Inhalt

VG München, Beschluss v. 26.09.2022 – M 7 S 22.60
Titel:

Anordnung eines erhöhten Abschusskontingents - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

Normenketten:
BayJG Art. 32 Abs. 2 S. 2
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zwar kann die Festlegung eines Kontingents eine geeignete Maßnahme zur Erfüllung des Abschussplans sein, sie muss aber wenigstens die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abschussplan erfüllt wird. Daran fehlt es, wenn es ausweislich der bisherigen Streckenliste sehr fraglich ist, dass der  Jagdgenossenschaft die Erfüllung des ihr auferlegten Kontingents innerhalb des verbleibenden Zeitraums (hier: knapp sechs Wochen) überhaupt hätte gelingen können und sich somit durch die Anordnung die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Abschussplans erhöht hätte. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist eine ordnungsgemäße Anhörung nicht vor Erlass des angefochtenen Bescheids erfolgt, kann diese noch im Rahmen des Klageverfahrens nachgeholt werden. Eine wirksame Nachholung muss inhaltlich den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügen, dh die Ergebnisse der Anhörung müssen von der zur Entscheidung berufenen Behörde nicht nur zur Kenntnis, sondern zum Anlass genommen werden, die Entscheidung selbst kritisch zu überdenken. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellen per se keine nachträgliche Anhörung dar, vielmehr muss die Behörde dem Betroffenen erkennbar machen, er könne zu der beabsichtigten behördlichen Überprüfung der Verwaltungsentscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung nehmen und sie werde unter Würdigung des daraufhin erfolgten Vortrags - zeitlich parallel zum gerichtlichen Verfahren - auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens entscheiden, ob und inwieweit sie den angegriffenen Bescheid aufrecht erhalte. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung eines Abschusskontingents, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Sofortvollziehbarkeitsanordnung, Jagdgenossenschaft, Erfüllung des Abschussplan, Streckenliste, Kontingent, ordnungsgemäße Anhörung, Nachholung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27659

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom … Dezember 2021 wird hinsichtlich Nr. 1 (Abschusskontingent) wiederhergestellt und hinsichtlich Nr. 3 (Zwangsgeldandrohung) angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin, die Jagdgenossenschaft des Gemeinschaftsjagdreviers - GJR - W., wendet sich gegen die Anordnung eines Abschusskontingents für Rotwild.
2
Nach dem am 8. April 2021 bestätigten Abschussplan für Rotwild wurden für das Jagdjahr 2021/2022 folgende Abschüsse festgesetzt: drei Hirsche Klasse IIb, sechs Hirsche Klasse III, drei Alttiere, drei Schmaltiere und fünf Kälber. Erlegt wurden ausweislich der Streckenliste zum Stand 21. November 2021 ein Hirsch Klasse IIb, vier Hirsche Klasse III, ein Schmaltier und ein Kalb und zum Stand 17. Januar 2022 insgesamt zwei Hirsche Klasse IIb, sechs Hirsche Klasse III, ein Schmaltier und zwei Kälber.
3
Mit Bescheid vom … Dezember 2021, zugestellt am … Dezember 2021, ordnete das Landratsamt M. (im Folgenden: Landratsamt) die Erfüllung des Abschussplans für Rotwild des GJR W. bis zum 15. Dezember 2021 mit zwei Zuwachsträgern (Alttiere/Schmaltiere), bis 31. Dezember 2021 mit zwei Zuwachsträgern (Alttiere/Schmaltiere) und bis 15. Januar 2022 mit einem Zuwachsträger (Restabschuss) an (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 2). Für jedes nicht fristgerecht erlegte Stück Rotwild des unter Nr. 1 angeordneten Abschusskontingents wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 50,- Euro angedroht, das ohne weitere Festsetzung fällig werde (Nr. 3). Die Kosten des Bescheids wurden der Antragstellerin auferlegt und es wurden eine Gebühr i.H.v. 50,- Euro und Auslagen i.H.v. 3,68 Euro festgesetzt.
4
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, in der Sitzung des Jagdbeirats vom 11. November 2021 sei die Kontingentierung des Abschussplans für Rotwild im Revier W. beschlossen worden, da der Abschuss mit Stand 10. November 2021 erst bei 35% gelegen habe. Bei einem Treffen mit Jagdvorsteher, angestelltem Jäger, Jagdberater und unterer Jagdbehörde am 25. November 2021 sei von Seiten des Landratsamts auf die beabsichtigte Kontingentierung hingewiesen worden. Die Kontingentierung sei besprochen und es sei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Antragstellerin habe sich dazu aber nicht weiter geäußert. Der Abschussplan für Schalenwild müsse erfüllt werden (§ 21 Abs. 2 Satz 6 und 7 BJagdG i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayJG). Das Landratsamt als untere Jagdbehörde treffe gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG die zur Erfüllung des Abschussplans erforderlichen Anordnungen. Zur Sicherstellung der Erfüllung des Abschussplans 2021/22 sei die Anordnung eines Abschusskontingents erforderlich gewesen. Nach dem Forstlichen Gutachten und der Revierweisen Aussage aus dem Jahr 2018 sei die Verbissbelastung im Revier W. zu hoch. Bei der Abschussplanung sei vorrangig der Zustand der Vegetation zu berücksichtigen. Die berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschaden müssten gewahrt bleiben. Die Anordnung eines Abschusskontingents sei ein geeignetes Mittel, um auf die Erfüllung des Abschussplans einzuwirken. Ein früherer Beginn des Abschusses werde durch diese Maßnahme gefördert. Sie sei erforderlich, da ein milderes Mittel, die Jagdgenossenschaft zur Abschussplanerfüllung anzuhalten, nicht ersichtlich sei. Die Maßnahme sei angemessen, da sie auch dem Schutz des Walds und der Verbesserung der Verbissbelastung diene und der Abschussplan anders nicht erfüllbar sei. Die Vorteile für die Allgemeinheit überwögen daher die Nachteile der Antragstellerin. Die sofortige Vollziehung werde im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Die Abschussplanerfüllung müsse zur Verhinderung von Schäden für den Wald gewährleistet sein. Das Interesse des Revierinhabers an der aufschiebenden Wirkung der Klage habe demgegenüber geringeres Gewicht. Anderenfalls würde das öffentliche Interesse gefährdet. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei erforderlich, um die nötige Schutzwirkung für den Wald entfalten zu können und sicherzustellen, dass das Abschusskontingent nicht durch Einlegung von Rechtsmitteln unterlaufen werde. Ein zeitaufwändiges Klageverfahren könne nicht abgewartet werden, da ansonsten das Kontingent zur Gänze leerlaufen und Schäden mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten seien. Die Anordnung des Zwangsgelds erfolge nach Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe von 50,- Euro je nicht fristgerecht erlegtem Stück Rotwild sei geeignet, erforderlich und angemessen, um zu einer fristgerechten und vollständigen Erfüllung des Abschusskontingents anzuhalten. Die Fristen seien angemessen gewählt worden und gäben der Antragstellerin ausreichend Zeit, die Vorgaben zu erfüllen. Die hinsichtlich der Gebührenhöhe näher begründete Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1, 2, 5, 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG i.V.m. Tarif Nr. 6.I.1, Tarifstelle 1.41.1 KVz.
