Titel:
Nachbarschutz gegen Baugenehmigung
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, § 212a Abs. 1
BayBauO Art. 68 Abs. 3 S. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 39
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
Leitsätze:
1. Das Verfahrensrecht dient zwar insofern dem Schutz potentiell Betroffener, als es gewährleisten soll, dass die materiell-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden; das bedeutet jedoch nicht, dass der Einzelne die Beachtung der Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen erzwingen kann, unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist oder nicht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Zustellungserfordernisse nach Art. 66 Abs. 1 S. 4 BayBauO und Art. 68 Abs. 3 S. 3 BayBauO entfalten keinen Drittschutz. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG folgt nicht automatisch eine subjektive Rechtsverletzung des anfechtenden Nachbarn; eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn vielmehr nur dann, wenn sie gerade hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht, eine Verletzung von Nachbarrechten mithin nicht auszuschließen ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Unzulässige, ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzungen sind ebenso wenig durch das Rücksichtnahmegebot begünstigt wie Nutzungen, die noch nicht ausgeübt werden und ohne baurechtliche Genehmigung auch nicht ausgeübt werden dürfen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbareilantrag gegen Baugenehmigung, Neuerrichtung eines Rindermaststalles im Außenbereich, Unbebautes Nachbargrundstück im Außenbereich, Begründung und Bestimmtheit einer Baugenehmigung, Rücksichtnahmegebot, Baugenehmigung, Bestimmtheit, Nachbareilantrag, Nachbarschutz, Nutzungen, Verfahrensrecht, Verfahrensvorschriften
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26198
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,00 festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Rindermaststalles auf der im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gelegenen Fl.Nr. 1...4 der Gemarkung I. … (iF: Vorhabengrundstück).
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Der Antragsteller ist Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 4...3/1 der Gemarkung I. …, welches unbebaut ist. Das Grundstück grenzt im Osten an die R. … Straße. Im Süden grenzt unmittelbar das im Miteigentum des Beigeladenen zu 1), einem Vollerwerbslandwirt, stehende Vorhabengrundstück mit einer Fläche von ca. 90.400m2, welches im Süden mit einem als landwirtschaftliche Maschinenhalle genutzten Gebäude bebaut ist. Ein Bebauungsplan besteht hierfür nicht.
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Am … August 2019 beschloss der Gemeinderat der Beigeladenen zu 2) die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 27 „…“, in dessen Plangebiet u.a. das Grundstück des Antragstellers, nicht jedoch das Vorhabengrundstück liegt.
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Der Beigeladene zu 1) beantragte unter dem … Mai 2020 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Rindermaststalles. Die Eingabeplanung sieht dabei die Errichtung eines Stalles zur Rinderhaltung (Grundfläche: 972,30m2; Traufhöhe: 5,57m und Firsthöhe: 9,84m) mit im Westen angrenzender überdachter Mistlege vor. Der Abstand zum Grundstück des Antragstellers soll ca. 6,3m betragen. Mit Schreiben vom … Oktober 2020 (Bl. 46 Behördenakte - BA) gab der Beigeladene zu 1) gegenüber dem Landratsamt Pfaffenhoffen (iF: Landratsamt) an, dass im geplanten Stall 100 weibliche Tiere gehalten werden sollen.
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Das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben wurde mit Beschluss des Gemeinderats der Beigeladenen zu 2) vom … Juli 2020 erteilt (Bl. 8 f BA).
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Mit Antrag vom … November 2020 beantragte die Beigeladene zu 2) die Zurückstellung des Baugesuchs für die Dauer von zwölf Monaten (Bl. 67 BA). In den Gründen des Antrags wurde ausgeführt, dass eine Genehmigung des Vorhabens befürchten lasse, dass die Durchführung des Bauleitplanverfahrens Nr. 27 „…“, im Rahmen dessen Wohnbauflächen ausgewiesen werden sollen, durch Schaffung faktischen Baurechts unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert werde. Mit Bescheid vom … April 2021 lehnte das Landratsamt den Antrag ab und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nicht vorlägen, da das Bauvorhaben außerhalb des vorgesehenen Plangebiets liege (Bl. 96 f BA).
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Mit Bescheid vom … Juni 2021 erteilte das Landratsamt die beantragte Baugenehmigung unter verschiedenen bauordnungs-, wasser-, immissionsschutzsowie naturschutzrechtlichen Auflagen. Insbesondere wurde das Schreiben vom 09. Oktober 2020 (iF: Betriebsbeschreibung) zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt (Auflage Nr. 3.3.1) sowie die Tierplatzzahl auf max. 100 Rinderplätze (48 Großvieheinheiten - GV) beschränkt (Auflage Nr. 3.3.2). Wegen der weiteren Auflagen im Einzelnen wird auf Nr. 3 des Bescheids Bezug genommen. In den Gründen des Bescheids wurde ausgeführt, dass das gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Vorhaben unter Einhaltung der festgesetzten Nebenbestimmungen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen waren, entspreche und die Baugenehmigung daher zu erteilen gewesen sei. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am … Juni 2021 zugestellt. Das der Zustellung beigefügte Schreiben des Landratsamts an den Antragsteller war auf den … Juni 2021 datiert und maschinell mit „IHR BAUAMT“ unterschrieben (Bl. 11 Gerichtsakte - GA).
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Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2021, beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tag eingegangen, ließ der Antragsteller Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom … Juni 2021 erheben (M 9 K 21.3751) und beantragte ferner
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die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus: Der Baugenehmigungsbescheid sei unwirksam. Er sei dem Beigeladenen zu 1) nicht wirksam zugestellt worden. Der Bescheid sei entgegen § 37 Abs. 3 VwVfG [sic!] nicht vom Behördenleiter unterschrieben und eine Übertragung der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten nicht nachgewiesen worden. Voraussetzung für die Wirksamkeit gegenüber dem Antragsteller sei jedoch eine wirksame Zustellung gegenüber dem Beigeladenen zu 1). Die Zustellung des Bescheids gegenüber dem Antragsteller sei ebenfalls unwirksam, da das Schreiben des Landratsamts mit Datum vom … Juni 2021 einen Verwaltungsakt darstelle, nicht unterschrieben sei und daher ebenfalls gegen § 37 Abs. 3 VwVfG verstoße. Das Schreiben enthalte entgegen § 37 Abs. 6 VwVfG keine Rechtsmittelbelehrung. Der Antrag sei bereits aus diesen Gründen begründet. Hilfsweise trägt der Antragsteller vor, dass die im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen keine ordnungsgemäße Begründung enthielten. Für den Antragsteller sei es nicht möglich, die Beweggründe des Antragsgegners nachzuvollziehen. In den wasserrechtlichen Auflagen hätten insbesondere die in der Anlage 7 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) sowie der Technischen Regel wassergefährdender Stoffe (TRwS 792) genannten Anforderungen erläutert werden müssen. Die immissionsschutzrechtlichen Auflagen würden keine Gründe hinsichtlich zu erwartender Immissionen (Geruch, Staub, Gase) enthalten, die dem Antragsteller darüber Aufschluss geben könnten, ob eine Überprüfung des Bescheids für ihn sinnvoll und erfolgreich sein könnte. Weiter würden im Bescheid Angaben über die erforderlichen Liegeflächen der Rinder sowie die Auswirkungen von Methangas- und Lachgasimmissionen auf die Nachbarschaft fehlen. Der in den naturschutzrechtlichen Auflagen enthaltene Hinweis auf die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege (ZTV-Baumpflege) sei für den Antragsteller ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehbar. Der Bescheid enthalte weder Erläuterungen zu den Richtlinien für die artgerechte Rinderhaltung noch Bestimmungen in Bezug auf die Winterweidehaltung. Die berechtigten Belange des Antragstellers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Beigeladene zu 1) wolle direkt an die Grenze bauen, um das danebenstehende Baugebiet zu konterkarieren bzw. die Bebauung wesentlich zu erschweren. Die Grundstücke würden dadurch ihren Wert verlieren.
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Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2021,
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den Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
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Er führte im Wesentlichen aus, dass der Antrag bereits unzulässig und darüber hinaus unbegründet sei. Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog, da er die Verletzung von nicht drittschützenden Rechtsnormen rüge. Das Unterschriftserfordernis gem. Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG und das Zustellungserfordernis an den Bauherrn gem. Art. 68 Abs. 3 Satz 3 BayBO dienten nach der Schutznormtheorie nicht dem Schutz des Antragstellers und seien nicht drittschützend. Der Baugenehmigungsbescheid sei nicht bereits am … Juni 2021, sondern erst am … Juni 2021 an den Bauherrn übersandt worden. Das Anschreiben an den Antragsteller stelle keinen Verwaltungsakt, sondern lediglich ein Informationsschreiben dar. Auch die Begründungspflicht nach Art. 68 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 BayBO sei nicht drittschützend. Selbst wenn diese grundsätzlich drittschützend wäre, wäre der Antragsteller nicht antragsbefugt, da die streitgegenständliche Baugenehmigung keine nach materiellem Recht geschützte Rechtsstellung des Antragstellers berühre. Die wasser- und naturschutzrechtlichen Vorschriften, auf denen die Auflagen der Baugenehmigung beruhen, seien nicht drittschützend. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, da die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg habe. Diese sei bereits mangels Antragsbefugnis unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Die immissionsschutz-, wasser- und naturschutzrechtlichen Auflagen entsprächen Art. 68 Abs. 3 Satz 2 BayBO, da es jeweils gem. Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG vorliegend keiner Begründung bedürfe. Vorliegend komme es nur auf die Sicht des Adressaten der Baugenehmigung an, da nur dieser von den Auflagen betroffen sei. Für den Bauherrn seien die Gründe für die Auflagen ohne Begründung erkennbar, da beim Bauherrn als bereits tätigem Landwirt im Allgemeinen und als Rinderhalter im Speziellen von einer qualifizierten Sachkunde ausgegangen werden könne. Auch die Begründung für die Erteilung der Baugenehmigung an sich sei ordnungsgemäß. Das klägerische Vorbringen, dass der Bescheid keinen Aufschluss darüber gebe, ob unter anderem eine Überprüfung der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben erfolgt sei, gehe ins Leere. Von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung sei erfasst, dass die Vorschriften geprüft wurden und das Vorhaben mit diesen Normen übereinstimme. Ein Verstoß gegen Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG liege nicht vor. Eine Übertragung der Zeichnungsbefugnis müsse nicht bekannt gemacht sein. Etwaige Zustellungsfehler seien jedenfalls mit tatsächlichem Zugang an den Bauherrn gem. Art. 9 VwZVG geheilt. Die Baugenehmigung sei materiell rechtmäßig. Das Bauvorhaben liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB und sei ausweislich der Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, da dieses dem bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb des Bauherrn diene. Öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Insbesondere würden ausweislich der Stellungnahme des Immissionsschutzes die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen durch das Vorhaben eingehalten.
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Die Beigeladenen haben bislang keine Anträge gestellt und sich weder zur Klage noch zum Eilverfahren inhaltlich geäußert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 9 K 21.3751 Bezug genommen.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist unbegründet.
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Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen die bauaufsichtliche Genehmigung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gem. §§ 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Nachbarn, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an. Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch den Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung der Klage ergibt, dass diese sachlich nicht gerechtfertigt ist und letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich schon jetzt so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei.
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Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22). Erforderlich ist die Verletzung einer Vorschrift, die den betreffenden Nachbarn zu schützen bestimmt ist.
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Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Hauptsacheklage des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die streitgegenständliche Baugenehmigung den Antragsteller aller Voraussicht nach nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Interesse des Beigeladenen zu 1), von der Baugenehmigung vorläufig Gebrauch machen zu können, ist daher höher zu bewerten als das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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a) Der Antragsteller ist nicht aufgrund der geltend gemachten formellen Gründe in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Das Verfahrensrecht dient zwar insofern dem Schutz potentiell Betroffener, als es gewährleisten soll, dass die materiell-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Einzelne die Beachtung der Verfahrensvorschriften um ihrer selbst willen erzwingen kann, unabhängig davon, ob er in einem materiellen Recht verletzt ist oder nicht (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2006 - 4 B 48/05 - juris Rn. 4).
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aa) Der Antragsteller kann nicht die Verletzung eigener Rechte durch vermeintliche Verstöße gegen das Unterschriftserfordernis nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG geltend machen. Das Schreiben des Landratsamts an den Antragsteller (Bl. 11 GA) datiert auf den … Juni 2021 stellt mangels Regelungswirkung bereits keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, so dass Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG insoweit bereits keine Anwendung findet. Darüber hinaus hätte ein Verstoß gegen das Unterschriftserfordernis nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge, sondern lediglich dessen Rechtswidrigkeit (BayVGH, U.v. 22.08.1986 - 23 B 85 A.446 - NVwZ 1987, 729 (729)). Vorliegend ist jedoch bereits nicht ersichtlich, weshalb der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid das Unterschriftserfordernis des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG nicht wahren sollte. Dieser ist durch eine Mitarbeiterin des Landratsamts unterschrieben; eine Übertragung der Zeichnungsbefugnis muss nicht bekannt gemacht werden (vgl. Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 37 Rn. 34). Im Übrigen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG nicht dazu bestimmt, gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen, mithin nicht drittschützend, so dass selbst, wenn die Zeichnungsbefugnis nicht übertragen wäre, die Klage deswegen keinen Erfolg hätte.
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bb) Keinen Drittschutz entfalten auch die Zustellungserfordernisse nach Art. 66 Abs. 1 Satz 4 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 - 14 CS 10.327 - juris Rn. 27) und Art. 68 Abs. 3 Satz 3 BayBO (vgl. Edenharter in BeckOK BauordnungsR Bayern, 22. Ed. 1.5.2022, BayBO Art. 66 Rn. 99), so dass der Antragsteller mit der Rüge, die Zustellung der streitgegenständlichen Genehmigung ihm gegenüber sowie auch dem Beigeladenen zu 1) gegenüber sei fehlerhaft erfolgt, ebenfalls nicht durchdringen kann.
24
cc) Auch ist die vom Antragsteller erhobene Rüge, es fehle eine Rechtsbehelfsbelehrung, nicht geeignet, eine Verletzung des Antragstellers in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten zu begründen. Der streitgegenständliche Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung; das Schreiben des Landratsamts an den Antragsteller bedurfte mangels Verwaltungsaktqualität selbst keiner eigenen Rechtsbehelfsbelehrung. Im Übrigen führt die Nichtbeachtung der Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrungnicht zur Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts (Berthold Kastner in HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, VwVfG § 37 Rn. 52) und erst recht nicht zu einer Verletzung nachbarschützender Rechte.
25
dd) Das Begründungserfordernis nach Art. 39 BayVwVfG, Art. 68 Abs. 3 Satz 2 BayBO, dessen Verletzung der Antragsteller rügt, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Verletzung des Antragstellers in eigenen Rechten zu begründen. Dieses ist bereits nicht drittschützend (vgl. VG Ansbach, B.v. 15.05.2019 - AN 3 S 19.00816 - juris Rn. 25 m.w.N.). Unabhängig davon käme eine Heilung durch Nachholung der Begründung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz in Betracht, Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG.
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b) Selbst wenn zugunsten des Antragstellers dessen Vorbringen insoweit dahingehend ausgelegt wird, dass dieser sich (auch) auf einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, beruft, ergibt sich hieraus keine Verletzung des Antragstellers in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieser Anforderung entspricht eine Genehmigung, wenn die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - ggf. nach Auslegung - eindeutig erkennbar und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris Rn. 13 m.w.N.). Aus einer Unbestimmtheit der Baugenehmigung gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG folgt aber nicht automatisch eine subjektive Rechtsverletzung des anfechtenden Nachbarn i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn vielmehr nur dann, wenn sie gerade hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht, eine Verletzung von Nachbarrechten mithin nicht auszuschließen ist (BayVGH, B.v. 6.2.2019 - 15 CS 18.2459 - juris Rn. 29).
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Danach kann vorliegend offenbleiben, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung ganz allgemein dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügt, da nach summarischer Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verletzung des Antragstellers in nachbarschützenden Vorschriften vorliegen. In Bezug auf die naturschutzrechtlichen Auflagen scheidet eine solche Verletzung des Antragstellers bereits mangels Drittschutz der diesen zugrundeliegenden Vorschriften aus. Die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind dem öffentlichen Interesse zuzuordnen. Durch das Naturschutzrecht werden nur die Interessen der Allgemeinheit geschützt und es ist nicht dazu bestimmt, dem Schutz Dritter zu dienen (vgl. VG München, B.v. 11.02.2022 - M 1 SN 21.4324 - juris Rn. 34 m.w.N.). Gleiches gilt für die in Rede stehenden wasserrechtlichen Auflagen und Tierhaltungsvorschriften; diese sind nicht dazu bestimmt, dem Schutz des Antragstellers zu dienen.
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Auch kann der Antragsteller mit seinem Vortrag nicht durchdringen, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht erkennen lasse, mit welchen Immissionen (Geruch, Staub, Gas) er durch das Vorhaben zu rechnen habe. Nach summarischer Prüfung dürfte das unbebaute Grundstück des Antragstellers bereits nicht als maßgeblicher Immissionsort zu betrachten sein. Nach dem Schutzzweck des BundesImmissionsschutzgesetzes sind unbebaute Flächen nur als Immissionsort zu untersuchen, soweit in Betracht kommende künftige Bauvorhaben hinreichend konkret sind und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. OVG Münster, B.v. 08.09.2020 - 2 B 691/20 - juris Rn. 24 m.w.N.). Dies war vorliegend nach Aktenlage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung nicht der Fall. Denn unter Zugrundelegung der vorliegenden Luftbilder (abgerufen über BayernAtlas und Google Maps) und der bei den vorgelegten Behördenakten befindlichen Lagepläne nimmt das Grundstück des Antragstellers wie auch das Vorhabengrundstück nicht mehr am Bebauungszusammenhang teil; dieser endet vielmehr bereits mit den Außenwänden der östlich der beiden Grundstücke liegenden Wohngebäude. Demnach befinden sich beide Grundstücke im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung war das Grundstück des Antragstellers nach Aktenlage darüber hinaus nicht bebaubar. Ein Baurecht folgte insbesondere auch nicht aus dem Planaufstellungsbeschluss des Gemeinderats der Beigeladenen zu 2) vom … August 2019. Nach Aktenlage sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch ist vorgetragen, dass im Zeitpunkt der Behördenentscheidung bereits insoweit Planreife vorgelegen hätte. Ein etwaiges Baurecht des Antragstellers scheidet daher auch auf Grundlage des § 33 BauGB aus. Auch wurde nach Aktenlage keine schützenswerte Nutzung auf dem Grundstück ausgeübt. Im Übrigen ist der Immissionsschutz in seiner Stellungnahme vom … November 2020 (Bl. 52 BA) zum Ergebnis gekommen, dass durch das streitgegenständliche Vorhaben mit keinen schädlichen Umwelteinwirkungen zu rechnen ist, wobei er seiner Stellungnahme aus den oben genannten Gründen zu Recht nur die bereits vorhandene Bebauung zu Grunde gelegt hatte.
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c) Aus den gleichen Gründen scheidet vorliegend auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots aller Voraussicht nach aus. Denn unzulässige, ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzungen sind ebenso wenig durch das Rücksichtnahmegebot begünstigt wie Nutzungen, die noch nicht ausgeübt werden und ohne baurechtliche Genehmigung auch nicht ausgeübt werden dürfen (vgl. z.B. VG München, U.v. 08.12.2015 - M 1 K 15.1050 - juris Rn. 13). Im Übrigen ist auch der Vortrag des Antragstellers, der Wert seines Grundstücks werde durch die streitgegenständliche Baugenehmigung gemindert, für sich nicht geeignet, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu begründen. Bloße Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bleiben bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben die gebotene Rücksicht nimmt, außer Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2006 - 1 ZB 06.1395 - juris Rn. 18).
30
d) Dass andere Rechtsvorschriften, auf die sich der Antragsteller als Drittbetroffener erfolgreich stützen könnte, durch die Baugenehmigung verletzt sein könnten, ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 Hs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie keine Anträge gestellt und sich daher nicht dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt haben.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummern 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht der Hälfte des voraussichtlich im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts.