Inhalt

VGH München, Beschluss v. 29.09.2022 – 22 ZB 20.2224
Titel:

Nachbarklage gegen Erweiterung einer Hähnchenmastanlage im Außenbereich

Normenketten:
UVPG § 7 Abs. 1 S. 3, § 9 Abs. 4, § 25
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2
BauGB § 35
Leitsätze:
1. Hinsichtlich einer durchgeführten UVP-Vorprüfung kann offen bleiben, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB einzuordnen ist, weil dies nicht Prüfungsgegenstand der UVP-Vorprüfung und auch nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern nur der abschließenden Zulassungsentscheidung ist. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 25 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht. Dies kann dazu führen, dass auch relativ geringfügige Belange die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Außenbereich gibt es keinen dem Planbereich oder dem Planersatzbereich vergleichbaren Gebietserhaltungsanspruch, also keinen Anspruch auf Erhaltung der Außenbereichsqualität; die Regelungen über die Privilegierung eines Vorhabens sind nicht dritt- bzw. nachbarschützend. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung, Immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung für die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage im Außenbereich, Nachbarklage, Nichtprivilegierte Wohnnutzung im Außenbereich, Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) 2008, Gebot der Rücksichtnahme, UVP-Vorprüfung, Umweltverträglichkeitsprüfung, Gebietserhaltungsanspruch, Beweisantrag
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 12.06.2020 – M 28 K 18.3517
Fundstellen:
BeckRS 2022, 27376
KommJur 2022, 470
LSK 2022, 27376

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung der dem Beigeladenen mit Bescheid vom 18. Juni 2018 erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Änderung und Erweiterung einer Anlage zur Aufzucht und Haltung von Masthähnchen weiter.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. …8, Gemarkung M* … (Gemeinde E* …, … **).
3
Rund 210 m südöstlich davon befindet sich die auf den Grundstücken FlNrn. … … … und …, Gemarkung M* … (* … … … … *) situierte Hofstelle des Beigeladenen, für welche er seit 14. August 2001 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb zweier Hähnchenmastställe mit insgesamt 63.200 Tierplätzen und seit 30. September 2015 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb einer Biogasanlage mit einer Feuerungswärmeleistung von 2.018 kW innehat.
4
Mit Bescheid des Landratsamts T* … (im Folgenden: Landratsamt) vom 18. Juni 2018 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung und Erweiterung seiner Hähnchenmastanlage unter Nebenbestimmungen (Nr. I.1 des Bescheids). Als Umfang der Änderungsmaßnahmen wurde im Einzelnen aufgeführt (Nr. I.2 des Bescheids): Erhöhung der Masthähnchenplätze von 63.200 auf 83.900, Errichtung eines neuen Masthähnchenstalles 3 für 39.900 Tierplätze mit der notwendigen technischen Ausrüstung und einem Kaltscharraum, Errichtung von drei Futtersilos für den neuen Masthähnchenstall 3, Verringerung der Tierplätze im Masthähnchenstall 1 von 33.200 auf 23.000 und im Masthähnchenstall 2 von 30.000 auf 21.000 Tierplätze, Errichtung jeweils eines Kaltscharraumes am Mahnhähnchenstall 1 und 2. Bestandteil der Antragsunterlagen waren jeweils durch die IfU-GmbH Privates Institut für Analytik (im Folgenden: IfU-GmbH) erstellte, folgende Unterlagen: „Detaillierte Prüfung der Repräsentativität meteorologischer Daten für die Ausbreitungsberechnungen nach TA Luft“ vom 13. Juli 2017; „Immissionsprognose für Geruch, Ammoniak, Stickstoff und Staub“ vom 23. August 2017 mit Ergänzung vom 7. Dezember 2017; „Betrachtung zu Bioaerosol-Immissionen“ vom 24. August 2017; „Allgemeine Vorprüfung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG“ vom 8. Dezember 2017. Zudem wurden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine durch die C. Hentschel Consult Ing.-GmbH (im Folgenden: C. H. GmbH) erstellte „Schalltechnische Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 mit Ergänzungen vom 22. Januar 2018 und 23. Februar 2018 sowie ein durch die iMA Richter & R. GmbH & Co. KG (im Folgenden: iMA-GmbH) erstellter „Bericht über die fachliche Prüfung der Unterlagen zur ‚Immissionsprognose Erweiterung Hähnchenmastanlage + Ergänzung‘“ vorgelegt. Mit ihrem Bericht hat die iMA-GmbH laut ihren Ausführungen auf Wunsch des Landratsamts die von der IfU-GmbH vorgelegten Unterlagen vom 13. Juli 2017 (meteorologische Daten) und vom 23. August/Dezember 2017 (Immissionsprognose inkl. Ergänzung) fachlich überprüft.
5
Laut Bescheidbegründung handle es sich aufgrund § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a der 4. BImSchV um eine im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG zu erteilende Genehmigung, bei welcher aber dem Antrag des Betreibers nach § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auf Verzicht der öffentlichen Bekanntmachung und Auslegung des Antrags und der Unterlagen entsprochen worden sei. Die durchgeführte allgemeine Vorprüfung habe ergeben, dass für das Änderungsvorhaben keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 5 Abs. 1 UVPG bestehe, was am 16. März 2018 im Amtsblatt des Landkreises bekanntgemacht worden sei. Das Vorhaben sei gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu genehmigen gewesen, weil neben den Voraussetzungen des § 5 BImSchG auch die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 13 BImSchG erforderliche baurechtliche Zulässigkeit gegeben sei. Es handle sich um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiertes, im Außenbereich zulässiges Vorhaben.