5
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin erhoben am 7. Januar 2022 Klage (M 7 K 22.59) und stellten am selben Tag einen Eilantrag. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsgegner setzte mit Verweis auf die nach dem Forstlichen Gutachten 2018 im Revier W. zu hohe Verbissbelastung - nahezu vier Jahre später - ein Abschusskontingent fest. Die grundlegende Behauptung des Bescheids werde auf gänzlich veraltetes Datenmaterial gestützt. Die Verbissbelastung im Dezember 2021 ergebe sich nicht. Es werde bestritten, dass diese die Anordnung eines Abschusskontingents rechtfertige. Nachdem das Jagdjahr am 31. Januar 2022 in Bezug auf Rotwild ende, könne von einer frühzeitigen Festsetzung eines Abschusskontingents nicht ansatzweise die Rede sein. Es werde der Antragstellerin die Erlegung von vier Stück Rotwild innerhalb eines Zeitraums von insgesamt vier Wochen des Monats Dezember aufgegeben. Dieses Ziel sei selbst bei gehöriger Anstrengung nicht zu erreichen. Einen in der Sitzung des Jagdbeirats vom 11. November 2021 gefassten Beschluss, den Abschussplan für Rotwild im Revier W. zu kontingentieren, gebe es nicht. Die Behauptung des Antragsgegners, in dieser Sitzung sei festgestellt worden, dass am 10. November 2021 der Abschuss erst bei 35% gelegen habe, sei nicht nachvollziehbar. Der Antragsgegner ziehe auch hier veraltete Zahlen heran. Es werde keinerlei Aussage darüber getroffen, wie sich die Abschusszahl im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids am … Dezember 2021 verhalten habe. Nach eigener Annahme des Antragsgegners hätte in diesem Zeitraum der Abschuss von drei bis vier Stück Rotwild möglich sein können. Es fehle somit bereits an einer belastbaren Faktenlage für den Erlass des Bescheids. Die darin enthaltenen Festsetzungen seien ins Blaue hinein erfolgt. Die Behauptung, dass am 25. November 2021 anlässlich eines Treffens zwischen dem Antragsgegner, dem Jagdvorsteher und dem angestellten Jäger eine Kontingentierung thematisiert worden sei, sei falsch. Der Bescheid sei damit auch überraschend und ohne vorherige Anhörung der Antragstellerin erlassen worden. Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung trage ebenso wenig. Nachdem sich der Antragsgegner auf ein Forstliches Gutachten aus dem Jahr 2018 beziehe und er seitdem untätig gewesen sei, sei nicht ersichtlich, warum nun eine die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigende Eilbedürftigkeit gegeben sein solle. Es rechtfertige keine Eilbedürftigkeit, wenn die Behörde über einen Zeitraum von nahezu vier Jahren untätig sei und dann acht Wochen vor Ende des Jagdjahres aktiv werde. Es erschließe sich nicht, welcher Schaden am Wald innerhalb dieser kurzen Frist von wenigen Wochen verhindert werden solle, wenn dies all die Jahre zuvor aus Sicht der Behörde nicht zu befürchten und nichts veranlasst gewesen sei. Das Interesse der Öffentlichkeit am Schutz des Walds überwiege im vorliegenden Fall nicht das Interesse der Antragstellerin an einer eigenverantwortlichen Bejagung. Es sei nicht erkennbar, welche Schutzwirkung durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung erreicht werden solle. Zudem verhalte sich der Antragsgegner insoweit widersprüchlich. Am 25. November 2021 habe die Antragstellerin beim Antragsgegner den Antrag gestellt, den Rehwildabschuss übererfüllen zu dürfen. Dieser Antrag sei mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 abgelehnt worden. Es sei bemerkenswert, dass der Antragsgegner der Antragstellerin am 7. Dezember 2021 „strafbewehrt“ ein Abschusskontingent auf Rotwild vorgebe, ihr aber zwei Wochen später untersage, einen höheren Rehwildabschuss vorzunehmen. Es handele sich bei beidem um Hirscharten und Schalenwild, der - vermeintlich - zu hohe Verbiss durch Schalenwild werde jedoch zugleich als Rechtfertigung für den angegriffenen Bescheid herangezogen. Der Antragsgegner habe in jedem Schreiben ausgeführt, dass eine Erhöhung des Abschussplans für Rehwild nicht möglich sei, da eine Anpassung beim Folgeplan sinnvoller sei. Damit sei offenkundig, dass die Verbisssituation keinesfalls dringliche Maßnahmen erfordere. Anderenfalls sei nicht nachvollziehbar, weswegen der Antragsgegner innerhalb eines Zeitraums von nur zwei Wochen eine Erhöhung des Abschusses des Schalenwilds Reh ablehne, den vermeintlich zu niedrigen Abschuss des Schalenwilds Rotwild jedoch mit Zwangsgeld erhöhen wolle. Es sei nicht bekannt und werde auch seitens des Antragsgegners nicht ausgeführt, dass ein Verbiss durch Rehwild einen anderen Schaden verursache als ein Verbiss durch Rotwild. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2022 wurde weiter ausgeführt, die Antragstellerin habe nicht aus Nachlässigkeit das im Abschussplan festgesetzte Soll nicht erreicht. Sie habe lange Zeit zunächst nicht gewusst, ob die Zahlen, auf welche sich der Antragsgegner berufe, auch das vorgeschriebene Soll seien. Noch in der durch den Antragsgegner einberufenen Sitzung über die Abschussplanung Rotwild und Jagdbeiratssitzung am 18. März 2021 habe der Antragsgegner die Problematik der noch nicht rechtskräftigen Abschusspläne erklärt, wodurch nicht sicher sei, auf welches letztjährige Abschuss-Soll sich die diesjährige Abschussplanung beziehen solle. Noch Ende März 2021 habe die Antragstellerin nicht gewusst, welche Abschusszahlen letztlich für sie verbindlich sein würden. Der von dem Antragsgegner erweckte Eindruck, die Antragstellerin jage das Rotwild falsch, sei falsch. Das zu bejagende Revier sei ein kleines Revier. Dies führe dazu, dass Rotwild nur durchziehe, was wegen der insbesondere in den zwei Pandemiejahren stark frequentierten Rad- und Wanderwege überwiegend nachts geschehe. Um dieser grundsätzlichen Problematik gerecht zu werden, habe die Antragstellerin revierübergreifende Jagden initiiert, die seit ca. drei Jahren stattfänden. Aus diesen Gründen sowie aufgrund der klimawandelbedingten Verschiebung der Vegetationsperioden habe die Antragstellerin auch für das streitgegenständliche Jagdrevier eine Schonzeitverkürzung für Rotwild beantragt, was der Antragsgegner abgelehnt habe. Die Gründe für die Ablehnung seien nicht nachvollziehbar. Die Regierung von Oberbayern als obere Jagdbehörde, der Regierungsjagdberater, der überregionale Jagdsachbearbeiter und die Abteilung Forsten des AELF H. hätten die Schonzeitverkürzung befürwortet. Die Antragstellerin habe die Bejagung des Rotwilds durch die Einführung revierübergreifender Jagden ausgeweitet. Weitergehende rechtlich zulässige und sachlich gerechtfertigte Erweiterungen der Rotwildbejagung seien durch den Antragsgegner aus nicht nachvollziehbaren Gründen verhindert worden. Bei einem Ortstermin am 16. Dezember 2021 mit der oberen und unteren Jagdbehörde, dem Jagdberater und Hegeringleiter sowie dem Landrat habe der angestellte Jäger der Antragstellerin darauf hingewiesen, dass diese für Verbesserungsvorschläge jederzeit offen sei, insbesondere im Hinblick auf das vorliegende Jagdkonzept und die Bejagung von Rotwild. Eine Rückmeldung hierauf sei weder im Rahmen der Besprechung noch bis dato erfolgt. Aus der Stellungnahme des Antragsgegners und der oberen Jagdbehörde ergebe sich, dass der Antragsgegner die von der Antragstellerin praktizierte Art der Bejagung nicht verstanden habe. Die Antragstellerin bejage das Wild in Intervallen und nicht permanent, wodurch eine geringere Beunruhigung des Wildes erreicht werde. Auch diese Jagdintervalle sollten im Rahmen der Schonzeitverkürzung angepasst werden, worauf die Antragstellerin auch hingewiesen habe. Grundsätzlich sei ein Jagdauftrag an den Jagdausübungsberechtigten ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Abschussplan-Solls. Vorliegend zeige das gesamte Bild jedoch, dass die getroffene Maßnahme nicht geeignet sei. Die Antragstellerin sei über einen mehrmonatigen Zeitraum im Ungewissen gelassen worden, auf welche Abschusszahlen sie sich einzustellen habe. Gleichwohl habe sie revierübergreifende und weitere Jagden veranstaltet und eine Schonzeitverkürzung beantragt. Diese rechtzeitig veranlassten Maßnahmen seien von dem Antragsgegner nicht unterstützt und unterbunden worden. Kurz vor Ende des Jagdjahres sei dieser aktiv geworden und habe einen „strafbewehrten“ Jagdauftrag erlassen. Es erschließe sich nicht, weswegen der Antragstellerin ein Abschuss in kurzer Zeit hätte gelingen sollen, der in den Monaten zuvor nicht gelungen sei. Die durch die Anordnung unterstellte Untätigkeit treffe offenkundig nicht zu. Die faktische Anwendbarkeit der Maßnahme sei vorliegend offenkundig nicht gegeben. Einzig zielführende Maßnahme der unteren Jagdbehörde wäre die Organisation und Durchführung einer revierübergreifenden Jagd mit zusätzlichen externen Jägern gewesen; diese Maßnahme habe der Antragsgegner jedoch nicht ergriffen. Eine Anhörung vor Erlass des Bescheids sei nicht erfolgt. Es sei zwar richtig, dass es am 25. November 2021 ein Treffen an der neuen Fütterung gegeben habe. Aus der E-Mail vom 18. Januar 2022 des „Naturschutz-Rangers“ an den Mitarbeiter des Antragsgegners ergebe sich, dass eine Kontingentierung/Jagdauftrag nicht Gegenstand dieses Treffens gewesen sei. Den beiden angestellten Jägern sei ebenso wenig erinnerlich, dass dies thematisiert worden sei. Dem Protokoll der Sitzung vom 18. März 2021 (gemeint wohl 18. November 2021) könne nicht entnommen werden, dass dort eine entsprechende Maßnahme beschlossen worden sei. Die Antragstellerin habe den Rehwildabschuss zu 120% erfüllt. Der Antragsgegner habe durch sein Verhalten gezeigt, dass der Abschussplanerfüllung für Rotwild offenbar keine hohe Bedeutung für die Allgemeinheit zukomme. Die Erteilung des Jagdauftrags kurz vor Ende der Jagdzeit könne nur den Zweck gehabt haben, die Antragstellerin formal in eine ungünstige Position zu bringen. Das Verhalten des Antragsgegners sei widersprüchlich und die getroffene Maßnahme unbillig und ungeeignet. Gründe für die sofortige Vollziehbarkeit seien damit nicht gegeben. Vorgelegt wurde die Streckenliste 2021/2022.
