Inhalt

VG München, Urteil v. 25.08.2022 – M 17 K 19.4887
Titel:

Begrenzte Beihilfe für Behandlung in nicht zugelassenem Krankenhaus

Normenketten:
BayBhV § 28 Abs. 1, Abs. 2
KHEntgG § 6, § 10 Abs. 9
KHG § 17b
SGB V § 108
Leitsatz:
Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der einem Beamten entstandenen Kosten der Behandlung in einem Privatkrankenhaus auf die Höhe der Aufwendungen für entsprechende Leistungen eines Krankenhauses im Sinne von § 28 Abs. 1 BayBhV setzt voraus, dass dort eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung gewährleistet gewesen wäre, ohne in seiner konkreten Ausgestaltung identisch zu sein (hier: Geschlechtsumwandlung in all-in-one-Operation).  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beihilfe;, Stationärer Aufenthalt in Privatklinik;, DRG-Abrechnung;, Geschlechtsumwandelnde Operation, Beihilfe, Privatklinik, Krankenhaus, DRG-Abrechnung, Geschlechtsumwandlung, gleichwertig
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 31.07.2023 – 24 ZB 22.2439
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27671

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der mit einem Bemessungssatz von 50% beihilfeberechtigte Kläger begehrt die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen anlässlich einer stationären Krankenhausbehandlung in der ... in …Mit Schreiben vom 14. März 2019 stellte der Kläger beim Landesamt für Finanzen - Bearbeitungsstelle Straubing (Landesamt) einen Kostenübernahmeantrag für eine geschlechtsangleichende Operation (Frau zu Mann) in der ... in … Mit Schreiben vom 22. März 2019 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass bei Behandlungen in Krankenhäusern, die nicht nach § 108 SGB V zugelassen sind (vor allem Privatkliniken), die Kosten für die allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV höchstens bis zum Produkt der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG mit der Bewertungsrelation gemäß Teil a) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs unter Ansatz der jeweiligen mittleren Verweildauer für die jeweilige Behandlung beihilfefähig seien. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom ... 2019 und wies darauf hin, dass sich die Vergleichsberechnung angesichts der in anderen Kliniken notwendigen Mehrfachoperationen anders darstellen müsse. Diesbezüglich wurden u.a. Rechnungen des Klinikums … vom ... 2016 und vom ... 2017 vorgelegt.
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Mit Beihilfeantrag vom 15. Juli 2019 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 55.000 € für eine Behandlung in der ... in … (Rechnung vom ... 2019) geltend. Die Behandlung mit stationärem Aufenthalt fand vom 25. Juni 2019 bis ... 2019 statt.
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Hiervon erkannte der Beklagte durch Bescheid vom 17. Juli 2019 Aufwendungen in Höhe von 13.530,65 € als beihilfefähig an und gewährte eine Beihilfe in Höhe von 6.765,33 €. Zur Begründung wurde unter Hinweis-Nr. f0 erläutert, dass bei Leistungen von Krankenhäusern, die nicht nach § 108 SGB V zugelassen seien, die Aufwendungen für die allgemeinen Krankenhausleistungen bei Indikationen, die vom DRG-Fallpauschalenkatalog erfasst wären, nur bis zu einer Höchstgrenze beihilfefähig seien (§ 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV). Der beihilfefähige Betrag errechne sich aus dem Produkt der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG (2018: 3.553,98 €; 2019: 3.633,60 €) mit der Bewertungsrelation gemäß Teil a) bzw. Teil b) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs unter Ansatz der jeweiligen mittleren Verweildauer. Da es sich bei der für die Operation maßgebenden DRG-Fallpauschale U01Z (Geschlechtsumwandelnde Operation) um eine nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete vollstationäre Leistung handele, könne für diese Leistung nur das nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes krankenhausindividuell vereinbarte Entgelt der Vergleichsklinik als beihilfefähig anerkannt werden. Für den Kostenvergleich sei das Universitätsklinikum … herangezogen worden. Die sich für diese Operation ergebende Fallpauschale U01Z betrage 13.530,65 € (krankenhausindividuelles Entgelt gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG bei DRG U01Z der Vergleichsklinik Universitätsklinikum ...).
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Juli 2019 Widerspruch. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass für den Kostenvergleich das Universitätsklinikum … herangezogen worden sei, da dort erst seit kurzem geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt werden würden. Die Vergleichsberechnung stelle sich angesichts der in anderen Kliniken notwendigen Mehrfachoperationen anders dar. Es hätten die tatsächlich vereinbarten Entgelte zugrunde gelegt werden müssen, da es sich um eine Operation handele, die nur von sehr wenigen Krankenhäusern angeboten werde und eine hohe Spezialisierung verlange. Auch die Fürsorgepflicht gebiete eine vollumfängliche Gewährung von Beihilfe. Es liege ein atypisch gelagerter Einzelfall vor. Zur Behandlung von Transsexualismus sei das Spektrum der medizinisch indizierten Krankenbehandlung mittlerweile breit gefächert. Bei geschlechtsangleichenden Operationen müssten jedoch die Risiken abgewogen werden. Lediglich bei der „all-in-one Operation“, die bundesweit nur in einer Privatklinik durchgeführt werde, würden mehrere Operationen mit entsprechenden Gesundheitsrisiken vermieden. Die Komplikationsrate liege unter dem bundesweiten Durchschnitt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
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Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom 26. September 2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, Klage.
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Sie beantragte sinngemäß,
den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 17. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2019 zu verurteilen, dem Kläger für die Rechnung der ... … vom ... 2019 weitere Beihilfeleistungen in Höhe von 20.734,68 € zu gewähren.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen die Begründung des Widerspruchs wiederholt. Ausgeführt wurde, dass der Beihilfebescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtswidrig sei, da der Beklagte zur Ermittlung der beihilfefähigen Aufwendungen zu Unrecht einen Kostenvergleich unter Heranziehung des Universitätsklinikums … zugrunde gelegt habe. Die seitens des Beklagten genannte Summe stimme nicht mit den der Prozessbevollmächtigten aus anderen Verfahren bekannten vereinbarten Entgelten für die geschlechtsangleichende Operation überein. Mit Schriftsatz vom 26. November 2019 legte die Klägerbevollmächtigte ein Schreiben der Gemeinschaftspraxis ... * … an das Sozialgericht … vom ... und ein Schreiben der ... an das Sozialgericht … vom ... 2019 vor, aus denen sich ergebe, dass die Gesamtkosten einer vergleichbaren geschlechtsangleichenden Operation zwischen mindestens 27.400 € und 38.235 € lägen. Auf den Inhalt der Schreiben wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 27. November 2019 wies die Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass in den vorgenannten Kosten die Kosten der Mastektonomie (OPS-Code 5-877-22) und der Hyterektomie (OPS-Code 5-683.0) noch nicht enthalten seien. Da es sich im Fall des Klägers um eine „all-in-one Operation“ gehandelt habe, sei für die Berechnung der Gesamtkosten das Entgelt aller Teilschritte heranzuziehen.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 7. Januar 2020,
die Klage abzuweisen.
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Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen des Klägers für Krankenhausleistungen der ... … sei auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ermittelt worden. Da es sich bei der maßgeblichen Fallpauschale U01Z (Geschlechtsumwandelnde Operation gem. Anlage 3a des DRG Fallpauschalen-Katalogs - G-DRG Version 2019) um eine nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete vollstationäre Leistung handele, habe die Vergleichsberechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der Weise zu erfolgen, dass beihilfefähig das nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG krankenhausindividuell vereinbarte Entgelt der Vergleichsklinik sei. Vergleichskrankenhaus sei das nächstgelegene geeignete Krankenhaus der Maximalversorgung, vorliegend das Universitätsklinikum …, das als in Deutschland einziges Krankenhaus der Maximalversorgung, das nach § 108 SGB V zugelassen ist, die streitgegenständliche Operation durchführe. Bei den von der Klagepartei angeführten Kliniken handele es sich nicht um Krankenhäuser der Maximalversorgung.
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Die Prozessbevollmächtigte des Klägers trug mit Schriftsatz vom 11. Januar 2021 ergänzend vor, dass die Universitätsklinik … die beim Kläger durchgeführte Operation nicht anbiete, sondern nur Bruchteile hiervon.
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Mit Schriftsätzen vom 7. Januar 2020 und vom ... 2022 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Beihilfe in Höhe von 20.734,68 € für die von der ... in Rechnung gestellten Leistungen in Höhe von 55.000 € (55.000 € x 50% abzgl. der bereits erhaltenen Beihilfe in Höhe von 6.765,33 €), § 113 Abs. 5 VwGO. Der Bescheid des Beklagten vom 17. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. statt aller BVerwG, U.v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Die Aufwendungen gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Für eine Krankenhausbehandlung entstehen Aufwendungen mit der stationären Behandlung (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Dezember 2020, Bd. 2 Anm. 12 zu § 7 Absatz 2 BayBhV: „mit jedem Krankenhaustag“). Bei der streitgegenständlichen Krankenhausbehandlung vom ... 2019 bis einschließlich ... 2018 bestimmt sich die Beihilfefähigkeit daher nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2019 (GVBl S. 98), der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 12. Oktober 2018 (GVBl S. 794), dem Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen - Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. April 2002 (BGBl S. 1412, 1422), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Mai 2019 (BGBl S. 646) und dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom ... 1991 (BGBl S. 886), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Mai 2019 (BGBl S. 646).
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2. Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte (weitere) Beihilfe zu den von der ... in Rechnung gestellten allgemeinen Krankenhausleistungen anlässlich des stationären Aufenthaltes des Klägers vom ... 2019 bis zum ... 2019 sind Art. 96 BayBG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 und § 28 Abs. 2 BayBhV.
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2.1. Der Kläger ist zu 50% beihilfeberechtigt (Art. 96 Abs. 3 Satz 2 BayBG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).
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2.2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Für Krankenhausleistungen enthält § 28 BayBhV nähere Regelungen zur Angemessenheit der entsprechenden Aufwendungen.
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Bei der ... handelt es sich um ein Krankenhaus, das nicht nach § 108 SGB V zugelassen ist und damit um ein anderes Krankenhaus im Sinne von § 28 Abs. 2 BayBhV. In derartigen Krankenhäusern sind gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV bei Indikationen, die bei einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus vom DRG-Fallpauschalenkatalog erfasst wären, die allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bis zum Betrag (fiktive Obergrenze) aus dem Produkt der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) mit der Bewertungsrelation gemäß Teil a) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs unter Ansatz der jeweiligen mittleren Verweildauer (Nr. 1) sowie gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft bis zur Höhe von 1,5 v. H. der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG abzüglich der Eigenbeteiligung gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 7 BayBG (Nr. 2) beihilfefähig. Für nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete vollstationäre Leistungen nach Anlage 3a des DRG-Fallpauschalenkatalogs sind krankenhausindividuelle Entgelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG zu vereinbaren, soweit diese als Krankenhausleistungen erbracht werden dürfen.
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Gemessen an diesen Vorschriften hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe.
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2.3. Der Beklagte hat die Vergleichsberechnung bezüglich der allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV vorgenommen und auf die zutreffende Diagnose im Rahmen einer Vergleichsberechnung abgestellt.
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Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG (Diagnosis Related Groups) wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten - dem ICD-10 - in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Code einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus angegebenen Code nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, U.v. 18.7.2013 - B 3 KR 7/12 R - juris Rn. 12). Falls die Zuordnung zu einer bestimmten DRG-Kennung nicht möglich ist, da eine solche nicht existiert, lautet das Ergebnis „nicht gruppierbar“. Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, U.v. 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R - juris Rn. 12 m.w.N.). Stationäre Krankenhausleistungen werden gemäß § 17b KHG nach dem Vergütungssystem DRG abgerechnet.
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Maßgeblich für den Kostenvergleich anhand von Fallpauschalen ist das konkret zu be-handelnde Krankheitsbild (BVerwG, U.v. 23.4.2015 - 5 C 2.14, Rn. 32 zum insoweit vergleichbaren rheinland-pfälzischen Landesrecht; VG Würzburg, U.v. 20.11.2012 - W 1 K 11.888 - juris; U.v. 18.2.2013 - W 1 K 11.621; U.v. 2.5.2013 - W 1 K 12.931; U.v. 14.1.2016 - W 1 K 15.72; VG München, U.v. 27.5.2010 - M 17 K 09.3880 - juris, jeweils m. w. N.) in Form der Hauptdiagnose im Zeitpunkt der Schlussdiagnose des behandelnden Klinikums (vgl. BayVGH, U.v. 22.2.2019 - 14 BV 17.1251 - juris). Unter der Hauptdiagnose ist nach den vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus in Zusammenarbeit mit der deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und dem Verband der privaten Krankenversicherung erstellten Deutschen Kodierrichtlinien die nach Analyse für die Veranlassung des Klinikaufenthaltes verantwortliche Diagnose zu verstehen.
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Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte hier zutreffend auf die in der Klinikrechnung genannte Diagnose U01Z „geschlechtsumwandelnde Operation“ bei „Transsexualismus (F.64.0)“ abgestellt und diese einer zutreffenden Vergleichsberechnung zugrunde gelegt.
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a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Anlage 3a des DRG-Fallpauschalenkatalogs sind für nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete vollstationäre Leistungen krankenhausindividuelle Entgelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG zugrunde zu legen, die in einem Krankenhaus nach § 28 Abs. 1 BayBhV vereinbart worden wären. Da die Fürsorgepflicht nur die medizinische Vollversorgung erfasst, ist für die Vergleichsberechnung auf ein nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus abzustellen.
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Soweit die Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass gemäß Anlage 3a des DRG-Fallpauschalenkatalogs krankenhausindividuelle Entgelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG zu vereinbaren seien und deshalb die tatsächlich vereinbarten Entgelte zugrunde gelegt werden müssten, verkennt sie, dass die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG bei der Ermittlung des Beihilfeanspruchs im Kontext des § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV steht, der auf eine Behandlung in einem Krankenhaus nach § 28 Abs. 1 BayBhV abstellt. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Kosten für die Behandlung in einem privaten Krankenhaus ist allein die Frage, in welcher Höhe bei einer Unterbringung des Beihilfeberechtigten in einem zugelassenen Krankenhaus für die gleiche bzw. vergleichbare Behandlung Aufwendungen entstanden wären.
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Auch die Bestimmung des § 6 Abs. 2a KHEntgG ist nicht einschlägig, da keine Leistung vorliegt, die der Fallpauschale zwar zugeordnet, mit ihr jedoch nicht sachgerecht vergütet wird. Die Leistung der geschlechtsumwandelnden Operation ist im DRG-Fallpauschalen-Katalog 2019 gerade nicht einer Fallpauschale zugeordnet.
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Da im Zeitpunkt der Vornahme der streitgegenständlichen Operation das Universitätsklinikum … in Deutschland als einziges nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus der Maximalversorgung die Leistung U01Z „geschlechtsumwandelnde Operation“ durchführte, hat der Beklagte seiner Berechnung zu Recht das krankenhausindividuell vereinbarte Entgelt einer geschlechtsumwandelnden Operation im Universitätsklinikum … zugrunde gelegt. Der Begriff der Angemessenheit in Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG und § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV begrenzt die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen im Wege der Beihilfe auf die preisgünstigste von mehreren medizinisch gleichermaßen geeigneten Behandlungen (BVerwG, B.v. 19.08.2009, 2 B 19/09 - juris; U.v. 18.02.2009, 2 C 23.08, juris; VG Würzburg U.v. 20.11.2012 - W 1 K 11.888 - juris).
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Die von der Klagepartei vorgelegten anonymisierten Honorarabrechnungen ärztlicher Leistungen einzelner Ärzte, die Operationen in der damaligen Chirurgischen Klinik … - Abteilung für Urogenitale Chirurgie (aktuell: ...*) durchgeführt haben, führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Bei der Chirurgischen Klinik … handelte es sich nicht um ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus der Maximalversorgung. Das Gleiche gilt für ... ... und das ... (Schreiben der Gemeinschaftspraxis ... * … vom ...*). Im Übrigen handelt es sich hierbei auch nicht um preisgünstigere Behandlungen, auf die die Erstattungsfähigkeit beschränkt ist (vgl. oben).
31
b) Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit der dem Kläger entstandenen Krankenhauskosten auf die Höhe der Aufwendungen für entsprechende Leistungen eines Krankenhauses im Sinne von § 28 Abs. 1 BayBhV setzt allerdings voraus, dass dort eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung gewährleistet gewesen wäre. Maßgeblich ist, ob das vom Beklagten herangezogene Universitätsklinikum … eine Therapiebehandlung angeboten hätte, die zwar im Vergleich zu den Kosten der vom Kläger ausgewählten Privatklinik günstiger gewesen wäre, nach Maßgabe des medizinisch Notwendigen zugleich aber auch der von dem Kläger in Anspruch genommenen Therapie entspricht. Das zum Vergleich herangezogene Therapieangebot der anderen Klinik muss hierbei nicht in seiner konkreten Ausgestaltung identisch sein. Die Gleichwertigkeit der medizinisch notwendigen Therapien reicht vielmehr aus (vgl. BVerwG, U.v. 18.2.2009 - 2 C 23.08; VGH BW, U.v. 11.8.2011 - 2 S 1214/11).
32
Das Universitätsklinikum … hat ausweislich der vom Gericht eingeholten Auskunft vom ... 2021, die mit den Recherchen des Beklagten übereinstimmt, im Jahr 2019 geschlechtsumwandelnde Operationen bei Frau-zu-Mann-Transsexualität durchgeführt. Unerheblich ist, dass die Behandlungsschritte im Rahmen der Durchführung der geschlechtsumwandelnden Operation nicht 1:1 den von der ... … vorgenommenen Behandlungsschritten entsprechen. Anhaltspunkte, dass die geschlechtsumwandelnde Operation des Universitätsklinikums … nicht gleichwertig wäre, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Der von der Klagepartei vorgetragene Umstand, dass die streitgegenständliche Operation ausschließlich in der ... in Form einer „all-in-one Operation“ vorgenommen werde, wohingegen in anderen Kliniken häufig mehrere Operationen erforderlich wären, vermag keine mangelnde Gleichwertigkeit der Operation zu begründen. Die pauschale - nicht patientenbezogene - Behauptung, dass eine „all-in-one Operation“ ein geringeres Komplikationsrisiko und kürzere Dienstausfallzeiten mit sich bringe, ist in ihrer Abstraktheit nicht geeignet, die mangelnde Gleichwertigkeit zu belegen.
