Titel:
Ausweisung wegen Aktivitäten für eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5
AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 3, § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, § 84 Abs. 2 S. 1
ARB 1/80 Art. 6, Art. 7
EMRK Art. 8 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Für die Fälle des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung iSd § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gilt ein abgesenkter Gefahrenmaßstab, der auch die Vorfeldunterstützung des Terrorismus erfasst und keine von der Person ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefahr erfordert. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter sind regelmäßig nur sekundäre Beweismittel und bedürfen vorsichtiger Würdigung und ggf. der Heranziehung weiterer Erkenntnisse. Dies nimmt ihnen insbesondere dann nicht den Beweiswert, wenn sie anhand ihrer Konkretheit und des Umfangs als zuverlässig erachtet werden können und nicht substantiiert bestritten werden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine gegenwärtige Sicherheitsgefahr iSd § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG kann auch bei länger zurückliegenden Aktivitäten des Ausländers angenommen werden, wenn eine persönliche Distanzierung von den früheren politischen Zielen und eine Abkehr von der bisherigen Unterstützung nicht dargelegt ist. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsschutzbedürfnis nach erfolgter Abschiebung und zwischenzeitlicher Durchführung eines (erneuten) Asylverfahrens., Angehören bzw. Unterstützen einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt., Langjährige Aktivitäten in einem Verein, der die KONGRA-GEL/PKK unterstützt., Überzeugungsgewissheit hinsichtlich der Tatsachen, die die Schlussfolgerung auf unterstützende Tätigkeiten rechtfertigen., Ausweisung, den Terrorismus unterstützende Vereinigung, Zugehörigkeit, Unterstützung, langjährige Aktivitäten, KONGRA-GEL/PKK, erfolgte Abschiebung, Durchführung eines erneuten Asylverfahrens, Rechtsschutzbedürfnis für Eilantrag
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 13.05.2019 – AN 5 S 19.621 , AN 5 K 19.622
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27404
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
1
Der Antragsteller, t. Staatsangehöriger mit k. Volkszugehörigkeit, verheiratet und Vater von 4 Kindern (geboren 2006, 2009, 2015 und 2018; davon 2 Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit), der erstmals am 16. Dezember 1989 gemeinsam mit seinen Eltern und den fünf Geschwistern ohne Identitätspapiere in die Bundesrepublik Deutschland einreiste, dessen Asylantrag mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) vom 22. November 1990 abgelehnt wurde, auf dessen am 22. Juli 1993 gestellten Asylfolgeantrag im gegen den ablehnenden Bescheid vom 27.Januar 1995 gerichteten Klageverfahren unter Aufhebung dieses Bescheides das Bundesamt verpflichtet wurde, bei dem Antragsteller und seiner Familie die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) festzustellen, was mit Bescheid des Bundesamtes vom 29. März 2000 erfolgte (ein Widerruf dieses Bescheides durch Bescheid des Bundesamtes vom 8.6.2007 wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6.11.2007 aufgehoben), dem am 31. Mai 2000 eine zunächst bis 30. Mai 2002 gültige Aufenthaltsgenehmigung in Form der Aufenthaltsbefugnis (§ 70 AsylVfG a.F.) und am 27. Juni 2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, die mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG fortgalt, und der am 5. Januar 2009 (zur Erlangung eines t. Passes) den Verzicht auf die asylrechtliche Anerkennung bzw. die Feststellung nach § 60 AufenthG erklärte, verfolgt mit seiner Beschwerde die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2019 weiter. Mit diesem Bescheid hat die Antragsgegnerin den Antragsteller aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Ziffer l), das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von zehn Jahren ab Abschiebung bzw. Ausreise befristet (Ziffer II), den Aufenthalt mit Zustellung der Entscheidung bis zur Ausreise auf das Gemeindegebiet der Stadt N. beschränkt (Ziffer III), den Antragsteller verpflichtet, sich beginnend ab 4. März 2019 einmal wöchentlich bei der zuständigen Polizeiinspektion unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden (Ziffer IV), und für die Ziffern I, III, IV und IX der Entscheidung die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer V). Für den Fall, dass gegen die Ziffer III des Bescheides verstoßen wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig gestellt (Ziffer VI), für den Fall dass er der Verpflichtung unter Ziffer IV des Bescheides nicht nachkommt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig gestellt (Ziffer VII), in Ziffer VIII wurde angeordnet, dass die am 4. Juni 2012 als elektronischer Aufenthaltstitel übertragene Niederlassungserlaubnis sofort bei der Stadt N. abzugeben ist. Für den Fall, dass der Antragsteller der Verpflichtung aus Ziffer VIII des Bescheids nicht bis spätestens 6. März 2019 nachkommt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50,00 EUR zur Zahlung fällig gestellt (Ziffer IX). Unter Ziffer X wurde der Antragsteller aufgefordert, das Bundesgebiet bis spätestens 20. März 2019 zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung insbesondere in die T. angedroht (Ziffer Xl). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung und die öffentliche Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstelle, da er nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden den KONGRA-GEL/PKK, eine terroristische Vereinigung, unterstütze (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Der Antragsteller sei als PKK-Aktivist, der bereits langjährig im PKK-Spektrum in N. tätig sei, bekannt. Er sei im Rahmen der Volksratsversammlung im M. Volkshaus e.V. (MVH) von den anwesenden Räten in das Außenkomitee gewählt worden. Nach der Wahl habe er als Gewählter auf die neu übernommenen Aufgaben, auf die Partei und auf Ö. als den Führer geschworen. Am 6. April 2015 sei der Antragsteller im Rahmen einer Versammlung im MVH für den Bereich Vereinsarbeit bestimmt worden. Diese Funktion zeige nicht nur die enge Einbindung des Antragstellers in die Strukturen des KONGRA-GEL/PKK, sondern sei zugleich Beleg für dessen Position innerhalb der regionalen Organisation des KONGRA-GEL/PKK in B., die sich deutlich von derjenigen eines schlichten Anhängers unterscheide und damit nur als herausgehoben definiert werden könne. Der Antragsteller habe zudem dem Gebietsleiter für den Bereich N./N1, S., wesentliche Unterstützung geleistet, indem er dessen Anordnungen Folge geleistet und ihn während dessen Aufenthalt in der Bundesrepublik in seiner Wohnung beherbergt habe. Der Antragsteller sei außerdem an der Verteilung des verbotenen Printmediums „...“ beteiligt gewesen. Die Zeitschrift ... sei in der Vergangenheit von einem Verlag mit dem Namen „A.“ in K. hergestellt worden, später sei die Produktionsstätte nach N. verlegt worden. Die Auslieferung der gedruckten Exemplare sei via Kurier an die einzelnen „BÖLGE“, die verschiedenen PKK-Teilgebiete in der Bundesrepublik Deutschland, erfolgt. B. selbst sei von der Parteiführung in zwei dieser B. unterteilt worden, die Bereiche N./N1. und S./M.. Die Abnahme der Zeitschrift ... im BÖLGE N./N1. sei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Ein Kauf der Druckversion sei in der Vergangenheit nur noch durch sehr engagierte und überzeugte Sympathisanten erfolgt, um sich damit mit der PKK solidarisch zu zeigen und diese zusätzlich auf diesem Wege finanziell zu unterstützen. Der PKK-Gebietsleiter für den Bereich N./N1., S., habe nach der Übernahme seiner Gebietsleiterfunktion im Juni 2013 die Anhängerschaft nachhaltig aufgefordert, die Printausgabe der ... wieder verstärkt zu erwerben, um die Partei auf jede denkbare Art und Weise zu unterstützen. Diese Anweisung von S. sei von den lokalen Sympathisanten ausgeführt worden, weshalb eine Auflage von ca. 100 Exemplaren pro Monat allein im BÖLGE N./N1. vertrieben worden sei. Der Antragsteller sei für die Gesamtabrechnung verantwortlich gewesen und habe das durch den Zeitungsverkauf eingenommene Geld über den Gebietsleiter S. an die Parteiführung weitergeleitet. Bestätigenden Hinweisen zufolge habe der Antragsteller die Funktion des verantwortlichen ...-Verteilers im Raum N. übernommen und daran mitgewirkt, die Abnahme der Zeitschrift wieder neu zu beleben. Die Weitergabe der Zeitschrift ... an den Endverbraucher im Gebiet N. Stadt, wo mehr als 90% der Zeitschriftenauflage verteilt würden, sei persönlich über den Antragsteller oder dessen Vertreter erfolgt. Der damalige Gebietsverantwortliche S. habe im Rahmen seines ausländerrechtlichen Verfahrens angegeben, grundsätzlich in P. zu leben. Während seines Aufenthalts in Deutschland habe er sich bei dem Antragsteller aufgehalten. Die tiefe Identifizierung des Antragstellers mit den Zielen der PKK und den Nachfolgerorganisationen werde auch dadurch bestätigt, dass sich der Antragsteller trotz der Erkenntnisse im Einbürgerungsverfahren, insbesondere der am 27. September 2012 erfolgten Anhörung, und des gegen den Antragsteller eingeleiteten Strafverfahrens nicht davon habe abhalten lassen, die Organisation durch weitere Aktionen und Handlungen zu unterstützen. Aufgrund der vorliegenden strafrechtlichen, polizeilichen und nachrichtendienstlichen Erkenntnisse seien Tatsachen bekannt, welche die Schlussfolgerungen rechtfertigen, dass der Antragsteller zweifelsohne persönlich große Sympathie gegenüber der Terrororganisation KONGRA-GEL/PKK hege. Es werde insoweit auf den Bericht des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 18. April 2013 verwiesen, nach dem sich der Antragsteller „komplett“ mit den Zielen und der Ideologie der PKK identifiziere. Durch die zahlreiche Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen der PKK bzw. durch seine regelmäßigen Besuche des MVH setze er sich auch nach außen sichtbar für diese Organisation ein. Seine Versuche, dies zu verschleiern bzw. zu bagatellisieren, seien ihm nicht gelungen. Seine Einlassungen hierzu seien „unglaubwürdig und taktisch motiviert.“ Diese Einschätzung werde insbesondere auch durch die im Rahmen der Sicherheitsbefragung bei der Antragsgegnerin, die am 30. August 2018 durchgeführt wurde, bestätigt. Insbesondere werde das Engagement des Antragstellers für den Verein MVH e.V. in N. deutlich. Die Teilnahme an den verschiedensten internen Veranstaltungen sowie der Kontakt zum damaligen Teilgebietsleiter N1., S., untermauerten weiterhin die enge Beziehung zur PKK. Ein erkennbares und glaubhaftes Abstandnehmen des Antragstellers im Sinne § 54 Abs. 1 Nr. 2 2. HS AufenthG sei nicht erfolgt. Es wäre insoweit erforderlich, dass sich der Antragsteller mit den Taten auseinandersetze, deren Unrecht erkenne und sich sodann davon abwende. Ansätze hierfür seien in keinster Weise erkennbar. Bei dem Antragsteller sei von vertypten besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG auszugehen, da er im Besitz der Niederlassungserlaubnis sei und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Zudem sei er Vater von vier minderjährigen Kindern, wovon zwei neben der t. Staatsangehörigkeit auch die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen. Trotz der besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen falle die Interessenabwägung im vorliegenden Fall zu Lasten des Antragstellers aus. Während des langen Aufenthalts im Bundesgebiet sei dem Antragsteller eine Integration in die hiesigen komplexen Lebensverhältnisse nicht vollständig gelungen. Der Antragsteller setze sich im Bundesgebiet massiv für die Belange der Terrororganisation KONGRA-GEL/PKK ein. Selbst die familiären Bindungen hätten den Antragsteller nicht dazu veranlasst, sich von dem sicherheitsgefährdenden Handeln zu distanzieren. Der Antragsteller habe sich trotz der Verpflichtung für seine Kinder für die Belange der Terrororganisation KONGRA-GEL eingesetzt. Zu berücksichtigten sei insoweit auch, dass die deutschen Kinder auch die t. Staatsbürgerschaft hätten, sodass jederzeit Besuche und auch ein Umzug der Frau und der Kinder in die T. möglich seien. Auch sei die jüngste Tochter des Antragstellers am ... 2015 in der T. geboren, so dass keine irreversible Einfügung in die deutschen Lebensverhältnisse anzunehmen sei. Die Meldepflicht ergebe sich aus § 56 Abs. 1 AufenthG, da die Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verfügt werde. Die Aufenthaltsbeschränkung bestehe grundsätzlich kraft Gesetzes. Gemäß § 56 Abs. 2 AufenthG resultiere aus der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung die Aufenthaltsbeschränkung. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 31 und 36 BayVwZVG. Die Androhung eines Zwangsgeldes bei einer Pflichtverletzung gegen die Verpflichtungen gemäß Ziffern III und IV in Höhe von 100,00 EUR sei in Anbetracht der Bedeutung der jeweiligen Verpflichtung geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Sofortvollzug der Verfügungen in Ziffern I, III, IV und IX sei anzuordnen. Da der Kläger wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ausgewiesen werde, werde gesetzlich vermutet, dass er eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstelle. Der Ausgang eines unter Umständen lang andauernden Verfahrens im Bundesgebiet sei nicht abzuwarten.