6
Die Antragstellerin beantragt,
Die sofortige Vollziehung der Verfügung des Antragsgegners wird ausgesetzt und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt.
7
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
8
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, gegen die auf Grundlage des Forstlichen Gutachtens 2018 erlassenen Abschusspläne für Rehwild vom 23. April 2019 und für Rotwild vom 8. April 2021 seien keine Rechtsbehelfe eingelegt worden. In der Sitzung des Jagdbeirats vom 11. November 2021 sei von den Jagdbeiräten vor dem Hintergrund der zum 10. November 2021 erst bei 35% liegenden Abschussplanerfüllung nachdrücklich ein konsequenteres Durchgreifen gefordert worden. Aufgrund dieser Forderung sei auch mit anderen Revieren Kontakt aufgenommen worden, um die Ursache bestehender Defizite zu hinterfragen. Bei dem am 25. November 2021 an der neuen Fütterung stattgefundenen Treffen mit dem Jagdvorsteher, den beiden angestellten Jägern, dem Jagdberater und der unteren Jagdbehörde sei von Seiten des Landratsamts bereits darauf hingewiesen worden, dass eine Kontingentierung veranlasst werden würde. In diesem Rahmen sei das Thema Kontingentierung bereits besprochen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, die Vertreter der Jagdgenossenschaft hätten sich jedoch nicht weiter geäußert. Ergänzend zu den Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Bescheids sei anzumerken, dass sich die Antragstellerin hinsichtlich des Vorwurfs der Verwendung vermeintlich veralteten Datenmaterials selbst widerspreche. Das Forstliche Gutachten 2018 sei Basis für die Abschussplanung des Jagdjahres 2020/2021. Die Rotwildabschussplanung erfolge für jedes Jagdjahr neu. Die Revierweisen Aussagen für das Forstliche Gutachten 2021 attestierten immer noch eine zu hohe Verbissbelastung für den Hegering und die Gesamtheit der Reviere. Die Antragstellerin gehe zudem selbst von einer zu hohen Verbissbelastung aus: Zum einen handele es sich hierbei um die grundlegende Argumentation ihres Antrags auf Abschusszahlerhöhung zum Rehwild vom 25. November 2021, zum anderen habe der Jagdvorsteher der Antragstellerin in Vertretung für das Gemeinschaftsjagdrevier W. mit Schreiben vom 5. Februar 2021 einen Antrag auf Schonzeitverkürzung für Rehwild gestellt und diesen mit der zu wahrenden Schutzfunktion der Wälder in Zeiten des Klimawandels begründet und angegeben, alle Anstrengungen unternehmen zu wollen, den Wildbestand entsprechend zu reduzieren bzw. auf einem ökologischen Gleichgewicht zu halten. Dem Antrag sei nicht stattgegeben worden. Bezüglich des Vortrags der Antragstellerin, der vorgegebene Zeitraum sei zu knapp gewählt worden, sei festzuhalten, dass der Antragstellerin von Beginn an klar gewesen sei, welches Abschussziel beim Rotwild hätte erfüllt werden müssen. Es könne nicht gelten, dass sich die Antragstellerin darauf ausruhe, dass in einem Vorjahr mit weniger behördlichem Druck gearbeitet worden und auf die Anwendung einer Kontingentierung zunächst verzichtet worden sei. Die Abschussplanerfüllung stelle die ureigene Aufgabe der Antragstellerin dar. Sie bezeichne die Abschussplanerfüllung als „ambitioniert“ oder als „unmögliches Ziel“, während andere Reviere im gleichen Zeitraum weit höhere Abschüsse verzeichneten bzw. erfüllten. Gerade der sehr positive Abschusserfolg beim weiblichen Wild in den meisten anderen Revieren, der von der unteren Jagdbehörde und der Hochwildhegegemeinschaft durch vielfache Umverteilung begleitet worden sei, stelle das jagdliche Management bei der Rotwildbejagung im Gemeinschaftsjagdrevier W. in Frage. Soweit die Antragstellerin die Formulierung des „Beschlusses“ im Bescheid bemängele, sei korrekt, dass ein solcher Beschluss nicht erforderlich sei oder gar existiere. Dies habe lediglich ausdrücken wollen, dass der Jagdbeirat vor dem Hintergrund der zuvor präsentierten mangelhaften Abschussplanerfüllung von gerade einmal 35% mit Nachdruck konkrete Handlungen der unteren Jagdbehörde in Gestalt einer Kontingentierung eingefordert habe. Die untere Jagdbehörde habe auch auf die ihr zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Abschussmeldungen zurückgreifen dürfen. Der Jagdausübungsberechtigte müsse Rotwildabschüsse stets zeitnah melden. Der Vorwurf der Antragstellerin, dass keine Anhörung erfolgt sei, sei nicht korrekt. Eine mündliche Anhörung habe vor Ort am 25. November 2021 im Beisein aller Teilnehmer der Besprechung stattgefunden. Eine Äußerung sei nicht erfolgt. Auf eine nochmalige schriftliche Anhörung sei verzichtet worden, um der Jagdgenossenschaft möglichst viel zeitlichen Spielraum bei der Erfüllung der Kontingentierung trotz des bereits fortgeschrittenen Jagdjahres zu verschaffen. Im Übrigen hätten sich auch im Rahmen des Gesprächs am 25. November 2021 keine Anhaltspunkte ergeben, dass seitens der Jagdgenossenschaft kein Einverständnis bestehen würde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet worden. Auf die schriftliche Begründung werde Bezug genommen. Ergänzend sei auszuführen, dass die untere Jagdbehörde die beantragte Schonzeitverkürzung und Abschusszahlerhöhung abgelehnt habe, da die Maßnahmen nicht als zielführend hätten bewertet werden können. Eine Abschussplanerfüllung beim Rotwild könne hingegen die Vegetationssituation in diesem Fall nachhaltig verbessern, indem die Bejagung populationsgerecht und mit Schwerpunkt auf die Zuwachsträger erfolge. Mildere, gleich geeignete Mittel seien nicht gegeben gewesen. Der derzeitige Abschuss (Stand 17. Januar 2022) betrage acht Hirsche, ein Schmaltier und zwei Kälber und liege damit insbesondere bei den Zuwachsträgern weit unter dem Abschuss-Soll. Zur Erreichung des Rotwildabschusses sei es nicht sinnvoll erschienen, den Jagddruck noch einmal durch weitere Rehwildbejagung auf der Fläche zu erhöhen, um beim Rotwild erfolgreicher zu sein. Dies gelte besonders in diesem Jahr, das sich in der gesamten Hochwildhegegemeinschaft als erfolgreich in Bezug auf den Rotwildabschuss darstelle. Diese Vermutung werde bekräftigt, da auch die neue Rotwildfütterung im zweiten/dritten Winter der Umstellung noch nicht zum Laufen habe gebracht werden können. Dieser neue Fütterungsstandort mit idealem Einstand, talnah gelegen, könne zum einen eine Entlastung der Schutzwälder im „Kessel“, aber zum anderen auch einer Bejagung im Kernbereich, die nicht mehr durch Rücksichtnahme auf Fütterungseinstände behindert sei, dienen. Problematisch werde aus Waldschutzgründen der Unterhalt von Rehwildkirrungen angesehen, ohne dass für eine Bejagung noch ein Abschusskontingent vorhanden sei. Dass der Abschussplan erfüllt werden müsse, sei von Beginn an deutlich gewesen. Das bewusste Versäumen der Abschussplanerfüllung könne nicht zulasten der Allgemeinheit gehen. Im Rahmen der Gesamtabwägung überwiege das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit das Suspensivinteresse der Antragstellerin.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte in diesem und im Klageverfahren (M 7 K 22.59) verwiesen.
