Inhalt

VGH München, Urteil v. 20.07.2022 – 4 B 20.3009
Titel:

Kostenersatz für Feuerwehreinsatz zur Beseitigung einer Ölverunreinigung auf dem Main

Normenketten:
BayFwG Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
KrWG § 2 Abs. 2 Nr. 9, § 3
WHG § 4 Abs. 1, Abs. 2, § 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, § 40 Abs. 1 S. 1
WaStrG § 5, § 7 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1, Art. 89 Abs. 1
BGB § 947 Abs. 2, § 948 Abs. 1, Abs. 2
BayWG Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 22 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. An einer sicherheitsrechtlich einer bestimmten Person als Zustandsstörer zurechenbaren Sachherrschaft fehlt es, wenn sich die störende Sache auf einem der Allgemeinheit frei zugänglichen Grundstück befindet. (Rn. 47)
2. Zu dem nach Art. 89 Abs. 1 GG auf den Bund übergegangenen Eigentum an den vormaligen Reichswasserstraßen gehört abweichend von § 4 Abs. 2 WHG auch die sog. fließende Welle. (Rn. 51)
3. Die Pflicht zur Gewässerunterhaltung nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 WHG umfasst auch die zur Beseitigung von Ölverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen. (Rn. 56 – 58)
Schlagworte:
Kostenersatz für Feuerwehreinsatz im technischen Hilfsdienst, Beseitigung einer Öllache auf dem Main, (Teil-)Verdrängung des Sicherheitsrechts durch das Abfallrecht, Zustandsverantwortlichkeit des Bundes für Bundeswasserstraßen, Innehaben der tatsächlichen Gewalt über eine Öllache, Eigentum an der „fließenden Welle“ in Bundeswasserstraßen, Reichweite der wasserwirtschaftlichen Unterhaltungslast, Zustandsverantwortlicher, Bundeswasserstraße, Gewässerunterhaltung
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 06.02.2020 – W 5 K 18.1388
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
BayVBl 2022, 776
DVBl 2022, 1451
BeckRS 2022, 27363
NVwZ 2022, 1832
DÖV 2023, 90
RdTW 2023, 243
LSK 2022, 27363

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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1. Die Klägerin (Bundesrepublik Deutschland) wendet sich gegen die Heranziehung zum Kostenersatz für den Einsatz einer Gemeindefeuerwehr aufgrund einer Mineralölverunreinigung auf dem Main.
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Am 23. Mai 2015 wurde die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten wegen einer Gewässerverunreinigung im Bereich der Schleuse Ottendorf alarmiert. An dem mehrstündigen Einsatz, bei dem insbesondere der Vorkanal der Schleuse mit einer Ölsperre gesichert und das Mineralöl abgeschöpft wurde, waren 23 Feuerwehrkräfte mit vier Fahrzeugen und einem Boot beteiligt. Ein Verursacher der Gewässerverunreinigung konnte in der Folgezeit nicht ermittelt werden. In einem Untersuchungsbefund des Bayerischen Landesamts für Umwelt wurde festgestellt, die Probe aus der Mainschleuse zeige - anders als eine Probe aus einem in der Nähe des Einsatzorts angetroffenen Schiff - nur das typische Bild von Diesel.
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Mit einem an das Wasser- und Schifffahrtsamt Schweinfurt gerichteten Bescheid vom 29. Februar 2016 stellte die Beklagte fest, dass durch den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehr am 23. Mai 2015 Kosten in Höhe von 6.842,59 Euro entstanden seien (Nr. 1); Verwaltungsgebühren würden nicht erhoben (Nr. 2). In der Begründung wurde u. a. ausgeführt, die Tätigkeiten der Feuerwehr der Beklagten seien technischer Hilfsdienst im Rahmen eines Einsatzes, bei dem die Gefahr durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs entstanden sei. Nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG sei zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer die zum Einsatz der Feuerwehr führende Gefahr verursacht habe oder sonst zur deren Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Da hier ein Verursacher nicht habe ermittelt werden können, sei der für die Wasserstraße Main Unterhaltungspflichtige zur Gefahrenbeseitigung und zum Kostenersatz verpflichtet. Die Heranziehung entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da die Beklagte nach Art. 61 und Art. 62 GO grundsätzlich verpflichtet sei, Begünstigte von Feuerwehreinsätzen zur Kostenerstattung heranzuziehen. Die der Kostenforderung zugrunde gelegten Pauschalsätze seien durch eine Satzung festgelegt worden.
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2. Gegen den Bescheid legte die Klägerin, vertreten durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg, Widerspruch ein. Der Bescheid sei mangels Anhörung bereits formell rechtswidrig. Die Klägerin könne nicht in Anspruch genommen werden, da sie die Gefahr weder verursacht habe noch zu deren Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Eine Verpflichtung könne nicht aus der Eigentümerstellung oder aus der tatsächlichen Sachherrschaft folgen. Das Wasser eines Flusses sei nach § 4 Abs. 2 WHG nicht eigentumsfähig; mangels Sacheigenschaft sei daran auch keine Sachherrschaft möglich. Der Bescheid sei an den falschen Empfänger adressiert; unterhaltungspflichtig für Gewässer erster Ordnung sei nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG der Freistaat Bayern. Die Auswahl unter möglicherweise mehreren Kostenpflichtigen dürfe nicht von vornherein auf einen Adressaten beschränkt werden. Bei der endgültigen Kostentragungspflicht auf der Sekundärebene sei eine ex post-Betrachtung geboten. Der Entscheidungsausspruch des Bescheids sei zu unbestimmt, da er nur die entstandenen Kosten feststelle, sie aber nicht explizit der Klägerin auferlege. Die haushaltsrechtlichen Gebote der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit führten zu keiner Bindung, die eine Ermessensentscheidung entfallen ließe. Einzelfallbezogene Ermessenserwägungen enthalte der Bescheid nicht. Die Beklagte habe sachfremde Erwägungen angestellt, indem sie von „Öl“ anstelle von „Diesel“ ausgegangen sei und angenommen habe, dass die Gefahr durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs entstanden sei, was nicht habe ermittelt werden können; der Diesel könne auch von außerhalb in die Wasserstraße gelangt sein. Die geltend gemachten Personal- und Materialkosten seien nicht nachvollziehbar.
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Mit Bescheid vom 21. September 2018 wies das Landratsamt Schweinfurt den Widerspruch zurück. Kostenersatz könne für Einsätze im technischen Hilfsdienst im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG verlangt werden. Nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG sei zum Ersatz u. a. verpflichtet, wer zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet sei. Der Bund als Eigentümer und Zustandsstörer sei der zutreffende Adressat des Kostenersatzbescheids. § 4 Abs. 2 WHG ändere daran nichts. Nach der Gesetzesbegründung führe die Vorschrift nur dazu, dass in Ölschadensfällen neben dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt nicht zusätzlich der Eigentümer in Anspruch genommen werden könne. Der Bund werde über § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG in alle wasserrechtlichen Pflichten eingebunden, die den Gewässereigentümer beträfen. Ein Ermessensnichtgebrauch liege nicht vor. Das Interesse der Klägerin, von der Zahlung verschont zu bleiben, habe die Widerspruchsbehörde berücksichtigt; bei einer Abwägung überwiege das Interesse der Beklagten am Ersatz der entstandenen Aufwendungen. Diese könne es sich aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage nicht leisten, auf ihr zustehendes Geld zu verzichten. Die Höhe der Abrechnung entspreche dem Einsatzbericht und den Satzungsbestimmungen.