2
Hiergegen hat der Antragsteller unter Beantragung von Prozesskostenhilfe am 20. März 2019 Klage erhoben und den Eilantrag gestellt, gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 13. Mai 2019 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer l des streitgegenständlichen Bescheids vom 27. Februar 2019 verfügte Ausweisung, die in Ziffer III verfügte Aufenthaltsbeschränkung und die in Ziffer IV verfügte Meldeauflage und den sinngemäß gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung bzw. Abschiebungsandrohung mit der Begründung abgelehnt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern I, III und IV des Bescheides vom 27. Februar 2019 begegne keinen Bedenken. Unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei der sofortige Vollzug von der Antragsgegnerin auf spezialpräventive Erwägungen gestützt und das Interesse am Sofortvollzug von Ausweisung, Meldeauflage und Aufenthaltsbeschränkung dargelegt worden. Diese Begründung trage den Sofortvollzug. Die Antragsgegnerin habe als tragenden Gesichtspunkt herausgestellt, dass die begründete Besorgnis bestehe, dass die im Fall des Antragstellers prognostizierte Gefährdung höchster Rechtsgüter sich bereits während eines verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens realisieren könnte und dabei Gefahren in Kauf genommen werden müssten, die gerade mit der Anwendung der Ausweisungstatbestände unterbunden werden sollten und unterbunden werden müssten, da der Antragsteller durch die Unterstützung einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung Grundinteressen der Gesellschaft beeinträchtige. Die streitgegenständliche Ausweisung des Antragstellers werde im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sein. Es werde zugunsten des Antragstellers ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation unterstellt, so dass der Antragsteller als insoweit privilegierter Ausländer gemäß § 53 Abs. 3 AufenthG anzusehen sei. Der Antragsteller erfülle die gesetzliche Voraussetzung des besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, da er nach Überzeugung der Kammer jedenfalls eine terroristische Vereinigung, nämlich den KONGRA-GEL/ PKK, unterstütze oder unterstützt habe und auch nicht erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nehme. Die Antragsgegnerin gehe im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend von der Schlussfolgerung aus, dass der Antragsteller den Tatbestand der Unterstützung einer solchen terroristischen Vereinigung erfülle. Letztlich habe der Antragsteller die objektiven Umstände, die zu dieser Schlussfolgerung führten, auch nicht bestritten. Unter Zugrundelegung eines weiten Unterstützungsbegriffs seien ausreichend Tatsachen vorhanden, die die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass der Antragsteller terroristische Aktivitäten der KONGRA-GEL/PKK unterstützt habe beziehungsweise unterstütze. Die Kammer sehe es nach der Bewertung des sicherheitsrechtlichen Fragebogens durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz vom 13. Dezember 2018 unter Bezugnahme auf die Erkenntnismitteilungen und Auswertungen des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 3. Februar 2012 und 18. April 2013 als erwiesen an, dass der Antragsteller im Zeitraum 2008 bis 2017 eine Vielzahl von Veranstaltungen der PKK und Veranstaltungen im MVH besucht habe. Der Antragsteller habe die Teilnahmen auch nicht substantiiert angegriffen. Vielmehr habe er zugestanden, dass er an einigen der Veranstaltungen teilgenommen habe, „dass er sich aber nicht immer an die Teilnahme erinnern könne“. Das MVH sei nach Mitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz im Schreiben vom 3. Februar 2012 ein zentraler Treff- und Anlaufpunkt der PKK („A. K.“) bzw. KONGRA-GEL („V. K.“, Nachfolgerorganisation der PKK) Anhängerschaft im Raum N. und spiele für die Aktivitäten der PKK bzw. KONGRA-GEL in N. eine fundamentale Rolle. Beim MVH handele es sich um einen Mitgliedsverein der „Föderation der k. Vereine in Deutschland (YEK-KOM), die den Dachverband der k. Kulturvereine in Deutschland bildete. Insbesondere die Räumlichkeiten des MVH würden entgegen dem Charakter als reiner Kulturverein dazu genutzt, die Ziele und die Politik des KONGRA-GEL zu verbreiten und zu fördern. In den Vereinsräumen würden konkrete KONGRA-GEL-Publikationen verteilt, Versammlungen mit externen KONGRA-GEL-Aktivisten durchgeführt und Sympathien für die PKK und deren Ziele offen zur Schau gestellt und kommuniziert. Bei anlassbezogenen Veranstaltungen würden beispielsweise u.a. propagandistische Ausstellungsgegenstände, wie PKK-Fahnen, Porträts des inhaftierten PKK-Führers A. Ö. und getöteter PKK-Kämpfer, für jeden sichtbar aufgestellt. Zudem sei eine starke Einflussnahme der Verantwortlichen der PKK bzw. KONGRA-GEL auf das Vereinsleben festzustellen. Sowohl die Veranstaltungen im als auch die Veranstaltungen außerhalb des MVH seien eindeutig darauf gerichtet gewesen, die Tätigkeiten der PKK, den Führer der PKK - A. Ö. - und die PKK-Kämpfer zu huldigen. Die Ehrerbietung gegenüber dem PKK-Führer zeige sich bereits durch das Feiern seines Geburtstags im MVH zuletzt am 9. April 2017 und die Forderungen auf diversen Veranstaltungen, ihn freizulassen. Außerdem seien mehrere Veranstaltungen mit einer Schweigeminute für die gefallenen PKK-Kämpfer begonnen worden. Der Antragsteller habe zugestanden, dass er - wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt - an Veranstaltungen im oder außerhalb des MVH teilgenommen habe. Die im streitgegenständlichen Bescheid gelisteten Veranstaltungen hätten den Sinn, Unterstützer der PKK zu gewinnen, die PKK bekannt zu machen und ihre Ziele nach außen zu kommunizieren. Das Verhalten des Antragstellers wirke sich insoweit positiv auf die Aktionsmöglichkeit der PKK als terroristische Organisation bzw. ihre Untergruppierungen aus und stärke damit ihr Gefährdungspotenzial. Die vielfache Teilnahme des Antragstellers an den dargelegten Veranstaltungen spreche für eine Identifikation des Antragstellers mit den politischen Zielen der PKK bzw. deren Unterorganisationen. Schon die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen stärke die Position der im Hintergrund stehenden PKK nach außen, die die Veranstaltungen zur Festigung ihrer Position im Kreis möglicher Unterstützer und Sympathisanten, insbesondere Menschen kurdischer Volkszugehörigkeit, nutze. Außerdem werde das Gewicht und die Bedeutung der PKK im politischen Auftritt nach außen gegenüber der Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsträgern gestärkt, da ihr faktisch umso größere Bedeutung zuzumessen sei, je mehr Menschen gerade bei derartigen öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen dahinter stünden. Nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 13. Dezember 2018 sei der Antragsteller zudem im Rahmen einer Volksratsversammlung im MVH von den anwesenden Räten in das Außenkomitee gewählt und am 6. April 2015 für den Bereich Vereinsarbeit bestimmt worden. Außerdem sei eine Erkenntnismitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 20. Januar 2014 zu den Behördenakten gelangt, wonach bestätigten Hinweisen zufolge der Antragsteller die Funktion des Verantwortlichen Verteilers der verbotenen PKK nahen Publikation ... im Raum N. übernommen habe und daran mitgewirkt habe, die Zeitschrift wieder neu zu beleben. Auch wenn der Antragsteller nicht vorbestraft sei und vortrage, sich als Kurde lediglich für das Schicksal der Kurden zu interessieren, gleichwohl aber nicht als PKK-Aktivist bzw. Förderer zu qualifizieren sei, und auch wenn er bestreite, am 13. Juni 2014 bei einer Protestkundgebung eine YPG-Fahne getragen zu haben und die Zeitschrift ... verteilt oder verkauft zu haben, sei schon auf Grund der langjährigen, häufigen Teilnahme an diversen Veranstaltungen in und außerhalb des MVH und der PKK von Unterstützungshandlungen der PKK auszugehen, nachdem diese Veranstaltungen geeignet seien, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen im politischen Umfeld zu stärken. Der Antragsteller habe auch nicht gegenüber der Antragsgegnerin glaubhaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz AufenthG von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln und von seiner Ideologie Abstand genommen. Auch wenn der Antragsteller zwar mehrfach Vater geworden sei und mit seiner Ehefrau und den Kindern in häuslicher Lebensgemeinschaft lebe, so lägen dennoch konkrete Anhaltspunkte, die eine Zäsur zu seinen früheren Aktivitäten und eine Abkehr von der Unterstützung des Terrorismus belegten, nicht vor. Auch sei in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsteller sein sicherheitsgefährdendes Verhalten zu irgendeinem Zeitpunkt eingeräumt oder zumindest nicht bestritten habe. Die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin erfülle auch die besonderen Voraussetzungen nach § 53 Abs. 3 AufenthG an die Ausweisung eines assoziationsberechtigten T.. Das persönliche Verhalten des Antragstellers stelle gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Angesichts der mangelnden Distanzierung und Abkehr von seinem bisherigen sicherheitsgefährdenden Handeln einerseits und seiner langjährigen Tätigkeit im PKK Spektrum, wie sie insbesondere durch seine Besuche, Teilnahme an verschiedensten Veranstaltungen der PKK und des MVH und den Kontakt zu dem jedenfalls im Jahr 2013 als PKK Gebietsleiter für den Bereich N./N1. eingesetzten S. zum Ausdruck komme, sei bei einem weiteren Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet auch künftig mit weiteren sicherheitsgefährdenden Handlungen ähnlicher Ausprägung zu rechnen und damit mit einer vom Antragsteller ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die freiheitlich demokratische Grundordnung, die die Ausweisung unerlässlich mache. Die Antragsgegnerin habe im streitgegenständlichen Bescheid durchaus die aktuelle Entwicklung des Antragstellers und dessen Einlassungen im Verwaltungsverfahren berücksichtigt. Bei Würdigung des Verhaltens des Antragstellers sei auch in Zukunft zu erwarten, dass er seine Anwesenheit im Bundesgebiet zur Unterstützung der KONGRA-GEL/PKK ausnutzen werde, jedenfalls durch Teilnahme an weiteren Veranstaltungen des MVH. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Antragstellers mit den Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergebe, dass die Ausweisung für die Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich sei.