II.
10
Der Antrag hat Erfolg.
11
Nach zweckentsprechender Auslegung des gestellten Antrags (§ 88 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO) begehrt die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verfügung in Nr. 1 des Bescheids des Antragsgegners vom … Dezember 2021, die in Nr. 2 des Bescheids für sofort vollziehbar erklärt wurde. Darüber hinaus begehrt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit diese hinsichtlich der Androhung des Zwangsgelds von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG).
12
Der so verstandene Antrag hat Erfolg.
13
Der Antrag ist zulässig.
14
Insbesondere fehlt es der Antragstellerin mangels Erledigung der Hauptsache nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf Nr. 1 des mit der Hauptsacheklage angefochtenen Bescheids (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 132). Zwar kann das mit der Anordnung des Abschusskontingents verfolgte Ziel des Verwaltungsakts, fünf Stück Zuwachsträger zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erlegen, aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr erreicht werden. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtlich noch irgendeine unmittelbar belastende Wirkung für den Antragsteller entfaltet (vgl. Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 250). Das ist der Fall, wenn der Verwaltungsakt weiterhin eine Rechtsgrundlage für Vollstreckungsmaßnahmen bildet (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 8 C 17/12 - juris Rn. 19 f. m.w.N.). Dies ist hier gegeben, da das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld nach Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayJG auch noch nach Ablauf des Jagdjahres beigetrieben werden kann (vgl. auch VG München, U.v. 25.11.2015 - M 7 K 15.3411 - juris Rn. 13). Sinn und Zweck der Vorschrift ist ausweislich der Gesetzesbegründung, die Zwangsgeldfestsetzungen bei der Durchsetzung von Abschussplänen auch im Nachhinein zu ermöglichen, wenn die vorzunehmende Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann, da sich die Bußgeldbewehrung von Verstößen gegen den Abschussplan als nicht ausreichend erwiesen hat (vgl. LT-Drs. 13/5947 v. 17.10.1996, S. 7). Dieses Ziel kann sinnvollerweise nur erreicht werden, wenn die Vorschrift nicht nur diejenigen Zwangsgelder betrifft, die wegen mangelnder Abschussplanerfüllung angedroht werden, sondern auch solche, die für den Fall der Nichtbefolgung sonstiger Anordnungen zur Durchsetzung von Abschussplänen nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG angedroht werden. Denn zum einen ist die drohende Nichterfüllung des Abschuss-Solls auch Voraussetzung für den Erlass einer sonstigen Anordnung (vgl. Leonhardt/Pieskalla, Jagdrecht, Stand: Juni 2022, Art. 32 BayJG 15.32 Erl. 7), zum anderen würden Zwangsgeldandrohungen bezüglich erst gegen Ende des Jagdjahrs getroffener Anordnungen zumeist leerlaufen.
15
Der Antrag ist auch begründet.
16
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend Nr. 1 des Bescheids vom … Dezember 2021 dürfte zwar formell rechtmäßig sein. Die vom Antragsgegner vorgebrachte Begründung - an die keine besonders hohen Anforderungen zu stellen sind - dürfte formell noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügen. Es ist ausreichend, wenn die Begründung zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet und die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung angegeben werden (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55 m.w.N.). Dies dürfte vorliegend der Fall sein.
17
Allerdings überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer in der Hauptsache erhobenen Klage das (teilweise kraft Gesetzes bestehende) öffentliche Vollzugsinteresse des Antragsgegners.
18
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
19
Unter Anwendung dieser Grundsätze bestehen an der Rechtmäßigkeit der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnung eines Abschusskontingents von zwei Stück Zuwachsträger (Alttiere/Schmaltiere) zum 15. Dezember 2021, zwei Stück Zuwachsträger (Alttiere/Schmaltiere) zum 30. Dezember 2021 und einem Zuwachsträger (Restabschuss) zum 15. Januar 2021 sowie der in Nr. 3 getroffenen Zwangsgeldandrohung nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung zwar Bedenken. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit kann aber anhand des derzeit vorliegenden Sachstands noch nicht festgestellt werden, sodass die Erfolgsaussichten als offen anzusehen sind.
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Es bestehen in materieller Hinsicht Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Kontingentierungsanordnung, die ohne weitere Sachverhaltsaufklärung nicht ausgeräumt werden können.
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Nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG trifft die Jagdbehörde die zur Erfüllung des Abschussplans erforderlichen Anordnungen. Ein Ermessen ist der Behörde dabei nicht eingeräumt. Die Maßnahmen müssen geeignet und erforderlich sein. Weiter hat die Jagdbehörde bei der Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und darf vom Revierinhaber nichts Unmögliches oder Unbilliges verlangen (vgl. Leonhardt/Pieskalla, Jagdrecht, Stand: Juni 2022, Art. 32 BayJG 15.32 Erl. 7; vgl. auch BayVGH, B.v.20.11.2018 - 19 ZB 17.1798 - juris Rn. 13).