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3. Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Anfechtungsklage führte die Klägerin ergänzend aus, auch nach Erlass des Widerspruchsbescheids sei die Ermessensbegründung unzureichend. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG lägen nicht vor, da die chemische Untersuchung einer Schadensprobe ein typisches Bild von Diesel gezeigt habe, während für Wasserfahrzeuge eine Mischung aus Diesel und Öl typisch sei. Die Klägerin habe weder den Diesel auf dem Main verursacht noch sei sie sonst zur Beseitigung verpflichtet. Die Freihaltung der Gewässer von Verunreinigungen sei nicht Aufgabe des Bundes. Dessen schifffahrtspolizeiliche Aufgabe ende dort, wo es nicht mehr um Anforderungen an die Schiffe und deren Betrieb zur Verhütung von Gefahren für die Reinheit des Wassers gehe. Sei das Wasser verunreinigt, sei der Bund nicht mehr zuständig. Es fehle an einem Anknüpfungspunkt für die Auferlegung von Kosten, da die Klägerin nicht Eigentümerin des verunreinigten Wassers gewesen sei und auch keine tatsächliche Sachherrschaft ausgeübt habe. Die pauschale Berechnung der Kosten nach Einsatzstunden verstoße gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität und sei rechtswidrig, da eine Umrechnung auf kleinere Zeiteinheiten durch einfache Division und Multiplikation möglich gewesen wäre.
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Die Beklagte beantragte Klageabweisung und führte im Wesentlichen aus, die Klägerin sei nach Art. 89 Abs. 1 GG Eigentümerin der Bundeswasserstraße Main; in dieser Eigenschaft komme ihr eine Unterhaltungspflicht zu. Die dem Freistaat Bayern obliegende Unterhaltungslast an Gewässern erster Ordnung ändere daran nichts.
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Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 29. Februar 2016 erließ die Beklagte am 28. Juni 2019 „zur Klarstellung“ einen „weiteren Bescheid“, wonach ihr durch den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehr am 23. Mai 2015 Kosten in Höhe von 6.842,59 Euro entstanden seien (Nr. 1), zu deren Erstattung die Beklagte verpflichtet sei (Nr. 2). Mit dem klarstellenden Bescheid, der einen Leistungsausspruch im Tenor enthalte, werde der Ausgangsbescheid ergänzt. Gegen diesen weiteren Bescheid erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch, über den nicht mehr entschieden wurde.
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4. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Würzburg am 6. Februar 2020 erklärte der an dem Einsatz beteiligte Kreisbrandrat, der Ölfilm habe sich im Schleusenbereich über die gesamte Breite des Mains erstreckt; der Gewässergrund sei seiner Einschätzung nach nicht betroffen gewesen. Das Ufer sei insofern betroffen gewesen, als sich der Ölfilm im angrenzenden Bereich des Wassers bewegt habe.
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5. Mit Urteil vom 6. Februar 2020 wies das Verwaltungsgericht Würzburg die Klage ab.
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An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestünden keine Zweifel. Durch die Anhörung im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren sei der diesbezügliche Verfahrensfehler geheilt. Ein Begründungsmangel sei nicht ersichtlich; auf die Richtigkeit einzelner Bezeichnungen („Öl“ statt „Diesel“) oder der Begründung im Ganzen komme es insoweit nicht an.
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Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Eine Auslegung aus Empfängersicht ergebe, dass es sich um einen an die Klägerin gerichteten Leistungsbescheid im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG handle. Zwar sei der Ausgangsbescheid an das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Schweinfurt und der Widerspruchsbescheid an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Würzburg adressiert worden. Eine Auslegung ergebe aber, dass jeweils die Klägerin habe in Anspruch genommen werden sollen; im Widerspruchsbescheid sei ausdrücklich „der Bund“ als Adressat genannt. Bei dem am 28. Juni 2019 erlassenen „Bescheid“ handle es sich nur um eine sog. wiederholende Verfügung ohne eigenständigen Regelungsgehalt.
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Die Beklagte habe gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayFwG dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der bei dem Feuerwehreinsatz entstandenen Kosten. Es sei unerheblich, ob die Gefahr von einem Wasserfahrzeug im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG herrühre, da der Anspruch jedenfalls auf Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG wegen eines sonstigen Einsatzes im technischen Hilfsdienst gestützt werden könne. Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayFwG meine „technischer Hilfsdienst“ die ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen oder Notständen im öffentlichen Interesse. Das im Mainwasser vorgefundene Mineralöl habe einen erheblichen Schaden hinsichtlich der Wasserbeschaffenheit und der Wasserqualität sowie weitere Gefahren für das Gewässer und die darin befindliche Tier- und Pflanzenwelt verursacht. Die Maßnahmen seien aus ex ante-Sicht notwendig gewesen; es seien auch keine über das tatsächliche Einsatzgeschehen hinausgehenden Einsatzkosten veranschlagt worden.
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Die Heranziehung der Klägerin sei nicht zu beanstanden, da sie zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet gewesen sei. In der Rechtsprechung sei ihr aufgrund ihrer Eigentümerstellung auch nach Einführung des § 4 Abs. 2 WHG die Zustandsverantwortlichkeit für Ölverunreinigungen auf Bundeswasserstraßen wiederholt zuerkannt worden. Eine Zustandsverantwortlichkeit des Bundes bestehe aufgrund seiner Eigentümerstellung an der Bundeswasserstraße Main gemäß Art. 89 Abs. 1 GG, § 4 Abs. 1 WHG, die sich auf den Gewässergrund in seiner gesamten seitlichen Ausdehnung (Flussbett), die Ufer und sonstige Bestandteile erstrecke. Das fehlende Eigentum an der sog. fließenden Welle ändere daran nichts. Wenn sich im Wasser ein Schadstoff befinde, könne dadurch der Zustand des Gewässers beeinflusst werden. Als Gewässereigentümer sei der Bund öffentlich-rechtlich verpflichtet, die Bundeswasserstraßen in einem gefahrlosen Zustand zu erhalten; diese Pflicht könne er in der Regel nur erfüllen, wenn er der Verunreinigung des Wassers begegne. Nach den Einlassungen des Kreisbrandrats und den vorgelegten Lichtbildern stehe fest, dass sich die Mineralölverunreinigung über die gesamte Breite des Mains ausgedehnt habe und das Mineralöl bis an die Gewässerrandsteine in der Uferzone herangetrieben worden sei. Dadurch sei die Gewässerökologie in erheblichem Maße nachteilig beeinflusst worden. Die Verunreinigung mit Öl sei geeignet, die Wasserqualität zu vermindern, was sich erheblich auf den Zustand des Gewässerbetts und des Ufers auswirke. Mit der vollen Verfügungsgewalt des Bundes am Gewässer gingen Verfügungsbefugnisse in Bezug auf das fließende Wasser einher. Der Eigentümer des Flussbetts könne alle Betätigungen im Raum über dem Flussbett verbieten, soweit sie nicht als Gemeingebrauch geduldet werden müssten. Mit dieser Verfügungsgewalt korrespondiere eine öffentlich-rechtliche Ordnungspflicht. Selbst wenn man einen eigentumsrechtlichen Anknüpfungspunkt verneine, sei die Klägerin zumindest als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft zustandsverantwortlich. Mit der Einführung des § 4 Abs. 2 WHG habe der Gesetzgeber gerade keine Abkehr von der Zustandsverantwortlichkeit des Bundes herbeiführen wollen. Aus dem Umstand, dass die fließende Welle keine Sache im Sinne des § 90 BGB darstelle, folge nicht, dass der Bund nicht als Inhaber der tatsächlichen Gewalt am Mainwasser angesehen werden könne. Die Klägerin habe auf die maßgebliche Wasserfläche in Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse ungehindert zugreifen können. Sie verfüge aufgrund ihrer Verwaltungsbefugnisse über tatsächliche Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, um ihre Aufgaben am Gewässer zu erfüllen, namentlich um einen reibungslosen Schifffahrtsverkehr zu ermöglichen.