3
Hiergegen richtet sich die am 4. Juni 2019 erhobene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, konkrete Gefährdungshandlungen bzw. Tatsachen, die die Annahme der Antragsgegnerin stützten, der Antragsteller unterstütze eine terroristische Vereinigung, seien nicht feststellbar. Die vorgebrachten Umstände bzw. Tatsachen rechtfertigten eine Ausweisung nicht. Dem Antragsteller werde die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung unterstellt. Schon die Annahme einer terroristischen Vereinigung sei fragwürdig. Europarechtlich sei entschieden worden, dass die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der Liste terroristischer Organisationen gestanden habe (EuG, U.v. 15.11.2018 - T-316/14 - juris). Ein belgisches Revisionsgericht habe am 8. März 2019 entschieden, dass die PKK keine „terroristische Organisation“, sondern eine bewaffnete Gruppierung als „Konfliktpartei“ im Sinne des humanitären Völkerrechts sei. Der Antragsteller bestreite nicht, Mitglied des Vereins M. Volkshaus e.V. zu sein und im vergangenen Jahrzehnt an etlichen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Aufgrund des langen Zeitraums könne sich der Antragsteller jedoch nicht mehr an jede einzelne Veranstaltung erinnern. Der Antragsteller habe noch nie an der Verteilung der Zeitschrift „...“ mitgewirkt oder in diesem Zusammenhang irgendwelche Funktionen innegehabt. Strafrechtliche Verfahren wegen des Vertriebs der PKK-Zeitschrift „...“ seien nicht eingeleitet worden. Die im Rahmen einer Hausdurchsuchung am 15. Oktober 2013 gefundenen größeren Bargeldbestände in der Wohnung des Antragstellers hätten aus einem zuvor erfolgten Autoverkauf resultiert; strafrechtliche Ermittlungen hierzu seien eingestellt worden. Der Antragsteller habe entgegen der Bescheidsgründe am 13. Juni 2014 keine verbotene PKK-Fahne getragen. Der Antragsteller habe auch noch nie verbotene Parolen gerufen. Mit der Auflistung „mittelbar beweisbarer“ Teilnahmen des Antragstellers an traditionellen kurdischen Veranstaltungen werde in fragwürdiger Weise die Schlussfolgerung gezogen, der Antragsteller sei PKK-Aktivist und Förderer terroristischer Vereinigungen. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Tragens einer verbotenen Fahne im Rahmen einer Veranstaltung am 3. Februar 2018 sei eingestellt worden. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs werde verletzt, da sowohl die Antragsgegnerin als auch das Verwaltungsgericht ohne eigene Anschauung die Schlussfolgerungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz aus der Befragung der Staatsangehörigkeitsbehörde vom 27. September 2012 (im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens) ohne Prüfung von deren Grundlagen übernommen habe. Auch seien keine weiteren Feststellungen zum vermeintlichen Verzicht auf die Flüchtlingseigenschaft im Hinblick auf § 53 Abs. 3 AufenthG angestellt worden. Ein erklärter Verzicht werde erst mit Zugang gegenüber dem Bundesamt wirksam, was sich aus der Ausländerakte nicht ergebe. Ermittlungen dahingehend seien nicht mit der Annahme des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 53 Abs. 3 AufenthG obsolet, da es im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung eine Rolle spiele, ob sich der Antragsteller auf ein weiteres Bleibeinteresse wegen bestehender Flüchtlingseigenschaft berufen könne. Auch mache es im Rahmen der Abwägung einen Unterschied, ob dem Betroffenen lediglich die Mitgliedschaft in einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung oder aber wesentliche Unterstützungshandlungen, womöglich in herausgehobener Position zur Last gelegt würden. Eine herausgehobene Position des Antragstellers sei jedoch nicht nachweisbar. Entsprechend der dem Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 27. Juli 2017 zugrundeliegenden Konstellation sei zwar bei Handlungen im niedrigschwelligen Bereich vom Vorliegen der in § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vertypten Gefährdungstatbestände auszugehen; im Rahmen der (ergebnisoffenen) Abwägung mache es jedoch einen Unterschied, ob dem Betroffenen etwa lediglich die Mitgliedschaft in einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung oder aber wesentliche Unterstützungshandlungen, womöglich gar in herausgehobener Position zur Last gelegt werden könnten (unter Verweis auf BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16). Völlig unbeachtet sei in der angefochtenen Entscheidung die Prüfung bestehender Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG, insbesondere § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK geblieben. Im Falle einer Abschiebung in die T. würde ihm dort Inhaftierung und Folter drohen. Es sei als fahrlässig und grob rechtswidrig zu erachten, den Antragsteller aufgrund lediglich mittelbar beweisbarer Tatsachen in die Ecke eines den Terrorismus unterstützenden Personenkreises zu stellen, um hierdurch den Antragsteller der Gefahr von Inhaftierung und Folter auszusetzen.
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Mit Schriftsatz vom 17. September 2020 ergänzt der Antragsteller, das Unionsrecht verbiete es, im Zusammenhang mit einer nicht bestandskräftigen Ausweisung einen schematischen, sofort wirksamen Verlust des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts anzuerkennen, der keine Rechtfertigung im konkreten Einzelfall habe (unter Verweis auf VGH BW, B.v. 16.11.2010, Az. 11 S 2328/10). Widerspruch und Klage gegen eine Ausweisung hätten dann insoweit „echte“ aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Wenn ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 bestehe, trete mit der Bekanntgabe der Ausweisungsverfügung deswegen keine Ausreisepflicht ein. Eine Ausreisepflicht bestehe gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG nur, wenn ein Ausländer einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitze und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziierungsabkommen EWG/T. nicht oder nicht mehr bestehe. Letzteres bestehe aber fort, solange Widerspruch und/oder Anfechtungsklage gegen die Ausweisungsverfügung aufschiebende Wirkung habe. § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sei also im Falle des Bestehens eines Aufenthaltsrechtes nach dem ARB 1/80 nicht anwendbar. Auch die Anordnung des Sofortvollzuges führe nicht dazu, dass diese Rechtsstellung des Antragstellers dadurch erlösche. Vielmehr bedürfe es entsprechender eingehender Prüfungen und Feststellungen im Hauptsacheverfahren und es sei festzustellen, dass das bestehende Aufenthaltsrecht des Antragsgegners nach ARB 1/80 bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren fortbestehe.
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Nachdem der Antragsteller am 29. Mai 2019 in die T. abgeschoben wurde und am 21. Juli 2019 wieder in die Bundesrepublik Deutschland einreiste, stellte er am 1. August 2019 einen Asylfolgeantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 6. November 2019 hinsichtlich der Asylanerkennung, der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet ablehnte (§ 30 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneinte, den Antragsteller zur Ausreise aufforderte und für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung die Abschiebung in die T. androhte sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Abschiebung befristete. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen. Schwerwiegende Gründe rechtfertigten die Annahme, dass der Antragsteller für die terroristische Organisation PKK in unterstützender Weise aktiv die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Der Antragsteller habe nicht nur wenige gewichtige Unterstützungshandlungen für die PKK in Deutschland geleistet, sondern unterscheide sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auch deutlich von der Situation eines schlichten Anhängers und könne sogar als herausgehoben definiert werden. Der Antragsteller werde mit hoher Wahrscheinlichkeit seine gefährdende Betätigung auch zukünftig im Bundesgebiet fortsetzen, sobald ihm ein Bleiberecht eingeräumt werden würde.