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Grundsätzlich können Anordnungen nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG in Revieren als erforderlich angesehen werden, in denen Forstliche Gutachten lokale Wildschadensschwerpunkte expessis verbis nennen (vgl. Art. 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG) oder in denen die Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG) durch Wildeinfluss erheblich leidet und das Abschuss-Soll voraussichtlich nicht erfüllt wird (vgl. Leonhardt/Pieskalla, Jagdrecht, Stand: Juni 2022, Art. 32 BayJG 15.32 Erl. 7). Eine vergleichbare Fallgestaltung dürfte vorliegend gegeben sein. In der Ergänzenden Revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2018 wurde die Verbissbelastung in dem streitgegenständlichen Revier als zu hoch (mit verschlechterter Tendenz) eingestuft. Das erfolgreiche Aufwachsen der Naturverjüngung ohne Schutzmaßnahmen gegen Schalenwildeinfluss war hiernach bei Fichte und Buche im Wesentlichen und bei Tanne und den Edellaubbäumen teilweise möglich. Hinsichtlich der Tanne wurde als ergänzende Anmerkung festgehalten, dass die Tanne insbesondere im Berggebiet, wo sie besonders wichtig ist, deutlich zu starke Verbisswerte aufweist und dass auch Edellaubholz in den verschiedenen Lagen des großen Reviers teilweise deutlichen Verbiss aufweist und dort nicht in ausreichender Zahl dem Äser entwachsen kann. Der Tanne kommt auf den tiefgründigen, aber schweren und rutschgefährdeten Standorten im Berggebiet eine besondere Bedeutung zu. Nur sie kann diese Böden tief durchwurzeln und so Bestand und Boden stabilisieren. In der aktuellen Ergänzenden Revierweisen Aussage 2021 wird die Verbissbelastung ebenfalls als zu hoch eingestuft, allerdings mit verbesserter Tendenz. Nunmehr ist das erfolgreiche Aufwachsen der Naturverjüngung ohne Schutzmaßnahmen gegen Schalenwildeinfluss bei Fichte, Buche, Tanne und den Edellaubbäumen im Wesentlichen möglich, wobei nach der ergänzenden Anmerkung die Tanne vor allem im Berggebiet noch immer zu hohe Verbisswerte aufweist und dort zunehmend eine Entmischung auf Kosten der Tanne stattfindet. Auch Edellaubholz weist teilweise deutlich zu hohen Verbiss auf und kann dort nicht in ausreichender Zahl dem Äser entwachsen. Der Abschussplan für Rotwild für das Jagdjahr 2021/2022 war im Zeitpunkt des Bescheidserlasses, wie der Antragsgegner zurecht ausgeführt hat, mit sieben von insgesamt zwanzig Stück nur zu 35% und damit unzureichend erfüllt. Angesichts der zu hohen Verbissbelastung, insbesondere bei der im Berggebiet besonders wichtigen Tanne, sowie des im Zeitpunkt des Bescheidserlasses deutlichen Rückstands bei der Erfüllung des Abschussplans hinsichtlich der Zuwachsträger, dürften die Voraussetzungen für den Erlass einer Anordnung nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG grundsätzlich vorgelegen haben. Da die Revierweisen Aussagen 2018 und 2021 zu der Verbisssituation der Tanne im Berggebiet ähnliche Feststellungen enthalten, dürfte es im Ergebnis nicht entscheidungserheblich darauf ankommen, dass der Antragsgegner seinen Annahmen im Bescheid (nur) die Revierweise Aussage 2018 zugrunde gelegt hat.
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Rechtliche Bedenken bestehen vorliegend jedoch an der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit der konkret getroffenen Maßnahme.
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So ist sehr zweifelhaft, ob das von dem Antragsgegner angeordnete Abschusskontingent bezüglich der Zuwachsträger überhaupt geeignet war, das damit verfolgte Ziel der Abschussplanerfüllung zu erreichen. Zwar kann die Festlegung eines Kontingents eine geeignete Maßnahme zur Erfüllung des Abschussplans sein, sie muss aber wenigstens die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abschussplan erfüllt wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 19 ZB 17.1798 - juris Rn. 13 m.w.N.). Ob durch die Anordnung des Abschusses von je zwei Zuwachsträgern zum 15. und zum 31. Dezember 2021 sowie des Abschusses eines weiteren Zuwachsträgers zum 15. Januar 2022 knapp zwei Monate vor Ende des Jagdjahres auf Rotwild am 31. Januar 2022 die Wahrscheinlichkeit der Abschussplanerfüllung erhöht wurde, erscheint jedoch äußerst zweifelhaft. Denn ausweislich der Streckenliste hat die Antragstellerin im Zeitpunkt des Bescheidserlasses am … Dezember 2021 erst einen von insgesamt sechs im Abschussplan 2021/2022 festgesetzten Stück Zuwachsträgern (Alttier/Schmaltier) erlegt. Wenn der Antragstellerin jedoch innerhalb der nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AVBayJG festgelegten Jagdzeit auf Schmaltiere (ab 1. Juni 2021) bzw. Alttiere (ab 1. August 2021) bis zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses nur der Abschuss eines Schmaltiers gelungen ist, erscheint es nach Aktenlage jedenfalls sehr fraglich, ob ihr die Erfüllung des Kontingents innerhalb des vom Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids am 7. Dezember 2021 bis zum 15. Januar 2022 verbleibenden Zeitraums von nicht einmal sechs Wochen überhaupt hätte gelingen können und sich durch die Anordnung die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Abschussplans erhöht hätte. Insbesondere hätte die Antragstellerin bereits innerhalb des verbleibenden sehr kurzen Zeitraums vom 7. bzw. 8. Dezember 2021 bis zum 15. Dezember 2021 zwei Zuwachsträger erlegen müssen. Inwieweit durch die erst am … Dezember 2021 ergangene Anordnung, wie der Antragsgegner im Bescheid ausführt, ein frühzeitiger Beginn des Abschusses hätte gefördert werden sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Der Bescheid enthält hierzu keine näheren Ausführungen.
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Es ist auch weder dem Bescheid noch dem Inhalt der vorgelegten Akte zu entnehmen, welche konkreten Ursachen der Nichterfüllung des Abschussplans gerade bezogen auf die Zuwachsträger zugrunde liegen und weshalb von Seiten des Landratsamts nicht bereits früher auf die Situation mit den bekannten diesbezüglichen Defiziten reagiert worden ist, zumal die jeweiligen einzelnen Abschüsse von der Antragstellerin unmittelbar zu melden waren.
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Aus der Behördenakte geht hervor, dass die Antragstellerin am 8. Februar 2020 bei dem Landratsamt (u.a.) einen Antrag auf Schonzeitverkürzung für Rotwild auf den 15. April 2020 bezüglich „Schmalspießer/Schmalstuck“ (d.h. u.a. auch für Zuwachsträger) gestellt hat, u.a. mit der Begründung, dass zu diesem Zeitpunkt Schmalreh und Geiß besser angesprochen würden. Zudem wurde hierzu ausgeführt, dass durch die intensive Wildtierfütterung der Nachbargemeinden das Rotwild in vielen Teilen des Gemeinschaftsjagdreviers der Antragstellerin im Wesentlichen nomadisch aktiv sei, was eine erhöhte Wanderung des Rotwilds im Frühjahr sowie Spätherbst mit sich bringe. Um frühzeitig im Jahr in die „Jugend-Klassen“ des Rotwilds eingreifen zu können, während es sich in die Berge zurückziehe, wolle die Antragstellerin auch diese Möglichkeit in ihre Jagdstrategie aufnehmen. Das Gemeinschaftsjagdrevier betreibe Intervalljagd. Eine revierübergreifende Drückjagd mit entsprechender Jagdruhe mindestens drei Wochen vor Termin im November oder Dezember trage zusätzlich dazu bei, die Jagd weitestgehend vor Ende des kalendarischen Jahres abzuschließen. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, den Wildbestand entsprechend zu reduzieren bzw. auf einem ökologischen Gleichgewicht zu halten. Aus dem Akteninhalt lässt sich weiter mittelbar entnehmen, dass dieser Antrag durch das Landratsamt abgelehnt wurde. Im Jagdjahr 2020/21 wurde der Abschussplan dann zwar stückzahlmäßig (18 Stück) zu 100% erfüllt, jedoch waren in Bezug auf die Zuwachsträger von den festgesetzten Alttieren nur 2 von 3 Stück und von den festgesetzten Schmaltieren nur 2 von 4 Stück erfüllt worden, sodass auch hier nur eine Erfüllungsquote in Höhe von 57% erreicht worden war. Dem Akteninhalt (E-Mail des Kreisjagdberaters an das Landratsamt vom … Februar 2021) lässt sich weiterhin entnehmen, dass die Antragstellerin im Folgejahr wohl einen nahezu gleichlautenden Antrag auf Schonzeitverkürzung gestellt hat. Es wurde in der E-Mail des Kreisjagdberaters hierzu vorgeschlagen, sich das jagdliche Konzept der Antragstellerin erklären zu lassen bzw. in einem Gespräch mit dem Unterzeichner (wohl des Antrags) die „Gesamtproblematik GJR W.