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Das Bundesrecht stehe nicht einer landesrechtlichen Zustandshaftung entgegen, die dem Bund nicht als hoheitliche Aufgabe, sondern als Eigentümer obliege. § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG stelle klar, dass der Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen den allgemeinen Grenzen und Einschränkungen des Eigentums wie jeder andere Gewässereigentümer unterliege. Es lasse sich nicht einwenden, dass hier die wesentlichen inneren Gründe der Zustandshaftung - die Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache und im Falle des Eigentums deren wirtschaftliche Nutzbarkeit - nicht zum Tragen kämen. Das Eigentum an Bundeswasserstraßen vermittle dem Bund - jenseits der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung - Verfügungsbefugnisse und damit eine wirtschaftliche Nutzbarkeit. Es bestehe kein Anlass, wegen der Überlagerung des Gewässereigentums durch die öffentlich-rechtliche Bewirtschaftung von Gewässern eine Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit anzunehmen. Das Eigentum an Gewässern sei in der Regel gerade deshalb Gebietskörperschaften übertragen worden, weil ihnen die Kosten für die Unterhaltung und für sonstige Lasten zuzumuten seien.
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Es könne offenbleiben, ob auch eine Inanspruchnahme des Freistaats Bayern in Betracht komme. Diesem obliege nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG die Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung unbeschadet der Aufgaben des Bundes als Eigentümer von Bundeswasserstraßen. Danach treffe den Bund neben der wasserstraßenrechtlichen auch die wasserrechtliche Unterhaltungspflicht. Es sei jedoch strittig, ob Maßnahmen zur Reinhaltung des Wassers und zur Reinigung des Gewässerbetts von der Unterhaltungspflicht umfasst seien.
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Von dem in Art. 28 Abs. 1 und 2 BayFwG eingeräumten Ermessen habe die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Bei der Ermessensausübung könne das haushaltsrechtliche Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit herangezogen werden. Ob es sich um Diesel oder Öl gehandelt habe und ob dieser Stoff vom Betrieb eines Wasserfahrzeugs gestammt habe, sei für die Entscheidung über die Geltendmachung des Kostenersatzes ohne entscheidende Bedeutung. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die ihr auferlegten Gefahrenbeseitigungskosten einer unverhältnismäßigen Kostentragungspflicht ausgesetzt wäre. Bei der Auswahl des Verantwortlichen seien ebenfalls keine Ermessensfehler erkennbar. Die Heranziehung der Klägerin sei unbedenklich, unabhängig davon, ob sie oder der Beigeladene unterhaltungspflichtig sei. Die Beklagte habe im gerichtlichen Verfahren hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die Klägerin auch jenseits ihrer (eventuellen) Unterhaltungspflicht als Zustandsverantwortliche habe in Anspruch nehmen wollen. Es fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Unterhaltungspflicht gegenüber der Zustandsstörerhaftung vorrangig sei. Die nach Art. 28 Abs. 3 BayFwG zum Kostenersatz Verpflichteten stünden grundsätzlich ohne Rangverhältnis als Gesamtschuldner nebeneinander. Die Ausübung des Auswahlermessens nach § 421 BGB sei nur durch das Willkürverbot und offensichtliche Unbilligkeit begrenzt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bedürfe es bei der Einforderung entstandener Kosten, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen. Die Behörde könne grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitserwägungen auswählen und es dem in Anspruch Genommenen überlassen, bei einem mithaftenden weiteren Gesamtschuldner nach § 426 BGB Ausgleich zu suchen.
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6. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung.
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Auch nach Erlass des Widerspruchsbescheids fehle es an einer fallbezogenen Begründung der Ermessensausübung. Die Bezugnahme auf Art. 61 und 62 GO mache gegenüber öffentlichen Körperschaften, die ebenfalls dem Haushaltsrecht unterlägen, keinen Sinn. Diesel könne wegen seiner geringeren Dichte als Wasser nicht bis zum Gewässerbett absinken und dieses verunreinigen; das Ufer des Mains sei zu keiner Zeit tatsächlich betroffen gewesen. Der Bescheid enthalte nicht den in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG geforderten Leistungsausspruch. Die Beklagte nehme zu Unrecht an, dass derjenige, der auf der Primärebene Störer sei, automatisch auf der Sekundärebene als Kostenadressat in Anspruch genommen werden könne; ein solcher Automatismus bestehe nicht.
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Falsch sei schon die Annahme, dass die Klägerin Störerin sei. Zwischen dem Eigentum am Grundstück bzw. am Gewässerbett und dem - wegen § 4 Abs. 2 WHG nicht bestehenden - Eigentum an der fließenden Welle müsse unterschieden werden. Die Klägerin habe Eigentum oder Sachherrschaft weder an der fließenden Welle noch an dem die Gefahr verursachenden Diesel. Niemand könne erklären, wie eine solche Sachherrschaft tatsächlich ausgeübt werde solle. Eine fließende Welle sei nicht beherrschbar und stelle keine Sache dar, so dass daran keine Sachherrschaft möglich sei. Der Klägerin sei es auch nicht möglich, das Einbringen von Unrat in eine Bundeswasserstraße zu verhindern. Sie dürfe als Eigentümerin der Wasserstraße nicht schlechter gestellt werden als ein Waldbesitzer, der den von Dritten hinterlassenen Unrat nicht beseitigen müsse. Für die Abwehr von Stoffen im Main sei allein der Freistaat Bayern als Wasserbehörde zuständig. Das Bundesverfassungsgericht habe schon 1962 entschieden, dass der Bund keine Kompetenz zur Wasserreinhaltung habe und sich seine Kompetenzen als Eigentümer auf die Wasserstraßen als Verkehrswege bezögen. Von der Beschaffenheit der Wasserstraße sei keine wie immer geartete Gefährdung bzw. latente Gefahr ausgegangen.
