Titel:
Abschleppkosten - Anfechtungsklage
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, S. 2
StVO § 41 Abs. 1 Anl. 2 Nr. 62 (Zeichen 283)
BayPAG Art. 9, Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Art. 28 Abs. 5, Art. 93 S. 5
BayKG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
Leitsätze:
1. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Sie entfalten ihre Rechtswirkungen für den Halter deshalb auch dann, wenn die Verkehrsregelung in dem Zeitpunkt noch nicht bestand, als das Fahrzeug abgestellt wurde (BVerwG BeckRS 2018, 14942 Rn. 14 f.). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn der Halter und Fahrzeugführer eines verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs in unmittelbarer Nähe des Abschlepportes wohnhaft ist und sein Parkausweis im Auto ausliegt, gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Nachforschungsversuche der Polizei im Moment der Entscheidung über die Abschleppmaßnahme. Eine andere Beurteilung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Führer des Fahrzeugs vorher ohne Schwierigkeiten und ohne zeitliche Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann, etwa wenn aufgrund konkreter Hinweise sein Aufenthaltsort offensichtlich ist, er sich also in Ruf- und Sichtweite seines Fahrzeugs befindet (vgl. VGH München BeckRS 2017, 133208 Rn. 6 mwN). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ausnahmen von der aus der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme grundsätzlich folgenden Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen sind unter Berücksichtigung seines Vertrauens auf die Fortgeltung der Rechtslage und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten, wenn ein Fahrzeug ursprünglich ordnungsgemäß und erlaubt geparkt wurde und sich die Verkehrslage durch das Aufstellen neuer Verkehrszeichen erst nachträglich ändert, wobei eine Vorlaufzeit von drei vollen Tagen ohne Differenzierung nach Wochentagen oder Ferienzeiten und auch ohne stundenscharfe Berechnung gebilligt und eine Kostenbelastung für Abschleppmaßnahmen am vierten Tag nach der Aufstellung des Verkehrszeichens als verhältnismäßig erachtet wird (BVerwG BeckRS 2018, 14942 Rn. 20 ff. mwN). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschleppkosten, Absolutes Haltverbot, Bekanntgabe von Verkehrszeichen, Rechtswirkungen für den Halter, verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Nachforschungspflicht, Ruf- und Sichtweite, erlaubtes Parken, Aufstellen neuer Verkehrszeichen, Billigkeitsgründe, Vorlaufzeit von drei Tagen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26188
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten im Zusammenhang mit einer polizeilichen Abschleppmaßnahme erhobenen Gebühren und Auslagen.
2
Nach den aktenkundigen Feststellungen des Beklagten parkte der PKW des Klägers mit dem amtl. Kennzeichen ... am 15. März 2021 seit spätestens 10.30 Uhr vor dem Anwesen A. …str. 46-50, M. … Ausweislich der Behördenakte wurde dies durch einen anwesenden Polizeivollzugsbeamten festgestellt und um 11.22 Uhr ein Abschleppdienst zur Sicherstellung mit dem Zielort Verwahrstelle angefordert. Laut „Leistungsbescheid/Quittung“ des Polizeipräsidiums M. … vom 15. März 2021 wurden hierfür Kosten in Höhe von insgesamt 362,83 Euro (Gebühr gemäß § 1 PolkV i.H.v. 59,00 Euro, Auslagen (Abschleppkosten) i.H.v. 258,83 Euro, eine Grundgebühr für die Verwahrung i.H.v. 36,00 Euro sowie eine Tagesgebühr von 9,00 Euro) festgesetzt. Laut Vornotierungsliste vom 11. März 2021 wurden 16 Haltverbotsschilder für die B. H.str. 98 - 100a und die A. H.str. 44 - 52 für ein Haltverbot vom 15. März 2021 bis 16. April 2021 in der Zeit von jeweils 0.00 bis 24.00 Uhr am 11. März 2021 um 13.00 Uhr durch einen Mitarbeiter der Fa. I. … S. … GmbH aufgestellt und dabei bereits das klägerische Fahrzeug auf vorbezeichneter Liste als parkendes Fahrzeug vor dem Anwesen A. H.str. 44 aufgenommen.
3
Mit Klage zur Niederschrift vom 25. März 2021 erhob der Kläger zum Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage und beantragte,
4
1. Der Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums M. … vom 15.03.2021 wird aufgehoben.
5
2. Der Beklagte wird verpflichtet, die Kostenforderung vom 15.03.2021 zurückzunehmen und die bereits bezahlten Abschleppkosten in Höhe von 362,83 Euro einschließlich Zinsen zurückzuzahlen.
6
Zur Begründung der Klage trug der Kläger mit Schriftsatz vom 16. Juni 2021 vor, dass er am 14. März 2021 geparkt habe und dabei keinerlei Halteverbotsschilder wahrgenommen habe. Vielmehr habe er nur Parkerlaubnisschilder gesehen. Selbst am Tag des Abschleppens am Nachmittag seien an der Stelle, wo er geparkt habe und abgeschleppt worden sei, keine Haltverbotsschilder erkennbar gewesen. Die Polizei hätte als milderes Mittel ihn als Halter anhand des ausliegenden Parkausweises feststellen und benachrichtigen können.
7
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2021 beantragte der Beklagte
9
Auf die Begründung im Einzelnen wird verwiesen.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
11
Die Klage ist erfolglos.
12
Die als Anfechtungsklage gegen den Leistungsbescheid vom 15. März 2021 verstandene Klage nebst Vollzugsfolgenbeseitigungsbegehren in Form der Rückzahlung der geleisteten Zahlung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-) ist zulässig, aber unbegründet. Der Leistungsbescheid vom 15. März 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
13
1. Die Erhebung der Kosten (Gebühren und Auslagen) in Zusammenhang mit der Abschleppmaßnahme vom 11. März 2021 findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 28 Abs. 5 Satz 1 PAG i.V.m. Art. 93 PAG, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG), § 1 Polizeikostenverordnung (PolKV). Aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. Art. 16 Abs. 5 KG folgt dabei, dass Kosten nur für rechtmäßige Polizeimaßnahmen erhoben werden dürfen (BayVGH, U. v. 17.4.2008 - 10 B 08.449 - juris Rn. 12).
14
2. Die auf Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG gestützte Anordnung der Abschleppmaßnahme war im maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens rechtmäßig.
15
2.1 Die Sicherstellung des PKW des Klägers nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG durch Verbringung zur amtlichen Verwahrstelle war rechtmäßig, denn die Polizei kann eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Eine gegenwärtige Gefahr für die Rechtsordnung stellen dabei unter anderem auch bereits eingetretene und andauernde Störungen durch Verkehrsordnungswidrigkeiten dar (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, 5. Aufl. 2020, Art. 11 Rn. 47, 62 ff).
16
2.2 Die Polizei war zur Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands befugt, das Abschleppen des Fahrzeugs anzuordnen, da der PKW am 15. März 2021 verkehrsordnungswidrig i.S.v. § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 62 (Zeichen 283) abgestellt war. Ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder sowie den polizeilichen Feststellungen war der Abschlepport im Zeitpunkt der Durchführung der Abschleppmaßnahme - entsprechend der verkehrsrechtlichen Erlaubnis der Landeshauptstadt M. … vom 9. März 2021 mit dem Zeichen 283 mit Richtungspfeilen und Zusatzzeichen „15.03.2021 - 16.04.2021, 00.00 - 24.00 Uhr“ gekennzeichnet. Indem der PKW des Klägers am 15. März 2021 um 10.30 Uhr im Bereich des streitgegenständlichen absoluten Haltverbots geparkt war (§ 12 Abs. 2 StVO), hat er den Tatbestand der bezeichneten Ordnungswidrigkeit erfüllt. Das Verkehrszeichen enthält nicht nur das Verbot, an der gekennzeichneten Stelle zu halten, sondern zugleich ein gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbares Wegfahrgebot für unerlaubt haltende Fahrzeuge. Der Vortrag des Klägers, er habe die Verbotszeichen nicht wahrgenommen, ist erstens unerheblich und zweitens nicht glaubhaft, da aus den Lichtbildern in der Verwaltungsakte ersichtlich ist, dass das den Parkplatz des Klägers betreffende Verbotsschild wenige Meter hinter seinem PKW aufgestellt und damit für einen durchschnittlich aufmerksamen Verkehrsteilnehmer klar erkennbar war. Die Fotos des Klägers vom Nachmittag des 15. März 2021 belegen zwar, dass das betreffende Schild zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an der ursprünglichen Stelle vorhanden war. Dies hat aber seinen Grund erkennbar darin, dass zu diesem Zeitpunkt bereits mit Bauarbeiten begonnen wurde, wie die Lichtbilder ebenfalls belegen, und das Schild wohl entfernt worden war, weil es bei den Arbeiten störte und zudem ein Parken in diesem Bereich rein tatsächlich nicht mehr möglich war.