“ zu besprechen, da seiner Meinung nach hinter Vielem eher Provokation und Ideologie stecke, als sachdienliche Arbeit an den Problemen in diesem Bereich (wohl insbesondere in Bezug auf die zuvor dort kritisierte Tätigkeit eines dort angestellten Jägers). Ob ein solches Gespräch dann stattgefunden hat und welches Ergebnis sich hieraus ergeben hat, geht aus der Akte weiter nicht hervor. Der neuerliche Antrag auf Schonzeitverkürzung für das Jagdjahr 2021/22 wurde von Seiten des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - AELF - befürwortet und diesbezüglich auch auf den sehr hohen Fütterungsbestand im benachbarten GJR Reichersbeuern hingewiesen. Unter dem 18. Februar 2021 erfolgte durch das Landratsamt eine Anhörung der Antragstellerin zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Schonzeitverkürzung. Dabei wurde u.a. ausgeführt, dass am 16. Dezember 2020 ein Revierbegang stattgefunden habe, veranlasst durch die höhere Jagdbehörde aufgrund einer Beschwerde der Antragstellerin über die letztjährige Ablehnung der Schonzeitverkürzung. Eine abschließende Stellungnahme von dort (Regierung von Oberbayern) sei bisher nicht eingegangen. Die Abschüsse der Zuwachsträger, die für die Bestandsregulierung essentiell seien, seien (in den vergangenen vier Jagdjahren) durchweg niedrig gewesen. Das Geschlechterverhältnis aus den Abschussplänen habe von der Antragstellerin nicht eingehalten werden können. Der Abschussplanvorschlag der Antragstellerin für das Jagdjahr 2021/22 beinhalte eine Senkung der Abschusszahlen bei den Zuwachsträgern. Dies sei im Zusammenhang mit der Antragsbegründung für die Schonzeitverkürzung (Ausschöpfung aller jagdlichen Möglichkeiten) nicht nachvollziehbar. Ein Anstieg der Zählzahlen im GJR W. sei nicht festzustellen, weiter wurde zu den Fütterungszahlen ausgeführt. Der Antragstellerin sei im Rahmen der Umverteilung im Jagdjahr 2020/21 in der Hochwildhegegemeinschaft - HHG - Miesbach die Möglichkeit für zusätzliche Rotwildabschüsse gewährt worden. Hier sei jedoch auffällig gewesen, dass die Priorität bei der Abschusserfüllung nicht auf die Zuwachsträger gelegt, sondern die Umverteilung männlichen Rotwilds von der Antragstellerin beantragt worden sei. Der Kreisjagdberater vertrete in seiner Stellungnahme die Auffassung, dass die beantragte Schonzeitaufhebung nicht einer revierübergreifenden Vorgehensweise zur Abschusserfüllung und Senkung der Rotwildbestände diene. Im Bereich der HHG Miesbach und in den angrenzenden Revieren der HHG Isarwinkel gebe es Reviere, die mit den bestehenden Jagdzeiten ihren Abschuss erfüllen könnten und dabei zum Teil auch die Voraussetzungen zur Erlangung der waldbaulichen Ziele sehr gut schafften. Es folgten weitere Ausführungen zu der Stellungnahme des Kreisjagdberaters/HHG-Leiters. In der praktischen Jagdausübung hätte die in den letzten Jagdjahren praktizierte Bejagung dazu geführt, dass im „Bergteil“ des GJR W. nur sehr wenig Rotwild erlegt worden sei. Dies belege deutlich, dass ein Jagdmanagement aufgebaut auf hohem Jagddruck nicht geeignet sei, die Rotwildbestände in diesem Bereich in den Griff zu bekommen. In der Behördenakte befindet sich weiterhin ein am 3. März 2021 eingegangenes Schreiben der Antragstellerin, wonach die Darlegungen des Landratsamts aus fachlicher Sicht abzulehnen seien, sowie im Folgenden eine auf den 4. März 2021 datierte Stellungnahme der Regierung von Oberbayern, in der diese sich für die beantragte Schonzeitverkürzung ausspricht. Unter Abwägung aller Belange im Einzelfall sei eine Schonzeitverkürzung aus Sicht der höheren Jagbehörde geboten. Weiterhin erfolgte hierzu mit E-Mail vom … März 2021 eine weitere (ablehnende) Äußerung des Kreisjagberaters an das Landratsamt. (Alternativ) sei das jagdliche Management (in diesem Bereich) sehr kritisch zu hinterfragen, wenn es in anderen Revieren der HHG möglich sei, mit den gesetzlichen Jagdzeiten die zielgerichtete Verjüngung - auch mit hohem Tannenanteil - soweit voran zu bringen, dass eine Einstufung durch das AELF in die beste Bewertungsstufe „günstig“ erfolge, was belege, dass nicht die Schonzeitaufhebung die richtige „Stellschraube“ sei. Ein Bescheid des Landratsamts zu dem Antrag auf Schonzeitverkürzung ist hingegen in der Akte nicht enthalten. Aus dem weiter in der Akte befindlichen Protokoll über die Abschussplanung Rotwild und Jagdbeiratssitzung am 18. März 2021 geht hervor, dass von Seiten der Antragstellerin gefragt worden sei, warum der HHG-Leiter die Anzahl der männlichen Stücke im Abschussvorschlag verringert habe. Ihrer Meinung nach bestehe im GJR W. ein Überhang an männlichem Wild. Hierzu wurde vom HHG-Leiter auf den hohen Wildbestand im Winter 2019 hingewiesen, woraus sich ergebe, dass der Bejagungsschwerpunkt auf die Zuwachsträger gelegt werden müsse (jagdfachlich und wildbiologisch sinnvoll). Von Seiten der unteren Jagbehörde wurde darauf hingewiesen, ggf. die Umverteilungsmöglichkeit zu nutzen. Der Vertreter des AELF befürwortete das Geschlechterverhältnis aus dem Vorschlag der Jagdgenossenschaft. Im Folgenden wurde mit dem Stimmenverhältnis 5:1 für die Beibehaltung des eingereichten Abschussplans Rotwilds in Höhe von 20 Stück mit dem von der Antragstellerin beantragten Geschlechterverhältnis abgestimmt. Aus dem Protokoll der Jagdbeiratssitzung vom 11. November 2021 geht hervor, dass in Bezug auf die Abschussplanerfüllung beim Rotwild von (nur) 35% in Bezug auf die Antragstellerin etwas unternommen werden müsse und nach dem Vorschlag der Anwesenden eine Kontingentierung sinnvoll wäre, womit der Abschuss in diesem Revier noch erreicht werden könnte. Auffallend sei auch, dass es nur an den Zuwachsträgern scheitere. Weitere Einzelheiten gehen aus dem Protokoll jedoch nicht hervor. Weiterhin befindet sich in der Akte eine am 26. November 2021 eingegangene handschriftliche Auflistung der Abschusszahlen für das Revier W. (Stand 24. November 2021), aus der sich für das Jagdjahr 2021/22 ergibt, dass von den insgesamt 6 Stück erlegten Rotwilds jeweils 3 Stück auf den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der beiden Berufsjäger entfallen. Am 25. November 2021 erfolgte schließlich ein Treffen zwischen Vertretern des Landratsamts, der Antragstellerin (einschließlich angestellte Jäger) und dem Kreisjagdberater im Revier W. Nähere Einzelheiten bezüglich des dort angekündigten Erlasses einer „Kontingentierung bis Ende des Jahres“ gehen aus dem diesbezüglichen Vermerk - abgesehen von der Möglichkeit einer Äußerung und Einwilligung von Seiten der Antragstellerin - nicht hervor. Ausgeführt wird nur, dass der Schwerpunkt beim weiblichen Rotwild liegen solle, da dieses bisher kaum bejagt worden sei. Wegen einer Vielzahl an Wander- und Radwegen herrsche eine Beunruhigung beim Wild, dadurch sei dies meistens auch nur zu Nachtzeiten sichtbar. Der konkrete Inhalt der Anordnung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids geht dann offenbar auf die entsprechende Empfehlung des Kreisjagdberaters in einer E-Mail vom … November 2021 zurück. Weiterhin ist in der Akte ein nicht datiertes und nicht adressiertes Schreiben des Jagdvorstehers der Antragstellerin enthalten, in dem dieser bezugnehmend auf ein „Schreiben vom … Dezember zur Abfrage einer Umverteilung des Rotwildabschusses“ (welches sich nicht in der Akte befindet) erklärt, dass man sich natürlich gerne bereit zeige, Stücke (2 x Hirsch Klasse III sowie 2 x Alttiere) abzugeben. Wie durch jahrelange Zusammenarbeit bekannt sei, sei die Maxime in der Jagd die Vegetation. Somit sei es für die Jagdgenossenschaft theoretisch irrelevant, wer die entsprechenden Abschüsse umsetze. Bezüglich des streitgegenständlichen Bescheids wird weiter ausgeführt, dass nicht nachvollzogen werden könne, inwieweit der Jagdgenossenschaft bei dem Termin am 25. November 2021 die Möglichkeit gegeben worden sei, hierzu Stellung zu nehmen und dass unklar sei, inwieweit die Kontingentierung den aktuellen Abschussplan beeinträchtige, d.h., ob nur das Kontingent erlegt werden dürfe. Es sei für sie der Muttertierschutz beim Rotwild sehr wichtig, somit sei eine Umsetzung, d.h. Erlegung eines Alttiers zumeist nur möglich, wenn man das Kalb vorab erlegt habe. Weiterhin wurden genauere Informationen zur Umsetzung erbeten. Aus der Behördenakte geht allerdings auch nicht hervor, ob bzw. welche Reaktion von Seiten des Landratsamts hierauf erfolgt ist. Der Einwand der Jagdgenossenschaft bezüglich des Inhalts der Anordnung dürfte dabei im Übrigen auch nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sein, da der streitgegenständliche Bescheid nach dem Wortlaut ausdrücklich vorgibt, dass der Abschussplan mit den im einzelnen aufgezählten Zuwachsträgern zu erfüllen sei. Dass hiermit auch die ausstehende Erlegung der Kälber verbunden sein soll, ergibt sich lediglich aus der E-Mail des Kreisjagdberaters vom … November 2021.