6
Auf die hiergegen gerichtete Klage und den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 4. Dezember 2019 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 6 des Bescheides ausgesprochene Abschiebungsanordnung angeordnet (Au 4 S 19.31575) und mit Urteil vom 11. November 2021 den Bescheid des Bundesamtes vom 6. November 2019 insoweit aufgehoben, als der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgehoben, im Übrigen die Klage abgewiesen (Az.: Au 4 K 19.31574). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung subsidiären Schutzes oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG. Der Kläger habe nicht glaubhaft machen können, dass ihm in der T. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrelevante Verfolgung drohe. Der Kläger habe sein Heimatland nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung verlassen; seine Angaben seien nicht geeignet, die Annahme einer vor seiner Ausreise tatsächlich erlittenen oder unmittelbar drohenden flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung zu rechtfertigen. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet in Nr. 2 bis 4 des streitgegenständlichen Bescheids sei allerdings rechtswidrig und deshalb isoliert aufzuheben. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 AsylG lägen nicht vor, denn der Kläger sei nicht im Sinne von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen. Schwerwiegende Gründe lägen regelmäßig nicht schon dann vor, wenn der Ausländer sich für die Organisation etwa durch Teilnahme an deren Aktivitäten oder durch finanzielle Zuwendungen einsetze. Vielmehr müssten bei einer am Gewicht des Ausschlussgrundes ausgerichteten Wertung die vom Ausländer ausgehenden Gefahren so gravierend sein, dass sie es rechtfertigten, den Abschiebungsschutz für politisch Verfolgte zurücktreten zu lassen. Ein Ausländer könne danach im Allgemeinen erst dann aus schwerwiegenden Gründen eine Gefahr für die Sicherheit im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG bedeuten, wenn er eine die Sicherheit des Staates gefährdende Organisation in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, unterstütze. Das könne sich daraus ergeben, dass er durch eigene erhebliche Gewalttätigkeit oder Gewaltbereitschaft für die Ziele der Organisation eintrete oder dass er durch seine strukturelle Einbindung in die Organisation, etwa durch Ausübung einer aktiven Funktionärstätigkeit, deren Gefährdungspotential mittrage. Welche Art der Einbindung des Ausländers in die Organisation erforderlich und ausreichend sei, um in seiner Person den Ausschlussgrund des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG zu bejahen, lasse sich nicht abstrakt beantworten, sondern hänge von einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles ab, insbesondere von dem Grad der Gefährlichkeit der jeweiligen Organisation, der u.a. durch ihre Struktur, Größe und Gewaltbereitschaft bestimmt werde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass in besonders zugespitzten Krisensituationen der Ausländer schon durch weniger gewichtige Unterstützungshandlungen eine Gefahr für die innere Sicherheit bedeuten könne. Erforderlich sei in jedem Fall außerdem die Prognose, dass der Ausländer seine die Sicherheit des Staates gefährdende Betätigung auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen werde. Eine solche Unterstützung des Klägers für die Terrororganisation lasse sich den Akten sowie den Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht entnehmen. Dass er an gewalttätigen Aktionen der PKK beteiligt gewesen sei, habe dem Kläger nicht nachgewiesen werden können. Die Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz erschöpften sich darin, dass er regelmäßig an kurdischen Demonstrationen und Veranstaltungen teilgenommen habe, die gleichzeitig auch Bezüge zur PKK gehabt hätten, sowie die Mitgliedschaft im (Außenkomitee des) MVH, welcher für die Aktivitäten der PKK- bzw. KONGRA GEL-Anhängerschaft im N. Raum eine fundamentale Rolle spielen solle. Diesbezüglich sei er jedoch in Deutschland strafrechtlich bisher nicht verurteilt worden. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass der N.r Verein selbst in der Bundesrepublik Deutschland - trotz seiner angeblichen Nähe zur PKK - nicht verboten sei. Eine vom Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Mitgliedschaft in diesem Verein und die Unterstützung des Vereins durch Hilfe bei Veranstaltungen sei daher nicht einer aktiven Funktionärstätigkeit bei einer Terrororganisation gleichzustellen. Gleiches gelte für die vom Verfassungsschutz berichtete Funktion des Klägers als verantwortlicher Verteiler einer verbotenen Publikation im Raum N.. Das Gericht habe hier bereits Zweifel daran, ob der Kläger diese Funktion tatsächlich ausübe. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger dies bestritten und glaubhaft begründet, wie es zu einem solchen Vorwurf habe kommen können. Das Bundesamt stütze sich hierbei lediglich auf den nicht rechtskräftigen Ausweisungsbescheid vom 27. Februar 2019, dessen Erkenntnisse wiederum aus einem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 20. Januar 2014 beruhten. Diesem Bericht könne jedoch in keiner Weise entnommen werden, woher der Verfassungsschutz diese Erkenntnisse erhalten habe und welche Beweise hierfür vorlägen. Im Übrigen wäre hieraus auch bei Wahrunterstellungen dieser Tätigkeit keine Funktionärstätigkeit des Klägers ableitbar. Die örtlich begrenzte Verteilung einer geringen Menge von PKKnahen Publikationen begründe keine Unterstützung der Terrororganisation PKK in einer solch qualifizierten Weise, dass der Kläger automatisch einem PKK-Funktionär gleichzustellen wäre. Als Indiz, wer als Funktionär angesehen werden könne, könne auch die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bundestags-Drucksache 18/7372 herangezogen werden, wonach eine Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung u.a. nur für Verantwortliche für die in Deutschland bestehenden Sektoren, Regionen und Gebiete erteilt wurde. Eine solche Verantwortlichkeit werde dem Kläger jedoch nicht vorgeworfen. Während sich die Ausweisung mit § 53 Abs. 1 AufenthG, insbesondere mit der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch den Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG befasse, stelle demgegenüber § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG jedoch zusätzliche bzw. andere Anforderungen. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergäben sich nach dem Klägervorbringen nicht. Der Kläger würde im Fall seiner Abschiebung in die T. auch nicht wegen seiner Asylantragstellung oder seiner politischen Tätigkeiten in Deutschland unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dass gegen den Kläger solche Maßnahmen ergriffen würden, insbesondere ein (landesweiter) Haftbefehl gegen ihn existierte, habe er auch nicht durch Indizien aus e-D. oder - über einen Rechtsanwalt - aus U. aufgezeigt. Ein abgelehnter k. Asylbewerber laufe bei der Rückkehr nicht Gefahr, allein wegen seiner Volkszugehörigkeit verhaftet zu werden; habe er sich in Deutschland für k. Rechte oder Organisationen aktiv eingesetzt oder z.B. regelmäßig an pro-k. Demonstrationen teilgenommen, erhöhe dies das Risiko. Dass die Aktivitäten des Klägers in Deutschland dem t. Staat bisher aufgefallen oder bekannt geworden wären, sei nicht ersichtlich. Dass der t. Staat bei einer erneuten Abschiebung durch Nachforschungen auf die Berichterstattung hinsichtlich des Ausweisungsverfahrens des Klägers aufmerksam werde, sei zwar möglich, führe aber noch nicht automatisch zu der Annahme, dass dem Kläger deshalb eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe. Insbesondere sei den Zeitungsartikeln nicht zu entnehmen, dass der Kläger tatsächlich ein PKK-Aktivist sei, zumal der Kläger die Vorwürfe öffentlich abstreite. Einer nochmaligen Befragung durch die t. Sicherheitskräfte aufgrund einer (weiteren) zwangsweisen Abschiebung könne der Kläger dadurch entgehen, dass er seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkomme. Soweit die Klage gegen die Anordnung und Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 7 des Bescheides gerichtet sei, sei sie begründet. Die vom Bundesamt festgesetzte Dauer der Frist von 10 Jahren sei ermessensfehlerhaft ergangen. Die Beklagte habe die Befristungsentscheidung zum einen darauf gestützt, dass der Kläger aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger jedoch nicht.
7
Mit Beschluss vom 17. Januar 2022 (Az.: 24 ZB 21.31806) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
8
Nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylfolgeverfahrens war das vorliegend ruhend gestellte Verfahren fortzuführen.
9
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2022 trägt der Antragsteller ergänzend vor, allein durch die erfolgte Abschiebung des Antragstellers sei ein Rechtsschutzinteresse für die Fortführung des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht ausgeschlossen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 30.7.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773). Seit dem Erlass der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin sei inzwischen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren bzw. im Hinblick auf die der Ausweisungsverfügung zugrunde gelegten Sachverhalte/Erkenntnisse ein solcher von mehr als vier Jahre vergangen. Seit der Rückkehr des Antragstellers sei dieser zwar in G. untergebracht, lebe aber nach wie vor im Familienverbund, so weit als möglich mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern. Der Antragsteller sei seit August 2020 wieder Vollzeit erwerbstätig und verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von derzeit rund 2.000,00 Euro. Er besitze eine Duldung, ausgestellt von der nunmehr zuständigen Ausländerbehörde, mit einer aktuellen Gültigkeit bis zum 12. Juli 2022. Der Antragssteller habe sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden. An der der Ausweisung zugrunde gelegten Wiederholungsgefahr bestünden im Hinblick auf den Zeitablauf und die aktuelle Situation erhebliche Zweifel bzw. rechtliche Bedenken. Darüber hinaus werde im Hauptsacheverfahren der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden müssen (unter Verweis auf BVerwG, U.v. 22.05.2012 - BVerwG 1 C 8.11). Auch im hiesigen Verfahren bzw. im Hauptsacheverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach treffe das Hauptsachegericht somit eine erweiterte Aufklärungspflicht, sodass in den hiesigen Verfahren im Hinblick auf die notwendige aber auch ausreichende summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als zumindest offen zu betrachten sei, den anhängigen Beschwerden mithin stattzugeben sei.
10
Der Antragsteller beantragt,
11
unter Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Ansbach vom 13. Mai 2019 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 20. März 2019 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2019 wiederherzustellen,
12
des Weiteren dem Antragsteller für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen und den Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
13
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten und beantragt,
14
die Beschwerde zurückzuweisen.
15
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
16
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2019 wiederherzustellen.
17
Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für den begehrten Eilrechtsschutz besteht trotz der zwischenzeitlich erfolgten Abschiebung des Antragstellers, seiner Rückkehr ins Bundesgebiet und der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens mit zwischenzeitlich gestattetem Aufenthalt fort. Ungeachtet der Frage, ob sich eine Abschiebungsandrohung durch die Vollziehung einer Abschiebung erledigt (vgl. zum Streitstand OVG Bremen, B.v. 28.9.2021 - 2 LA 206/21 - juris Rn. 9 m.w.N.), ist die im streitgegenständlichen Bescheid vom 27. Februar 2019 unter Ziffer XI verfügte Abschiebungsandrohung durch die nachfolgende Durchführung eines Asylfolgeverfahrens wegen Entfallens der Ausreisepflicht des Antragstellers gegenstandslos geworden (vgl. Nr. 59.0.6 AVV-AufenthG; OVG RhPf, B.v. 31.1.1995 - 7 B 12825/94 - juris Rn. 5; Hailbronner in Hailbronner, AuslR, Stand Oktober 2021, § 59 AufenthG Rn. 97). Gleichwohl lässt dieser Umstand das Bedürfnis für den auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO begehrten Rechtsschutz nicht entfallen (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2005 - 1 VR 5/05 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 30.7.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 - juris Rn. 20), zumal eine Abschiebungsandrohung als Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 6 RL 2008/115/EG grundsätzlich gesondert und auch durch eine andere Behörde erlassen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 - 1 C 6/21 - juris Rn. 45) und das Bundesamt mit insoweit bestandskräftigem Bescheid vom 6. November 2019 eine Abschiebungsandrohung erlassen hat.
18
Das mithin weiterhin zulässige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist jedoch nicht begründet.
19
Ist (wie hier) das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Ausweisung in einer den Formerfordernissen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise damit begründet worden, dass die mit der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verbundenen Gefahren für die Allgemeinheit noch vor dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens verhindert werden sollen, ist zunächst zu prüfen, ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegeben ist, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.1.2020 - 2 BvR 690/19 - juris Rn. 16). Zudem setzt die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung voraus. Da die Ausweisung eine schwerwiegende und mit schwer zu behebenden Folgen für den Ausländer verbundene Maßnahme darstellt, deren Gewicht durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung noch erheblich verschärft wird, setzt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Weiteren die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu treffende Feststellung voraus, dass der Sofortvollzug schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr der mit der Ausweisungsverfügung zu bekämpfenden Gefahren erforderlich ist (vgl. BVerfG, B.v. 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 - NJW 2005, 3275; BayVGH, B.v. 14.3.2019 - 19 CS 17.1784 - juris Rn. 7, B.v. 19.2.2009 - 19 CS 08.1175 - juris Rn. 49 jeweils m.w.N.). Bei der im Übrigen vorzunehmenden Folgenabwägung sind die konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter bei einem Aufschub des Vollzugs, wenn sich die Ausweisung nachträglich als rechtmäßig erweist, den konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den Ausländer, wenn sich die Ausweisungsverfügung nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte, gegenüberzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 4.10.2006 - 1 BvR 2403/06 - juris). Für das Vorliegen des besonderen Vollziehungsinteresses im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kommt es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - hier des Beschwerdegerichts - an (vgl. OVG NW, B.v. 5.8.2009 - 18 B 331/09 - juris).
20
Nach diesen Maßgaben ist die vom Verwaltungsgericht getroffene Interessenabwägung nicht zu beanstanden. Die Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2019 wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen (1.). Es liegt nach Überzeugung des Senats aufgrund der langjährigen Unterstützungshandlungen des Antragstellers ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor (1.1.), der Antragsteller hat von der Unterstützung des Terrorismus nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG „Abstand genommen“ und die hiervon ausgehende Sicherheitsgefahr besteht fort (1.2.), die auch den erhöhten Anforderungen des § 53 Abs. 3 AufenthG genügt (1.3.), und bei der gebotenen Abwägung überwiegt das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse die entgegenstehenden, ebenfalls besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen, weshalb sich die Ausweisung als unerlässlich zur Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft erweist (1.4.). Nach Auffassung des Senates ist die Anordnung des Vollzugs schon vor dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr der mit der Ausweisungsverfügung zu bekämpfenden Gefahren gerechtfertigt und die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter überwiegen die den Antragsteller treffenden Folgen der sofortigen Vollziehung (2.).
21
1. Die Antragsgegnerin hat die Ausweisung des Antragstellers mit Bescheid vom 27. Februar 2019 voraussichtlich in rechtmäßiger Weise verfügt.
22
Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Ausweisungsverfügung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 - 1 C 6.21 - juris Rn. 21; U.v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20). Die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung ist anhand der geltenden Rechtslage zu messen und genügt dieser auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens.
23
Die Ausweisung findet ihre - mit Assoziationsrecht vereinbarte (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - juris Rn. 60 ff.) - Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers findet § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nach seinem Wortlaut auch in Bezug auf assoziationsrechtliche Aufenthaltsrechte Anwendung, und differenziert - anders als § 50 Abs. 1 AufenthG - nicht zwischen nationalen Aufenthaltstiteln und assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechten (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 - 1 C 6/21 - Rn. 50; ebenso NdsOVG, B.v. 28.1.2021 - 13 ME 355/20 - juris Rn. 18; a.A. noch VGH BW, B.v. 16.11.2010 - 11 S 2328/10 - juris); dessen ungeachtet hat die Antragsgegnerin hier die sofortige Vollziehung der zum Erlöschen eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach Art. 6 oder Art. 7 ARB 1/80 führenden Ausweisung angeordnet.
24
1.1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG festgestellt. Ein solches liegt dann vor, wenn der Ausländer die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wobei hiervon unter anderem dann auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, er nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.
25
Für den im Gesetz verwendeten Begriff des Terrorismus können wesentliche Kriterien aus der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999 (BGBl. 2003 II S. 1923), aus der Definition terroristischer Straftaten auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft im Beschluss des Rates Nr. 2002/475/JI vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. L 164 S. 3) sowie dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Dezember 2001 (ABl. L 344 S. 93) gewonnen werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - BVerwGE 159, 270-288; U.v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.>). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Aufnahme einer Organisation in die vom Rat der Europäischen Union angenommene Liste terroristischer Organisationen im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABI. L 344 S. 93 - vgl. auch ABl. L 116 vom 3. Mai 2002 S. 75) ein deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass die Organisation terroristischer Art ist oder im Verdacht steht, eine solche zu sein (vgl. EuGH, U.v. 24.6.2015 - C-373/13 H.T./Land Baden-Württemberg - juris Rn. 83).
26
Zur effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus ist der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, 2. HS, Alt. 1 und 2 AufenthG von einem weiten Unterstützungsbegriff und einer Herabsetzung der Eingriffsschwelle geprägt (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: 1/2020, § 54 Rn. 49). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Unterstützerbegriff weit auszulegen und anzuwenden, um damit auch der völkerrechtlich begründeten Zwecksetzung des Gesetzes gerecht zu werden, dem Terrorismus schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (ausgehend von den von der Rechtsprechung zu § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. entwickelten Grundsätzen) geklärt, dass die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer Vereinigung, die eine terroristische Vereinigung unterstützt, alle Verhaltensweisen erfasst, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft in der terroristischen oder in der unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen sein wie eine Tätigkeit für eine solche Vereinigung ohne Mitgliedschaft. Auch die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen kann eine Unterstützung in diesem Sinne darstellen, wenn sie geeignet ist, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG missbilligten Ziele zu entfalten. Die Schwelle der Strafbarkeit muss dabei nicht überschritten sein, da die Vorschrift der präventiven Gefahrenabwehr dient und auch die Vorfeldunterstützung durch sogenannte Sympathiewerbung erfasst (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 3/16 - BVerwGE 157, 325-356, juris Rn. 29; U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - BVerwGE 159, 270-288, juris Rn. 20 ff.). Wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützerbegriffs reicht die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten ausgeht, aus (BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - juris Rn. 28). Für die Fälle des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung gilt ein abgesenkter Gefahrenmaßstab, der auch die Vorfeldunterstützung des Terrorismus erfasst und keine von der Person ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefahr erfordert. Im Hinblick auf den Schutz der Meinungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen erfüllen jedoch solche Handlungen den Tatbestand der individuellen Unterstützung nicht, die erkennbar nur auf einzelne, mit terroristischen Zielen und Mitteln nicht im Zusammenhang stehende - etwa humanitäre oder politische - Ziele der Vereinigung gerichtet sind (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017, a.a.O., Rn. 21; U.v. 22.2.2017 - 1 C 3.16 - juris Rn. 31; U.v. 30.7.2013 - 1 C 9.12 - BVerwGE 147, 261 Rn. 15;). Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell als gefährlich erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017, a.a.O., juris Rn. 21; U.v. 22.2.2017, a.a.O., juris Rn. 34 f. m.w.N.; BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 10 B 16.1252 - juris Rn. 41). § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt ein Verbot der den Terrorismus unterstützenden Vereinigung nicht voraus und erfasst eine Vorfeldunterstützung des Terrorismus, ohne dass diese bereits mit einer solchen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung verbunden sein muss, die ein versammlungs- bzw. vereinsrechtliches Einschreiten rechtfertigt (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - BVerwGE 159, 270-288, juris Rn. 27). Für den Ausländer muss die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (BVerwG, U.v. 22.2.2017, a.a.O., Rn. 31). § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verlangt bezüglich der Anknüpfungstatsachen, die als Indizien für die Schlussfolgerung einer Unterstützung der terroristischen Vereinigung dienen, die volle richterliche Überzeugungsgewissheit (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 - 1 C 9/12 - juris Rn. 12; U.v. 22.5.2012 - 1 C 8/11 - juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 10 B 16.1252 - juris Rn. 41).
27
Nach diesen Maßgaben hat der Senat im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzustellenden summarischen Überprüfung die Überzeugungsgewissheit gewonnen, dass die unbestrittene, jahrelange Aktivität des Antragstellers an Veranstaltungen und im Vereinsleben des MVH e.V. den Tatbestand des Unterstützens einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, erfüllt und diese Unterstützungshandlungen die potenzielle Gefährlichkeit der die PKK unterstützenden Vereinigung MVH e.V. festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
28
a) Nach den Erfahrungen des Senats und entsprechend der Wertung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vom 13. Dezember 2018 stellt sich der Verein MVH e.V. als örtlich bedeutsamer, die Ziele der PKK unterstützender Verein unter dem Dachverband des YEK-KOM bzw. nun NAV-DEM und als PKK naher Kulturverein dar. In den Räumlichkeiten dieses Vereins finden regelmäßig neben kulturellen Veranstaltungen auch solche mit PKK-Bezug statt (vgl. zu den Erkenntnissen in der bisherigen Rechtsprechung: BayVGH, B.v. 5.12.2018 - 19 B 15.1879; B.v. 16.2.2021 - 19 ZB 18.2072). Ausweislich der Erkenntnisse des Verfassungsschutzes finden in den Vereinsräumen Versammlungen statt, in denen auch externe PKK-Aktivisten auftreten und PKK-Publikationen verbreitet werden. Bei der PKK/Kongra-Gel handelt es sich um eine Vereinigung, die auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt ist (vgl. ÄndGS 2002/340 GASP), die sich weiterhin grundsätzlich gewaltbereit zeigt und bei der Verfolgung ihrer politischen Ziele terroristische Mittel anwendet, und die mithin den Terrorismus unterstützt (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017, a.a.O., Rn. 53; VGH BW, U.v. 13.1.2015 - 11 S 889/15, juris Rn. 74 ff.).
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Soweit der Antragsteller anführt, dass nach der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union vom 15. November 2018 die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der Liste terroristischer Organisationen gestanden habe (vgl. EuG, U.v. 15.11.2018 - T-316/14, Celex-Nr. 62014TJ0316 - juris), ist darauf zu verweisen, dass - abgesehen davon, dass die zitierte Entscheidung die Aufnahme der PKK auf die sog. EU-Terrorliste durch die Beschlüsse in den Jahren 2015 bis 2017 lediglich aus formalen Gründen gerügt hat, da die Belassung der PKK auf der Terrorliste nicht hinreichend begründet gewesen sei und damit gegen Art. 296 AEUV verstoßen habe, - diese Entscheidung (weitgehend) durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. April 2021 (Az.: C-46/19) mit der Begründung aufgehoben wurde, der Rat sei nicht verpflichtet gewesen, im Rahmen der Begründung dieser Rechtsakte die Richtigkeit der Tatsachen nachzuweisen, die diesem Überprüfungsbeschluss zugrunde lagen, der als Grundlage für die Begründungen dieser Rechtsakte für den Verbleib der PKK auf der streitigen Liste diene. Die Qualifizierung der PKK (alias „KADEK“, alias „KONGRA-GEL“) als terroristische Vereinigung unterliegt somit auch vor dem Hintergrund der (weitgehend aufgehobenen) Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union vom 15. November 2018 (Az.: T-316/14) keinen durchgreifenden Zweifeln (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2021 - 19 ZB 20.1468 - juris Rn. 13). Ähnliches gilt für die angeführte Entscheidung eines belgischen Revisionsgerichts vom 8. März 2019: Diese Entscheidung sowie die nachfolgende Entscheidung des belgischen Kassationshofes vom 28. Januar 2020 befassen sich im Wesentlichen mit der individuellen Strafbarkeit nach belgischem Strafrecht für mutmaßlich terroristische Verbrechen, die nach Auffassung des Gerichts im Zuge eines bewaffneten Konflikts in der O. begangen wurden; national geltende Aussagen über die Qualifizierung der PKK als Terrororganisation lassen sich daraus jedoch nicht gewinnen (vgl. Wissenschaftliche Dienste des Bundestags, Die kurdische PKK als Konfliktpartei und terroristische Vereinigung, Sachstand vom 10.2.2020, WD 2 - 3000 - 010/20).
30
b) Für den Antragsteller liegen vielfache und umfassende Erkenntnismitteilungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vor (Berichte vom 3.2.2012, 18.4.2013, 20.1.2014, 13.12.2018), aus denen sich unzweifelhaft ein langjähriges Engagement im Verein MVH e.V. sowie Teilnahmen an verschiedensten internen, externen und auch überregionalen Veranstaltungen mit PKK-Bezügen ergeben, mithin hinreichende Tatsachen, die die Schlussfolgerung auf das Bild eines langjährigen PKK-Aktivisten rechtfertigen, was durch den Kontakt des Antragstellers zum damaligen Teilgebietsleiter N1. untermauert wird (vgl. Ermittlungsergebnis der Hausdurchsuchung vom 15.10.2013).
31
Auch wenn es sich bei Behördenzeugnissen der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel handelt, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offenlegen und daher einer vorsichtigen Würdigung und (ggf. im Hauptsacheverfahren) der Heranziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen, nimmt dies den Behördenzeugnissen insbesondere dann nicht den Beweiswert, wenn anhand der Konkretheit und des Umfangs der Ausführungen diese als zuverlässig erachtet werden können und vom Betroffenen nicht substantiiert bestritten werden (vgl. BVerwG B.v. 10.7.2019 - 1 B 45/19 - juris Rn. 8; OVG NRW, B.v. 1.8.2016 - 18 B 627/15 - juris Rn. 8 - 11). Die vorliegenden umfassenden Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz stellen sich als wichtige Behördenzeugnisse dar, die der Antragsteller mit seiner Einlassung, er könne sich an einzelne Veranstaltungen nicht mehr erinnern, nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat.
32
Die Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz gründen nicht nur auf einer fachlichen Expertise, sondern auch auf einer individuellen Bewertung der Äußerungen des Antragstellers im Rahmen einer einbürgerungsrechtlichen Anhörung vom 27. September 2012 (vgl. Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz an das StMI vom 18.4.2013). Schon zum damaligen Zeitpunkt wurde die Einlassung des Antragstellers, sein großes Engagement für das MVH sei kulturell geprägt, er identifiziere sich nicht mit dem ideologischen Hintergrund und habe keinen politischen Bezug zu dem Verein, als absolut unglaubwürdig gewertet.
33
Den der Ausweisungsverfügung zugrunde gelegten Erkenntnissen ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Der Antragsteller hat eingeräumt, Mitglied des Vereines MVH e.V. zu sein und an einer Vielzahl von Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Abgesehen davon, dass auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllen (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.2011 - 1 B 19/11 - juris Rn. 8), bewegten sich entgegen dem Beschwerdevorbringen die Aktivitäten des Antragstellers nicht durchweg in einem „demokratischen Rahmen“, soweit im Rahmen der mitgeteilten Veranstaltungen verbotene politische Parolen gerufen und/oder verbotene Fahnen bzw. Porträts von Ö. zum Einsatz kamen. Werden traditionelle Feste wie beispielsweise das Ne.-Fest (20.3.2009 und 23.3.2012) zum Anlass für politische Propaganda gemacht, stellt sich die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung nicht mehr als bloße Kulturpflege dar. Der Antragsteller hat darüber hinaus zugestanden, am 27. August 2011 und am 10. September 2011 bei einem Info-Stand zum Thema „K. Identität“, an dem Flugblätter des K. Nationalkongresses (KNK) verteilt wurden, dessen Hauptaufgabe es ist, die Ziele der PKK/Kongra-Gel auf europäischer Ebene zu realisieren, als Anmelder gegenüber der Stadt fungiert zu haben. Dass er verantwortlicher Leiter dieses Info-Standes war, hat der Antragsteller nicht bestritten. Soweit der Antragsteller weiter einräumt, mit ca. 100.000 weiteren Teilnehmern am 3. September 2011 in K. am „19. Internationalen K. Kulturfestival“ teilgenommen zu haben, vermag allein die Nennung der Zahl der Teilnehmer nicht zu entkräften, dass die Veranstaltung durch politische Redebeiträge u.a. des Vorsitzenden des KNK, eine Videobotschaft des Vorsitzenden des Exekutivrates der „K. C. K.“ (KCK), den Aufruf der PKK-Jugendorganisation „K. C.“ zur Beteiligung am Guerilla-Krieg im türkisch-irakischen Grenzgebiet sowie das Tragen von Fahnen mit verbotenen Symbolen letztlich eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG missbilligten Ziele zu entfalten und eine Vorfeldunterstützung des Terrorismus zu begründen vermag. Dass der Antragsteller am 22. April 2012 in eine bestimmte Funktion eines Komitees gewählt wurde und auf die übernommene Aufgabe, die Partei und Ö. als den Führer geschworen hat, hat der Antragsteller mit dem Vorbringen, eine Teilnahme sei möglich, eine Erinnerung habe er jedoch nicht mehr daran und es sei nicht nachvollziehbar, was mit „Außenkomitee“ gemeint sei, nicht substantiiert bestritten. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt es auf eine Strafbarkeit des Verhaltens des Antragstellers nicht an, da für den Unterstützungsbegriff die Schwelle der Strafbarkeit nicht überschritten sein muss und auch die Vorfeldunterstützung durch sogenannte Sympathiewerbung erfasst. Unzweifelhaft muss dem Antragsteller der Propagandagehalt der vielfach von ihm besuchten bzw. unterstützten Veranstaltungen und deren Eignung, den ideologischen Zusammenhalt der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen im politischen Umfeld zu stärken, jeweils erkennbar gewesen sein.
34
Seine Bezüge zur PKK werden durch persönliche Kontakte zum Gebietsverantwortlichen der PKK S., der im Rahmen einer Hausdurchsuchung am 15. Oktober 2013 beim Antragsteller zuhause angetroffen wurde, untermauert. Im Rahmen der Hausdurchsuchung konnten Gegenstände aufgefunden werden, die auf Unterstützungshandlungen für die PKK wie beispielsweise Spendensammlungen oder Vertrieb der verbotenen Zeitschrift ... hindeuteten (laut polizeilichem Schlussvermerk zur Hausdurchsuchung vom 15.10.2013 gab der in der Wohnung des Antragstellers angetroffene Gebietsverantwortliche an, dass ihm die aufgefundenen „Spenderlisten“ gehörten, bei der daktyloskopischen und molekulargenetischen Untersuchung dieser „Spenderliste“ konnte jedoch keinerlei Spurenmaterial von diesem festgestellt werden; Beweismittel für den Vertrieb der verbotenen PKK-Publikation ... hätten sich in einer verschlossenen Kiste im versperrten Schlafzimmer des Antragstellers befunden). Nach dem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 20. Januar 2014 wurde der Antragsteller als einer der beiden Hauptverantwortlichen für den Vertrieb der verbotenen Zeitschrift „...“ benannt. Dass der im Rahmen der Hausdurchsuchung festgestellte höhere Bargeldbetrag dem Antragsteller zurückgegeben wurde, nachdem dieser erklärt hatte, das Geld stamme aus einem Autoverkauf, lässt die im Rahmen der Hausdurchsuchung gewonnenen Verdachtsmomente nicht vollumfänglich entfallen, die mitgeteilten Erkenntnisse des Verfassungsschutzes werden damit nicht entkräftet.
35
Ausweislich der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 13. Dezember 2018 gilt der Antragsteller als PKK-Aktivist, der bereits langjährig im PKK-Spektrum in N. tätig ist. Auch nach Erlass der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung sind nach einer Erkenntnismitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 28. Mai 2019 weitere Erkenntnisse über den Kläger im Zusammenhang mit der „A. K.“ (PKK) und dem MVH angefallen. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller am 18. Mai 2019 bei einer Kundgebung in N. unter dem Motto „Solidarität mit den hungerstreikenden Aktivisten - Freiheit für Ö.“ anwesend war, wenngleich die Kundgebung wegen zu geringer Teilnehmerzahl abgesagt wurde (mittelbar beweisbar).
36
Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist aufgrund der umfassend mitgeteilten Erkenntnisse davon auszugehen, dass der Antragsteller sich mit den Zielen und der Ideologie der PKK identifiziert. Durch seine langjährigen Aktivitäten und die regelmäßigen Besuche von politischen Veranstaltungen des MVH e.V. setzt er sich in qualifizierter Weise und nach außen sichtbar für diese Vereinigung ein.
37
c) Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ein konkreter Terrorismusbezug in der Weise, dass von den Unterstützungshandlungen eine konkrete aktuelle Gefährdung der inneren Sicherheit ausgeht, nicht erforderlich. Die Unterstützungsbegriffe im Ausweisungsrecht - und zwar sowohl der Begriff der Unterstützung des Terrorismus durch die Vereinigung als auch der Begriff der individuellen Unterstützung dieser Vereinigung durch den betroffenen Ausländer - sind nicht deckungsgleich mit dem strafrechtlichen Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung in § 129a Abs. 5 StGB (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 - 1 B 11/18 - juris Rn. 4 m.w.N.). Im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des Unterstützerbegriffs und den abgesenkten Gefahrenmaßstab reicht bei § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung ausgeht, aus. Im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände unter Würdigung des weiten Unterstützungsbegriffs und des abgesenkten Gefahrenmaßstabs nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ergeben sich vorliegend hinreichende Tatsachen, die nach Überzeugung des Senats die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger eine Vereinigung unterstützt bzw. einer solchen Vereinigung angehört, die den Terrorismus unterstützt (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
38
Soweit das Verwaltungsgericht A. im das Asylfolgeverfahren betreffenden Urteil vom 11. November 2021 ausführt, dass sich eine Unterstützung des Antragstellers für die Terrororganisation den Akten sowie den Einlassungen des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung nicht entnehmen lasse und ein Nachweis der Beteiligung an gewalttätigen Aktionen der PKK nicht geführt sei, betreffen diese Ausführungen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG gegenüber § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG andere Anforderungen enthält. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reicht unter Berücksichtigung des Refoulement-Verbots des Art. 33 GFK im Rahmen des § 60 Abs. 8 AufenthG die bloße Unterstützung oder Zugehörigkeit zu einer den Terrorismus unterstützenden Organisation für sich genommen noch nicht aus; vielmehr muss sich die von der Organisation ausgehende Gefährdung in der Person des Ausländers durch Unterstützung in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, konkretisieren („erhöhte Gefahrenschwelle“, vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2012 - 1 8/11 - juris Rn. 24). Demgegenüber kommt es für den - wie ausgeführt - weiten Unterstützungsbegriff des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG weder auf eine strafrechtliche Verurteilung noch darauf an, dass der Verein MVH e.V. in der Bundesrepublik Deutschland nicht verboten ist. Wenngleich der Antragsteller im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht A. am 11. November 2021 bestritten hat, verbotene Zeitschriften verteilt oder solche besessen zu haben, vermag dies nicht darüber hinwegzutäuschen, dass er seine Mitgliedschaft in diesem Verein und die langjährige Unterstützung des Vereins durch Hilfe bei Veranstaltungen und Teilnahme an Demonstrationen eingeräumt hat und durch seine Unterstützung maßgeblich dazu beigetragen hat, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG missbilligten Ziele zu entfalten. Mit seinen langjährigen Aktivitäten und Unterstützungshandlungen hat der Antragsteller nicht bloß kulturelle oder humanitäre Ziele unterstützt, sondern hat im Hinblick auf die politische Ausrichtung des MVH e.V. als ein die Ziele der PKK unterstützender Verein unter dem Dachverband des YEK-KOM bzw. nun NAV-DEM aktiv Sympathiewerbung und damit eine Vorfeldunterstützung betrieben; auf eine herausgehobene Funktionärstätigkeit bei einer Terrororganisation kommt es hierbei ebenso wenig an wie auf eine strafrechtliche Verfolgbarkeit nach § 129 StGB (worauf das Verwaltungsgericht A. unter Verweis auf BT-Drs. 18/7372 hingewiesen hat).
