Titel:
Anordnung der Verwertung eines sichergestellten Lkw
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 122 Abs. 2 S. 3, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
PAG Art. 25 Abs. 1, 27 Abs. 1
Leitsatz:
Die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 lit. a PAG sind erfüllt, wenn das Abschleppen und die damit einhergehende Sicherstellung erforderlich waren, weil ein Lkw verkehrsrechtswidrig in der zweiten Reihe geparkt war, den Verkehrsfluss behinderte und ein bloßes Versetzen des Fahrzeugs nicht möglich war. Auch hätte der Kläger die Störung nicht selbst beseitigen können, da er sich zum Zeitpunkt der Sicherstellung bereits wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Gewahrsam befand und zudem die Kurzzeitzulassung des Lkw abgelaufen war. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde, Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, Anordnung der Verwertung eines sichergestellten Lkw, Abschleppen, Sicherstellung, Verwertungsbescheid, Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Kurzzeitzulassung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 20.04.2022 – M 23 S 21.6685
Fundstelle:
BeckRS 2022, 27361
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. April 2022 (M 23 S 21.6685) wird abgelehnt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. April 2022 (M 23 S 21.6685). Mit diesem Beschluss hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners über die bevorstehende Verwertung des sichergestellten Lastkraftwagens des Antragstellers wiederherzustellen.
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Der Antrag ist zulässig aber unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
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Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Falle eines isolierten Prozesskostenhilfeantrags eines anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten nicht der der Bewilligungsreife, sondern der der gerichtlichen Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch, weil Kosten für das beabsichtigte Verfahren bisher gar nicht angefallen sind (BayVGH, B.v. 9.3.2020 - 11 ZB 19.991 - juris Rn. 12.).
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Gemessen daran böte eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
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Die Beschwerde wäre bereits unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzinteresse fehlen würde. Nach Mitteilung des Antragsgegners vom 20. September 2022 wurde das Fahrzeug des Antragstellers bereits im Zeitraum vom 25. März 2022 bis 4. April 2022 - noch vor dem ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts - durch eine Versteigerung im Rahmen einer „Zollauktion“ verwertet. Sein im Eilverfahren verfolgtes Rechtsschutzziel, die Verwertung zu verhindern, könnte der Antragsteller mit einer Beschwerde damit nicht mehr erreichen.
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Darauf kommt es letztlich aber nicht entscheidungserheblich an, weil die Beschwerde auch unbegründet wäre. Das Verwaltungsgericht hat die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Verwertungsbescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2021 rechtmäßig war und schon deswegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht in Frage kam. Insoweit verweist der Senat auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend sei zum Vorbringen des Antragstellers angemerkt, dass die Sicherstellung des Lastkraftwagens am 28. September 2021 bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung rechtmäßig war, sodass zum einen eine Nichtigkeit der Sicherstellungsandordnung ausscheidet und zum anderen der Antragsteller die Abholung des LKW nicht unter Hinweis auf eine vermeintliche „Bringschuld“ der Polizeibehörden im Falle einer rechtswidriger Sicherstellung (vgl. dazu Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, 5. Aufl. 2020, Art. 28 Rn. 9) verweigern durfte.
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Nach der vom Antragsteller unbestrittenen Darstellung des Antragsgegners (Bl. 36 und 52 der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Verfahrensakte im Verfahren M 23 E 21.5253 über die Herausgabe des Lkw nach der Sicherstellung) waren das Abschleppen und die damit einhergehende Sicherstellung erforderlich, weil der Lkw des Klägers verkehrsrechtswidrig in der zweiten Reihe geparkt war, den Verkehrsfluss behinderte und ein bloßes Versetzen des Fahrzeugs nicht möglich war. Damit waren die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) PAG erfüllt. Auch hätte der Kläger die Störung nicht - wie er meint - selbst beseitigen können, da er sich zum Zeitpunkt der Sicherstellung bereits wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Gewahrsam befand und zudem die Kurzzeitzulassung des Lkw abgelaufen war. Dass - wie der Antragsteller meint - die Sicherstellung des Lkw strafprozessualen Zwecken gedient habe, ist unzutreffend; dies gilt allenfalls für die im Lastkraftwagen aufgefundenen Baumaterialien. An der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller das Fahrzeug gleichsam als „Wohnung“ nutzte, die entsprechenden Ausführungen des Antragstellers hierzu liegen neben der Sache.
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Erweist sich die Sicherstellung jedoch als rechtmäßig, kann auch dahinstehen, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es komme für die Verwertung lediglich auf deren Wirksamkeit an, zutrifft. Gleiches gilt für die Frage, ob die Sicherstellung mittlerweile bestandskräftig ist oder vom Kläger noch gerichtlich angegriffen werden könnte (eine Rechtsbehelfsbelehrungzur Mitteilung über die Sicherstellung ist in den dem Senat vorliegenden Akten - soweit ersichtlich - nicht enthalten).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).