6
Die am 18. Juli 2018 gegen den Bescheid vom 18. Juni 2018 erhobene Klage (M 28 K 18.3517) wies das Verwaltungsgericht München mit den Bevollmächtigten der Klägerin am 7. September 2020 zugestelltem Urteil vom 12. Juni 2020 ab. Am 10. Juli 2020 ergänzte das Verwaltungsgericht zudem den Tenor des Urteils vom 12. Juni 2020 in Ziffer 2 betreffend die zuvor nicht erfassten außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
7
Zur Begründung der Klageabweisung führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Klägerin zwar Nachbarin im immissionsschutzrechtlichen Sinn sei. Die erteilte Genehmigung verletze die Klägerin aber nicht in sie (dritt-)schützenden Rechten. Es bestehe kein relevanter Fehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, weil die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt und das Ergebnis nachvollziehbar sei (§ 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG). Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass die auf der Hofstelle befindliche Biogasanlage nicht bzw. nur als Vorbelastung im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und anlässlich § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG bezüglich der Verwertung des anfallenden Kot-Einstreugemisches in den Prüfumfang der Änderungsgenehmigung einbezogen worden sei, da es sich in Bezug zur Hähnchenmastanlage um eine selbstständige Anlage handle. Ohnehin handle es sich insoweit um eine reine Verfahrensfrage, welche für sich keine Abwehrrechte zugunsten der Klägerin begründen könne. Die beantragte Erweiterung führe auch nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen zulasten der Klägerin. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 23. August 2017, welche erhebliche Geruchsbelastungen ausschließe, habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert in Frage gestellt. Ebenso seien von der Anlage keine unzumutbaren Lärmimmissionen für das klägerische Grundstück zu erwarten. Konkrete Anhaltspunkte, dass der Klägerin durch die Erweiterung Gefahren in Form von sog. Bioaerosolen drohen könnten, lägen, abgesehen von der Frage, ob insoweit eine immissionsschutzrechtliche Drittschutzpflicht vorhanden sei, nicht vor. Soweit die Klägerin in Abrede stelle, dass es sich um ein privilegiertes landwirtschaftliches Vorhaben handle, entfalte die Regelung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 201 BauGB zur Frage der Privilegierung bereits keinen Drittschutz. Das drittschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG könne es keinen weitergehenden Nachbarschutz gewährleisten als § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Auch im Übrigen, soweit nicht schädliche Immissionen, sondern sonstige nachteilige Wirkungen inmitten stünden, werde schon angesichts der lagebedingten geringeren Schutzbedürftigkeit des ebenfalls im Außenbereich situierten Grundstücks der Klägerin nicht gegen das Rücksichtnahmegebot (insoweit in seiner Ausprägung als ungeschriebener Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB) verstoßen. Auch die von der Klägerin monierten Anforderungen an innere Brandwände seien für sie - als nicht unmittelbar angrenzende (Grundstücks-)Nachbarin - nicht drittschützend.
8
Mit am 2. Oktober 2020 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. September 2020 beantragte die Klägerin die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit am gleichen Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom 9. September 2020 und vertiefend mit Schriftsatz vom 8. Januar 2021.
9
Die Berufung sei aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). So habe die erfolgte UVP-Vorprüfung gegen die Vorgaben der § 5 Abs. 3, § 7 UVPG verstoßen, weil die Schutzwürdigkeit des Bauvorhabens, das nicht privilegiert sei, und die Schutzbedürftigkeit des Wohnhauses der Klägerin, das Bestandteil eines Siedlungsgebiets sei, bauplanungsrechtlich falsch eingestuft und folglich die erheblichen nachteiligen Umwelteinwirkungen falsch beurteilt worden seien. Nach Anlage 3 Nr. 2 zum UVPG komme es auf die Schutzkriterien am Standort, u.a. die bestehende Nutzung für Siedlung oder Landwirtschaft an; dafür müsse als Grundlage zunächst der Gebietscharakter, der Auswirkungen auf das Gebot der Rücksichtnahme und auch die gültigen Immissionsgrenz- oder Richtwerte habe, zutreffend ermittelt werden. Insoweit handle es sich auch um einen verfahrensrechtlichen Aspekt und nicht nur die Anwendung materiellen Rechts. Auch hätte die vorhandene Biogasanlage über die vom Verwaltungsgericht benannten Aspekte hinaus insgesamt in den Prüfungsumfang der Änderungsgenehmigung einbezogen werden müssen. So gehöre etwa das Entsorgen des in großem Umfang anfallenden Hähnchenmists zum Anlagenbetrieb, da ohne das Zuführen zur Biogasanlage vor Ort weitere Lagerflächen, welche erhebliche zusätzliche Immissionen verursachen würden, geschaffen werden müssten. Folglich sei die Biogasanlage funktionell wie organisatorisch untrennbar mit der Hähnchenmast verbunden. Dies könne die Klägerin aufgrund § 4 Abs. 1 UmwRG auch geltend machen. Das Gericht habe, etwa zur Putenmistlagerstelle, zum ca. 1.150 m vom Wohnhaus der Klägerin entfernten Putenmaststall und zu drei weiteren Tierhaltungsbetrieben Dritter auch zu Unrecht angenommen, dass sämtliche einzubeziehenden Geruchsemissionsquellen in der gutachterlichen Bewertung berücksichtigt worden seien. Dazu würden aber, etwa bzgl. der Mistlagerstätten, präzise Angaben im Gutachten fehlen bzw. sei dort nur eine Putenmistlagerstätte im Fahrsilo der Biogasanlage berücksichtigt worden. Die sich aus Nr. 4.6.2.5 TA Luft und Nr. 4.4.2 GIRL ergebenden Radien seien keine Maximal-, sondern Minimalgrößen. Die Ausführungen zur Berücksichtigung der offenstehenden Hallentore als Geruchsquelle seien fehlerhaft, auch soweit das Gericht auf das Irrelevanzkriterium der GIRL abstelle. Das Verwaltungsgericht stütze sich bloß auf die in der VDI-RL 3894 enthaltenen Konventionswerte, also Durchschnittswerte, ohne im Sinne der notwendigen Worst-Case-Betrachtung den Fall zu berechnen, dass der Beigeladene als Anlagenbetreiber von seiner Genehmigung im größtmöglichen Umfang Gebrauch mache. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso ein Immissionsrichtwert von 25% Geruchsstunden/Jahr als zulässig erachtet werde. Das Gebiet, in welchem sich das Wohnhaus der Klägerin befinde, sei aufgrund seiner Errichtung im Jahr 1937 als sog. Landsiedlung nicht als Außenbereich, sondern als Planbereich nach § 30 BauGB oder als Innenbereich nach § 34 BauGB zu werten. Auch wenn die Frage der Privilegierung eines Vorhabens nicht drittschützend sei, hätte diese Frage jedenfalls bei der Schutzwürdigkeit des Vorhabens und beim Gebot der Rücksichtnahme geprüft und berücksichtigt werden müssen.
10
Soweit das Gericht einen Beweisantrag der Klägerin zum örtlichen Mikroklima zu Unrecht zurückgewiesen habe, stelle dies zudem einen Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dar, auf welchem die Entscheidung beruhen könne.
11
Der Beklagte und der Beigeladene beantragten jeweils, den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen, weil kein Zulassungsgrund vorliege.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Behördenakten verwiesen.
II.
13
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
14
1. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen in der Antragsbegründung (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegt ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
15
1.1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 - 2 BvR 2426.17 - juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
16
Der klägerische Vortrag vermag keine solchen ernstlichen Zweifel zu begründen.
17
1.1.1 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass kein Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorliegt (vgl. UA S. 14, Rn. 26 ff.).
18
1.1.1.1 Die aufgrund von § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 7.3.2 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (in der bei Genehmigungserteilung gültigen Fassung nach dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017; im Folgenden: UVPG) erforderliche und nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4 bis 7 UVPG durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (im Folgenden: UVP-Vorprüfung) ist entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht bereits deswegen im Rahmen des gerichtlichen Prüfungsumfangs nach § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG zu beanstanden, weil das Landratsamt die bestehende Biogasanlage nicht in den „Prüfungsumfang“ für die UVP-Vorprüfung betreffend die vorliegende Änderungsgenehmigung einbezogen habe.
19
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass dies einen Verfahrensfehler i.S.v. „§ 4 Abs. 1 UmwRG“ darstelle, weil sich aus einem anderen Antrags- und Prüfumfang Auswirkungen auf die UVP-Prüfung ergeben könnten.
20
In der UVP-Vorprüfung wurde die Biogasanlage allerdings nach Nr. 1.2 der Anlage 3 zum UVPG als anderes bestehendes oder zugelassenes Vorhaben berücksichtigt (vgl. S. 2/Nr. 1.2 der Unterlage Allgemeine Vorprüfung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UPVG der IfU-GmbH vom 7.12.2017, auf die der Bescheid vom 18.6.2018 wiederum Bezug nimmt). Letztendlich werden dem streitgegenständlichen Vorhaben so im Sinne einer Wechsel- bzw. Zusammenwirkung auch die Umweltauswirkungen der Biogasanlage „zugerechnet“; aus der Perspektive des UVPG bzw. für die insoweit maßgeblichen potentiellen erheblichen Umweltauswirkungen ist es daher irrelevant, inwieweit Biogas- und Hähnchenmastanlage nach dem Anlagenbegriff der 4. BImSchV einzuordnen sind. Ebenso wenig sind - soweit man die Ausführungen der Klägerin auch dahingehend verstehen will - die §§ 10 ff. UVPG einschlägig, weil bereits die Hähnchenmastanlage für sich betrachtet die Pflicht zu einer allgemeinen UVP-Vorprüfung „ausgelöst hat“ (s.o.), so dass es keiner Kumulation i.S.v. § 10 Abs. 1 und 2 UVPG bedurfte.
21
Die von der Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung in diesem Zusammenhang (Behauptung eines Verfahrensfehlers nach UmwRG in Bezug auf das UVPG) ebenfalls in Zweifel gezogenen weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter 1.2 des Urteils (vgl. UA S. 17 f., Rn. 28 f.) beziehen sich zwar auf formelle/verfahrensrechtliche Aspekte (vgl. den Obersatz unter II.1 des Urteils, UA S. 13, Rn. 23), allerdings nicht zum UVPG, sondern zum Anlagenbegriff der 4. BImSchV/dem daraus resultierenden Gegenstand der Änderungsgenehmigung. Das Verwaltungsgericht kommt insoweit zum Ergebnis, dass die Biogasanlage (verfahrensrechtlich) nicht Bestandteil des Prüfungsumfangs der Änderungsgenehmigung ist, insbesondere weil die Biogasanlage und die (erweiterte) Hähnchenmastanlage weder eine einheitliche noch eine gemeinsame Anlage nach § 1 Abs. 2, 4 bzw. Abs. 3 der 4. BImSchV sind. Soweit sich die klägerischen Ausführungen in der Zulassungsbegründung auch losgelöst vom UVPG, d.h. (isoliert) auf diesen Aspekt beziehen sollen, genügen sie insoweit bereits den Anforderungen an die Darlegungslast aus §§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht. Davon abgesehen trifft es in der Sache zu, dass die (erweiterte) Hähnchenmast- und die Biogasanlage nicht als (einheitliche oder) gemeinsame Anlage i.S.v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV einzuordnen sind (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2010 - 7 B 6.10 - juris Rn. 16 f.: keine gemeinsame Anlage selbst bei zeitgleicher Beantragung).
22
1.1.1.2 Ebenso wenig vermag die Behauptung, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne und deshalb eine UVP-Pflicht bestehe (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG), weil die Schutzwürdigkeit des Vorhabens und die Schutzbedürftigkeit des Wohnhauses der Klägerin bauplanungsrechtlich falsch eingestuft worden seien, Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.
23
Nach § 9 Abs. 4 UVPG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 UVPG ist die allgemeine Vorprüfung auch bei Änderungsvorhaben als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien durchzuführen. Die (zuständige) Behörde muss zunächst die zu erwartenden Umweltauswirkungen in tatsächlicher Hinsicht ermitteln und anschließend diese Auswirkungen rechtlich bewerten. Dabei hat die Behörde - auch anhand bereits vorliegender Untersuchungsergebnisse i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 2 UVPG - zu berücksichtigen, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden (§ 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG). Ist dies nicht der Fall bzw. kann die Änderung des Vorhabens nach Einschätzung der Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen, ist eine UVP-Prüfung durchzuführen (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG). Der Behörde steht dabei, also im Rahmen einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls, für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen eines Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. Die gerichtliche Überprüfung des Ergebnisses der Vorprüfung beschränkt sich deshalb nach § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG auf eine Plausibilitätskontrolle (vgl. dazu BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 4 C 4.17 - juris Rn. 18 m.w.N. u.a. auf U.v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - juris 29 zum inhaltsgleichen § 3a Satz 4 UVPG a.F.).
24
Dass das Verwaltungsgericht die vom Landratsamt im Aktenvermerk vom 7. März 2018 getätigte Feststellung, es seien keine erheblichen nachteiligen Umwelteinwirkungen zu befürchten, als plausibel (nachvollziehbar) erachtet hat (vgl. UA. S. 14 f., Rn. 26) begegnet auch vor dem Hintergrund des diesbezüglichen Vortrags der Klägerin im Zulassungsverfahren keinen Bedenken.
25
1.1.1.2.1 Soweit die Klägerin anführt, dass die „Schutzwürdigkeit“ des streitgegenständlichen Vorhabens vom Landratsamt falsch beurteilt worden sei, da das Vorhaben nicht die Voraussetzungen für eine Privilegierung i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB erfülle, kann dies bereits deshalb keine ernstlichen Zweifel am Urteil des Verwaltungsgerichts begründen, weil eine solche „Schutzwürdigkeit“ kein maßgebliches oder relevantes Kriterium im Rahmen der UVP-Vorprüfung ist. Es kann insoweit - sprich für die Beurteilung der durchgeführten UVP-Vorprüfung und deren Ergebnis - offen bleiben, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB einzuordnen ist, weil dies nicht Prüfungsgegenstand der UVP-Vorprüfung und auch nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern nur der abschließenden Zulassungsentscheidung ist.
26
Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen (§ 4 UVPG). Ihr Ergebnis soll im Rahmen der Entscheidung über ein Vorhaben (oder einen Plan/ein Programm) berücksichtigt werden (vgl. § 25 Abs. 2 UVPG); sie selbst ist keine solche Entscheidung. Zur umfassenden Ermittlung, Beschreibung und Bewertung aller Umweltauswirkungen macht das UVPG spezifische Vorgaben zu den einzelnen Verfahrensschritten der UVP-Prüfung (vgl. §§ 15 ff. UVPG). Selbst ein „negatives“ Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung führt nicht zwingend zur Unzulässigkeit eines Vorhabens, je nach Struktur der Entscheidung kommt es zur Abwägung mit nicht umweltbezogenen Belangen, so dass es letztlich auf das Gewicht der Belange ankommt (vgl. dazu zusammenfassend und weiterführend Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 4. Aufl. 2019, Einleitung Rn. 1).