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Hieraus folgt, dass insgesamt nicht hinreichend deutlich wird, aus welchen Gründen gerade die Zuwachsträger nicht erlegt werden konnten und ob bzw. inwieweit die streitgegenständliche Anordnung - auch unter Berücksichtigung des verhältnismäßig späten Zeitpunkts des Erlasses - überhaupt noch geeignet war, die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Abschussplans bezüglich der Zuwachsträger zu erhöhen, da konkrete, belegte und für Dritte nachvollziehbare Feststellungen hierzu bislang fehlen. Zusammengefasst lässt sich den Akten nur entnehmen, dass von Seiten des Kreisjagdberaters zunächst auf das Verhalten eines der beiden angestellten Jäger verwiesen wird, wobei festzustellen ist, dass später in Bezug auf das vergangene Jagdjahr auch von dem anderen Jäger nur eine geringe Quote erzielt wurde. Ansonsten wird eine - hier nicht näher bekannte - „Gesamtproblematik“ mit dem Gemeinschaftsjagdrevier angeführt. Die Schonzeitverkürzung, die aus Sicht der Antragstellerin effektivere Bejagung ermöglicht hätte, wurde von Seiten des Landratsamts abgelehnt. Das Jagdmanagement der Antragstellerin sei aus der revierübergreifenden Sichtweise der Hegegemeinschaft kritisch zu hinterfragen, da es nur eine Verlagerung der Probleme auf Nachbarreviere bringe. Es bestünden bekanntermaßen Spannungen innerhalb des GJR W. und den Nachbarrevieren, was dem Ziel einer guten Zusammenarbeit innerhalb der HHG und der Nachbar-HHG zuwiderlaufe. In der praktischen Jagdausübung habe dies in den letzten Jagdjahren dazu geführt, dass im Bergteil nur sehr wenig Rotwild erlegt worden sei. Dies belege deutlich, dass ein Jagdmanagement, aufgebaut auf hohem Jagddruck, nicht geeignet sei, die Rotwildbestände in diesem Bereich in den Griff zu bekommen. Die Antragstellerin hat gegenüber dem Landratsamt zu Gründen für die mangelnde Abschussplanerfüllung bezüglich Zuwachsträgern nur allgemein angeführt, es bestehe im GJR W. ein Überhang an männlichen Wild. Im Rahmen der gerichtlichen Verfahren wurde von Seiten der Antragstellerin zu den Gründen nochmals allgemein auf Revierbesonderheiten (Durchzug von Rotwild weit überwiegend nachts) und die (insbesondere auch im Hinblick auf die Stellungnahme der Regierung von Oberbayern) nicht nachvollziehbar abgelehnten Anträge auf Schonzeitverkürzung hingewiesen sowie auf die Geeignetheit der von ihr praktizierten Form der Jagdausübung. Allein auf dieser Grundlage kann im Eilverfahren jedoch keine begründete Aussage darüber getroffen werden, welcher dieser Auffassungen zu folgen wäre.
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Es ist daher - gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - noch aufzuklären, aus welchen Gründen die Antragstellerin lediglich ein Stück Zuwachsträger erlegt hat und insbesondere auch, ob bzw. inwieweit in tatsächlicher Hinsicht der Abschuss der konkret kontingentierten Zuwachsträger innerhalb der vorgegebenen Zeiträume möglich gewesen wäre. Auch sofern beim Anordnungsadressaten aufgrund objektiver Gesichtspunkte von einer fehlenden Bereitschaft zur Erfüllung des Abschussplans auszugehen ist, dürfte eine Kontingentregelung die Abschussplanerfüllung schon nicht fördern (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 19 ZB 17.1798 - juris Rn. 12 m.w.N). Ob dies gegebenenfalls bei der Antragstellerin angesichts des auffälligen Missverhältnisses zwischen den Geschlechtern des bis 3. Dezember 2021 vorgenommenen Abschusses der Fall gewesen wäre, wäre ebenfalls noch im Rahmen des Hauptsacheverfahrens zu klären. Der Akte lassen sich derzeit noch keine diesbezüglichen hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen. Eine abschließende Aussage zu der Frage der Geeignetheit lässt sich im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung anhand der bestehenden Aktenlage somit nicht treffen, sodass die Frage der Klärung in der Hauptsache vorbehalten bleiben muss.
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Ohne weiteres wird man auch nicht annehmen können, dass dem Antragsgegner kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. In dem streitgegenständlichen Bescheid wird zu dieser Frage lediglich ausgeführt, dass ein milderes Mittel zur Anhaltung der Jagdgenossenschaft zur Erfüllung des Abschussplans nicht ersichtlich gewesen sei. Unklar bleibt dabei, ob oder inwieweit anstelle der Kontingentanordnung hier nicht auch eine Umverteilung des Rotwildabschusses bezüglich der Zuwachsträger als milderes Mittel möglich und gleich geeignet oder ggf. sogar erfolgversprechender gewesen wäre. Auch dies wäre im Rahmen des Hauptsacheverfahrens noch aufzuklären. Letztlich hat die Kontingentanordnung jedenfalls tatsächlich nicht zu einer weiteren Erfüllung des Abschussplans bezüglich Zuwachsträgern geführt.
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Schließlich wäre voraussichtlich auch die Praktikabilität einer etwaigen Ersatzvornahme nach Art. 32 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BayJG durch behördlich organisierten Abschuss in tatsächlicher Hinsicht zu klären. Denn das Gesetz sieht den behördlich organisierten Abschuss (Art. 32 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BayJG i.V.m. § 27 Abs. 2 BJagdG) als Mittel der Wahl zur Durchsetzung des Abschussplans an, denn es schließt ausdrücklich eine Anwendung der Bestimmung des Art. 32 Satz 2 VwZVG aus, der zufolge eine Ersatzvornahme nur zulässig ist, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt (Art. 32 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 BayJG). Diese Regelung ist durch § 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes vom 30. Juli 1987 (GVBl S. 246) eingefügt worden, welches zur Begrenzung der Wildschäden, insbesondere an dem teilweise besonders bedrohten Wald, zur Effektivierung der Abschusspläne und insgesamt zu einem konsequenteren Vollzug der jagdrechtlichen Bestimmungen erlassen worden ist. Die genannte Regelung ist auch sachgerecht, weil nur durch einen sofort wirksamen Vollzug verhindert werden kann, dass das Abschussdefizit die Abschussplanungen der folgenden Jagdjahre belastet, dass sich der überhöhte Verbiss fortsetzt und dass sich die Waldschäden verstärken (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 19 ZB 17.1798 - juris Rn. 14 m.w.N.).
