Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 09.09.2022 – AN 8 PE 22.00167
Titel:

Mitbestimmungsrecht des Personalrats - Billigung der Maßnahme infolge Fristversäumnisses

Normenkette:
BayPVG Art. 70
Leitsätze:
1. Das Ergebnis eines auf einstweilige Verfügung hin durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens kann erst dann zum Tragen kommen, wenn im Hauptsacheverfahren rechtskräftig festgestellt worden ist, dass die betreffende Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist (bzw. hier: die Genehmigungsfiktion des Art. 70 Abs. 2 S. 5 BayPVG nicht eingetreten ist). Der Verfügungsanspruch ist deshalb nicht identisch mit dem materiellen Anspruch auf Mitbestimmung, um den es im Hauptsacheverfahren geht, sondern bezieht sich auf eine Regelung, mit der die Entscheidung in der Hauptsache offengehalten wird. Ergibt sich im Hauptsacheverfahren, dass ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nicht besteht (bzw. hier: die Zustimmungsfiktion eingetreten ist), ist das Ergebnis eines inzwischen durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens ohne Bedeutung. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Éin Nachschieben von Gründen ist im Mitbestimmungsverfahren nicht möglich. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine unzureichende Unterrichtung im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens muss von der Personalvertretung innerhalb der Erklärungsfrist des Art. 70 Abs. 2 S. 3, S. 5 BayPVG gerügt werden. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mitbestimmungsverfahren, Beendigung einer Personalgestellung, Zustimmungsfiktion, Verfügungsanspruch, materieller Anspruch, Nachschieben von Gründen, unzureichende Unterrichtung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26272

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Die Verfahrensbeteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Personalrats, konkret um die Frage, ob die im Raum stehenden personelle Maßnahme infolge Fristversäumnisses als gebilligt gilt.
2
Der Beteiligte ist Dienststellenleiter einer Stiftung des öffentlichen Rechts, die mehrere Institutionen im pflegerischen und medizinischen Bereich unterhält. Sie beschäftigt dort insgesamt über 3700 Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wobei sich die Arbeitsbedingungen der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem TVöD-K richten. Der Antragsteller ist der örtliche Personalrat dieser Stiftung.
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Die Stiftung gründete 2007 mit zwei weiteren Gesellschaftern die … Akademie … (im Folgenden: A.) und übertrug dieser den bisher von ihr betriebenen Bereich der Berufsfachschulen. Im November 2007 schloss sie mit der A. einen Personalgestellungsvertrag (im Folgenden: PersGV), der es ihr ermöglichen sollte, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei ihr tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich der Schule im Rahmen der Personalgestellung weiter zu beschäftigen (§ 1 PersGV). Diesen sollte damit die Möglichkeit gegeben werden, ihre Tätigkeiten im Rahmen der Personalgestellung fortzusetzen. In § 3 Nr. 2 des PersGV ist geregelt, dass zwischen der A. und den entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung weder ein Arbeitsverhältnis noch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis begründet wird. Vielmehr soll das Arbeitsverhältnis zwischen der Stiftung und den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit allen Rechten und Pflichten weiterbestehen. Nach § 8 Nr. 3 des PersGV kann die Akademie von der Stiftung die Abberufung einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters verlangen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt, der zu einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses Anlass gibt.
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Die Beschäftigte S. … ist seit 1992 als Arbeitnehmerin bei der Stiftung angestellt und wurde mit Wirkung zum 1. September 2007 an die A. im Rahmen einer Personalgestellung überlassen. Sie wurde dort zuletzt als Lehrkraft/Klassenleitung der Berufsfachschule (Eingruppierung EG 10 Stufe 5 TVöD-K) beschäftigt.
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Mit Schreiben vom 12. November 2021 teilte die Leiterin der Personalstelle der Stiftung dem Antragsteller mit, dass die Dienststellenleitung beabsichtige, die Mitarbeiterin S. … ab dem 1. Januar 2022 wieder bei der Stiftung zu beschäftigen. Es sei vorgesehen, diese als freigestellte Praxisanleiterin in der Abteilung … und als Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden einzusetzen. Eine Umgruppierung sei dabei nicht beabsichtigt. Der Personalrat wurde gebeten, innerhalb der Fristen gemäß Art. 70 Abs. 2 BayPVG die Zustimmung zur Maßnahme zu erteilen oder sich gegebenenfalls zu äußern. Dieses Schreiben, dem die „Tätigkeitsbeschreibung Lehrkraft/Klassenleitung der BFS“ aus dem Qualitätshandbuch der A. sowie die „Aufgabenbeschreibung - freigestellte Praxisanleiterin und Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden“ der Stiftung beigefügt waren, ging am 16. November 2021 beim Antragsteller ein.
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Mit Schreiben vom 26. November bat der Antragsteller die Personalstelle um folgende weitere Informationen:
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1. Nach unseren Informationen ist Frau S. … erstes Ersatzmitglied des Betriebsrates der … Akademie … („A.“) und hat bereits an mehreren Sitzungen des Betriebsrats teilgenommen. Deshalb bitten wir um Vorlage der Betriebsratsentscheidung des Betriebsrats der Akademie … zur Beendigung der Gestellung.
