Titel:
Zulassung eines Syndikusrechtsanwalt im öffentlichen Dienst
Normenkette:
BRAO § 46a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 7 Nr. 8
Leitsätze:
1. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ist nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Zulassung scheidet insbesondere dann aus, wenn die hoheitlichen Maßnahmen innerhalb der Organisationseinheit getroffen werden, welcher der Angestellte angehört, und wenn der Angestellte hieran mit Entscheidungskompetenz beteiligt ist. Fungiert der Angestellte dagegen lediglich als rechtliche Prüfstelle, ohne weisungsbefugt zu sein, ist eine Zulassung nicht nach § 7 Nr. 8 BRAO ausgeschlossen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anwaltszulassung, Syndikusrechtsanwalt, juristische Person des öffentlichen Recht, hoheitliche Tätigkeit, Weisungsbefugnis
Fundstellen:
BRAK-Mitt 2022, 331
LSK 2022, 26385
BeckRS 2022, 26385
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Beigeladenen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 25.000,- € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
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Die Beigeladene ist aufgrund Arbeitsvertrages vom 18.12.2020 seit 1.1.2021 als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der () in München beschäftigt. Sie beantragte am 18.12.2020 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwältin. Die - die spätere Beklagte -hörte gemäß § 46a Abs. 12 S. 1 BRAO die deutsche (die spätere Klägerin) an. Diese äußerte Bedenken, da die Beigeladene eine hoheitliche Tätigkeit ausübe. Dies sei gemäß § 7 Nr. 8 BRAO mit der Stellung als Rechtsanwältin nicht vereinbar. Dies stützte die Klägerin zunächst darauf, dass es zu den Aufgaben der Beigeladenen gehöre, hoheitliche Maßnahmen, wie zum Beispiel den Erlass von Verwaltungsakten beratend vorzubereiten und die in Gerichtsverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Sozialgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit zu vertreten. Die Beklagte folgte dieser Argumentation nicht.
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Gemäß § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zwischen der und der Beigeladenen werden die von der Beigeladenen zu erbringenden Tätigkeiten beschrieben wie folgt:
„- Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhaltes, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
- Erteilung von Rechtsrat,
- Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbstständige Führen von Verhandlungen, oder auch die Verwirklichung von Rechten und
- die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.“
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Weiterhin ist ausgeführt:
„Der Arbeitnehmer arbeitet im Rahmen der Berufsausübung als Syndikusrechtsanwalt fachlich unabhängig (§ 46 Abs. 3, 4 BRAO). Er unterliegt keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen.“
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Dem Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwältin war eine Tätigkeitsbeschreibung beigefügt. Die Organisationsbeschreibung für das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen enthält folgende allgemeine Ausführungen:
„ () hat die Aufgabe, die Beachtung der Rechtsvorschriften in der Apotheke und in sonstigen Bereichen apothekerlicherTätigkeiten zu überwachen und erforderlichenfalls auf deren Einhaltung einzuwirken. Dem Vorstand der stehen hier mehrere berufsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten bis hin zur Anrufung der Berufsgerichte zur Verfügung. Bei Gesetzesverstößen wird die - durch die Rechtsabteilung - repressiv tätig bis hin zur Durchsetzung mittels berufsgerichtlicher Urteile. Den anwaltlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Rechtsabteilung kommt als Schwerpunkt ihrer Tätigkeit dabei eine Beratungsfunktion des Vorstands als Organ der vor Gericht zu. Diesbezüglich handelt es sich um klassische anwaltliche Tätigkeiten für den Arbeitgeber. Insbesondere eine Vertretung der Körperschaft vor Gericht als Prozessvertreter stellt keine hoheitliche Tätigkeit dar (vgl. BayAGH I-2-12/16).“
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Im folgenden werden die Aufgabenbereiche der Beigeladenen genauer dargestellt:
„Die Abteilung Dienstbereitschaft und Rezeptsammelstellen ist im Rahmen einer übertragenen Staatsaufgabe für die Einteilung der Notdienste und damit zusammenhängender Arbeiten sowie für die Unterhaltung von Rezeptsammelstellen nach den §§ 23, 24 Apothekenbetriebsordnung zuständig. Diese Abteilung ist mit 2 nichtakademischen Vollzeitmitarbeitern besetzt, die die dort anfallenden Tätigkeiten im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigen. Die Beratungsfunktion beschränkt sich daher im Wesentlichen auf die Kontrolle und rechtliche Beratung dieser Abteilung.“
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Weiterhin sollte die Beigeladene im Bereich des Beitragswesens eingesetzt werden. Hier werden ihre Aufgaben beschrieben wie folgt:
„Sie übernimmt zum Beispiel im Beitragswesen in Abstimmung mit dem Beitragsausschuss das abschließende Mahnverfahren (Abschluss von Stundungsvereinbarungen bis zur Beauftragung des Gerichtsvollziehers etc.). Zudem prüft sie Erfolgsaussichten von hauptsächlich wettbewerbsrechtlichen Musterverfahren von der Sachverhaltsanalyse bis zur Gremienbefassung. …“
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Die Beklagte hat - gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - in diesen Tätigkeiten keinen Grund für die Versagung der Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin gesehen. Es handele sich um vorbereitende und beratende, nicht aber um die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Durch Bescheid vom 06.04.2021 hat die Beklagte die Beigeladene zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwältin zugelassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 06.04.2021 verwiesen. Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.04.2021 zugestellt.
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Gegen diesen Bescheid erhob die mit Fax vom 20.05.2021, eingegangen am 20.05.2021 beim BayAGH München Klage. Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 06.04.2021, zugestellt am 22. 4. 2021 aufzuheben.
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Durch Beschluss vom 21.05.2021 hat der BayAGH durch den Vorsitzenden Frau Assessorin zum Verfahren beigeladen.
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Mit Schriftsatz vom 6. 7. 2021 hat die Klägerin die Klage begründet. Die vertritt die Auffassung, die Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin sei gem. §§ 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 7 Nr. 8 BRAO zu versagen. Insoweit halte die Klägerin zwar nicht mehr daran fest, dass auch eine beratende oder vorbereitende Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts auf die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit gerichtet sei. Jedoch sei davon auszugehen, dass die Beigeladene nicht nur eine vorbereitende oder beratende Tätigkeit erbringe. Die Erteilung einer Befreiung von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft sowie die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Rezeptsammelstelle stellten Verwaltungsakte dar. Auch wenn die Beigeladene im Einzelfall diese Verwaltungsakte nicht selbst erlasse, sei jedoch davon auszugehen, dass sie den Mitarbeiterinnen der Weisungen erteile, entsprechende Verwaltungsakte zu erlassen oder aufzuheben. Dies ergebe sich daraus, dass die Beigeladene in dem Internetauftritt der Abteilungen Rezeptsammelstelle und Dienstbereitschaft vorgestellt werde. Die erhebe von ihren Mitgliedern Beiträge durch Bescheid. Auch gegenüber den für die Beitragserhebung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der sei die Beigeladene weisungsbefugt.
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Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 31. 8. 2021 zu der Klage Stellung genommen. Die Beigeladene führt aus, dass der Versagungsgrund gemäß § 7 Nr. 8 BRAO nicht vorliege. Die Beigeladene sei gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die über hoheitliche Maßnahmen entscheiden, nicht weisungsbefugt. Der Internetauftritt sei irreführend gewesen. Er sei deswegen dahingehend geändert worden, dass die Beigeladene als Mitarbeiterin der rechtlichen Prüfstelle für die Abteilungen „Befreiung von der Dienstbereitschaft“ und „Erlaubnis des Betriebs einer Rezeptsammelstelle“ erscheine.
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Im Rahmen ihrer tatsächlichen Tätigkeit habe sie den für hoheitliche Maßnahmen zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Weisungen erteilt. Vielmehr sei durch die Rechtsabteilung eine rechtliche Kontrolle der Bescheide durchgeführt worden. Weiterhin seien die Mitarbeiterinnen für die Befreiung von der Verpflichtung des Notdienstes und der Rezeptsammelstelle bei der Ausübung ihrer Befugnisse von ihr rechtlich beraten worden. Weisungsbefugt gegenüber diesen Mitarbeiterinnen sei der Vorstand der . Weiterhin würden Weisungen durch den Geschäftsführer, Herrn erteilt.
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Beitragsbescheide würden computergestützt eigenverantwortlich durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Buchhaltung erstellt. Durch die Mitarbeiter/innen der Rechtsabteilung erfolge lediglich eine juristische Beratung und Begleitung bei der Durchführung des Mahnverfahrens. Diese würden nur vorbereitend tätig, Weisungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Buchhaltung würden durch die Rechtsabteilung nicht erteilt.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beigeladene sei für die Rechtsabteilung der tätig. Zu ihren Aufgaben gehöre die Kontrolle und die rechtliche Beratung der Mitarbeiterinnen der Abteilungen für die Erteilung von Befreiungen von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft sowie für die Rezeptsammelstelle. Im Rahmen des Beitragswesens habe die Beigeladene tatsächlich keinerlei Tätigkeit erbracht. Im Übrigen gehöre es auch hier nur zu ihren Aufgaben, das Mahnverfahren rechtlich zu begleiten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Buchhaltung bei der Durchführung des Mahnverfahrens zu unterstützen.
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Mit Schriftsatz vom 07.10.2021 führt die Klägerin aus, es sei nicht glaubhaft, dass der Internetauftritt der in seiner ursprünglichen Fassung unzutreffend gewesen sei. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage sei der Zeitpunkt des Erlasses des Zulassungsbescheides.
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Zu diesem Zeitpunkt sei die Beigeladene entsprechend dem Internetauftritt als Leiterin der Abteilung für die Befreiung von der Verpflichtung zum Notdienst sowie die Erlaubnis zum Betrieb einer Rezeptsammelstelle tätig gewesen. Es werde bestritten, dass allein Herr Vorgesetzter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Abteilungen gewesen sei. Weiterhin widerspreche dies dem hierarchischen Aufbau der . Es sei unklar, wer diese Kompetenzen wahrnehme, wenn Herr verhindert sei.
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Die Klägerin beantragt, Herrn … als Zeugen zu vernehmen, dass die Beigeladene gegenüber den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dieser Abteilungen weisungsbefugt gewesen sei.
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Die Beigeladene wiederholt mit Schriftsatz vom 26.10.2021 die Ausführungen in der Stellungnahme zur Klage. Sie sei nur im Rahmen des Arbeitsvertrages und der Tätigkeitsbeschreibung für die tätig gewesen. Im Rahmen des Beitragswesens habe sie keine Aufgaben wahrgenommen. Weisungsbefugt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilungen für die Erteilung von Befreiungen von der Verpflichtung, Notdienst zu leisten sowie für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Rezeptsammelstelle seien der Vorstand sowie Herr Dr. Schmitt. Sei dieser verhindert, werde er durch Herrn , den stellvertretenden Geschäftsführer (Finanzen) vertreten. Dies bestätigt Herr durch die Unterschrift unter diesen Schriftsatz.
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Die Beklagte führt aus, es sei zutreffend, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides zur Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe aber auch die Klägerin keinerlei Zweifel daran gehabt, dass die Beigeladene für die entsprechend dem Arbeitsvertrag und der Tätigkeitsbeschreibung tätig werde. Vielmehr sei sie der Erteilung der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin entgegengetreten, weil sie der Auffassung gewesen sei, dass auch vorbereitende und beratende Tätigkeit der Rechtsabteilung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der, die hoheitlich tätig seien, die Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem. § 7 Nr. 8 BRAO rechtfertige. Das Vorbringen gem. Schriftsatz vom 07.10.2021 enthalte lediglich Vermutungen und Annahmen, die auf den ursprünglichen Internetauftritt der Beigeladenen bei der gestützt seien. Tatsächlich sei die Beigeladene lediglich beratend tätig und habe gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der keine Weisungsbefugnis.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen t. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.07.2022 Bezug genommen,
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Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
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1. Der BayAGH ist gemäß § 112a Abs. 1 BRAO sachlich zuständig. Weiterhin ist der Rechtsweg zum BayAGH eröffnet. Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Der Bescheid vom 06.04.2021, durch den die Beigeladene als Syndikusrechtsanwältin zugelassen wurde, stellt einen Verwaltungsakt dar und ist auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ergangen.
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Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 112b BRAO.
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Die Klägerin hat die Klage innerhalb der Monatsfrist gemäß § 74 VwGO erhoben. Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.04.2021 zugestellt. Die Klage gegen diesen ging am 20.05.2021 bei Gericht ein.
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Die Klägerin ist klagebefugt. Sie kann gemäß § 46a Abs. 2 S. 1 BRAO geltend machen, durch die Zulassung der Beigeladenen in eigenen Rechten verletzt zu sein.
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2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die Beklagte die Beigeladene zu Recht auf ihren Antrag als Syndikusrechtsanwältin zugelassen.
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In formeller Hinsicht ist der angegriffene Bescheid nicht zu beanstanden.
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In materieller Hinsicht liegt ein Versagungsgrund gemäß §§ 46a Abs. 1 Nr. 2, 7 Nr. 8 BRAO nicht vor.
29
Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass die Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar ist. Im Urteil vom 06.05.2019, - AnwZ (Brfg) 31/17 führt der BGH aus:
„Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat, ist eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar … Das juristische Personen des öffentlichen Rechts mit gemeint sind, folgt insbesondere aus der Vorschrift des § 46 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 BRAO. Diese ermöglicht die Zulassung von Verbandsyndikusrechtsanwälten, die die erlaubten Rechtsdienstleistungen ihrer Arbeitgeber (Vereinigungen oder Gewerkschaften) gegenüber deren Mitgliedern erbringen, und verweist hierzu auf § 8 Abs. 1 Nummer 2 RDG. In der amtlichen Begründung heißt es dazu, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten Berufskammern sollten hiermit ebenso erfasst werden wie die privatrechtlich organisierten Wohlfahrtsverbände der als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Kirchen …(Rn. 18, 19).“
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Weiterhin führt der BGH in dieser Entscheidung aus:
„Entgegen der Ansicht der Klägerin erfüllt die Vorbereitung hoheitlicher Maßnahmen durch Stellungnahmen, Gutachten und mündliche oder schriftliche Beratungen nicht die Voraussetzungen des § 7 Nr. 8 BRAO. Die Beigeladene ist Angehörige des öffentlichen Dienstes, dem Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitlicher Gewalt überträgt. Gleichwohl ist, wie gezeigt, nicht jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ausgeschlossen. Ob eine Zulassung erfolgen kann, erfordert vielmehr eine Einzelfallprüfung, welche der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten im öffentlichen Dienst gerecht wird. Im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit hat die Beigeladene (nur) mit den jeweils zur Entscheidung und zur Umsetzung der Entscheidung berufenen Stellen innerhalb der Verwaltung des Landkreises zu tun. Ihre Tätigkeit unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen eines externen Beraters, der aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags ein Rechtsgutachten erstattet.“ (Rn. 24).
„Übt die Beigeladene demgegenüber hoheitliche Befugnisse aus, ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu versagen (§ 7 Nr. 8 BRAO). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Beigeladene nach außen hin als Entscheidungsträgerin in Erscheinung tritt oder als solche zu erkennen ist. Nicht das äußere Erscheinungsbild ist maßgeblich, sondern der objektive Inhalt der Tätigkeit, mithin die tatsächlich bestehende Entscheidungsbefugnis. Eine Zulassung scheidet demnach insbesondere dann aus, wenn die hoheitlichen Maßnahmen innerhalb der Organisationseinheit getroffen werden, welcher der Angestellte angehört, und wenn der Angestellte hieran mit Entscheidungskompetenz beteiligt ist. Fungiert der Angestellte dagegen lediglich als rechtliche Prüfstelle, ohne weisungsbefugt zu sein, ist eine Zulassung nicht nach § 7 Nr. 8 BRAO ausgeschlossen“ (BGH Urt. v. 3.2.2020 - AnwZ (Brfg) 36/18 - juris).
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Schließlich hebt der BGH in der zuerst genannten Entscheidung hervor, dass die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt voraussetzt, dass die Beigeladene fachlich unabhängig und eigenverantwortlich tätig ist (BGH, Urt. V. 6.5.2019 - AnwZ (Brfg) 31/17 -, juris (Rn. 28)).
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Aufgrund des Akteninhalts sowie der Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass die Beigeladene keine hoheitliche Tätigkeit wahrnimmt. Die Beschreibung der Aufgaben der Beigeladenen in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sowie in Ziffer 2 Abs. 1 und 5 der Tätigkeitsbeschreibung haben lediglich vorbereitende und beratende Aufgaben zum Gegenstand. Die Aufgaben der Beigeladenen unterscheiden sich demnach nicht von den Aufgaben eines externen Beraters, der aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags für die tätig wird.
34
Die Ausführungen der Beigeladenen und der Beklagten zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben der sind plausibel. Die Beigeladene hat ausgeführt, dass sie als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung eingestellt worden sei. In diesem Zusammenhang sei sie für die Abteilung
„Notdienst und Rezeptsammelstelle“ zuständig gewesen. Insbesondere im Zusammenhang mit Betriebsschließungen, aber auch Fällen der Verhinderung aufgrund der Coronapandemie hätten sich rechtliche Fragen für die Ausgestaltung und Anpassung des Dienstplanes ergeben. Außerdem sei es um die Zulässigkeit der Einrichtung von Rezeptsammelstellen gegangen. Da die in der Abteilung tätigen Sachbearbeiterinnen keine Juristen gewesen seien, habe sie die Abteilung über die aktuelle Rechtsprechung informiert, rechtlich beraten, Prozessrisiken abgeschätzt und bei der Abfassung der betreffenden Bescheide unterstützt. Bei Uneinigkeit zwischen ihrer Auffassung und der der Sachbearbeiterinnen, sei der entsprechende Vorgang der Geschäftsführung zur Entscheidung vorgelegt worden; denn sie selbst habe gegenüber den Sachbearbeiterinnen kein Weisungsrecht gehabt. Darüber hinaus habe sie Anfragen von Apothekern zur Rechtslage beantwortet. Sie könne sich nicht erinnern, jemals einen Bescheid unterschrieben zu haben. Zu ihren Aufgaben habe dies jedenfalls nicht gehört. Die Ausführungen der Beigeladenen werden durch die Vernehmung des Zeugen bestätigt. Dieser hat t bekundet, dass die Beigeladene als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung eingestellt worden sei. Sie sei für die Betreuung der Abteilung „Notdienst und Rezeptsammelstellen“ zuständig gewesen. In dieser Abteilung seien 2 Mitarbeiterinnen ohne akademische Vorbildung tätig. Aufgrund zunehmender Apothekenschließungen komme es gerade in diesem Bereich zu strittigen Fragen, bei denen auch mit Klagen betroffener Apotheker gerechnet werden müsse. Die Beigeladene habe - ebenso wie ihre als Syndikusanwältin zugelassene Vorgängerin und Nachfolgerin - die Geschäftsführung bei strittigen Fragen in zahlreichen Gesprächen beraten. Die Entscheidung strittiger Fragen habe bei ihm als Geschäftsführer gelegen. Auf Vorhalt des Klägervertreters, dass die von der gewählte Organisationsform der Aufgliederung in Abteilungen ohne jeweils eigenen Abteilungsleiter ungewöhnlich sei, führte der Zeuge aus, das möge schon sein, habe sich aber für die bewährt. Die Aussage erscheint glaubhaft. Sie wird durch die zur Akte gereichten Urkunden, aber auch die in Abwesenheit des Zeugen erfolgte Aussage der Beigeladenen bestätigt. Sie ist geeignet, die Verwaltungsabläufe der plausibel zu erklären. Darüber hinaus hat der Zeuge auch nachvollziehbar dargestellt, wie die derzeitige Organisationsform unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs bei der gewachsen ist. Die Ausführungen des Zeugen erscheinen auch deshalb plausibel, weil es sich bei der Beigeladenen um eine Berufsanfängerin im ersten Jahr der Beschäftigung handelt. Diesem Personenkreis wird üblicherweise nicht die eigenverantwortliche Leitung einer Abteilung mit Weisungsbefugnissen gegenüber den Mitarbeiter/innen übertragen. Der Grad der Verantwortung spiegelt sich auch in der Höhe des Einstiegsgehalts.
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Allein aufgrund des ursprünglichen Internetauftritts der wäre die Versagung der Zulassung gemäß § 7 Nr. 8 BRAO nicht gerechtfertigt. Der Internetauftritt bezeichnete die Beigeladene zwar ursprünglich als Leiterin Notdienst und als Leiterin Rezeptsammelstellen. In diesem knappen Internetauftritt wurde aber die konkrete Tätigkeit der Beigeladenen nicht näher beschrieben. Lediglich die Bezeichnung ist zumindest missverständlich. Dementsprechend hat die den Internetauftritt berichtigt und stellt die Beigeladene nunmehr als rechtliche Prüfstelle Notdienst, Rezeptsammelstellen vor.
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Soweit der Beigeladenen stellvertretend auch Aufgaben des Beitragswesens übertragen waren, macht die Klägerin keine konkreten Aufgaben, die über die rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Festsetzung und Eintreibung der Beiträge hinausgehen. Unwidersprochen trägt die Beigeladene vor, dass sie in diesem Aufgabenbereich keine Tätigkeiten verrichtet hat. Es bestehen damit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschreibung der geschuldeten Tätigkeiten der Beigeladenen im Arbeitsvertrag und in der Tätigkeitsbeschreibung unzutreffend sein könnten.
37
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat durch die von ihr eingereichten Schriftsätze das Verfahren gefördert und an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt. Es entspricht daher billigem Ermessen, der Klägerin auch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
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Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 194 BRAO.
39
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung sind nicht gegeben, §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 124 Abs. 2 VwGO; die Sache weist weder tatsächliche noch rechtliche Schwierigkeiten auf und insbesondere die Frage der Vereinbarkeit der Syndikusanwaltszulassung mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst ist vom BGH erschöpfend beantwortet.