27
Auch die UVP-Vorprüfung folgt - als deren „Vorstufe“ - dieser Zielsetzung (§§ 4, 25 Abs. 2 UVPG) der Umweltverträglichkeitsprüfung. Eine UVP-Vorprüfung soll klären, ob ein Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Abs. 2 UVPG bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären und damit eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen würden. Dabei ist auf die in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien zurückzugreifen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 UVPG/§§ 8-14 UVPG). Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen liegen dabei nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen. Hiervon ausgehend muss daher grundsätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 25 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht. Dies kann dazu führen, dass auch relativ geringfügige Belange die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösen (vgl. - noch zur Vorgängernorm § 12 UVPG a.F. - grundlegend BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1.13 - juris Rn. 21 m.w.N.).
28
Diese - der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgende - enge Verknüpfung zwischen den materiellen Erheblichkeitsbegriffen der Zulassungsentscheidung und dem Erheblichkeitsbegriff der Vorprüfung (so Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung § 7 Rn. 16) fokussiert sich aber auf die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Vorhabens (§ 2 Abs. 2 Satz 1 UVPG) bzgl. der vom UVPG definierten Schutzgüter (§ 2 Abs. 1 UVPG). Mit Hilfe der in Anlage 3 zum UVPG formulierten Kriterien sollen - insoweit zunächst losgelöst von der Zulassungs- und Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens - alle seine potentiellen Auswirkungen auf die Umwelt erfasst, gesammelt und bewertet werden. Das UVPG stellt mit seinen Instrumenten der Umweltverträglichkeitsprüfung und der dieser vorgelagerten UVP-Vorprüfung somit ausschließlich auf diese Perspektive der „in der Umwelt ankommenden Einwirkungen (Auswirkungen)“ ab. Ob und inwieweit das Vorhaben auf Basis dieser Erkenntnisse bzw. trotz dieser Auswirkungen dann zulässig ist bzw. genehmigt (oder planfestgestellt) werden kann, ist allein Frage des materiellen Fachrechts, das von diesem rein verfahrensrechtlichen Ansatz des UVPG nicht beeinflusst oder verschärft wird (vgl. dazu schon BVerwG, U.v. 25.1.1996 - 4 C 5.95 - juris Rn. 18). Erst recht muss dies - die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung aller Umweltauswirkungen eines Vorhabens losgelöst von der Frage seiner Zulässigkeit - daher für die UVP-Vorprüfung zur Beurteilung von potentiellen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gelten. Innerhalb einer UVP-Vorprüfung ist Prüfungsmaßstab nur die Erheblichkeit der Umweltauswirkungen.
29
Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies: Die, wie die Klägerin es insoweit bezeichnet, „Schutzbedürftigkeit“ des Vorhabens des Beigeladenen, sprich inwieweit es privilegiert i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB ist, spielt für die Beurteilung der Frage, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 3 UPVG haben kann, ob also eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (gewesen) wäre, keine Rolle. Denn die potentiellen nachteiligen Umweltauswirkungen (im Umfang, wie sie sich aus den Antragsunterlagen ergeben) bleiben dieselben, ob das Vorhaben nun bauplanungsrechtlich privilegiert ist oder nicht. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Privilegierung stellt sich damit insoweit - in Übereinstimmung mit der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - erst und ausschließlich im Rahmen der eigentlichen Zulassungsentscheidung. Hier sind bzw. waren dann die für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange, bei § 35 BauGB in Form einer „nachvollziehenden Abwägung“ (vgl. dazu etwa BVerwG, B.v.26.6.2014 - 4 B 47.13 - juris Rn. 7) einzubringen.
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1.1.2.2.2 Auch soweit die Klägerin auf die aus ihrer Sicht fehlerhaft eingeschätzte „Schutzwürdigkeit“ ihres Grundstücks/Wohnhauses verweist, vermag sie damit keinen Fehler der UVP-Vorprüfung zu begründen.
31
Zwar ist insoweit - anders als bei der Frage nach der Privilegierung des Vorhabens - bereits auf Ebene der UVP-Vorprüfung das einschlägige Fachrecht nicht „gänzlich auszublenden“ bzw. grundsätzlich prüfungsrelevant, weil es hier nicht um die für die Zulassungsentscheidung relevanten unmittelbaren Eigenschaften des Vorhabens selbst (z.B. seine Zweckbestimmung/beantragte Nutzung), sondern um die Erheblichkeit potentieller Umweltauswirkungen auf relevante Schutzgüter (u.a. Luft und Mensch) geht, welche maßgeblich vom Fachrecht beeinflusst wird (s.o.; „verfahrensrechtlicher Erheblichkeitsbegriff“ nach Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, § 7 Rn. 13 f.; so im Ergebnis auch Tepperwien in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG / UmwRG, 1. Aufl. 2018, § 7 UVPG Rn. 7 m.w.N.: die Erheblichkeit der Umwelteinauswirkungen bemisst sich auch anhand deren Relevanz für die Zulassungsentscheidung - also dem Fachrecht). So stellen etwa die insoweit nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 und 5 UVPG (usw.) heranzuziehenden Kriterien der Anlage 3 zum UVPG teilweise dezidiert auf (spezifische) fachrechtliche Vorgaben ab, wonach bei der Beurteilung der ökologischen Belastbarkeit von Schutzgütern, die durch das Vorhaben betroffen werden, deren Lage in bestimmten Schutzgebietstypen nach dem BNatSchG oder WHG zu berücksichtigen ist. Inwieweit sich dabei bei der Prüfung der in Anlage 3 zum UVPG genannten Kriterien der Erheblichkeitsbegriff der UVP-Vorprüfung dem materiellen Erheblichkeitsbegriff der Zulassungsentscheidung annähert, hängt vom Einzelfall und vom jeweils bereits in die Vorprüfung einzubeziehenden einschlägigen (Fach-)Recht ab.
32
Auf Basis dieser Prämissen zeigen sich vorliegend keine Fehler der durchgeführten UVP-Vorprüfung. Die zu diesem Zweck erstellte Unterlage der IfU-GmbH vom 7. Dezember 2017 orientiert sich eng an der Anlage 3 und erörtert den Standort des Vorhabens und die Art und Merkmale der möglichen Auswirkungen spezifisch anhand Nr. 2 und 3 der Anlage 3 zum UVPG (vgl. S. 5 ff. der Unterlage). Auf S. 5 f. wird etwa zunächst zu Nr. 2.1 der Anlage 3 zum UVPG u.a. die Landschaft um das Vorhaben beschrieben (ackergeprägte offene Kulturlandschaft). Zur Nr. 2.2 der Anlage 3 zum UVPG wird ausgeführt (S. 7 f.), dass das Vorhaben die planungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen müsse. Der Standort einer bereits bestehenden Tierhaltungsanlage werde, etwa aufgrund der bestehenden infrastrukturellen Erschließung, den sich ergebenden Funktionsbeziehungen, auch unter dem Gesichtspunkt eines regionalen Nährstoffkreislaufs ohne große Transportentfernungen, als sinnvoll für eine Erweiterung erachtet. Anschließend werden ab S. 8 der Unterlage die Nrn. 2.3.1 ff. der Anlage 3 zum UVPG einzelfall-, d.h. auf die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten bezogen, erörtert.
33
Inwieweit darüber hinaus vorliegend - letztendlich weitgehend losgelöst vom konkreten Katalog der Nr. 2 und 3 der Anlage 3 zum UVPG - eine detaillierte Erörterung speziell des baurechtlichen Gebietstyps schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung notwendig gewesen sein soll, erschließt sich auf Basis des klägerischen Vortrags nicht. Unabhängig davon liegt, wie auch das Verwaltungsgericht ausführt (UA S. 27 ff., Rn. 39), das klägerische Wohnanwesen ohnehin (offensichtlich) im Außenbereich (§ 35 BauGB).
34
Soweit die Klägerin - ohnehin im Wesentlichen nur wiederholend - darauf hinweist, dass ein u.a. ihr Grundstück umfassender Bereich in der 1930er-Jahren als sog. „Landsiedung/Landarbeitersiedlung M* …“ geplant und 1939 dort Wohnnutzung genehmigt worden sei, weshalb ein „Siedlungsgebiet“ i.S.v. § 30 BauGB vorliege, hat das Verwaltungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass eine bloße Planungsabsicht nicht mit einer tatsächlich realisierten Planung und daraus folgenden Rechtswirkungen gleichzusetzen ist. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, etwa die notarielle Urkunde vom … … …, in welcher von einem gemeindlichen Grundstückserwerb „im Jahr 1937 zu Siedlungszwecken“ die Rede ist, mögen daher allenfalls ein Indiz für eine solche Planungsabsicht sein, zeitigen darüber hinaus aber keine Rechtswirkungen. Ein rechtsverbindlicher, etwa auf Basis der ab 1936 geltenden Bauregelungsverordnung erlassener (also entgegen der Behauptung der Klägerin nach damaligem Recht schon zulässiger/möglicher) und nach § 173 BBauG 1960 übergeleiteter Baustufenplan (vgl. zu einer solchen Konstellation etwa BVerwG, U.v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - juris Rn. 22 ff.) liegt nicht vor, so dass (auch) § 30 Abs. 1 BauGB ausscheidet.
35
Dass das Grundstück der Klägerin aufgrund der tatsächlich vorhandenen Bebauung (Einzelhaus zusammen mit Wohnanwesen … … außerhalb jeglichen Bebauungszusammenhangs, umgehen von offenen, landwirtschaftlich genutzten Flächen und einzelnen, verstreut liegenden landwirtschaftlichen Hofstellen oder Wohngebäuden; vgl. UA S. 27, Rn. 39), nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), bestreitet die Klägerin nicht substantiiert. Stattdessen verweist sie auch insoweit nur pauschal und knapp auf die erwähnte (bloße) Absicht der Errichtung einer „Landarbeitersiedlung“. Für die Beurteilung des Tatbestandsmerkmals eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils kommt es aber nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten, unabhängig von ihrer Entstehung und von ihrer seinerzeitigen Zweckbestimmung, an (vgl. dazu Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand August 2021, § 34 Rn. 14 m.w.N.), so dass § 34 BauGB - insgesamt - keine Anwendung findet.
36
1.1.1.2.3 Sonstige Zweifel an Durchführung, Dokumentation und Ergebnis der UVP-Vorprüfung wurden von der Klägerin nicht konkret vorgetragen. Soweit sich der Vortrag der Klägerin auch auf einen Verfahrensfehler außerhalb der Anwendung des UVPG, etwa i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG, beziehen soll, fehlt es hierzu bereits an ausreichend konkreten und substantiierten Ausführungen, nicht zuletzt zu den Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG selbst.
37
1.1.2 An der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Änderungsgenehmigung vom 18. Juni 2018 verletze die Klägerin auch materiell-rechtlich nicht in sie schützenden, sprich drittschützenden subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), bestehen auf Basis des klägerischen Vortrags ebenfalls keine Zweifel.
38
Soweit die Klägerin pauschal ausführt, dass die Ablehnung einer Prüfung von Hähnchenmast und Biogasanlage als gemeinsame Anlage nicht nur eine reine Verfahrensfrage sei, sondern auch konkrete materiell-rechtliche Auswirkungen auf drittschützende Rechte habe, genügt sie auch insoweit nicht ihrer Darlegungslast aus §§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Weder setzt sie sich substantiiert mit den betreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander (UA S. 14 f., Rn. 26 und S. 17 f., Rn. 28 f.; vgl. 1.1.1.1) noch ist der Einwand vor dem Hintergrund, dass die Biogasanlage grundsätzlich als Vorbelastung (also auch materiellrechtlich) in die jeweilige Immissionsbewertung einbezogen wurde, (in dieser Pauschalität) nachvollziehbar.
39
1.1.2.1 Die Klägerin hat keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts dargelegt, dass der Änderungsgenehmigungsbescheid vom 18. Juni 2018 sie in materieller Hinsicht nicht in ihren Nachbarrechten verletzt (vgl. UA S. 19, Rn. 29 ff.). Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, dass die genehmigte (geänderte) Anlage entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts beim klägerischen Wohnanwesen schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorruft (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013).
40
Die Ausführungen der Klägerin sind nicht geeignet, das im Urteil formulierte Ergebnis des Verwaltungsgerichts, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen für ihr Grundstück zu befürchten sind, ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
41
Zu den schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG zählen auch Geruchsbelästigungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. etwa BVerwG, B.v. 4.12.2018 - 4 B 3.18 - juris Rn. 6; U.v. 21.12.2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 - juris Rn. 22). Ist bzw. war die Schwelle der Erheblichkeit wie hier nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (vgl. die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch gültige und daher vorliegend maßgebliche Nr. 1 Abs. 3 TA Luft vom 24. Juli 2022 - TA Luft 2002) bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist bzw. war auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen durfte im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (hier in der Fassung vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008; im Folgenden: GIRL 2008; vgl. nun TA Luft 2021 Nr. 4.3.2 Abs. 2) als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden (BVerwG, B.v. 4.12.2018 - 4 B 3.18 - a.a.O.; U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 - juris Rn. 12), unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt war (BVerwG, U.v. 21.12.2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 - juris Rn. 22). Die GIRL 2008 stellte keine Rechtsquelle dar. Sie war ein technisches Regelwerk, dessen Werte auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Experten beruhen und das insoweit die Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens hatte (vgl. BVerwG, B.v. 5.8.2015 - 4 BN 28.15 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL 2008 gewährleistete eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 23.2.2021 - 15 CS 21.403 - juris Rn. 87; B.v. 26.11.2020 - 9 N 17.2367 - juris Rn. 34). Maßgeblich blieb dennoch stets die umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BVerwG, B.v. 4.12.2018 - 4 B 3.18 - juris Rn. 6; U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 9).
42
Die gegen das Urteil betreffend Geruchimmissionen vorgebrachten Einwände der Klägerin greifen im Ergebnis nicht durch.
43
1.1.2.1.1 Soweit die Klägerin - wie bereits erstinstanzlich - vorträgt, dass nicht alle Putenmistlagerstätten als Geruchsemissionsquellen in der gutachterlichen Bewertung der IfU-GmbH vom 23. August 2017 als Vorbelastung berücksichtigt worden seien, genügt sie nicht ihrer Darlegungslast. Die bloße Behauptung bzw. pauschale Mutmaßung der Klägerin, es sei „davon auszugehen, dass mehrere Mistlagerplätze [bestünden]“, weil der Beigeladene für seine eigenen Ställe Lagerkapazität benötige, setzt sich weder konkret mit den diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichts (UA S. 20, Rn. 33) auseinander noch wird damit ausreichend präzise vorgetragen, welche Mistlagerstätten angeblich nicht berücksichtigt seien (vgl. auch ergänzend zu den - nicht zu strengen - diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast BayVGH, B.v. 9.5. 2016 - 22 ZB 15.2322 - juris Rn. 37). Die Putenmistlagerstätte im Fahrsilo der Biogasanlage wurde jedenfalls - wie das Verwaltungsgericht zutreffend feststellt hat und auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - im Gutachten als Vorbelastung berücksichtigt. Im Antrag auf Änderungsgenehmigung sind keine baulichen Maßnahmen o.ä. für weitere, über das (ohnehin der Biogasanlage zugerechnete) Fahrsilo hinausgehende Lagerstätten vorgesehen. Soweit der Beigeladene seine Biogasanlage abweichend von deren Genehmigung betreiben sollte - wofür vorliegend nichts ersichtlich ist -, beträfe dies allenfalls den Vollzug der Genehmigung für die Biogasanlage, nicht aber die streitgegenständliche Genehmigung bzw. die der letzteren zugrundeliegenden Gutachten.
44
Gleiches gilt in diesem Zusammenhang für die Einwände der Klägerin, eine Folienabdeckung des Mistlagers im Fahrsilo genüge angesichts der Befüll-/Entnahmevorgänge nicht. Die Folienabdeckung ist laut Nebenbestimmung Nr. II.5.1.25 der Biogasanlagengenehmigung vorgeschrieben; erhöhte Emissionen für Entnahme und Befüllvorgänge sind im Gutachten der IfU vom 23. August 2017 zudem berücksichtigt (vgl. dessen S. 30 f., auch Tabelle 11 Zeile 1 bis 4, 6, 7). Substantiierte Einwände dagegen hat die Klägerin weder erstinstanzlich noch im Rahmen der Zulassungsbegründung vorgetragen.
45
1.1.2.1.2 Soweit die Klägerin vorträgt, dass eine rund 1.150 m von ihrem Anwesen entfernte, weitere Putenmastanlage (U* …, FlNr. …*) als Vorbelastung zu berücksichtigten gewesen wäre und das Verwaltungsgericht insoweit die Regelungszwecke von Nr. 4.6.2.5 TA Luft 2002 und Nr. 4.4.2 GIRL 2008 verkannt habe, legt sie damit auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils dar.
46
Das Verwaltungsgericht hat ausweislich des diesbezüglichen Wortlauts im Urteil (vgl. UA S. 21 f., Rn. 34) hinsichtlich Nr. 4.4.2 GIRL 2008 zutreffend auf einen Mindestradius von 600 m abgestellt, so dass der Vorwurf der Klägerin, das Erstgericht habe einen „Maximalradius“ angenommen, ins Leere geht. Dass die bezogen auf diesen Radius fast doppelt so weit entfernte Putenmastanlage dennoch als Vorbelastung zu berücksichtigen bzw. das Gutachten der IfU vom 23. August 2017 fehlerhaft sein soll (vgl. dort S. 57), legt die Klägerin (so auch das Ergebnis des Verwaltungsgerichts) nicht ausreichend dar. Auf Nr. 4.6.2.5 TA Luft 2002 kommt es insoweit nicht maßgeblich an, weil sich, soweit nach Nr. 1 und 4.5 GIRL 2008 die Ermittlung der zu erwartenden Zusatzbelastung durch Geruchsausbreitungsrechnung u.a. auf der Basis des Anhangs 3 der TA Luft zu erfolgen hat, dort keine Verweisung auf Nr. 4.6.2.5 TA Luft 2002 befand. Nr. 4.6.2.5 TA Luft 2002 bezog sich deswegen nicht auf Gerüche, sondern nur auf die Festlegung des Beurteilungsgebiets im Rahmen der Ermittlung der Vorbelastung durch bestimmte luftverunreinigende Stoffe, (vgl. zur hier maßgeblichen TA Luft 2002 bereits BayVGH, B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris Rn. 31; für die TA Luft 2021 nun ausdrücklich Nr. 4.6.2.5 Abs. 2 TA Luft 2021).
47
Auch die Rüge, dass neben der Putenmastanlage weitere drei Rinderhaltungen bei der Bewertung der Geruchsbelastung nicht berücksichtigt worden seien, setzt sich weder ausreichend mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander noch erläutert sie, warum das Urteil im Ergebnis unrichtig sein sollte. Das Verwaltungsgericht hat auch insoweit auf die Feststellung im Gutachten vom 23. August 2017, dass eine den Immissionswert überschreitende zusätzliche Vorbelastung durch die Stallhöfe im Umkreis der Anlage angesichts deren Abständen und geringem Emissionspotential ausgeschlossen sei, und zudem auf die ergänzende Untersuchung vom 7. Dezember 2017 hingewiesen (vgl. UA S. 22, Rn. 35). Zudem hat es sich die Stellungnahme des Landratsamts vom 26. März 2018 (Fachbereich Immissionsschutz und Abfallrecht) zu eigen gemacht. In dieser heißt es u.a., es sei, auch im Hinblick auf die Haltungsart Rinder, die Abstände der in Rede stehenden Rinderhaltungen zum Wohnhaus der Klägerin (ca. 450 m, 734 m und 840 m) sowie die ermittelten (Gesamt-)Geruchsimmissionen von 8% am Wohnhaus der Klägerin, fachlich fehlerfrei, dass die diesbezügliche Vorbelastung durch den Gutachter nicht ermittelt worden sei. Es sei ganz offenkundig auszuschließen, dass ein über das Irrelevanzkriterium der GIRL 2008 hinausgehender Geruchsbeitrag durch die Rinderhaltungsbetriebe erfolge.
48
Mit diesen Ausführungen setzt sich die Zulassungsbegründung nicht dezidiert auseinander; insbesondere legt die Klägerin nicht konkret dar, inwieweit der für sie relevante, deutlich unterschrittene Immissionswert in Höhe von 25% der Jahresgeruchsstunden durch die von ihr geforderte Berücksichtigung (gemeint wohl als Vorbelastung) der Rinderhaltungen trotz deren Abstände und deren geringem Emissionspotential überschritten werden sollte (vgl. dazu auch die Abb. 18 und 19 im Gutachten vom 23.8.2017, S. 46 f., sowie Abb. 1 in der Ergänzung vom 7.12.2017). Das Gutachten bzw. die Ergänzung vom 7. Dezember 2017 verweisen der Sache nach wohl auf Nr. 4.4.1 Abs. 6 GIRL 2008 (angesetzter Immissionswert von 25% werde selbst an den Immissionsorten mit der maximalen Beaufschlagung nur zur Hälfte ausgeschöpft), die ihrem Wortlaut nach (vgl. Nr. 4.4 Satz 2 GIRL) zunächst nur für Rasterbegehungen gilt. Ob Nr. 4.4.1 GIRL 2008 generell/differenzierungslos auch bei Ausbreitungsberechnungen (wie der vorliegenden) zum dann möglichen Verzicht auf die Erfassung von Vorbelastungen herangezogen werden kann, kann offenbleiben (vgl. dagegensprechend möglicherweise Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 3 GIRL 2008 inkl. dortiger Tabelle 2 sowie Nr. 4.4 Satz 2 GIRL 2008; kritisch dazu auch u.V.a. die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 GIRL 2008, wenn auch zunächst bzgl. des Beurteilungsgebiets: OVG NW, B.v. 30.1. 2013 - 8 B 1130/12 - juris Rn. 16 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.8.2018 - 15 ZB 17.1890 - juris Rn. 13 m.V.a. BVerwG, U.v. 19.4.2012 - 4 CN 3.11 - juris Rn. 16: Verzicht auf Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung nur im Rahmen des Irrelevanzkriteriums nach Nr. 3.3/4.4.1 Abs. 7 Satz 2 GIRL 2008, d.h. erst dann, wenn sich die prognostizierte Zusatzbelastung nach allgemeiner fachlicher Einschätzung als geringfügig erweist). Denn jedenfalls vorliegend sprechen - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis richtig ausführt - der deutlich unterschrittene Immissionswert (nur 8% bei „erlaubten“ 25%) und die Untersuchung vom 7. Dezember 2017, welche ergänzend die größte der drei als Vorbelastung in Frage kommenden Hofstellen (rund 20 Milchkühe inkl. Nachzucht und 100 Mastbullen; demgegenüber nur 40 bzw. 20 Milchkühe inkl. Nachzucht bei den beiden anderen) in die Ausbreitungsbereitung einbezogen hat und so eine valide Abschätzung der in etwa zu erwartenden Vorbelastung aller drei Hofstellen ermöglicht, dafür, dass alle drei Hofstellen keine nennenswert ins Gewicht fallende Vorbelastung darstellen/einen vernachlässigbaren Immissionsbeitrag verursachen.
49
1.1.2.1.3 Mit den Ausführungen in Bezug auf Ausstallung und Entmistung und die damit einhergehende Öffnung der Hallentore legt die Klägerin ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dar. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht und unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt (UA S. 23, Rn. 35 m.V.a. BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 27), dass das Gutachten vom 23. August 2017 insoweit auf die VDI-RL 3894 Blatt 1 abstellen und betriebsübliche Abläufe zugrunde legen konnte; damit setzt sich die Klägerin nicht substantiiert auseinander. Die geäußerte Ansicht der Klägerin, die erteilte Genehmigung ermögliche es, die Hallentore als „worst case“ quasi unbeschränkt und dauerhaft geöffnet zu lassen, trifft davon abgesehen insoweit ohnehin nicht zu. Selbst wenn die Genehmigung wie vorliegend keine spezifische Nebenbestimmung etwa zur zulässigen Öffnungsdauer der Hallentore enthält, liegt dem Genehmigungsantrag und der Genehmigung u.a. das Gutachten der IfU-GmbH vom 23. August 2017 zugrunde, das - als Teil der Genehmigungsunterlagen - wiederum u.a. auf übliche Betriebsabläufe und VDI-RL 3894 abstellt. Sollte der Beigeladene von dem damit (auf betriebsübliche Abläufe beschränkt) genehmigten Umfang erheblich abweichen - wofür nichts ersichtlich ist -, wäre es daher eine Frage des Vollzugs, ihn zur Einhaltung seiner Pflichten u.a. aus § 5 BImSchG wie auch der Genehmigung selbst anzuhalten.
50
1.1.2.1.4 Dass es, wie im IfU-Gutachten vom 23. August 2017 unter Bezugnahme auf die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL 2008 erfolgt, zulässig ist, für eine Wohnnutzung im Außenbereich einen Immissionswert in Höhe von 25% der Jahresgeruchsstunden anzunehmen (vgl. dazu bzw. noch weitergehend BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 11 f.), bestreitet selbst die Klägerin nicht substantiiert. Ihre im Rahmen der Ausführungen zum Rücksichtnahmegebot bzw. zur behaupteten fehlenden Privilegierung des Vorhabens des Beigeladenen getätigte, pauschale Äußerung, dass für ein „unzulässiges sonstiges gewerbliches Vorhaben eher 15 bis 20% der Jahresgeruchsstunden anzusetzen seien “, genügt insoweit - will man den Vortrag auch in diesem Kontext verstehen - jedenfalls nicht.
51
1.1.2.2 Mit ihrem bloßen Hinweis, dass eine Betrachtung der Biogasanlage und der streitgegenständlichen Erweiterung der Hähnchenmastanlage als „einheitliche“ Anlage möglicherweise auch zu anderen Ergebnissen bei der Beurteilung der Lärmimmissionen geführt hätte, vermag die Klägerin mangels konkreter weiterer Darlegungen keine ernstlichen Zweifel an Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Lärmimmissionen (vgl. UA S. 32 ff, Rn. 42 ff.) zu begründen.
52
1.1.2.3 Ebenso wenig sind von der Klägerin ernstliche Zweifel am Urteil des Verwaltungsgerichts dargelegt, soweit dieses feststellt, dass auch keine Verletzung baurechtlicher drittschützender Rechte (als andere öffentlich-rechtliche Vorschriften i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) gegeben ist (vgl. UA S. 44 ff., Rn. 54 f.). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Außenbereich keinen dem Planbereich (§ 30 BauGB) oder dem Planersatzbereich nach § 34 Abs. 2 BauGB vergleichbaren Gebietserhaltungsanspruch, also keinen Anspruch auf Erhaltung der Außenbereichsqualität, gibt (vgl. dazu bereits BVerwG, B.v. 28.7.1999 - 4 B 38/99 - juris Rn. 6); die Regelungen über die Privilegierung eines Vorhabens sind nicht dritt- bzw. nachbarschützend. Selbst der Inhaber eines gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Betriebs hätte daher keinen Anspruch gegen ein im Außenbereich objektiv rechtswidriges, da nicht-privilegiertes (und nicht gemäß § 35 Abs. 2 BauGB) zulässiges Vorhaben. Umso mehr gilt dies für die Klägerin, deren Wohnnutzung allenfalls bestandsgeschützt, aber nicht privilegiert ist. Daher braucht auch insoweit nicht geklärt zu werden, ob der Betrieb des Beigeladenen in seiner geänderten Form die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 BauGB erfüllt (so auch BayVGH, B.v. 4.7.2006 - 14 CS 05.3124 - juris Rn. 22). Ebenso hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme hinsichtlich seiner in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltenen Ausprägung - sprich soweit es um schädliche Umwelteinwirkungen geht - nicht weiter reichen kann als die (vorliegend gewahrte) Pflicht zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, und dass auch im Übrigen keine Verletzung des Rücksichtnahmegebot als ungeschriebener Belang des § 35 Abs. 3 BauGB gegeben ist. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten; insbesondere legt sie nicht konkret dar, inwieweit das Vorhaben des Beigeladenen - sei es als privilegiertes, sei es als sonstiges Vorhaben - gegenüber der Klägerin rücksichtlos sein soll, obwohl von ihm keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Selbst die laut Klägerin für ein „unzulässiges sonstiges gewerbliches Vorhaben eher anzusetzenden 15 bis 20% Jahresgeruchsstunden“ wären am klägerischen Wohnanwesen deutlich eingehalten.
53
1.1.2.4 Zweifel an den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts, etwa zu Bioaerosolen oder zur Brandwand, bringt die Klägerin nicht vor, so dass darauf nicht weiter einzugehen ist.
54
1.2 Der Vortrag der Klägerin, das Gericht habe ihren Beweisantrag zu Unrecht abgewiesen, weshalb ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem das Ersturteil beruhen könne (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.
55
Die Klägerin beantragte im Laufe der mündlichen Verhandlung:
56
„Zum Beweis der Tatsache, dass täglich ca. fünf Stunden unangenehmer Gestank aus der Tierhaltung des Beigeladenen bei den Klägerinnen auftritt und zwar zwei Stunden in der Früh, etwa zwischen 5 und 8 Uhr, und am Abend, etwa drei Stunden ab 18 Uhr und dass in diesen Zeiten aufgrund des örtlichen Mikroklimas regelmäßig Windstille bestehe, wird die Einvernahme der Klägerinnen als Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt“ (Anm.: Das Verwaltungsgericht verhandelte das vorliegende Verfahren zusammen mit einer weiteren, von der Eigentümerin des Nachbarsanwesens der Klägerin (* … **) erhobenen Klage).
57
Das Verwaltungsgericht lehnte den Beweisantrag per Beschluss ab und führte insoweit im Wesentlichen aus, dass die Klägerin zum angebotenen Sachverständigengutachten keine hinreichend substantiierten Anhaltspunkte vorgetragen habe, welche die fachliche Richtigkeit der im Verwaltungsverfahren eingeholten gutachterlichen Bewertungen in Frage stellen könnten. Hinsichtlich des Zeugenbeweismittels sei das Beweisangebot nicht entscheidungserheblich, weil die Frage eines unangenehmen Geruchs nichts dazu aussage, dass die maßgeblichen Immissionswerte überschritten sein könnten; im Übrigen sei das Beweismittel untauglich, weil es sich um notwendig subjektiv geprägte Einschätzungen der Klägerinnen handeln würde, die nicht über die erforderliche Fachkunde verfügten, um eine Bewertung nach der GIRL (2008) treffen zu können.
58
Die Ablehnung eines formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisantrags i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO verletzt nur dann die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG und die Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 64; zu Art. 103 Abs. 1 GG vgl. etwa BVerfG, B.v. 19.12.2016 - 2 BvR 1997/15 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 31.7.2019 - 11 ZB 19.32690 - juris Rn. 15; zu § 86 Abs. 1 VwGO vgl. z.B. BVerwG, B.v. 10.10.2017 - 7 B 4/17 - juris Rn. 12).
59
Das Verwaltungsgericht hat den auf mehrere Beweismittel gerichteten Beweisantrag aber zurecht abgelehnt.
60
Soweit Beweis durch eine Zeugen- (bezogen auf die Nachbarin der Klägerin, die im vorliegenden Verfahren keine Beteiligte ist) oder (bezogen auf die Klägerin) eine Beteiligtenvernehmung (vgl. jeweils § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO) beantragt wurde, handelt es sich im Ergebnis um untaugliche Beweismittel. Denn es erscheint ausgeschlossen, dass die notwendigerweise subjektiv geprägten Wahrnehmungen der Klägerin und ihrer Nachbarin im konkreten Fall etwas Sachdienliches dahingehend erbringen können, inwieweit die Immissionswerte der GIRL 2008 eingehalten werden. Zwar greift auch die GIRL 2008 auf olfaktometrische Verfahren (und nicht nur Ausbreitungsberechnungen) zurück. Dafür formuliert sie aber sowohl an die Prüferinnen und Prüfer wie auch die Methodik strenge Voraussetzungen (vgl. etwa Nr. 4.4.7 i.V.m. Anhang C). Nur auf dieser Grundlage lassen sich - wiederum anhand der Vorgaben der GIRL 2008 - qualifizierte Aussagen zu den Geruchsimmissionswerten treffen (so im Ergebnis auch NdsOVG, B.v. 27.2.2012 - 12 LA 75/11 - juris Rn. 17). Dass am Anwesen der Klägerin (generell) Geruchsbelästigungen infolge der Anlage des Beigeladenen an sich entstehen können (nämlich 8% bis 11% der Jahresgeruchsstunden), stellt auch das Gutachten der IfO-GmbH vom 23. August 2017 nicht in Abrede; insoweit bedurfte es keines weiteren Beweises.
61
Auch die Ablehnung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war rechtmäßig. Liegen bereits Gutachten zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt. Das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (u.a.) auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat, aber auch, entsprechend § 412 Abs. 1 ZPO, auf Gutachten, die einem behördlich veranlassten Gutachten gleichzustellen sind, stützen. Anwendungsfälle für ein solches Vorgehen sind insbesondere komplexe Verfahren mit umweltrechtlichem Einschlag, bei denen bereits normativ durch die Anordnung des Einreichens detaillierter und prüffähiger Unterlagen schon bei Antragstellung der Grundstein für eine Kooperation zwischen Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde gelegt ist, um einen zügigen Ablauf des Zulassungsverfahrens zu sichern. Solch ein Fall ist - wie vorliegend - das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren (vgl. dazu grundsätzlich und weiterführend BVerwG, B.v. 28. Juli 2022 - 7 B 15/21 - juris Rn. 25 m.w.N.). Ein Verfahrensmangel liegt in dieser Situation nur dann vor, wenn sich dem Tatsachengericht die Einholung eines weiteren Gutachtens hätte aufdrängen müssen, weil das/die vorliegenden Gutachten objektiv ungeeignet ist/sind, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird. Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (BVerwG, B.v. 28. Juli 2022 - 7 B 15/21 - juris Rn. 26) Die Klägerin hat aber solch erkennbare Mängel, welche dazu führten mussten, dass sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines weiteren Gutachtens aufdrängen hätte müssen, nicht konkret dargelegt.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren aus Billigkeitsgründen der Klägerin als unterlegener Partei aufzuerlegen, weil der Beigeladene Anträge gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (wie Vorinstanz).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).