39
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist vorliegend anzunehmen, dass die langjährigen Aktivitäten des Antragstellers im MVH e.V. mit den regelmäßigen Besuchen von der politischen Propaganda dienenden Veranstaltungen Unterstützungshandlungen im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG darstellen, weil sie die potenzielle Gefährlichkeit der die PKK unterstützenden Vereinigung MVH e.V. festigen und ihr Gefährdungspotenzial stärken.
40
1.2. Das Verwaltungsgericht A. hat im angefochtenen Beschluss vom 13. Mai 2019 ferner zu Recht angenommen, dass der Antragsteller nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Die daraus resultierende Sicherheitsgefahr besteht gegenwärtig fort.
41
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die objektive Tatsache der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in der Vergangenheit dem Ausländer dann nicht mehr zugerechnet werden, wenn er sich glaubhaft hiervon distanziert hat (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017, a.a.O., juris Rn. 30 m.w.N.). Sowohl ein Abstandnehmen als auch ein Distanzieren setzen voraus, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und aufgrund dessen künftig von ihm keine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mehr ausgeht. Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Ausländer in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit durch sein Handeln die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 - 1 B 11.18 - juris Rn. 12 m.w.N. seiner stRspr; BayVGH, U.v. 8.1.2020 - 10 B 18.2485 - juris Rn. 41). Ein bloßer Zeitablauf kann ein Abstandnehmen nicht ersetzen (vgl. Fleuß in Kluth/Heusch, Beck-OK AuslR, Stand: 1/2022, AufenthG § 54 Rn. 84). An die Glaubhaftigkeit des Abstandnehmens ist ein strenger Maßstab anzulegen; davon kann nur ausgegangen werden, wenn von dem Ausländer im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keine gegenwärtige Gefährlichkeit mehr ausgeht (vgl. Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, a.a.O. Rn. 84).
42
Eine erkennbare Distanzierung ist vorliegend jedoch nicht festzustellen. In der Bagatellisierung des sicherheitsgefährdenden Verhaltens des Antragstellers („legale Demonstrationen und Veranstaltungen“) ist ein Abstandnehmen von diesem Tun nicht zu erkennen. Auch wenn der Antragsteller aufgrund seiner derzeitigen Unterbringung in einer Asylbewerberunterkunft außerhalb von N. in den letzten Jahren an weiteren Aktivitäten im MVH e.V. gehindert gewesen sein mag, ist hierin eine freiwillige Abkehr von seinem sicherheitsgefährdenden Verhalten nicht zu erkennen.
43
Eine gegenwärtige Gefahr kann auch bei länger zurückliegenden Aktivitäten des Ausländers angenommen werden, wenn eine persönliche Distanzierung von den früheren politischen Zielen und eine Abkehr von der bisherigen Unterstützung nicht dargelegt ist (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: 12/2021, § 54 AufenthG Rn. 62). Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist allein der Zeitablauf daher weder geeignet, ein Abstandnehmen vom sicherheitsgefährdenden Tun zu begründen, noch die aus den langjährigen Unterstützungshandlungen resultierende Sicherheitsgefahr zu widerlegen. Es liegen hinreichend belegbare Indiztatsachen für die Schlussfolgerung einer Terrorismusunterstützung vor, so dass die begründete Besorgnis besteht, dass der Antragsteller weiterhin sein gefahrbegründendes Verhalten fortsetzen wird (vgl. nachfolgend 1.3.).
44
1.3. Die Ausweisung genügt voraussichtlich auch den Anforderungen nach § 53 Abs. 3 AufenthG.
45
In Annahme eines Aufenthaltsrechts nach dem Assoziationsabkommen EWG/T. (vgl. Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 3 ARB 1/80) darf der Antragsteller nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. § 53 Abs. 3 AufenthG modifiziert den allgemeinen Prüfungsmaßstab des § 53 Abs. 1 AufenthG, ändert aber im Übrigen nichts an der durch diese Grundnorm vorgegebenen Prüfungsstruktur; insbesondere sind bei der vorzunehmenden Interessenabwägung im Lichte des spezifischen Prüfungsmaßstabs des § 53 Abs. 3 AufenthG auch die §§ 54 und 55 AufenthG anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 - 1 C 6/21 - juris Rn. 27).
46
Bei der Feststellung der für eine Ausweisung erforderlichen Sicherheitsgefahr handelt es sich um eine Prognose, die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigenständig zu treffen haben (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr; vgl. z.B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).
47
Steht dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation EWG-T. (ARB 1/80) zu, sind an die Qualität der erforderlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhöhte Anforderungen zu stellen, denn er darf nach § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und wenn die Ausweisung zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Im Falle der Ausweisung eines assoziationsberechtigten t. Staatsangehörigen führt § 53 Abs. 3 AufenthG nicht zu einer Verdrängung der wertenden und gewichtenden Ausweisungsbestimmungen nach §§ 53 Abs. 1, 54, 55 AufenthG; ihnen kommt auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG die Bedeutung von gesetzlichen Umschreibungen spezieller Interessen mit dem jeweiligen Gewicht zu (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 3/16 - juris Rn. 24). Soweit die Entwurfsbegründung von einer „Sonderregelung“ spricht (BT-Drs. 18/4097, S. 50), bezieht sich diese Wendung jedoch ersichtlich auf das in § 53 Abs. 3 AufenthG festgelegte Maß der Sicherheitsgefahr und statuiert im Übrigen keine Verdrängung der wertenden und gewichtenden Ausweisungsbestimmungen. Art und Maß der Gefahr, die nach ständiger Rechtsprechung für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten t. Staatsangehörigen vorliegen müssen (zu diesem Maßstab vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 - C-371/08, „Ziebell“ - Rn. 82 ff., und vom 29.3.2012 - C-7/10 und C-9/10, „Kahveci“ und „Inan“ - Rn. 40; zur Gleichwertigkeit des Begriffs der „hinreichend schweren Gefahr“ in der Bestimmung des Art. 12 RL 2003/109 und des durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 < u.a. U.v. 22.12.2010 - C-303/08, „Bozkurt“ - Slg. 2010, I-0000, Rn. 42, und U.v. 16.6.2011 - C-484/07, „Pehlivan“ - Rn. 62 > entwickelten Begriffs der „schwerwiegenden Gefahr“ vgl. das Urteil „Ziebell“, insbesondere Rn. 49, 74 und 80), entsprechen exakt den in § 53 Abs. 3 AufenthG festgelegten Voraussetzungen (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2016 - 10 B 15.180 - juris Rn. 26).
48
Eine gegenwärtige und schwerwiegende Gefahr für die öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. § 53 Abs. 3 AufenthG setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (vgl. zum - hier nicht einschlägigen - Gefährdungsmaßstab bei anerkannten Flüchtlingen gemäß Art. 24 RL 2004/83/EG VGH BW, U.v. 16.6.2012 - 11 S 2328/11 - juris).
49
Nach diesen Maßstäben ist im Rahmen der summarischen Überprüfung im Eilverfahren gegenwärtig von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch das persönliche Verhalten des Antragstellers auszugehen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung ist für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich. Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht die bloße assoziationsrechtliche Rechtsstellung der Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Ausweisung nicht per se entgegen.
50
Die Aktivitäten des Antragstellers im Verein MVH e.V. und bei deren Veranstaltungen mit Propagandabezug zur PKK weisen ein hohes Maß an Kontinuität auf. Es ist davon auszugehen, dass er das Umfeld dieser die PKK unterstützenden Organisation dadurch nachhaltig geprägt und beeinflusst hat, zumal er insofern teilweise hervorgehoben tätig wurde, als er in ein Funktionsamt gewählt und bei Veranstaltungen als verantwortlicher Ansprechpartner fungiert hat. Aufgrund der jahrelangen und bedeutsamen Unterstützung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, stellt das persönliche Verhalten des Antragstellers gegenwärtig und fortdauernd eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung ist für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich (§ 53 Abs. 3 AufenthG).
51
Im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit ist zu beachten, dass die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müssen, wobei sämtliche konkreten Umstände, die für die Situation des Betroffenen kennzeichnend sind, zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 77 m.w.N.). Auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG ist unter Berücksichtigung des besonderen Gefährdungsmaßstabs für die darin bezeichneten Gruppen von Ausländern eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 2) AufenthG durchzuführen (vgl. nachfolgend 1.4.).
52
1.4. Die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung vor allem mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznormen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK ergibt, dass das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Ausreise nicht überwiegt. Die Ausweisung ist für die Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich (§ 53 Abs. 3 AufenthG). Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerfG, B.v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07, BVerwG, U.v. 16.2.2022 - 1 C 6/21; U.v. 23.10.2007 - 1 C 10/07 - jeweils juris) und den maßgeblichen Kriterien seitens des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. z.B. EGMR, U.v. 13.10.2011 - „Trabelsi“ - Nr. 41584/06 - juris) folgend sind die persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie das öffentliche Interesse zutreffend abgewogen und gewichtet worden.
53
Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG aufgrund der langjährigen Unterstützung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen aufgrund der Niederlassungserlaubnis des Antragstellers nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und aufgrund seiner familiären Situation nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG gegenüber.
54
Hinsichtlich des Schutzes der familiären Beziehungen ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes anerkannt, dass selbst schwerwiegende Beeinträchtigungen familiärer Beziehungen nicht stets das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung verdrängen. Vielmehr ist anhand der sog. „Boultif-Kriterien“ ein gerechter Ausgleich der gegenläufigen Interessen zu finden (vgl. z.B. EuGH, U.v. 18.10.2006 - Nr. 46410/99 <Üner> juris Rn. 57 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt gewährt und allein aufgrund formal-rechtlicher Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen nicht entfaltet (vgl. BVerfG, B.v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris). Wie der Gerichtshof betont auch das Bundesverfassungsgericht, dass selbst gewichtige familiäre Belange sich nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen (z.B. B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23). Über die familiären Belange hinaus ist das Interesse des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet unter Berücksichtigung der Dauer seines Aufenthalts und des Maßes seiner Integration angemessen zu würdigen.
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Auch bei Vorliegen eines (besonders) schwerwiegenden Ausweisungsinteresses bedarf es einer umfassenden Abwägung mit eventuellen Bleibeinteressen des Betroffenen, wobei bei Bestehen eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG für die Abwägung bereits feststeht, dass eine gewichtige Gefahrenlage besteht, die grundsätzlich eine Ausweisung erlaubt und bei der häufig von einem Übergewicht des öffentlichen Interesses an der Ausweisung auszugehen sein wird. Steht einem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse aber ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gegenüber, kann ein Überwiegen des öffentlichen Interesses nicht allein mit der typisierenden gesetzlichen Gewichtung begründet werden. Vielmehr bedarf es einer besonderen individuellen Begründung dafür, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls das öffentliche Interesse an der Ausweisung überwiegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entbindet auch das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nicht von der Notwendigkeit der in § 53 Abs. 1 AufenthG vorgeschriebenen umfassenden Interessenabwägung; für eine einzelfallbezogene, förmliche „Typenkorrektur“ in der Weise, dass das den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllende Verhalten bei atypischen Umständen, insbesondere Verhaltensweisen im unteren Gefährlichkeitsbereich der gesetzlich vertypten Verhaltensweisen, in ein „nur“ schwerwiegendes Ausweisungsinteresse herabgestuft wird, besteht wegen der umfassenden, auch stufenübergreifend gebotenen Verhältnismäßigkeitsabwägung kein Bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 - juris Rn. 39). Die gesetzliche Unterscheidung in besonders schwerwiegende und schwerwiegende Ausweisungs- und Bleibeinteressen ist danach für die Güterabwägung zwar regelmäßig prägend. Bei Vorliegen besonderer Umstände können die Ausweisungsinteressen aber auch weniger schwer zu gewichten sein (vgl. BT-Drs. 18/4097 S. 50). Im Rahmen der Abwägung ist mithin nicht nur von Belang, wie der Gesetzgeber das Ausweisungsinteresse abstrakt einstuft. Vielmehr ist das dem Ausländer vorgeworfene Verhalten, das den Ausweisungsgrund bildet, im Einzelnen zu würdigen und weiter zu gewichten. Gerade bei prinzipiell gleichgewichtigem Ausweisungs- und Bleibeinteresse kann das gefahrbegründende Verhalten des Ausländers näherer Aufklärung und Feststellung bedürfen, als dies für die Erfüllung des gesetzlich vertypten Ausweisungsinteresses erforderlich ist. Denn im Rahmen der (ergebnisoffenen) Abwägung macht es einen Unterschied, ob dem Betroffenen etwa lediglich die Mitgliedschaft in einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung oder aber wesentliche Unterstützungshandlungen, womöglich gar in herausgehobener Position zur Last gelegt werden können (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017, a.a.O. Rn. 39). Dabei kann auch von Bedeutung sein, ob das Gewicht der Taten etwa durch Zeitablauf geringer geworden ist. Neben den gesetzlich ausgeformten Bleibeinteressen ist auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Ausländer in die Gesellschaft der Bundesrepublik integriert ist. Dazu gehören die Fragen der Lebensunterhaltssicherung ebenso wie (fehlende) Verurteilungen wegen Straftaten. Das kann auch in Fällen eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in der Vergangenheit zu einem Überwiegen des Bleibeinteresses führen (vgl. Anmerkung Pfersich zu BVerwG, U.v. 27.7.2017 - 1 C 28/16 -, ZAR 2018, 166).
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Nach diesen Maßstäben ist vorliegend zwar zu würdigen, dass der Antragsteller nahezu sein gesamtes Leben im Bundesgebiet verbracht hat, hier familiäre Bindungen hat und aktuell einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. In Anbetracht der langjährigen und nachhaltigen Unterstützung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, ist jedoch nicht nur von einer bloßen Mitgliedschaft, sondern von wesentlichen Unterstützungshandlungen durch den Antragsteller auszugehen. Es ist festzustellen, dass sich der Antragsteller weder durch die Geburt seiner Kinder noch aufgrund der bereits erlassenen Ausweisungsverfügung von einer fortwährenden Unterstützung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, hat abhalten lassen (vgl. Erkenntnismitteilung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 28.05.2019).
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Auch unter Berücksichtigung der familiären Bindungen und dem Maß seiner Verwurzelung im Bundesgebiet erscheint es dem Antragsteller zumutbar, im Land seiner Staatsangehörigkeit, in dem im Jahr 2015 auch sein drittes Kind zur Welt gekommen ist und in das er nach Beantragung eines t. Nationalpasses und Aufgabe des durch seine Eltern vermittelten Schutzstatus mehrfach gereist ist und sich dort aufgehalten hat, zu leben. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die t. Sprache beherrscht, die heimatstaatlichen Lebensverhältnisse sind ihm jedenfalls durch seine Familie nähergebracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Eingewöhnung in die aktuellen Gegebenheiten und sozialen Strukturen in der T. für den Antragsteller unmöglich oder unzumutbar sein könnten, bestehen nicht. Soweit das Beschwerdevorbringen auf eine bei Rückkehr in die T. drohende Inhaftierung und Folter hinweist, ist ein solches Verfolgungsrisiko im nunmehr bestandskräftig abgeschlossenen Asylfolgeverfahren verneint worden. Nach § 42 AsylG ist die Ausländerbehörde an diese Feststellungen gebunden.
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2. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist als Präventivmaßnahme zur Abwehr der mit der Ausweisungsverfügung zu bekämpfenden, akuten Gefahren auch schon vor dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens erforderlich. Diese Erforderlichkeit ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn - wie hier - die Ausweisung von schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Spezialprävention getragen wird, die nicht nur langfristig, sondern auch schon während des Klageverfahrens Geltung beanspruchen (vgl. z.B. BayVGH, B.v.2.8.2016 - 19 CS 16.878; NdsOVG, B.v. 16.12. 2011 - 8 ME 76/11 - juris Rn. 40; VGH BW, B.v. 25.6.1998 - 11 S 682/98 - juris Rn. 4 f.; OVG NW, B.v. 24.2.1998 - 18 B 1466/96 - juris Rn. 30 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Garantie eines umfassenden und effektiven Rechtsschutzes eine wesentliche Bedeutung bereits für den vorläufigen Rechtsschutz zu, dessen Versagung irreparable Folgen haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 13.6.2005 - 2 BvR 485/05 - juris Rn. 21). Danach ist die nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage insoweit eine adäquate Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie und ein fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses. Andererseits gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe im Verwaltungsprozess nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, B.v. 18.12.2017 - 2 BvR 2259/17 - juris Rn. 17; B.v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - juris Rn. 29; B.v. 12.9.1995 - 2 BvR 1179/95 - juris Rn. 42 f.) ist für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.1973 - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73 - BVerfGE 35, 382 <401 f.>; B.v. 21.3.1985 - 2 BvR 1642/83 - BVerfGE 69, 220 <227 f.>; B.v. 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 - juris; B.v. 13.6.2005, a.a.O., juris Rn. 21). Die Ausweisung ist in jedem Falle eine schwerwiegende Maßnahme, die nicht selten tief in das Schicksal des Ausländers und seiner Angehörigen eingreift. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblich verschärft. Für die Verbindung der Ausweisung mit der Anordnung des Sofortvollzuges muss daher stets ein besonderes, über die Voraussetzungen für die Ausweisung selbst hinausgehendes Erfordernis vorliegen. Es muss die begründete Besorgnis bestehen, die von dem Ausländer ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren; der allgemeine Verdacht einer Beeinträchtigung erheblicher Belange der Bundesrepublik genügt nicht (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.1974 - 1 BvR 75/74 - juris Rn. 24 m.w.N.).
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Vorliegend überwiegen die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter die den Antragsteller betreffenden Folgen der sofortigen Vollziehung. Der Senat verkennt nicht, dass die sofortige Vollziehung der Ausweisung durch die Aufenthaltsbeendigung eine schwerwiegende Maßnahme darstellt, die erheblich in das Leben des Antragstellers eingreift. Er wird - jedenfalls bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens und bei Vorliegen von Reisedokumenten (mangels derer der Antragsteller gegenwärtig geduldet ist) - gezwungen, das Bundesgebiet zu verlassen, hier bestehende Bindungen zu unterbrechen und sein Leben im Heimatland zu bestreiten. Allerdings sind die Wirkungen des Sofortvollzugs im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren für den Antragsteller, dem eine soziale Wiedereingliederung im Bundesgebiet für diesen Fall möglich und zumutbar ist, weitgehend reparabel. Demgegenüber wird die öffentliche Sicherheit durch die Unterstützung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, in schwerwiegender Weise gefährdet; realisiert sich diese konkrete Gefahr terroristischer Aktivitäten, sind etwaig eintretende Schädigungen regelmäßig nicht wieder gut zu machen. Dies gilt auch in Anbetracht des zwischenzeitlich vergangenen Zeitablaufs seit den vom Verfassungsschutz mitgeteilten Erkenntnissen. Angesichts des hohen Rangs der Schutzgüter und der in Betracht zu ziehenden Irreparabilität ihrer Beeinträchtigung überwiegen diese im vorliegenden Einzelfall die den Antragsteller betreffenden Folgen der sofortigen Vollziehung.
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3. Das Beschwerdevorbringen verhält sich zu der weiteren Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der im streitgegenständlichen Bescheid unter Ziffer III verfügten Aufenthaltsbeschränkung (aufgrund der Folgen des durchgeführten Asylfolgeverfahrens derzeit jedenfalls nicht unproblematisch), der unter Ziffer IV verfügten Meldeauflage und hinsichtlich des sinngemäß gestellten Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die (ohnehin gegenstandslos gewordene) Ausreiseaufforderung bzw. Abschiebungsandrohung nicht. Es fehlt insoweit an jeglichem Ansatzpunkt für eine nähere Überprüfung der Entscheidung.
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4. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung gemäß §§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).