Titel:
Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen zur Wasserversorgung
Normenketten:
BayKAG Art. 2 Abs. 1, Art. 5
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine fehlende Beitragsabstufung bei der Heranziehung von Gewächshausflächen, die kein Gießwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung beziehen, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die schiere (Über-)Größe der Gewächshäuser führt nicht zu einem atypischen Fall, der in einer Beitragsminderung oder -abstufung zu berücksichtigen wäre, weil sonst der Beitragsmaßstab willkürlich und den Gleichheitssatz verletzen würde. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
3. Beiträge entstehen grundsätzlich unabhängig von einer tatsächlichen Nutzung allein für die Möglichkeit der Inanspruchnahme (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 1 KAG); insoweit ist es unerheblich, dass für die Nutzung der Gewächshäuser derzeit kein Wasser für die Bewässerung der Pflanzen aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung bezogen wird, sondern aufgefangenes Regenwasser als Gießwasser genutzt wird. (Rn. 83 – 84) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei bebauten Grundstücken im Außenbereich ist der Beitragstatbestand insoweit einzuschränken, als nur dann eine Beitragspflicht entsteht, wenn mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks ein Anschlussbedarf hinsichtlich der Wasserversorgung verbunden ist. Maßgebend für die Frage, ob ein vorhandenes Gebäude nach seiner bestimmungsgemäßen Nutzung eines Wasseranschlusses bedarf, ist grundsätzlich die erteilte Baugenehmigung, die eine bestimmte Nutzung festschreibt; auf die konkret im Einzelfall praktizierte Betriebsweise kommt es nicht an. (Rn. 102) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Öffentliche Wasserversorgung, Beitrag, Übergroßes Gewächshaus, Anschlussbedarf (bejaht), Wasserversorgung, Herstellungsbeitrag, übergroßes Gewächshaus, Anschlussbedarf, Nutzungsart, Geschossflächenmaßstab, Typengerechtigkeit, Gleichheitssatz, Globalkalkulation, substantiierte Rügen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 09.02.2023 – 20 ZB 22.2367, 20 ZB 22.2415
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26155
Tenor
I. Der Herstellungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 19. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 13. November 2017 und des Widerspruchsbescheids des Landrats-amts ... vom 2. März 2020 wird aufgehoben, soweit ein höherer Beitrag als 669.184,42 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer) festgesetzt wurde.
II. Der Herstellungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom 2. März 2020 wird aufgehoben, soweit ein höherer Beitrag als 456.475,01 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer) festgesetzt wurde.
III. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
IV. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
V. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin betreibt im Verbandsgebiet des Beklagten in großen Gewächshäusern den Anbau von Gemüse und Obst. Sie wendet sich gegen die Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen zur Wasserversorgung.
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Der Beklagte ist in seinem Verbandsgebiet nach seiner Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung (Wasserabgabesatzung - WAS) vom 1. Januar 1990, zuletzt geändert am 16. März 2011, für die öffentliche Wasserversorgung zuständig. Hierzu erhebt er aufgrund seiner Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 28. November 2016, die die frühere BGS/WAS vom 2. Juli 2008 abgelöst hat, zur Deckung seines Aufwandes für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung einen Beitrag. Der Beitrag wird nach § 5 BGS/WAS nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Nach § 6 BGS/WAS 2016 wird pro Quadratmeter Grundstücksfläche ein Betrag von 0,95 EUR und pro Quadratmeter Geschossfläche ein Betrag von 3,88 EUR erhoben; nach § 6 BGS/WAS 2008 wurde pro Quadratmeter Grundstücksfläche ein Betrag von 1,20 EUR und pro Quadratmeter Geschossfläche ein Betrag von 3,50 EUR erhoben.
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A. Zum Verfahren M 10 K 20.1335:
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Mit Bescheid vom 8. August 2013 erteilte das Landratsamt … der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung einer Gewächshausanlage mit Sozialgebäuden, Erdbecken mit Einzäunung, Abpackhalle und Wohnungen für Betriebsleiter und Aufsichtspersonen auf dem Grundstück mit den Flurnummern …, …, …, … und … jeweils Gemarkung … Damaliger Bauherr war der jetzige Geschäftsführer der Klägerin.
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Wesentliches Merkmal des Anbaubetriebs ist, dass die Wasserversorgung der Pflanzen ausschließlich über aufgefangenes Niederschlagswasser und übrig gebliebenes Gießwasser erfolgt, welches in einer eigenen Aufbereitungsanlage für die Verwendung gereinigt wird.
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Nach der Betriebsbeschreibung werde das Gewächshaus aus dem benachbarten geothermischen Brunnen mit Warmwasser beheizt. Es würden etwa 80 Personen für die Pflege und Ernte beschäftigt. Gearbeitet werde ausschließlich bei Tageslicht; alle 2-3 Stunden machten die Mitarbeiter eine kurze Pause, mittags werde eine längere Pause gemacht. Es befänden sich ausschließlich eigene Mitarbeiter im Gewächshaus, keine Betriebsfremden. Die Betriebszeiten seien Montag bis Freitag von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr und samstags von 6:00 Uhr bis 16:00 Uhr.
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Der Grundaufbau des Gewächshauses bestehe aus einem betonierten Mittelgang (4m breit) mit rechts und links abgehenden Pflanzenreihen. Die Pflanzen würden in Töpfen angeliefert und auf Substrat gepflanzt. Die Substratsäcke lägen auf einer freihängenden Kulturrinne und dienten der Aufnahme des Wurzelwerkes und der Speicherung von Wasser und Nährstoffen. Die Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser erfolge über eine Tröpfchenbewässerung. Unter den Kulturrinnen sei der Mutterboden mit Folie abgedeckt, dies diene als Schutz vor Verschmutzung, vor Unkraut und Übertragung von Krankheitserregern. Das Gewächshaus werde zwischen Dezember und Januar bepflanzt, die Früchte könnten von März bis Ende November geerntet werden. Danach würden die Pflanzen im Gewächshaus gescheitert, entfernt und kompostiert. Das Substrat werde je nach Zustand weiterverwendet oder ebenfalls kompostiert. Die Pflege und Ernte der Früchte erfolge zwischen den Pflanzreihen mit Spezialhubwagen, welche auf den Rohrheizungsschienen vom Mittelgang ausgehend fahren würden. Der Abtransport der Früchte erfolge auf dem betonierten Mittelgang mit Elektrofahrzeugen bis zur Abpackhalle, wo die Verpackung erfolge. Die Verladung der Lkw bei der Betriebshalle erfolge über Laderampen. Die Heizung des Gewächshauses erfolge mit Warmwasser aus dem geothermischen Brunnen, welches von Heizungspumpen in Rohrschienen im Gewächshaus verteilt werde. Für die Notbeheizung gebe es 2 Ölkessel in einem eigenen Heizungsraum. Die Notheizung sei in einem eigenen Gebäude untergebracht und werde nur bei einer Störung der Wärmeversorgung aus dem geothermischen Brunnen in Betrieb genommen. Die Pumpen für die Bewässerung der Pflanzen befänden sich in einem eigenen wassertechnischen Raum.
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Mit Bescheid vom 19. Mai 2015 setzte der Beklagte einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgung für das vorgenannte Gebäude in Höhe von 626.536,29 EUR zuzüglich 7% Mehrwertsteuer in Höhe von 43.857,54 EUR, also insgesamt 670.393,83 EUR fest. Dabei wurde eine Grundstücksfläche von 162.368 m² mit einem Betrag von 194.841,60 EUR sowie eine Geschossfläche von 123.341,34 m² mit einem Betrag von 431.694,69 EUR zugrunde gelegt.
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In einem beigelegten Berechnungsblatt wurden die Flächen weiter aufgeschlüsselt: Gewächshaus mit 119.240 m², Abpackhalle mit 2712,73 m², Sozialgebäude Erdgeschoss und Obergeschoss mit jeweils 415,58 m², Verwaltungsgebäude mit 234,51 m² und Heizungsanlage mit 322,94 m² Geschossfläche. Als Grundstücksflächen wurden angesetzt Flurnummer … mit 23.873 m², Flurnummer … mit 91.661 m², Flurnummer … mit 10.072 m², Flurnummer … mit 606 m² und Flurnummer … mit 36.156 m².
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Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht am 19. Juni 2015 Widerspruch ein. Die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücks- und Geschossflächen sei fehlerhaft, was im Einzelnen näher ausgeführt wurde. Insbesondere die Geschossfläche des Gewächshauses könne nicht herangezogen werden, da der im Gewächshaus bestehende Wasserbedarf nicht über die öffentliche Wasserversorgungsanlage gedeckt werden könne. Eine tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme sei nur dann gegeben, wenn die Wasserversorgungsanlage auch eine ausreichende Kapazität aufweise, um den Bedarf der herangezogenen Geschossflächen abzudecken. Der Beklagte sei mit seinen Kapazitäten nicht in der Lage, das benötigte Brauchwasser zur Bewässerung der Pflanzen in den Gewächshäusern zu liefern. In der Mittagszeit würden für die Bewässerung der Pflanzen pro Stunde etwa 6 l Brauchwasser pro Quadratmeter Fläche der Gewächshäuser benötigt. Dies ergebe bei der Gewächshausfläche von 119.000 m² einen Wasserbedarf von etwa 720 m³/h; diese Menge könne der Beklagte nicht bereitstellen. Das Grundstück sei an die öffentliche Wasserversorgung über eine Wasserleitung mit einem Durchmesser von nur 5/4 Zoll verbunden. Hierüber könne nur das Wasser für das Sozialgebäude und die Abpackhalle zur Verfügung gestellt werden. Auch die Wasseruhr sei nur für einen maximalen Wasserbezug von 4 m³/h ausgelegt. Die Wasserversorgung für die Gewächshäuser erfolge zu 100% unabhängig von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage über ein geschlossenes Bewässerungssystem. Darüber hinaus ergebe sich auch kein Anschlussbedarf aufgrund der in den Gewächshäusern arbeitenden Personen, da kein ständiger Aufenthalt von Beschäftigten in den Gewächshäusern gegeben sei. Die Gewächshäuser dienten ausschließlich dem Gemüseanbau, nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Dementsprechend fehle den Gewächshäusern auch die für den Daueraufenthalt von Menschen notwendige Innenausstattung, insbesondere Sanitäranlagen.
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Mit Ergänzungsbescheid vom 13. November 2017 teilte der Beklagte den mit Bescheid vom 19. Mai 2015 festgesetzten Herstellungsbeitrag in Höhe von 670.393,83 EUR auf die Grundstücke auf: 156.830,65 EUR auf Flurnummer …, 2.568,21 EUR auf Flurnummer …, 47.648,60 EUR auf Flurnummer …, 383.079,68 EUR auf Flurnummer … und 80.266,69 EUR auf Flurnummer … Zur Begründung wird ausgeführt, mit dem ursprünglichen Bescheid seien die vorbezeichneten Grundstücke als wirtschaftliche Einheit gemeinsam veranlagt worden. Zur Verdeutlichung würden die einzelnen Beiträge den jeweiligen Flurstücksnummern zugeordnet. Eine weitere Aufteilung nach Grundstücksfläche und Geschossfläche wurde vorgenommen.
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Der Ergänzungsbescheid wurde von der Klägerin fristgemäß in das Widerspruchsverfahren mit einbezogen.
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B. Zum Verfahren M 10 K 20.1334:
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Mit drei Teilbaugenehmigungen vom 20. Juli 2015 und vom 5. August 2015 genehmigte das Landratsamt … der Klägerin eine Erweiterung der bestehenden Gewächshausanlage durch Errichtung einer Betriebshalle (Abpackhalle), Errichtung von Sozialräumen und Errichtung eines weiteren Gewächshauses jeweils auf dem Grundstück mit den Flurnummern …, …, …, …, … und … Gemarkung …
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Die Betriebsbeschreibung entspricht weitestgehend der Beschreibung des Betriebs im ursprünglichen Gewächshaus mit der Abweichung, dass im neuen Gewächshaus etwa 50 Personen beschäftigt würden.
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Mit Bescheid vom 17. Dezember 2018 setzte der Beklagte einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage für das (neue) Gewächshaus auf dem Grundstück mit den Flurnummern …, … und … in Höhe von 429.751,31 EUR zzgl. 7% Mehrwertsteuer in Höhe von 30.082,59 EUR, also insgesamt 459.833,90 EUR fest. Dabei wurde eine Grundstücksfläche von 113.453 m² mit einem Betrag von 107.865,85 EUR und eine Geschossfläche von 82.960,17 m² mit einem Betrag von 321.885,46 EUR zugrunde gelegt.
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Als Grundstücksfläche wurden zugrunde gelegt 92.252 m² für Flurnummer … und 21.291 m² für Flurnummer …; für Flurnummer … wurde kein Grundstücksflächenanteil angenommen, da das neue Gewächshaus diese Flurnummer lediglich mit 25,92 m² als Überbau in Anspruch nimmt und Flurnummer … mit seiner gesamten Grundstücksfläche bereits im Herstellungsbeitragsbescheid vom 19. Mai 2015 herangezogen wurde.
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Als Geschossflächen wurden ermittelt 67.162,96 m² auf Flurnummer …, 151.771,29 m² auf Flurnummer … und 25,92 m² auf Flurnummer …
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Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht am 11. Januar 2019 Widerspruch ein mit im Wesentlichen der gleichen Begründung wie gegen den früheren Bescheid.
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Mit Widerspruchsbescheiden vom 2. März 2020 wies das Landratsamt … die Widersprüche gegen die Herstellungsbeitragsbescheide vom 19. Mai 2015 und vom 17. Dezember 2018 jeweils zurück.
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Bei nach der Rechtsprechung vorgegebener typisierender und objektivierender Betrachtung bestehe für ein Gewächshaus bei bestimmungsgemäßer Nutzung immer ein Anschlussbedarf. Ob der Wasserbedarf letztlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage oder aus einer eigenen Regenwassersammelanlage gedeckt werde, sei für die Beitragspflicht ohne Bedeutung. Allein maßgeblich sei die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, weil dadurch den veranlagten Grundstücken ein besonderer objektiver Vorteil vermittelt werde, der in der Art und Weise und dem Umfang der Zurverfügungstellung von Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bestehe. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme bestehe nach wie vor und darauf könne jederzeit zurückgegriffen werden. Der abstrakte Vorteil würde auch bei vollkommener bzw. teilweiser Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht berührt. Darüber hinaus hielten sich entsprechend der Betriebsbeschreibung auch dauerhaft Personen in den Gewächshäusern auf.
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Mit Schriftsätzen vom 25. März 2020 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klagen mit den Anträgen (Schriftsätze vom 14.08.2020)
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Im Verfahren M 10 K 20.1334:
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Der Bescheid des Beklagten zur Festsetzung des Herstellungsbeitrages für die Wasserversorgung vom 17. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 2. März 2020 wird aufgehoben.
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Im Verfahren M 10 K 20.1335:
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Der Bescheid des Beklagten zur Festsetzung des Herstellungsbeitrages für die Wasserversorgung vom 19. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 2. März 2020 wird aufgehoben.
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Zur Begründung wird zum Sachverhalt im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe im Jahr 2016 die noch fehlende Globalberechnung-Beitragsbedarfsberechnung durchgeführt. Die bisherige Beitrags- und Gebührensatzung vom 2. Juli 2008 sei daraufhin aufgehoben und durch die neue Beitrags- und Gebührensatzung vom 28. November 2016 ersetzt worden. Dabei sei der Beitragssatz pro Quadratmeter Grundstücksfläche von bisher 1,20 EUR auf 0,95 EUR und pro Quadratmeter Geschossfläche von 3,50 EUR auf 3,88 EUR abgeändert worden.
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Die Klägerin betreibe die Gewächshausanlagen als Erbbauberechtigte; für die Grundstücke Flurnummern …, …, …, … und … (ursprüngliches Gewächshaus) sei die Erbbauberechtigung am 15. Dezember 2013 eingetragen worden, für die Grundstücke Flurnummern … und … (neues Gewächshaus) sei die Erbbauberechtigung am 29. Februar 2016 eingetragen worden.
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Die Gewächshäuser dienten ausschließlich dem Gemüseanbau. Im ursprünglichen Gewächshaus würden Paprika und Erdbeeren und im neuen Gewächshaus Paprika und Tomaten angebaut. Die Gewächshäuser hätten den Zweck, die erforderliche Wärme für die angebauten Pflanzen zu halten. In ihrer Funktion entsprächen sie über dem Boden gespannten Folien. In den Gewächshäusern befänden sich keine feste Böden. Abgesehen von den Bedienungswegen zum Pflücken seien die ursprünglich vorhandenen Felder nur mit Folie abgedeckt. Auf dieser Folie befänden sich die Substratsäcke, in denen die Pflanzen wachsen würden. Bei Produktionsende würden die Gewächshäuser zurückgebaut und inklusive Fundament und Wasserbecken entfernt.
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Im ursprünglichen Gewächshaus finde die Produktion im Wesentlichen in der Zeit von April bis Oktober statt, in den übrigen Monaten liege die Fläche brach. In den Wintermonaten erfolge auch keine nennenswerte Arbeit in Gewächshaus und Abpackhalle. Die Abpackhalle sei ungenutzt und stehe leer in der Zeit von November bis März. Im ursprünglichen Gewächshaus einschließlich Halle seien maximal 85 Personen beschäftigt, etwa 50 im Gewächshaus und etwa 35 Personen in der Abpackhalle.
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Im neuen Gewächshaus erfolge die Produktion von Paprika auf einer Fläche von etwa 6 ha in der Zeit von April bis Oktober; die Erdbeerproduktion erfolge auf einer Fläche von etwa 1,8 ha, es gebe regelmäßig 2 Ernten in der Zeit von März bis Mai und von Oktober bis November. In den übrigen Monaten lägen die Flächen brach. In den Wintermonaten erfolgten keine nennenswerten Arbeiten im Gewächshaus und in der Abpackhalle. Die Abpackhalle sei ungenutzt und stehe leer in der Zeit von Dezember bis März. Im neuen Gewächshaus einschließlich Halle seien maximal 50 Personen beschäftigt, davon etwa 40 im Gewächshaus und etwa 10 Personen in der Abpackhalle.
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Bei beiden Gewächshäusern handele es sich um keine Verkaufsgewächshäuser. Das geerntete Gemüse werde in die Abpackhallen verbracht und dort frisch verpackt und anschließend per Lkw an die Kunden ausgeliefert.
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Die Gewächshäuser seien eigene selbstständige Gebäude, es handele sich um eigene unabhängige Brandschutzbereiche. Die Gewächshäuser seien über Brandwände und Brandschutztore komplett von den Abpackhallen und den Sozialgebäuden abgetrennt. In den Gewächshäusern befänden sich nur Brauchwasseranschlüsse zu Reinigungszwecken, jedoch keine Anschlüsse an die Trinkwasserversorgung des Beklagten. Sämtliche Sanitäranlagen für die Beschäftigten befänden sich in den Sozialräumen bzw. im Sozialgebäude. Auch in den Abpackhallen befänden sich keine Wasseranschlüsse. Die Heizungsanlage des Betriebs befinde sich in einem freistehenden eigenen Gebäude, in dem keine Anschlüsse an die öffentliche Wasserversorgung vorhanden seien. Darüber hinaus befänden sich in dem Gebäude, in dem die Heizungsanlage untergebracht sei, auch keine Arbeitnehmer bzw. hielten sich dort nicht dauerhaft auf. Der Wärmespeichertank und der Öltank hätten ebenfalls keine Anschlüsse an die öffentliche Wasserversorgung.
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Die Klägerin beziehe für die Versorgung der Gewächshäuser kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung des Beklagten. Die Wasserversorgung für die Gewächshäuser erfolge zu 100% unabhängig von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage. Dies zeige auch die in den vergangenen Jahren jeweils von dem Beklagten über Gebühren abgerechnete geringe Trinkwassermenge, welche nach Jahresverbrauch weiter aufgeschlüsselt wird. Die Wasserversorgung der Gewächshäuser erfolge über ein 8.520 m² großes Regenwasserauffangbecken mit einem Fassungsvermögen von etwa 25.000 m³ bzw. im Notfall über einen eigenen Brunnen. Es handele sich im Gegensatz zu herkömmlichen Gewächshäusern, in denen das Gießwasser im Boden versickere, um ein geschlossenes Bewässerungssystem. Das Niederschlagswasser auf den Dachflächen der Gewächshäuser werde aufgefangen und in das Regenwasserauffangbecken geleitet. Darüber hinaus werde das nicht von den Pflanzen verbrauchte Gießwasser, das aus dem Pflanzsubstrat wieder abfließe, aufgefangen und aufbereitet. Anschließend werde es vermischt mit frischem Regenwasser aus dem Auffangbecken erneut zum Gießen der Pflanzen verwendet. In der Mittagszeit würden für die Bewässerung der Pflanzen pro Stunde ca. 6 l (im ursprünglichen Gewächshaus) bzw. 4 l (im neuen Gewächshaus) Brauchwasser pro Quadratmeter Fläche der Gewächshäuser benötigt. Dies ergebe bei einer Gewächshausanbaufläche von etwa 119.240 m² im ursprünglichen Gewächshaus einen Wasserbedarf von etwa 720 m³/h, bei einer Anbaufläche von etwa 78.000 m² im neuen Gewächshaus einen Wasserbedarf von etwa 312 m³/h. Der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung erfolge nur über eine Wasserleitung mit einem Durchmesser von 5/4 Zoll, die eingebaute Wasseruhr sei für den maximalen Wasserbezug von 4 m³/h ausgelegt. Der Beklagte sei nicht in der Lage, die für die Bewässerung der Gewächshäuser benötigte Wassermenge von etwa 720 und 312 m³/h zur Verfügung zu stellen; es stehe nur eine Kapazität von 6 m³/h an der Übergabestelle zu den Grundstücken der Klägerin zur Verfügung. Das von der öffentlichen Wasserversorgung gelieferte Wasser sei als Gießwasser ungeeignet für die Gemüseproduktion. Bei der Kultur von Pflanzen in Gewächshäusern sei die Verwendung von salzarmem Regenwasser aus pflanzenbaulicher und betriebswirtschaftlicher Sicht vorteilhaft. Das von dem Beklagten zu beziehende Wasser sei aufgrund seines Salzgehalts und vor allem wegen seiner hohen Chloridwerte als Gießwasser ungeeignet. Hierzu wurde eine Präsentation über die negativen Auswirkungen von Natrium (Sodium) auf das Wurzelwachstum vorgelegt.
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Bei einem Bezug des Gießwassers vom Beklagten würden der Klägerin Mehrkosten in Höhe von etwa jährlich 160.000 EUR für das ursprüngliche Gewächshaus und 80.000 EUR für das neue Gewächshaus entstehen. Der Klägerin sei kein Wettbewerber bekannt, der einen zusätzlichen Aufwand für die Wasserversorgung habe. Dies sei im Gartenbau absolut nicht üblich und würde die Wettbewerbsfähigkeit der Klägerin auf lange Sicht beeinträchtigen. Beim Bezug von Trinkwasser vom Beklagten wäre zudem mit Ertragseinbußen von etwa 5% zu rechnen. Darüber hinaus wären Qualitätseinbußen beim produzierten Gemüse zu befürchten.
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Die Klägerin produziere das Gemüse in den Gewächshäusern besonders umweltfreundlich und ressourcenschonend. Die Gemüseproduktion erfolge CO₂-frei und ohne Umweltbelastungen. Das Energiekonzept beinhalte heißes Thermalwasser aus der geothermischen Quelle in der Nachbarschaft und Photovoltaik zur Nutzung von Sonnenenergie. Der wirtschaftliche Erfolg der Klägerin resultiere im Wesentlichen aus den umweltfreundlichen Produktionsmethoden und dem hervorragenden Geschmack der erzeugten Produkte. Die Umweltfreundlichkeit und Ressourcenschonung der Gemüseproduktion werde am Markt als besonderes Kaufargument wahrgenommen. Die Kunden des Handelspartners … würden ganz gezielt nach Paprika, Tomaten und Erdbeeren der Klägerin fragen wegen des guten Geschmacks, der regionalen Herstellung und der umweltfreundlichen Produktionsweise.
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Der Standort für die Gewächshäuser sei deshalb gewählt worden, weil dort eine autarke Wasserversorgung durch Niederschlagswasser gewährleistet sei und die vorhandene geothermische Bohrung in unmittelbarer Nähe die Voraussetzung für eine CO₂-freie Produktion an diesem Standort ermögliche.
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In der rechtlichen Würdigung wird in der Klagebegründung ausgeführt:
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1. Sowohl die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung aus 2008 wie auch die aus 2016 verstieße gegen den Gleichheitssatz. Aufgrund einer fehlenden Beitragsabstufung bei der Heranziehung von Gewächshausflächen, die kein Gießwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung bezögen, verstießen die Satzungen gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit. Im vorliegenden Fall würden die Gewächshausflächen ohne zureichende sachliche Gründe nicht vorteilsgerecht mit Beiträgen belastet. Obwohl kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogen werde bzw. auch aufgrund fehlender Kapazitäten und aufgrund der fehlenden Qualität als Gießwasser für die Gemüseproduktion auch nicht bezogen werden könne, würden Geschossflächen der Gewächshäuser zu Beiträgen nach den Satzungsbestimmungen herangezogen. Der Beklagte hätte seine Beitrags- und Gebührensatzungen aufgrund der Inbetriebnahme der Gewächshausflächen durch die Klägerin um eine entsprechende Beitragsabstufung ergänzen müssen, um den Grundsatz der Typengerechtigkeit nicht zu verletzen.
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2. Unabhängig von der Rechtswidrigkeit der Satzungen sei auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung geltenden Beitrags- und Gebührensatzung 2008 für das ursprüngliche Gewächshaus nur ein Herstellungsbeitrag in Höhe von brutto 31.473,29 EUR zu berechnen. Dabei seien als beitragspflichtige Geschossflächen 3543,89 m² heranzuziehen, bestehend aus der Geschossfläche des Sozialgebäudes von 831,16 m² (2 × 415,58 m²) und der Geschossfläche der Abpackhalle von 2712,73 m², daraus ergebe sich ein Beitrag von netto 12.403,62 EUR. Nach der beitragspflichtigen Grundstücksfläche ergebe sich ein Beitrag von netto 17.010,67 EUR. Da es sich bei den bisher rechtswidrig herangezogenen Geschossflächen der Gewächshäuser um nicht beitragspflichtige Geschossflächen handele, reduziere sich auch die beitragspflichtige heranzuziehende Grundstücksfläche von 162.368 m². Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BGS/WAS sei die beitragspflichtige Grundstücksfläche bei Grundstücken von mindestens 2000 m² Fläche in unbeplanten Gebieten bei bebauten Grundstücken auf das Vierfache der beitragspflichtigen Geschossfläche, mindestens jedoch 2000 m² begrenzt. Im Ergebnis reduziere sich die heranzuziehende Grundstücksfläche auf das Vierfache der beitragspflichtigen Geschossfläche des Sozialgebäudes sowie der Abpackhalle.
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Für das neue Gewächshaus würde sich nach der Beitrags- und Gebührensatzung 2016 ein Herstellungsbeitrag in Höhe von brutto 13.065,98 EUR ergeben. Die beitragspflichtige Geschossfläche betrage 1.590 m²; beitragspflichtig seien die Flächen des Sozialraums von 330 m² und der Abpackhalle von 1.260 m², was einen Grundstücksflächenbeitrag von netto 6.042 EUR ergebe. Die beitragspflichtige Grundstücksfläche betrage 6.360 m² als vierfache Geschossfläche von 1.590 m². Da es sich bei den rechtswidrig herangezogenen Geschossflächen der Gewächshäuser um nicht beitragspflichtige Geschossflächen handele, reduziere sich auch die beitragspflichtig heranzuziehende Grundstücksfläche von jetzt 113.543 m².
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2.1 Beim ursprünglichen Gewächshaus sei die Heranziehung einer Geschossfläche von 234,51 m² rechtswidrig, da dieses in den Planunterlagen enthaltene Gebäude tatsächlich nicht errichtet worden sei. Weiter sei die Heizungsanlage mit 322,94 m² nicht beitragspflichtig, da dort kein Anschlussbedarf bestehe und auch tatsächlich kein Anschluss vorhanden sei. Arbeitnehmer würden sich dort nicht aufhalten.
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2.2 Beim neuen Gewächshaus ergäben sich Geschossflächen der Gebäude von nur 82.925 m² anstatt der von der Beklagten herangezogenen Geschossfläche von 82.960,17 m². Es handle sich um Geschossflächen der Gewächshausanlage einschließlich einer Teilfläche für die Wasseraufbereitung mit Wasserbecken von 80.754 m², der Abpackhalle von 1.260 m², des Sozialraums bzw. Sozialgebäudes von 330 m², des Gebäudes für die Heizungsanlage von 240 m², dem Wärmespeichertank von 316 m² und dem Öltank von 25 m².
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Die Geschossflächen der Heizungsanlage, des Wärmespeichertanks und des Öltanks seien wegen fehlenden Anschlussbedarfs und fehlender tatsächlicher Anschlüsse dabei nicht beitragspflichtig.
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2.3 Die Geschossflächen der vorhandenen Gewächshäuser von 119.042 m² und 82.960,17 m² seien zu Unrecht als beitragspflichtig angesetzt worden. Insoweit liege kein Erschlossensein im Sinne des Beitragsrechts vor. Es bestehe weder die rechtliche noch die tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgung. In der Vergangenheit habe die Rechtsprechung (Hinweis auf BayVGH, B.v. 19.6.2000 - 23 ZB 00.1275) regelmäßig den Anschlussbedarf von Gewächshäusern bejaht und eine Beitragspflicht angenommen, weil für die Beitragspflicht auf den abstrakten Vorteil der Möglichkeit der Inanspruchnahme abgestellt werde. Vorliegend fehle jedoch die tatsächliche Möglichkeit der Inanspruchnahme. Die Kapazität der vorhandenen Wasserversorgung genüge bei weitem nicht, das von der Klägerin benötigte Brauchwasser zur Bewässerung der Pflanzen zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte habe auch nie die Absicht gehabt, die benötigten Wassermengen zum Gießen der Pflanzen zur Verfügung zu stellen. Denn der Anschluss an die Wasserversorgung erfolge nur über eine Wasserleitung mit einem Durchmesser von 5/4 Zoll; hierüber könne nur das Wasser für das Sozialgebäude und die Abpackhalle zur Verfügung gestellt werden. Die Klägerin beziehe auch tatsächlich kein Wasser aus der öffentlichen Versorgung zur Bewässerung der Gewächshäuser.
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Zudem fehle die rechtliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung. Die Klägerin habe hinsichtlich des Brauchwasserbedarfs der Gewächshäuser kein gesichertes unbegrenztes Anschlussrecht bzw. kein Benutzungsrecht gemäß § 4 WAS. Da der Beklagte aufgrund der zu geringen Wasserkapazitäten nicht der Lage sei, das von der Klägerin benötigte Brauchwasser zur Bewässerung der Pflanzen in den Gewächshäusern zu liefern, habe der Beklagte die Möglichkeit, dass Anschlussrecht und Benutzungsrecht der Klägerin nach § 4 Abs. 3 und 4 WAS auszuschließen; die Bereitstellung von Wasser in Trinkwasserqualität sei nicht erforderlich. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung des Benutzungsrechts könne dann in Betracht kommen, wenn die Gemeinde beispielsweise bei größeren Gewerbebetrieben eine nachhaltige Versorgung mit dem benötigten Brauchwasser nicht gewährleisten könne (Hinweis auf Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Teil IV. Ziffer 1.1.1).
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Die Gewächshäuser seien abgrenzbare selbstständige Gebäudeteile und lösten nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung aus; sie seien sowohl baulich wie funktionell vom restlichen Gebäude abzugrenzen. Die vorliegenden Gewächshäuser seien funktionell selbstständig. Abpackhalle und Sozialraum könnten auch an voneinander entfernten Orten stehen und das produzierte Gemüse könnte zur Abpackhalle transportiert werden. Bautechnisch handele es sich bei den Gewächshäusern um unabhängige Brandschutzbereiche, die über Brandwände und Brandschutztore abgetrennt seien. Der mögliche direkte Zugang von Sozialraum und Abpackhalle hebe deren funktionelle Selbstständigkeit nicht auf. Ein getrennter Eingang in das Gewächshaus wäre möglich. Aus der Art der Nutzung ergebe sich kein Anschlussbedarf. Eine typisierende Betrachtung könne vorliegend nicht erfolgen. Gewächshäuser zur Gemüseproduktion insbesondere in der Größe der Anlage der Klägerin hätten gerade typischerweise keinen Bedarf auf Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. Gewächshäuser sammelten typischerweise das anfallende Regenwasser und nutzten es für die Pflanzen. Von diesen Gewächshäusern mit Gemüseproduktion seien Gewächshäuser zu differenzieren, die nicht zwingend darauf angewiesen seien, ihr Gießwasser aus einer eigenen Regenwassergewinnungsanlage zu decken. Hierbei handele es sich typischerweise um Verkaufsgewächshäuser oder Gewächshäuser, die Blumen und Zierpflanzen produzierten. Für diese Gewächshäuser sei zudem typisch, dass sie eine deutlich geringere Geschossfläche aufwiesen.
48
Ein Anschlussbedarf ergebe sich auch nicht dadurch, dass die Gewächshäuser dem ständigen Aufenthalt von Personen dienten. Die bestimmungsgemäße Nutzung der Gewächshäuser mache einen ständigen oder überwiegenden Aufenthalt von einer oder mehreren Personen während der üblichen Arbeitszeiten in den Gewächshäusern nicht erforderlich. Der Aufenthalt von Menschen beschränke sich auf die Zeit der Pflanzenpflege und auf die Erntezeit. Dies unterscheide die Gewächshäuser der Klägerin von den sogenannten Verkaufsgewächshäusern, in denen sich unter Umständen ständig Verkaufspersonal und Kunden aufhielten. Die Produktion finde in den Gewächshäusern zudem nur begrenzt regelmäßig in der Zeit von April bis Oktober bzw. von März bis November (Erdbeeranbau) statt; in den übrigen Monaten lägen die Gewächshausflächen brach.
49
Weiter könne die Geschossfläche des Gebäudes, welches die Wasseraufbereitungsanlage für die Gewächshäuser beinhalte, nicht herangezogen werden. Die Wasseraufbereitungsanlage befinde sich in einem eigenen Glasgebäude, ein Zugang zur Abpackhalle bestehe nicht. Von der Abpackhalle heraus existiere nur als Fluchtweg im Brandfall eine Brandschutztür zum Gebäude mit der Wasseraufbereitungsanlage, die nur von der Seite der Abpackhalle zu öffnen sei. Eine unbeschränkte Zugangstür befinde sich nur zu den Gewächshäusern hin. In dem Gebäude selbst seien keine Anschlüsse an die Wasserversorgung vorhanden. Die Wasseraufbereitungsanlage laufe vollautomatisch, ein Aufenthalt von Personen finde nicht statt, lediglich ein bis zweimal täglich sei ein Kontrollgang erforderlich.
50
Im vorliegenden Fall ergebe sich auch kein für die Beitragserhebung vorauszusetzender Vorteil für die Klägerin. Die festgesetzten Herstellungsbeiträge stünden in einem groben Missverhältnis zum Vorteil des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung, insbesondere weil die Wasserversorgung der Gewächshäuser in einem geschlossenen Bewässerungssystem zu 100% unabhängig von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage erfolge.
51
3. Zudem ergebe sich die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung aus der fehlenden Anhörung vor Erlass der Beitragsbescheide. Der Klägerin sei nicht im Rahmen einer Anhörung die Gelegenheit gegeben worden, zu der beabsichtigten Erhebung des Herstellungsbeitrags und insbesondere auch nicht zu der Höhe der Beitragsforderung Stellung zu nehmen.
52
Der Beklagte beantragt,
53
die Klagen abzuweisen.
54
Die Beitrags- und Gebührensatzungen des Beklagten seien wirksam. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, in Bezug auf Gewächshäuser differenzierte Maßstabsregelungen aufzunehmen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit gestatte es gerade, zu verallgemeinern und zu pauschalieren. Dem Sonderfall eines fehlenden Anschlussbedarfs habe der Satzungsgeber in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 Satz 4 KAG in § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS/WAS Rechnung getragen. Weitere Beitragsabstufungen seien nicht geboten. Insbesondere könne der Umstand, dass infolge der konkreten Grundstücksnutzung kein Wasser aus der öffentlichen Versorgung bezogen werde, keine beitragsrechtlichen Auswirkungen haben, da zum einen der Beitrag für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme erhoben werde und zum anderen gerade die Regelung unter Art. 5 Abs. 2 Satz 4 KAG davon ausgehe, dass auch für Gebäude, die tatsächlich keinen Wasseranschluss hätten und kein Wasser bezögen, eine Beitragspflicht bestehe.
55
Zur Geschossflächenermittlung wird für das ursprüngliche Vorhaben ausgeführt, dass tatsächlich die Geschossfläche des Verwaltungsgebäudes von 234,51 m² seinerzeit noch nicht errichtet gewesen sei. Das Gebäude sei mit einer Geschossfläche von 395,56 m² im Jahr 2018, also vor Erlass des Widerspruchsbescheids, errichtet worden. Die Geschossflächenmehrung könne daher berücksichtigt werden.
56
Die Geschossfläche von 322,94 m² für das Gebäude der Heizungsanlage sei gegebenenfalls entsprechend zu mindern.
57
Die Geschossfläche des ursprünglichen Gewächshauses mit einer dem Tekturplan vom 24. April 2013 entnommenen Größe von 119.240 m² sei zu Recht berücksichtigt worden, tatsächlich sei die Geschossfläche geringfügig höher.
58
Die Geschossflächen des neuen Gebäudes beliefen sich auf 82.960,17 m², aufgeteilt auf Verwaltung und Technik mit 382,92 m² (Tekturplan), Abpackhalle mit 1.377,50 m² (Tekturplan), Wasseraufbereitung/Technik mit 1.576,30 m² (ARC-GIS) und Gewächshaus mit 79.623,54 m² (ARC-GIS). Die in der Klagebegründung aufgeführten Geschossflächen für die Abpackhalle stimmten nicht mit den tatsächlichen Geschossflächen gemäß der Tektur überein. Das Sozialgebäude (Verwaltung und Technik) weise eine Geschossfläche nicht von 330 m², sondern von 382,92 m² auf. Die Geschossflächen für das Gebäude mit Heizungsanlage, Wärmespeicher und Öltank seien bei der Beitragsveranlagung nicht berücksichtigt worden, es handle sich hierbei um ein selbstständiges Gebäude.
