Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 14.07.2022 – 4 K 59/21
Titel:

Voraussetzung für Steuerbefreiung für einen durch Ausgliederung steuerbaren Erwerbsvorgang

Normenketten:
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6a
UmwG § 123 Abs. 3 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die in § 6a S. 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.
2. Bei einer Ausgliederung zur Neugründung kann die fünfjährigen Vorbehaltensfrist des § 6a GrEStG aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht.
3. Haben beide an der Umwandlung beteiligen Unternehmen bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestanden, ist die Frist des § 6a S. 3 GrEStG einzuhalten.
Schlagwort:
Grunderwerbsteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – II R 31/22
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
EFG 2022, 1778
StEd 2022, 695
ErbStB 2022, 361
LSK 2022, 25965
BeckRS 2022, 25965

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) für einen durch Ausgliederung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang gegeben sind.
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Die Klägerin, die „A-GmbH mit Sitz in 1“, wurde mit notarieller Urkunde vom xx.03.2015, URNr. x/2015 der Notarin B, 1 gegründet und am xx.04.2015 in das Handelsregister eingetragen. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist die Gemeinde 1 mit einem Geschäftsanteil (Nr. 1) in Höhe von 25.000 €. Die Einlage ist gemäß Abschnitt II, § 4 des Gesellschaftsvertrages in Form einer Bareinlage zu erbringen, die vollständig einzuzahlen ist.
3
Die Klägerin erwarb mit notariellem „Vertrag über die Ausgliederung und Übernahme des Regiebetriebs (…), Ausgliederung auf eine bestehende GmbH - A“ vom 30.11.2015, URNr. xx/2015 der Notarin B, 1 von der Gemeinde 1 als übertragenden Rechtsträger im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 Umwandlungsgesetz (UmwG) den Regiebetrieb (…) mit allen ihm rechtlich und wirtschaftlich zuzuordnenden Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens sowie Rechten und Pflichten (§ 4 des Vertrages) gegen Gewährung eines weiteren Geschäftsanteils von 1.000 €. Nach § 5 des Vertrages („Auszugliedernder Grundbesitz“) übertrug die Gemeinde 1 die noch amtlich zu vermessende Teilfläche von ca. xx qm aus dem Grundstück FlNr. x, eingetragen im Grundbuch von 1 Blatt x, Amtsgericht 1, Fläche zu xx qm, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgliederungsvertrages be- oder überbaut ist inklusive der Terrasse und den Zuwegungen. Die maßgebliche Teilfläche war dem als Anlage beigefügten Lageplan zu entnehmen. Als Ausgliederungsstichtag wurde im Innenverhältnis zwischen der Gemeinde 1 und der Klägerin der 01.04.2015 bestimmt (§ 2 des Vertrages). Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.03.2015 (§ 2 des Vertrages). Die Übertragung des auszugliedernden Vermögens erfolgte mit dinglicher Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister der GmbH (§ 12 des Vertrages). Die Ausgliederung wurde am 09.12.2015 in das Handelsregister eingetragen.
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Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.06.2018 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer aus einer Bemessungsgrundlage von xx € in Höhe von xx € fest. Als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung wurde gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG der Grundbesitzwert gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) in Verbindung mit § 157 Abs. 1 bis 3 BewG zugrunde gelegt, der mit Bescheid vom 16.05.2018 durch das Finanzamt 1 gesondert festgestellt worden war.
