Inhalt

VG München, Urteil v. 19.05.2022 – M 11 K 21.5562
Titel:

Baugenehmigung, faktische Neuerrichtung eines Gebäudes, Verfestigung einer Splittersiedlung

Normenkette:
BauGB § 35
Schlagworte:
Baugenehmigung, faktische Neuerrichtung eines Gebäudes, Verfestigung einer Splittersiedlung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.07.2023 – 1 ZB 22.2274
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27692

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.     
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer „Änderungsbaugenehmigung“ für Umbau- und Erweiterungsarbeiten an dem Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (im Folgenden: Vorhabengrundstück).
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Das Vorhabengrundstück liegt in einer kleineren, locker bebauten Ansiedlung, welche sich in Nord-Süd-Richtung auf der Westseite der Staats straße … … erstreckt. Es war bislang mit einem auf Grundlage einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1949 errichteten Wohnhaus bebaut und wird über den von der Staats straße abzweigenden H.weg bzw. die hiervon abzweigende Stichstraße „Am …“ erschlossen. In etwa auf Höhe des Vorhabengrundstücks geht der H.weg in die Straße „H.weg“ über, welche das Vorhabengrundstück in nördlicher bzw. nordwestlicher Richtung begrenzt und über einen Steilhang zu der weiter westlich entlang der „… Straße“ gelegenen Uferbebauung des … Sees hinabführt. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht.
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Mit Bescheid vom 10. Juni 2020 (Az. …) erteilte das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) dem Kläger entsprechend seines Bauantrags vom 10. Januar 2020 eine Baugenehmigung auf Grundlage des § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB für den Umbau und die Erweiterung des auf dem Vorhabengrundstück bestehenden Wohnhauses.
4
Im Rahmen einer Baukontrolle wurde am 17. Juni 2021 festgestellt, dass bei der Ausführung des Vorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wurde. Der Dachstuhl des Gebäudes sei vollständig abgebrochen worden, ebenso sei die Mauerkrone der verbleibenden Außenwände bis auf die Oberkante Decke über dem Erdgeschoss abgebrochen worden. In einem Teilbereich seien die Zwischenwände und Geschossdecken abgebrochen worden. Die Bodenplatte sei ausgebaut und der darunter liegende Boden sei bis auf ca. - 0,7 m unter der Fundamentsohle ausgeschachtet worden. Die freistehenden Außenwände würden abgestützt. Die Kellerfundamente seien ertüchtigt und an die neu geschaffene Bodentiefe angepasst worden. Die in Richtung „Am …“ befindlichen erdberührten Außenwände seien freigelegt worden.
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Das Landratsamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 18. Juni 2021 sämtliche Bauarbeiten ein. Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers (Az. M 11 K 21.3806) wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
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Unter dem 17. Juni 2021 stellte der Kläger einen Änderungsantrag zu der mit Bescheid vom 10. Juni 2020 erteilten Baugenehmigung für folgendes Vorhaben:
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„Umbau und Erweiterung des bestehenden Hauses. Abänderung zum genehmigten Verfahren aufgrund statischer Probleme beim Bestandshaus
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- Dachstuhl beim Bestandshaus-Dachstuhl neu
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- Bestandswände im 1. UG-Unterfangungsarbeiten, Abdichtung, Radondichtheit, Wärmedämmung
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- bestehende Geschossdecken-Neubau durch statische Erfordernisse, Raumhöhenausgleich,
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- Bestandswände mit Fassaden Wärmeschutz 14 cm“.
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In einem Begleitschreiben der von dem Kläger beauftragten Baufirma vom 12. Juli 2021 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tekturantrag vorsorglich in Reaktion auf die Baueinstellung erfolge. Der Bescheid vom 10. Juni 2020 genehmige ausdrücklich den Umbau und eine erhebliche Erweiterung des bestehenden Wohnhauses. Maßgeblich sei der Tenor dieses Bescheids und dessen Berufung auf § 35 Abs. 2 BauGB, woraus sich ergebe, dass ein Wohngebäude in der Lage und Größe wie sie sich aus der vorgelegten Planung ergebe, grundsätzlich zulässig sei. Ferner wurde zu den einzelnen im Baueinstellungsbescheid aufgeführten Baumaßnahmen ausführlich Stellung genommen. Die genehmigte Erweiterung des Hauses könne nicht vorgenommen werden ohne einen gravierenden Eingriff in den bestehenden Dachstuhl. Soweit das Landratsamt sich durch einen Vertreter vor Ort darauf berufen habe, dass der Dachstuhl im Plan schwarz eingezeichnet sei und deshalb in den Dachstuhl nicht eingegriffen werden dürfe, könne es darauf nicht ankommen, weil dem Bauherrn im Ergebnis weit mehr genehmigt worden sei, als die bloße Erhaltung des bestehenden Gebäudes unter Erhaltung aller seiner Bauteile. Es sei auf den ersten Blick zu erkennen, dass die im Januar 2020 beantragte Erweiterung des Gebäudes den Eingriff in den bestehenden Dachstuhl zwingend voraussetze. Anders könne der Anbau mit Walmdach nicht hergestellt werden. Soweit die erteilte Baugenehmigung unklar oder widersprüchlich sei, gehe dies zu Lasten der Behörde. In der beigefügten Zeichnung werde dargestellt, in welchem Umfang in jedem Fall und ohne Hinzutreten weiterer Umstände zur Ausführung des mit Bescheid vom 10. Juni 2020 Genehmigten eingegriffen werden müsse. Weiter verhalte es sich so, dass der Dachstuhl auf mehreren Stützen ruhe, welche in dem damals genehmigten Bauplan nicht eingezeichnet gewesen seien und von denen mindestens zwei zur Errichtung des Anbaus entfernt werden müssten. Mit den beiden verbleibenden Stützen könne der Dachstuhl in keinem Fall stehen bleiben, insoweit wurde auf eine beigefügte Stellungnahme des Statikers Bezug genommen. Im Übrigen seien die Dachsparren an allen Stellen nicht mehr funktionstauglich und nicht erhaltungsfähig gewesen, weshalb sie hätten ausgetauscht werden müssen. Damit habe sich der Dachstuhl als baufällig herausgestellt. Höhe und Dachform des Gebäudes würden nicht angetastet. Wenn Bauteile eines Dachstuhls ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen könnten und ausgetauscht würden, sei dies durch die vorliegende Baugenehmigung nicht verboten. Generell könne die Baugenehmigung vom Juni 2020 nur so verstanden werden, dass das Haus in seiner Größe und in seiner äußeren Form erhalten bleiben müsse, zuzüglich des genehmigten Umbaus und der genehmigten Erweiterung. Diese Größe und Gestalt des Gebäudes würden nach Auffassung der Behörde, die den Baugenehmigungsbescheid vom 10. Juni 2020 ausdrücklich auf § 35 Abs. 2 BauGB gestützt habe, keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange darstellen und seien daher zu genehmigen. Maßnahmen, welche zur Erhaltung oder Sanierung des bestehenden Gebäudes oder zur Durchführung des Umbaus und der Erweiterung technisch zwingend notwendig seien, würden weder durch die Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 noch von Gesetzes wegen verboten. Zum Abbruch der Mauerkrone wurde klargestellt, dass deren Ecken nach wie vor vorhanden seien. Im Übrigen sei der Eingriff in das Mauerwerk erforderlich, um das erlaubte Bauvorhaben herzustellen; auch insoweit wurde auf die Stellungnahme des Statikers Bezug genommen. Der Abbruch der Zwischenwände und Geschossdecken betreffe ausschließlich die innere Gestaltung des Hauses, ohne dass damit eine Nutzungsänderung verbunden sei oder eine größere Anzahl an Wohnungen geschaffen werde. Die Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb von Wohngebäuden sei verfahrensfrei zulässig. Auch durch die Ausschachtung des Bodens werde weder die Größe noch die äußere Gestaltung des Bauwerks geändert; es handele sich ausschließlich um eine Maßnahme der inneren Gestaltung und der energetischen Ertüchtigung. In Bezug auf die Ertüchtigung der Kellerfundamente wurde ausgeführt, dass es nicht verboten sei, sein Haus sicherer und standfester zu machen. Mit Bescheid vom 10. Juni 2020 sei ein Lift genehmigt worden. Dessen Einbau erfordere aus konstruktiven und statischen Gründen massive Eingriffe in die Substanz, auch insoweit wurde auf die Stellungnahme des Statikers Bezug genommen. Die statische Abstützung der Wände sei erforderlich gewesen, da die Bauarbeiten und deren Ergebnis sicher sein müssten. Schließlich sei die Freilegung erdberührter Gebäudeteile jederzeit ohne Genehmigung zulässig, z.B. zum Zwecke der Abdichtung gegen Erdfeuchte oder anstehendes Grundwasser. Insgesamt könne die Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 nicht so verstanden werden, dass sich der Eigentümer „sklavisch“ bis in alle Zeiten auf die innere Gestaltung des Hauses, wie sie sich aus den Plänen ergebe, festnageln müsse und keine Maßnahmen zum Zwecke des Energiesparens oder für alternative Energieformen ergreifen dürfe bzw. im Ergebnis das Haus nicht instand halten dürfe. Eine Erlaubnis des Umbaus und eines Anbaus bei gleichzeitiger Festschreibung, dass in bestehende Bauteile überhaupt nicht eingegriffen werden dürfe, sei erkennbar völlig sinnlos und nicht durchführbar. Der Bescheid vom Juni 2020 verneine ausdrücklich, dass der Flächennutzungsplan oder der Umstand des Entstehens oder die Verfestigung einer Splittersiedlung dem Bauvorhaben entgegenstünden. Die Tekturpläne würden den sich nach den aktuell bestehenden Maßnahmen ergebenden Zustand des Gebäudes wiedergeben. Weder die Höhe, noch die Außenmaße, noch die äußere Erscheinung oder die Nutzung des Gebäudes würden geändert.
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Mit Beschluss vom 3. August 2021 verweigerte der Gemeinderat der Beigeladenen das gemeindliche Einvernehmen, da ein Bestandschutz aufgrund der durchgeführten Arbeiten erloschen sei. Es handele sich nicht um eine Tektur, sondern um ein neues Vorhaben (Neubau eines Zweifamilienhauses).
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Nach Anhörung der Klagepartei lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 6. Oktober 2021 den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des bestehenden Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück ab. Das Vorhaben sei genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigungsfähig. Mit dem vorliegenden Bauantrag solle das vormalige Bestandsgebäude im Wesentlichen neu errichtet werden, da die Fundamente im Kellergeschoss, sämtliche Geschossdecken, Grundrisse und das Dach gänzlich neu errichtet würden. Der auf der Eingabeplanung verwendete Begriff der „Änderung“ komme daher nicht mehr zum Tragen, zumal der Eingriff in die Bausubstanz nicht so intensiv sein dürfe, dass es einer neuen statischen Berechnung der baulichen Anlage bedürfe und damit eine Erneuerung der wesentlichen Teile des Gebäudes einhergehe oder gar ein völlig neues - wenn auch optisch am vormaligen Bestand orientiertes - Gebäude entstehe. Insofern handele es sich um ein völlig neu zu beurteilendes Vorhaben und nicht mehr um ein Vorhaben zur teilprivilegierten Erweiterung i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Die Errichtung eines Ersatzbaus lasse sich auch nicht aus Gründen des Bestandsschutzes rechtfertigen. Mit der Beseitigung wesentlicher Bausubstanz entfalle in aller Regel der Bestandsschutz. Seien auf dem Grundstück noch Teile eines im Wesentlichen zerstörten Bauwerks vorhanden, greife der Bestandsschutz gleichfalls nicht ein. Der Bestandsschutz rechtfertige den Wiederaufbau grundsätzlich nur, wenn der vorhandene Bestand noch funktionsfähig nutzbar sei bzw. tatsächlich noch ein „Bestand“ und nicht lediglich Ruinen vorhanden seien. Eine Änderung der baulichen Anlage sei insofern nicht mehr möglich, dass sie keinen Bestandsschutz mehr genieße. Bei der Bebauung im Bereich „Am …“ und „Am …“ handele es sich um die bloße Ansammlung weniger Wohngebäude, die kein städtebauliches Gewicht besäßen bzw. nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur seien und somit keinen Ortsteil i.S.d. § 34 BauGB bilden würden. Bei dem Vorhaben handele es sich um ein nicht privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 und 3 BauGB seien nicht gegeben, da nicht mehr nur die bloße Erweiterung, sondern im Wesentlichen eine neue Errichtung beantragt worden sei. Die Eingriffe in die Bausubstanz an dem vormaligen Bestandsgebäude seien so intensiv, dass es einer neuen statischen Berechnung bedürfe und damit die Erneuerung wesentlicher Bauteile verbunden sei, sodass nicht mehr nur von einer bloßen Änderung gesprochen werden könne. Zudem liege kein Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB vor, da die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Ersatzbau nicht nachgewiesen worden seien. Die beantragte (Neu-)Bebauung mit einem Wohnhaus beeinträchtige in mehrfacher Hinsicht öffentliche Belange des § 35 Abs. 3 BauGB. Das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der die zu bebauende Fläche als Grünfläche ausweise und weiterhin relevant sei. Zudem würden Belange des Naturschutzes, des Bodenschutzes sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt, da ein nicht privilegiertes Wohnhaus im Außenbereich wesensfremd sei. Schließlich lasse die beabsichtigte Neubebauung die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Das gemeindliche Einvernehmen sei zu Recht verweigert worden. Der Bescheid wurde dem Kläger am 7. Oktober 2021 zugestellt.
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Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten am 21. Oktober 2021 Klage erhoben und beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. Oktober 2021 zu verpflichten, das am 5. August 2021 beantragte Bauvorhaben auf dem Vorhabengrundstück (Umbau und Erweiterung des bestehenden Hauses) zu genehmigen.
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Es sei bereits fraglich, ob für das Vorhaben eine weitere Genehmigung beantragt werden müsse. Nachdem das Landratsamt einen Bauantrag verlangt habe, könne der Klage jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Das Grundstück sei nach § 34 BauGB zu beurteilen, hilfsweise sei die Zulässigkeit jedenfalls nach § 35 Abs. 2 BauGB zu bejahen. Namentlich die Festsetzungen des Flächennutzungsplans würden nicht verletzt und auch der Gedanke der Splittersiedlung könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Letztlich müsse sich der Beklagte insoweit selbst an seiner vormals erteilten Genehmigung festhalten lassen, was die Ausführungen eines Bauvorhabens an dieser Stelle, in dieser Größe und für diese Nutzung betreffe. Zur Lage des Grundstücks wurde näher ausgeführt, dass sich dieses an der oberen Kante eines Hanges befinde, welcher sich vom Seeufer bis zu der Ebene erstrecke, wo auch die Landstraße verlaufe. Die Bebauung werde durchaus typisch für die Bebauung am … See davon geprägt, dass sich unten am Seeufer und oben an der Hangkante quasi bandartig in einer Breite von wenigen Grundstücken eine Bebauung hinziehe. Die bebauten Grundstücke seien ziemlich groß und in der Regel mit freistehenden Einfamilienhäusern und Nebengebäuden bebaut. Ferner wurde zur Vorgeschichte vorgetragen und hervorgehoben, dass die Genehmigung vom 10. Juni 2020 auch auf § 35 Abs. 2 BauGB gestützt worden sei. Dies bedeute, dass die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen sein müsse, dass das Vorhaben zwar im Außenbereich liege, jedoch gleichwohl genehmigt werden müsse, weil durch das Vorhaben öffentliche Belange nicht beeinträchtigt würden. Der Flächennutzungsplan, welcher für das Baugrundstück und seine Umgebung Grünflächen vorsehe, sei im Hinblick auf den genehmigten Gebäudebestand im Umgriff des Baugrundstücks funktionslos. Ferner werde durch ein Gebäude der genehmigten Größe eine Splittersiedlung nicht verfestigt oder erweitert, da sich an der Siedlungsstruktur nichts ändere. Festzuhalten sei, dass ein Gebäude von der mit Bescheid vom 10. Juni 2020 genehmigten Größe an dieser Stelle bauplanungsrechtlich zulässig sei und weder Größe noch Fläche dieses Gebäudes einschließlich der Nutzungszahlen wie GRZ und GFZ verändert worden seien. Entgegen der bislang von der Beigeladenen und dem Landratsamt vertretenen Auffassung sei bauplanungsrechtlich von einer Innenbereichslage auszugehen. Die maßstabsbildenden Gebäude in der Umgebung seien fast ausschließlich große Wohngebäude nebst Nebengebäuden auf großzügigen Grundstücken mit ebensolchen Gartenanlagen. Art und Maß der Nutzungen seien gleichartig. Die Siedlungsstruktur der Umgebung verlaufe schlauchartig oder bandartig von Norden nach Süden und entspreche damit ebenfalls der von Norden nach Süden verlaufenden Bebauung unmittelbar am Ufer. Diese beiden Siedlungsbänder seien durch den ziemlich steilen Hang voneinander getrennt. Der „H.weg“ verbinde die beiden schlauchartigen Siedlungsstrukturen über den Hang hinweg miteinander und sei sowohl von Westen nach Osten als auch von Osten nach Westen bebaut. Es befinde sich nur noch eine einzelne Baulücke zwischen den Anwesen H.weg 7 und H.weg 13. Auch der Lagerplatz, auf dem Boote gelagert würden, unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht, sondern sei vielmehr für diese Nutzung eines Grundstücks unmittelbar am Seeufer typisch. Derartige Strukturen fänden sich regelmäßig am Ufer des … Sees. Bei der Beurteilung könne nicht abstrakt auf die Anzahl der bebauten Grundstücke oder andere Parameter abgestellt werden, sondern es komme maßgeblich auch darauf an, ob die vorhandene Bebauung eine für die Umgebung mit ihren landschaftlichen und siedlungstypischen Besonderheiten noch als Bebauungszusammenhang anzusehen sei. Vorliegend beginne die Bebauung mit dem Ufer des Sees und ende ziemlich genau oben an der Hangkante. Demnach sei das Baugrundstück planungsrechtlich als Innenbereichsgrundstück einzustufen und die beantragte Bebauung ohne weiteres zulässig. Neben der hilfsweise in Anspruch genommenen Genehmigungsfähigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB sei auch die bestehende Baugenehmigung von Bedeutung. Insofern sei die Haltung der Verwaltung der Gemeinde ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 3. März 2020 in dem vorangegangenen Baugenehmigungsverfahren zutreffend, dass eine ganz erhebliche Erweiterung genehmigt worden sei. Diese erfordere zwingend einen erheblichen Eingriff in die Bausubstanz, v.a. in die Außenwände im Bereich des Anbaus und in das Dach. Da das Dach auf einem Stützenkranz stehe, könne der Anbau nicht errichtet werden, ohne den Dachstuhl zu entfernen. Der Anbau mache die Entfernung von zwei Stützen unausweichlich, ohne diese beiden Stützen könne das Dach nicht stehen bleiben. Hierzu wurde auf Stellungnahmen des Statikers verwiesen. Auch sonst erfordere der genehmigte Anbau einen weitgehenden Eingriff in die Bausubstanz, was die unausweichliche Folge der mit der Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 genehmigten Planung sei. Soweit sich die Behörde im Verfahren betreffend die Baueinstellung auf den Standpunkt gestellt habe, dass sie zwar die erhebliche Erweiterung genehmigt habe, aber keinen Eingriff in die Bausubstanz, stelle dies ein widersprüchliches Verhalten dar. Die Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 erlaube per se den Eingriff in die Bausubstanz und z.B. das vollständige Entfernen des Daches mit Dachstuhl, weil das genehmigte Bauvorhaben sonst nicht durchgeführt werden könne. Deswegen könne auch nicht gesagt werden, dass durch diese Maßnahmen die Identität des bestandsgeschützten Gebäudes zerstört worden wäre und eine Bebauung in dem Umfang, wie er sich auch aus der Genehmigung vom 10. Juni 2020 ergebe, deshalb nicht mehr genehmigt werden könne.
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Das Landratsamt beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Bescheid vom 10. Juni 2020 sei auf Grundlage des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 und 3 BauGB eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des bestehenden Einfamilienhauses, nämlich marginale Grundrissänderungen im Bestand unter Anbau einer zweiten Wohneinheit im Norden, erteilt worden. Aus dem Wortlaut des Bescheids ergebe sich, dass explizit eine Erweiterung, jedoch kein vollständiger Neubau genehmigt worden sei. Das Grundstück sei dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zuzuordnen. Die Bebauung entlang des Seeufers samt der Gebäude H.weg 5 und 7 sei durch einen markanten Steilhang von der Bebauung auf der Hangkante getrennt und führe nicht zur Annahme eines Bebauungszusammenhangs. Die wenigen Häuser auf der Hangkante würden isoliert betrachtet nicht den für einen Ortsteil erforderlichen Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Zur Argumentation der Klägerseite, wonach die Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 auf § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB gestützt sei, wurde klargestellt, dass es sich bei den teilprivilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 4 BauGB ausweislich des Gesetzeswortlauts um sonstige Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB handele, denen lediglich bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden könnten. Im Übrigen wurde auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
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Die Beigeladene stellte keinen Antrag und äußerte sich im Verfahren schriftsätzlich nicht.
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Die Kammer hat am 19. Mai 2022 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 11 K 21.3806 sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der Bescheid des Landratsamts vom 6. Oktober 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Dem gemäß Art. 55 BayBO genehmigungspflichtigen Vorhaben stehen mit § 35 Abs. 2 und 3 BauGB öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 BayBO).
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1. Klarzustellen ist zunächst, dass das nunmehr zur Genehmigung gestellte Vorhaben nicht bereits von der ursprünglichen Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 abgedeckt ist. Bei den beantragten Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen handelt es sich nicht um verfahrensfreie Instandhaltungsmaßnahmen i.S.d. Art. 57 Abs. 6 BayBO, sondern um ein genehmigungspflichtiges Gesamtvorhaben, das faktisch der Neuerrichtung eines Zweifamilienhauses gleichkommt.
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1.1 Dies ergibt sich bereits eindrücklich aus den nunmehr eingereichten Eingabeplänen, welche in vielfacher Hinsicht von der ursprünglichen Eingabeplanung abweichen. Die in den genehmigten Eingabeplänen (Stand 20. Januar 2020) dargestellten Abbruch- und Neubauarbeiten am Bestand (gelbe und rote Markierung) betreffen im Wesentlichen Grundrissänderungen im EG und OG; die Außenwände des Bestandsgebäudes sollten lediglich im Bereich der Fenster und Türen tangiert werden und auch dies lediglich im Bereich des EG. Das Dach des Bestandsgebäudes sollte ausweislich der damals vorgelegten Eingabeplanung im Bestand erhalten bleiben. Neben dem Umstand, dass das Dach im „Grundriss DG“ und den Ansichten gerade nicht als abzubrechender Bestand in gelber oder roter Farbe gekennzeichnet wurde, spricht hierfür auch die in der „Ansicht Süd“ wie auch dem „Grundriss DG“ ausdrücklich enthaltene Bezeichnung „Gaube Bestand“. Eine - wenn auch „nach unten verlängerte“ (vgl. „Grundriss DG“) - Gaube kann „im Bestand“ nur erhalten bleiben, wenn zumindest in diesem Bereich auch das Dach erhalten bleibt. Soweit von Klägerseite vorgetragen wird, dass mit der Baugenehmigung in Hinblick auf den Erweiterungsbau und den Einbau eines Lifts zwingend auch massive Eingriffe in das Dach genehmigt worden seien, mag dies dem Grunde nach durchaus zutreffen. Eine inhaltliche Unbestimmtheit oder gar Widersprüchlichkeit der erteilten Baugenehmigung lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Maßgeblich sind die genehmigten Bauvorlagen mit dem eben dargestellten Inhalt, welche der Bauherr selbst so zur Genehmigung gestellt hat. Der Umstand, dass sich ein genehmigtes Bauvorhaben in der Folge aus tatsächlichen Gründen möglicherweise statisch nicht so realisieren lässt, wie dies von Bauherrenseite in den Bauvorlagen dargestellt wurde, liegt allein in der Risikosphäre des Bauherrn und begründet weder eine inhaltliche Unbestimmtheit noch eine Widersprüchlichkeit der erteilten Baugenehmigung; ohnehin sind Fragen der Baustatik nicht vom Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens umfasst. Nachdem sich den genehmigten Bauvorlagen weder eine vollständige Entfernung des Daches noch die übrigen umfänglichen Abbrucharbeiten entnehmen lassen, bedurften die vorgenommenen bzw. noch geplanten Arbeiten einer neuen Baugenehmigung.
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1.2 Entgegen der Vorhabenbezeichnung des Bauantrags stellt sich die begehrte Genehmigung nicht als bloße Änderungsgenehmigung bzw. Tektur zur Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 dar. In der Sache wird vielmehr die Erteilung einer neuen Baugenehmigung für das zur Genehmigung gestellte (Gesamt-)Vorhaben begehrt.
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Mit dem in der BayBO nicht enthaltenen Begriff der Tektur- oder Änderungsgenehmigung bezeichnet die Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 - 2 B 82 A.301 - BayVBl. 1984, 596/597; B.v. 14.1.1998 - 14 B 96.357 - juris Rn. 22; B.v. 23.10.2019 - 15 ZB 18.2575 - juris Rn. 12; Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand Jan. 2022, Art. 68, Rn. 71). Kennzeichnend für eine bloße Tekturgenehmigung ist, dass sich die diesbezügliche Prüfung und Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass die zur Änderung vorgesehenen Teile des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind; für die übrigen Teile ergibt sich diese Feststellung aus der neben der Tekturgenehmigung bestehenbleibenden ursprünglichen Baugenehmigung (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984, a.a.O.). Gehen die Änderungen in einem neuen Bauantrag so weit, dass ein anderes Vorhaben als das ursprünglich beantragte und damit ein „aliud“ zum Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO gemacht wird, handelt es sich der Sache nach um einen vollständig neuen Bauantrag. Es ist dann eine vollständig neue Baugenehmigung erforderlich, in deren Rahmen das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BayVGH, B.v. 23.10.2019 - 15 ZB 18.1275 - juris Rn. 12; B.v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - juris Rn. 33; B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 10; B.v. 10.4.2017 - 15 ZB 16.673 - juris Rn. 16 jew. m.w.N.; Decker in Busse/Kraus, a.a.O., Art. 68, Rn. 72).
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Daran gemessen handelt es sich bei der beantragten „Änderungsgenehmigung“ nicht um eine nur unselbständige Ergänzung der ursprünglich erteilten Baugenehmigung vom 10. Juni 2020, sondern um einen Antrag auf Erteilung einer neuen Baugenehmigung. Bereits aus der eingereichten, vollständig überarbeiteten Eingabeplanung (Stand 17. Juni 2021) mit einer aktualisierten Fassung der Grundrisse, Schnitte und Ansichten wird deutlich, dass die vorgenommenen Änderungen durch entsprechende Kennzeichnung in den ursprünglichen Plänen wegen Art und Vielzahl der Änderungen schlicht nicht mehr darstellbar gewesen wären. Die Pläne enthalten dementsprechend keine Hinweise darauf, welche Teile des Vorhabens bereits mit der Baugenehmigung vom 10. Juni 2020 genehmigt worden sind, bzw. auf welche Änderungen sich die nunmehr beantragte Änderungsgenehmigung beziehen soll. Die Planunterlagen (Stand 17. Juni 2021) stellen vielmehr (neu) das Gesamtvorhaben dar, mit den Gebäudeteilen, die von dem ursprünglichen Gebäudebestand erhalten bleiben sollen (graue Kennzeichnung), die abgebrochen werden sollen (gelbe Kennzeichnung) bzw. die neu errichtet werden sollen (rote Kennzeichnung). Es wird damit ein einheitliches Vorhaben insgesamt neu zur Genehmigung gestellt.
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Darüber hinaus ist eine Identität des nunmehr zur Genehmigung gestellten Vorhabens mit dem ursprünglich genehmigten Bauwerk nicht mehr gewahrt. Ein Identitätsverlust im Sinne eines „aliuds“ tritt ein, wenn der Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt und eine statische Nachberechnung erforderlich macht, oder wenn die für die Instandsetzung eines Gebäudes notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird oder die Baumaßnahmen sonst praktisch einer Neuerrichtung gleichkommen (stRspr., vgl. etwa BVerwG, vgl. U.v. 14.4.2000 - 4 C 5.99 - juris; U.v. 21.3.2001 - 4 B 18.01 - juris; B.v 10.10.2005 - 4 B 60.05 - juris; U.v. 24.10.1980 - IV C 81.77 - juris Rn. 15). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Außenwände, das Dach und das Fundament erneuert werden, denn dann fehlt es - unbeschadet des möglicherweise unveränderten äußeren Erscheinungsbildes - an einer Identität des wiederhergestellten mit dem ursprünglichen Bauwerk (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.1992 - 4 B 229/92 - juris Rn. 3). Entscheidend sind damit Art und Umfang der baulichen Maßnahmen. Wird das Gebäude durch sie derart verändert, dass es sich gegenüber dem früheren Zustand als etwas anderes, als ein „aliud“ darstellt, liegt eine Änderung im Rechtssinne vor, die den Bestandsschutz entfallen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 27.7.1994 - 4 B 48.94 - NVwZ-RR 1995, 68).
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Wie bereits die in den Behördenakten (vgl. Bl. 7 ff. der Behördenakte …) befindlichen Lichtbilder belegen und letztlich auch der Vortrag der Klägerseite und die nunmehr vorgelegte Eingabeplanung (Stand 17. Juni 2021) bestätigen, sind die am Bestandsgebäude durchgeführten Baumaßnahmen derart umfangreich, dass von einem Identitätsverlust im Sinne eines „aliuds“ ausgegangen werden muss. Dach, Zwischenwände und Geschossdecken sind unstrittig vollständig abgebrochen worden, gleiches gilt für den Ausbau der Bodenplatte, die Ausschachtung des Bodens unter der Fundamentsohle und die Ertüchtigung der Kellerfundamente. Soweit die Klägerseite in Bezug auf Abbruch der Mauerkrone bis auf die Oberkante der Decke über dem Erdgeschoss angemerkt hat, dass die Ecken nach wie vor vorhanden seien, wirkt sich dies im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht entscheidungserheblich aus. Das Bestandsgebäude wurde unter Entfernung des Daches und massiver Arbeiten im Fundamentbereich vollständig entkernt, wobei die verbliebenen Mauerreste ausweislich der Lichtbilder massiv abgestützt werden mussten. Abgesehen davon, dass diese Baumaßnahmen praktisch einer Neuerrichtung gleichkommen dürften, wurde dadurch die Standfestigkeit des gesamten Gebäudes berührt. Die Klägerseite selbst hat insoweit sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Abtragung des Dachstuhls und die Eingriffe in das Mauerwerk aus statischen Gründen erforderlich gewesen seien, um das (vermeintlich) erlaubte Bauvorhaben im Ergebnis herzustellen. Im Rahmen des gegen die Baueinstellungsverfügung gerichteten Klageverfahrens M 11 K 21.3806 (Bl. 7 der Gerichtsakte) wurde sogar ausdrücklich vorgetragen, dass die Abstützung der Wände unabdingbar erforderlich gewesen sei, da das Haus andernfalls eingestürzt wäre. Die durchgeführten bzw. geplanten Maßnahmen haben demnach unstrittig eine statische Nachberechnung erforderlich gemacht. Durch die massiven Eingriffe in die Statik des Bestandsgebäudes wurde dieses jedoch seiner ursprünglichen Identität beraubt.
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Wird eine bauliche Anlage - wie vorliegend - im Sinn von § 29 Absatz 1 BauGB geändert, so ist Gegenstand der planungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt. Die Änderung kann damit nicht isoliert betrachtet werden. Eine Beschränkung auf den hinzukommenden Teil würde außer Acht lassen, dass auch der bereits vorhandene Teil zur Disposition steht, wenn er in der neuen Gesamtanlage aufgeht. Immer dann, wenn der Bestand der vorhandenen baulichen Anlage verändert wird - sei es durch einen Eingriff in die bestehende Anlage, sei es wegen einer Qualitätsveränderung des Bestandes - ist eine isolierte Beurteilung der Änderung nicht möglich. Ebenso wie bei einer Nutzungsänderung ist das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt zu prüfen (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294). Entgegen der von Klägerseite vertretenen Auffassung konnten die in einem engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommenen Baumaßnahmen damit auch nicht als quasi unabhängig neben der geplanten Erweiterung des Bestandsgebäudes stehende, jeweils isoliert zu betrachtende Sanierungsmaßnahmen an Fundamenten, Wänden, Dach etc. „aufgesplittet“ werden. Es handelt sich vielmehr um ein einheitlich zu beurteilendes Gesamtvorhaben - so wie sich dieses auch aus den nunmehr zur Genehmigung gestellten Eingabeplänen ergibt.
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2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Bauvorhabens richtet sich vorliegend nach § 35 BauGB. Das Vorhaben liegt weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
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Die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen im Zusammenhang be-bauten Ortsteil voraus. „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 2.66 - juris; U.v. 3.12.1998 - 4 C 7/98 - juris). Der Begriff umfasst zwei Komponenten, den „Bebauungszusammenhang“ und den „Ortsteil“. Das „gewisse Gewicht“ für die Bewertung eines Bebauungszusammenhangs als Ortsteil ist nicht für alle Gemeinden und Siedlungsräume einheitlich, sondern nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde zu bestimmen (BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 - juris). Der Begriff der organischen Siedlungsstruktur ist seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 1986 (Az: IV C 47.68 - juris) dadurch gekennzeichnet, dass er im Gegensatz zur unerwünschten Splittersiedlung das einschließt, was dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs zu gewährleisten. Eine organische Siedlungsstruktur kann auch dann vorliegen, wenn es sich nicht um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt, die Bebauung nicht einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht oder nicht als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt oder sich nicht als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt. Ein Ortsteil liegt danach vor, wenn eine gewisse Anzahl prägender Bauten vorhanden ist, die keine unerwünschte Splittersiedlung darstellen, weil sich die vorhandene Siedlungsstruktur fortentwickeln kann. Die vorhandene Bebauung muss einen Anknüpfungspunkt für eine mögliche städtebauliche Weiterentwicklung bieten. Die Ortsteileigenschaft ist bei einer regellosen Bebauung, also einer Splittersiedlung, abzulehnen.
