Inhalt

VG München, Beschluss v. 20.09.2022 – M 10 S 22.50494
Titel:

Dublin-Verfahren (Ungarn)

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 34a Abs. 2 S. 1
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, Art. 12 Abs. 2
Leitsatz:
Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) mit sich bringen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht, Dublin III-VO, Abschiebungsanordnung nach Ungarn, Gültiges Visum, Systemische Mängel (ernsthafte Anhaltspunkte bejaht), Keine individuelle Zusicherung, Ungarn, Abschiebungsanordnung, Schengen-Visum
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26165

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 14. September 2022 (Az. M 10 K 22.50493) gegen die Abschiebungsanordnung in Nummer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 9. September 2022 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die angeordnete Überstellung nach Ungarn im Rahmen des sogenannten „Dublin-Verfahrens“.
2
Der Antragsteller ist jemenitischer Staatsangehöriger. Er reiste am 7. März 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem die Antragsgegnerin am 17. März 2022 Kenntnis erhielt. Der förmliche Asylantrag datiert vom 21. April 2022.
3
Nach der in der Behördenakte befindlichen Kopie des Reisepasses des Antragstellers (Bl. 42 der am 19.9.2022 vorgelegten Behördenakte) war der Antragsteller im Besitz eines Visums, das am 8. Februar 2022 von den ungarischen Behörden im Oman ausgestellt worden war und das vom Ausstellungstag bis 7. Februar 2023 gültig ist. Mit diesem Visum reiste der Antragsteller am 14. Februar 2022 in Ungarn ein und nach einem 15-tägigen Aufenthalt direkt nach Deutschland weiter.
4
Daher richtete die Antragsgegnerin am 25. April 2022 ein Aufnahmegesuch an die ungarischen Behörden, das am folgenden Tag dort einging. Gleichzeitig forderte die Antragsgegnerin eine individuelle Zusicherung dahingehend an, dass die ungarischen Behörden den Antragsteller bei Rücküberstellung gemäß europäischen Asylstandards behandeln. Nachdem die ungarischen Behörden ihre Zustimmung zur Aufnahme zunächst verweigerten und die Antragsgegnerin hiergegen remonstrierte, erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 10. Juni 2022, das die Antragsgegnerin am 15. Juni 2022 erhielt, die Übernahme des Antragstellers. Nachdem die Antragsgegnerin die ungarischen Behörden im Anschluss noch dreimal aufforderte, eine individuelle Zusicherung für den Antragsteller abzugeben, übermittelte das ungarische Dublin-Unit mit E-Mail vom 10. August 2022, die keinen Text enthält, eine undatierte Anlage mit folgendem Inhalt: „We hereby inform you that in each independent case the application for international protection is processed in accordance with Directive 2013/32/EU and accomodation is appointed in accordance with the standards of Directive 2013/33/EU.“
5
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. September 2022 wurde der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt, festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen, die Abschiebung nach Ungarn angeordnet und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von 11 Monaten ab dem Tag der Abschiebung angeordnet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
6
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14. September 2022, der am gleichen Tag bei dem Verwaltungsgericht München eingegangen ist, Klage gegen diesen Bescheid erhoben (Az. M 10 K 22.50493). Gleichzeitig wird nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beantragt,
7
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
8
Zur Begründung wird vorgetragen, dass in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, so dass Deutschland für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig geworden sei. Hierzu wird auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, auch der Obergerichte, aus den Jahren 2016 bis 2019 verwiesen. Hintergrund der Annahme systemischer Mängel sei die gesetzliche und tatsächliche Entwicklung in Ungarn seit dem Jahr 2013, insbesondere die Gefahr für Asylbewerber, in Asylhaft genommen zu werden, der fehlende effektive Rechtsschutz sowie die Gefahr von Verstößen gegen das Refoulement-Verbot. Zwar seien nach der grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2020 mit Wirkung ab 21. Mai 2020 die sogenannten Transit-Zonen geschlossen worden. Im Hinblick auf die Inhaftierung von Asylbewerbern habe dies jedoch keine grundlegende Änderung bewirkt. Überdies dürften seit dem 26. Mai 2020 nur noch solche Asylbewerber in Ungarn einen Asylantrag stellen, die zuvor bei den ungarischen Botschaften in Kiew oder Belgrad eine sogenannte Absichtserklärung abgegeben hätten und dann eine Einreisegewährung erhalten hätten. Für Dublin-Rückkehrer seien insoweit keine Ausnahmen vorgesehen. Die Europäische Kommission habe deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Vor diesem Hintergrund sei bei einer Überstellung nach Ungarn nicht gesichert, dass der Antragsteller dort Flüchtlingsschutz beantragen könne.
9
Die Antragsgegnerin hat im gerichtlichen Verfahren die Akten vorgelegt, ohne einen Antrag zu stellen.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
11
Der Antrag gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig und begründet.
12
Entfaltet ein Rechtsbehelf - wie hier (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG) - von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sofern die Klage dagegen bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein wird, tritt das Interesse an der sofortigen Vollziehung zurück.
13
Gemessen an diesen Maßstäben geht die Interessenabwägung im vorliegenden Fall zugunsten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung wird seine Klage gegen die Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid voraussichtlich Erfolg haben. An der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen bei summarischer Prüfung im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS. 2 AsylG) Zweifel.
14
Zwar ist die Antragsgegnerin nach kursorischer Prüfung im Ausgangspunkt zutreffend von einer Zuständigkeit Ungarns in Bezug auf den in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrag des Antragstellers ausgegangen, da dieser im Besitz eines gültigen ungarischen Visums ist (Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO).
15
Aber vorliegend ist die Zuständigkeit nach summarischer Prüfung gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Ungarn als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Denn es liegen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) mit sich bringen.
16
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).
17
Gemessen an diesen Maßstäben ist diese Vermutung im konkreten Fall nach summarischer Prüfung erschüttert.
18
Bereits der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in den Jahren 2017 und 2018 festgestellt, dass eine Abschiebung nach Ungarn unzulässig ist, weil das Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer an systemischen Mängeln leidet (vgl. BayVGH, U.v. 31.1.2018 - 9 B 17.50039; B.v. 29.1.2018 - 20 B 16.50000; B.v. 23.1.2018 - 20 B 16.50073; U.v. 23.3.2017 - 13a B 17.50003 - jew. juris). Auch die wohl überwiegende derzeitige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, hält an der Annahme des Bestehens von systemischen Mängeln im ungarischen Asylverfahren weiterhin fest (vgl. VG München, Gerichtsbescheide v. 5.9.2022 - M 30 K 22.50353 und M 30 K 22.50407 n.v.; B.v. 18.7.2022 - M 10 S 22.50218 - juris; VG Aachen, B.v. 1.9.2022 - 5 L 613/22.A - juris; U.v. 21.7.2022 - 5 K 644/22.A - juris; VG Würzburg, B.v. 9.2.2022 - W 1 S 22.50035 - BeckRS 2022, 2913; dem Vorliegen systemischer Mängel - unter Vorbehalt von Zusicherungen - grundsätzlich zustimmend: VG Regensburg, B.v. 7.3.2022 - RN 13 S 22.50079 - juris; a.A. VG Hamburg, B.v. 18.3.2022 - 7 AE 3979/21 - juris; ernsthafte Gefahr einer gegen Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK verstoßenden erniedrigenden Behandlung in Ungarn für anerkannt Schutzberechtigte ebenso bejaht: VG Bremen, B.v. 6.4.2022 - 3 K 491/18 - juris; a.A.: BVerwG, U.v. 7.9.2021 - 1 C 3.21 - juris). Denn die Situation in Ungarn hat sich seitdem nicht grundlegend zugunsten der Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer geändert:
19
Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte mit Urteilen vom 14. Mai 2020 (C-924/19 PPU und C-925/19 PPU - juris) und 17. Dezember 2020 (C-808/18 - juris) fest, dass Ungarn mehrfach gegen geltendes Europarecht, insbesondere die EU-Richtlinien 2008/115/EG, 2013/32/EU sowie 2013/33/EU, verstoßen hat.
20
Daraufhin wurden zwar die sogenannten Transit-Zonen mit Wirkung ab dem 21. Mai 2020 geschlossen; hinsichtlich der Inhaftierung von Asylbewerbern hat dies aber keine grundlegende Änderung der Rechtspraxis mit sich gebracht (VG Würzburg, a.a.O., Rn. 19). Im Anschluss an die Schließung der Transit-Zonen führte Ungarn zudem zum 26. Mai 2020 ein neues System ein, wonach Asylanträge grundsätzlich, mit wenigen Ausnahmen etwa für bereits anerkannt Schutzberechtigte und ihre Familien, nur noch gestellt werden können, wenn die Schutzsuchenden zuvor bei den ungarischen Botschaften in Kiew oder Belgrad eine „Absichtserklärung“ abgegeben haben und sodann eine Einreisegewährung erhalten haben (AIDA, Country Report: Hungary - Update 2021, April 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HU_2021update.pdf, S. 13 - abgerufen am 20.9.2022). Auch für Dublin-Rückkehrer finden sich hinsichtlich dieser Voraussetzung für die Stellung eines Asylantrages keine Ausnahmen (AIDA, a.a.O., S. 48). Es ist folglich bei einer Überstellung nach Ungarn weder sichergestellt, dass die Antragsteller dort einen Asylantrag stellen können noch dass rechtsstaatliche Verfahrensbedingungen eingehalten werden (vgl. VG Würzburg, a.a.O., Rn. 19).
21
Wegen dieser aus Sicht der Europäischen Kommission rechtswidrigen Beschränkung des Zugangs zum Asylverfahren hat diese bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung v. 15.7.2021, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_3424 - abgerufen am 20.9.2022).
22
Am 12. November 2021 hat die Europäische Kommission Ungarn zudem erneut verklagt, weil die ungarische Regierung aus Sicht der Europäischen Kommission das Urteil vom 17. Dezember 2020 in mehreren Punkten nicht befolgt und es dem ungarischen Verfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt hat. Damit wird nach Auffassung der Europäischen Kommission gegen den Vorrang des Europarechts verstoßen (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung v. 12.11.2021, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_5801 - abgerufen am 20.9.2022). Das ungarische Verfassungsgericht hat den Einspruch der Regierung am 7. Dezember 2021 jedoch zurückgewiesen (Az.: X/477/2021 - englische Version am 20.9.2022 abgerufen unter https://hunconcourt.hu/uploads/sites/3/2021/12/x_477_2021_eng.pdf).
23
Eine andere Beurteilung des Einzelfalls ergibt sich auch nicht aus der mit E-Mail vom 10. August 2022 auf Bitten der Antragsgegnerin übersandten Erklärung Ungarns, dass das ungarische Asylverfahren und die Unterbringung in jedem Fall im Einklang mit den Vorgaben der Richtlinien 2013/32/EU und 2013/33/EU stünden. Diese Erklärung kann nicht als geeignete Zusicherung Ungarns für den Einzelfall zur Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien sowie des europäischen Asylrechts angesehen werden (vgl. hierzu: VG München, Gerichtsbescheide vom 5.9.2022, a.a.O.; VG Würzburg, a.a.O., Rn. 20; a.A. VG Regensburg, a.a.O., S. 8 f.). Zwar ist diese Erklärung gezielt im Verfahren des Antragstellers von der Antragsgegnerin angefordert und von den ungarischen Behörden übermittelt worden. Aber hieraus lässt sich angesichts der allgemein gehaltenen Erklärung kein hinreichender persönlicher Bezug auf den Antragsteller herleiten. Die Erklärung selbst enthält weder einzelfallspezifische Angaben zum Antragsteller noch sonstige Merkmale, wie etwa eine Unterschrift der die Erklärung verantwortenden Person oder eine Datumsangabe. Hinzu kommt, dass die Erklärung ihrem Inhalt nach allgemein gehalten („in each independent case“) und nicht konkret auf den Antragsteller bezogen ist. Angesichts der aufgezeigten Mängel des ungarischen Asylsystems, insbesondere mit Blick auf die in den Entscheidungen des EuGH gerade festgestellten Verstöße gegen die Richtlinien 2013/32/EU und 2013/33/EU, erscheint die Verlässlichkeit dieser Aussage im Übrigen mindestens fragwürdig. Auch die die Erklärung übermittelnde E-Mail vom 10. August 2022 enthält keine konkretisierenden Erläuterungen. Insgesamt kann aus der Erklärung daher nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hergeleitet werden, dass Ungarn tatsächlich eine individuelle Zusicherung im Einzelfall für den Antragsteller ausstellen wollte und sich an diese auch tatsächlich gebunden fühlt.
24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
25
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).