59
Hinsichtlich der Gewächshäuser bestehe sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage. Unstreitig sei es möglich, die Gewächshäuser an die öffentliche Versorgungsanlage anzuschließen. Eine solche Anschlussmöglichkeit sei nicht nur dann gegeben, wenn die Wasserversorgungsanlage auch die ausreichende Kapazität aufweise, um den konkreten Bedarf des Anschlussnehmers abzudecken. Wie § 15 Abs. 1 Satz 2 WAS bestimme, liefere der Einrichtungsträger das Wasser als Trinkwasser nur unter dem Druck und in der Beschaffenheit, die in dem betreffenden Abschnitt des Verteilungsgebiets üblich seien (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Teil II Frage 16 Nummer 2.6). Benötige der Anschlussnehmer aufgrund betrieblicher Besonderheiten zeitweise größere Wassermengen, habe er seinen Erfordernissen durch die Schaffung entsprechender technischer Einrichtungen Rechnung zu tragen. Auch rechtlich bestehe die Möglichkeit, die Gewächshäuser mit Wasser zu versorgen. Die Kapazität der Anlage sei insoweit ausreichend. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 WAS seien vorliegend nicht erfüllt. Dessen ungeachtet sei ein Ausschluss des Benutzungsrechts vom Beklagten nicht verfügt.
60
Für die Gewächshäuser bestehe auch Anschlussbedarf. Vorliegend sei bereits fraglich, ob es sich bei den Gewächshäusern um selbstständige Gebäudeteile handle. Die Gewächshäuser seien zwar durch Brandwände von Abpackhalle und Sozialgebäude getrennt. Es bestünden jedoch Verbindungstüren zu der Halle und dem Sozialgebäude. Demgemäß könne nicht von einem selbstständigen Gebäudeteil ausgegangen werden (BayVGH, B.v.10.3.2015 - 20 ZB 14.2287). Jedenfalls bestehe ein Anschlussbedarf. Maßgebend sei grundsätzlich die erteilte Baugenehmigung, die eine bestimmte Nutzung festschreibe. Für Gewächshäuser bestehe, wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 19. Juni 2000 (23 ZB 00.1275) ausgeführt, ein Anschlussbedarf. Es komme nicht darauf an, ob der Betreiber seinen Wasserbedarf aus der öffentlichen Versorgungsanlage decke oder er das Wasser aus einer eigenen Regenwassersammelanlage entnehme. Auch insoweit sei eine typisierende Betrachtung vorzunehmen. Unter diesen Umständen bedürfe es keiner Klärung, ob ein Wasserversorgungsbedarf auch deshalb ausgelöst werde, weil die bestimmungsgemäße Nutzung des Gewächshauses einen Aufenthalt von Beschäftigten in den Gebäuden erforderlich mache und auch unter diesem Gesichtspunkt ein Wasserversorgungsbedarf ausgelöst werde. Die Beurteilung richte sich nach der Arbeitsstättenverordnung. Die Klägerin beschäftige nach eigenen Angaben eine große Zahl von Mitarbeitern, die sich zeitweise in den Gewächshäusern aufhielten. Dabei sei davon auszugehen, dass die Pflanzen ganzjährig von den Mitarbeitern gepflegt würden.
61
Bei dem Gebäude mit der Wasseraufbereitungsanlage handle es sich um keinen selbstständigen Gebäudeteil, da über eine Verbindungstür ein Zugang zum Gewächshaus bestehe.
62
Die Veranlagung sei auch mit Blick auf das von der Klägerin angeführte Prinzip eines adäquaten Vorteilsausgleichs und des Gleichheitssatzes sowie den Rechtsgrundsatz der Beitragsgerechtigkeit nicht zu beanstanden. Der Beitrag werde für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erhoben. Soweit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beitragserhebung erfüllt seien, sei der Beitragsgläubiger verpflichtet, den Beitrag geltend zu machen. Das Beitragserhebungsgebot bestehe nicht nur aus haushaltsrechtlichen Gründen, sondern auch mit Blick auf die Aufwandsverteilung auf andere Beitragspflichtige. Sollte es im Einzelfall zu einer unangemessenen Belastung des Beitragspflichtigen kommen, wäre dem über die gesetzlichen Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen. Auf die Beitragsfestsetzung sei dies ohne Einfluss.
63
Schließlich könne eine Rechtswidrigkeit der Herstellungsbeitragsbescheide auch nicht aus der fehlenden Anhörung hergeleitet werden. Zum einen könne die Anhörung nach Art. 13 Abs. 1 Nummer 3 Buchstabe b) KAG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 AO nachgeholt werden; vorliegend habe die Klägerin im Widerspruchsverfahren Gelegenheit gehabt, sich zur Sache zu äußern. Zudem sei der Klägerin vom Beklagten mit Schreiben vom 5. Oktober 2020 auch förmlich Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Ungeachtet dessen sei die Beitragsveranlagung vor Bescheidserlass bei einem Treffen sowie einem Telefonat mit dem Beklagten erörtert worden. Insbesondere aber wäre eine Verletzung der Anhörungspflicht rechtlich unbeachtlich, da aufgrund des Beitragserhebungsgebots in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, Art. 13 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe b) KAG in Verbindung mit § 127 AO.
64
Mit Schriftsätzen vom 25. April 2022 ergänzte die Klägerin ihren Vortrag:
65
Gemäß der vorgelegten baurechtlichen Anzeige der Nutzungsaufnahme an das Landratsamt … sei die Nutzung der Gewächshausanlage im nördlichen Bereich auf dem Grundstück Flurnummern …, …, … und … am 17. Februar 2014 aufgenommen worden.
66
Hinsichtlich des Grundstücks Flurnummer … sei die Klägerin zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld weder Grundstückseigentümerin noch Erbbauberechtigte gewesen. Eigentümer sei damals eine Firma M. Grundbesitz UG (haftungsbeschränkt) und Co. KG gewesen; die Klägerin sei erst am 29. Februar 2016 als Erbbauberechtigte für Flurnummer … im Grundbuch eingetragen worden. Der Beitragstatbestand sei bereits vor dieser Eintragung des Erbbaurechts mit dem Tag der Nutzungsaufnahme zum 2. Januar 2016 gemäß Anzeige der Nutzungsaufnahme gegenüber dem Landratsamt … entstanden. Die erste Auspflanzung im Gewächshaus sei am 20. Dezember 2015 erfolgt.
67
Für Flurnummer … werde die Klägerin zutreffend als Beitragsschuldnerin herangezogen. Mit notarieller Urkunde vom 3. November 2015 hätten die Grundstückseigentümer der Klägerin hinsichtlich der Grundstücke Flurnummer …, … und … das Erbbaurecht bis zum 31. Dezember 2040 eingeräumt. Zum 17. Dezember 2015 sei das Erbbaurecht für diese Grundstücke im Grundbuch eingetragen worden. Die Grundstücke Flurnummern …, … und … seien zu dem aufnehmenden Grundstück Flurnummer … verschmolzen worden.
68
In der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2022 wurde der Beweisantrag der Klägerin, dass der Beklagte nicht in der Lage sei, über die öffentliche Wasserversorgungsanlage Wasser in ausreichender Kapazität zur Deckung des Wasserbedarfs zur Bewässerung der Pflanzen in den Gewächshäusern zur Verfügung zu stellen, abgelehnt.
69
Auf die Beweisfrage komme es nicht an, da für die Beitragsbemessung nur auf den abstrakten Vorteil einer Anschlussmöglichkeit abzustellen sei, nicht aber, ob wegen besonderer Betriebsbedingungen jederzeit sämtlicher Wasserbedarf tatsächlich durch den Versorger gewährleistet werden könne.
70
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
71
Die zulässigen Klagen bleiben in der Sache weitestgehend ohne Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind nur zu einem ganz geringen Betrag rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
72
Die angefochtenen Herstellungsbeitragsbescheide des Beklagten finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 KAG und der Beitrags- und Gebührensatzungen zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) des Beklagten.
73
1. Nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG) können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) aufgrund einer besonderen Abgabensatzung Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet.
74
1.1 Die Gemeinde, in deren Gebiet die streitgegenständlichen Grundstücke liegen, hat die Aufgabe der Wasserversorgung gemäß Art. 17 ff. KommZG dem Beklagten übertragen. Nach § 4 Abs. 1 Verbandssatzung des Beklagten vom 1. Januar 2007, die eine frühere Satzung ablöst, hat dieser die Aufgabe, für die Mitgliedsgemeinden eine gemeinsame Wasserversorgungsanlage zu betreiben; nach § 4 Abs. 5 Verbandssatzung hat der Beklagte das Recht, anstelle der Verbandsmitglieder Satzungen und Verordnungen für das übertragene Aufgabengebiet zu erlassen.
75
1.2 Die vom Beklagten betriebene Wasserversorgungseinrichtung wurde mit der Wasserabgabesatzung (WAS) vom 1. Januar 1990 in der Fassung der Änderungssatzung vom 16. März 2011 öffentlich gewidmet. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Stammsatzung wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
76
1.3 Von der Ermächtigung zur Erhebung von Beiträgen hat der Beklagte Gebrauch gemacht durch Erlass seiner Beitrags- und Gebührensatzungen zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 2. Juli 2008 und vom 28. November 2016. Die BGS/WAS 2008 galt ab dem Tag nach ihrer Bekanntmachung (im Amtsblatt vom 1.8.2008 des Landkreises …, also ab dem 2.8.2008) bis zum 31. Dezember 2016 (zuletzt i.d.F. der Änderungssatzungen vom 26.10.2009 und vom 3.12.2012); seit dem 1. Januar 2017 gilt die neue BGS/WAS 2016 vom 28. November 2016. Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Satzungen wurden keinerlei Bedenken vorgebracht, solche sind auch dem Gericht nicht ersichtlich.
77
Die Beitrags- und Gebührensatzungen sind auch materiell-rechtlich ohne Rechtsfehler und damit als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung anzuwenden.
78
1.3.1 Der vom Beklagten in § 5 Abs. 1 BGS/WAS gewählte Beitragsmaßstab nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude ist ein seit langem von der Rechtsprechung gebilligter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (BayVGH, U.v. 10.3.1999 - 23 B 97.1221 - juris Rn. 32). Er bedarf vorliegend auch keiner Anpassung oder Abstufung hinsichtlich der Heranziehung sehr großer Grundstücks- und Geschossflächen.
79
Es liegt entgegen der Auffassung der Klägerin kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Eine fehlende Beitragsabstufung bei der Heranziehung von Gewächshausflächen, die kein Gießwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung beziehen, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit.
80
Die Klägerin meint, die Gewächshausflächen würden ohne zureichende sachliche Gründe nicht vorteilsgerecht mit Beiträgen belastet; obwohl kein Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogen werde und aufgrund fehlender Kapazitäten und fehlender Qualität als Gießwasser für die Gemüseproduktion auch nicht bezogen werden könne, würden die Geschossflächen der Gewächshäuser zu Beiträgen herangezogen. Es hätte eine Beitragsabstufung hinsichtlich der (übergroßen) Gewächshausflächen erfolgen müssen.
81
Der Satzungsgeber besitzt bei der Bestimmung seines Beitragsmaßstabes einen Gestaltungsspielraum. Sowohl das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz als auch der im Beitragsrecht besonders bedeutsame Grundsatz des Vorteilsausgleichs finden im Beitragsmaßstab ihren Niederschlag (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 1.1.2019, Rn. 739 zu § 8). Weil sich dieser Vorteil aber nicht der Wahrscheinlichkeit entsprechend messen lässt, darf ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab angewendet werden, der nur gewährleisten muss, dass die geschuldeten Beiträge den aus der öffentlichen Einrichtung gezogenen Vorteilen annähernd entsprechen. Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe sind deshalb nur darauf überprüfbar, ob sie ungeeignet sind, den Vorteil zu bestimmen. Dagegen ist es dem Satzungsgeber nach seinem Ermessen überlassen, welchen Wahrscheinlichkeitsmaßstab er unter den zulässigen auswählt. Der Einrichtungsträger muss sich nicht für den zweckmäßigsten, gerechtesten, vernünftigsten oder wahrscheinlichsten Maßstab entscheiden. Vielmehr ist es ihm nach dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet, zu verallgemeinern und zu pauschalieren. Damit ist es zulässig, an die Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die sich diesem „Typus“ entziehenden Umstände von Einzelfällen außer Betracht zu lassen. Bei der Ausgestaltung des Beitragsmaßstabs dürfen insbesondere auch Praktikabilitätserwägungen angestellt werden, wobei gewisse Ungenauigkeiten hinzunehmen sind. Nur im Falle der Überschreitung der Grenzen des gemeindlichen Gestaltungsspielraums, was dann vorliegt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich einleuchtender Grund fehlt, ist dieser willkürlich und damit der Gleichheitssatz verletzt (BayVGH, U.v. 20.5.2019 - 20 B 18.1431 - juris Rn. 36; U.v. 6.12.2018 - 20 BV 16.2389 - juris Rn. 23; U.v. 28.10.1999 - 23 N 99.1354 - juris Rn. 30).
82
Die schiere (Über-)Größe der Gewächshäuser führt nicht zu einem atypischen Fall, der in einer Beitragsminderung oder -abstufung zu berücksichtigen wäre, weil sonst der Beitragsmaßstab willkürlich und den Gleichheitssatz verletzen würde.
83
Vielmehr liegt auch bei dieser enormen Größe der Gewächshäuser mit einer Gesamtfläche von etwa 276.000 m² (entsprechend 38 Fußballfeldern) gerade der typische Regelfall der Beitragserhebung vor. Beiträge entstehen grundsätzlich unabhängig von einer tatsächlichen Nutzung allein für die Möglichkeit der Inanspruchnahme (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG); auch wenn ein Grundstück noch nicht angeschlossen, aber bebaubar und erschlossen ist (also rechtlich und tatsächlich jederzeit anschließbar wäre), können bei wirksamem Satzungsrecht Beiträge festgesetzt werden (§ 2 BGS/WAS i.V.m. § 4 WAS).
84
Insoweit ist es zunächst unerheblich, dass für die Nutzung der Gewächshäuser derzeit kein Wasser für die Bewässerung der Pflanzen aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung bezogen wird, sondern aufgefangenes Regenwasser als Gießwasser genutzt wird. Unerheblich ist auch, ob der derzeit vorhandene tatsächliche Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung jederzeit die ständige Entnahme der gesamten benötigten Gießwassermenge ermöglicht und ob das aus der öffentlichen Anlage gelieferte Wasser in Trinkwasserqualität bestmöglich für die bewirtschafteten Obst- und Gemüsepflanzen geeignet ist.
85
1.3.1.1 Für bebaute, bebaubare, gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke kann nach Maßgabe der Wasserabgabesatzung jederzeit der Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung und die Belieferung mit Wasser verlangt werden (§ 4 Abs. 1 WAS). Das Anschluss- und Benutzungsrecht erstreckt sich nur auf solche Grundstücke, die durch eine Versorgungsleitung erschlossen werden, § 4 Abs. 2 WAS. Die streitgegenständlichen Grundflächen sind aufgrund von Baugenehmigungen des Landratsamts mit Gewächshäusern bebaut, sie sind auch durch Versorgungsleitungen erschlossen bzw. schon tatsächlich angeschlossen.
86
Vorliegend kann die Klägerin also vom Beklagten verlangen, dass sie für die Nutzung der Gewächshäuser mit Wasser zur Bewässerung der angebauten Pflanzen versorgt wird, auch wenn sie dies augenblicklich wegen der vorhandenen Sammlung und Nutzung von Regenwasser für Gießzwecke nicht benötigt. Da grundsätzlich dieses Anschluss- und Benutzungsrecht der Klägerin besteht, muss der Beklagte seine öffentliche Wasserversorgungseinrichtung entsprechend vorhalten, sodass er gegebenenfalls auch für Bewässerungszwecke Wasser liefern kann. Die Dimensionierung der gesamten Anlage und der Wassergewinnung muss sich an den zu versorgenden Grundstücks- und Geschossflächen orientieren. Der Beklagte hat also auf die gesamten streitgegenständlichen Flächen entfallende Vorhaltekosten, auch wenn gegenwärtig kein Verbrauch durch die Klägerin erfolgt. Dementsprechend sind auch für die gesamten Flächen Beiträge ohne Minderung oder Abstufungen zu erheben, da für die gesamten Flächen auch insgesamt der Vorteil einer möglichen Nutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung besteht.
87
1.3.1.2 Der Beklagte liefert nach § 15 Abs. 1 WAS das Wasser als Trinkwasser unter dem Druck und in der Beschaffenheit, die in dem betreffenden Abschnitt des Versorgungsgebiets üblich sind, entsprechend den jeweils geltenden Rechtsvorschriften und den anerkannten Regeln der Technik. Er stellt dabei das Wasser im allgemeinen ohne Beschränkung zu jeder Tag- und Nachtzeit am Ende des Hausanschlusses zur Verfügung, § 15 Abs. 3 WAS. Das Wasser wird dabei zur Deckung des Eigenbedarfs für die angeschlossenen Grundstücke geliefert, § 15 Abs. 4 WAS.
88
Die Klägerin kann damit grundsätzlich jederzeit die von ihr benötigte Wassermenge in Trinkwasserqualität auch für die Bewässerung der Pflanzen in den Gewächshäusern verlangen. Ob gegenwärtig der vorhandene Grundstücksanschluss aufgrund einer geringen Dimensionierung für die Gesamtversorgung nicht ausgelegt ist, ist unbeachtlich. Die Klägerin könnte insoweit jederzeit bei Bedarf auch eine größere Dimensionierung des Anschlusses geltend machen, gegebenenfalls unter einer mengenmäßigen Einschränkung der Belieferung, soweit das zur Wahrung des Anschluss- und Benutzungsrechts der anderen Berechtigten erforderlich ist, § 15 Abs. 3 Satz 3 WAS. Soweit zu Spitzenzeiten des Bewässerungsbedarfs keine genügende stete Entnahme aus der Wasserversorgungseinrichtung möglich sein sollte, wie es in der Klagebegründung anklingt, kann und muss die Klägerin wie schon derzeit bei der Sammlung von Niederschlagswasser, welches auch nur zeitabschnittsweise während der Regenereignisse zur Verfügung steht, entsprechende Speicher- oder Puffereinrichtungen vorhalten.
89
Bei Anforderungen der Klägerin an die Qualität des zur Bewässerung ihrer Pflanzen erforderlichen Wassers, die sich von der rechtlich geforderten Trinkwasserqualität unterscheiden, muss die Klägerin selbst das ordnungsgemäß gelieferte Wasser aus der öffentlichen Versorgungseinrichtung entsprechend aufbereiten, beispielsweise entsalzen oder mit Nährstoffen anreichern.
90
1.3.2 Eine gerichtliche Überprüfung der jeweils in § 6 BGS/WAS festgelegten Beitragssätze (1,20 EUR pro Quadratmeter Grundstücksfläche und 3,50 EUR pro Quadratmeter Geschossfläche in der BGS/WAS 2008; 0,95 EUR pro Quadratmeter Grundstücksfläche und 3,88 EUR pro Quadratmeter Geschossfläche in der BGS/WAS 2016) findet nicht statt.
91
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Beitragssätze für die Herstellungsbeiträge leitungsgebundener Einrichtungen grundsätzlich mit Hilfe einer sogenannten Globalberechnung (Globalkalkulation) zu ermitteln. Sofern eine Klagepartei die Fehlerhaftigkeit der Beitragskalkulation rügt, genügt es nicht, wenn sie ohne jeglichen konkreten Beleg behauptet, die Beitragssätze seien nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Die Klägerin muss, unter Umständen mit Hilfe eines von ihr beauftragten Sachverständigen und nach Akteneinsicht in die Kalkulationsunterlagen, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsaufklärung überprüfbare und dem Beweis zugängliche Tatsachen vortragen. Dies erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der Beitragskalkulation (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - juris Rn. 59 m.w.N.; VG München, U.v. 29.10.2015 - M 10 K 13.3026 - juris Rn. 37).
92
Eine substantiierte Kalkulationsrüge hinsichtlich der festgesetzten Beitragssätze hat die Klägerin nicht erhoben. In der Klagebegründung weist sie lediglich darauf hin, dass der Beklagte im Jahr 2016 eine noch fehlende Globalberechnung-Beitragsbedarfsberechnung durchgeführt habe, woraufhin in der neuen Beitrags- und Gebührensatzung andere Beitragssätze festgesetzt worden seien. Die konkrete Höhe weder der früheren noch der neuen Beitragssätze wird damit nicht in Auseinandersetzung mit der Kalkulation gerügt. Der bloße Hinweis, dass sich die Beitragssätze infolge einer Neuberechnung geändert hätten, stellt keine substantiierte Rüge dar, aufgrund der sich das Gericht eingehender mit der Gesamtkalkulation und mit der Richtigkeit der gefundenen Beitragssätze auseinandersetzen müsste. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass bei einer Neukalkulation Beitragssätze in geänderter Höhe ermittelt werden, da sich gegenüber der früheren Beitragsfestlegung sowohl der Investitionskostenaufwand für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung wie auch die heranzuziehenden Grundstücksflächen und Geschossflächen geändert haben.
93
2. Ein formeller Fehler wegen fehlender Anhörung vor Erlass der angefochtenen Beitragsbescheide liegt nicht vor. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass eine Anhörung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 AO nachgeholt werden kann; vorliegend hatte sich die Klägerin jedenfalls im Widerspruchsverfahren zur Sache geäußert. Im Übrigen wäre eine Verletzung der Anhörungspflicht rechtlich unbeachtlich, da aufgrund des Beitragserhebungsgebots in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) KAG in Verbindung mit § 127 AO.
94
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Beitragserhebung liegen vor. Nach § 2 BGS/WAS wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke erhoben, wenn für sie nach § 4 WAS ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung besteht oder sie tatsächlich angeschlossen sind. Dies ist vorliegend der Fall, da die streitgegenständlichen Grundstücke durch eine Versorgungsleitung erschlossen sind bzw. tatsächlich angeschlossen sind.
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4. Nach § 5 Abs. 1 BGS/WAS wird der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet.
96
Nach ständiger Rechtsprechung (BayVGH, U.v. 19.8.2019 - 20 B 18.1346 - juris Rn. 44 m.w.N.) können Grundstücke im Außenbereich als bebaubar nur zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden, soweit sie tatsächlich mit Bauwerken bebaut sind, die an die kommunale Einrichtung angeschlossen sind oder eines solchen Anschlusses entsprechend der baurechtlich genehmigten oder tatsächlich gefestigten Nutzung bedürfen. Derart bebaute Grundstücke sind mit einem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung als bebaubar anzusehen und unterliegen insoweit der Beitragspflicht. Im Übrigen gelten sie weiterhin als nicht bebaubar. Der Umgriff bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung unter Einbeziehung der erforderlichen Abstandsflächen um die den Anschlussbedarf auslösenden Gebäude, der befestigten Flächen (wie Hoffläche, Zufahrt und Ähnliches) unter Einbeziehung aller Gebäude, die in einem räumlich funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes stehen. Die Umgriffsbildung ist ein Instrument zur Bestimmung des Grundstücks und hat daher auch einen engen Bezug zur wirtschaftlichen Einheit, die das beitragspflichtige Grundstück gerade nicht nach der Flurnummer, sondern nach einem funktionalen Zusammenhang bestimmt (BayVGH, B.v. 7.1.2015 - 20 CS 14.2414 - juris Rn. 14). Dabei können in einem gewissen Umfang auch Glättungen und Rundungen der Umgriffsfläche vorgenommen werden, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit des angesetzten Umgriffs führt.
97
4.1 Als Grundstücksflächen wurden im Beitragsbescheid vom 19. Mai 2015 eine Fläche von 162.368 m² (die Flächen der Flurnummern …, …, …, …, … Gemarkung …) und im Beitragsbescheid vom 17. Dezember 2018 eine Fläche von 82.960,70 m² (die Flächen der Flurnummern … und … Gemarkung …) angesetzt. Diese Flächen entsprechen im Wesentlichen den überbauten Flächen, zusätzlich zu den überbauten Flächen kommen noch ein im Bauplan (Tekturplan zum Eingabeplan vom 1.12.2011) so bezeichnetes Wasserbecken auf den Flurnummern … und … und ein im Bauplan zum Baugenehmigungsbescheid vom 20. Januar 2016 so bezeichnetes Regenrückhaltebecken auf Flurnummer … hinzu.
98
Dieser gewählte Umgriff ist nach den Lageplänen und vorgelegten Luftaufnahmen schlüssig und nachvollziehbar und wurde hinsichtlich der Gesamtfläche auch von der Klägerin nicht infrage gestellt.
99
4.2 Die vom Beklagten angesetzten Geschossflächen sind im Wesentlichen auch nicht zu beanstanden.
100
4.2.1 Unstrittig ist, dass die Geschossflächen des Sozialgebäudes sowie der Abpackhallen und der Verwaltungsgebäude heranzuziehen sind, da diese einen Anschlussbedarf wegen des dauernden Aufenthalts von Menschen haben. Die Größen dieser Flächen wurden auch nicht infrage gestellt.
101
4.2.2 Für die Berechnung des Beitrags sind auch die Gewächshäuser heranzuziehen, da sie nach der Art ihrer Nutzung Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung haben, § 5 Abs. 2 Satz 3 BGS/WAS.
102
Bei bebauten Grundstücken im Außenbereich ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs der Beitragstatbestand insoweit einzuschränken, als nur dann eine Beitragspflicht entsteht, wenn mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks ein Anschlussbedarf hinsichtlich der Wasserversorgung verbunden ist (BayVGH, U.v. 19.8.2019 - 20 B 18.1346 - juris Rn. 29; U.v. 23.6.1998 - 23 B 96.4116 - juris Rn. 24). Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Gebäude oder ein selbstständiger Gebäudeteil nach der Art seiner Nutzung einen Bedarf nach Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung oder Entwässerungsanlage auslöst, nach objektiven Gesichtspunkten typisierend zu entscheiden (BayVGH, B.v. 11.9.2001 - 23 ZB 01.401 - juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 11.11.2002 - 23 ZB 02.1417 - juris Rn. 4; BayVerfGH v. 30.9.2002 - Vf 81-VI-01 - juris). Maßgebend für die Frage, ob ein vorhandenes Gebäude nach seiner bestimmungsgemäßen Nutzung eines Wasseranschlusses bedarf, ist grundsätzlich die erteilte Baugenehmigung, die eine bestimmte Nutzung festschreibt (BayVGH, U.v. 22.10.1998 - 23 B 97.3505 - juris Rn. 43). Auf die konkret im Einzelfall praktizierte Betriebsweise kommt es nicht an (BayVGH, U.v. 19.8.2019 - 20 B 18.1346 - juris Rn. 29; U.v. 10.3.1999 - 23 B 97.1221 - BeckRS 1999, 26656).
103
Es liegt hier auf der Hand, dass für die streitgegenständlichen Gewächshäuser ein Anschlussbedarf an die Wasserversorgung besteht. Die dort gezogenen Pflanzen bedürfen einer Bewässerung, da sie nicht wie sonst bei landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Nutzung unmittelbar durch Regen bewässert und versorgt werden. Die genehmigte und betriebene Bewirtschaftung mit künstlicher Bewässerung in den Gewächshäusern mit gesammeltem und gespeichertem Regenwasser zeigt gerade den Bedarf für eine stete Wasserversorgung.
104
Ob die Klägerin diesen Wasserbedarf letztlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage deckt oder aus einer eigenen Regenwassersammelanlage, ist für die Beitragspflicht ohne Bedeutung. Denn dafür ist allein maßgeblich die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, weil dadurch den klägerischen Grundstücken ein besonderer objektiver Vorteil vermittelt wird, der in der Art und Weise und dem Umfang der Zurverfügungstellung von Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage besteht. Dass die Klägerin tatsächlich nur einen Teil ihres Wasserbedarfs auf den streitgegenständlichen Grundstücken aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage deckt (für Verwaltungsgebäude, Sozialräume, Abpackhalle), ändert nichts an dem durch die Beitragserhebung abzugeltenden Vorteil. Selbst wenn die klägerischen Grundstücke ganz oder teilweise vom Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage befreit sein sollten, wird hierdurch der abstrakte Vorteil nicht berührt, weil die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung nach wie vor besteht und darauf jederzeit zurückgegriffen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2000 - 23 ZB 00.1275 - juris Rn. 11 m.w.N.).
105
Damit braucht nicht weiter aufgeklärt zu werden, ob es sich bei den Gewächshäusern um eigenständige Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile handelt, da jedenfalls Anschlussbedarf besteht.
106
4.2.3 Aus den vom Beklagten angesetzten Geschossflächen ist lediglich eine im Bescheid vom 19. Mai 2015 angesetzte Fläche von 322,94 m² für das Gebäude der Heizungsanlage herauszunehmen, was vom Beklagten zuletzt zugestanden wurde, da insoweit kein Anschlussbedarf bestehe.
107
4.2.4 Damit ergibt sich für den Bescheid vom 19. Mai 2015 eine gesamte Geschossfläche von (angesetzten 123.341,34 m² minus 322,94 m² Heizungsanlage =) 123.018,40 m², bei der im Bescheid vom 17. Dezember 2018 angesetzten Geschossfläche von 82.960,17 m² verbleibt es.
108
5. Für die Berechnung der Beitragshöhe ist die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Beklagten in der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld maßgeblichen Fassung zugrunde zu legen. Die Beitragsschuld entstand mit der Verwirklichung des Beitragstatbestands nach § 3 Abs. 1 BGS/WAS bei Inbetriebnahme der Gewächshäuser.
109
5.1 Für ein wie hier im Außenbereich gelegenes Grundstück entsteht nach ständiger Rechtsprechung die Beitragsschuld nicht schon aufgrund einer Bebaubarkeit infolge einer Baugenehmigung, sondern erst mit der tatsächlichen Nutzbarkeit bzw. Inbetriebnahme der Einrichtung (BayVGH, B.v. 28.7.2009 - 20 CS 09.1530 - juris Rn. 13).
110
5.1.1 Das mit dem Beitragsbescheid vom 19. Mai 2015 abgerechnete (südliche, frühere) Gewächshaus war spätestens mit dem Wasserzählereinbau am 5. November 2014 tatsächlich nutzbar, auch wenn eine baurechtliche Fertigstellungsmeldung der Klägerin bereits zum 17. Februar 2014 erfolgt sein sollte.
111
Die Klägerin hat am 11. August 2014 (Eingang beim Beklagten) den Antrag auf Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung beim Beklagten gestellt. Mit Schreiben vom 14. August 2014 an die Klägerin hat der Beklagte dem Anschlussantrag zugestimmt. Das ausführende Haustechnikunternehmen hat mit Schreiben vom 17. September 2014 die „Fertigmeldung zum Antrag vom 11.08.2014“ abgegeben und mitgeteilt, dass die Wasseranlage fertiggestellt sei.
112
Nach einer Leistungsbeschreibung und einer Rechnung an die Klägerin erfolgte der eigentliche Anschluss an die öffentliche Versorgungsleitung (Hausanschluss) durch den Beklagten am 17. Oktober 2014, der Einbau des Wasserzählers nach einer handschriftlichen Eintragung in einem entsprechenden Formular aber erst am 4. November 2014.
113
5.1.2 Das mit Beitragsbescheid vom 17. Dezember 2018 abgerechnete (nördliche, spätere) Gewächshaus war spätestens mit dem Wasserzählereinbau am 10. Mai 2016 tatsächlich nutzbar, auch wenn baurechtlich die Nutzungsaufnahme gegenüber dem Landratsamt schon für den 2. Januar 2016 angezeigt wurde.
114
Nach den beigezogenen Behördenakten wurde der Antrag auf Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung durch das ausführende Haustechnikunternehmen am 13. Oktober 2015 unterzeichnet. Nach einem Arbeitsbericht über den Hausanschluss des fraglichen Grundstücks erfolgten am 30. Oktober 2015 die Arbeiten zur Erstellung des Hausanschlusses; auf einer Rechnung, bezeichnet als Interne Verrechnung, sind ebenfalls der 29. und 30. Oktober 2015 für die Erstellung des Hausanschlusses angegeben.
115
Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass am 29./30. Oktober 2015 lediglich die Wasserzähler-Armatur eingebaut worden sei, nicht aber der Wasserzähler selbst. Ein Wasserbezug vor Einbau des eigentlichen Wasserzählers sei im Wege der Bauwasserversorgung erfolgt, für die Bauwasserversorgung würden pauschalierte Gebühren erhoben. Der fehlende Wasserzähler sei durch ein Rohr überbrückt worden.
116
Aus der Aufstellung über den Hausanschluss am 30. Oktober 2015 lässt sich ersehen, dass tatsächlich nur die Wasserzählerarmatur QN 2,5, nicht aber der Wasserzähler eingebaut wurde. Nach einem in den Akten befindlichen handschriftlichen Vermerk des Beklagten ist der Einbau des Wasserzählers erst am 10. Mai 2016 erfolgt.
117
5.1.3 Das Gericht teilt die Auffassung des Beklagten, dass eine endgültige Verwirklichung des Beitragstatbestands durch Inbetriebnahme bzw. tatsächliche Nutzbarkeit für das Außenbereichsvorhaben erst mit Einbau der Wasserzähler erfolgte, was sozusagen den Schlusspunkt der Herstellung der Grundstücksversorgung darstellt. Erst mit dem Wasserzähler-Einbau wird abschließend die Versorgung der Klägerin aus dem öffentlichen Leitungsnetz sichergestellt. Erst ab diesem Zeitpunkt war vollumfänglich eine Betriebsaufnahme entsprechend der Baugenehmigung möglich.
118
5.2 Sowohl zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld am 5. November 2014 für das frühere wie auch zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld am 10. Mai 2016 für das spätere Gewächshaus galt die BGS/WAS vom 2. Juli 2008 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 3. Dezember 2012. Da diese Satzung wirksam war, stellt sie die Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung dar. Die spätere Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung vom 28. November 2016, die zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist, findet keine Anwendung, sodass insbesondere die früheren Beitragssätze des § 6 BGS/WAS von 1,20 EUR pro Quadratmeter Grundstücksfläche und 3,50 EUR pro Quadratmeter Geschossfläche anzuwenden sind.
119
6. Die Klägerin ist Beitragsschuldnerin für sämtliche für die Gewächshäuser in Anspruch genommenen Beitragsflächen.
120
Nach § 4 BGS/WAS ist Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist. Zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld am 5. November 2014 für das frühere wie auch zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld am 10. Mai 2016 für das spätere Gewächshaus war für die Klägerin im Grundbuch für alle herangezogenen Grundflächen ein Erbbaurecht eingetragen.
121
6.1 Nach den bei den Widerspruchsakten befindlichen Grundbuchauszügen wurde die Klägerin am 5. Dezember 2013 - also vor Entstehung der Beitragsschuld für das frühere Gewächshaus - im Grundbuch des Amtsgerichts … von … Blatt … (Gesamterbbaugrundbuch) für die Grundstücksflurnummern …, …, …, … und … als Erbbauberechtigte eingetragen.
122
6.2 Nach dem vom Gericht eingeholten Auszug aus dem Grundbuch des Amtsgerichts … von … Blatt … (Gesamterbbaugrundbuch) wurde die Klägerin am 25. November 2015 für das Grundstück Flurnummer … als Erbbauberechtigte eingetragen; nach dem von der Klägerin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszug aus dem Grundbuch des Amtsgerichts … von … Blatt … erfolgte die Eintragung eines Gesamterbbaurechts für das Grundstück Flurnummer … zugunsten der Klägerin am 29. Februar 2016, also vor Entstehung der Beitragsschuld für das spätere Gewächshaus.
123
7. Für die Beitragsforderungen ist auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
124
Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc KAG findet § 169 AO Anwendung mit der Maßgabe, dass die Festsetzungsfrist einheitlich 4 Jahre beträgt. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist, § 170 AO.
125
Die Festsetzungsfrist für die Erhebung des Herstellungsbeitrags für das südliche, frühere Gewächshaus begann damit am 1. Januar 2015 und für das nördliche, spätere Gewächshaus am 1. Januar 2017. Die Beitragsbescheide vom 19. Mai 2015 bzw. vom 17. Dezember 2018 sind damit rechtzeitig innerhalb der jeweiligen Festsetzungsfrist ergangen. Während des Klageverfahrens ist der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt, § 171 Abs. 3a AO.
126
8. Zusammenfassend ergeben sich damit folgende Herstellungsbeiträge:
127
8.1 für das südliche Gewächshaus auf den Grundstücken Fl.Nrn. …, …, …, … und … Gemarkung … (Beitragsbescheid vom 19.5.2015) mit einer Grundstücksfläche von 162.368 m² (multipliziert mit 1,20 EUR pro Quadratmeter Beitragssatz = 194.841,60 EUR Grundstücksflächenbeitrag) und einer Geschossfläche von 123.018,40 m² (multipliziert mit 3,50 EUR pro Quadratmeter Beitragssatz = 430.564,40 EUR Geschossflächenbeitrag), Grundstücksflächen- und Geschossflächenbeitrag zusammen also 625.406 EUR; unter Berücksichtigung der 7%-igen Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbeitrag von 669.184,42 EUR;
128
8.2 für das nördliche Gewächshaus auf den Grundstücken Fl.Nrn. …, … und … Gemarkung … (Beitragsbescheid vom 17.12.2018) mit einer Grundstücksfläche von 113.543 m² (multipliziert mit 1,20 EUR pro Quadratmeter Beitragssatz = 136.251,60 EUR) und einer Geschossfläche von 82.960,17 m² (multipliziert mit 3,50 EUR pro Quadratmeter Beitragssatz = 290.360,56 EUR), Grundstücksflächen- und Geschossflächenbeitrag zusammen also 426.612,16 EUR; unter Berücksichtigung der 7%-igen Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbeitrag von 456.475,01 EUR.
129
8.3 Soweit die angefochtenen Beitragsbescheide höhere Beiträge festsetzen (der Bescheid vom 19.5.2015 ist hinsichtlich einer Geschossfläche von 322,94 m² zu mindern, für den Bescheid vom 17.12.2018 ist der Beitragssatz der BGS/WAS vom 2.7.2008 statt des Beitragssatzes der BGS/WAS vom 28.11.2016 anzuwenden), sind sie aufzuheben.
130
9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; da der Beklagte nur zu einem sehr geringen Teil unterlegen ist, werden die Kosten der Klägerin ganz auferlegt.
131
10. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung gegen Sicherheit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.