33
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) verstößt die Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV nicht gegen Verfassungsrecht, selbst wenn die vorgesehene Deckelung im Einzelfall dazu führen kann, dass der Beihilfeberechtigte hohe Kosten selbst tragen muss (vgl. BayVGH, U.v. 22.2.2019 - 14 BV 17.1251 - juris zur Vorgängerfassung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV). Der BayVGH stellte insbesondere fest, dass es aus Fürsorgegesichtspunkten grundsätzlich ausreiche, dass sich der Beihilfeberechtigte in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern behandeln lassen kann mit der Folge, dass § 28 Abs. 1 BayBhV anzuwenden ist, der keine Deckelung vorsieht. Es ist nicht ersichtlich, dass die ... … im Falle des Klägers eine medizinisch notwendige Leistung angeboten hat, die in keinem der Krankenhäuser i.S.v. § 108 SGB V gleichwertig verfügbar gewesen wäre. Soweit der Kläger geltend macht, die von der … durchgeführte „all-in-one Operation“ werde von keinem anderen Krankenhaus in Deutschland angeboten, handelt es sich hierbei nur um eine Variante einer geschlechtsumwandelnden Operation. Zwar mag die Durchführung der Geschlechtsumwandlung in nur einer „all-in-one Operation“ Vorteile gegenüber der Durchführung in mehreren Operationsschritten haben; es wurde aber nicht substanttiert dargelegt und nachgewiesen, dass sich der Kläger aufgrund konkreter, in seiner persönlichen Konstituion begründeter Umstände ausschließlich einer „all-in one Operation“ unterziehen konnte und eine geschlechtsumwandelnden Operation in der Form, in der sie von einem Krankenhaus i.S.v. § 108 SGB V durchgeführt wird, bei ihm aufgrund individueller Umstände medizinisch nicht gleichwertig gewesen wäre.
34
2.4. Der Beklagte hat zu Recht nicht auf § 28 Abs. 2 Satz 3 BayBhV abgestellt, da die Anwendung des in § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV in Bezug genommenen DRG-Fallpauschalenkatalogs in der seinerzeit gültigen Fassung unter Verwendung des entsprechenden Groupers zur Einschlägigkeit der DRG U01Z führt. Für diese Auslegung spricht der Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 3 „bei allen anderen Indikationen“ sowie der Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 1 „erfasst wären“. Die Verwendung des Konjunktivs deutet darauf hin, dass der Verordnungsgeber insoweit nicht auf die tatsächliche Abrechnungspraxis abstellt (vgl. BayVGH, U.v. 22.2.2019 - 14 BV 17.1251, juris Rn. 21 f. zu der insoweit vergleichbaren Vorgängerfassung des § 28 Abs. 2 Satz 2 BayBhV; VG Würzburg, U.v. 25.6.2019 - W 1 K 19.70 - juris Rn. 21).
35
Eine Anwendung von § 28 Abs. 2 Satz 3 BayBhV würde im Übrigen nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen.
36
Nach § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1a und 2 BayBhV sind bei allen anderen Indikationen im Falle einer vollstationären Behandlung von Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, beihilfefähig der Gesamtbetrag des Basis- und des Abteilungspflegesatzes des behandelnden Krankenhauses bis zu 324,63 € täglich sowie gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft entsprechend Satz 1 Nr. 2. Vorliegend ergäbe sich bei Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 3 BayBhV demnach ein beihilfefähiger Betrag in Höhe von 5.194,08 € (16 x 324,63 €).
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3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer weiteren Beihilfe auch nicht unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. U.v. 24.1.2012 - 2 C 24/10 - juris) erstreckt sich die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentations- bzw. Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits- bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2009 - 2 C 127/07 - juris Rn. 8,12; U.v. 10.6.1999 - 2 C 29/98 - juris Rn. 22f.). Insbesondere ist der Dienstherr nicht verpflichtet, die Beihilfevorschriften so auszugestalten, dass die Wahl des Krankenhauses durch den Beamten für diesen immer wirtschaftlich neutral ausfällt (BVerwG, B.v. 19.8.2009 - 2 B 19.09 - juris Rn. 7). Dem wird § 28 BayBhV gerecht, weil er den Beihilfeberechtigten jedenfalls insoweit eine angemessene Kostenerstattung sichert, als diese sich in Krankenhäusern i.S.v. § 108 SGB V behandeln lassen können. Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2007 - 14 ZB 06.2911 - juris Rn. 13 m.w.N.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine medizinisch gleichwertige Behandlung des Klägers ausschließlich in einer Privatklinik, nicht dagegen in einem Krankenhaus i.S.v. § 108 SGB V i.V.m. § 28 Abs. 1 BayBhV verfügbar gewesen sein sollte.
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4. Nach alledem war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.