17
Das Haltverbot wurde insbesondere auch mit der ordnungsgemäßen Aufstellung der Verkehrszeichen am 11. März 2021 gegenüber dem Kläger wirksam bekanntgegeben. Hierbei handelt es sich - wie bei allen Verkehrszeichen - um einen Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung gemäß Art. 35 Satz 2 BayVwVfG. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen Vorschriften der StVO durch Aufstellung des Verkehrszeichens, vgl. § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 4 StVO; dies ist eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Sie entfalten ihre Rechtswirkungen für den Halter deshalb auch dann, wenn die Verkehrsregelung in dem Zeitpunkt noch nicht bestand, als das Fahrzeug abgestellt wurde (BVerwG, U. v. 24.5.2018 - 3 C 25/16 - juris Rn. 13 ff.). Nach diesen Grundsätzen ist das Haltverbot somit als auch gegenüber dem Kläger als wirksam bekannt gegeben zu betrachten, obwohl dieser sein Fahrzeug - ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Vornotierungsliste - dort bereits bei Errichtung der Haltverbotszone am 11. März 2021 abgestellt hatte und unabhängig davon, ob er - wie er selbst vorträgt - das Fahrzeug anschließend noch mindestens einmal weggefahren und laut seinen Aussagen am 14. März 2021 dort erneut abgestellt hat.
18
2.3 Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig (Art. 4 PAG) und ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG, § 114 Satz 1 VwGO). Sie war geeignet und erforderlich, um die Beeinträchtigung des absoluten Haltverbots zu beseitigen. Im Übrigen kommt es bei einem Fahrzeug, das in einem absoluten Haltverbot parkt, nicht darauf an, ob es zu einer gegenwärtigen konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.8.2002 - 24 ZB 01.2666 - juris Rn. 4); zudem war im vorliegenden Fall sogar eine konkrete Behinderung der unmittelbar bevorstehenden Bauarbeiten gegeben. Mildere Mittel standen nicht zur Verfügung. Konkrete Anhaltspunkte, dass eine ggf. bloße Versetzung des Fahrzeugs (anstelle des Verbringens zur Verwahrstelle) möglich gewesen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
19
Die Abschleppmaßnahme ist auch nicht etwa deshalb als unverhältnismäßig anzusehen, weil der Kläger als Halter und Fahrzeugführer in unmittelbarer Nähe des Abschlepportes wohnhaft war und sein Parkausweis im Auto auslag. Nachforschungsversuche der Polizei im Moment der Entscheidung über die Maßnahme würden eine effektive Gefahrenbeseitigung im Sinne einer zeitnahen Beseitigung vereilteln. Regelmäßig stehen etwa einer Halterermittlung ungewisse Erfolgsaussichten und nicht abzusehende weitere Verzögerungen entgegen (BVerwG, B. v. 27. 5.2002 - 3 B 67/02 - juris Rn. 6; BayVGH, U. v. 28.11.2001 - 24 B 00.3140 - juris Rn. 19). Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wäre allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn der Führer des Fahrzeugs - wie vorliegend nichtvorher ohne Schwierigkeiten und ohne zeitliche Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 8.11.2017 - 10 ZB 17.1912 - juris Rn. 6), etwa weil er sich erkennbar in Ruf- oder Sichtweite des Fahrzeugs befindet. Die Polizei war ausgehend von diesen Grundsätzen vorliegend nicht verpflichtet, allein auf Grund des ihr bekannten Kennzeichens des klägerischen Fahrzeuges und des ausliegenden Parkausweises weitere Nachforschungen anzustellen (VG München, U. v. 23.8.2010 - M 7 K 09.5531 - juris Rn. 25; VG Köln, U. v. 15.10.2007 - 20 K 3768/06 - juris Rn. 18).
20
2.4 Die Polizei kann nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den Art. 7 oder Art. 8 PAG Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Ausführung der Maßnahme nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PAG lagen im Zeitpunkt der Durchführung der Abschleppmaßnahme vor, da der Zweck der Sicherstellung, das aus dem Haltverbot resultierende sofort vollziehbare Wegfahrgebot durchzusetzen (vgl. VGH BW, U. v. 20.1.2010 - 1 S 484/09 - juris Rn. 16), durch Inanspruchnahme des Klägers mangels Anwesenheit nicht rechtzeitig erreicht werden konnte.
21
3. Von der Kostenerhebung ist auch nicht aus Billigkeitsgründen abzusehen, Art. 93 Satz 5 PAG. Aus der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme folgt grundsätzlich die Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen (BVerwG, U. v. 24.5.2018 - 3 C 25/16 - juris Rn. 20). Ausnahmen hiervon sind allenfalls geboten, wenn ein Fahrzeug ursprünglich ordnungsgemäß und erlaubt geparkt wurde und sich die Verkehrslage durch das Aufstellen neuer Verkehrszeichen erst nachträglich ändert. Die Rechtsordnung gewährt zwar grundsätzlich keinen Schutz der allgemeinen Erwartung, die geltende Rechtslage werde zukünftig unverändert fortbestehen. Knüpfen künftige Rechtsfolgen aber an zurückliegende Sachverhalte an, muss das betätigte Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden (BVerwG, U. v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 21). Diese Abwägung hat einerseits die berechtigten Interessen des Fahrzeugverantwortlichen in den Blick zu nehmen, denn grundsätzlich ist das Parken von zugelassenen und betriebsbereiten Fahrzeugen auf öffentlichem Straßengrund auch dauerhaft erlaubt. Andererseits muss ein Verkehrsteilnehmer stets mit Situationen rechnen, die eine kurzfristige Änderung der bestehenden Verkehrsregelungen erforderlich machen. Das Vertrauen in die Möglichkeit des dauerhaften Parkens eines Fahrzeugs an einer konkreten Stelle im öffentlichen Verkehrsraum ist wegen der im Straßenverkehr erforderlichen gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 1 StVO) von vornherein beschränkt (BVerwG, U. v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 22 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat das BVerwG eine Vorlaufzeit von drei vollen Tagen gebilligt und eine Kostenbelastung für Abschleppmaßnahmen am vierten Tag nach der Aufstellung des Verkehrszeichens als verhältnismäßig erachtet (vgl. BVerwG, U. v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 23). Bei der Berechnung der Vorlaufzeit hat im Interesse der Rechtsklarheit und einer praktikablen Handhabung eine Differenzierung nach Wochentagen oder Ferienzeiten grundsätzlich zu unterbleiben; aus denselben Gründen findet auch eine stundenscharfe Berechnung nicht statt (BVerwG, U. v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 29f).
22
Ausweislich der sich in der Behördenakte befindlichen Dokumentation der Aufstellung der Verkehrszeichen im Zusammenhang mit der Vornotierungsliste konnte vorliegend nicht widerlegt werden, dass die mobile Haltverbotszone unter Einhaltung der genannten Vorlauffrist von drei vollen Tagen errichtet wurde. So wurden die Haltverbotsschilder für das Haltverbot ab 15. März 2021 am 11. März 2021 um 13.00 Uhr errichtet; dabei wurde das klägerische Fahrzeug auf die Vornotierungsliste als parkendes Fahrzeug vor dem Anwesen A. H.str. 44 aufgenommen. Diese Dokumentation zur ordnungsgemäßen Errichtung einer Haltverbotszone sowie zur unveränderten Beschilderung am Abschlepptag legen im Sinne eines Anscheinsbeweises den Schluss nahe, dass die Haltverbotszone dergestalt errichtet wurde und auch in der Zwischenzeit unverändert ausgeschildert gewesen ist (vgl. Sächs.OVG, B. v. 28.4.2014 - 3 A 427/12 - juris Rn. 11; VG Köln, U. v. 7.3.2013 - 20 K 6703/11 - juris Rn. 20 ff.; VG Bremen, U. v. 13.8.2009 - 5 K 3876/98 - juris Rn. 18). Diese Vermutung vermochte der Kläger nicht zu widerlegen. Ein einfaches Bestreiten des Klägers, wonach die Schilder nicht oder nicht an der korrekten Stelle aufgestellt gewesen seien, genügt hierfür jedenfalls nicht. Sowohl aus dem in der Behördenakte befindlichen Bildmaterial zusammen mit der Vornotierungsliste vom 11. März 2021, bei dem die abgestellten Fahrzeuge protokolliert worden sind, ergibt sich, dass eine wirksam errichtete und gültige Haltverbotszone sowohl in örtlicher Hinsicht als auch mit entsprechender Vorlaufzeit an der Stelle, von wo klägerische PKW abgeschleppt worden ist, bestanden hat, selbst wenn der Kläger sie individuell nicht wahrgenommen haben mag.
23
4. Gegen die Kostenhöhe wurden weder Einwendungen erhoben noch sind solche ersichtlich.
24
5. Im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Anordnung hat der Kläger keinen Anspruch auf Rückerstattung der bereits bezahlten Abschleppkosten, § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
25
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
26
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.