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OLG München, Endurteil v. 28.03.2022 – 21 U 2011/21
Titel:

Kein Schadensersatz wegen angeblicher Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung

Normenkette:
BGB § 826
Leitsätze:
1. Es genügt für eine Haftung nach § 826 BGB - und zwar bereits in Bezug auf die Frage nach der objektiven Sittenwidrigkeit - nicht die bloße Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der europarechtlichen Vorgaben. Der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich allein nicht ohne Weiteres geeignet, den Einsatz der beanstandeten Technologie durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich anzusehen. Maßgeblich ist, ob entweder die beanstandete Technik darüber hinaus bereits aufgrund ihrer Machart als evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und durch Arglist geprägte Abschalteinrichtung dem Handeln ein sittenwidriges Gepräge gibt oder ob darüber hinaus weitere Umstände dazu treten, die den Einsatz der beanstandeten Technologie durch Verantwortliche der Beklagten als besonders verwerflich erscheinen lassen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der "Restreichweitenfunktion" handelt es sich gerade nicht um eine - evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte - Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten Umschaltlogik beim Motor EA 189 der Volkswagen AG zum Einsatz kam. Anders als die Umschaltlogik unterscheidet die Restreichweitenfunktion nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch bei dem "Thermofenster" handelt es sich gerade nicht um eine - evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte - Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten Umschaltlogik beim Motor EA 189 der Volkswagen AG zum Einsatz kam. Anders als die Umschaltlogik unterscheidet die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
V6-Turbodieselmotor, Thermofenster, Rückruf, On-Board-Diagnosesystem, Restreichweitenfunktion
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Endurteil vom 24.03.2021 – 73 O 2334/19
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 05.09.2022 – VIa ZR 568/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27974

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 24.03.2021, Az. 73 O 2334/19, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Entscheidungsgründe

I.
1
Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klagepartei gegen die Beklagte wegen des Erwerbs eines Diesel-Pkws geltend macht.
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1. Die Klagepartei erwarb am 14.11.2017 zu einem Preis von 41.500,00 € brutto von einem privaten Dritten einen Gebrauchtwagen Audi A6 Avant 3.0 TDI, 200 kW (272 PS), Euro-Schadstoffnorm 6, Motorkennbuchstabe CRT (Anlage K26). Das Auto ist mit einem V6-Turbodieselmotor ausgestattet und nicht mit einem Motor EA 189. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens und des Motors. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 29.000 km, am Tag der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 24.02.2021 belief er sich auf 65.165 km und am Tag der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 14.02.2022 auf 74.321 km.
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Die Abgasreinigung erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt. Die Abgasrückführung wird außerhalb eines bestimmten Temperaturfensters reduziert („Thermofenster“); nach dem Vortrag der Klagepartei funktioniere die Abgasrückführung nur bei Temperaturen zwischen 17° C und 30° C. Daneben kommt in dem Fahrzeug eine Abgasnachbehandlung in Form der Selective Catalytic Reduction (SCR) zum Einsatz.
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Das Fahrzeug unterliegt einem verbindlichen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit der Begründung, es enthalte eine „unzulässige Abschalteinrichtung“. Der Rückruf betrifft die Arbeitsweise des SCR-Katalysators, wenn das AdBlue nur noch für eine voraussichtliche Restreichweite von 2.400 km ausreicht. Hierzu wurde durch die Beklagte ein Softwareupdate entwickelt. Dieses wurde vom Kraftfahrtbundesamt mit Bescheid vom 12.11.2018 (Anlage B14 = BB4) freigegeben; der Kläger ließ es bislang nicht aufspielen.
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Die Klagepartei begehrte erstinstanzlich zuletzt die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz von Schäden verpflichtet ist, die aus einer Reduzierung der Abgasstoffmenge im Prüfstandsbetrieb resultieren. Hilfsweise wurde beantragt, festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz von Schäden verpflichtet ist, die aus einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Reduzierung der Abgasstoffmenge im Prüfstandsbetrieb resultieren. Ferner begehrte die Klagepartei die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Hilfsweise wurde die Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises nebst Deliktszinsen beantragt, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz für weitere Schäden sowie des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme und die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
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Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
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2. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.03.2021 in der Hauptsache im Wesentlichen stattgegeben. Bezüglich des Antrags Ziffer 1 sei die Klage zwar mangels Feststellungsinteresses unzulässig; deshalb seien auch die Hilfsanträge Ziffern 1 und 2 nicht erfolgreich. Die Hilfs-Hilfsanträge erwiesen sich jedoch im tenorierten Umfang als zulässig und begründet. Die Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 826 BGB. Bei der unstreitig in dem Fahrzeug verbauten „Restreichweitenfunktion“ handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung in Bezug auf das Emissionsverhalten. Die Beklagte habe insoweit vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt. Es bestehe kein Grund, die Frage der Sittenwidrigkeit im vorliegenden Fall anders zu beurteilen, als bei den EA189-Motoren. Das Softwareupdate habe den im Abschluss eines so nicht gewollten Vertrages liegenden Schaden nicht beseitigt. Der Kläger müsse sich aber eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
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3. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.
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Der Kläger wandte sich zunächst im Wesentlichen gegen die Art und Weise der Berechnung der abzuziehenden Nutzungsentschädigung. Das Landgericht habe die Gesamtfahrleistung zu niedrig angesetzt; zutreffend sei insoweit eine solche von 350.000 km, wohingegen im angegriffenen Urteil nur 300.000 km zugrunde gelegt wurden. Außerdem machte der Kläger Darlehenszinsen und Prozesszinsen geltend und monierte, auch die zugesprochenen Rechtsanwaltsgebühren seien zu niedrig.
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Auf den Hinweis des Senats vom 15.11.2021 (Bl. 376/377 d.A.) und die Berufung der Beklagten machte die Klagepartei weitere Ausführungen zum Bestehen der Haftung dem Grunde nach. Sie zitiert landgerichtliche Rechtsprechung, wonach es sich bei der „Restreichweitenfunktion“ um eine unzulässige Abschalteinrichtung handle, die der Umschaltlogik des EA 189 vergleichbar sei. Der als Anlage BK3 vorgelegte Rückrufbescheid lege eindeutig und unmissverständlich dar, dass eine Manipulation des SCR-Katalysators erfolgt sei. Aus der Anlage ergebe sich außerdem, dass das KBA keine eigenen Untersuchungen nach weiteren Abschalteinrichtungen vorgenommen habe. Der Vortrag der Beklagten, die Abschalteinrichtung betreffe nur seltene und außergewöhnliche Fahrweisen, sei unvollständig, denn die Beschreibung der Beklagten treffe auf jede Autobahn und eine Vielzahl Stadtfahrten zu. Die für die Beklagte handelnden Personen hätten vorsätzlich gehandelt.
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Das Thermofenster sei auf den Prüfstand abgestimmt. Die gerügte Getriebemanipulation /Lenkwinkelerkennungsei von der Beklagten nicht substantiiert bestritten worden. Das Vorhandensein der Aufheizstrategie sei unstreitig geworden.
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Der Kläger beantragt,
Das am 24.03.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Ingolstadt (Az.: 73 O 2334/19) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei € 37.454,59 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 21.05.2019 aus dem ausgeurteilten Betrag zu bezahlen, Zugum-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Audi A6 Avant 3.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer: …736.
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei € 1.009,40 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1. genannten PKW im Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.613,24 freizustellen.
Im Übrigen wird der Rechtsstreit für teilweise erledigt erklärt.
Hilfsweise beantragt der Kläger:
1. Das am 14.04.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Ingolstadt (Az.: 73 O 2334/19), wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Landgericht Ingolstadt zurückverweisen.
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4. Die Beklagte beantragt,
1.
In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 24. März 2021, Az. 73 O 2334/19, wird die Klage insgesamt abgewiesen.
2.
Hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag nach Ziffer I. nicht stattgegeben werden sollte: Der Rechtsstreit wird, soweit zu Lasten der früheren Beklagten und Berufungsklägerin entschieden wurde, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.
3.
Hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Berufung: Die Revision wird zugelassen.
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Beide Parteien beantragen jeweils,
die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
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Die Beklagtenpartei hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 28.06.2021 (Bl. 331/361 d.A.) begründet. Sie verfolgt ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter.
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Sie nimmt zur Begründung Bezug u.a. auf Entscheidungen des erkennenden Senats zur Frage der Haftung der Beklagten bei Feststellung der auch hier streitgegenständlichen Abschalteinrichtung. Der betreffende Rückruf zu Fahrzeugen der Beklagten mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ rechtfertige keine Haftung nach § 826 BGB, da hierin keine sittenwidrige Täuschung liege. Denn die beanstandete Abschalteinrichtung funktioniere im Prüfstand wie auch im Realbetrieb in gleicher Weise; eine Prüfstandsbezogenheit liege also nicht vor. Die Beklagte nimmt Bezug auf Auskünfte des KBA an diverse Landgerichte aus anderen Verfahren (Anlagen BB5, 6 und 7). Ferner scheitere ein Anspruch auch an fehlender Kausalität. Diese sei bestritten worden; die beantragte Parteivernehmung hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Es bestehe zudem kein Vorsatz und auch kein Schaden.
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Auf die Berufung der Klagepartei macht die Beklagte u.a. weitere Ausführungen zur Nutzungsentschädigung und den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Mit Schriftsatz vom 01.02.2022 (Bl. 400/408 d.A.) führt die Beklagte ferner nochmals aus, andere Abschalteinrichtungen lägen nicht vor; insbesondere nicht die Strategien A bis D oder eine prüfstandbezogene Erhöhung der AdBlue-Eindüsung. Der betreffende Vortrag der Klagepartei erfolge ins Blaue hinein. Das Vorhandensein einer unzulässigen Getriebeschaltfunktion werde unter Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag hierzu nochmals bestritten. Es liege auch keine Getriebemanipulation vor. Auch insoweit gebe es zudem keinen Rückruf betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug. Insoweit liege zudem bereits per definitionem keine unzulässige Abschalteinrichtung vor, weil das Getriebe gar nicht Bestandteil des Emissionskontrollsystems sei. Ebenso wenig komme im Fahrzeug eine unzulässige Lenkwinkelerkennung zum Einsatz. Das On-Board-Diagnosesystem sei funktionsfähig und entspreche ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen. Es liege auch keine Täuschung der Genehmigungsbehörden vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes könne vorliegend zudem nicht von Sittenwidrigkeit ausgegangen werden.
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5. Der Senat hat mit Terminsverfügung vom 15.11.2021 (Bl. 376/377 d.A.) darauf hingewiesen, dass ihm aus anderen Verfahren der Bescheid des KBA betreffend den Motorkennbuchstaben „CRT“ bekannt sei. Er hat über den Rechtsstreit am 14.02.2022 mündlich verhandelt und ergänzende Hinweise erteilt; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 409/411 d.A.) Bezug genommen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird weiter Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils und gleichzeitiger Klageabweisung. Die Berufung der Klagepartei war zurückzuweisen. Mangels vertraglicher Beziehungen kommen lediglich deliktische Ansprüche des Klägers in Betracht; solche sind jedoch im Ergebnis zu verneinen, weil eine sittenwidrige Schädigung nicht substantiiert vorgetragen ist.
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1. Eine Haftung der Beklagten ergibt sich nicht aus §§ 826, 31 BGB wegen der Verminderung der Stickoxidreduktion im Rahmen der Abgasnachbehandlung bei Aktivierung der „Restreichweitenfunktion“.
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a) Es genügt für eine Haftung nach § 826 BGB - und zwar bereits in Bezug auf die Frage nach der objektiven Sittenwidrigkeit - nicht die bloße Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der europarechtlichen Vorgaben. Der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich allein nicht ohne Weiteres geeignet, den Einsatz der beanstandeten Technologie durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich anzusehen. Maßgeblich ist, ob entweder die beanstandete Technik darüber hinaus bereits aufgrund ihrer Machart als evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und durch Arglist geprägte Abschalteinrichtung dem Handeln ein sittenwidriges Gepräge gibt oder ob darüber hinaus weitere Umstände dazu treten, die den Einsatz der beanstandeten Technologie durch Verantwortliche der Beklagten als besonders verwerflich erscheinen lassen. Auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung des BGH zu „Thermofenstern“ (siehe BGH, Beschluss vom 19.01.2021, Az.: VI ZR 433/19, Rdnr. 16 ff.; vom 09.03.2021, Az.: VI ZR 889/20, Rdnr. 27, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 11 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 192/20, Rdnr. 15 ff.) in Abgrenzung zur Entscheidung des BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, wird Bezug genommen. Danach fehlt es vorliegend an zureichenden Anhaltspunkten bereits hinsichtlich der objektiven Sittenwidrigkeit; die Klagepartei ist aber darlegungs- und beweisbelastet. Im Einzelnen:
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b) Wie in Bezug auf die Technologie der Thermofenster kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass es sich bei der „Restreichweitenfunktion“ um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die diesbezüglichen klägerischen Ausführungen sind nicht entscheidungserheblich. Denn bei der „Restreichweitenfunktion“ handelt es sich gerade nicht um eine - evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte - Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten „Umschaltlogik“ beim Motor EA 189 der V. AG zum Einsatz kam. Anders als die „Umschaltlogik“ unterscheidet die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte „Restreichweitenfunktion“ nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Darüber hinaus wird die verminderte Stickoxidreduktion im Rahmen der Abgasnachbehandlung erst bei der - gesetzlich erforderlichen - Aktivierung der Reagensrestreichweite ausgelöst, d.h. bei Erreichen einer voraussichtlichen Reagensrestreichweite von 2.400 km. Es kommt dabei nicht zu einer Abschaltung der Stickoxidreduktion durch die Abgasnachbehandlung innerhalb des SCR-Katalysators, sondern die Abgasnachbehandlung ist so eingestellt, dass das Reagens bei einem „mittleren Betriebsprofil“ noch 2.400 km Restreichweite gewährt, d.h. eine ohnehin nur teilweise verminderte Stickoxidreduktion - Korrekturfaktor von 0,95 - ist auch bei Aktivierung der „Restreichweitenfunktion“ nur im Fall einer über ein mittleres Betriebsprofil hinausgehenden Fahrweise gegeben.
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Diese Funktionsweise steht zur Überzeugung des Senats fest. Erstens ist dies bereits Teil der unstreitigen erstinstanzlichen Feststellungen, ohne dass die Klagepartei insoweit eine Tatbestandsberichtigung beantragt hätte. Zweitens wird diese Funktionsweise durch die Klagepartei teilweise eingeräumt und bestätigt in dem hierzu ergangenen und von der Klagepartei in Bezug genommenen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes; auf den als Anlage BK4 von der Klagepartei vorgelegten Abdruck des Bescheids sowie auf die auszugsweise Wiedergabe des Wortlauts des Bescheids im Urteil des Senats vom 18.10.2021 (Az.: 2504/21) wird verwiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.05.2021, Az.: VI ZR 486/20, Rdnr. 10, und vom 14.09.2021, Az.: VI ZR 491/20, Rdnr. 10). Der Bescheid bezieht sich explizit auf Fahrzeuge, die - wie das streitgegenständliche Fahrzeug - dem Motorkennbuchstaben „CRT“ unterfallen. Überdies bestätigen diese Funktionsweise auch die von der Beklagten hierzu vorgelegten Auskünfte des KBA zu dem Rückruf zu Fahrzeugen mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ (Anlagen BB5, 6 und 7); auch insoweit wird Bezug genommen auf das Urteil des Senats vom 18.10.2021 (Az.: 21 U 2504/21) in dem der Wortlaut der Schreiben auszugsweise wiedergegeben ist. Dass der Rückruf wegen der „Restreichweitenfunktion“ erfolgte, wurde auch nach dem betreffenden Hinweis des Senats vom 15.11.2021 (Bl. 376/377 d.A.) klägerseits nicht bestritten; dies ist zudem senatsbekannt.