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Aus der Eigenschaft des Mains als Gewässer erster Ordnung folge, dass hier zwei unterschiedliche Körperschaften bzw. Verwaltungen (Wasserwirtschaftsverwaltung des Freistaats und Wasserstraßenverwaltung des Bundes) jeweils vollwertige und ineinandergreifende Zuständigkeiten an demselben Medium Fluss hätten. Die Klägerin besitze danach nicht die volle Verfügungsgewalt über das Gewässer und dürfe somit nicht allein in Anspruch genommen werden. Es sei zu unterscheiden zwischen dem Gewässerbett und der fließenden Welle im Gewässerbett. Wenn ein gesunkenes Fahrzeug in der Fahrrinne auf dem Gewässerbett zu liegen komme und die Sicherheit oder Leichtigkeit des Schiffsverkehrs beeinträchtige, sei dies anders zu beurteilen als wenn sich liquider Diesel in einer fließenden Welle befinde, der primär Auswirkungen auf die Wasserqualität habe. Diesel auf dem Wasser sei eine Frage der Reinhaltung des Gewässers und unterfalle nicht dem § 39 WHG. Von der Beschaffenheit der Wasserstraße gehe keine Gefahr aus. Für die Reinheit des Wassers sei die Klägerin nicht verantwortlich. Die Annahme einer Zustandsverantwortlichkeit greife unzulässigerweise in den Hoheitsbereich des Bundes ein.
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Die Klägerin beantragt,
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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
26
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei mit der Annahme einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Bundes kein Eingriff in das grundgesetzliche Kompetenzgefüge verbunden. Die Klägerin sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt (BinSchAufgG) verpflichtet, von der Schifffahrt ausgehende Gefahren zu verhüten; sie sei schon deshalb als Zustandsstörerin ordnungsrechtlich verantwortlich. Zudem sei sie Eigentümerin und Inhaberin der tatsächlichen Gewalt an den von den Verunreinigungen betroffenen Wasserflächen jedenfalls hinsichtlich des Gewässerbetts und auch Inhaberin der tatsächlichen Gewalt hinsichtlich der „fließenden Welle“.
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Der im Berufungsverfahren beigeladene Freistaat Bayern trägt vor, der Klägerin obliege neben der wasserstraßenrechtlichen auch - wie jedem anderen Gewässereigentümer - die allgemeine wasserrechtliche Unterhaltung der Bundeswasserstraßen gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG, Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG. Die Reichweite dieser Unterhaltungslast bestimme sich einheitlich nach § 39 WHG. Nach dem Untersuchungsbericht des Bayerischen Landesamts für Umwelt stehe nicht fest, dass der vorgefundene Diesel nicht vom Betrieb eines Wasserfahrzeugs herrühre; es sei lediglich festgestellt worden, dass die Probe nicht identisch sei mit einer Probe aus einem bestimmten Gütermotorschiff.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Februar 2020 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 zu Recht abgewiesen. Die auf Art. 28 BayFwG (i.d.F. des Gesetzes vom 27.6.2017, GVBl. 278) gestützte Verpflichtung zum Ersatz der Aufwendungen für den Feuerwehreinsatz am 23. Mai 2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die Heranziehung zum Kostenersatz ist formell rechtmäßig erfolgt. Die Klägerin wurde zwar vor Erlass des Ausgangsbescheids, der eine „Abgabe“ im Sinne von Art. 10 Nr. 2 KAG betraf (vgl. BayVGH, U.v. 6.5.2021 - 4 B 20.2596 - DVBl 2021, 1266 Rn. 26 ff.), nicht - wie in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. cc Dreifachbuchst. ccc KAG i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 AO gefordert - zu der beabsichtigten Eingriffsmaßnahme angehört. Dieser Verfahrensfehler wurde aber durch die nachträgliche Anhörung im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren gemäß Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO geheilt. Der Bescheid war auch entgegen dem Vortrag der Klägerin mit der nach Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 121 Abs. 1 Abs. 1 AO erforderlichen Begründung versehen, da die für die Entscheidung aus Sicht der Behörde maßgebenden Erwägungen im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid enthalten waren.
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2. Der angegriffene Bescheid ist materiell rechtmäßig.
32
a) Es handelt sich gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayFwG um einen Leistungsbescheid, mit dem die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der durch den Feuerwehreinsatz entstandenen Aufwendungen innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) wirksam geltend gemacht hat.
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Dieser rechtlichen Bewertung steht nicht der Umstand entgegen, dass im Entscheidungssatz des Bescheids vom 29. Februar 2016 nicht ausdrücklich von einer Verpflichtung zum Kostenersatz die Rede war, sondern nur die Höhe der entstandenen Aufwendungen erläutert wurde. Die fehlende Tenorierung einer Zahlungspflicht des Adressaten hat unter den gegebenen Umständen nicht zur Folge, dass es sich um einen lediglich feststellenden Verwaltungsakt handeln würde oder dass der Inhalt der Regelung entgegen Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 119 Abs. 1 AO nicht hinreichend bestimmt wäre. Nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) musste die Klägerin bereits aus der Bezugnahme auf die „Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz“ in der Betreffzeile des Bescheids sowie aus den Ausführungen zu Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG in der beigefügten Begründung erkennen, dass sie als zur Gefahrenbeseitigung verpflichtete Körperschaft zum Ersatz der Kosten herangezogen werden sollte. Diese Zielrichtung ergab sich überdies eindeutig aus den in der Rechtsbehelfsbelehrungunter Nr. 5 und 6 erteilten Hinweisen zur „Erhebung der angeforderten Beträge“ und zu den „Folgen bei verspäteter Zahlung“. Da die Kostenersatzpflicht der Klägerin somit schon im Ausgangsbescheid abschließend geregelt war, kommt dem von der Beklagten zur Klarstellung erlassenen „weiteren Bescheid“ vom 28. Juni 2019 kein eigenständiger Regelungsgehalt mehr zu, so dass er in das vorliegende Klageverfahren nicht einbezogen werden musste.
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b) Der Beklagten stand ein Anspruch auf Ersatz der ihr durch den Feuerwehreinsatz entstandenen Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe zu.
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Bei dem zur Abwehr einer drohenden Gewässerverunreinigung erfolgten Feuerwehreinsatz auf dem Main am 23. Mai 2015 handelte es sich um eine technische Hilfe, die bei einem (nicht mit einer Brand- oder Explosionsgefahr verbundenen) Unglücksfall im öffentlichen Interesse geleistet wurde, mithin um einen Einsatz im technischen Hilfsdienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Alt. 2 BayFwG (vgl. Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, Stand 1/2022, Art. 1 Rn. 49). Für solche Einsätze kann der Träger der Feuerwehr nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG Kostenersatz u. a. dann verlangen, wenn die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs veranlasst war. Ob der auf dem Main festgestellte Ölfilm, der aus Diesel(-kraftstoff) bestand, tatsächlich von einem Motorschiff stammte, steht nach den Umständen allerdings nicht zweifelsfrei fest. Auch wenn man diese naheliegende Möglichkeit verneint, besteht der geltend gemachte Ersatzanspruch aber jedenfalls aufgrund der im Widerspruchsbescheid zitierten Auffangnorm des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG, die alle sonstigen Einsätze im technischen Hilfsdienst mit Ausnahme der unmittelbar der Rettung oder Bergung von Tieren dienenden Tätigkeiten erfasst.
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Die von der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten während ihres Einsatzes getätigten Aufwendungen waren aus der insoweit maßgeblichen ex ante-Sicht der Einsatzkräfte (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2022 - 4 ZB 21.1730 u.a. - juris Rn. 11 m.w.N.) im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG notwendig, um die weitere Ausbreitung des Mineralöls und die damit verbundene Gefährdung der Wasserqualität sowie der im Main und an seinen Ufern vorhandenen Tier- und Pflanzenwelt zu verhindern. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine in Anbetracht des gemeldeten Lagebilds unnötig große Zahl von Einsatzkräften alarmiert worden wäre oder dass die Feuerwehrfahrzeuge von vornherein vermeidbare Einsatzfahrten unternommen hätten, sind nicht ersichtlich. Die Abrechnung der Strecken-, Ausrückestunden- und Arbeitsstundenkosten erfolgte nach den Pauschalsätzen der auf Art. 28 Abs. 4 BayFwG beruhenden gemeindlichen Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz, gegen deren Regelungen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken bestehen. Im Einzelnen wird dazu auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.
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c) Die Beklagte durfte aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu der Bundeswasserstraße Main nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayFwG zum Ersatz der Kosten herangezogen werden.
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Nach der genannten Vorschrift ist zum Kostenersatz verpflichtet, wer in den Fällen des Absatzes 2 Nrn. 1 und 2 zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet war. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Das Tätigwerden der Freiwilligen Feuerwehr am 23. Mai 2015 galt einer objektiv bestehenden (Umwelt-)Gefahr, so dass im Unterschied zu den Fällen einer Anscheinsgefahr oder eines bloßen Gefahrenverdachts (dazu BayVGH, U.v. 8.7.2016 - 4 B 15.1285 - VGH n.F. 69, 153 Rn. 22 ff. = BayVBl 2017, 303) auch Personen, die den Feuerwehreinsatz in keiner Weise veranlasst haben, auf der kostenrechtlichen Sekundärebene zum Aufwendungsersatz herangezogen werden können, sofern sie zum Zeitpunkt des Einsatzes von Rechts wegen zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet waren. Letzteres war hier der Fall, da die Klägerin, die sich insoweit nicht auf eine Sperrwirkung der abfallrechtlichen Vorschriften berufen kann (aa), sowohl in sicherheitsrechtlicher Hinsicht in ihrer Eigenschaft als Zustandsstörerin (bb) als auch aufgrund ihrer wasserrechtlichen Pflicht zur Gewässerunterhaltung (cc) zur Beseitigung des Ölfilms auf dem Main verpflichtet war.
39
aa) Gegen die Heranziehung der Klägerin zur Kostenerstattung nach Art. 28 Abs. 3 BayFwG kann nicht eingewandt werden, dass damit gegen den Vorrang der bundesrechtlichen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) verstoßen werde.
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(1) Der Anwendbarkeit dieses Gesetzes steht allerdings nicht die in § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG vorgesehene Ausnahme für in Gewässer „eingeleitete“ Stoffe entgegen, da damit ebenso wie bei § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG ein - hier nicht nachweisbares - zweckbestimmtes Verhalten des Einleiters gemeint ist (vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 2 Rn. 104; Wolf in BeckOK Umweltrecht, KrWG, § 2 Rn. 44 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 16.11.1973 - IV C 44.69 - BayVBl 1974, 438). Auf Fließgewässern treibende Öllachen dürften auch trotz ihrer diffusen äußeren Gestalt (vgl. dazu Wolf in BeckOK Umweltrecht, a.a.O., § 3 Rn. 3 ff.) als „Stoffe“ anzusehen sein und damit unter den weitgefassten Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG fallen, da entweder der frühere Besitzer des Öls die Sachherrschaft unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgegeben hat (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG) oder - bei unfreiwilligem Verlust - die ursprüngliche Zweckbestimmung entfallen ist, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle getreten ist (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG).
41
(2) Die demnach auf solche Ölverschmutzungen prinzipiell anwendbaren abfallrechtlichen Bestimmungen entfalten eine gewisse Sperrwirkung gegenüber sonstigen sicherheitsrechtlichen Normen. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits unter der Geltung des früheren Abfallbeseitigungsgesetzes (G. v. 7.6.1972, BGBl I S. 873) klargestellt, dass mit den dort getroffenen Regelungen der Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten abschließend festgelegt ist und nicht durch einen Rückgriff auf landesrechtliche Vorschriften z. B. über die ordnungsrechtliche Zustandshaftung erweitert werden kann (BVerwG, U.v. 2.9.1983 - 4 C 5.80 - NJW 1984, 817/818). Diese nach wie vor gültige Rechtsprechung kommt den Eigentümern von Grundstücken zugute, für die - wie bei den Bundeswasserstraßen (§ 25 WHG, § 5 WaStrG) - ein Betretungs-, Benutzungs- oder Fahrtrecht der Allgemeinheit besteht. Da ihnen nach der Verkehrsanschauung das für den Abfallbesitz erforderliche Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft fehlt, können sie somit weder auf der Grundlage des Abfallrechts noch (ersatzweise) als sog. Zustandsstörer nach allgemeinem Sicherheitsrecht zum Zusammentragen und Bereitstellen der auf ihren Grundstücken angefallenen Abfälle verpflichtet werden (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1983 - 7 C 45.80 - BVerwGE 67, 8/11 f.; U.v. 2.9.1983, a.a.O., 819; U.v. 8.5.2003 - 7 C 15.02 - NVwZ 2003, 1252; Dippel in BeckOK Umweltrecht, KrWG, § 20 Rn. 6 f.; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1012; Reinhardt in Friesecke, WaStrG, 7. Aufl. 2020, Einleitung S. 65; vgl. auch Schoch in Jarass/Petersen, a.a.O., § 20 Rn. 40 ff.).
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Die Bestimmungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes können die landesrechtlich begründete Störerhaftung jedoch nur insoweit verdrängen, als es sich um spezifisch abfallrechtliche Pflichten und nicht um eine anderweitige ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit handelt (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1991 - 7 C 2.91 - BVerwGE 89, 138/142). Geht es unabhängig von der bestehenden Abfalleigenschaft um die Bekämpfung einer von der störenden Sache ausgehenden konkreten Gefahr oder um die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung, so gelten dafür allein die Vorschriften des jeweiligen Polizei- und Ordnungsrechts (BVerwG, a.a.O., 142; Versmann in Jarass/Petersen, a.a.O., § 40 Rn. 16 f.). Auch das Feuerwehrrecht als eine ordnungsrechtliche Sondermaterie (vgl. BayVGH, U.v. 8.7.2016, a.a.O., Rn. 16 ff.) bleibt demnach anwendbar, wenn von einer nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG als Abfall zu qualifizierenden Sache eine Gefahr ausgeht, die einen Einsatz im abwehrenden Brandschutz (Art. 1 Abs. 1 Alt. 1 BayFwG) oder - wie hier - im technischen Hilfsdienst (Art. 1 Abs. 1 Alt. 2 BayFwG) erfordert.
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bb) Die Klägerin konnte auf landesgesetzlicher Grundlage unter dem Gesichtspunkt einer bestehenden Zustandsverantwortlichkeit zur Erstattung der Kosten, die bei der Beseitigung der Ölverschmutzung auf der Bundeswasserstraße angefallen waren, herangezogen werden (so im Ergebnis auch BVerwG, U.v. 30.11.1990 - 7 C 4.90 - NJW 1991, 2435/2437; OVG Hamburg, U.v. 27.4.1983 - Bf II 15/79 - DÖV 1983, 1016; HessVGH, U.v. 25.3.1992 - 5 UE 3288/88 - NVwZ-RR 1992, 624/625 f.; OVG SH, U.v. 30.4.1992 - 2 L 258/91 - ZfW 1993, 57 ff.; VG Kassel, U.v. 12.4.1979 - IV E 415/78 - NJW 1980, 305/306 f.; Faßbender in BK zum GG, Art. 89 Rn. 66; widersprüchlich Breuer/Gärditz, a.a.O., Rn. 1012 u. Rn. 1165; a.A. OVG NW, U.v. 26.3.1985 - 20 A 2724/83 - ZfW 1986, 262). Eine Rechtspflicht zur Beseitigung der Gefahr im Sinne des Feuerwehrrechts (1) ergab sich für sie zwar nicht schon aus dem Innehaben der tatsächlichen Gewalt über die störende Sache (2); sie folgte jedoch aus ihrer Eigentümerstellung an der Bundeswasserstraße (3).
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(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayFwG eine Pflicht zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr aus Art. 8 Abs. 1 und 2 PAG bzw. Art. 9 Abs. 2 LStVG ergeben (BayVGH, U.v. 28.2.1996 - 4 B 94.2229 - NVwZ-RR 1996, 652; U.v. 14.2.2008 - 4 BV 07.949 - BayVBl 2008, 346 Rn. 21; U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.754 - juris Rn. 22 f.; ebenso Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 3. Aufl. 2017, Rn. 117 m.w.N.). Danach können bei Gefahren, die von einer Sache ausgehen, die zu treffenden Maßnahmen sowohl gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt als auch gegen den Eigentümer gerichtet werden. Beide sind aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu der störenden Sache kraft Gesetzes für deren Zustand verantwortlich. Diese bereits mit dem Eintritt der Gefahr entstehende abstrakte bzw. materielle Polizeipflicht begründet auch ohne vorherigen Erlass einer konkretisierenden polizeirechtlichen Anordnung eine rechtliche Verpflichtung zur Gefahrenbeseitigung und zur Minimierung des Schadens (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 7 C 3.05 - BVerwGE 125, 325 Rn. 22; BGH, U.v. 10.7.2014 - III ZR 441/13 - NVwZ-RR 2014, 759 Rn. 19; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2018, Rn. 228; krit. Bäcker in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Rn. 205 m.w.N.).
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(2) Tatsächliche Gewalt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 PAG bzw. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG, d. h. eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die störende Sache aufgrund eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses (Steiner in Schmidbauer/Steiner, Polizeiaufgabengesetz, 5. Aufl. 2020, Art. 8 Rn. 3; Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 9 Rn. 47), dürfte die Klägerin allerdings zum maßgeblichen Zeitpunkt des Feuerwehreinsatzes weder hinsichtlich des auf dem Main treibenden Öls noch hinsichtlich des durch die Verunreinigung entstandenen Öl-Wasser-Gemischs gehabt haben.
46
Eine gesonderte Sachherrschaft über auf Fließgewässern befindliche Öllachen ist schon deshalb auszuschließen, weil deren Ausdehnung und Gestalt sich fortlaufend ändern, so dass es an einem räumlich abgrenzbaren körperlichen Gegenstand gemäß § 90 BGB fehlt (OVG SH, U.v. 30.4.1992 - 2 L 258/91 - ZfW 1993, 57, juris Rn. 32; vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2011 - 6 C 6.11 - KommJur 2012, 195 Rn. 27). Auch der Ölfilm auf dem Main stellte keine rechtlich selbständige Sache dar, sondern war mit dem Mainwasser verbunden und bildete mit diesem einen einheitlichen Gegenstand (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1985 - 4 A 1.83 - NJW 1986, 2524/2525; OVG Hamburg, U.v. 27.4.1983 - OVG Bf II 15/79 - DÖV 1983, 1016/1017).
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In Bezug auf dieses Öl-Wasser-Gemisch war die Klägerin indes ebenfalls nicht als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt anzusehen. Der Umstand, dass das Öl gegen ihren Willen in den Main gelangt war und es sich somit um „aufgedrängten Besitz“ handelte, stand ihrer Inanspruchnahme allerdings nicht entgegen, da die für die Sachherrschaft geforderte faktische Einwirkungsmöglichkeit keinen Besitzbegründungs- bzw. Sachherrschaftswillen voraussetzt (BVerwG, U.v. 1.12.1997 - 7 C 58.96 - NJW 1998, 1004/1005; Lindner in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: 1.7.2022, PAG, Art. 8 Rn. 25; Bäcker, a.a.O., Rn. 187; a.A. Koehl, a.a.O., Rn. 48). Von einer einem bestimmten Inhaber zurechenbaren Sachherrschaft kann aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann nicht gesprochen werden, wenn sich die störende Sache auf einem Grundstück befindet, das der Allgemeinheit rechtlich und tatsächlich frei zugänglich ist, so dass sich die tatsächliche Herrschaftsbeziehung des Grundstücksbesitzers zu der betreffenden Sache von derjenigen beliebiger anderer Personen nicht unterscheidet (BVerwG, U.v. 11.12.1997 - 7 C 58.96 - BVerwGE 106, 43/46 m.w.N.). Diese zum Begriff des Abfallbesitzers entwickelte Ausnahme muss für das Innehaben der tatsächlichen Gewalt im Sinne des Polizei- und Sicherheitsrechts ebenso gelten (Schenke, a.a.O., Rn. 268; Bäcker, a.a.O., Rn. 205; a.A. ThürOVG, B.v. 24.4.2013 - 1 ZKO 1171/10 - ThürVBl 2013, 228 juris Rn. 9). Da bei Bundeswasserstraßen aufgrund der Vorschriften über den Gemeingebrauch (§ 25 WHG) und über die Benutzungsbefugnis für Wasserfahrzeuge (§ 5 WaStrG) ein allgemeines Betretungsrecht anzunehmen ist, soweit es sich nicht um die einem eigenen Betriebsreglement unterliegenden bundeseigenen Schifffahrtsanlagen handelt (BVerwG, U.v. 2.9.1983 - 4 C 5.80 - NJW 1984, 817/819; U.v. 8.5.2003 - 7 C 15.02 - NVwZ 2003, 1252), konnte die Klägerin nicht als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen werden.
48
Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings in einer neueren Entscheidung seine Rechtsprechung zum Fehlen der tatsächlichen Sachherrschaft bei frei zugänglichen Grundstücken dahingehend modifiziert, dass damit nur den privaten Eigentümern solcher Grundstücke eine die Zumutbarkeitsgrenze des Art. 14 GG überschreitende Doppelbelastung aus dem Zutrittsrecht der Allgemeinheit und der abfallrechtlichen Verantwortlichkeit erspart werden solle (BVerwG, U.v. 27.8.2009 - 7 CN 2.08 - NVwZ 2010, 121 Rn. 22). Die verfassungsrechtlich begründete wertende Einschränkung des Abfallbesitzes greife demzufolge nicht, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung durch eigene Entscheidung oder kraft gesetzlicher Verpflichtung ein in seinem Verwaltungsvermögen stehendes Grundstück dem Gemeingebrauch widme oder allgemeine Betretungsrechte eröffne (BVerwG, a.a.O., Rn. 23). Dieser Unterscheidung, die an die Grundrechtsträgerschaft des jeweiligen Grundstücksinhabers anknüpft und daraus Konsequenzen für die tatsächliche Sachherrschaft ableitet, folgt der Senat für den Bereich der Zustandshaftung nach allgemeinem Polizei- und Sicherheitsrecht nicht. Inhaber der tatsächlichen Gewalt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 PAG bzw. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG kann nur sein, wer über besondere faktische Einwirkungsmöglichkeiten auf die störende Sache verfügt, aus denen sich eine spezielle Verantwortlichkeit für deren Zustand ableiten lässt. Daran fehlt es, wenn wegen eines Betretungs- und Benutzungsrechts der Allgemeinheit jedermann in gleicher Weise auf die Sache zugreifen kann. Dies ist hier, wie oben gezeigt, der Fall.
49
(3) Die Klägerin war aber in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der Bundeswasserstraße Main (Art. 89 Abs. 1 GG, § 4 Abs. 1 Satz 1 WHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Anlage 1 lfd. Nr. 31 WaStrG) Zustandsstörerin gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 PAG bzw. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LStVG. Sie hatte durch die Vermischung des Öls mit dem - nach der Verkehrsauffassung als die Hauptsache anzusehenden - Mainwasser nach § 948 Abs. 1 i.V.m. § 947 Abs. 2 BGB das alleinige Eigentum an dem Öl-Wasser-Gemisch als derjenigen Sache erworben, von der die den Feuerwehreinsatz auslösende Gefahr ausging.
50
Zwar konnte das auf der Wasseroberfläche treibende Öl von der Feuerwehr mittels einer Ölsperre aufgefangen und abgeschöpft oder abgesaugt werden, so dass keine objektiv untrennbare Vermischung gemäß § 948 Abs. 1 BGB vorlag. Nach § 948 Abs. 2 BGB steht es aber der Untrennbarkeit gleich, wenn die Trennung der vermischten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre. Dies war hier - wie regelmäßig in solchen Fällen (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1985 - 4 A 1.83 - NJW 1986, 2524/2525) - anzunehmen, da die mit der Entfernung des Öls aus dem Main verbundenen Personal- und Sachkosten um ein Vielfaches höher waren als der mögliche Wert des dadurch rückgewonnenen Dieselöls und auch aus Sicht der Klägerin als Gewässereigentümerin an der Beseitigung der Öllache kein besonderes wirtschaftliches Interesse in Form einer damit verbundenen Verkehrswertsteigerung bestand (zu diesem Beurteilungsmaßstab Schermaier in BeckOGK BGB, Stand 1.5.2022, § 948 Rn. 6 m.w.N.). Auf die für die Reinigung des Flusswassers sprechenden ökologischen Gründe kam es im Rahmen der sachenrechtlichen Zuordnung nach § 948 Abs. 2 BGB nicht an.
51
Dem Eigentumserwerb der Klägerin stand nicht § 4 Abs. 2 WHG entgegen, wonach das Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers nicht eigentumsfähig ist. Diese einfachgesetzliche Norm kann entgegen einer im wasserrechtlichen Schrifttum verbreiteten Ansicht (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 4 Rn. 9; Hasche in BeckOK Umweltrecht, WHG, § 4 Rn. 2; Berendes in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 4 Rn. 11; Zeissler in GK-WHG, § 4 Rn. 9; Breuer/Gärditz, a.a.O., Rn. 300) auf Bundeswasserstraßen keine Anwendung finden. Nach der vorrangigen Verfassungsbestimmung des Art. 89 Abs. 1 GG gehört zu dem - im Wege der Rechtsnachfolge übernommenen - Eigentum des Bundes an den vormaligen Reichswasserstraßen der gesamte Wasserweg und daher auch das im Gewässerbett fließende Wasser (Bickenbach in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 89 Rn. 19; Gröpl in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand November 2021, Art. 89 Rn. 31; Ibler in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 89 Rn. 20; Faßbender in BK zum Grundgesetz, Stand April 2016, Art. 89 Rn. 57; Reinhardt in Friesecke, a.a.O., Einleitung, S. 69). Dass von dem zuvor auf Art. 97 Abs. 1, 171 WRV beruhenden Übergang des Eigentums an den Wasserstraßen auf das Deutsche Reich (vgl. Gröpl, a.a.O., Rn. 6) nach damaligem Rechtsverständnis die sog. fließende Welle - etwa wegen des seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geltenden Sachbegriffs des § 90 BGB - von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre, lässt sich nicht feststellen (vgl. BGH, U.v. 24.11.1967 - V ZR 172/64 - BGHZ 49, 68/71 m.w.N.; offen BGH, U.v. 25.6.1958 - V ZR 275/56 - BGHZ 28, 34/37; RG, U.v. 11.10. 1918 - VII. 138/18 - RGZ 94, 33/35; vgl. auch BGH, U.v. 14.12.1989 - III ZR 288/88 - NJW 1990, 3263). Auch im früheren, auf Art. 65 EGBGB beruhenden bayerischen Landesrecht wurde dem Gewässereigentümer stets das Eigentum am gesamten oberirdisch vorhandenen Wasser zuerkannt, ohne dabei zwischen stehenden und fließenden Gewässern zu unterscheiden (vgl. Eymann, Das Wassergesetz für das Königreich Bayern vom 23. März 1907, 1. Aufl. 1908, S. 176 [zu Art. 1]; Riegel, BayVBl 1977, 65/67).
52
Auch sonstige Gründe stehen einer Heranziehung der Klägerin aufgrund ihrer Eigentümerstellung nicht entgegen. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG, wonach sie als Eigentümerin der Bundeswasserstraßen alle auf dem Wasserrecht beruhenden Verpflichtungen aus dem Gewässereigentum treffen, lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass sie an sonstige eigentümerbezogene Rechtspflichten, z. B. aufgrund landesrechtlicher Vorschriften (§ 4 Abs. 5 WHG), nicht gebunden wäre (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 4 Rn. 12 f.; Faßbender in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 12/2021, WHG, § 4 Rn. 14). Da die Klägerin sich nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann (vgl. Remmert in BeckOK Grundgesetz, Stand 15.5.2022, Art. 89 Rn. 2 m.w.N.), können die auf grundrechtlichen Zumutbarkeitserwägungen beruhenden generellen Bedenken gegen eine Zustandsverantwortung von Gewässereigentümern (Sander, ZfW 1999, 409/412 f.; Reinhardt in Friesecke, a.a.O., Einleitung S. 62 f.) hier von vornherein außer Betracht bleiben (ebenso Sander, a.a.O., 414). Auch die Tatsache, dass sich aus dem zivilrechtlichen Eigentum an den Bundeswasserstraßen infolge der Bindung an das wasserrechtliche Bewirtschaftungsregime allenfalls geringe wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten ergeben, zwingt nicht zu einer gegenteiligen rechtlichen Bewertung (a.A. Reinhardt, a.a.O.; Friesecke, VerwArch 82 [1991], 565/573 ff.; Faber, JZ 1993, 948/949). Gehört eine störende Sache einem Träger öffentlicher Verwaltung und lässt sich ein Handlungsstörer nicht ermitteln, würde ein Verzicht auf die Inanspruchnahme des Zustandsstörers nur dazu führen, dass die mit der Gefahrenabwehr verbundenen Kosten von der (allgemeinen oder besonderen) Ordnungsbehörde und damit letztlich von einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft aufzubringen wären, die der störenden Sache ferner steht als diejenige Körperschaft, der die Sache gehört (BVerwG, B.v. 21.12.1998 - 7 B 211.98 - 421; OVG NW, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - DVBl 2014, 49 Rn. 85).
53
cc) Unabhängig von der ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortung war die Klägerin für die Bundeswasserstraße Main auch aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften zur Gefahrenbeseitigung im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayFwG verpflichtet. Als Trägerin der Unterhaltslast nach dem Wasserhaushaltsgesetz (1) war sie gehalten, die eingetretene Ölverschmutzung zu beseitigen (2).
54
(1) Zusätzlich zur wasserwegerechtlichen Unterhaltungspflicht nach § 7 Abs. 1 WaStrG, die angesichts ihres schifffahrtsfunktionalen Zusammenhangs (BVerwG, B.v. 9.3.2010 - 7 B 3.10 - juris Rn. 10) keine allgemeinen Reinhaltungsmaßnahmen umfasst (Heinz in Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 10; vgl. BVerfG, U.v. 30.10.1962 - 2 BvF 2/60 u.a. - BVerfGE 15, 1/20 ff.), hat die Klägerin als Eigentümerin der Bundeswasserstraßen auch die wasserwirtschaftliche Unterhaltslast nach § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG zu tragen. Diesbezüglich hat der bayerische Gesetzgeber von der bundesgesetzlich eröffneten Möglichkeit der Übertragung auf einen anderen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger keinen Gebrauch gemacht.
55
Der Regelung des Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG, wonach die Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung, mithin auch des Mains (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayWG i.V.m. Anlage 1 lfd. Nr. 26), dem Freistaat Bayern obliegt, lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Der in der Vorschrift enthaltene Zusatz „unbeschadet der Aufgaben des Bundes als Eigentümer der Bundeswasserstraßen“ stellt vielmehr klar, dass sich die von der Regel des § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG abweichende Übernahme der Unterhaltungslast durch den Freistaat Bayern nicht auf jene (Teile der) Gewässer erster Ordnung beziehen soll, die zugleich Bundeswasserstraßen sind (ebenso Drost, Das neue Wasserrecht, Stand März 2021, Art. 22 BayWG Rn. 12; vgl. auch Heinz in Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 2). Auch bezüglich der wasserwirtschaftlichen Unterhaltung muss die Klägerin daher, wie mit § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG klargestellt werden sollte (BT-Drs. 16/13306 S. 1), wie jeder andere Gewässereigentümer den an das Gewässereigentum anknüpfenden Verpflichtungen nachkommen (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 4 Rn. 12).
56
(2) Die in § 39 Abs. 1 Satz 1 WHG als öffentlich-rechtliche Verpflichtung ausgestaltete Unterhaltung oberirdischer Gewässer umfasst nach heutigem Recht auch die Beseitigung von Verunreinigungen, die durch ausgelaufenes oder eingeleitetes Öl entstanden sind.
57
Zwar wurde die Reinhaltung bzw. Reinigung des Wassers in der Vergangenheit grundsätzlich nicht als Unterhaltungsmaßnahme angesehen, sofern sie nicht der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss diente (HessVGH, U.v. 25.3.1992 - 5 UE 3288/88 - NVwZ-RR 1992, 624/626; OVG NW, U.v. 12.9.2013, a.a.O., Rn. 80; BGH, U.v. 23.10.1975 - III ZR 108/73 - NJW 1976, 291/292 m.w.N.; offengelassen in BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - BayVBl 2002, 372; vgl. auch BT-Drs. 16/13306 S. 1). An dieser Auffassung kann aber in Anbetracht der seit dem 1. März 2010 geltenden Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WHG, wonach auch die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit zur Gewässerunterhaltung gehört, nicht mehr festgehalten werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 16/12275 S. 63) soll die Bestimmung einen Beitrag zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30 WHG leisten, mit denen die Vorgaben aus der Wasserrahmenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurden (BVerwG, U.v. 29.4.2020 - 7 C 29.18 - BVerwGE 168, 86 Rn. 24). Dieser ökologisch erweiterte Unterhaltungsbegriff, der zu einer Mehrbelastung der Unterhaltungspflichtigen führt, unterliegt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 39 Rn. 49) keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerwG, a.a.O., Rn. 25).
58
Da die Verunreinigung mit Öl die ökologische Funktionsfähigkeit von Gewässern insbesondere als Lebensraum wild lebender Tiere und Pflanzen nachteilig beeinflussen kann, umfasst die Unterhaltungspflicht nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 WHG bei sachgerechter Auslegung auch die Maßnahmen, die zur Beseitigung eines auf der Wasseroberfläche treibenden Ölfilms erforderlich sind (ebenso Schwendner/Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand 1.7.2021, § 39 Rn. 127; Forster/Pemler/Remmele, a.a.O., Art. 28 Rn. 60; a.A. Breuer/Gärditz, a.a.O., Rn. 1165; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 39 Rn. 35). Die Klägerin war demnach auch als Trägerin der Unterhaltslast zur Beseitigung der aus dem Öleintrag folgenden Umweltgefahr verpflichtet.
59
d) Die Heranziehung der Klägerin zum Kostenersatz ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat das ihr nach Art. 28 Abs. 1 und 2 BayFwG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i.V.m. § 5 AO). Sie hat im Rahmen einzelfallbezogener Erwägungen, die durch die Ausführungen im Klageverfahren ergänzt wurden (§ 114 Satz 2 VwGO), nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie insbesondere im Hinblick auf die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, gegenüber der Klägerin einen Kostenbescheid zu erlassen, Gebrauch gemacht hat. Erwägungen zur Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden Bescheidsadressaten musste sie nicht anstellen, weil kein weiterer nach Art. 28 Abs. 3 BayFwG zum Ersatz der Kosten Verpflichteter bekannt war. Gründe für einen Billigkeitsverzicht nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG lagen nicht vor.
60
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
61
III. Die Revision ist zuzulassen, weil der Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt. Die Frage, ob das nach Art. 89 Abs. 1 GG auf den Bund übergegangene Eigentum an den bisherigen Reichswasserstraßen auch die sog. fließende Welle umfasst, ist von grundsätzlicher Bedeutung und bisher höchstrichterlich nicht geklärt. Dasselbe gilt für die Frage, inwieweit sich aus der wasserwirtschaftlichen Unterhaltslast nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 WHG eine Verpflichtung zur Beseitigung einer Gewässerverschmutzung ergeben kann.