Typgenehmigungsrechts erfasst.
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Ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union besteht nicht. Der Senat hat die europarechtliche Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des EuGH vom 17.12.2020 - C-693/18, NJW 2021, 1216 berücksichtigt. Auf dieser Grundlage hat der Senat unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die Überzeugung gebildet, dass vorliegend die richtige Anwendung des Unionsrechts, insbesondere die Frage des Drittschutzes des Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des RegeRegelungszwecks des geltenden Unionsrechts derartig offenkundig zu beantworten ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. Beschluss des BGH vom 4.8.2021, VII ZR 280/20, sowie Urteil des BGH vom 30.7.2020, VI ZR 5/20).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezwecken die RL 2007/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht den Schutz des hier maßgeblichen wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts eines Fahrzeugerwerbers. Der Bundesgerichtshof war auch berechtigt, diese Frage selbst zu entscheiden. Denn die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs eines Schutzgesetzes obliegt den nationalen Gerichten (vgl. EuGH, NVwZ 2013, 565 Rn. 43ff., Beschluss des BGH vom 10.2.2022, III ZR 87/21, Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 2.6.2022 - C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, Rn. 55, 61). Der Bundesgerichtshof geht daher davon aus, dass bei Verfahren, in denen lediglich eine Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts geltend gemacht wird, sämtliche für den Fall relevanten europarechtlichen Fragestellungen geklärt sind (sog. „acte clair“, vgl. Urteil des BGH vom 25.5.2020, VI ZR 252/19).
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Aus den Schlussanträgen des Generalanwalts Rantos vom 2.6.2022 ergeben sich auch keine Widersprüche zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Schlussanträgen ergibt sich gerade nicht, dass auch der Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts in Gestalt eines Vertragsabschlussschadens und damit der Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrages von einer etwaigen drittschützenden Wirkung der RL 200/46/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 umfasst sein sollte. Der Generalanwalt hat vielmehr solche Schäden im Blick, die durch die Nichtzulassung / verzögerte (Erst-)Zulassung des Fahrzeugs oder ein (Weiter-)Veräußerungsverbot entstehen (vgl. Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag vom 2.6.2022 - C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420 Rn. 48; Beschluss des OLG Koblenz vom 20.6.2022,15 U 2169/21). Solche macht der Kläger, der den Schaden im Abschluss des ungewollten Kaufvertrages sieht, in hiesigem Verfahren jedoch gerade nicht substantiiert geltend.
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c. Unbeschadet hiervon fehlt es bezüglich des sog. Thermofensters auch am Verschulden der Beklagten. Das Verschulden bei § 823 Abs. 2 BGB bezieht sich allein auf die konkrete Schutzgesetzverletzung. Ein fahrlässiges Handeln ist ausreichend.
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Maßstab für die Bestimmung der Fahrlässigkeit im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB ist § 276 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, VersR 1968, 378, 379; MüKoBGB/Wagner, 8. Auflage 2020, BGB § 823 Rn.611). Gemäß dieser Vorschrift handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Welche Sorgfalt jeweils erfordert wird, ist ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen nach einem objektiven Maßstab zum Zeitpunkt der Verursachung des Schadens bzw. dem Zeitpunkt, zu dem eine Schadensabwendung in Betracht kam, zu beurteilen (vgl. BGH, NJW 2021, 1818 Rn. 32 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 4.8.2022 - 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 15 f). Fahrlässigkeit setzt unter anderem die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Ein Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Es genügt zum Beispiel, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Schuldners beantwortet hätte. In diesem Fall sind auch die sonst zu fordernden Erkundigungen des Schuldners über Bestand und Umfang seiner Verpflichtung entbehrlich und scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Schutzgesetz aus (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1004, 1005; OLG Hamm, Urteil vom 24.6.2022 - 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 66; OLG Hamm, Beschluss vom 4.8.2022 - 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10).
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So liegt der Fall auch hier:
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Das Kraftfahrt-Bundesamt ist und war gemäß § 2 Abs. 1 EG-FGV in Verbindung mit Art. 3 Nr. 29 und Art. 4 Abs. 4 und Abs. 2 der RL 2007/46/EG diejenige Behörde, die in Deutschland für die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben zu sorgen hat. Hätte die Beklagte das Kraftfahrt-Bundesamt um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das Kraftfahrt-Bundesamt das von der Beklagten im Fahrzeug des Klägers verwendete Thermofenster jedoch nicht als unzulässig beurteilt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.6.2022 - 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 65 ff., 69 f.).
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Dieser Schluss ist im Hinblick auf das Thermofenster schon deshalb gerechtfertigt, weil dem Kraftfahrt-Bundesamt sowohl das Vorhandensein als auch die grundsätzliche Funktionsweise und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz seit Jahren bekannt ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1173 Rn. 25; OLG Hamm, Urteil vom 24.6.2022 - 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 70). Auch aus dem Bericht der vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur eingesetzten Untersuchungskommission „Volkswagen“ vom April 2016 - der klägerseits nur auszugsweise als Anlage K 4/5 vorgelegt, jedoch auch im Internet veröffentlicht wurde - ergibt sich, dass in dem hier fraglichen Zeitraum Thermofenster von allen Autoherstellern verwendet wurden. Begründet wurde dies mit dem Erfordernis des Motorschutzes, wobei diese Frage vor allem die Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 715/2007 betraf. Dementsprechend haben sowohl das KBA als auch das zuständige Fachministerium den Einsatz eines Thermofensters, bei dem die Hersteller die Abgasreinigung temperaturabhängig zurückfahren, jedenfalls dann nicht grundsätzlich in Frage gestellt, wenn die Einrichtung notwendig sei, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen (vgl. Beschluss des BGH vom 25.11.2021, III ZR 202/20).
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Die Beklagte hat hierzu auch konkret vorgetragen, dass das Thermofenster dem Motorschutz diene und aus ihrer Sicht keine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Thermofenster seien gängiger Industriestandard, der dem KBA zum Zeitpunkt der Erteilung der Typgenehmigung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp bekannt gewesen sei.
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Für das streitgegenständliche Fahrzeug wurde die Typgenehmigung durch die Zulassungsbehörde erteilt. Auf der Grundlage dieser EG-Typgenehmigung wurde das klägerische Fahrzeug zum Straßenverkehr zugelassen. Es unterliegt bis heute keinem Rückruf durch das KBA wegen eines „unzulässigen Thermofensters“.
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Bis zur Entscheidung des EuGH vom 17.12.2020 konnten auch Gesichtspunkte des Motor- bzw. des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden (siehe oben).
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Vor diesem Hintergrund fehlt es auch am für § 823 Abs. 2 BGB erforderlichen Verschulden der Beklagten im Zeitpunkt der Herstellung/Entwicklung des Thermofensters im klägerischen Fahrzeug/ des Typgenehmigungsverfahrens.
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IV. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Verzugszinsen zu.
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V. Vor diesem Hintergrund geht auch der hilfsweise gestellte Antrag des Klägers auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht Augsburg ins Leere.
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VI. Auch dem hilfsweise gestellten Antrag auf Zulassung der Revision ist nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Gründe im Sinne des § 543 ZPO stehen dem Beschlussverfahren nicht entgegen. Die Voraussetzungen einer Haftung gemäß § 826 BGB sind höchstrichterlich abstrakt seit langem geklärt und durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.5.2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316, hinsichtlich der Entwicklung und des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Rahmen der Abgasreinigung weiter konkretisiert worden. Ob die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegen, hängt von den in tatrichterlicher Würdigung des jeweiligen Sachvortrags zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein (vgl. Beschluss des BGH vom 21.3.2022, VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201 Rn. 13; Beschluss des BGH vom 12.1.2022 - VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 18).
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Die Berufungsangriffe gehen insgesamt ins Leere. Das Ersturteil hat Bestand.
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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Es besteht Gelegenheit zur Berufungsrücknahme sowie zur Stellungnahme zum Senatshinweis bis spätestens 4.11.2022.
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Binnen gleicher Frist können beide Parteien zum Streitwert Stellung nehmen. Der Senat beabsichtigt, den Berufungsstreitwert auf bis zu 35.000,00 € festzusetzen.