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Auch bezüglich der gerügten formellen Mängel des streitgegenständlichen Bescheids sind die Erfolgsaussichten nach summarischer Prüfung als offen anzusehen.
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Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ohne weitere Sachverhaltsaufklärung nicht festgestellt werden, ob die Antragstellerin vor Erlass des Bescheids tatsächlich in einer der Vorschrift des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügenden Weise angehört wurde. Im Rahmen der Anhörung ist dem Beteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Dies umfasst - über die eigentliche Stellungnahmemöglichkeit hinaus - die vorherige Unterrichtung des Beteiligten über den beabsichtigten Verwaltungsakt sowie im Nachgang die Pflicht, das Vorgebrachte zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft zu berücksichtigen. Eine ernstliche Gelegenheit zur Stellungnahme besteht nur dann, wenn für den Beteiligten hinreichend erkennbar ist, dass, weshalb und wozu er sich äußern kann und mit welcher Entscheidung er zu rechnen hat (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rn. 34f.).
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Nach derzeitiger Aktenlage steht der von der Antragstellerin erhobenen Rüge der unterlassenen Anhörung der Inhalt des Protokolls des Treffens am 25. November 2021 entgegen. Dort wird unter TOP 3 festgehalten, dass von der unteren Jagdbehörde eine Kontingentierung bis Ende des Jahres erlassen werde und der Jagdvorsteher und die angestellten Jäger die Möglichkeit gehabt hätten, sich zu dazu äußern, es sei jedoch nicht widersprochen und eingewilligt worden. Das wird von der Antragstellerin hingegen bestritten. Sollte sich ergeben, dass eine ordnungsgemäße Anhörung nicht vor Erlass des Bescheids erfolgt ist, könnte eine solche Anhörung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG noch im Rahmen des Klageverfahrens nachgeholt werden (vgl. dazu etwa BVerwG, U.v. 17.12.2015 - 7 C 5/14 - juris Rn. 17). Eine wirksame Nachholung muss inhaltlich den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügen. Dies setzt voraus, dass die Ergebnisse der Anhörung von der zur Entscheidung berufenen Behörde nicht nur zur Kenntnis, sondern zum Anlass genommen werden, die Entscheidung selbst kritisch zu überdenken. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellen per se keine nachträgliche Anhörung im Sinne dieser Regelung dar, vielmehr muss die Behörde dem Betroffenen erkennbar machen, er könne zu der beabsichtigten behördlichen Überprüfung der Verwaltungsentscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung nehmen und sie werde unter Würdigung des daraufhin erfolgten Vortrags - zeitlich parallel zum gerichtlichen Verfahren - auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens entscheiden, ob und inwieweit sie den VA aufrecht erhält (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rn. 69, vgl. auch BVerwG, U.v. 24.6.2010 - 3 C 14/09 - juris Rn. 37).
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Eine formelle Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Anordnung dürfte sich nach Aktenlage hingegen nicht aus einer unzureichenden Beteiligung des Jagdbeirats ergeben.
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Zur Anordnung eines Abschusskontingents ist von Gesetzes wegen kein Einvernehmen mit dem Jagdbeirat herzustellen. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 AVBayJG soll die Jagdbehörde den Jagdbeirat bei allen wesentlichen Entscheidungen beteiligen. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Anordnung eines Abschusskontingents deshalb eine wesentliche Entscheidung im Sinne der genannten Vorschrift darstellt, weil es sich bei ihr um eine begleitende Maßnahme zur Durchsetzung des nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG einvernehmlich mit dem Jagdbeirat festzulegenden Abschussplans handelt und die Maßnahme daher mit diesem thematisch eng verbunden ist (vgl. insoweit VG München, U.v. 29.3.2017 - M 7 K 16.3758 - juris Rn 36). Denn ausweislich des Protokolls der Jagdbeiratssitzung vom 11. November 2021 wurde die beabsichtigte Kontingentierung in der Sitzung behandelt. Wenngleich sich - entgegen der Darstellung im streitgegenständlichen Bescheid - aus dem Protokoll nicht ergibt, dass ein Beschluss zur Kontingentierung des Abschussplans gefasst wurde, so lässt sich dem Protokoll gleichwohl entnehmen, dass die Kontingentierung in der Sitzung befürwortet, wenn nicht sogar initiiert, wurde. Damit dürfte einer etwa erforderlichen Anhörung des Jagdbeirats wohl genüge getan sein.
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Nach alledem bestehen auf Grundlage des derzeit dem Gericht vorliegenden Sach- und Streitstands Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung des Abschusskontingents und - in Folge - auch an der Rechtmäßigkeit der hierauf beruhenden Zwangsgeldandrohung, die jedoch nicht so schwerwiegend sind, dass eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids ohne weiteres angenommen werden könnte. Da sich jedoch die Erfolgsaussichten der Hauptsache ohne weitere Sachaufklärung auch nicht vorläufig beurteilen lassen und der Verfahrensausgang offen ist, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
37
Diese abschließende Abwägung der gegenläufigen Interessen fällt vorliegend zu Lasten des Antragsgegners aus.
38
Voranzustellen ist zunächst, dass im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung (nur) auf die mit der in Nr. 3 des Bescheids enthaltenen Zwangsgeldandrohung im Zusammenhang stehenden gegenläufigen Interessen abzustellen ist. Das in Bezug auf das in Nr. 1 des Bescheids angeordnete Abschusskontingent grundsätzlich bestehende öffentliche Interesse an der Erfüllung der Abschusspläne als Mittel zum Schutz des Walds vor durch Schalenwild verursachten Schäden (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 - juris Rn. 109 zur Schutzwirkung des Bergwalds) sowie das widerstreitende Interesse der Antragstellerin an einer eigenverantwortlichen Bejagung vermag aufgrund der besonderen Konstellation im Rahmen der im konkreten Fall gebotenen Interessensabwägung keine Berücksichtigung mehr zu finden. Denn aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs kann das mit der Anordnung bezweckte Ziel, die Zuwachsträger bis zu dem jeweils bestimmten Zeitpunkt zu erlegen, nicht mehr erreicht werden, sodass etwaige Waldschäden auch durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich Nr. 1 des Bescheids nicht mehr verhindert werden könnten. Ebenso wenig könnte die Antragstellerin im Nachhinein ihre Jagd eigenverantwortlich ausüben.
39
Hinsichtlich des in Nr. 3 des Bescheids angedrohten Zwangsgelds steht dem grundsätzlichen Interesse des Antragsgegners an der zügigen Beitreibung des Zwangsgelds das Interesse der Antragstellerin gegenüber, von der Beitreibung angedrohter Zwangsgelder einstweilen verschont zu bleiben. Im Rahmen der durchzuführenden Folgenabwägung überwiegt insoweit das Suspensivinteresse der Antragstellerin, da überwiegende nachteilige Folgen nicht ersichtlich sind. Würde der Antragsgegner im Hauptsacheverfahren obsiegen, könnten die angedrohten Zwangsgelder ohne weiteres noch beigetrieben werden. Hingegen müssten im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin bereits vor einer Entscheidung in der Hauptsache im Rahmen des Sofortvollzugs beigetriebene Zwangsgelder rückabgewickelt werden, was mit einem vergleichsweisen Mehraufwand verbunden wäre. Weitere Nachteile des Antragsgegners, insbesondere im Hinblick auf die dargestellte Wildschadenssituation, sind nicht ersichtlich.
40
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.