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Vorliegend befinden sich in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks neben dem streitgegenständlichen Gebäude insgesamt fünf Wohngebäude auf den Fl.Nrn. …, …, … und …; das östliche auf der Fl.Nr. 208 gelegene Gebäude wurde aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Rahmen des Augenscheins dabei bereits als zusätzliches Wohngebäude mitberücksichtigt, obwohl es sich nach den Feststellungen im behördlichen Verfahren (Bl. 8 der Behördenakte …) um ein bloßes Nebengebäude handeln soll. Zu dem östlich der Staats straße St … liegenden Ortsteil besteht ersichtlich kein Bebauungszusammenhang, zumal der Staats straße eine trennende Wirkung zukommt. Die weiter südlich gelegenen Anwesen auf den Fl.Nrn. …, … und … werden nicht über den „H.weg“, welcher in den hangabwärts führenden „H.weg“ übergeht bzw. die Stichstraße „Am …“ erschlossen, sondern verfügen jeweils über eigene, von der im Osten verlaufenden Staats straße St … abzweigende Erschließungswege. Entsprechendes gilt für die weiter nördlich gelegenen Anwesen auf den Fl.Nrn. … und … Die vorhandene Bebauung stellt sich nach dem Eindruck des Augenscheins damit im Wesentlichen als ein bloßes Nebeneinander von Gebäuden dar. Die Gebäude stehen jeweils für sich allein entlang der Staats straße, ohne erkennbare Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Der schmalen, unbefestigten Wegfläche „Am …“, welche in südlicher Richtung in etwa parallel zur Staats straße St … verläuft, kann demgegenüber keine verbindende Wirkung beigemessen werden. Entsprechendes gilt für den in westlicher Richtung den Steilhang hinabführenden „H.weg“. Zu der von der Klägerseite angesprochenen Bebauung entlang des westlich gelegenen Seeufers besteht bereits aufgrund der Entfernungen ersichtlich kein Bebauungszusammenhang. Dieser Eindruck wird durch den nach Westen bis zum Seeufer abfallenden Steilhang zusätzlich verstärkt. Die zwischen den Anwesen H.weg 13 und dem weiter hangabwärts gelegenen Anwesen H.weg 7 gelegene Freifläche erscheint insoweit als Teil der großen Grünfläche, die sich in einer starken Hanglage auch auf der Südseite des …wegs fortsetzt. Schon aufgrund ihrer Größe kann diese Fläche nicht, wie die Klägerseite meint, als bloße „Baulücke“ innerhalb eines bestehenden Bebauungszusammenhangs gewertet werden.
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Selbst wenn alle in der näheren Umgebung westlich der Staats straße St … vorhandenen Gebäude - vom südlichsten Anwesen auf der Fl.Nr. … bis zum nördlichsten Anwesen auf der Fl.Nr. … in die Betrachtung einbezogen und ein „hinreichendes Gewicht“ dieser Ansiedlung unterstellt würde, ist diese jedenfalls nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dem Vortrag der Klägerseite, wonach die Siedlungsstruktur entsprechend der hangabwärts gelegenen Uferbebauung “bandartig“ von Norden nach Süden verlaufe, vermag die Kammer nicht zu folgen. Anders als bei der hangabwärts gelegenen Uferbebauung fehlt es bereits an einem „Siedlungsband“ entlang einer (gemeinsamen) Erschließungsstraße. Wie ausgeführt, handelt sich im Wesentlichen um ein bloßes Nebeneinander nicht aufeinander bezogener Gebäude, die nicht den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erwecken. Dies gilt neben den bereits aufgeführten, über jeweils eigene Stichstraßen von der Staats straße aus erschlossenen Anwesen auch in Bezug auf die beiden Gebäude auf der Fl.Nr. …, welche in einem parkähnlichen Anwesen gelegen und von dem klägerischen Anwesen sowie der weiteren über den H.weg erschlossenen Bebauung auf den Fl.Nrn. …, … und … erkennbar abgesetzt sind. Verstärkt wird der Eindruck eines weitgehend isolierten „Nebeneinanders“ noch durch die topographischen Gegebenheiten, da die Gebäude teils auf sehr unterschiedlicher Höhenlage im Hang gelegen sind. Von einer „bandartig“ und aufeinander bezogenen Bebauung „entlang“ der oberen Hangkante kann nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins insoweit keine Rede sein. Wie der Augenschein ergeben hat, endet die Bebauung keineswegs an der natürlichen Hangkante. Insbesondere das Anwesen H.weg 13 wurde deutlich im Bereich des nach Westen abfallenden Steilhangs errichtet. Ebenso, wenn auch näher an der Hangkante, wurden das Bestandsgebäude auf dem klägerischen Anwesen und das westlich angrenzende Anwesen auf der Fl.Nr. …, im Hangbereich errichtet. Für das klägerische Anwesen wird insoweit auf die in den Akten befindlichen Lichtbilder mit der darauf erkennbaren Stützmauer (vgl. Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 2.5.2022) sowie den in den Ansichten der Eingabeplanung dargestellten Geländeverlauf verwiesen. Die vorhandene Siedlungsstruktur geht nicht auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurück, wodurch etwa eine bandartige Struktur entlang eines Seeufers ausnahmsweise als organische Bebauung erscheinen kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Nach dem Eindruck des Augenscheins stellt sich die vorhandene Bebauung vielmehr als eine regellose Streubebauung dar, die als solche keine Anknüpfungspunkte für eine städtebauliche Weiterentwicklung bietet.
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3. Als sonstiges Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das klägerische Vorhaben im Außenbereich nicht zulässig. Ihm steht zumindest der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegen, da jedenfalls die Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten ist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB).
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3.1 Der Kläger muss sich im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BauGB so behandeln lassen, als wenn er an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichten wollte (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, U.v. 13.6.1980 - 4 C 63.77 - DÖV 1980, 765/766; U.v. 19.2.2004 - 4 C 4.03 - juris; B.v. 27.10.2004 - 4 B 74.04 - juris; U.v. 17.3.2015 - 4 B 45.14 - juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 22.5.2014 - 1 B 14.196 - juris Rn. 26 f.; B.v. 7.3.2018 - 1 B 16.2375 - juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 5.2.2007 - 1 BV 05.2981 - juris Rn. 16). Der Altbau kann bei der Prüfung der Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB nicht als Vorbelastung eingestellt werden. Wie bereits ausgeführt, kommen die Baumaßnahmen des Klägers angesichts des weitgehenden Verlustes der alten Bausubstanz faktisch dem Neubau eines Zweifamilienhauses gleich. Soll in einer Splittersiedlung ein Gebäude ersetzt werden, kann der Grundsatz, dass der Außenbereich von allen Baulichkeiten freigehalten werden soll, die einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderlaufen, insoweit wieder Geltung beanspruchen und die Zersiedelung des Außenbereichs kann zurückgedrängt werden. Die Errichtung eines Ersatzbaus ist nicht mit der ausnahmsweise zulässigen Auffüllung einer „Lücke“ innerhalb einer vorhandenen Splittersiedlung vergleichbar (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 22.5.2014 - 1 B 14.196 - juris Rn. 26).
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3.2 Das Vorhaben lässt gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB jedenfalls die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten.
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Die Entstehung, Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zu „befürchten“ und unerwünscht, wenn in ihnen ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 - 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <76>). Dies ist vorliegend der Fall. Das Neubauvorhaben tritt zu dem nach Beseitigung des Altbaus verbleibenden Bestand des Siedlungssplitters hinzu, welcher im Schwerpunkt fünf Wohngebäude auf den Fl.Nrn. …, …, … und … und in seiner maximalen Ausdehnung entlang der Staats straße St … weitere fünf Wohngebäude (Fl.Nrn. …, …, …, … und …) umfasst (s.o.). Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich insbesondere bei dem Anwesen H.weg 13 um ein durchaus stattliches Wohngebäude handelt, kommt dem Vorhaben eine ganz beträchtliche negative Vorbildwirkung zu, sodass nicht mehr von einer deutlichen Unterordnung unter den Bestand gesprochen werden kann. In der besonders attraktiven Umgebung in Seenähe finden sich zahlreiche noch unbebaute Grundstücksflächen, etwa auf den nur locker bebauten, großzügig geschnittenen Anwesen auf den Fl.Nrn. … und …, … und …, …, … sowie … Ebenso könnten mit Blick auf einen „Lückenschluss“ weitere Bauwünsche hinsichtlich des derzeit als Bootslagerplatz genutzten Grundstücks Fl.Nr. … und vor dem Hintergrund der trennenden Wirkung der Staats straße letztlich auch in Bezug auf die bislang unbebauten Fl.Nrn. …, …, … und … geäußert werden. Das Vorhaben besitzt damit eine nicht übersehbare Vorbildwirkung, zumal das Merkmal des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung nicht voraussetzt, dass als Folge der Zulassung des Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht (vgl. BayVGH, U.v. 7.3.2018 - 1 B 16.2375 - juris Rn. 18 f; BVerwG, U.v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - juris Rn. 22.). Vorliegend würde die Überzeugungskraft der gegen eine Erweiterung und Verfestigung der Splittersiedlung sprechenden Argumente deutlich geschwächt, so dass mit zahlreichen weiteren Bauwünschen gerechnet werden müsste. Eine Genehmigung des Vorhabens könnte insofern zum Anlass genommen werden, die Inanspruchnahme des Außenbereichs in Seenähe zu nicht privilegierten Zwecken voranzutreiben. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 22. Mai 2014 - 1 B 14.196 - juris Rn. 25 ff.).
43
Soweit die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. Dezember 1998 (Az. 5 S 52/97) verwiesen hat, lagen der dortigen Entscheidung ersichtlich besondere örtliche Gegebenheiten zugrunde, die sich nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen lassen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung (Rn. 14) dabei betont, dass der Vorgang einer unerwünschten Zersiedelung bei Wohnbauten regelmäßig vorliegen dürfte. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten (Landesstraße und Waldgebiet als natürliche, einer nicht absehbaren Vorbildwirkung entgegenstehende Grenzen) wurde jedoch angenommen, dass eine Ausnahmesituation vorliege, nach der sich das Vorhaben als eine Art „Lückenschluss“ darstelle und zugleich mit Blick auf die vorhandene Bebauung keine zusätzlichen Ansprüche und auch keine städtebaulichen Spannungen auslöse. Ob die Annahme einer Ausnahmesituation bei einem Mehrfamilienhaus mit 7 Wohneinheiten (nebst Carports und Stellplätzen) - welches auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg den Rahmen der aus 5 Wohngebäuden bestehenden Splittersiedlung überschritt und daher im Ergebnis als unzulässig betrachtet wurde - überzeugt, erscheint durchaus zweifelhaft, kann vorliegend aber dahingestellt bleiben. Die Errichtung eines Ersatzbaus ist mit der ausnahmsweise zulässigen Auffüllung einer „Lücke“ innerhalb einer vorhandenen Splittersiedlung nicht vergleichbar (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 22.5.2014 - 1 B 14.196 - juris Rn. 26). Maßgeblich ist, ob sich das Vorhaben dem Bestand nach den konkreten örtlichen Umständen deutlich unterordnet. Dies ist vorliegend, wie ausgeführt, mit Blick auf die nicht absehbare Vorbildwirkung des Vorhabens zu verneinen.
44
3.3 Nachdem der Kläger die Altsubstanz weitgehend abbrechen ließ, sind auch die Voraussetzungen für eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht mehr gegeben, da dieser Tatbestand die Erweiterung eines „bestehenden Gebäudes“ voraussetzt (vgl. BayVGH, B.v. 20.9.2002 - 14 ZB 02.1615 - juris Rn. 2). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB, wonach das Bestandsgebäude u.a. seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst zu Wohnzwecken genutzt worden sein müsste, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
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Da das klägerische Vorhaben bereits wegen der zu befürchtenden Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) bauplanungsrechtlich unzulässig ist, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob weitere öffentliche Belange - etwa die Darstellungen des Flächennutzungsplans oder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 5 BauGB) - beeinträchtigt werden.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Es entspricht der Billigkeit, ihm nicht auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO).
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.