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Soweit die Klagepartei mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 05.03.2022 - der aber ausschließlich hinsichtlich eventuellen neuen tatsächlichen Vorbringens im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 01.02.2022 nachgelassenen war - eine Anlage BK2 zum Nachweis der Tatsache benennt, dass das KBA sich nicht auf eine freiwillige Servicemaßnahme beschränkt hat, ist anzumerken, dass die Anlage BK2 hierüber nichts aussagt, weil es sich dabei um einen Kontoauszug der Sparkasse A.-N. handelt; überdies ist es unstreitig, dass das KBA keine freiwillige Servicemaßnahme anordnete, sondern - wie oben dargelegt - einen verbindlichen Rückruf mit der Begründung, es liege eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ vor. Dass die Klagepartei behauptet, mit der Anlage B1 habe das KBA Fragen nicht vollständig beantwortet, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar; so ist die Anlage B1 nicht etwa eine Antwort des KBA, sondern ein Urteil des OLG Naumburg. Fehl geht die Klagepartei, soweit sie unter Bezugnahme auf den Vortrag in der Klageerwiderung behauptet, es sei unstreitig, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Software verbaut ist, die im Straßenbetrieb nicht so arbeite, wie auf dem Prüfstand; vielmehr ergibt sich aus der zitierten Passage genau das Gegenteil. Überdies hatte die Beklagte schon auf Seite 11 der Klageerwiderung ausdrücklich klargestellt: „Das Verhalten des Abgasnachbehandlungssystems des Fahrzeuges auf der Straße und auf dem Rollenprüfstand ist identisch“. Für ihre offenbar ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung, der AdBlue-Verbrauch werde tatsächlich so weit heruntergeregelt, dass der Vorrat erst bei der nächsten Inspektion zur Neige gehe, die alle 30.000 km fällig sei, bietet die Klagepartei keinen Beweis an. Überdies erfolgt der Vortrag verspätet; denn der Schriftsatz vom 05.03.2022 war nur hinsichtlich etwaigen neuen tatsächlichen Vorbringens im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 01.02.2022 nachgelassenen. Im letztgenannten Schriftsatz der Beklagtenvertreter erfolgte aber gerade kein neuer Vortrag dazu, auf welchen Kilometerbereich sich die Reagens-Restreichweite beläuft; dass es sich um 2.400 km handelt und dass es sich lediglich um eine „minimale Herabsetzung der AdBlue Eindosierung um gerademal zwei Prozent“ handelt, hatte die Beklagte vielmehr bereits in der Klageerwiderung (auf S. 10 f.) vorgetragen. Hinzu kommt, dass der klägerseits als Anlage BK4 vorgelegte und in Bezug genommene Rückrufbescheid des KBA diese pauschale Behauptung der Klagepartei nicht bestätigt.
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c) Unter diesen Umständen wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten aber nur gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der „Restreichweitenfunktion“ in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Klagepartei als Anspruchsteller.
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„Restreichweitenfunktion“ in dem Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung handelte, hat die Klagepartei indes nicht dargetan und solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für ein Rechtswidrigkeitsbewusstsein auf Seiten der für die Beklagte handelnden Personen in Bezug auf die „Restreichweitenfunktion“ sind nicht dargetan. Soweit die Klagepartei pauschal auf ein allgemeines Verheimlichen durch die Beklagte im Genehmigungsverfahren abstellt, überzeugt dies ebenfalls nicht. Denn schon aus dem Rückrufbescheid zur „Restreichweitenfunktion“ ergibt sich, dass auch das KBA als zuständige Genehmigungsbehörde die Rechtslage als nicht zweifelsfrei eingestuft hat (dort „Begründung“, 1. und 2. Absatz; vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 30). Bei einer zweifelhaften Rechtslage besteht kein Indiz für ein manipulatives Verheimlichen zum Erschleichen der Typgenehmigung. Die Ausführungen der Klagepartei zur Begründung eines Vorsatzes der für die Beklagte handelnden Personen beziehen sich teilweise auf Umstände zu Dritten, nämlich andere Hersteller - u.a. auch hinsichtlich LKW -, teilweise zu anderen Sachverhalten, nämlich auf die Akustikfunktion und die Umschaltlogik der Volkswagenmotoren EA 189 sowie auf die Fahrkurve der Volkswagenmotoren EA 288; hieraus ergibt sich indes - anders als die Klagepartei meint - kein Anscheinsbeweis für ein stets gezieltes illegales Handeln seitens der Beklagten auch in Bezug auf andere technische Funktionen; insbesondere kann das Rechtswidrigkeitsbewusstsein der für die Beklagten handelnden Personen nicht mit einem bloßen Verweis auf die V. AG als Konzernmutter begründet werden (BGH, Urteil vom 08.03.2021, Az.: VI ZR 505/19, Rdnr. 22 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 192/20, Rdnr. 24 ff.).
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2. Eine Haftung nach §§ 826, 31 BGB wegen der Verwendung des Thermofensters ist ebenfalls zu verneinen.
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Wie in Bezug auf die „Restreichweitenfunktion“ kann zugunsten der Klagepartei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG handelt. Denn auch bei dem Thermofenster handelt es sich gerade nicht um eine - evident unzulässige, auf der Basis einer strategischen Grundentscheidung eingesetzte und von vornherein durch Arglist geprägte - Abschalteinrichtung wie sie in Form der sogenannten „Umschaltlogik“ beim Motor EA 189 der V. AG zum Einsatz kam. Anders als die „Umschaltlogik“ unterscheidet die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter diesen Umständen wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten aber nur gerechtfertigt, wenn wie bei der „Restreichweitenfunktion“ weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen, wofür die Klagepartei die Darlegungs- und Beweislast trägt. in dem Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung handelte, hat die Klagepartei indes nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Den Behauptungen zum Umfang des Thermofensters kommt vorliegend kein Indizcharakter zu (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 24, Beschluss vom 15.09.2021, Az.: VII ZR 2/21, Rdnr. 15). Die Rechtslage zu Thermofenstern war auch gerade nicht eindeutig - vielmehr bedurfte es einer Befassung des EuGH - und ihr Einsatz wurde vom KBA als zuständiger Genehmigungsbehörde nicht als generell unzulässig eingestuft. Dies ergibt sich bereits aus dem von der Klagepartei zitierten Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“, Stand April 2016 (Bl. 143 d.A.). Die Interpretation der Beklagten des Thermofensters als zulässige Abschalteinrichtung wurde damit von offizieller Seite gebilligt und war damit jedenfalls nicht unvertretbar. Es wird Bezug genommen auf BGH, Urteil vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 29 ff., Beschluss vom 15.09.2021, VII ZR 2/21, Rdnr. 20 f., vom 29.09.2021, Az.: VII ZR 72/21, Rdnr. 26. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass dem KBA zum Zeitpunkt der Erteilung der Typengenehmigung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp der Einsatz des Thermofensters bekannt gewesen sei und dass die gemachten Angaben den rechtlichen Vorgaben entsprochen hätten. Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem KBA folgen entgegen der Auffassung des Klägers ferner keine Anhaltspunkte, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Selbst wenn die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren - erforderliche - Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen. Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden (BGH, Beschluss vom 15.09.2021, Az.: VII ZR 2/21, Rn. 17; Beschluss vom 13.10.2021, Az. VII ZR 179/20, Rn. 17, zitiert nach juris) wurden klägerseits nicht dargetan.
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Bei zweifelhafter Rechtslage besteht kein Indiz für das von der Klagepartei damit lediglich „ins Blaue“ behauptete allgemeine Verheimlichen zum Erschleichen der Typgenehmigung, zumal die Klagepartei insoweit lediglich auf ein allgemein illegales Verhalten der Beklagten abstellt; auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen. Überdies ist auch insofern der Erklärungsinhalt der Freigabebestätigung zu berücksichtigen; auf die betreffenden obigen Darlegungen wird verwiesen.
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3. Die Beklagte haftet hinsichtlich der klägerseits behaupteten weiteren unzulässigen Abschalteinrichtungen ebenfalls nicht nach §§ 826, 31 BGB. Der Vortrag der Klagepartei ist unzureichend und wurde beklagtenseits hinreichend substantiiert bestritten.
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a) Nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige, der einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner - hier die Klagepartei - vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 35 ff. m.w.N.).
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Voraussetzung ist stets ein schlüssiger und erheblicher Sachvortrag der zunächst darlegungsund beweisbelasteten Klagepartei. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten. Weiter ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und Einblick in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugmotors einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -nachbehandlung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Zur hinreichenden Substantiierung ist nicht erforderlich, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis eines Sachverständigen gestellten Behauptung habe. Gleichwohl bleiben greifbare Anhaltspunkte - über die bloße pauschale Behauptung hinaus - erforderlich für das behauptete sittenwidrige Verhalten der Beklagten. Unbeachtlich ist der auf Vermutung gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber „aufs Geratewohl“, gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellt sind und sich damit als rechtsmissbräuchlich darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten. Entscheidend ist damit, ob die Klagepartei ausreichend greifbare Anhaltspunkte zur Begründung ihres Vorwurfs objektiv sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten im Zusammenhang mit dem Emissionsverhalten ihres Fahrzeugs vorbringt (BGH, Beschluss vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19, Rdnr. 7 ff. m.w.N., BGH, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 20 ff., vom 16.09.2021, Az.: VII ZR 190/20, Rdnr. 21 ff., vom 16.09.2021, Az. VII ZR 322/20, Rdnr. 16). Daran fehlt es hier. Im Einzelnen:
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b) Soweit die Klagepartei sich auf Rückrufbescheide - etwa betreffend einen Porsche Cayenne V8 4.2 l TDI, Abgasnorm Euro 5 - bezieht, betrifft allein der streitgegenständliche Rückruf zu Fahrzeugen mit dem Motorkennbuchstaben „CRT“ wegen der „Restreichweitenfunktion“ (Anlage BK4) Fahrzeuge des hier streitgegenständlichen Typs. Ausweislich der vom Kraftfahrtbundesamt veröffentlichten, über dessen Homepage allgemein zugänglichen Übersicht zu Rückrufen (Stand 13.01.2022, abrufbar unter https://www.kba.de/DE/Themen/Marktueberwachung/ Abgasthematik/uebersicht2_p.pdf? _blob=publicationFile& v=3), die von der Klagepartei in Bezug genommen wurde (Bl. 392 d.A.) und die der Senat als offenkundig im Sinne von § 291 ZPO bewertet, betreffen die weiteren Rückrufe des Kraftfahrtbundesamtes zu Modellen A6 der Beklagten aber nur solche mit abweichender Leistung und abweichendem Motorkennbuchstaben. Die Beklagte hat die Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs von sonstigen Abschalteinrichtungen - u.a. der Aufheizstrategie und einer unzulässigen AdBlue-Dosierung - explizit bestritten.
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Letztlich ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit solchen Sachverhalten vergleichbar, in denen zu einem Fahrzeug (noch) kein verbindlicher Rückruf vorliegt. Bei diesen kann es gegebenenfalls zur Beurteilung der Frage, ob hinreichende Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten auf Seiten der Beklagten bestehen, auf eine Vergleichbarkeit der Technologie mit Fahrzeugen ankommen, die einem Rückruf unterliegen wegen einer (von vornherein unzulässigen, von Arglist geprägten) Abschalteinrichtung. Hier unterliegt das Fahrzeug aber einem verbindlichen Rückruf. Dieser Rückruf ist indes nicht wegen der von der Klagepartei behaupteten weiteren unzulässigen Abschalteinrichtungen ergangen, sondern ausschließlich wegen der „Restreichweitenfunktion“. Nicht zu überzeugen vermag der mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 23.01.2022 und nochmals mit Schriftsatz vom 05.03.2022 erhobene Einwand, der Rückrufbescheid sei nicht vollständig bzw. den KBA-Auskünften sei keine Aussage zu entnehmen, dass sich im streitgegenständlichen Fahrzeug keine weiteren Abschalteinrichtungen befinden. So waren die Strategien A bis D, insbesondere die Aufheizstrategie, dem KBA bei Erlass des Rückrufbescheids zur „Restreichweitenfunktion“ bereits bekannt. Ausweislich der Übersicht des Kraftfahrtbundesamtes sind betreffende Rückrufe bereits zeitlich vor dem hier inmitten stehenden Rückruf ergangen. Genau wie bei sonstigen Rückrufen des Kraftfahrtbundesamtes zu Fahrzeugen der Beklagten mit 3.0-l-V6-Motoren der Euro-Schadstoffnorm 6 wegen der Aufheizstrategie, hätte sich der Rückruf dann auch auf die Aufheizstrategie erstrecken müssen. Denn insoweit waren aus Sicht des KBA zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung zur Entfernung der als unzulässige Abschalteinrichtung bewerteten Aufheizstrategie anzuordnen. Der Senat nimmt ergänzend und exemplarisch Bezug auf sein Urteil vom 21.02.2022, Az.: 21 U 3704/21, sowie den dort im Wortlaut auszugsweise wiedergegebenen Rückrufbescheid zur Aufheizstrategie vom 01.12.2017.
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Überdies hat das KBA - was auch gerichtsbekannt ist - das erforderliche Softwareupdate mit Bescheid vom 11.12.2018 freigegeben (LGU, S. 2; Anlage B14 = BB4). Nach der Freigabebescheinigung, die sich explizit auf Fahrzeuge „Audi A6/A7 3.0 l Diesel Euro 6 (Motorkennbuchstabe CRT)“ bezieht - hat das KBA bei der Prüfung des erforderlichen Softwareupdates festgestellt, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorliegen. Ohne, dass es hierauf für diese Entscheidung ankäme, ist insoweit lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass auch in dem im Internet frei verfügbaren, vom Senat als offenkundig i.S.d. § 291 ZPO bewerteten Bericht des KFB zur „Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren“ (auf S. 14 f.) ausgeführt wird, dass im Fall von verpflichtenden Rückrufen eine Überprüfung stattgefunden hat, unter anderem in Form einer Softwareanalyse einschließlich von - gesetzlich noch nicht vorgegebenen - RDE-Messungen.
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Auch vor diesem Hintergrund fehlt es hier an greifbaren Anhaltspunkten für das klägerseits aufs Geratewohl behauptete Vorhandensein von weiteren Abschalteinrichtungen.
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c) Das Fahrzeug verfügt (entgegen der Ansicht der Klagepartei im Schriftsatz der Klägervertreter vom 23.01.2022) auch nicht etwa „unstreitig“ über eine Aufheizstrategie. Vielmehr hat die Beklagte gerade vorgetragen, dass das Fahrzeug über keinen Warmlaufmodus für den SCR-Katalysator verfügt (Klageerwiderung, S. 10 ff.), und dass auch keine unzulässige Aufheizstrategie zum Einsatz kommt (Sitzungsprotokoll, S. 2 = Bl. 231 d.A.; Schriftsatz Beklagtenvertreter vom 01.02.2022, S. 5 f.; siehe zum Nichtvorliegen sonstiger Abschalteinrichtungen / Manipulationssoftware insbesondere auch Schriftsatz Beklagtenvertreter vom 22.05.2020, S. 7 f. und vom 14.07.2020, S. 1). Die Klagepartei hat ohnehin nicht substantiiert dargetan, aus welchen Gründen sie davon überzeugt ist, dass ihr Fahrzeug etwa mit der Aufheizstrategie oder einer unzulässigen AdBlue-Dosierung ausgestattet sein soll. Der Vortrag ist unzureichend, auch im Hinblick auf die mit Hinweis des Senats in der Terminsverfügung vom 27.09.2021 und ergänzend auch nochmals im Termin am 14.02.2022 dargelegten Umstände.
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Der verbindliche Rückruf, dem das Fahrzeug unterliegt, ist (wie bereits oben dargelegt) nicht wegen der von der Klagepartei eingewendeten „Aufheizstrategie“ bzw. prüfstandsbezogener unterschiedlicher Betriebsarten zur Reagenseindüsung ergangen, sondern ausschließlich wegen der „Restreichweitenfunktion“.
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Angesichts der Tatsache, dass nur wenige Monate vorher Rückrufe von Fahrzeugen der Beklagten wegen einer Aufheizstrategie erfolgt sind, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche verborgen geblieben wäre. Wenn die Klagepartei gleichwohl meint, dass sie dennoch im Fahrzeug vorhanden sei, hätte sie greifbare Anhaltspunkte hierfür vorlegen müssen. Dies ist aber nicht geschehen.
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d) Bezüglich einer behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung mittels einer Lenkwinkelerkennung/Getriebemanipulation gilt Folgendes: Auf den Vortrag der Klagepartei in der Klageschrift hatte die Beklagte erstmals schon in der Klageerwiderung (auf S. 19 ff.) und im Folgenden etwa im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 22.05.2020 (auf S. 7 f.) detailliert vorgetragen, dass es in dem Fahrzeug zur Vermeidung von verfälschten und eingeschränkt reproduzierbaren Messergebnissen zwei verschiedene Schaltprogramme gebe, nämlich DSP und Warmlaufprogramm, die aber nicht grenzwertkausal seien; vielmehr komme es zu keinen relevanten Unterschieden im Kraftstoffverbrauch. Dem ist die Klagepartei nicht substantiiert entgegengetreten. Der bloße Umstand, dass ein Fahrzeug aufgrund von bestimmten Parametern in der Lage ist, einen Prüfstandslauf zur (De-)Aktivierung von technischen Funktionen zu erkennen, genügt indes nicht zur Annahme einer - evident unzulässigen, von vornherein von Arglist geprägten - Abschalteinrichtung zur prüfstandsbezogenen Manipulation der NOx-Emissionen zur Erschleichung der Typengenehmigung. Denn auch andere technische Einrichtungen - wie das elektronische Stabilitätsprogramm (ESC) oder die adaptive Fahrwerksregelung (ESC) - werden zur Vermeidung von Messverfälschungen oder Sicherheitsrisiken im Prüfstand nicht aktiviert. Zur Begründung einer Haftung nach § 826 BGB sind solche Einrichtungen nur dann geeignet, wenn damit Emissionen in grenzwertrelevanter Weise auf dem Prüfstand gezielt manipuliert werden. Dies hat die Klagepartei zwar behauptet, doch die von ihr insoweit zum Beleg vorgelegten Unterlagen der V. AG zu „Warmlaufprogrammen“ (Anlage K 1) widerlegen dies und widersprechen der klägerischen Behauptung einer allein prüfstandsbezogenen Optimierung der Emissionen zur Erschleichung der Typgenehmigung; denn dort heißt es: „Ohne Warmlaufprogramm: NOx-Grenzwerte (Diesel) werden eingehalten“ (Anlage, S. 3). Die Unterschiede seien zumeist gering, auch nach Ausbedatung bei Dieselfahrzeugen würden die NOx-Grenzwerte im NEFZ zumeist eingehalten (Anlage, S. 9). Auf Seite 5 heißt es, dass das „KBA […] die Rechtsauffassung [teilt], dass SCR Warmlaufmodus keine Abschalteinrichtung darstelle, allerdings lediglich mündlich, keine schriftliche Unbedenklichkeitsbescheinigung o.ä.“ Auch im Bericht der Volkswagen-Untersuchungskommission werde dem nicht widersprochen. Dies trägt schon den Vorwurf des objektiv sittenwidrigen Verhaltens im Sinne von § 826 BGB nicht. Damit lässt sich nämlich selbst bei fehlender Offenlegung insoweit keine deliktische Haftung begründen, insbesondere auch im Hinblick auf den begrenzten Umfang der Angabepflichten im Typengenehmigungsverfahren: Eine Pflicht zur genauen Beschreibung der Emissionsstrategien wurde erst mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 (ABl. L vom 26.04.2016, 1 ff.) eingeführt.
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e) Kein Indizcharakter kommt den vorgetragenen Grenzwertüberschreitungen im realen Fahrbetrieb zu (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2021, Az.: VI ZR 128/20, Rdnr. 23 a.E.; BGH, Beschluss vom 15.09.2021, Az.: VII ZR 2/21, Rdnr. 30). Denn die erforderlichen Messungen im Prüfzyklus 1 stellen auf eine genormte Situation ab, die zwangsläufig im Rahmen von Messungen im realen Straßenverkehr nicht vorliegen; es muss daher zu anderen Messwerten kommen und dies war dem europäischen Gesetzgeber ausweislich der Rechtsetzungsverfahren zur Änderung der für die Typengenehmigung erforderlichen Prüfverfahren auch bekannt (siehe hierzu EuG, Urteil vom 13.12.2018, Az.: T-339/16, T-352/16 und T-391/16). Gerade deshalb hat der europäische Gesetzgeber den früher geltenden Prüfzyklus inzwischen durch einen neuen Test ersetzt, wonach Überprüfungen auch im Straßenbetrieb stattfinden (Erwägungsgründe 3, 7, 8, 9 der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016, ABl. L vom 26.04.2016, 1 ff.).
43
Auch eine Gesamtbetrachtung des klägerischen Vortrags insbesondere auch zur behaupteten Prüfstandserkennung und der vorgetragenen Messergebnisse führt vorliegend zur Überzeugung des Senats nicht zu einer anderen Wertung.
44
f) Keinen tauglichen Anhaltspunkt bietet der erstinstanzliche Vortrag zur behaupteten Manipulation des OBD. Denn die behaupteten Manipulationen dienen nach dem Vortrag der Klagepartei der Verdeckung der behaupteten prüfstandsgebundenen Stickoxidreduktion durch unzulässige Abschalteinrichtungen. Unterbleibende Fehlermeldungen durch das OBD haben allerdings keinen Indizcharakter, solange keine hinreichend greifbaren Anhaltspunkte für eine damit verschleierte unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen. Der Vortrag ist zudem ungeeignet, um Anhaltspunkte für eine manipulative Ausgestaltung des Thermofensters zu begründen. Durfte die Beklagte nämlich - wie hier - das Thermofenster zumindest vertretbar für eine zulässige Abschalteinrichtung halten, durfte sie auch das OBD so ausgestalten, dass es den Einsatz des Thermofensters nicht als Fehler anzeigt. (BGH, Beschluss vom 15.09.2021, Az.: VII ZR 2/21, Rn. 18).
45
g) Zwar beruft sich die Klagepartei erstinstanzlich auch auf das von der Staatsanwaltschaft München II gegen die Beklagte geführte Ordnungswidrigkeitsverfahren (insoweit ohnehin nur als Fahrlässigkeitstat verfolgt). Dies begründet aber keinen hinreichenden Anhaltspunkt dahingehend, dass gerade auch der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor neben der „Restreichweitenfunktion“ von einer weiteren Abschalteinrichtung betroffen ist. Denn es ist nicht einmal dargetan, dass sich die Verfahren gerade auf den hier inmitten stehenden konkreten Motortyp beziehen; erst recht nicht, dass es sich dabei um weitere Abschalteinrichtung gedreht hätte.
46
h) Weitere unzulässige Abschalteinrichtungen sind nicht substantiiert vorgetragen. Allein die Betroffenheit des Fahrzeugs von einem Rückruf bildet keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass das Fahrzeug auch von einer von Arglist getragenen Abschalteinrichtung betroffen ist.
47
i) Schließlich bilden die von der Klagepartei vorgetragenen Aspekte auch in ihrer Gesamtschau keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Schädigung im Sinne der vorstehend zitierten Rechtsprechung.
48
4. Bezüglich eines - ebenfalls nicht gegebenen - Anspruchs nach § 831 BGB wird auf das Vorstehende Bezug genommen, das insoweit entsprechend gilt. Eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf zudem schon aus Rechtsgründen zu verneinen (BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az.: VI ZR 5/20, Ls. 1 und Rdnr. 17 ff.).
49
5. Nach alledem ist der Berufung der Beklagten in vollem Umfang stattzugeben und die Klage ist abzuweisen, wohingegen die Berufung des Klägers sich als unbegründet erweist.
III.
50
1. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Der - ausschließlich hinsichtlich eventuellen neuen tatsächlichen Vorbringens im Schriftsatz der Beklagtenseite vom 01.02.2022 nachgelassene - Schriftsatz der Klägervertreter vom 05.03.2022 (Bl. 412/419 d.A.) gebietet keine Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 Abs. 2 ZPO und der Senat hält eine solche auch nach § 156 Abs. 1 ZPO nicht für geboten.
51
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
52
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
53
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind.
54
Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Haftung in der Folge des Dieselabgasskandals, insbesondere im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit und in Bezug auf die Verwendung von „Thermofenstern“, sind ebenso wie auch die Substantiierungsanforderungen mittlerweile höchstrichterlich geklärt (deutlich: BGH, Beschluss vom 29.09.2021, Az.: VII ZR 223/20, Rdnr. 8, vom 15.09.2021, VII ZR 2/21, Rdnr. 4, 24). Es ist Aufgabe der Instanzgerichte, diese Rechtsgrundsätze auf den jeweils vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Ob die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegen, hängt von den in tatrichterlicher Würdigung des jeweiligen Sachvortrags zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein (BGH, Beschluss vom 13.10.2021, Az.: VII ZR 179/21, Rn. 9, zitiert nach juris). Divergierende Ergebnisse aufgrund der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht begründen überdies indes keine Divergenz i.S. des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 522 Abs. 2 ZPO. Von einer Divergenz in diesem Sinne ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn den Entscheidungen sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (BGH, Beschluss vom 09.07.2007, Az.: II ZR 95/06, Rdnr. 2).
Verkündet am 28.03.2022