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Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung vor, der Erwerbsvorgang sei gemäß § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
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Aufgrund einer Vielzahl beim Bundesfinanzhof anhängiger Verfahren zur Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 6a GrEStG wurde mit Verfügung vom 18.07.2018 das Ruhen der Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) angeordnet. Nach Entscheidungen des Bundesfinanzhofes zu § 6a GrEStG vom 21.08.2019 wurde das Verfahren fortgesetzt.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2020 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
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Zur Begründung führte das Finanzamt aus, im vorliegenden Sachverhalt habe die Gemeinde 1 den „Regiebetrieb (…)“ im Rahmen einer Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die Klägerin übertragen. In diesem Zusammenhang sei auch Grundbesitz übertragen worden, weshalb der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG erfüllt worden sei. Der Vorgang sei nicht nach § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, da das Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Gemeinde 1 und der Klägerin erst seit Eintragung der Klägerin im Handelsregister am xx.04.2015 bestehe und damit die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren nicht eingehalten worden sei. Eine Durchbrechung dieser Frist sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann für die Gewährung der Steuerbefreiung unschädlich, wenn die Verkürzung der Frist unmittelbar durch den Umwandlungsvorgang ausgelöst werde, wenn dadurch die Frist somit aus rechtlichen Gründen nicht eingehalten werden könne. Dies sei hinsichtlich der Vorbehaltensfrist dann der Fall, wenn die aufnehmende Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang selbst, z.B. durch Ausgliederung zur Neugründung, entstehe (unter Verweis auf Urteile des Bundesfinanzhofs vom 21.08.2019, AZ: II R 15/19 und II R 21/19). Im vorliegenden Fall werde aber der vom herrschenden Unternehmen ausgegliederte Unternehmensteil auf eine bereits bestehende (abhängige) Gesellschaft, die Klägerin, ausgegliedert. Die aufnehmende Gesellschaft (Klägerin) entstehe somit einerseits nicht erst durch den Umwandlungsvorgang, andererseits sei die durch § 6a GrEStG geforderte Vorbehaltensfrist von fünf Jahren nicht eingehalten. Die aufnehmende (abhängige Gesellschaft) sei erst mit Vertrag vom xx.03.2015 gegründet und am xx.04.2015 ins Handelsregister eingetragen worden, während die Ausgliederung bereits am 09.12.2015 (rund acht Monate später) eingetragen worden sei.
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Der Prozessbevollmächtigte hat hiergegen Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
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Die Ausgliederung des „Regiebetriebes (…)“ auf die Klägerin sei nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG durchgeführt worden und die Gemeinde 1 habe hierfür im Gegenzug einen neuen Geschäftsanteil im Wert von 1.000 € erhalten. Die Übertragung sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbar, da das zivilrechtliche Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundbesitz auf die Klägerin übergegangen sei. Die persönlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 6a Satz 3 GrEStG seien in personeller Hinsicht erfüllt, da an dem Umstrukturierungsvorgang ausschließlich die Gemeinde 1 als herrschendes Unternehmen und die Klägerin als ein von dem herrschenden Unternehmen abhängiges Unternehmen beteiligt gewesen seien. Auch die Beteiligungsquote von 95% sei unstreitig erfüllt. Zwar setze § 6a Satz 4 GrEStG seinem Wortlaut nach voraus, dass die beherrschungsvermittelnde Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang ununterbrochen bestanden habe und in formeller Hinsicht sei dieses Merkmal vorliegend auch nicht erfüllt. Allerdings habe der Bundesfinanzhof eine weitreichende teleologische Reduktion der Vor- und Nachbehaltensfristen vorgenommen, die auch Auswirkung auf den vorliegenden Streitfall habe. Ebenso wie in den Urteilsfällen des Bundesfinanzhofes sei im Streitfall die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG für eine Gesellschaft, die innerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist durch das beherrschende Unternehmen neu gegründet wurde und in der Folge bis zum Umwandlungsvorgang ununterbrochen im Sinne des § 6a GrEStG beherrscht wurde, einengend auszulegen. Die vom Finanzamt gezogene Rechtsfolge resultiere aus einer normwidrigen Ungleichbehandlung zu den als begünstigungsfähig angesehenen Umwandlungsfällen zur Neugründung und verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung von im Wesentlich gleichartigen Sachverhalten. Das herrschende Unternehmen, die Gemeinde 1, habe aus Rechtsgründen die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren für die Beteiligung an der aufnehmenden Gesellschaft nicht einhalten können. Denn denklogisch habe die Beteiligung erst ab dem Gründungszeitpunkt der Klägerin begründet werden können, frühestens mit notariellem Gründungsakt am 19.03.2015. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Ausgliederungsvertrages am 30.11.2015 habe die fünfjährige Vorbehaltensfrist nicht abgelaufen sein können, weshalb die Vorbehaltensfrist aus rechtlichen und nicht allein aus rein tatsächlichen Gründen nicht habe erfüllt werden können.
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Im rechtlichen Sinne handele es sich vorliegend nicht um eine Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG, sondern vielmehr um eine Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes lasse sich nicht entnehmen, dass die Ausgliederung zur Aufnahme nicht begünstigungsfähig sei, da diese Konstellation noch nicht entschieden worden sei. Im Sinne eines Erst-recht-Schlusses sei aus der Rechtsprechung des II. Senats in II R 16/19 zu folgern, dass die Vorbehaltensfrist auch bei einer bereits vor Vollzug der Umwandlung gegründeten (beherrschten) Gesellschaft denklogisch nur für die Dauer der rechtlichen Existenz dieser beherrschten Gesellschaft abverlangt werden könne. Denn auch hier sei die Dauer der Vorbehaltensfrist auf das rechtlich Mögliche zu beschränken. Die Vor- und Nachbehaltensfrist sei nach Ansicht des Bundesfinanzhofes dem Sinn und Zweck der Begünstigung nach entsprechend eng auszulegen. Ungewollte Mitnahmeeffekte seien - ebenso wie bei Neugründungsfällen - nicht ersichtlich. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als aufgrund der umwandlungsrechtlichen und umwandlungssteuerrechtlichen Möglichkeit die Ausgliederung auf die Klägerin wirtschaftlich auf den 01.04.2015 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der rechtlichen Existenz der Klägerin zurückbezogen worden sei. Die Konsequenzen entsprächen damit im konkreten Fall einer Ausgliederung zur Neugründung. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu § 6 Abs. 4 GrEStG entspreche eine einschränkende Auslegung der Vorbehaltensfrist für die Dauer der Existenz der Gesellschaft dem geforderten Missbrauchsschutz im Rahmen von § 6a Satz 4 GrEStG.
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Die vom Beklagten angeführte Argumentation, dass es keine gesetzliche Regelung gegeben habe, die die Gemeinde 1 an der Einhaltung der Fünfjahresfrist gehindert hätte, widerspreche letztlich sämtlichen Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 21./22.08.2019 in den Neugründungsfällen: Denn auch in den Neugründungsfällen hätte es stets die „Alternative“ für den Steuerpflichtigen gegeben, eine abhängige Gesellschaft zu gründen und erst nach Ablauf der Vorbehaltensfrist von fünf Jahren die gewählte Umwandlungsmaßnahme durchzuführen. Zwar sei der Argumentation des Finanzamtes zuzustimmen, dass die Entstehung der Grunderwerbsteuer an die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes anknüpfe und es deshalb grunderwerbsteuerrechtlich keine Rückwirkung der Ausgliederung gebe. Die vorliegende Gestaltung zeige jedoch, dass die gewählte Umwandlungsmaßnahme wirtschaftlich und (ertrag-)steuerlich einer Ausgliederung zur Neugründung gleichgekommen sei. Mangels einer sachlichen Differenzierung der gewählten Ausgliederung zur Aufnahme von einer Ausgliederung zur Neugründung halte die Ungleichbehandlung beider Sachverhalte nicht dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) stand. Eine Rückwirkung im umwandlungssteuerlichen Sinne sei dafür nicht Voraussetzung. Unter den - bei wortlautgetreuer Auslegung des § 6a Satz 4 GrEStG - tatbestandlichen Ausschluss fielen daher neben der Ausgliederung zur Neugründung auch die streitgegenständliche Ausgliederung auf eine innerhalb der Vorbehaltensfrist vom herrschenden Unternehmen neu gegründete abhängige Gesellschaft, die technisch als Umwandlung zur Aufnahme erfolgt sei. Insoweit sei die Umwandlung zur Aufnahme auf eine neu gegründete Gesellschaft hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG vergleichbar mit der Umwandlung zur Neugründung. Eine Ungleichbehandlung sei jedenfalls insoweit zu erkennen, als die aufnehmende Gesellschaft innerhalb der Vorbehaltensfrist erst gegründet wurde und daher überhaupt noch nicht rechtlich existent gewesen sei. Für diese Ungleichbehandlung der Ausgliederung zur Aufnahme, verglichen mit der Ausgliederung zur Neugründung, existiere auch kein sachlicher Differenzierungsgrund, sofern die Vorbehaltensfrist allein in Ermangelung der rechtlichen Existenz der Gesellschaft nicht eingehalten werden könne.
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Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2020 aufzuheben.
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Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, und führt hierzu ergänzend aus:
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Aus rechtlichen Gründen könne die Vorbehaltensfrist bei einer Ausgliederung zur Neugründung deshalb nicht eingehalten werden, da die aufnehmende Gesellschaft aufgrund Gesetzes erst mit dem Umwandlungsvorgang selbst entstehe. Im vorliegenden Fall gebe es jedoch keine gesetzliche Regelung, die die Gemeinde 1 daran gehindert hätte, die erforderliche Frist von fünf Jahren abzuwarten, um die Kriterien des § 6a GrEStG zu erfüllen. Eine Ungleichbehandlung von Ausgliederung zur Aufnahme und Ausgliederung zur Neugründung sei aufgrund der unterschiedlichen Sachverhalte nicht gegeben. Ein Vergleich der Befreiungsvorschriften der §§ 6 und 6a GrEStG zeige den gravierenden Unterschied dieser beiden auf: Während § 6 auf das Eigentum an einem Grundstück abziele, beachte § 6a allein die Beteiligungsverhältnisse, ungeachtet davon, ob, und wie lange sich das Grundstück im Betriebsvermögen befinde.
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Auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten, der im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14.07.2022 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.
18
I. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.06.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zu Recht hat das Finanzamt im Streitfall die im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme auf eine bestehende Gesellschaft gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG erfolgte Übertragung des „Regiebetriebs (…) mit allen ihm rechtlich und wirtschaftlich zuzuordnenden Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens sowie Rechten und Pflichten“ auf die Klägerin nicht gemäß § 6a GrEStG begünstigt.
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1. Der durch Ausgliederung zur Aufnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr.1 UmwG im Streitfall bewirkte Übergang des Eigentums an der amtlich zu vermessenden Teilfläche von ca. xx qm aus dem Grundstück mit der FlNr. x, eingetragen im Grundbuch von 1 Blatt x, Amtsgericht 1, Fläche zu xx qm, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgliederungsvertrages mit (…) be- oder überbaut ist inklusive der Terrasse und den Zuwegungen auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um einen gesetzlichen Eigentumswechsel an der durch den beigefügten Lageplan hinreichend konkretisierten Teilfläche aus dem Grundstück, bei dem kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.
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2. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG sind vorliegend nicht erfüllt.
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a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögensübertragung. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).
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b) Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 GrEStG an dem Umwandlungsvorgang auch (mindestens) eine Gesellschaft beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der Nachbehaltensfrist (im Falle des Erlöschens) bzw. der Vorbehaltensfrist (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen „abhängig“ wäre (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.08.2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21.08.2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
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c) Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG wären somit sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. UmwG), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a GrEStG begünstigt. § 6a GrEStG hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Begünstigungsfähig wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteils oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 UmwG).
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d) § 6a Satz 4 GrEStG ist deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können (vgl. BFH-Urteile jeweils vom 21.08.2019 II R 21/19 -II R 56/15-, BStBl II 2020, 344; II R 15/19 -II R 50/13, BStBl II 2020, 329 und vom 22.08.2019 II R 18/19 -II R 62/14-, BStBl II 2020, 352).
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Bei Umwandlungsvorgängen zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige Gesellschaft als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die Nachbehaltensfrist muss bei der Verschmelzung und die Vorbehaltensfrist bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21.08.2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
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Eine solche (weite) Auslegung des § 6a GrEStG findet nach Ansicht des Bundesfinanzhofes ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. UmwG) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein. § 6a Satz 1 GrEStG differenziert nicht danach, in welcher Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal auf die Muttergesellschaft, eine Gesellschaft verschmolzen wird, sondern begünstigt alle dort genannten Umwandlungsvorgänge gleichermaßen, auch wenn nur ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Hätte der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nur auf solche Umwandlungsvorgänge beschränkt sein sollen, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem Umwandlungsvorgang auch weiterbesteht, hätte dies in § 6a Satz 1 GrEStG seinen Niederschlag finden müssen (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21.08.2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
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e) Nach diesen Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, ist § 6a GrEStG im Streitfall nicht anzuwenden. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind nicht erfüllt.
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aa) An dem Umwandlungsvorgang ist - entgegen § 6a Satz 3 GrEStG - nicht ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen. Die Klägerin ist keine von der Gemeinde 1 im Sinne des § 6a Satz 3 GrEStG abhängige Gesellschaft. Zwar war die Gemeinde 1 zum Zeitpunkt der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister am 09.12.2015 an der zum 19.03.2015 gegründeten Klägerin zu 100% beteiligt. Sie hielt diese Beteiligung zum Zeitpunkt der Ausgliederung des Regiebetriebs (…) jedoch erst seit der Gründung der Klägerin und damit erst wenige Monate und nicht, wie von § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG gefordert, fünf Jahre.
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bb) Anders als in den vom Bundesfinanzhof kürzlich entschiedenen Fällen, in denen die Vergünstigung des § 6a GrEStG gewährt wurde, obwohl die Vorbehaltens- bzw. die Nachbehaltensfrist nicht eingehalten wurde, beruht die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist im Streitfall nicht auf umwandlungsbedingten Gründen. Im Streitfall liegt kein Umwandlungsvorgang vor, bei dem eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, die Klägerin ist vielmehr bereits vor dem begünstigten Umwandlungsvorgang ausweislich der notariellen Gründungsurkunde in Form einer Bargründung gegründet worden, vgl. Abschnitt II, § 4 des Gesellschaftsvertrages vom 19.03.2015. Auch erfolgte die Ausgliederung mit notariellem Vertrag vom 30.11.2015 ausweislich der Vertragsbezeichnung zur „…Ausgliederung und Übernahme des Regiebetriebs (…), Ausgliederung auf eine bestehende GmbH…“ Davon geht im Übrigen auch die Klägerin aus.
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cc) Die Argumentation der Prozessbevollmächtigten, § 6a Satz 4 GrEStG sei dahingehend auszulegen, dass bei einer Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz nicht nur dann auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist verzichtet werden könne, wenn es sich um eine Ausgliederung zur Neugründung handele, sondern auch dann, wenn das abhängige Unternehmen - wie im Streitfall - innerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist gegründet werde, folgt der Senat nicht.
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Sachlicher Grund, nur bei Ausgliederungen zur Neugründung auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist zu verzichten, ist, dass bei einer Ausgliederung zur Neugründung - anders als im Streitfall - die Vorbehaltensfrist gerade wegen der Ausgliederung nicht eingehalten werden kann. In diesen Fällen kann die Vorbehaltensfrist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht. Anders im Streitfall. Hier haben beide an der Umwandlung Beteiligten, auch die Klägerin, bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestanden. Es besteht keine Veranlassung auch in diesen Fällen - abweichend vom Wortlaut - auf die Einhaltung der Frist des § 6a Satz 3 GrEStG zu verzichten.
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Ferner ist - entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten - nicht im Sinne eines Erst-recht-Schlusses aus der Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofes zu folgern, dass die Vorbehaltensfrist auch bei einer bereits vor Vollzug der Umwandlung gegründeten (beherrschten) Gesellschaft nur für die Dauer der rechtlichen Existenz dieser beherrschten Gesellschaft gefordert werden kann. Vielmehr ist der Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofes zu entnehmen, dass die vom Gesetz geforderte Vorbehaltensfrist insoweit eingehalten werden muss, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden kann. Anders als in den Fällen, in denen die Frist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann, besteht nach der Rechtsprechung keine Veranlassung, abweichend vom Wortlaut auf die Einhaltung der Frist zu verzichten (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2019 II R 17/19, BFHE 266, 370, BStBl II 2020, 348, Rz. 37). Anhaltspunkte für einen solchen Erst-recht-Schluss lassen sich der Rechtsprechung des II. Senats nach Ansicht des Senats nicht entnehmen und lassen sich in der Sache auch nicht begründen.
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dd) Auch eine Auslegung des § 6a GrEStG in der Weise, dass im Einzelfall eine Missbrauchsprüfung vorzunehmen ist, ist im Gesetzeswortlaut nicht angelegt. Sie stünde mit der Regelungskonzeption des Gesetzes nicht in Einklang. Wäre eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall gewollt, hätte ein Missbrauchselement nach Ansicht des Senates zwingend zum Tatbestandsmerkmal erhoben werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 22.01.2020 II R 8/18, BStBl II 2020, 567). Da § 6a GrEStG an anderweitig definierte Merkmale anknüpft, ist stattdessen eine Typisierung gewollt.
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3. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten verstößt eine nach der konkret verwirklichten Umwandlungsmaßnahme differenzierende Auslegung des Anwendungsbereichs der nach § 6a Satz 3 GrEStG einzuhaltenden Vorbehaltensfrist nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11.01.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164 und vom 21.06.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, stRspr.). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 08.06.2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412), weshalb auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird, verboten ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11.01.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164).
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b) Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt oder eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Belastung rechtfertigen können (vgl. BVerfG-Beschluss vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27 und BFH-Urteil vom 09.04.2008 II R 32/06, BFH/NV 2008, 1526). Bei der gerichtlichen Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist allerdings nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 31.05.2006 II R 32/04, BFH/NV 2006, 2232).
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c) Diesen Anforderungen hält eine nach der konkret verwirklichten Umwandlungsmaßnahme differenzierende Auslegung des Anwendungsbereichs der nach § 6a Satz 4 GrEStG einzuhaltenden Vorbehaltensfrist stand; denn entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten unterscheiden sich die Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG und die Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG in rechtserheblicher Weise insofern, als - wie ausgeführt - bei einer Ausgliederung zur Neugründung der aufnehmende Rechtsträger durch den Umwandlungsvorgang rechtlich erst entsteht während im Fall der Ausgliederung zur Aufnahme auf einen bereits bestehenden Rechtsträger dieser bereits - wie im Streitfall - vor dem Umwandlungsvorgang bestand und damit durch die Wahl des Ausgliederungszeitpunkts auf die Einhaltung der Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG Einfluss genommen werden kann. Aufgrund der im Fall der Ausgliederung zur Aufnahme auf einen bereits bestehenden Rechtsträger gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG bestehenden rechtlichen Möglichkeit zur Einhaltung der Vorbehaltensfrist durch entsprechende Wahl des Ausgliederungszeitpunkts einerseits und der fehlenden rechtlichen Möglichkeit im Fall der Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG andererseits, liegt jedoch keine Ungleichbehandlung desselben Sachverhalts, sondern die unterschiedliche Behandlung unterschiedlicher Sachverhalte (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 22.08.2019 II R 17/19, BFHE 266, 370, BStBl II 2020, 348, Rz. 37). Soweit die Prozessbevollmächtigte auf eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen abstellt, ist dem nicht zu folgen. Die Grunderwerbsteuer knüpft als Rechtsverkehrsteuer an den zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel an (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.06.2016 II R 14/12, BFH/NV 2017, 1) und dabei spielen wirtschaftliche Betrachtungsweisen grundsätzlich keine Rolle (vgl. Meßbacher-Hönsch in Viskorf, GrEStG, 20. Auflage 2022, § 1 Rz. 134 ff.). Die differenzierende Auslegung der Einhaltung der Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG im Hinblick auf die Entstehung bzw. den Bestand des aufnehmenden Rechtsträgers und nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, entspricht daher dem Charakter der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, da die Klägerin unterlegen ist.
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III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen.