Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 26.09.2022 – W 8 K 22.815
Titel:

Verdienstausfallentschädigung, selbständige Einzelunternehmerin, deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich, Infektion mit SARS-CoV-2 in Österreich, von österreichischer Behörde nach österreichischen Recht angeordnete häusliche Absonderung, kein Tätigkeitsverbot bzw. keine Absonderung nach deutschem Infektionsschutzgesetz durch deutsche Behörde, fehlende Tatbestandsvoraussetzungen, keine relevante vorsorgliche Absonderung, keine Kausalität, Subsidiarität, keine Europarechtswidrigkeit, grundsätzlich bestehende Entschädigungsmöglichkeit nach österreichischem Recht

Normenketten:
IfSG § 56
IfSG § 58
Schlagworte:
Verdienstausfallentschädigung, selbständige Einzelunternehmerin, deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich, Infektion mit SARS-CoV-2 in Österreich, von österreichischer Behörde nach österreichischen Recht angeordnete häusliche Absonderung, kein Tätigkeitsverbot bzw. keine Absonderung nach deutschem Infektionsschutzgesetz durch deutsche Behörde, fehlende Tatbestandsvoraussetzungen, keine relevante vorsorgliche Absonderung, keine Kausalität, Subsidiarität, keine Europarechtswidrigkeit, grundsätzlich bestehende Entschädigungsmöglichkeit nach österreichischem Recht
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26592

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Tatbestand

1
I. Die Klägerin, deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich, begehrt als Selbständige vom Beklagten, vertreten durch die Regierung von Unterfranken, den Ersatz von Verdienstausfall für den Zeitraum einer von einer österreichischen Behörde angeordneten Absonderung in Höhe von 736,00 EUR.
2
Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, Vorarlberg, Österreich, ordnete mit Bescheid vom 19. März 2022 an, dass sich die Klägerin aufgrund einer vorliegenden Infektion mit SARS-CoV-2, erwiesen aufgrund eines positiven PCR-Testergebnisses, ab Zustellung dieses Bescheides bis einschließlich 26. März 2022 ausschließlich an der Adresse ... ..., aufzuhalten und dort keinen Besuch zu empfangen habe.
3
Mit Datum vom 27. März 2022 stellte die Klägerin bei der Regierung von Unterfranken einen Entschädigungsantrag für Selbständige nach § 56 Abs. 1 und § 58 IfSG. Dazu gab sie an, sie führe ein selbständiges Einzelunternehmen, Personal- und Cateringservice. Als Art der selbständigen Tätigkeit führte sie an: Event-Ausschank Veranstaltungen. Die Quarantäne sei vom 17. bis 26. März 2022 angeordnet gewesen durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. März 2022. Sie sei während der Quarantäne nicht erkrankt und nicht arbeitsunfähig gewesen. Folgende Arbeiten habe sie aufgrund ihrer Infektion nicht wahrnehmen können:
18. März Abwicklung Ausschank ...: 276,00 EUR;
21. März Dekoration …: 230,00 EUR;
22. März Dekoration …: 230,00 EUR;
gesamt: 736,00 EUR.
4
Mit Bescheid vom 13. April 2022 lehnte die Regierung von Unterfranken den Antrag auf Verdienstausfallentschädigung (Nr. 1) sowie auf Erstattung der Beiträge zur sozialen Sicherung (Nr. 2) ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Erstattung seien nicht gegeben. Voraussetzung für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches nach § 56 IfSG sei, dass eine Person einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot (§§ 31 und 42 IfSG) oder einer Quarantäne (§ 30 IfSG) unterlegen habe oder unterworfen gewesen sei und dadurch einen Verdienstausfall erleide. Die Anordnung müsse dabei von einer deutschen Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet worden sein. Vorliegend handele es sich nicht um eine Anordnung aufgrund des IfSG, da die Quarantäne bzw. das Tätigkeitsverbot nicht von einer deutschen Behörde angeordnet worden seien. Die Klägerin möge sich bitte an die entsprechende Behörde in Österreich wenden. Im Erstattungsverfahren sei die Vorschrift des § 56 IfSG in der für den geltend gemachten Quarantänezeitraum maßgeblichen Fassung vom 31. März 2021 zugrunde gelegt worden.
5
II. 1. Am 13. Mai 2022 ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben. Zur Klagebegründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin begehre die Verpflichtung des Beklagten, ihr Ersatz für Verdienstausfall für den Zeitraum einer ausländischen behördlich angeordneten Quarantäne zu gewähren. Die Klägerin sei selbständige Inhaberin eines Personal- und Cateringservices. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in Österreich, betreibe ihr Gewerbe jedoch in Deutschland und zahle dementsprechend auch Einkommensteuer als Einzelunternehmerin. Mit Bescheid vom 19. März 2022 habe die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn bis einschließlich 26. März 2022 eine häusliche Quarantäne aufgrund eines vorangegangenen Kontakts zu einer positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Person sowie aufgrund einer vorliegenden Infektion mit SARS-CoV-2 angeordnet. Für diesen Zeitraum habe die Klägerin ihrer Tätigkeit bei Event- und Ausschankveranstaltungen nicht nachgehen können und bereits erteilte Aufträge absagen müssen. Der Antrag der Klägerin bei der Regierung von Unterfranken sei mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Anordnung über die Quarantäne nicht über eine deutsche Behörde erfolgt sei. Das EU-Recht verpflichte den deutschen Staat dazu, den Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG auf Fälle zu erstrecken, in denen die Auferlegung der Quarantäne, welche die grenzüberschreitende Arbeitsleistung unmöglich mache, erfolgt sei. Da es sich bei einem Entschädigungsanspruch von Arbeitnehmern und Selbständigen aus § 56 Abs. 1 IfSG um eine soziale Absicherungsmaßnahme handele, müsse dies auch in diesem Fall für die Klägerin gelten.
6
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2022 ließ die Klägerin weiter vorbringen: Der Wohnsitz der Klägerin befinde sich in Österreich. Am Wohnort habe die Klägerin erstmals Symptome festgestellt, die auf eine Corona-Erkrankung hingewiesen hätten. Aus diesem Grunde habe sie sich auch nicht nach Deutschland zu einem Corona-Test begeben, sondern diesen am Wohnort in Österreich durchgeführt. Nach Ansicht des Beklagten hätte die Klägerin zuerst nach Deutschland reisen und sodann in Deutschland einen Corona-Test machen müssen. Bei einer einfachen Fahrtstrecke von 313 km hätte die Gefahr bestanden, dass eine Ansteckung Dritter erfolgt. Sofern ein Test in Deutschland durchgeführt worden wäre, hätte dies letztlich auch dazu geführt, dass sich die Klägerin direkt an ihrem Wohnort - somit in Österreich - in Quarantäne hätte begeben müssen. Dies habe die Klägerin auch unstreitig getan. Die Geltendmachung einer Verdienstausfallentschädigung habe gegenüber einer deutschen Behörde erfolgen müssen, da die Klägerin Gewerbetreibende in Deutschland sei und nach dem deutschen Steuergesetz Steuern bezahle. Somit bestehe keinerlei Anspruch gegenüber einer österreichischen Behörde, da sich dort ausschließlich der Wohnort der Klägerin befinde.
7
2. Der Beklagte ließ durch die Regierung von Unterfranken mit Schriftsatz vom 2. Juni 2022 zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen ausführen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1, Abs. 5 Satz 4 IfSG und Erstattung ihrer Aufwendungen für die soziale Sicherung nach § 58 Satz 1 IfSG. Gemäß § 56 Abs. 1 IfSG erhalte eine Entschädigung in Geld, wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 1 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliege oder unterworfen werde und dadurch einen Verdienstausfall erleide. Das Gleiche gelte gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für eine Person, die nach § 30 IfSG, auch in Verbindung mit § 32 IfSG, abgesondert werde oder sich aufgrund einer nach § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung absondere. Vorliegend habe eine österreichische Behörde eine Absonderungsanordnung aufgrund des österreichischen Epidemiegesetzes erlassen. Damit sei die Klägerin nicht aufgrund des deutschen Infektionsschutzgesetzes aufgrund ihrer Corona-Erkrankung abgesondert worden, so dass bereits die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 IfSG nicht vorlägen. Hiernach müsse die Absonderungsanordnung von einer deutschen Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet worden sein. Sofern der Vertreter der Klägerin vortrage, dass das EU-Recht den deutschen Staat verpflichte, den Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG auf Fälle zu erstrecken, in denen die Auferlegung der Quarantäne, welche die grenzüberschreitende Arbeitsleistung unmöglich mache, erfolgt sei, möge er ausführen, auf welchen konkreten Normen oder Grundsätzen diese Argumentation gestützt werde. Da das österreichische Recht mit § 32 Epidemiegesetz eine eigene Rechtsgrundlage für die Geltendmachung einer Verdienstausfallentschädigung zur Verfügung stelle, bestehe aus hiesiger Sicht schon gar kein Bedürfnis für die Anwendung einer dem Europarecht zugrundeliegenden Gleichbehandlungsmaxime oder europarechtlicher Grundfreiheiten. In diesem Zusammenhang werde auf § 49 Epidemiegesetz hingewiesen, wonach eine Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme bestehe, binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Maßnahme getroffen worden sei, möglich sei. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung ihrer auf den Zeitraum der Absonderung entfallenen Aufwendungen für soziale Sicherung nach § 58 Satz 1 IfSG. Dieser Anspruch setze dem eindeutigen Wortlaut nach das Bestehen eines Entschädigungsanspruches nach § 56 Abs. 1 oder 1a IfSG voraus. Ein solcher bestehe jedoch vorliegend gerade nicht.
8
Mit Schriftsatz vom 18. August 2022 brachte der Beklagte im Wesentlichen weiter vor: Unzutreffend sei, dass die Klägerin keinerlei Anspruch gegenüber einer österreichischen Behörde habe. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe mit Beschluss vom 20. Oktober 2021 festgestellt, dass im Hinblick auf die Frage, ob ein Sachverhalt im Sinne des Territorialitätsprinzips im Inland verwirklicht worden sei, allein auf die den Vergütungsanspruch (gem. § 32 Abs. 1 des österreichischen Epidemiegesetzes) begründende behördliche Maßnahme und nicht auf den dadurch erlittenen Vermögensnachteil abzustellen sei. Daraus folge, dass bei Absonderungsanordnungen österreichischer Behörden für Betroffene mit österreichischem Wohnsitz und gleichzeitiger Erwerbstätigkeit im Ausland die Absonderungsmaßnahme ausnahmslos in Österreich ihre Wirkung entfalte. Bereits nach österreichischem Recht bestehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs. Bei § 56 IfSG handele es sich nur um eine Billigkeitsentschädigung, die subsidiär gewährt werde. Im Falle der verspäteten Antragstellung gegenüber einer ausländischen Behörde bestehe kein Schutzbedürfnis. Mit § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG habe der Gesetzgeber auf das Problem der zeitverzögerten Absonderungsanordnung reagiert. Personen, die sich etwa nach einem positiven Testergebnis aus Vorsicht selbst isolierten, hätten bis zum Vorliegen einer behördlichen Absonderungsanordnung zuvor keinen Entschädigungsanspruch gehabt (vgl. BT-Drs. 19/27291, 65). Aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG, wonach die vorsorgliche Absonderung oder Tätigkeitseinstellung „bereits vor der Anordnung“ der entsprechenden Maßnahme den Entschädigungsanspruch eröffnen könne, folge die Voraussetzung, dass eine solche Anordnung im Sinne des § 30 IfSG im Nachhinein tatsächlich ergehe. Eine solche sei hier nicht erlassen worden. Zudem bestehe kein Raum für den Rückgriff auf die Ermessensvorschrift des § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG, da dem Zweck der sozialen Sicherung der Klägerin durch die Möglichkeit der Antragstellung in Österreich ausreichend Genüge getan sei. Des Weiteren entspreche dem bayernweiten Vollzug, dass ein österreichischer Staatsangehöriger bei umgekehrter Fallkonstellation in Deutschland eine Verdienstausfallentschädigung unabhängig von der Staatsangehörigkeit erhalten hätte, wenn er aufgrund der Absonderungsanordnung einer deutschen Behörde einen Verdienstausfall erlitten hätte. Abschließend werde nochmals darauf hingewiesen, dass nicht nur der Rückgriff auf § 56 IfSG mangels Absonderungsanordnung einer deutschen Behörde vorliegend ausgeschlossen sei, sondern dafür aufgrund der österreichischen Vollzugspraxis letztlich auch kein Bedürfnis bestehe.
9
3. In der mündlichen Verhandlung am 26. September 2022 beantragte der Klägerbevollmächtigte für die Klägerin:
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Regierung von Unterfranken vom 13. April 2022 verpflichtet, der Klägerin wie beantragt eine Verdienstausfallsentschädigung in Höhe von insgesamt 736,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13. Mai 2022 zu gewähren.
10
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12
Die zulässige Klage ist unbegründet.
13
Statthaft ist eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO), da sich die Klägerin gegen eine bescheidsmäßige Ablehnung ihres Entschädigungsantrags wendet und den Erlass eines für sie günstigen Bescheides begehrt. Auch ihr Leistungsbegehren zu den Prozesszinsen ist als Verpflichtungsantrag anzusehen (VG Koblenz, U.v. 10.5.2021 - 3 K 108/21.KO - juris Rn. 18).
14
Die Klage ist unbegründet.
15
Die Ablehnung der Verdienstausfallentschädigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Verdienstausfallentschädigung, da es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 IfSG fehlt, weil keine Absonderungsmaßnahme einer deutschen Behörde nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz vorliegt, sondern eine entsprechende Anordnung einer österreichischen Behörde nach dem dortigen Recht. Die Ablehnung der Verdienstausfallentschädigung ist auch sonst nicht zu beanstanden, insbesondere nicht europarechtswidrig.
16
Der Beklagte hat in dem Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 13. April 2022, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet, dass die Voraussetzungen der Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung nach § 56 ff. IfSG nicht vorliegen und die Ablehnungsgründe in den Schriftsätzen der Regierung von Unterfranken vom 2. Juni 2022 und 18. August 2022 vertiefend ausführlich erläutert.
17
Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
18
Gemäß § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 IfSG in der zum Zeitpunkt der Quarantäne/Absonderung vom 17. bis 26. März 2022 maßgeblichen Fassung - hier trotz geänderter Fassung mit Gültigkeit ab 19. März 2022 jedoch in der Sache irrelevant, da lediglich die Anwendungsdauer verlängert wurde - (vgl. zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Rahmen des § 56 IfSG VG Bayreuth, U.v. 28.6.2022 - B 7 K 22.320 - juris Rn. 24, 25, 28 m.w.N.; U.v. 17. 1. 2022 - B 7 K 21.871 - juris Rn. 23 ff. 27, 29; U.v. 17. 1. 2022 - B 7 K 21.425 - juris Rn. 39 f.; U.v. 21.6.2021 - B 7 K 21.110 - juris Rn. 24 f.; „Rückwirkung, nur dann und soweit - wie nur teilweise erfolgt - auch tatsächlich angeordnet“; vgl. auch VG Karlsruhe, U.v. 20.6.2022 - 14 K 480/21 - juris Rn. 85 mit Hinweis auch auf gegenteilige Auffassungen; VG Freiburg, U.v. 17.5.2022 - 10 K 368/21 - juris Rn. 17) erhält, wer auf Grund des IfSG als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, sowie bei vorsorglicher Absonderung bzw. Nichtausübung beruflicher Tätigkeiten, wenn schon zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende Anordnung hätte erlassen werden können.
19
Der - hier allerdings nicht ausdrücklich geltende gemachte - Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für soziale Sicherung nach § 58 Satz 1 IfSG setzt das Bestehen eines Entschädigungsanspruches nach § 56 Abs. 1 oder Abs. 1a IfSG voraus.
20
Bei den Bestimmungen des § 56 ff. IfSG handelt es sich um eine infektionsschutzrechtliche Billigkeitsregelung (Eckart/Kruse in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Eckart/Winkelmüller, 12. Ed. Stand 1.7.2022, § 56 IfSG Rn. 10; Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 3). Ein Anspruch kommt gerade auch bei einer behördlicherseits angeordneten Absonderung bzw. häuslichen Isolation in Betracht (Eckart/Kruse in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Eckart/Winkelmüller, 12. Ed. Stand 1.7.2022, § 56 IfSG Rn. 26; Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 21 f.).
21
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 bis 3 IfSG liegen nicht vor.
22
Der klägerische Hinweis, dass es sich bei dieser Regelung um eine soziale Absicherungsmaßnahme handele, führt nicht zu einem Anspruch, wenn die vom Gesetzgeber dafür festgelegten Voraussetzungen fehlen. Der Beklagte hat in seinen Schriftsätzen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anordnung von einer deutschen Behörde aufgrund des deutschen Infektionsschutzgesetzes erfolgt sein müsse. Vorliegend habe jedoch eine österreichische Behörde eine Absonderungsanordnung aufgrund des österreichischen Epidemiegesetzes erlassen. Dies erfülle nicht die Voraussetzung des § 56 Abs. 1 IfSG.
23
Dieses Verständnis der Regelung seitens des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Es entspricht den üblichen Auslegungsmethoden (nach Wortsinn, systematischem Zusammenhang, Sinn und Zweck, Gesetzgebungsgeschichte). Nach § 56 Abs. 1 IfSG muss die Anordnung „aufgrund dieses Gesetzes“ erfolgen, d.h. gerade auf dem - deutschen - IfSG bzw. dessen Vollzug beruhen (Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 15). Verbote, die ausschließlich auf Basis anderer Vorschriften beruhen, können keinen Anspruch begründen (Gerhardt, IfSG, 6. Aufl. 2022, § 56 Rn. 6; VG Karlsruhe, U.v. 20.6.2022 - 14 K 480/21 - juris Rn. 96 ff., 98, 102, 104 zu überholender Schließungsanordnung). Die Absonderungsanordnung nach dem IfSG muss dabei alleinige Ursache für den Verdienstausfall sein (VG Gera, U.v. 14.10.2021 - 3 K 280/21 Ge - juris Rn. 16; Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 25). Nach der Gesamtkonzeption und dem Gesetzeszweck der Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG als eng auszulegende und zudem subsidiäre Billigkeitsregelung soll nach der gesetzgeberischen Zielsetzung gerade kein voller Ausgleich erfolgen, sondern lediglich das als notwendig Erachtete in einer bestimmten Konstellation. Daher ist nicht jeder von einer Quarantäne oder Absonderung Betroffene vollkommen schadlos zu halten, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen in einem gewissen Umfang (vgl. VG Bayreuth, U.v. 18.10.2021 - B 7 K 21.292 - juris Rn .35 f.). § 56 IfSG erfasst danach eindeutig und unstreitig keine infektionsschutzrechtlichen Anordnungen anderer Staaten, wie Österreich, nach deren Recht, sondern nur Anordnungen einer deutschen Behörde in Ausübung der Hoheitsgewalt des deutschen Staates. Nur daran knüpft die Regelung des § 56 IfSG an.
24
Ein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung resultiert auch nicht aus § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG. Der Hinweis der Klägerin, dass sie auch nach Deutschland hätte einreisen und einen Coronatest hätte machen können und sie dies unterlassen habe, um aufgrund der langen Fahrstrecke eine Ansteckung Dritter zu vermeiden, verfängt nicht.
25
Der Beklagte hat dazu plausibel schon ausgeführt: Mit § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG habe der Gesetzgeber auf das Problem der zeitverzögerten Absonderungsanordnung reagiert. Personen, die sich etwa nach einem positiven Testergebnis aus Vorsicht selbst isolierten, hätten bis zum Vorliegen einer behördlichen Absonderungsanordnung zuvor keinen Entschädigungsanspruch gehabt (vgl. BT-Drs. 19/27291, 65). Aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG, wonach die vorsorgliche Absonderung oder Tätigkeitseinstellung „bereits vor der Anordnung“ der entsprechenden Maßnahme den Entschädigungsanspruch eröffnen könne, folge die Voraussetzung, dass eine solche Anordnung im Sinne des § 30 IfSG im Nachhinein tatsächlich ergehe. Eine solche sei hier nicht erlassen worden. Zudem bestehe kein Raum für den Rückgriff auf die Ermessensvorschrift des § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG, da dem Zweck der sozialen Sicherung der Klägerin durch die Möglichkeit der Antragstellung in Österreich ausreichend Genüge getan sei.
26
Dieser Rechtsauffassung ist zu folgen. Denn auch mit Blick auf § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG ergibt sich aus Gesetzeswortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Gesetzgebungsgeschichte, dass die Anordnung einer deutschen Behörde tatsächlich noch nachträglich (nach „vorauseilendem Gehorsam“) ergeht, auch um Missbrauch vorzubeugen (VG Frankfurt, U.v. 14.7.2021 - 5 K 546/21.F - juris Rn. 22; VG Bayreuth, U.v. 21.6.2021 - B 7 K 21.110 - juris Rn. 26 mit Begründung im Einzelnen; Sobotta, jurisPR-ArbR 42/2021 Anm. 5; a.A. Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 24a, gegebenenfalls rechtsverbindliche Feststellung erst im Entschädigungs- und Erstattungsverfahren, auch mit Hinweis auf überlastete Gesundheitsämter, die keine Anordnungen erlassen), oder zumindest rechtverbindlich festgestellt wird (Eckart/Kruse in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Eckart/Winkelmüller, 12. Ed. Stand 1.7.2022, § 56 IfSG Rn. 26a). An einer entsprechenden nachfolgenden deutschen Anordnung oder rechtverbindlichen Feststellung mangelt es.
27
Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung in § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG dem Umstand Rechnung tragen, dass in der Praxis eine Einstellung der Erwerbstätigkeit bzw. eine häusliche Absonderung bereits vor Erlass einer behördlichen Anordnung stattfindet, und auch für die Fälle derartiger Vorsorge eine Entschädigungsleistung ermöglichen (BT-Drs. 19/27291, 65; Eckart/Kruse in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Eckart/Winkelmüller, 12. Ed. Stand 1.7.2022, § 56 IfSG Rn. 26a); er „belohnt“ also im Interesse des Infektionsschutzes die Vorsicht (Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 24). Die Regelung bezieht sich systematisch sowie nach seinem Wortlaut auf die vorhergehenden Sätze 1 und 2 des § 56 Abs. 1 IfSG mit den dort genannten behördlichen Absonderungsanordnungen und behördlichen Tätigkeitsverboten und beschränkt sich auf diese; sie erstreckt sich nicht auf sonstige Vorsorgemaßnahmen (vgl. Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 24).
28
Aber selbst wenn man auch der Mindermeinung folgen wollte (Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 24a), wonach eine ausdrückliche Anordnung der deutschen Behörde nicht zwingend nachfolgen muss und die rechtsverbindliche Feststellung auch noch im Entschädigungs- und Erstattungsverfahren erfolgen könne, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar hätte bei einer Reise der Klägerin nach Deutschland theoretisch eine weitere, jetzt deutsche Absonderungsanordnung ergehen können. Jedoch spricht gleichwohl die schon ergangene österreichische Anordnung gegen eine deutsche Entschädigungspflicht, weil die deutsche Anordnung nicht die alleinige Ursache für häusliche Isolation wäre und zudem ein Anspruch auch gegenüber dem österreichischen Staat dem Grunde nach besteht (siehe nachfolgend).
29
Denn ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG setzt Monokausalität zwischen der Anordnung auf Basis des IfSG und dem Verdienstausfall tatbestandlich voraus (VG Karlsruhe, U.v. 20.6.2022 - 14 K 480/21 - juris Rn. 96 ff.; VG Augsburg, U.v. 17.1.2022 - Au 9 K 21.1925 - juris Rn. 23 „und dadurch einen Verdienstausfall erleidet“; VG Frankfurt, U.v. 20.7.2021 - 5 K 578/21.F - juris Rn. 20, 23; Eckart/Kruse in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Eckart/Winkelmüller, 12. Ed. Stand 1.7.2022, § 56 IfSG Rn. 38), an der es infolge der zusätzlichen österreichischen Anordnung von vornherein fehlt. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie in aus infektionsschutzrechtlicher Sicht löblicher Weise nicht auch noch nach Deutschland gereist ist, um sich hier testen zu lassen, resultiert hieraus mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen gleichwohl kein Entschädigungsanspruch (vgl. VG Frankfurt, U.v. 13.4.2021 - 5 K 109/21.F - juris Rn. 17 f.). Es genügt nicht, dass sich die Klägerin ohne staatliche Maßnahme seitens der zuständigen deutschen Behörde einfach selbst isoliert (Kruse, Quarantäne-Entschädigungen bei Erkrankung des Abgesonderten, ARP 2021, 116, 117 Nr. III.; Stöß/Putzer, Entschädigung wegen Verdienstausfall während der Corona-Pandemie, NJW 2020 1465, 1466 Nr. II.1.b). Im Fall des § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG muss die Kausalität zwischen der hypothetischen Anordnung nach § 31 IfSG und dem Verdienstausfall bestehen (Gerhardt, IfSG, 6. Aufl. 2022, § 56 Rn. 11). Nur dann greifen auch die Billigkeitserwägungen.
30
Als weiterer, selbst tragender Grund spricht gegen einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung für die Klägerin, dass der Anspruch nach § 56 ff. IfSG subsidiär ist, zumal auch hier gegenüber dem österreichischen Staat dem Grunde nach ein Anspruch auf Verdienstentgang nach österreichischem Recht - bei rechtzeitiger Antragstellung - dem Grunde nach bestanden hätte. Die gegenteilige Behauptung der Klägerseite geht fehl. Die Regierung von Unterfranken hat in ihren Schriftsätzen im Klageverfahren zutreffend auf die Entschädigungsmöglichkeit nach österreichischem Recht hingewiesen. Sie hat sinngemäß ausgeführt: Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe mit Beschluss vom 20. Oktober 2021 festgestellt, dass im Hinblick auf die Frage, ob ein Sachverhalt im Sinne des Territorialitätsprinzips im Inland verwirklicht worden sei, allein auf die den Vergütungsanspruch (gem. § 32 Abs. 1 des österreichischen Epidemiegesetzes) begründende behördliche Maßnahme und nicht auf den dadurch erlittenen Vermögensnachteil abzustellen sei. Daraus folge, dass bei Absonderungsanordnungen österreichischer Behörden für Betroffene mit österreichischem Wohnsitz und gleichzeitiger Erwerbstätigkeit im Ausland, die Absonderungsmaßnahme ausnahmslos in Österreich ihre Wirkung entfalte. Bereits nach österreichischem Recht bestehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs. Bei § 56 IfSG handele es sich nur um eine Billigkeitsentschädigung, die subsidiär gewährt werde. In diesem Zusammenhang werde auf § 49 Epidemiegesetz hingewiesen, wonach eine Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme bestehe, binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Maßnahme getroffen worden sei, möglich sei. Im Falle der verspäteten Antragstellung gegenüber einer ausländischen Behörde bestehe kein Schutzbedürfnis. Abschließend werde nochmals darauf hingewiesen, dass nicht nur der Rückgriff auf § 56 IfSG mangels Absonderungsanordnung einer deutschen Behörde vorliegend ausgeschlossen sei, sondern dafür aufgrund der österreichischen Vollzugspraxis letztlich auch kein Bedürfnis bestehe.
31
Die Rechtsauffassung des Beklagten entspricht der deutschen Rechtslage.
32
Nach der Systematik und dem Sinn und Zweck des § 56 IfSG als Billigkeitsregelung kommt eine Erstattung nicht in Betracht, wenn eine anderweitige Lohnfortzahlung, Entschädigung usw. erfolgt ist oder hätte in Anspruch genommen werden können (Subsidiarität). Das Nichtbestehen anderweitiger Ansprüche ist (negatives) Tatbestandsmerkmal für einen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG (OLG Hamm, U.v. 29.10.2021 - I-11 U 60/21 - juris Rn. 5; VG Karlsruhe, U.v. 10.5.2021 - 9 K 67/21 - juris Rn. 67). Die infektionsschutzrechtliche Billigkeitsentschädigung ist subsidiär; ein Entschädigungsbedürfnis ist nicht gegeben, wenn der Verdienstausfall nicht allein durch die Absonderung einer deutschen Behörde eintritt (Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 25). Die Klägerin muss sich entgegenhalten lassen, eine Vergütung für den Verdienstentgang infolge der österreichischen Anordnung nicht in Österreich beantragt zu haben. Weder aus Billigkeitsgründen noch unter dem Aspekt der sozialen Sicherung muss der deutsche Staat einspringen.
33
Ein Selbständiger muss sich im Übrigen etwa auch entgegenhalten lassen, dass er sich bewusst nicht (kranken) versichert und sich so Versicherungsbeiträge erspart hat und sich das einkalkulierte Risiko im Nachhinein verwirklicht (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.1.2022 - W 8 K 21.1139 - juris). Wer sich als Selbständiger nicht gegen das Risiko einer Erwerbsunfähigkeit abgesichert hat, darf nicht darauf hoffen bei einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Infektion nun aufgrund behördliche angeordneter Isolation den Verdienstausfall erstattet zu bekommen (Lorenzen, Zur Entschädigungsleistung bei Quarantäne, COVuR 2021, 722 Nr. III.).
34
Der Klägerbevollmächtigte hat in seinem Schriftsatz vom 27. Juni 2022 ausdrücklich vorgebracht, dass die Klägerin an ihrem Wohnort in Österreich erstmals Symptome festgestellt habe, die auf eine Corona-Erkrankung hingewiesen hätten, konnte aber in der mündlichen Verhandlung nichts Näheres dazu sagen, insbesondere auch nicht dazu, ob die Klägerin dadurch arbeitsunfähig erkrankt war. Eine solche Erkrankung hatte die Klägerin in ihrem Antrag vom 27. März 2022 gegenüber der Regierung noch bestritten. Dieser Aspekt braucht indes nicht weiter vertieft zu werden, sondern kann vielmehr offengelassen werden, weil er nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr entscheidungserheblich ist.
35
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die deutsche Regelung europarechtswidrig wäre. Insbesondere ist nicht ansatzweise zu erkennen, dass - wie die Klägerseite meint - das EU-Recht den deutschen Staat dazu verpflichte, den Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG auf die Fälle zu erstrecken, in denen eine Auferlegung der Quarantäne erfolgt sei, welche die grenzüberschreitende Arbeitsleistung unmöglich mache. Insofern hat die Beklagtenseite schon zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin keine konkreten Normen oder Grundsätze des EU-Rechts benannt habe, die die klägerische Argumentation konkret hätten stützen können. Vielmehr habe das österreichische Recht mit § 32 Epidemiegesetz eine eigene Rechtsgrundlage für die Geltendmachung einer Verdienstausfallentschädigung zur Verfügung gestellt, so dass schon gar kein Bedürfnis für die Anwendung einer dem europarechtlich zugrundeliegenden Gleichbehandlungsmaxime oder europarechtlichen Grundfreiheiten bestehe. Des Weiteren entspreche dem bayernweiten Vollzug, dass ein österreichischer Staatsangehöriger bei umgekehrter Fallkonstellation in Deutschland eine Verdienstausfallentschädigung unabhängig von der Staatsangehörigkeit erhalten hätte, wenn er aufgrund der Absonderungsanordnung einer deutschen Behörde einen Verdienstausfall erlitten hätte.
36
Das Vorbringen des Beklagten ist plausibel und zutreffend. Gerichtsbekannt (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 - W 8 K 21.896 - BeckRS 2021, 46998) sind zudem Fallkonstellationen, in denen die Quarantäneanordnungen deutscher Behörden Ausländer betrafen, die in Deutschland arbeiteten und für die ebenfalls dem Grunde nach ein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach deutschem Recht in Betracht kam. Der Beklagte hat zu Recht sowohl auf die bestehende Anspruchsmöglichkeit Deutscher in Österreich nach österreichischem Recht als auch auf die Anspruchsmöglichkeit von Österreichern in Deutschland bei umgekehrter Fallkonstellation sowie auf grenzüberschreitende Fälle in Niederbayern verwiesen. Wird aber danach in Österreich auf den Wohnsitz bzw. den Ort, wo die Absonderungsmaßnahme ihre Wirkung entfaltet (innerhalb des österreichischen Staates mit Zuständigkeit der österreichischen Behörde; vgl. Lvwg [Landesverwaltungsgericht] Oberösterreich, B.v. 5.10.20221 bzw. 20.10.2021 [veröffentlicht] -751573/2/ER/NiF - unter Nr. IV.3 und IV.4; https://www.lvwg-ooe.gv.at/Entscheidungen/2021/751573_2.pdf bzw. https://www.jusline.at/entscheidung/698493), abgestellt und - ebenso wie in Deutschland - nicht auf die Nationalität, ist nicht ansatzweise erkennbar, inwiefern europarechtliche Bedenken bestehen sollten. Insbesondere ist für eine Inländerdiskriminierung nichts ersichtlich, zumal bei einer deutschen Staatsangehörigen. Die Klägerseite hat ihre europarechtlichen Bedenken nur schlicht behauptet, aber nicht weiter konkretisiert und argumentativ untermauert, insbesondere keine möglicherweise verletzten europäischen Normen genannt. Die grenzüberschreitende Arbeitsleistung wird zudem nicht durch den deutschen Staat, sondern durch die österreichische Anordnung unmöglich gemacht, sodass auch unter diesem Blickwinkel eine Entschädigung durch den deutschen Staat europarechtlich nicht gefordert ist.
37
Nach alledem fehlen aus verschiedenen, jeweils für sich selbst tragenden Gründen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG.
38
Zum Zinsanspruch ist grundsätzlich anzumerken, dass auch bei Verpflichtungsklagen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB analog Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit gemäß § 80 VwGO (VG Osnabrück, U.v. 12.7.2022 - 3 A 46/21 - juris Rn. 49) entstehen, wenn - wie hier - der Erlass eines die Zahlung unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes eingeklagt wird und der Anspruch der Höhe nach unmittelbar beziffert ist oder sich rechnerisch unzweifelhaft ermitteln lässt (Wolff in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 62. Ed. 1.7.2022, § 90 Rn. 20 ff.; Kopp, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 90 Rn. 22 f.).
39
Jedoch steht der Klägerin mangels Entschädigungsanspruch in der Sache auch kein Zinsanspruch zu (VG Koblenz, U.v. 10.5.2021 - 3 K 108/21.KO - juris Rn. 18, 34).
40
Demnach war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
41
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.