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2. Frau S. … ist erst kürzlich in den Wahlvorstand zur Durchführung der Betriebsratswahl 2022 an der Akademie … gewählt worden. Deshalb bitten wir um Vorlage der Entscheidung des Betriebsrates und evtl. der Entscheidung des gebildeten Wahlvorstandes der Akademie hinsichtlich dieser Funktion. Eine Information zu einem ggf. erfolgten Rücktritt von Frau S. … bzw. einer Abberufung liegt uns nicht vor.
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3. Sollten die Punkte 1 und 2 Ihnen nicht vorliegen bzw. von Ihnen als nicht notwendig erachtet worden sein, bitten wir um Information über die Entscheidung des Arbeitsgerichtes.
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4. Der § 8 Abs. 2 des Personalgestellungsvertrages zwischen der …stiftung und der „A.“ vom 20. November 2007 regelt die Vertragsdauer und sieht grundsätzlich keine Möglichkeit der Beendigung der Personalgestellung vor. Zu diesem Sachverhalt bitten wir um Ihre Stellungnahme.
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5. In der Beschreibung zur beabsichtigten Maßnahme sprechen Sie von einer Gestellung zum 01.09.2007, obwohl der Gestellungsvertrag erst im November 2007 unterzeichnet wurde. Welche Regelung galt in der Zeit von 1. September 2007 bis zum 20. November 2007 oder handelt es sich um eine fehlerhafte Angabe?
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6. Welche Maßnahmen haben Sie aufgrund Ihrer Fürsorgepflicht zur Arbeitsplatzerhaltung bei der A. für die gestellte Mitarbeiterin veranlasst?
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7. Wurde Frau S. … über die geplante Maßnahme informiert und liegt Ihnen die Zustimmung der Kollegin vor? Mit Schreiben vom 16. Dezember 2021 an die Dienststellenleitung erinnerte der Antragsteller an die noch ausstehende Beantwortung seines Fragenkatalogs und setzte hierfür eine Frist bis zum 20. Dezember 2021. Nachdem bis zu diesem Zeitpunkt keine Reaktion der Dienststellenleitung erfolgt war, fasste der Antragsteller am 22. Dezember 2021 den Beschluss, die Zustimmung zu der beabsichtigten personellen Maßnahme nicht zu erteilen. In einem Schreiben an die Leiterin der Personalstelle vom gleichen Tag begründete er die Verweigerung damit, dass durch die Maßnahme eine Benachteiligung nach Art. 75 Abs. 2 Nr. 2 BayPVG vorliege, weil es der Kollegin nicht mehr möglich sei, nach der Versetzung der Tätigkeit als Lehrkraft weiter nachzugehen, sie ihre Stellung innerhalb der ursprünglichen Hierarchieebenen verlöre und als Praxisanleiterin keine gleichwertige Tätigkeit erhalte. Das Weisungsrecht umfasse nicht die Befugnis zur Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz mit einer geringerwertigen Tätigkeit, auch wenn die bisher gezahlte Vergütung fortgezahlt werde. Die Maßnahme verstoße gegen § 4 Abs. 1 TVöD-K, weil die Versetzung nicht aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen veranlasst sei. § 8 Abs. 3 PersVG besage, dass eine Abberufung eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin nur dann erfolgen könne, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliege, der zu einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses Anlass gebe.
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Mit am 23. Dezember 2021 beim Antragsteller eingegangenen Schreiben teilte die Dienststelle dem Antragsteller mit, dass die personelle Maßnahme als gebilligt anzusehen sei, da der Antragsteller nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe verweigert habe. Das auf den 26. November 2021 datierte Schreiben des Antragstellers sei in der Personalabteilung erst am 6. Dezember 2021 eingegangen. Die Frist zur Zustimmungsverweigerung sei jedoch bereits am 30. November 2021 abgelaufen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die im besagten Schreiben aufgeworfenen Fragen 1 bis 3 ausschließlich den Betrieb der A. beträfen, Frage 4 das Vertragsverhältnis zwischen dieser und der Stiftung. Sie seien daher nicht Gegenstand der Mitbestimmung bei einer Einstellung in den Betrieb der Stiftung. Es treffe zu, dass die Gestellung von Frau S. … bereits mit Wirkung zum 1. September 2007 erfolgt sei. Ein Schriftformerfordernis für den PersGV existiere nicht. Der Arbeitsplatz von Frau S. … sei durch die Beendigung der Gestellung nicht gefährdet. Es bestehe keine Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsplatzerhaltung beim Einsatzarbeitgeber für gestellte Mitarbeiter. Frau S. … sei über die geplante Maßnahme informiert worden, eine Zustimmung sei nicht erforderlich.
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Der Antragsteller widersprach mit Schreiben vom 23. Dezember 2021 dem Eintritt einer Zustimmungsfiktion infolge Fristablaufs und teilte unter Bezugnahme auf den Eintrag in seinem Postausgangsbuch vom 29. November 2021 mit, dass die Sekretärin des Personalrats, Frau M. …, bezeugen könne, am gleichen Tag das Schreiben vom 26. November 2021 in das Postfach der Personalabteilung geworfen zu haben. Ausweislich der Zeitbuchung habe Frau M. … das Haus an diesem Tag um 16:48 Uhr verlassen. Selbst wenn sie den Brief erst kurz vor Ende ihrer Arbeitszeit in das Postfach eingelegt hätte, wäre der Brief noch vor dem Fristablauf am 30. November in den Machtbereich der Personalabteilung gelangt.
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Am 25. Januar 2022 leitete der Antragsteller eine einstweiliges Verfügungsverfahren beim Verwaltungsgericht Ansbach ein. Zur Begründung führt er aus, die mittlerweile bereits umgesetzte personelle Maßnahme betreffend Frau S. … unterliege der Mitbestimmung nach Art. 75 Abs. 1 BayPVG. Wie die Stiftung selbst annehme, handle es sich bei der streitgegenständlichen Maßnahme um eine Einstellung. Zwar bestehe bereits ein Arbeitsverhältnis mit Frau S. …, diese sei jedoch in einem anderen Unternehmen eingesetzt gewesen und solle nunmehr wieder in den Betrieb des Vertragsarbeitgebers eingegliedert werden. Hilfsweise sei der „Einsatz“ von Frau S. … mitbestimmungspflichtig. Der Antragsteller habe innerhalb der 2-Wochen-Frist des Art. 70 Abs. 2 BayPVG auf seine unvollständige Unterrichtung hingewiesen und einen Fragenkatalog übersandt. Die Frist zur etwaigen Zustimmungsverweigerung sei mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht in Gang gesetzt worden. Das Schreiben vom 26. November 2021 sei von Frau M. … am 29. November 2021 ausweislich des Postausgangsbuchs des Personalrats und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Sekretärin spätestens um 16:48 Uhr in das Postfach der Personalabteilung eingeworfen worden. Die Bearbeitung des Postausgangs erfolge beim Antragsteller regelmäßig unter Verwendung eines Postausgangsbuchs. Die vorgelegte Kopie des Auszugs hieraus zeige auf, dass Frau M. … am 29. November 2021 zwei Schreiben des Personalrats in Auslauf gebracht habe. Diese habe Frau M. …, wie sie in der eidesstattlichen Versicherung ausdrücklich bestätige, in das Postfach der Personalstelle eingeworfen. Der Beteiligte müsse sich somit einen Zugang spätestens am 30. November 2021 zurechnen lassen. Aus welchen Gründen das Schreiben mit einem späteren Eingangsstempel versehen worden sei, entziehe sich der Kenntnis des Antragstellers. Soweit sich der Beteiligte auf den Eingangsstempel des vorgelegten Schreibens berufe und darlege, dass keinerlei Anhaltspunkte bestünden, dass ein eingegangenes Schreiben erst zehn Tage später mit einem Eingangsstempel versehen werde, liege kein substantiiertes Bestreiten vor. Die vom Beteiligten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Leiterin der Personalstelle und der beiden Mitarbeiterinnen, die sich im fraglichen Zeitraum um den Postverkehr der Personalabteilung kümmerten, stellten nur allgemein dar, wie grundsätzlich in der Personalabteilung mit dem Posteingang umgegangen werde. Es könne nicht einmal angegeben werden, welche der beiden Damen am fraglichen Tag die Post geholt habe. Damit habe der vom Beteiligten vorgelegte Eingangsstempel eine geringere Beweiskraft als der Eintrag im Postausgangsbuch des Antragstellers. Ausweislich des vorgelegten Fotos des Antragstellerpostfachs, das gleich aufgebaut sein dürfte wie das Postfach der Personalabteilung, seien die Postfächer auf der Rückseite offen. Die Post werde mit je zwei kleineren Stiften gehalten, wobei diese jedoch nicht einmal bis zur Hälfte der Höhe des Postfachs ragten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass eingeworfene Post über diese Stifte gleite und auf den Boden in der Poststelle falle, zumal das Postfach der Personalabteilung regelmäßig bis oben voll sei.
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Der mit Schreiben vom 26. November 2021 übersandte Fragenkatalog habe Fragen enthalten, die der Mitbestimmung unterlägen. Jedenfalls die Beantwortung der Fragen 4 bis 7 sei notwendig, um einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach Art. 75 Abs. 2 BayPVG ordnungsgemäß prüfen zu können. Es sei dem Antragsteller ausschließlich darum gegangen zu prüfen, ob die Eingliederung von Frau S. … in den Betrieb des Vertragsarbeitgebers überhaupt zulässig sei und nicht gegen ein Gesetz oder gegen tarifrechtliche Normen verstoße. Nach § 4 Abs. 3 TVöD-K könne die Dienststelle eine Personalgestellung ohne Zustimmung des Beschäftigten anordnen. Vorliegend gehe es jedoch darum, dass die Gestellung beendet und die Tätigkeit von Frau S. … geändert werden solle. Bei dieser Wiedereingliederung seien § 106 GewO sowie § 4 Abs. 1 TVöD-K zu beachten. Das Direktionsrecht gemäß § 106 Satz 1 GewO berechtige den Arbeitgeber nicht, die Art der Beschäftigung unbegrenzt abzuändern. Der Personalrat müsse wissen, ob die Stiftung ein berechtigtes Interesse habe, Frau S. … nicht mehr im Rahmen der Personalgestellung als Lehrkraft einzusetzen, um zu prüfen, ob der Beteiligte innerhalb seines Direktionsrechts handle. Die Rückgängigmachung der Personalgestellung stelle eine Versetzung im Sinne des Tarifrechts dar. § 4 Abs. 1 TVöD-K sehe im Falle einer Versetzung vor, dass nur bei Vorliegen dienstlicher oder betrieblicher Gründe eine Versetzung erfolgen könne. Dies sei nicht der Fall, wenn der zugrundeliegende PersGV für die vorliegende Sachverhaltskonstellation keine Beendigungsmöglichkeiten der Personalgestellung vorsehe. Demnach sei die Beantwortung der Fragen 4, 6 und 7 für die Ausübung der Mitbestimmung relevant. Nach § 8 Nr. 3 PersGV könne die A. die Abberufung eines Mitarbeiters verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliege, der zu einer außerordentlichen Kündigung Anlass gebe. Die Fragen 4 und 6 zielten darauf ab, Kenntnisse über die Umstände der Abberufung einzuholen. Für den Antragsteller seien keine dienstlichen oder betrieblichen Gründe erkennbar, die die Vornahme der beabsichtigten personellen Maßnahme rechtfertige. Daher habe er berechtigterweise um eine Stellungnahme zu den Möglichkeiten einer Beendigung der Personalgestellung gebeten. Es sei auch entscheidend, ob dem Antragsteller überhaupt der richtige Gestellungsvertrag vorliege. Auf eine entsprechende Auskunft ziele die Frage 5 ab. Daher sei die Zustimmungsfiktion nicht zum 1. Dezember 2021 eingetreten. Vielmehr habe der Personalrat seine Zustimmung am 22. Dezember 2021 unter Angabe von Gründen, die nicht offensichtlich außerhalb der Mitbestimmungstatbestände lägen, rechtswirksam verweigert. Das Mitbestimmungsverfahren sei daher fortzuführen.
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Es liege auch ein Verfügungsgrund vor. Der Antragsteller beziehe sich nur auf Verfahrenshandlungen, nämlich auf die Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens. Die Entscheidung der Hauptsache werde nicht vorweggenommen. Ein Hauptsacheverfahren sei parallel beim Verwaltungsgericht eingereicht worden, das auf die Feststellung ziele, dass die streitgegenständliche personelle Maßnahme nicht als gebilligt gelte. Der Verfügungsanspruch sei damit nicht identisch mit dem materiellen Anspruch auf Mitbestimmung, um den es im Hauptsacheverfahren gehe. Er beziehe sich vielmehr auf eine Regelung, mit der die Entscheidung in der Hauptsache offengehalten werde. Ergebe sich ihm Hauptsacheverfahren, dass die personelle Maßnahme bereits als gebilligt gelte, sei das Ergebnis eines inzwischen geführten Mitbestimmungsverfahrens bedeutungslos.
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Ein Anordnungsgrund sei gegeben, da die Beschäftigte bereits als Praxisanleiterin eingesetzt werde. Die Maßnahme komme einer verdeckten Änderungskündigung gleich, in diesem Falle hätte die Beschäftigte jedoch Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Vorliegend liege kein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor, da die Stiftung nach dem PersGV eine Beendigung des Einsatzes von Frau S. … in der Schule nicht hinnehmen müsse. Aufgrund der langen Verfahrensdauer sei mit einer rechtskräftigen Entscheidung erst in mehreren Jahren zu rechnen. Während dieser Zeit werde das Beteiligungsrecht des Antragstellers faktisch ausgehebelt. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller die einstweilige Verfügung nicht zu einem früheren Zeitpunkt beantragt habe, da dieser zunächst außergerichtlich versucht habe, den Sachverhalt zu klären, und dem Beteiligten eine gewisse Prüfungszeit zugestanden habe. Es gehe dem Antragsteller nicht nur darum, die individuellen Rechte von Frau S. … durch Einleitung dieses Verfahrens zu unterstützen. Es gehe ihm vielmehr darum, die ihm zustehenden Mitbestimmungsrechte tatsächlich wirksam wahrnehmen zu können. Es bedürfe einer dringenden Eilentscheidung, da zu klären sei, ob sich der Personalrat zur Fristwahrung noch auf einen unter Beweis gestellten Einwurf von Schreiben in das zur Verfügung gestellte Postfach verlassen könne. Anderenfalls laufe er permanent Gefahr, dass sich die Personalabteilung im Falle einer für sie ungünstigen Entscheidung darauf berufe, ein Posteingang sei nicht fristgerecht erfolgt. Die Mitbestimmungsrechte des Personalrats könnten daher nicht nur in diesem Fall, sondern auch in weiteren Fallkonstellationen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren ausgehebelt werden. Der Antragsteller müsse wissen, ob der Einwurf in das vorgegebene Postfach noch ein geeignetes Mittel sei, der Personalabteilung fristwahrend Post zuzuleiten. Sofern der Aussage der den Brief einwerfenden Sekretärin kein Glauben geschenkt werden sollte, wäre ein Zugang nicht beweisbar. Die einzige Möglichkeit, die dem Antragsteller künftig noch bliebe, wäre, sich den Zugang schriftlich bestätigen zu lassen, was aber einen zusätzlichen Aufwand erfordere. Auch sei nicht sichergestellt, dass stets jemand zur Entgegennahme von Post seitens der Personalabteilung zur Verfügung stehe. Die Zustellung fristwahrender Post würde dem Personalrat dadurch erheblich erschwert und Fristen würden entgegen den gesetzlichen Vorgaben in unzulässiger Weise verkürzt werden.
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Der Antragsteller beantragt,
der Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Einstellung von Frau S. … ab dem 1. Januar 2022 als freigestellte Praxisanleiterin und Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden fortzuführen,
hilfsweise,
der Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich des Einsatzes von Frau S. … ab dem 1. Januar 2022 als freigestellte Praxisanleiterin und Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden fortzuführen.
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Die Beteiligte beantragt,
die Zurückweisung des Antrags.
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Werde der Antragsteller um die Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme gebeten, erfolge dies grundsätzlich schriftlich durch Übergabe des Schriftstücks direkt vor Ort oder durch Versendung über die Hauspost. Umgekehrt erwidere der Antragsteller grundsätzlich ebenfalls schriftlich und lasse das Schreiben der Personalabteilung durch persönliche Übergabe, durch Einwurf in den Briefkasten der Personalabteilung oder per Hauspost zukommen. Der Briefkasten sei neben der Eingangstür der Personalabteilung angebracht, für eine Versendung via Hauspost werde die Post in das in der Poststelle eingerichtete Postfach des Adressaten eingeworfen. Das sog. „Front-Office“ der Personalabteilung sei grundsätzlich durchgehend von zwei Mitarbeiterinnen von 7:30 bis 16:30 Uhr besetzt, die sich unter anderen um den internen und externen Postverkehr kümmerten. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien die Mitarbeiterinnen Frau S. … und Frau M. … hierfür zuständig gewesen. Das Postfach und der Briefkasten der Personalabteilung würden generell von Montag bis Freitag mit Ausnahme von Feiertagen von einer der beiden im „Front-Office“ beschäftigten Mitarbeiterinnen mindestens täglich einmal gelehrt werden. Sollte ein Schreiben in das Postfach nach dem Leeren eingeworfen werden, werde dieses spätestens mit der Leerung am nächsten Werktag erfasst. Die Post werde entsprechend der seit Jahren bestehenden und den beiden Mitarbeiterinnen geläufigen üblichen Vorgehensweise grundsätzlich sofort bearbeitet. Danach würden Briefumschläge geöffnet und die sich darin befindenden Schreiben bzw. Dokumente herausgenommen. Auf der jeweils ersten Seite dieser Unterlagen werde mit einem Eingangsstempel der Personalabteilung das tagesaktuelle Datum des Eingangs dokumentiert. Im Anschluss würden die Schriftstücke sortiert und in die persönlichen Fächer der einzelnen für die Bearbeitung zuständigen Referenten und Mitarbeiter der Personalabteilung gelegt werden. Zu diesem Vorbringen wurden eidesstattliche Versicherungen der Leiterin der Personalabteilung sowie der beiden Mitarbeiterinnen des „Front-Office“ vorgelegt.
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Weiter wurde ausgeführt, die Personalabteilung habe bis zum Fristablauf am 30. November 2021 keine Stellungnahme des Antragstellers zum Schreiben vom 16. November 2021 erhalten. Das Schreiben des Antragstellers vom 26. November 2021 sei ausweislich des Eingangsstempels der Personalabteilung dort erst am 6. Dezember 2021 eingegangen. Aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Sekretärin des Antragstellers ergebe sich, dass sich deren Erklärung gerade nicht auf ihre persönliche Erinnerung stütze, sondern sich ausschließlich auf den Eintrag im Postausgangsbuch beziehe. Bei ihren Ausführungen handle es sich ausschließlich um Rückschlüsse anhand der üblichen Vorgehensweise bei der Versendung von Schreiben an die Personalabteilung. Es obliege allein dem Antragsteller, den fristgerechten Zugang des Schreibens glaubhaft zu machen. Glaubhaft gemacht sei eine Behauptung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erst dann, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass sie zutreffe. Ein solcher Wahrscheinlichkeitsgrad liege hier nicht vor. Das auf den 26. November 2021 datierte Schreiben des Antragstellers sei somit verspätet eingegangen. Nach der Rechtsprechung des BAG zu § 99 BetrVG, die auch auf das Mitbestimmungsverfahren nach Art. 70 Abs. 2 BayPVG anzuwenden sei, sei der Betriebsrat, sofern er die Unterrichtung durch den Arbeitgeber für nicht ordnungsgemäß halte, aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet, dies innerhalb der Äußerungsfrist mitzuteilen. Da das auf den 26. November 2021 datierte Schreiben des Antragstellers nicht bis zum 30. November 2021 und damit nicht fristgerecht der Personalabteilung zugegangen sei, sei die Zustimmungsfiktion eingetreten.
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Zudem seien die Fragen des Antragstellers auch offensichtlich ohne Bedeutung für das Mitbestimmungsverfahren, was die Vermutung nahelege, dass sie lediglich gestellt worden seien, um den Beginn der Frist leugnen zu können. Daher hätte auch ein Eingang dieses Schreibens vor Fristablauf keine Auswirkungen auf den Fristenlauf gehabt. Die Fragen 1 bis 3 beinhalteten die Bitte um Vorlage von Entscheidungen des Betriebsrats der A. und des dortigen Wahlvorstands oder des Arbeitsgerichts, worauf es bei der Eingliederung von Frau S. … in den Betrieb der Stiftung als Zuständigkeitsbereich des Antragstellers nicht ankomme. Frage 4 betreffe ausschließlich das Rechtsverhältnis des Vertrags- und des Einsatzarbeitgebers. Hinsichtlich Frage 5 sei Frau S. … im Einvernehmen mit der Stiftung und der A. mit Wirkung zum 1. September 2007 gestellt worden. Die Modalitäten der Personalgestellung würden nach der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TVöD-K zwischen den Arbeitgeber und dem Dritten vertraglich geregelt. Mangels Schriftformerfordernisses komme es nicht auf die schriftliche Fixierung der Vereinbarung an. Vertragliche Beziehungen mit Dritten unterlägen grundsätzlich nicht der Beteiligung des Personalrats. Frage 6 sei auf eine nicht bestehende Pflicht des Arbeitgebers gerichtet, sodass sie nicht berücksichtigt werden müsse. Weder die Wirksamkeit der Beendigung der Personalgestellung noch die Einstellung beim Vertragsarbeitgeber seien von der Zustimmung der Mitarbeiterin abhängig. Soweit der Antragsteller ausführe, dass die Fragen 4 bis 7 erforderlich gewesen seien, um zu prüfen, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß Art. 75 Abs. 2 Nr. 1 BayPVG vorliege, verkenne er, dass ein solcher nur vorliege, wenn die Einstellung oder Versetzung gegen zwingende Rechtsvorschriften im Sinne von Geboten oder Verboten der personellen Maßnahme selbst entgegenstünden. Eine Prüfungsbefugnis des Antragstellers hinsichtlich der individualrechtlichen Wirksamkeit, also der Vereinbarkeit einer Weisung mit dem Arbeitsvertrag, stehe diesem nicht zu, sondern sei vielmehr Aufgabe des Arbeitsgerichts. Zudem stünden die Fragen 4 bis 7 nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts. Entgegen der Ansicht des Antragstellers stelle die mit der Beendigung der Personalgestellung verbundene Rückholung und Wiedereingliederung eines Mitarbeiters beim Vertragsarbeitgeber keine Versetzung im Sinne des § 4 Abs. 1 TVöD-K dar, was sich aus der Protokollerklärung zu dieser Bestimmung ergebe. Daher bedürfe es zu deren Wirksamkeit keiner dienstlichen oder betrieblichen Gründe, erst recht nicht einer Zustimmung der Mitarbeiterin. Die Beendigung der Personalgestellung sei bereits von § 4 Abs. 3 TVöD-K erfasst. Nach Satz 2 der hierzu ergangenen Protokollerklärung seien die Modalitäten allein auf Ebene der Arbeitgeber zu regeln. Zu den Modalitäten gehöre unzweifelhaft auch die Beendigung der Personalgestellung. Sollte man dennoch eine Regelungslücke für den Fall der Beendigung der Personalgestellung erkennen, sei darauf hinzuweisen, dass eine Analogie bei Tarifnormen grundsätzlich ausscheide. Eine Lücke des Tarifvertrages könne allenfalls unter Beachtung des Art. 9 Abs. 3 GG ergänzend ausgelegt werden. Die Gerichte seien nicht befugt, gegen den Willen der Tarifparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu schaffen. Bestünden keine sicheren Anhaltspunkte für die mutmaßlichen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien und seien verschiedene Regelungen denkbar, scheide eine Ausfüllung der tariflichen Regelungslücke durch die Gerichte aus.
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Zudem sei auch kein Verfügungsgrund gegeben. Soweit der Antragsteller die besondere Eilbedürftigkeit damit begründe, dass Frau S. … bereits als Praxisanleiterin eingesetzt werde, überzeuge diese Argumentation im Hinblick darauf, dass Frau S. … bereits am 3. Januar 2022 eine Kündigungsschutzklage eingereicht habe, nicht. Zudem gehe es im gegenständlichen Verfahren nur um die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung, bei der ein Aufschub bis zur Entscheidung in der Hauptsache ohne weiteres hinnehmbar sei. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller erst nach über einem Monat nach Eingang des Schreibens der Personalabteilung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht habe. Überdies sei von einer Vorwegnahme der Hauptsache auszugehen. Die Klärung der Frage, ob sich der Antragsteller in sämtlichen personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten auf den Einwurf in das Postfach zur Fristwahrung verlassen könne, könne nicht Gegenstand des hiesigen Verfügungsverfahren sein, da ein fristwahrender Einwurf nicht glaubhaft gemacht sei. Es entbehre jeglicher Grundlage, wenn der Antragsteller behaupte, es bestehe permanent die Gefahr, der Antragsgegner werde sich auf Fristablauf berufen, um auch in weiteren Fallkonstellationen Mitbestimmungsrechte auszuhebeln.
26
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
27
Der Antrag ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
28
Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidet wegen der geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Angelegenheit die Fachkammer für Personalvertretungsrecht durch die Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung, Art. 81 Abs. 2 BayPVG i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG und § 937 Abs. 2, 944 ZPO.
29
Nach den gem. Art. 82 BayPVG, § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des 8. Buchs der ZPO kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d. h. der Verfügungsgrund und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist und Entscheidungen in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust oder einem sonstigen irreparablen Zustand führt. Dabei sind strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen und die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen (BayVGH, B. v. 6.7.2017, Az: 17 PC 17.1238 - juris Rn. 14 m.w.N.).
30
Danach ist der Antrag abzulehnen.
31
1. In der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem Anspruch verfahrensrechtlichen Inhalts in dem Sinn, dass er sich nur auf Verfahrenshandlungen bezieht, wie z. B. die Einleitung oder Fortführung eines Mitbestimmungsverfahrens, nicht ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.7.1990 - 6 PB 12.89 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 15.7.2009 - 17 PC 09.272 - juris Rn. 20; B.v. 30.11.2010 - 18 PC 10.1215 - juris Rn. 26; Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Stand März 2022, Art. 82 Rn. 440 m.w.N.). Das Ergebnis eines auf einstweilige Verfügung hin durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens kann aber erst dann zum Tragen kommen, wenn im Hauptsacheverfahren rechtskräftig festgestellt worden ist, dass die betreffende Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist - bzw. im vorliegenden Fall die Genehmigungsfiktion des Art. 70 Abs. 2 Satz 5 BayPVG nicht eingetreten ist. Der Verfügungsanspruch ist deshalb nicht identisch mit dem materiellen Anspruch auf Mitbestimmung, um den es im Hauptsacheverfahren geht, sondern bezieht sich auf eine Regelung, mit der die Entscheidung in der Hauptsache offengehalten wird. Ergibt sich im Hauptsacheverfahren, dass ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nicht besteht (bzw. hier: die Zustimmungsfiktion eingetreten ist), ist das Ergebnis eines inzwischen durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens ohne Bedeutung (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2009 a.a.O.; B.v. 30.11.2010 a.a.O.).
32
2. Durch die vom Antragsteller begehrte Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens würde die Hauptsache teilweise vorweggenommen werden. Deshalb hat der Antrag nur dann Erfolg, wenn die Klage in der Hauptsache, die darauf zielt festzustellen, dass die Einstellung von Frau S. … ab dem 1. Januar 2022 nicht als gebilligt gilt, offensichtlich erfolgreich wäre. Ein Verfügungsgrund kann nur dann angenommen werden, wenn die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Antragsteller bei der Erfüllung seiner Aufgaben oder für die kollektiven Belange der von ihm vertretenen Beschäftigten unzumutbare Folgen hätte, sodass eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2009 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
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2.1 Vorliegend kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren offensichtlich obsiegen wird.
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Nach Art. 70 Abs. 1 Satz 1 BayPVG können Maßnahmen, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegen, nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. Die Verfahrensbeteiligten gehen nach der im einstweiligen Verfügungsverfahren gebotenen summarischen Beurteilung (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 82 Rn. 447 m.w.N.) zu Recht davon aus, dass es sich bei der Beendigung der Personalgestellung und Rückholung von Frau S. … in die vom Beteiligten geleitete Dienststelle um eine Einstellung und damit um eine gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 BayPVG zustimmungspflichtige Maßnahme handelt, weil die Mitarbeiterin bislang bei der A. tätig war und neu in den Betrieb des Beteiligten eingegliedert werden soll (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 75 Rn. 23; vgl. auch LAG SH, B.v. 14.6.2012 - 5 TaBV 3/12 - juris Rn. 67 zu § 103 Abs. 3 Satz 1 BetrVG).
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Gemäß Art. 70 Abs. 2 Satz 1 BayPVG unterrichtet der Dienststellenleiter den Personalrat über die geplante Maßnahme auf einem dauerhaften Datenträger und beantragt dessen Zustimmung. Dem Personalrat steht grundsätzlich eine Regelfrist von zwei Wochen zu, in der er seine durch Beschluss gefasste Entscheidung dem Dienststellenleiter unter Angabe der Gründe mitzuteilen hat (Art.70 Abs. 2 Satz 3 und 5 BayPVG). Nach Art. 70 Abs. 2 Satz 5 BayPVG gilt die Maßnahme als gebilligt, wenn nicht der Personalrat die Zustimmung verweigert und hierzu die Gründe angibt. Dies setzt jedoch voraus, dass die Personalvertretung alle Informationen erhält, die sie benötigt, um mögliche Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen zu können (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 70 Rn. 30a und 65). Denn der Informationsanspruch des Personalrats aus Art. 70 Abs. 2 Satz 1 BayPVG ist dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung nicht abgegeben wird, erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats zu laufen beginnt (vgl. BVerwG, B.v.07.4.2010 - 6 P 6.09 - juris Rn. 20 m.w.N. zur entspr. Bestimmung des BPersVG). Diese Unterrichtungs- bzw. Informationspflicht gegenüber der Personalvertretung besteht allerdings nur in dem Umfang, in welchem die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben die Information benötigt. Der Informationsanspruch als solcher wie auch der darauf bezogene Anspruch auf Vorlage von Unterlagen sind strikt aufgabengebunden und in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzt (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2018 - 5 P 6.17 - juris Rn. 16 m. w. N.).
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Vorliegend wurde der Antragsteller mit Schreiben der Personalstelle vom 12. November 2021, beim Personalrat unstreitig eingegangen am 16. November 2021, über die geplante Maßnahme, die Personalgestellung zu beenden und Frau S. … in der Stiftung als freigestellte Praxisanleiterin und Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden zu beschäftigen, informiert. Dass das Schreiben nicht vom Dienststellenleiter selbst, sondern von der Leiterin der Personalstelle unterzeichnet ist, ist ungeachtet der Frage, ob hier eine Bevollmächtigung vorlag (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 7 Rn. 13), jedenfalls unschädlich, weil dies vom Antragsteller nicht gerügt wurde und ein Nachschieben von Gründen im Mitbestimmungsverfahren nicht möglich ist (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 70 Rn. 30b). Damit endete die Frist des Art. 70 Abs. 2 Satz 5 BayPVG mit Ablauf des 30. November 2021, soweit der Antragsteller mit den Ausführungen in diesem Schreiben und den beigefügten Tätigkeits- bzw. Aufgabenbeschreibungen die erforderlichen Informationen erhalten hatte, um mögliche Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen zu können.
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Letztlich kann diese Frage im vorliegenden Verfahren jedoch offenbleiben. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen (zumindest teilweise) erforderlich war, um mögliche Zustimmungsverweigerungsgründe (hier konkret Art. 70 Abs. 2 BayPVG) geltend machen zu können, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller in der Hauptsache offensichtlich Erfolg haben wird. Vielmehr ist dessen Ausgang noch offen.
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Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass eine unzureichende Unterrichtung im Rahmen des Mitbestimmungsverfahren von der Personalvertretung innerhalb der Erklärungsfrist des Art. 70 Abs. 2 Satz 3 und 5 BayPVG gerügt werden muss (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Hebeler, Art. 70 Rn. 65a und 66). Ob dies vorliegend der Fall war, hängt von der zwischen den Verfahrensbeteiligten strittigen Frage ab, zu welchem Zeitpunkt das Schreiben vom 26. November 2021 der Personalstelle zugegangen ist. Die Verfahrensbeteiligten haben hierzu sich widersprechende eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, wobei sich der Antragsteller noch zusätzlich auf seinen Eintrag im Postausgangsbuch beruft, während der Beteiligte auf den von ihm auf dem Schreiben angebrachten Eingangsstempel verweist. Eine Entscheidung darüber, welche Einlassung zutreffend ist, kann daher nur im Rahmen einer dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Zeugeneinvernahme und der dann vorzunehmenden Beweiswürdigung erfolgen. Denn entgegen dem Vortrag des Antragstellers hat die von ihm vorgelegte eidesstattliche Versicherung seiner Sekretärin und der Auszug aus dem Postausgangsbuch nicht per se einen höheren Beweiswert. Sein Einwand, die vom Beteiligten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen würden nur allgemein die übliche Handhabung von Posteingängen in der Personalstelle wiedergeben, greift insoweit nicht durch, weil seine Einlassung deutlich macht, dass auch die Sekretärin des Antragstellers keinerlei Kenntnis mehr davon hat, zu welchem (auch nur ungefähren) Zeitpunkt der Einwurf des Schreibens in das Postfach der Personalstelle erfolgt sein soll. Dies legt die Vermutung nahe, dass auch die vom Antragsteller vorgelegte eidesstattliche Versicherung nicht auf deren konkreter Erinnerung des Sachverhalts beruht.
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2.2 Darüber hinaus ist vorliegend auch kein Verfügungsgrund gegeben. Entsprechend obigen Ausführungen setzt ein solcher voraus, dass die Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes schlechthin unzumutbare Folgen für den Antragsteller bei der Erfüllung seiner Aufgaben oder für die kollektiven Belange der von ihm vertretenen Beschäftigten hätte. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Soweit der Antragsteller hierzu geltend gemacht, ein Verfügungsgrund sei gegeben, weil die Maßnahme bereits vollzogen sei und Frau S. … als freigestellte Praxis an Leiterin und Urlaubskoordinatorin der Auszubildenden in der Stiftung eingesetzt werde, macht er weder die Erschwerung eigener Aufgaben noch kollektive Belange geltend, sondern ausschließlich individuelle Interessen der Betroffenen. Insoweit hat der Beteiligte zu Recht auf deren Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen des (bereits anhängigen) arbeitsgerichtlichen Verfahren verwiesen. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass er für künftige Mitbestimmungsverfahren wissen muss, ob er sich künftig auf einen unter Beweis gestellten Einwurf von Schreiben in das Postfach der Personalstelle verlassen könne. Denn dies ist stets eine Frage der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, sodass er aus einer im hier anhängigen Verfahren ergehenden Entscheidung keine allgemeingültigen Schlüsse ziehen könnte. Ob es eine unzumutbare Erschwerung seiner Mitbestimmungsrechte darstellt, wenn er deshalb aus Sorge, die Personalstelle könne erneut den fristgerechten Zugang seiner Schreiben bestreiten, sich künftig von dieser den Eingang schriftlich bestätigen lässt, kann daher dahinstehen.
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Der Antrag war somit sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag abzulehnen.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (Art. 81 Abs. 2 BayPVG; § 80 Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG).